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Der Haremskandidat

 

Der Haremskandidat

Eine Robinsonade von

Willy Ortgies

 

Verlag moderner Lektüre
G.m.b.H.
Berlin.S.O.26. Elisabethufer.44.

 

Nachdruck verboten. – Alle Rechte vorbehalten. Copyright 1920 by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H.
Druck P. Lehmann G. m. b. H., Berlin SO. 26.

 

 

1. Kapitel

Die Pflicht zu lieben.

An Bord des Lloyddampfers ‚Osiris‛, der im April 1909 Hamburg verlassen hatte und nach Sydney in Australien bestimmt war, befanden sich unter den Fahrgästen 2. Kajüte auch zwölf junge Mädchen, die der Verein zur Ausbreitung des Deutschtums im Ausland ausgewählt hatte, damit sie in der frauenarmen deutschen Niederlassung ‚Hoffnungstal‛ in Nordostaustralien die Bevölkerungsziffer durch Ehen mit jungen Landsleuten vermehren halfen.

Diese zwölf, alles kerngesunde, zwanzig bis zweiundzwanzigjährige junge Frauen, waren der Obhut des siebenundzwanzigjährigen Kandidaten des höheren Lehramts Benno Scheide und des Onkels einer der zukünftigen Ehefrauen, eines Tischlermeisters namens August Hobel, anvertraut. Dieser Hobel, ein Ehrenmann in seiner Art, wollte sich genauso wie der keusche Benno in Hofmannstal gleichfalls niederlassen. Der eigentliche Leiter der Auswanderungsgesellschaft war jedoch der Herr Kandidat. Gerade ihn hatte der obengenannte Verein ausgesucht, um die zwölf kecken, übermütigen Mädels zu betreuen, weil Kandidat Scheide im Ruf einer geradezu unglaublichen Sittenstrenge und Schüchternheit stand. Erstere zeigte sich auch nach außen hin durch Bennos puritanerhafte Mäßigkeit in Bekleidungsansprüchen. Schaftstiefel, wollene Socken, Jägerwäsche, Gummikragen und eine ‚feste‛ schwarze Schleife verließen ihn nie. Er besaß drei Anzüge, die in Stoff und Schnitt der Gipfel der Geschmacklosigkeit und Urgroßväterlichkeit waren. Hier an Bord trug er auf den dunklen, vollen Haarsträhnen seines Künstlerkopfes einen ‚echten‛ Panamahut, um den als Band zwei gelbe Zigarrenbänder geschlungen waren. Zu erwähnen sind noch seine goldene Brille, seine braunen, treuen Dackelaugen und seine Länge, die ihn berechtigt hätte, Flügelmann bei der Garde zu werden.

Dies mag über die äußeren Anzeichen eines sittlich reifen Charakters genügen. Die inneren Anzeichen sprangen natürlich weit weniger ins Auge als diese Schlichtheit und rührende Geschmacklosigkeit in der Kostümierung. Für einen Menschenkenner genügte es, Benno Scheide sprechen zu hören, um sich sofort zu sagen: Dieser Mann hat ohne Zweifel noch nie den Versuch gemacht, eine Rose zu knicken – noch nie! –

Des Kandidaten Stimme war nämlich derart weich, farblos und leise, als ob er schon durch diese Töne alle Welt um Entschuldigung bitten wollte, daß er überhaupt vorhanden. Hinzu kam dann noch ein demütiger, ängstlicher Blick, aus dem unschwer herauszulesen war: ‚Ich bitte euch herzlich, – lacht mich nicht aus! Ich weiß, daß ich komisch wirke. Aber ich kann nicht anders!‛

Wenn es Benno trotz dieser persönlichen Eigenart gelang, seine zwölf Lämmchen etwas im Zaum zu halten, so lag dies lediglich daran, daß er, wie jeder bald merkte, aus innerstem Herzensbedürfnis heraus alles Unreine weit von sich wies und daß sein Gesicht durchaus nicht unübel war. Jedes der Lämmchen hätte ihn mit Freuden geheiratet – jedes! Und weil Benno Scheide doch alles in allem eine bessere Partie war, als all die jungen Ansiedler in Hoffnungstal es sein konnten, suchten die jungen Frauen mit allen Mitteln sich seine Gunst zu erwerben, das heißt, sie taten so, als ob sie ihn wirklich als Führer respektierten und als ob sie ihn auch sonst als ihr Idol betrachteten. Der Kandidat hatte also wenig Ärger mit seinen Schutzbefohlenen. Er fühlte sich an Bord des Dampfers zufrieden und glücklich, zumal er sich auch mit August Hobel gut verstand.

Scheide und Hobel paßten vortrefflich für einander, obwohl der kleine x–beinige Tischler mit der verdächtig roten Knollennase und dem grauen, wirren Schifferbart so ungefähr das gerade Gegenteil von Benno in vielfacher Beziehung war. Hobel hatte sein Leben stets in sorglosem Genießen zugebracht. Besonders Alkohol und Liebe hatte er nach Kräften in all ihren Variationen durchprobiert. Jetzt mit fünfundfünfzig Jahren vertrug er ersteren – den Alkohol – besser denn je. Aber mit der Liebe – war es nichts mehr. Dies hatte er eines Tages Benno mit den Worten zu verstehen gegeben:

„Sehn Sie, Herr Kandidat, – son Pech wie ich hat wohl selten jemand gehabt. Ich bin nie dazu gekommen, mich zu verheiraten – nie! Verlobt war ich einige dreißig Mal. Aber die Mädels wollten sämtlich schon vor der standesamtlichen Eheschließung Hochzeit feiern, und als höflicher Mensch gab ich stets nach. Die Folge war regelmäßig die, daß beide Teile aneinander durch das tiefere Eindringen in die gegenseitige Eigenart so zahlreiche Fehler entdeckten, wie diese selbst für einen noch so genügsame Ehe entschieden zu viel sind. So wurden die Verlobungen denn stets nach etwa drei- bis viermonatiger Probezeit wieder gelöst. Ja – und gerade diese Probeverlöbnisse waren so außerordentlich anstrengend, daß ich jetzt mit fünfundfünfzig Jahren nicht mehr fähig bin, auch nur – Na – Sie verstehen wohl! Eben abgewirtschaftet.“

Hierzu hatte Kandidat Scheide ein total verständnisloses Gesicht gemacht. Das eine Jungfrau ohne Standesamt hochzeiten wollte, ging genau so über seinen Horizont wie die entsetzliche Unmoral, die darin lag, daß der männliche Teil diesen Wünschen nachgekommen war. Was ‚abgewirtschaftet‛ heißen sollte, ahnte er auch nicht im entferntesten, da er selbst ja noch nie sich auf Liebesgeschäfte eingelassen hatte, die bei zu waghalsiger Vielseitigkeit zu einer Pleite führen können. – Nein – er konnte zu obigen Sätzen August Hobels nur den Kopf schütteln und zaghaft murmeln: „Unbegreiflich – unbegreiflich!“ –

Weshalb diese kleine Episode hier erwähnt ist, wird jedem sehr bald klar werden.

Der Dampfer geriet nämlich im Indischen Ozean in einen Sturm, der ihn tagelang nach Südwesten zu aus der Fahrtrichtung verdrängte. Zu allem Unheil war dann noch Feuer im Schiff ausgebrochen, so daß dieses in dunkler Regennacht von der Besatzung und den Passagieren überstürzt verlassen werden mußte.

Scheide, Hobel und die Lämmchen erwischten bei dem Verzweiflungskampf der sich wie unsinnig gebärdenden Fahrgäste um die Boote noch gerade eine Jolle, kamen glücklich von dem bereits sinkenden Dampfer frei und landeten am andern Abend auf einer einsamen Insel, deren Durchmesser etwa eine Meile betrug und deren Pflanzen- und Tierwelt die ganze Üppig- und Mannigfaltigkeit der Tropen zeigte.

Nachdem man hier drei Monate in sauber aus Zweigen geflochtenen Hütten ein harmloses, bequemes Robinsondasein geführt hatte, nahm August Hobel den Kandidaten Scheide beiseite und hielt ihm folgenden Vortrag:

„Mein lieber Benno –“ sie hatten inzwischen Brüderschaft mit Kokosnußschnaps getrunken, den der in allen Dingen so vielerfahrene Tischler hergestellt hatte – „du wirst nun ebenfalls eingesehen haben, daß unsere Insel weit ab von jeder Schiffstraße liegt und daß wir daher nur sehr geringe Hoffnung haben, je wieder bewohnte Gegenden zu erreichen. – Wir gehören doch nun beide dem Verein zur Ausbreitung des Deutschtums an und haben daher auch die Pflicht, uns hier auf unserem Eiland dementsprechend zu benehmen –“

Benno Scheide begriff seinen Hobel auch jetzt nicht.

„Was heißt das – dementsprechend benehmen!?“ meinte er, ganz ahnungslos, welches Attentat der arglistige August auf seine Reinheit plante.

„Das heißt: Die Pflicht, hier eine Kolonie mit Nachwuchs zu gründen!“ erklärte Hobel geradezu feierlich. „Wir sind im Besitz von zwölf gesunden Jungfrauen und eines gesunden, jüngeren Mannes. Dieser Mann bist du! Und wenn wir nun dich und die zwölf in richtiger Weise zusammentun, so werden wir nach einem Jahr ja einen Zuwachs von zwölf Köpfen zu verzeichnen haben, nach zwei Jahren von vierundzwanzig, – und so weiter –“

Benno Scheide war flammend rot geworden. Nun erhob er abwehrend die Hände.

