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Seht, das ist Amanda Leyer,
Köchin bei Frau Knödelmayer.
Eine Köchin ist meist dick,
Weil sie nie das schlechtste Stück
Von dem Braten sich erwählt
Und ihr auch nicht Butter fehlt.
Die Amanda Leyer doch
Geht durch jedes Nadelloch.
Dünn wie ’n Faden ist sie nämlich,
Dabei von Charakter grämlich.
Denn nur Dicke sind gemütlich,
Und die Magern wenig friedlich.
Schon die Nase lang und spitz
Und des Mundes breiter Schlitz,
Dessen Winkel abwärts neigen,
Deutlich die Gemütsart zeigen.
Außerdem schielt sie entsetzlich,
Trägt ein Zöpfchen sehr ergötzlich,
Lächelt wie ’ne Heil’ge stets.
Ja, Amanda die versteht’s!
Ihre Ehrlichkeit und Treue
Lobt sie selber stets aufs neue.
Knödelmayers glauben dran.
Ja – der Mensch mal irren kann!
Nur die Brüder Männ’ und Maxe
Traun nicht dieser frommen Fratze,
Und gar Bob, der Hundesohn,
Ahnte so verschiednes schon.
Heute grade ist die Leyer
Eine Woch’ bei Knödelmayer.
Nachmittags schleicht sie in Eile
In des Gartens hintre Teile.
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In der Hand trägt sie ’ne Bibel
Und am Fuße ries’ge Stiebel,
Denn der Hühneraugen Qualen
Spürt sie oft an den Pedalen.
Seltsam sind des Rockes Falten,
Die jetzt allerlei enthalten,
Was sie sonst nicht tun verhüllen
Unter ihren langen Knüllen.
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Max und Männe, Bob dazu,
Schnarchen hier in Mittagsruh
Unter einem Kirschenbaume,
Und der Max jetzt grad’ im Traume
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Übet sich im Boxen auch,
Trifft den Männe vor den Bauch,
Der sofort mit Leidensmiene
Fängt vom Strauche eine Biene,
Die er bei den Flügeln greift
Und auf Maxes Nase streift,
Was die Biene durch ’nen Stich
Rächt am kleinen Boxerich.
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Max fährt hoch. Auch Bob wird munter.
Max haut Männe eine runter.
Aber Bob hat schon erspäht,
Was am Zaun dort vor sich geht.
Warnend hebt er seine Pfote
Als ’ne ernste Friedensnote,
Hindert so das Handgemenge
Durch das Pfotenzeichen strenge.
Leise kriechen durch das Gras
Hund und Knaben, sehen was,
Nämlich, daß Amanda Leyer
Gibt ’nem Kerl Wurst und Eier,
Und nun auch ein Bratkotelette
Und ein Speckstück gelblich, fette,
Schließlich noch ’ne Flasche Wein
Und Zigarren braun und fein.
All das stopft der Kerl im Nu
In die Weste, knöpft sie zu,
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Hat nun einen Riesenbauch
Grad wie Bäckermeister Schmauch.
Wo bekam Amanda her
All die Sachen ziemlich schwer? –
Max und Männe ahnen’s nicht.
Bob, der macht ein schlau Gesicht.
Jetzt verschwind’t vom Zaune dort
Jener Kerl und eilet fort.
Ebenso mit heitrem Sinn,
Macht sich dünn die Leyerin.
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Schnell duckt sich das Brüderpaar,
Nur noch Bob zu sehen war.
Als Amanda ihn erblickt
Und ganz offenbar erschrickt,
Es entfällt der frommen Hand
Nun sogar der Bibelband.
Fällt auf einen Frosch mit Schwapp,
Drückt ihn breit und murkst ihn ab.
Ahnungslos faßt die Amanda
Nun die Bibel wieder an da,
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Hebt sie auf, und unten klebt
Jener Frosch, der nicht mehr lebt.
Schaudernd will sie jetzt dem Bobchen
Schmeißen Buch und Frosch ans Koppchen,
Weil der Bob wie ’n Affe springt
Und vor Freude heulend singt.
Werfen – das ist keine Kunst!
Treffen – das ist Schicksals Gunst!
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Doch Amanda trifft vorbei,
Und mit Krach und Splitterei
Geht die große Kugel flöten,
Die da in den Rosenbeeten
Steckt auf einer Stange schlank
Und von Glas ist blitzeblank. –
Eine halbe Stunde später
Klagt Amanda an den Köter
Vor den beiden Knödelmayern,
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Die grad’ Kaffeestunde feiern,
Listig und voll Rachedurst
Zeigt sie einen Zipfel Wurst
Und behauptet, daß der Hund
Diese Wurst mit seinem Mund
Hat verspeist nebst andern Sachen,
Die dem Magen Freude machen.
Dann erzählt sie, daß der Bob
Umgerannt hat mit dem Kopp
Jene Stange in den Beeten
Und da ging die Kugel flöten.
Kurz: sie log und – log so schlau,
Daß ergrimmten Mann und Frau.
Finster sprach Herr Knödelmayer:
„Ich verkauf’ den Bob für ’n Dreier!
Denn der Faden der Geduld
Riß bei mir durch Bobbis Schuld.“
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Kaum gesagt, erscheinet dann
Wie durch Zufall jener Mann,
Der am Gartenzaun die Weste
Stopft’ sich aus zum Schlemmerfeste.
Fremd war er Herrn Knödelmayer,
Stellt sich vor als „Händler Beier“,
Fragt, ob er könnt’ kaufen hier
Hühner, Enten, sonst ein Tier. –
Diesen Beier zu beschreiben,
Tut sich mir die Feder sträuben.
Schaut nur her: dies ist der Mann,
Der gekauft den Bobbi dann.
Schaut nur: dünn und lang und krumm
Mit ’nem Antlitz pfiffig-dumm,
Mit geöltem Scheitelhaar
Und ’ner Nase wunderbar,
Mit ’nem Munde scheuntorähnlich
Und mit Stiebeln sehr bequemlich, –
Sieht nicht dieser Händler Beier
Fast so aus wie Köchin Leyer? –
Knödelmayer sucht den Köter,
Die Amanda spielt Verräter.
Max und Bob und Männe da
Auf der Wies’ man liegen sah.
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Da wirft Händler Beier flink
Bobbi um den Hals son Ding,
Das als Schlinge ist bekannt
Und am Galgen wird verwandt.
Bobbi ahnet, was ihm droht,
Klemmt den Schwanz ein. Seelennot
Liest man aus des Hundes Blick
Doch – erfüllt ist sein Geschick,
Wenn auch Max und Männe nun
Ihrerseits berichten tun,
Was am Zaune sie erspäht:
Knödelmayer nichts versteht!
Nein, er glaubt den Knaben nicht,
Hält das für ’ne Truggeschicht’,
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Und so zerrt der Beier weg
Bobchen langsam um die Eck’.
Heulend stehen Max und Männe,
Jammervoll klingt das Geflenne.
Und ihr unverstellter Schmerz
Rührt fast Knödelmayers Herz.
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Bob, der ist ein schlaues Tier,
Findet sehr bald ein Papier,
Kaut es, spuckt es Stück für Stück
Aus und läßt ’ne Spur zurück.
Auf der Straße stehn die Knaben,
Die jetzt wieder Hoffnung haben,
Denn sie merken Bobchens Trick,
Eilen fort mit finsterm Blick.
Holen flink sich ihre Mützen
Und zwei große Pferdespritzen,
Dazu auch zwei große Kannen,
Schleichen nun damit von dannen,
Folgen wie Indianer schnell
Bobchens Spur von Stell’ zu Stell’,
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Kommen so an eine Hütte,
Die steht grade in der Mitte
Eines Dickichts voller Dorn’
Und hat nur ein Fenster vorn.
Vor der Hütte hockt der Bob,
Traurig hängt ihm Schwanz und Kopp,
Denn er sieht den Beier greifen
Nach ’nem Messer, sieht es schleifen,
Hört den Satz voll Rachedurst:
„Morgen kommst Du in die Wurst!“
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Ach, ihm ist so todesbänglich.
Drum ein Würstchen ziemlich länglich
Drückt er ab voll Seelenpein.
Ach – es wird sein letztes sein! –
Hinter Dornen gut versteckt
Männe nun den Körper reckt
Und schaut grad’, wie dieser Mann
Näher geht an Bobchen ran.
Wie er eifrig schleift und schwitzt,
Und wie hell das Messer blitzt. –
„Maxe – los denn! – höchste Zeit!“
Flüstert er voll Herzeleid,
Denn er weiß nicht, ob das Spritzen
Wird auch wirklich etwas nützen.
Und so tunken sie nun fein
Die Spritzen in die Kannen ein.
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Füllen sie bis obenan,
Zielen nun auf jenen Mann,
Der grad’ Bob hat beim Genick
Mit ’nem richt’gen Mörderblick.
Und zwei fingerdicke Strahlen
Durch die Luft sich vorwärtsstahlen.
Lackfarb’ ist es, dunkelbraun,
Wie Ihr ’s sehr bald werdet schaun.
Bob, der betet grade leise.
Da – auf ganz besondre Weise
Wird des Mörders Blick getrübt,
Als die Farb’ ihn überstiebt.
Sehr bald ist er so geblendet,
Daß umsonst er sich nun wendet
Bald nach hier und bald nach dort,
Denn nunmehr in einem fort,
Trifft ihn Strahl auf Strahl mit Kraft.
Braun färbt ihn des Lackes Saft,
Tränket ihm das Haar, den Bart,
Macht die Kleider panzerhart,
Denn ein Mittel ist im Lack,
Das ihn trocknet auf den Schlag.
Seht, hier steht der Wurstbereiter
Wie ’ne Lacksäul’ wenig heiter.
Und noch immer aus den Spritzen
Neue Strahlen auf ihn flitzen,
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Bis auch seine Schuhe ganz
Schwimmen in des Lackes Glanz.
So ward aus dem Mörder wild
Ein gar wundersam’ Gebild.