„Ich – ich – soll –? – Unmöglich! Das – das liegt mir nicht, solche Art von Volksfürsorge –!“

„Was heißt liegen! Du hast Pflichten, Benno, Pflichten als Mann und Deutscher! Sollen hier etwa zwölf kräftige Mädels lediglich deswegen nicht zu dem höchsten Glück des Weibes, zur Mutterschaft, gelangen, weil du – streikst – und weil ich bereits in punkto Liebe Konkurs angemeldet habe?! Sollen die glänzenden Aussichten, dieses Inselparadies zu bevölkern, nur an deiner Bockbeinigkeit scheitern?! Du willst mir doch nicht etwa einreden, daß du ähnlich wie ich bereits ganz zum alten Eisen gehörst, aus dem sich nichts mehr schweißen läßt?!

Nee, Benno, – diese schüchterne Drückebergerei von dir ist geradezu eine Versündigung an dem Gebot der Bibel: Seit fruchtbar und mehret euch! –

Ich bitte dich: Du mußt doch einsehen, daß unsere zwölf Lämmchen geradezu in flammender Sehnsucht auf den Tag – oder die Nacht – warten, wo ihre hier unter der Tropensonne noch glutvolleren Herzen sich an das deine schmiegen dürfen.“

„Alle auf einmal?!“ stöhnte Benno kläglich.

„Hat man Worte für so ‛ne Kindlichkeit!“ schnauzte August. „Mensch – wer redet denn von – alle auf einmal! Bist du denn wirklich noch so total Neuling in –“

„Ganz total!“ nickte Benno. „Das ist’s ja eben! Ja – wenn ich auch nur etwas Erfahrung besäße – etwas! Aber so –! – Lieber August, willst du nicht doch mal versuchen, ob – ob nach dem Konkurs nicht doch noch etwas für die unbefriedigten Gläubiger übrig geblieben ist?!“

August Hobel seufzte und zuckte die Achseln.

„Nichts zu machen! Ich – ich bin nur noch gut dazu, dir in der Liebe theoretischen Unterricht zu geben. Und das will ich gerne tun –“

Sie saßen während dieses Gesprächs am Uferrand hinter einem Gebüsch. Und auf der andern Seite des Busches hockte eines der zwölf Lämmchen und hörte jedes Wort mit an.

Dieses Lämmchen hieß Friederike Spältchen, oder aber nur Fritzi genannt, war blond, gut gewachsen und hatte ein wahres Engelsgesichtchen.

Daß unter zwölf jungen Mädchen, die einer etwas unklaren Zukunft entgegenreisten, nicht alles in eitel Frieden und Freundschaft abgehen konnte, ist wohl selbstverständlich. Es hatten sich unter dem Dutzend denn auch drei Cliquen gebildet, die einander das Leben nach Kräften verbitterten. Das ist nun einmal so unter den lieben Vertreterinnen des zarten Geschlechts; das kann man überall beobachten.

Und wer’s abstreitet, ist ein Tugendbold von der Art des Kandidaten Scheide, das heißt, ein kompletter Neuling in allen ‚Frauenfragen‛.

Nur Fritzi Spältchen schwebte als einzige über diesen drei Parteien. Sie mit ihrem Madonnenlächeln und ihrer Nachgiebigkeit und Bescheidenheit fand sogar vor den Augen der ‚Tonangebenden‛ der Lämmchen Gnade und gönnerhafte Rücksichtnahme. Diese ‚Tonangebende‛ war Fräulein Zita von Schafranzki, deren schwarze Glutaugen und schwarzes Haar es wahrscheinlich machten, daß sie tatsächlich einem polnischen Adelsgeschlecht entstammte. Ohne Zweifel hatte sie weiter auch den größten Mund von den Zwölfen mit – bildlich gesprochen –, Haare auf den Zähnen – sowie die vornehmste Verwandtschaft. Ihr Urahn sollte der Vater des berühmten Königs Stanislaus Poniatowski gewesen sein, dessen Beziehungen zu der ‚vielliebenden‛ Zarin Katharina allgemein bekannt sein dürften; ihre Mutter aber war – angeblich – eine Fürstin Czisnaprotzki, die in Warschau einen Palast besessen haben sollte. Dieser Palast spielt nun in unserer Geschichte – wenn auch nur indirekt – noch eine bestimmte Rolle. Gerade er erklärt vieles, was sonst an dem ferneren Verhalten des Fräuleins Zita von Schafranzki unverständlich bleiben würde. Nur eine junge Dame, die in einem solchen Palast aufgewachsen ist, verfügt über jene Sachkenntnis, die notwendig war, um August Hobels Schicksal endgültig zu besiegeln. –

Wir haben nun also von den zwölf Lämmchen zwei bereits näher kennen gelernt. Dies genügt vorläufig. Der ‚Kampf um den Mann‛ spielte sich ja hauptsächlich zwischen Fritzi und Zita ab.

Denn – beide liebten Benno über alles. Fritzi liebte ehrlich und ohne Berechnung; Zita mit Berechnung und unehrlich; sie konnte nämlich überhaupt nicht lieben; Liebe war für sie ein Geschäft, eine Spekulation. Das hatte sie im Palast in Warschau offenbar gelernt, – nämlich dieses kühle Abwägen der Chancen, die ein Freier bot. –

Ich will jedoch nicht vorgreifen. Der geneigte Leser wird bald von selbst begreifen, Benno muute ja sehr bald angreifen. Und da mußte die süße Fritzi schleunigst zugreifen, damit sie nicht etwa zu kurz käme –! –

Fritzi Spältchen horchte hinter dem Gebüsch und wurde dabei abwechselnd blaß und rot. Denn nun begann August Hobel dem keuschen Scheide theoretischen Liebesunterricht zu erteilen, wobei er wiederholt mit der Hand auf einen nahen Baum wies, dessen untersten Ast ein jungvermähltes Affenpärchen als Schlafgemach benutzte.

Daß eine solche rein theoretische Unterweisung nicht ohne näheres Eingehen auf ganz intime Einzelheiten des Liebeslebens sich erledigen läßt, ist selbstverständlich. Und das auch Benno abwechselnd rot und blaß dabei wurde, ist ebenso selbstverständlich, da ja keine zarte Brautmutter hier am Hochzeitstag ein Töchterchen über das, was sich ereignen würde, aufklärte, sondern ein so ‚ausgekochter‛ Vielverlobter wie August Hobel den Lehrer in recht zwanglosen Ausdrücken spielte.

Endlich glaubte August alles haarklein auseinandergesetzt zu haben. Daher fügte er seinem Vortrag nun fast triumphierend – etwa wie ein Halleluja-Mädchen, das eine neue Seele gewonnen zu haben glaubt – hinzu:

„Na, Benno, – läuft dir nu nich das Wasser im Munde zusammen?“

Benno hatte den Kopf tief gesenkt und schielte angstvoll nach dem Affenpärchen hinüber, daß sich sehr eifrig den neuen Freuden des Ehestandes hingab.

„Mensch, – so red’ doch ‛n Ton!“ mahnte der enttäuschte Hobel. „Ich geb’ mir hier alle Mühe, dir das Himmelreich der Liebe in leuchtenden Farben auseinanderzuklaubern, und du – du –“

Benno hatte plötzlich wie verzweifelt die Hände gefaltet und hochgereckt.

„Lieber Hobel,“ stöhnte er. „Ich – ich werde das – das nie – nie fertig bringen! Ich versage ganz bestimmt schon bei den Anfangsgründen –“

Da wurde August wütend.

„Mensch, Benno! Du willst ein Mann sein! Ein nasser Waschlappen bist du! Ein nasser! Ohne jeden inneren Gehalt! Denn trockene Waschlappen sind bekanntlich infolge der in ihnen aufgespeicherten Schaumteilchen steif und fest wie – wie Pappe! Nee – du bist ‛n nasser –! Ein Skandal ist das. Eine Blamage für Deutschland, für die ganze Männerwelt, für unseren Verein mit seinen hohen Zielen! Benno, – du – du vergißt eins: wir vierzehn Personen haben hier sozusagen eine Republik gegründet; Weiber haben Stimmrecht; wir werden die ganze Sache in öffentlicher Sitzung beraten und – abstimmen! Man wird dich dann vielleicht durch Beschluß der überwiegenden – erdrückenden Mehrheit – ich rechne auf dreizehn Stimmen dafür, eine dagegen – zwingen, dein Mannestum dem Allgemeinwohl zur Verfügung zu stellen. Zwingen! Verstehst du, was das bedeutet? – Das bedeutet für dich eine ungeheure –“

Benno hatte dem Gefährten durch eine hoheitsvolle Geste das Wort abgeschnitten.

„Schweig!“ sagte er hoffnungsfroh, „schweig! Niemals werden die lieben Mädchen so schamlos sein, öffentlich ihre Stimme dafür abzugeben, daß sie gleichsam die trostlose Unmoral der Vielweiberei unterstützen sollen – niemals!“

August grinste diabolisch.

„Armer Tor! Öffentlich sollen sie auch gar nicht sich für ja oder nein entscheiden! Geheime Wahl – geheime Abstimmung! Nur das verbürgt unbeeinflußte Entscheidung.“

Benno hatte schon wieder mutlos den Kopf sinken lassen. Nein, er traute seinen zwölf Lämmchen nicht. Da waren so ein paar darunter, bei denen er stets das Gefühl habe, sie seien recht heiratstoll.

„Gut!“ erklärte er nun demütig. „Gut – also geheime Abstimmung. – Entschuldige, lieber Hobel, daß ich dich soeben nicht aussprechen ließ. Ich bin aber so erregt, daß mir die Gedanken wie Bienen im Kopf herumsummen –“

August Hobel erhob sich. „Komm’,“ sagte er energisch. „Es ist jetzt sechs Uhr nachmittags. Wir werden sofort die Versammlung abhalten. Und damit es hier nun auch endlich eine Autorität gibt, die der neuen Kolonie vorsteht, sollen auch sofort die Ämter durch Wahl verteilt werden.“

Er schritt der Niederlassung zu, die am Ufer eines kleinen, reizenden Binnensees lag. Und Benno schlich hinter ihm drein wie einer, der gehängt werden soll.

 

 

2. Kapitel

Benno und sein Harem.

Hobel holte aus seiner Hütte das Blasinstrument hervor, das er aus einer leeren Kokosnuß hergestellt hatte. Diese Trompete war weit genug zu hören, um auch die in entfernteren Teilen der Insel entweder mit dem Einsammeln von Früchten beschäftigten oder lustwandelnden Lämmchen herbeizurufen.

Unter einem wahrhaft riesigen Affenbrotbaum, dessen Stamm mindestens drei Meter Durchmesser hatte und innen hohl war, fand die entscheidende Volksversammlung statt. Wir wollen uns hier mit Einzelheiten über deren Verlauf nicht aufhalten. –

Nachdem August Hobel sie als Alterspräsident eröffnete und nachdem die neue Kolonie feierlich ‚Amazonia‛ getauft war, einen Namen, den Fräulein Milli Scholz, die einzige Lehrerin unter den Lämmchen, vorgeschlagen hatte, wobei sie des längeren über den berühmten Amazonenstaat des Altertums gesprochen und auf die hier doch fraglos bestehende Frauenmehrheit hingewiesen hatte, – also nach der Taufe des neuen Staatswesens schritt man zur Wahl des Präsidenten, die August als geradezu raffinierter Politiker dadurch einleitete, daß er über den Antrag, den er später zwecks Erhöhung der Bevölkerungsziffer einbringen wollte, allerlei Andeutungen fallen ließ, bei denen er der weiblichen Mehrheit sehr fein zu verstehen gab, daß Benno Scheide bereits allerlei Ausflüchte gemacht habe, für das Gemeinwohl energisch tätig zu sein, und desweiteren auch darauf hinwies, wie nur ein praktisch erfahrener Mann die nötigen Fähigkeiten besitze, ‚Amazonia‛ zu schneller Blüte und die einzige männliche Hoffnung der Kolonie zur Vernunft zu bringen.

Die Geheimabstimmung ergab dann neun Feigenblätter mit dem Namen ‚Hobel‛, vier mit dem Namen ‚Scheide‛ und eins, auf dem gar nichts eingeritzt war. Vermutlich hatte August dieses leere Stimmblatt in den großen Tonkrug geworfen, der als Wahlurne diente und der mit zu den ersten Erzeugnissen der Töpferwerkstatt der Kolonie gehörte.

August Hobel war somit Präsident geworden.

Die Wahl des Vizepräsidenten, der gleichzeitig sämtliche Ministerposten in sich vereinen sollte, brachte dann insofern eine große Überraschung, als auch hierbei Benno Scheide glatt durchfiel und Fräulein Milli Scholz – die hieß eigentlich Emilie und trug zuweilen eine Kneifer – die absolute Mehrheit von zehn Stimmen erhielt.

Schon aus diesem Ergebnis erkennt man unschwer, wie arg Benno durch des schlauen August Andeutungen in Mißkredit geraten war.

Die Versammlung erledigte dann noch schnell einige nebensächliche Fragen und kann nun zu dem wichtigsten Antrag, den der Herr Präsident wie folgt begründete:

„Meine Damen und Herren! Dieses Staatswesen muß darauf bedacht sein, für den Bevölkerungszuwachs in erster Linie alles zu tun, was nur irgend möglich ist. – Unser ‚Amazonia‛ wird sich nun infolge der besonderen, hier obwaltenden Verhältnisse notwendig über gewisse Vorurteile hinwegsetzen müssen, wenn wir eine Vermehrung der Bevölkerung dieses paradiesisch schönen Inselreiches erzielen wollen –“

„Sehr richtig!“ rief hier Fräulein Zita dazwischen.

Und August redete weiter. Manches, was er sagte, hätte er mehr ‚durch die Blume‛ sagen, manches ganz fortlassen können. Jedenfalls schauten elf der Lämmchen längst züchtig in den Schoß, und nur die schwarze Zita schaute den Herrn Präsidenten begeistert und kühn an, als dieser nun fortfuhr:

„Wir dürfen uns nicht verhehlen, daß die Aufgaben, die des einzigen hoffnungsvollen Mannes unter uns vielleicht harren, – ich meine hier Herrn Benno Scheide – keine ganz leichten sind. Es wird sehr viel Taktgefühl, Klugheit und Opferfreudigkeit dazugehören, lediglich im Interesse des Gemeinwohls die Liebe gleichmäßig und gerecht zu verteilen. Nie und nimmer dürfen jedenfalls in ‚Amazonia‛ daraus, daß zur Volksvermehrung lediglich ein männliches Individuum zur Verfügung steht, Zwistigkeiten, Eifersüchteleien oder dergleichen sich entwickeln. Das wäre eine Herabwürdigung der hohen Ziele, die mein Antrag im Auge hat, den ich nunmehr in die knappen Worte kleide:

Die Versammlung wolle beschließen: Die weiblichen Staatsangehörigen beziehen sogleich einzelne, voneinander mindestens fünfhundert Meter entfernt liegende Hütten, die jede mit einer Nummer versehen wird – von eins bis zwölf durchgehend. Stimmblätter mit eingeritzten Zahlen 1 bis 12 werden in eine Urne getan und in der Hütte des Präsidenten aufbewahrt, wo dieser jeden dritten Tag eine neue Nummer zieht, durch die für die betreffende Hütteninhaberin ein Anspruch auf dreitägiges Zusammenleben mit dem gemeinsamen Eheherrn begründet ist. Dieser Anspruch kann einmal durch Vereinbarung zwischen der Berechtigten und einer beliebigen anderen Amazone abgetreten werden. Dieses Gesetz erlangt noch heute Rechtskraft.“

Benno Scheide, das Opferlamm, hatte diese Rede mit sehr gemischten Gefühlen angehört, wie er dergestalt als einziger Treffer einer Lotterie gleichsam ausgespielt werden sollte.

Nun kam die Entscheidung – nämlich die Abstimmung!

Benno hoffte! Ja – er hoffte jetzt sogar inniger denn je, daß die Reinheit dieser Mädchenseelen über August Hobels verruchten Antrag den Stab brechen würde. Zu dieser Hoffnung berechtigte ihn seines Erachtens das züchtige Verhalten der zwölf Lämmchen, – nein, der elf Lämmchen, denn die schwarze Zita benahm sich jetzt geradezu schamlos – frech! – die sämtlich mit hochroten Köpfen im Kreis auf den von August Hobel gefertigten Bambusstühlchen dasaßen und nicht aufzublicken wagten.

Armer Benno! Du ahnst nicht, welcher Opfer ein Weib fähig ist, wenn es sich um politische Dinge handelt – und hier in ‚Amazonia‛ war ja die Fortpflanzung und Vermehrung nicht nur ein Naturgesetz – sondern staatserhaltende Politik.

Eine Aussprache über den Antrag wurde durch Armhochheben abgelehnt.

Und gleich darauf holte Fräulein Milli Scholz aus der Urne dreiehn Feigenblätter mit ‚dafür‛ – einem Kreuz – und eins mit ‚dagegen‛ – einer Null – heraus. Daß Benno diese Null sich geleistet hatte, unterlag keinem Zweifel.

Eines der Lämmchen murmelte denn auch bei der Verkündung des Abstimmungsergebnisses ‚recht stark halblaut‛ vor sich hin: „Feigling!“

August Hobel aber stand auf und begrüßte dieses Resultat mit einer begeisterten Lobrede auf die Opferwilligkeit der weiblichen Staatsbürger, – „an der jeder sich nur ein Beispiel nehmen könne, – besonders alle die, die aus veralteter Moralfexerei dem neuen Staatswesens von vornherein durch Verbreitung von Streik-Stimmung den Todesstoß versetzen wollen –“

Worauf Benno einen blutroten Kopf bekam und zum ersten Mal in seinem Leben Neigung verspürte, jemand die Kehle zuzudrücken.

August aber hob nun die Volksversammlung auf und ermahnte nur noch die Lämmchen, schnellstens die Hütten fertig zu stellen und einander dabei zu helfen, was die Lämmchen denn auch sehr rührig befolgten.

Abseits von ihnen saß Hobel und las in dem einzigen Buch, das es auf der Insel gab. Es war dies ein dickes Preisverzeichnis einer chemischen Fabrik aus Wiesbaden, deren Erzeugnisse teilweise in ihren Wirkungen oder Anwendungsarten näher erläutert waren. Dieses Buch hatte in der Jolle unter den Bodenbrettern gelegen und schien bereits, da das Papier sehr dünn und weich war, stellenweise zu ganz profanen Zwecken benutzt worden zu sein.