Reglos wie ein Zinnsoldate,
Dabei braun wie Schokolade,
Ragt er aus dem Boden hoch.
Nur der Mund hat noch ein Loch.
Und so winselt er um Gnade
Bald im jämmerlichsten Grade.
Aber Männe, Bob und Max
Fliehen schleunigst diesen Platz,
Eilen ganz von hinten ran
An des Vaters Garten dann,
Wo den Bobbi sie verstecken
In den dichten Himbeerhecken.
Hier an einer freien Stelle
Schmieden Pläne sie nun schnelle.
Was sie hier so hab’n erdacht,
Ward am nächsten Tag’ gemacht.
Und es war ein feiner Streich –!
Paßt nur auf! Ihr lest ihn gleich. –
Die Amanda, diese Schlange,
War nicht im geringsten bange,
Daß jetzt nach des Bobbis Tod
Für sie käm’ noch Schreck und Not.
Nein – sie glaubt im schwarzen Herzen,
Daß der Bobbi[3] starb mit Schmerzen
Und daß sie in aller Ruhe
Könnt’ bestehlen Kammer, Truhe.
An dem andern Morgen dann
Drängt sich Max an Vatern ran,
Bittet ihn mit Schmeichelwort
Nachmittags am Zaune dort
Nur dies eine Mal zu wachen,
Was die Köchin würde machen.
„Bob ist weg!“ so spricht er kläglich,
„Unrecht tatst Du ihm unsäglich.“
Knödelmayer nickt und denkt:
„Hätt’ den Bob ich nur verschenkt
Irgend einem braven Mann,
Dann wär’ ruh’ger ich fortan.“ –
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Und nachmittags liegt er still
Dort, wo es der Maxe will,
Ist nun wirklich recht gespannt,
Luget durch der Büsche Rand.
An dem Zaune aber haben
Aufgestellt die beiden Knaben
Eine Bügelfall’ der Art,
Womit man die Füchse narrt,
Haben sie mit Laub bedeckt
Und ganz meisterlich versteckt.
Hocken nun im Himbeerstrauch,
Wo der Bobbi kauert auch.
Die Amanda schleicht in Eile
In des Gartens hintre Teile.
In der Hand trägt sie ’ne Bibel
Und am Fuß die ries’gen Stiebel.
Seltsam sind des Rockes Falten,
Die sechs Würste heut’ enthalten,
Dazu noch verschiedne Sachen,
Die dem Magen Freude machen,
Außerdem noch allerlei,
Was der Bruder brauchet neu.
Denn der steife Zinnsoldate,
Der so braun wie Schokolade,
Dieses hinterlist’ge Luder
Ist der Köchin einz’ger Bruder,
Der im Zuchthaus kürzlich noch
Linsensuppe täglich roch.
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Ahnungslos geht die Amanda
An die Bügelfalle ran da.
Schwupp – ei wei! – es hat geklappt –
Denn das Ding ist zugeschnappt,
Und Amanda ist erledigt,
Ihre Füße sind beschädigt,
Sitzen in der Eisenklammer, –
Ach – noch größer wird der Jammer!
Denn – hiermit noch nicht genug!
Bob enthüllt nun den Betrug,
Fliegt hervor aus dem Versteck,
Beißt und reißt Amanda weg
Jenen Rock, der viel verhüllt,
Und – Ihr seht nun dieses Bild!
Nur in Hosen steht sie da,
Und am Gürtel – wunderbar! –
Hängt die ganze Diebesbeute,
Die sie hat gemauset heute.
Hinten hängt ein halber Schinken,
Links und rechts die Würste blinken,
Vorne bammeln Büchsen, Käse
Und zwei Flaschen voll Chartreuse,
Und daneben Schlipse, Kragen,
Die der Hausherr hat getragen.
So steht diese Schlange da!
Niemand Tolleres je sah! –
Aber – Papa Knödelmayer
Lachte nicht! Befreit die Leyer,
Ließ ’nen Polizisten holen,
Der sie bracht auf flinken Sohlen
Gleich nach Nummer Sicher hin,
Wo bereuen konnt’ ihr Sinn.
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Dann führt Max den Vater weiter
Dorthin, wo durchaus nicht heiter,
Halb verdurstet und erstarrt
Der Lacksoldat des Weitren harrt.
Auf ’nen Wagen lädt man ihn,
Fährt zum Polizeihof hin,
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Wo der Lack wird abgeweicht,
Und ein Mensch dem Bad entsteigt.
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Bald in Nummer Sicher dann
Findet sich das Zweigespann,
Die Amanda und ihr Bruder,
Diebin und das Mörderluder.
Jämmerlich in Ketten hier
Blicken sie so stumm und stier,
Denken an die Wurst, den Käse
Und den köstlichen Chartreuse.
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Anders ist’s bei Knödelmayer,
Dort kriegt Bobchen fünfzehn Eier
Fein gebacken mit viel Speck,
Und – er fraß sie alle weg. –
Hiermit endet die Geschichte
Von dem klugen Strafgerichte,
Von Amanda, dieser Perle,
Und dem Bruder, jenem Kerle.
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