Immerhin, es war ein Buch, dem nur der Deckel und achtundzwanzig Seiten fehlten und das für Benno manches Interessante unter den Erläuterungen bot.

So entdeckte er gerade jetzt noch, als das scheidende Tageslicht das Lesen bereits stark erschwerte, einen Abschnitt mit der gesperrt gedruckten Überschrift:

Wie baue ich meine beste Kraft wieder auf?

– ‚Aha,‛ dachte Benno, ‚– beste Kraft – also die geistige Spannkraft! Sehen wir zu, welche chemischen Geheimtränke die Fabrik ‚Rhenania‛ hierfür bereit hat.‛

Aber – er konnte nur noch ein paar Zeilen überfliegen, deren Inhalt recht nichtssagend war. Dann erschien der Herr Präsident von ‚Amazonia‛, den das übermütige Lämmchen-Volk inzwischen mit einem blauseidenen, breiten Ordensband geschmückt hatte, dazu mit einem aus bronzenen Strumpfbandschnallen hergestellten handgroßen Ordensstern, bei seinem Kameraden.

August Hobel hatte fraglos den Wahlerfolg bereits in Kokosschnaps etwas gefeiert und war in einer außerordentlich wohlwollenden Stimmung.

„Mein lieber Benno,“ begrüßte er den Kandidaten, „ich komme, dir das Ergebnis der Ehelotterie mitteilen. Alles ist dabei höchst ordnungsmäßig hergegangen. Fritzi, die meinen ‚Palast‛ liebenswürdigerweise in Ordnung hält, hat die Feigenblätter mit den zwölf Nummern in die Urne getan, und ich habe dann für die ersten drei Tage ein Blatt gezogen. Denk’ dir, welcher Zufall: Das Blatt trug die eingeritzte Nummer 6. – Und diese 6 ist die Nummer der Hütte Fritzis. Du weißt nun also, daß unser nettes Blondchen als erste Anspruch auf deine Liebe hat –“

Benno hatte förmlich bei Augusts einleitenden Sätzen vor Aufregung gezittert. Nun aber fiel ihm eine Zentnerlast vom Herzen! Fritzi – gerade das bescheidene, süße Geschöpfchen, für das er sofort ein so reges Interesse gehabt, – gerade Fritzi sollte den Reigen der Liebesepochen eröffnen!

Oh – vor Fritzi hatte er keine Angst! Nein – die würde bei ihrer Keuschheit nichts Unmögliches fordern! Die würde sich zunächst mit einer Scheinehe begnügen!

August Hobel schlug dem Kandidaten derb auf die Schulter.

„Mensch, ich freu’ mir wie ‛n Stint, daß du son vajniestes Jesicht machst!“ meinte er nun. „Ick hatte schon Bammel, du würdest womeeglich wieder streiken wollen. Brav von dir, det de daran nich denkst! – So, nu begleit’ mir man zu mein Pahlaihs, wat doch jleichbedeutend mit Palast is, und sauf’ dir noch schnell in Kokosschnaps ‛n bißken Mut an. – Det Buch da werd’ ich mitnehm’n, damit ick vorm Einschlafen beim Licht meiner Kokosnußöllampe noch meine chemischen Kenntnisse erweitern kann.“

Wenn der gute August ‚einen sitzen‛ hatte, oder feiner ausgedrückt, sich das rote Näschen begossen hatte, dann berlinerte er für sein Leben gern.

Er kriegte den Kandidaten nun kurzer Hand unterm Arm zu packen und zog ihn mit sich fort um die Gebüschgruppe herum, hinter der seine Hütte sich erhob, die er, der vielgewandte, sehr zierlich und sehr geräumig für sich gebaut hatte.

Benno Scheide mußte drei Spitzenmuscheln voll Schnaps sich einfüllen lassen. Mittlerweile war es ganz dunkel geworden, und August schickte ihn nun mit allerlei guten Lehren nach Hütte Nr. 6, damit das Hauptgesetz der jungen Kolonie getreulich erfüllt würde.

 

 

3. Kapitel

August findet was im Preisverzeichnis.

Für den armen Benno war’s das reine Spießrutenlaufen, bis er Fritzis Behausung erreicht hatte. Mußte er doch zuvor an den fünf ersten Hütten vorüber, deren Bewohnerinnen natürlich bereits auf der Lauer lagen, um festzustellen, wohin der gemeinsame Herr und Gebieter heute seine Schritte lenken würde. Das jedesmalige Ergebnis der Lotterie sollte ja zunächst geheim bleiben.

Sollte geheim bleiben! –

Oh – was vermag nicht alles Weiberschlauheit! –

Wie geschickt hatte nicht Fritzi den Herrn Präsidenten heute regelrecht betrogen, indem sie in die Urne zwölf Feigenblätter getan hatte, die sämtlich die Nr. 6 trugen.

Sie liebte Benno ja ehrlich und heiß. Sie war nur äußerlich kühl und bescheiden, das süße Blondchen. In ihrem Innern lohte ein Vulkan von Leidenschaft und Eifersucht. Niemals würde sie es zulassen, daß Benno den anderen so gehörte, wie er ihr gehören sollte.

Sie hatte ihren Plan bereits fertig. Er konnte nicht mißglücken, wenn sie nur klug und geduldig war. Sie stammte aus einer kinderreichen Familie – und sie kannte das Leben. Sie wollte den Geliebten sacht hineingeleiten in das Zauberland der Göttin Venus, wollte ihm alles nach besten Kräften erleichtern.

Auch ihre Behausung zeichnete sich durch Zierlichkeit und Behaglichkeit aus, wenn es auch nur eine Hütte aus Flechtwerk mit einem flachen, nach hinten geneigtem Dach war. Mit leisem Bangen hatte sie trotz aller Sehnsucht nach dem Geliebten dessen Ankunft entgegengesehen. Als sie ihn nun gesenkten Kopfes und mit zögernden Schritten daherschleichen sah wie einen, der ein Verbrechen plante, schwand auch dieses Bangen schnell.

Er tat ihr leid. Sie ahnte, was in ihm vorging. –

Er hob den Mattenvorhang des Eingangs ein wenig, fragte schüchtern:

„Darf ich eintreten?“

Sie streckte ihm die Hand zwanglos entgegen:

„Aber gewiß, Herr Kandidat. Kommen Sie nur, Sie sollen es hier schon gemütlich haben.“

Ihre Natürlichkeit gab ihm leidlich die Sicherheit zurück. Er setzte sich auf den Bambusstuhl neben das kleine Tischchen, auf dem in flachen Muscheln allerlei Früchte und kalte Speisen standen: gebackener Fisch, eine gebratene Wildtaube, ein Pudding aus dem Mehl der Sagopalme und anderes.

Über dem Tischchen brannten an Schnüren hängend zwei Öllämpchen. Sie spendeten genügend Licht, um alles in dem kleinen Raum deutlich wahrnehmen zu können.

Benno Scheide war überrascht, wie nett Fritzi sich ihr Heim mit so primitiven Mitteln eingerichtet hatte.

„Sie sind eine kleine Künstlerin,“ lobte er und schälte eine Banane ab.

„Oh, ich bin ja auch Blumenbinderin von Beruf,“ lächelte sie und setzte sich ihm gegenüber. „Wir müssen Geschmack haben und aus nichts viel zu machen verstehen.“

Sie bot ihm die Brattaube an, füllte eine Spitzmuschel mit Fruchtsaft, reichte sie ihm, nötige ihn in so lieber Art zum Zugreifen, daß seine Schüchternheit sich immer mehr legte. –

In dieser Art lernte Benno Scheide den intimen Reiz eines eigenen Heims und das Köstlich–Wundervolle zarter Frauensorgfalt kennen.

Ach – und wie wohl tat ihm all das! Gerade ihm, der doch nach dem frühen Tod seiner Mutter lediglich unter der Obhut eines überstrengen Vaters aufgewachsen war und der als kleiner Beamter nur eins gekannt hatte: Pflichtgefühl! Und daneben auch nicht ein bißchen Liebe für ihn – das einzige Kind. –

Benno war beinahe restlos glücklich. Es plauderte sich zu zweien geradezu entzückend mit dem frischen, blonden Mädel. Und wenn nicht hin und wieder ihm die Gedanken an seine Pflicht hier gekommen wäre, hätte er sich vollkommen wunschlos gefühlt.

So ging das Nachtmahl vorüber. Fritzi räumte nun den Tisch ab. Sie war stiller geworden. Und Benno schielte immer wieder nach jener Ecke hin, wo die Bambuslagerstatt des holden Mägdleins stand.

Wenn nur dieses Lager nicht gewesen wäre!

Benno wurde plötzlich etwa so wie einem Examenskandidaten zumute, der ganz bestimmt weiß, daß er – sich blamieren wird. –

Das Examensfieber stellte sich ein. Nie wurde Benno klarer, welcher Abgrund zwischen Theorie und Praxis klafft, als jetzt.

Was halfen ihm alle weisen Lehren August Hobels! Nichts – gar nichts! Was half es ihm, daß dieser ihm eingeschärft hatte: ‚Der Kuß ist sozusagen die Einleitung.‛

Der Kuß?! –

Hiermit – wo sollte er wohl trotz der drei Kokosschnäpse den Mut hernehmen, Fritzi zu küssen?!

Und dann – dann noch die Fortsetzung, – wie August es genannt hatte: ‚Der erste Akt,‛ – bei Dunkelheit, bei heißeren Küssen, bei sehr verliebtem Flüstern.

Und schließlich: Der letzte Akt!

Den – den würde er nie – niemals schaffen! –

Jetzt hatte das blonde Holdchen alles säuberlich weggepackt; jetzt trat sie neben ihn.

Ihm wurde heiß und kalt.

‚Mut!‛ rief er sich selbst zu. ‚Mut und Frechheit! Vorwärts – leg den Arm um sie; sage ihr, daß du sie liebst! Ziehe sie auf deine Knie!‛

Er rief es sich zu – natürlich unhörbar für Fritzi – aber mit allem Nachdruck! Doch – Mut und Frechheit blieben aus. –

Fritzi lehnte sich leicht an seine Schulter.

„Lieber Herr Kandidat, ich habe mir ganz heimlich am Südufer unserer Insel, dort, wo die zerklüfteten Hügel sich befinden, noch ein zweites Heim errichtet,“ flüsterte sie. „Wir haben so schönen Mondschein heute. Wollen wir nicht hinübergehen und diese meine Behausung uns ansehen?“

Oh – er war sofort bereit – sofort! Er hätte am liebsten laut gebrüllt: ‚Mit tausend Freuden!‛ Aber – das hätte doch wohl zu sehr nach Feigheit geschmeckt.

Sie gingen. –

Und hinter ihnen drein lugten elf Mädchenaugenpaare. Denn blitzschnell war ja von Hütte zu Hütte die Kunde weitergetragen worden: ‚Fritzi hat ihn als erste ‚gezogen‛!‛ Und ebenso blitzschnell hatten die elf sich bei der schwarzen Zita in Nr. 7 versammelt und dann geradezu Horchposten ausgestellt, die alles Wichtige beobachten und sofort melden sollten.

Als nun in Hütte Nr. 7 die Nachricht einlief: ‚Das Paar macht einen Mondscheinspaziergang!‛ da lachte die schwarze Zita verächtlich auf und meinte:

„So ‛n Anfänger!“

Was die Vizepräsidentin Milli Scholz zu der Frage veranlaßte: „Ja – verlangst du denn etwa, Zita, daß der Benno mit der Fritzi die ganzen drei Tage nicht ins Freie sollte?“

Worauf Zita die Schwurfinger erhob und erklärte:

„Glaube mir! Der Benno und die Fritzi, – das ist die ungünstigste Einleitung für unsere Lotterie, die es nur geben konnte! Ich – ich hätte die erste Nummer sein müssen, Kinder, gerade ich, die doch im Palast meiner Mutter, der geborenen Fürstin Czisnaprotzki, so manches vom – Hörensagen erfuhr. Meine teure Mama gewährte sehr gern vornehmen jungen Damen Unterkunft. Zuweilen hatten wir bis zu fünfzehn im Haus. Jede bewohnte ein eigenes, reizendes Zimmer. Unsere Gesellschaftsabende waren berühmt. Der Ton bei uns war feiner als bei Hofe, und die Toiletten der Damen waren Gedichte von erlesenem Geschmack und praktischer Einfachheit. Oh – wie viele glückliche Paare hat unser Palast beherbergt! Ihr ahnt ja nicht, wie vortrefflich Mama es verstand, die für einander passenden Damen und Herren zusammenzubringen.“

Die zehn Lämmchen sperrten Mund und Ohren auf. Nur Milli Scholz mit dem Kneifer fragte in unangenehmer Neugier:

„Ja, weshalb hast du dir denn dort nicht einen Gatten ausgesucht, Zita? Weshalb hast du dich ausgerechnet dem Verein zur –“

Zita winkte hoheitsvoll ab. „Gott – daran war die Polizei schuld. – Ja, Kinder, ihr wißt ja, – die politischen Zustände in Warschau sind etwas unruhig. Meine Mutter hatte Neider. Man warf ihr allerlei vor. Na – und wie’s so im Leben ist: Die Polizeiwillkür triumphierte über ein armes, mitfühlendes Weib, das stets nur das Beste anderer im Auge gehabt hatte. Meine vornehme Mama wanderte ins Gefängnis, unseren Palast vermietete die Behörde anderweit, und ich – ich mußte mit meinem Schmerz und mit wenigen Pfennigen flüchten –“

So schilderte Zita in Kürze ihre Lebensgeschichte. Sie hatte vieles dabei nur angedeutet. Die Lämmchen wußten nicht, daß man derartige Damenpensionate gemeinhin mit einem etwas anstößigen Namen benennt: Freudenhäuser, – und daß der Palast der geborenen Fürstin Czisnaproßki eben ein Palast käuflicher Liebe gewesen war.

Nein – um dies herauszumerken, dazu waren die Lämmchen viel zu harmlos! Aber August Strobel war gewitzter! Und August Strobel lag draußen hinter der Rückwand der Hütte und hatte gleichfalls alles mitangehört.

Er feixte diabolisch. Also so eine war diese Zita! Und die hatte die Frechheit gehabt, sich unter diese elf doch fraglos absolut reinen Geschöpfe zu mischen?! Einfach unerhört war das! –

Na – er wollte ihr schon den Standpunkt klarmachen! Gleich morgen früh!

Nur – hm in dem einen Punkt, da hatte diese Zita doch recht gehabt: Man hätte ihr wirklich den Benno für den praktischen Unterricht überlassen sollen. Benno hätte sich da ohne Zweifel sehr leicht in seine neue Rolle hineingefunden.

Schade – schade! Nun machte dieser Benno mit seiner Fritzi Mondscheinspaziergänge! Gewiß – auch dabei ließ sich manches erreichen. Das wußte August Strobel aus Erfahrung. Aber – dann mußte man kein so gänzlicher ignorant im Angriffsverfahren sein wie Kandidat Scheide.

Jedenfalls kehrte der Herr Präsident von ‚Amazonia‛ nunmehr in sein Palais zurück, machte Nachttoilette, streckte sich auf sein einsames Lager und begann noch in dem einzigen hier vorhandenen Buch zu blättern.

Ein Zufall war’s, daß er dabei genau auf den selben Katalogteil stieß, der schon Bennos Interesse erregt hatte:

Wie baue ich meine beste Kraft wieder auf.

‚Aha!‛ dachte August. ‚Das ist was für ganz Dumme! Für solche, die gern ihr Geld loswerden wollen. – Beste Kraft wieder aufbauen! So ‛n Quatsch. Das ist genau so unmöglich, als wenn man ‛n ausjestoppten Hund zu Zuchtzwecken benutzen wollte! – Na – lesen kann man den Unsinn ja mal –‛

Und er las. Und er wurde immer nachdenklicher. Er fand dann mit eingeflochten gutachtliche Äußerungen von Professoren über ein Präparat, von dem er noch nie was gehört hatte – noch nie.

Dann war dieses Präparat näher beschrieben. Da stand:

Man wurde zuerst auf dieses Mittel deshalb aufmerksam, weil Afrikareisende immer wieder betonten, daß die Eingeborenen bis in die siebziger Jahre hinein sich ihre volle Manneskraft nur durch das Kauen der Rinde eines bestimmten Strauches bewahrten. – Nachdem Ärzte dann festgestellt hatten, daß z.B. ein Schwarzer von über siebzig Jahren mit seiner um fünfzig Jahre jüngeren achten Frau hintereinander noch neun kräftige Kinder nur durch das Kräftigungsmittel jener Rinde gezeugt hatte und daß derartige Fälle in Westafrika hundertfach sich ereignen, untersuchte man jene Strauchart näher und fand in ihr eine zur Art der Rubiazeen gehöriges Gewächs namens Corynanthe johimbe wieder, dessen Rinde farblose Kristalle ausscheidet. Diese Kristalle, ein Alkaloid, regen bei richtiger Dosierung die beste Manneskraft ohne Schädigung des Nervensystems in hervorragendem Maß an, was jetzt völlig einwandfrei nachgewiesen ist. Wir haben das Alkaloid nunmehr in Form von Tabletten in den Handel gebracht, sog. Yohimbin-Tabletten, die –

Kein Wunder, daß August Strobel auch das Folgende förmlich verschlang.

Und – wie freute er sich, als er weiter unten den Strauch Corynanthe johimbe nicht nur ganz genau beschrieben, sondern auch angegeben fand, daß dieser ebenfalls auf den Inseln des Indischen Ozeans vorkäme. –

Er ließ das dicke Preisverzeichnis sinken und vergegenwärtigte sich die Sträucher, die er auf der Insel bemerkt hatte. ‚Vielleicht,‛ dachte er, – ‚vielleicht ist diese wohltätige Rinde auch hier zu finden. ‚Und vielleicht‛ – Was er weiter dachte, braucht nicht näher ausgeführt zu werden. – Jedenfalls: Er hoffte! –

Und er nahm sich vor, morgen gleich nach Sonnenaufgang die ganze Insel zu durchsuchen nach dem Zaubergewächs der siebzigjährigen Eingeborenen mit den ‚noch‛ neun Kindern.

Die schwarze Zita war vergessen. Oder besser: August erinnerte sich an sie nur noch in weit versöhnlicherer Weise; er wollte ihr morgen keinen Krach machen ihrer Frechheit wegen, mit der sie sich hier stets gleich den übrigen Lämmchen als unberührter Engel aufgespielt hatte! Man konnte ja nicht wissen –! Es war für alle Fälle besser, sich gut mit ihr zu stellen, falls man die Wunderrinder eben fand und falls man dann eine Probe aufs Exempel machen wollte. Wozu sich doch niemals zum Beispiel Milli Scholz mit dem Kneifer geeignet hätte – niemals!

Darauf blies August Hobel die Lampe aus und schlief ein. Wundervolle Traumgesichte umgaukelten ihn, in denen er die Anzahl der Probeverlöbnisse im Handumdrehen bis auf sechzig brachte –

 

 

4. Kapitel

Der junge Ehemann.

Inzwischen hatte Fritzi Spältchen ihren Benno bereits endgültig erobert.

Und das war so gekommen:

Fritzi stolperte plötzlich, als man sich ganz in der Nähe der zerklüfteten Felspartien am Südstrand befand, wimmerte dann leise, klagte, sie habe sich wohl den linken Knöchel verknackst, und zwang ihren Gebieter dergestalt, sie in die Arme zu nehmen und zu tragen.

Benno wurde immer schwüler zumute, als nun die süße Last in seinen Armen und an seiner Brust ruhte.

Man stelle sich aber auch vor: Eine laue, mondhelle Tropennacht. Die Luft erfüllt von allen Wohlgerüchen zauberhaft duftender Sträucher. Stille ringsum. Nur von fern das Branden des Meeres. Und dazu an Bennos keuscher Brust ein anderes Brüstchen, noch im Wachsen, doch schon deutlich spürbar, dazu dicht an seinem Kopf die blonde, duftende Haarpracht der jugendfrischen Fritzi. Dazu ihre roten, lockenden Lippen und ihre großen, im Mondlicht doppelt sehnsuchtsvoll-verträumt wirkenden Augen.

Ach – dem armen Benno rann sehr bald das Blut wie flüssiges Blei siedend heiß durch die Adern. Wenn Fritzi ihn etwas fragte, konnte er nur noch stotternd antworten.

Und Fritzi fragte allerlei.

Dann rief sie plötzlich: „Auf meiner Oberlippe sitzt eine Mücke. Schnell – verscheuchen Sie sie, lieber Benno –“

Und der liebe Benno beugte den Kopf tiefer und suchte durch Blasen das stechende Insekt zu verjagen. Ob überhaupt eins vorhanden, konnte er nicht sehen. Jedenfalls – er blies aus Leibeskräften, da Fritzi jämmerlich klagte: „Mehr – mehr, – ich fühle den Stachel schon!“

Und dann – dann hatte Fritzi den Kopf plötzlich gehoben. Und Benno mußte mit Blasen aufhören, weil ein anderes Lippenpaar die seinen berührte.

Der erste Kuß! – Benno war jäh stehen geblieben, hatte die Augen geschlossen.

Und die weichen, heißen Lippen Fritzis entfernten sich so bald nicht wieder. Nein – Fritzi hatte seinen Hals mit ihren Armen umschlungen, preßte sich an den Geliebten, wartete – wartete darauf, daß die Eisrinde von dieser kältegepanzerten keuschen Brust wegschmelzen sollte.

Und es kam, wie es kommen mußte.

Das Eis schmolz. Benno fühlte mit einem Mal in seiner Männerbrust einen geradezu brutalen Mut. Er küßte wieder. Er stammelte zwischenein sehr törichtes Zeug, küßte von neuem. Und so ging das eine geraume Weile. Bis dann Fritzis Knöchel total gesunde war, wie sie Benno hinter sich her zog, hinein in die Felsenwildnis, in der es eine Grotte gab, aber keine Hütte, – eine ganz dunkle Grotte mit weichem feinen Seesand gepolstert; eine Grotte, die weit schöner war, als die der Frau Venus im Tannhäuser.

Und hier – wir saßen diese beiden jungen Menschenkinder nun ganz dicht aneinander geschmiegt und sagen sich immer wieder, wie lieb, wie unendlich lieb sie einander hätten. Flüsterten und küßten, küßten und flüsterten. Und um sie her war die schwarze Finsternis, die nur die schlechten Gewissen erschreckt, die aber für Liebende so viel Gutes an sich hat.

Benno kannte sich selbst nicht mehr wieder! Nie – niemals hätte er auch nur zu hoffen gewagt, daß er derartige Kühnheit aufbringen könnte! – Er brachte sie auf. Und – wie!

Er liebte Fritzi ja. Und sie liebte ihn. Und die Natur hat uns die Liebe ins Herz gepflanzt als mächtigen Trieb. – So wurde in dieser köstlichen Tropennacht Fritzi Spältchen vor Gott Benno Scheides Weib. Als der Morgen graute, als das Paar hinabstieg in den nahen Wald und Früchte zum Morgenimbiß suchte, da – da – schämten sie sich zuerst voreinander ein wenig.

Aber das ging schnell vorüber. Und als sie nun vor der Grotte saßen, die Früchte verzehrten und nebenbei allerlei verliebte Kurzweil trieben, da geschah es, daß Fritz plötzlich in Tränen ausbrach, sich an Benno lehnte und schämig klagte:

„Du – du, – niemals dulde ich es, daß du auch den anderen – den anderen elf – angehörst. Nein, – ich dulde es nicht! Ich gehe ins Wasser – oder töte mich mit Leuchtgas – oder werde Nonne – oder trete in die Heilsarmee ein, wenn –“

Da hatte er sich schon geküßt, beruhigte sie nun:

„All das hast du nicht nötig, mein süßer Liebling! Sei ohne Sorge! August Hobel und die elf können versuchen, was sie wollen: Mich machen sie nie und nimmer zum Haremskandidaten! Ich bleibe dein, bleibe dir treu! Ich schwöre es dir, Fritzi!“

Da lachte und weinte sie an seiner Brust. Und weil die Sonne so heiß auf den Grottenvorplatz herabrannte, zogen sie sich sehr bald in deren dunkelsten Winkel zurück. – So verliefen die ihnen gewährten drei Tage nur zu schnell mit Kosen und Küssen, mit wenig Kost und wenig Schlaf.

Nur zu schnell! –

Als der Abend kam, an dem das Pärchen zu den übrigen zurückkehren mußte, als Fritzi nochmals ihren Benno beschwor, ihr unter allen Umständen die Treue zu halten, da erhob der nun gänzlich verwandelte Kandidat mit ruhigem Selbstbewußtsein die Rechte gen Himmel und sprach:

„Süßer Liebling, – die Bande wird mich in Ruhe lassen! Sei überzeugt davon! Ich weiß, was ich tun werde! – Nun komm’, – gehen wir! Du aber, Süßes, du mußt ein wenig heucheln, verstanden?! Wenn die elf dich mit Fragen bestürmen, so erwidere stets nur ein Wort –“

Er flüsterte ihr das Wort zu.

Und sie fragte ganz verdutzt:

„Was – was bedeutet das?“

Er lächelte.

„Ich hab’s von August Hobel. Es entstammt seinem Wortschatz. – Jedenfalls: Du bleibst bei dieser kurzen Antwort. Eine von dem ‚elfen‛ – elfen klein geschrieben, Süßes! – wird den Ausdruck schon zu deuten wissen. Vielleicht Milli Scholz, die doch die meiste Bildung besitzt.“

Dann verließen sie die Grotte. Es dunkelte bereits. Und sie schritten umschlungen der Ansiedlung zu.

Dort hatten sich während dieser zärtlichen Tage recht merkwürdige Dinge abgespielt, die wir notwendig in der richtigen Reihenfolge wiedergeben müssen.

Also zunächst war unser hoffnungsfroher August Hobel wirklich sofort nach jener Traumnacht mit den sechzig Probeverlöbnissen bei Tagesanbruch bewaffnet mit dem einzigen gedruckten Buch von ‚Amazonia‛ auf die Suche nach dem Wunderstrauch gegangen.

Er suchte diesen Strauch wie das Kind im Märchen die Zauberblume. Er gönnte sich bis zum Abend kaum die Zeit, etwas zu genießen, durchstreifte die Wälder und Ebenen der Insel kreuz und quer, lief sich Blasen an den Füßen, schaute immer wieder in das Buch und verglich die Sträucher mit der Beschreibung der manneskraftweckenden afrikanischen Rubiazee.

Aber – alles war umsonst! –

Abends saß er dann vor der Hütte, schalt sich einen Esel und log der schwarzen Zita, die jetzt anstelle Fritzis sein Heim in Ordnung hielt, kalt lächelnd vor, er wolle das überflüssige Fett los werden und habe nur deshalb die heutige Dauertour unternommen.

Zitat von Schafranzki glaubte ihm nicht.

Sie argwöhnte etwas ganz Besonderes. –

‚Er sucht nach Gold oder Edelsteinen hier auf der Insel,‛ dachte sie. ‚Vielleicht hat er auch bereits Gold gefunden und verheimlicht uns das –“ –

So geschah es denn, daß, als August Hobel nach einer gut durchschlafenen Nacht und nach neuen Verlobungsträumen abermals die Suche nach dem Wunderstrauch neu gestärkt begann, er eine geduldige Verfolgerin hinter sich hatte, die sehr bald annahm, ihre Vermutung müßte stimmen, weil August so und so oft stehen blieb und sinnend zu Boden schaute, nachdem er in dem dicken Buch etwas nachgelesen hatte.

Ja – ohne Zweifel: Er suchte Gold! Und in dem Buch war fraglos angegeben, wie goldhaltige Erde leicht zu erkennen sei.

Auch dieser Tag verging ergebnislos. Abermals brachte August neue Blasen mit heim.

Und er schwor heute eine Million Eide, nach dem verfluchten Kraut nicht nochmals zu suchen.

Doch – es waren eine Million Meineide gewesen. Am dritten Morgen brach er wiederum zu der Streifte durch die Insel auf, indem er sich zu seiner eigenen Entschuldigung sagte, er habe ja noch nicht jenes Sumpfgebiet abgesucht, das im Norden der Insel sich weithin ausdehnte.

Und wiederum blieb die schwarze Zita getreulich hinter ihm, belauerte jede seiner Bewegungen und gewann aufs neue die Überzeugung, August Hobel habe der Goldwahnsinn gepackt. –

Der Tag neigte sich. Die Sonne sank. Und Augusts Hoffnung sank auf den Nullpunkt. – Er befand sich bereits auf dem Rückweg nach der Ansiedlung, als er dann plötzlich in einem kleinen Tal vor einer Gruppe von Sträuchern stutzte, das Buch gierig befragte und ein jubelndes: „Endlich – endlich!“ hinausbrüllte, daß so überlaut die abendliche Ruhe störte, daß eine Herde Affen den glücklichen Finder wütend mit Steinen zu bombardieren begann.

Was scherte das aber unseren August! Er hatte ja nun entdeckt, wonach er sich sehnte. Ohne Frage waren diese Sträucher hier jene Rubiazeenart. –

Eilig schnitt er ein paar Zweige ab, entfernte die Rinde, steckte sie in den Mund, kaute sie mit Todesverachtung aus, schluckte den Saft hinunter und dachte: ‚Bitter wie Galle der Geschmack, aber süß wie Honigseim (Nektar) die Wirkung!‛

Er packte noch einer Anzahl Zweige zu sich und setzte seinen Weg dann fort.

Die schwarze Zita hatte Augusts Tun von weitem beobachtet. Da es aber bereits stark dämmerte, hatte sie nicht genau gesehen, von welchen Sträuchern er die Rinde entfernt und in den Mund gesteckt hatte. Sie war der Meinung, diese Rinde sei wohl so etwas wie ein Geheimmittel, um verborgene Schätze leichter zu finden. Deshalb tat sie dasselbe wie der Herr Präsident von ‚Amazonia‛.

Aber – sie hatte Pech – sie erwischte einen anderen Strauch.

Was dies für Folgen hatte, wird sich sehr bald zeigen. –

August war daheim angelangt. Als er gerade sich zur Ruhe legen wollte, klopfte es. Nachdem er sein Kostüm in Ordnung gebracht hatte, rief er:

„Herein!“

Es war die Vizepräsidentin Milli Scholz, die das Staatsoberhaupt daran erinnern kam, daß sofort durch die bewußte Lotterie der Kandidat Benno Scheide an eine neue Nummer weitergegeben werden müsse.

„Ganz recht,“ nickte August. „Also bereiten Sie bitte die Feigenblätter schon vor, Millichen. Es soll niemand zu kurz kommen. – Unser Benno wird sich fraglos bereits hier wieder einfinden. Dazu ist er viel zu pflichttreu, um die Frist von drei Tagen willkürlich etwa zu verlängern.“

Milli hatte sehr bald in die Feigenblätter die Nummern eingeritzt. Dann zog August eins der Blätter aus der Urne auf gut Glück heraus:

Nr. 7

„Aha – die Zita!“ feixte August. „Die Zita aus dem Damenpensionat in Warschau. Feine Nummer! Hm – sehr feine Nummer! Benno kann sich freuen. Er wird was dazu lernen, ganz sicher.“

„Inwiefern?“ fragte Milli mit dem Kneifer harmlos.

„Na – ich mein’ so den feinen Ton, der bei Zitas Mutter in’s Pahlaihs jeherrscht hat,“ griente August.

Und er fühlte gleichzeitig, daß trotz wunden Füßen die Zauberrinde bereits wirkte; er fühlte sich jung – verteufelt jung –

Da – abermals klopfte es.

Diesmal war’s Benno, der nun gesenkten Kopfes eintrat.

Nein – nicht eintrat! – Der sich scheu durch die Tür hindurchdrückte wie ein richtiger durchgefallener Examenskandidat, der den Seinen melden will, daß der Examinator mit den Leistungen total unzufrieden gewesen sei.

„Herr im Himmel!“ rief August denn auch sofort. „Mensch, Benno, – mit det Jesichte kehrst de von die Hochzeitstour heim?! –

Mensch, beichte! Wat hat sich ereignet?“

Fräulein Milli mit dem Kneifer wurde flammend rot und verabschiedete sich hastig.

„So rede doch!“ schnauzte August nun. „Wir sind ja nu janz unter uns junge Mächens. – Also raus mit die Wurst! Wat hast’ de denn ausjerichtet, he?“

Benno markierte den blamierten Ehemann rührend getreu.

„Nichts!“ flüsterte er kläglich. „Nichts! – Lieber August, ich bin daran jedoch schuldlos. Ich – ich – kann eben Pleite ansagen, obwohl die Geschäftseröffnung noch gar nicht stattgefunden hat.“

„Hat der Mensch Worte! Pleite – ohne Geschäftsbeginn! Unglaublich! – Nee – nich mal ‛ne Ruine! Nur noch ’n Schutthaufen. Denn ‛ne Ruine is doch immerhin ‛n Rest von ‛n Schloß, das mal jestanden hat. Aber bei dir scheint’s nich mal –“ er schwieg plötzlich, trat dicht an Benno heran, schlug ihm derb auf die Schulter und fuhr ganz anderen Tones fort: „Nimm’s dir nich zu sehr zu Herzen, Benno. Wir renken die Jeschichte schon ein. Davon kannst de ebenso fest ieberjezeigt sein wie von die Tatsache, daß unsere Erde rund is, was ick jedoch erst jejlaubt habe, als ich uf ‛n Ozean den kreisrunden Horizont um unseren Dampfer herum beaugenscheinijen konnte. – Also, Kopp hoch, Benno! – Hier hast de det Mittel, wat aus Schutthaufen Schlösser erstehen läßt. Pell’ dir de Rinde von diese zwee Knippel ab und kau’ sie aus. In der Rinde sitzt ‛n Alkohol-Lied drin – ‛ne, Alkaloid heeßt det Zeigs, und dieses Alkaloid wirkt – na – du wirkt’s ja merken, Benno! Kau’ man ruhig, ‛s is ‛n scheenet Jift. Und dann machst de dir jleich auf die Socken und besuchst Fräulein Zita Nr. 7. Also verdufte, Benno. Da, nimm die Knippel nur mit. Kauen kannst de die Rinde auch draußen –“

 

 

5. Kapitel

Der wildgewordene Präsident.

In Hütte Nr. 7 waren die Lämmchen mit Ausnahme von zweien versammelt.

„Soeben ist Fritzi zurückgekehrt,“ bestätigte Zita. „Ich sah sie kommen. – Lauf’ doch mal eine von euch hinüber und hol’ sie her. Wir müssen doch wissen, wie Benno sich benommen hat. Wir haben Anspruch darauf, über ihn informiert zu werden. Er ist doch nun mal unser gemeinsamer Ehemann –“

Da tat sich die Tür schon auf, und Milli Scholz mit dem Kneifer schob Fritzi Spältchen hinein.

Arme Fritzi! Eine Sturmflut von Fragen umbrandete sie. Und sie stand gesenkten Kopfes da und sagte nur immer leise dasselbe Wort mit kurzen Unterbrechungen:

„Pleitemacher – Pleitemacher – Pleitemacher –“

Atemlose Stille trat ein. Dann Zitas kräftiges Organ:

„Wie – was?! Pleitemacher?! Der Benno?! – Ausgeschlossen! Ganz ausgeschlossen! Dann hast du eben diese Pleite herbeigeführt, Fritzi! Ich wette eine runde Million, daß ich zum Beispiel –“

Sie zuckte zusammen, schwieg urplötzlich, verzog das Gesicht zu einer schmerzlichen Grimasse, preßte beide Hände gegen den Leib und stöhnte dann:

„Mein Ahnherr Wenzeslaus Poniatowski schütze mich! Ich habe mich vergiftet. Oh – diese Schmerzen, dieses Schneiden in den Eingeweiden, dieses Ziehen in den beiden –“

Sie krümmte sich vollständig zusammen.

„Hilfe – Hilfe! Ich sterbe!“ wimmerte sie und schwankte ihrem Lager zu.

Bevor sie es aber noch erreicht hatte, überkam sie offenbar der Wunsch nach frischer Luft. Sie raste ins Freie und verschwand im Gebüsch.

Als sie dann wieder erschien, war sie totenbleich und hatte Riesenschweißtropfen auf der Stirn.

Man geleitete sie nach dem primitiven Bett, entkleidete sie.

Sie stöhnte und jammerte fortgesetzt. Und in diese Szene platzte nun Benno Scheide hinein, der noch die beiden Äste des Wunderstrauches in der Hand hielt, aber unbenutzt – mit der ganzen Rinde dran.

„Guten Abend, meine Mitbürgerinnen,“ begrüßte er die Lämmchen. „Ich wollte nur erklären, daß ich auf keinen Fall, obwohl doch das Los heute auf Nr. 7 gefallen ist, hier irgendwie –“

Da hatte er die schwer Leidende erspäht. Gleichzeitig hatte ihm auch Milli Scholz zugewinkt und drängte ihn wieder zur Hütte hinaus.

Draußen sagte sie: „Zita ist krank. Wählen Sie also jemand anders, Herr Kandidat.“

„Gut – aber erst morgen, Fräulein Milli, nachdem eine neue Volksversammlung über den Antrag, den ich stellen werde, entschieden hat. Bitte bestellen Sie doch Fritzi, ich hätte ihr noch Wichtiges mitzuteilen. Gute Nacht, Fräulein Milli. Angenehme Ruhe –“

Sie trennten sich mit einem freundschaftlichen Händedruck.

Fritzi erschien sofort draußen vor der Hütte. Und Kandidat Scheide schwenkte die beiden Zweige des Wunderstrauches wie Siegestrophäen, gab Fritzi schnell einen Kuß und sagte dann:

„Es wird alles gut werden, mein süßer Liebling.“

Während sie nun eiligst nach Bennos Hütte hinüberhuschte, mußte die schwarze Zita abermals blitzartig ihrem Drang nach frischer Luft Folge leisten. So kam es, daß sie des Pärchens gerade noch gewahr wurde. Aber – sie war ja zur Zeit machtlos, hatte mit sich selbst übergenug zu tun, und nur einen ellenlangen Fluch sandte sie hinter den Glücklichen her, – nur einen Fluch in Gedanken, denn Rufen oder Sprechen konnte sie nicht, dieweil in kurzen Intervallen über ihre Lippen anderes sprudelte, was die Rinde des falschen Wunderstrauches – es war die Rubiazee Spireana vomica, der Brechstrauch gewesen – aus den dunklen Tiefen des Magens ans Tageslicht lockte. –

*

Inzwischen hatte August Hobel sich noch eine Portion der auffrischenden echten Rinde zu Gemüte geführt, die seine Unternehmungslust geradezu bis ins Unerträgliche gesteigert hatte. Mit Geringschätzung dachte er jetzt an den Siebzigjährigen mit den noch neun Kindern. – Neun Kinder! Eine Lappalie! Eine Kleinigkeit, die man gar nicht erwähnte! –

So dachte er jetzt; so fühlte er sich – so!

Und weil er sich so fühlte, überkam ihn heißes Sehnen nach Zitas erprobten Frauenarmen, die doch fraglos schon manchen Männernacken liebend umfangen hatte, – fraglos – dort in Warschau, wo die Polizei sich nachher eingemischt hatte.

Er machte sich also fein. Ein Freier muß auch äußerlich einigermaßen nach was aussehen. Er rasierte sich, er frisierte sich, er parfümierte sich mit einem Odeur, das er für die Lämmchen aus Blütenblättern destilliert hatte. Mehr noch: Um die den Gesamtausdruck seines Gesichts störende rote Knollennase weniger aufdringlich erscheinen zu lassen, puderte er sie leicht mit Mehl über.

Mit einem Wort: August Hobel war jetzt äußerlich und innerlich ein Freier, der nicht gerade allzu sinnverwirrend – sinnverwirrend abstoßend natürlich! – wirkte. –

Die schwarze Zita würde schon zufrieden sein, sagte August sich stolz und selbstbewußt, kaute aber zur Sicherheit doch noch unterwegs nach ihrer Hütte ein drittes Stück Wunderrinde.

Was zur Folge hatte, daß er in einem Zustand dort anlangte, das sich durch ein nicht anstößiges Wort des deutschen Wortschatzes nicht recht wiedergeben läßt, – sagen wir immerhin ‚liebestoll‛, was der Sache leidlich nahe kommt.

Zita ging es etwas besser – etwas! Aber doch noch lange nicht so gut, um den heißen Wünschen Augusts auch nur entfernt ähnliche Gefühle entgegenbringen zu können. –

Nein – er fand bei ihr keinerlei Verständnis für diese Art von Samariterdienst, wie er ihn ohne lange Vorrede einzuleiten suchte.

„Hobel, Hobel – Sie scheinen plötzlich etwas übergeschnappt zu sein!“ rief sie matt. „Wozu küssen Sie mir denn die Hände?! Lassen Sie den Unsinn gefälligst!“

Sie stieß ihn zurück. Er merkte, daß er hier heute keine Gegenliebe fand.

‚Na – dann anderswo!‛ dachte er und verabschiedete sich mit einer Redensart, die Zita zu dem ‚Nachruf‛ veranlaßte: „Sie oller Süffke sollten sich was schämen, derartiges vor reinen Mädchenohren auszusprechen!“

Worauf August von draußen nur durch ein Hohngelächter antwortete und schnurstracks hinüber nach Nr. 8 eilte, wo das Fräulein Vizepräsidentin mit dem Kneifer hauste.

Milli Scholz ließ August ohne weiteres ein, obwohl sie bereits im Negligee war. Er war für sie eben nur ein älterer, etwas poltriger Mann, ein gesichtsloses Wesen sozusagen. Sie glaubte, er wolle mit ihr noch über Staatsgeschäfte verhandeln, hatte aber dann kaum heraus gemerkt, daß er offenbar ganz anderes im Schilde führte, als sie ihn auch schon kurzerhand an die frische Luft zu setzen versuchte.

Dies war nun jedoch nicht so ganz einfach. August wurde geradezu rabiat, wollte Milli an sich ziehen und küssen, machte von seiner überlegenen Körperkraft rücksichtslos Gebrauch und zwang Milli zu so nachdrücklichem Hilfegeschrei, daß in kurzem das ganze Amazonenkorps mit Ausnahme Fritzis sich vor Nr. 8 versammelte und auf Anraten der schwarzen Zita, die durch mehrere Kokosschnäpse ihr innerliches Gleichgewicht schnell wieder hergestellt hatte, sich mit Knütteln bewaffnete, wodurch dann dem durch Millis Fingernägel endlich in die Flucht geschlagenen August draußen ein derart warmer Empfang bereitet wurde, wie ihn noch kein Präsident eines freien Staatswesens erlebt haben dürfte. Jedenfalls mußte August der Übermacht im Geschwindschritt weichen und sich in den nahen Wald verziehen, wo er genügend Zeit und Ruhe hatte, darüber nachzudenken, wie unvorsichtig es für Herren im gesetzten Alter ist, allzu eifrig von der kräftigenden Rinde des Wunderstrauches zu naschen.

Nach einer Stunde wagte er es dann, sich vorsichtig nach Bennos Behausung zu schleichen, um dort sichere Unterkunft für die Nacht zu finden. Aber – auch dieser Hafen war dem armen, verprügelten Wrack verschlossen.

Benno öffnete nicht, rief dem Einlaß Begehrenden vielmehr wütend zu:

„Stör’ mich nicht, zum Teufel! Ich habe Besuch und außerdem gerade genug anstrengende Tage und Nächte hinter mir –“

August Hobel tat, als ginge er von dannen. In Wahrheit spielte er an der linken Hüttenwand noch ein Weilchen den Lauscher.

Und – was er erlauschte, entlockte ihm neue leise Verwünschungen!

„So ein verd… Heuchler und Tugendbold! Hat man so was je erlebt! Tut der Mensch so, als ob er – na – jedenfalls kümmere ich mich nie mehr um die hohen Ziele des Vereins. Nie mehr! Nur Undank und Unaufrichtigkeit erntet man! Weiter nichts!“

Tief geknickt bereitete er sich dann weit entfernt von der Ansiedlung am Weststrand der Insel ein Nachtlager, da er es nicht wagte, sein Pahlaihs wieder zu beziehen. Man konnte ja nicht wissen, ob das Amazonenkorps nicht einen neuen Überfall plante. Und August hatte von dem ersten gerade noch genug.

Er schlief ein.

Und er träumte diesmal nicht von Probeverlobungen, sondern von der schwarzen Zita, die ihn wie ein Raubtier in einen Käfig gesperrt hatte und nur mit Rinde zweier Rubiazeen fütterte, – einen Tag mit der Gattung Yohimbe, den anderen mit der des Brechstrauches, – und so fort stets in derselben Abwechslung. Als er nach zwei Wochen nur noch aus Haut und Knochen bestand und so dünn war, daß er in der Sonne nicht mal mehr einen Schatten warf. –

*

Als er erwachte, war es heller Tag. Er riß die Augen auf – riß sie noch weiter auf. Denn dort unweit der Insel lag ein großer Dampfer vor Anker, von dem soeben ein Boot abstieß.

Dieser Anblick veranlaßte ihn, im Galopp nach der Ansiedlung zu rennen, wo gerade die von Milli Scholz einberufene Volksversammlung den Herrn Präsidenten wegen zeitweiliger Unzurechnungsfähigkeit abgesetzt hatte.

„Ein Schiff – ein Dampfer!“ brüllte August schon von weitem. „Ein Boot nähert sich der Insel. Unser Robinsonleben ist zu Ende –“

Aber – man glaubte ihm nicht. Die schwarze Zita meinte, „der Alte ist offenbar noch nicht ganz ausgenüchtert!“ und Milli Scholz hielt schon einen dicken Ast bereit, um Angriffe des gefährlichen Lustgreises abwehren zu können. Nur Benno hatte Erbarmen, ließ August feierlich schwören, daß es mit dem Dampfer seine Richtigkeit habe, und eilte dann nach dem Weststrand. –

Eine Stunde später wurde ganz ‚Amazonia‛ auf das Schiff gebracht, einen deutschen Steamer, der hier Trinkwasser hatte einnehmen wollen. Immerhin hatte August noch genügend Zeit gefunden, sich ein dickes Bündel der Wunderzweige abzuschneiden, das er mit an Bord nahm.

Und wieder sieben Wochen drauf langte die Reisegesellschaft endlich wohlbehalten an ihrem Ziel in der Kolonie ‚Hoffnungstal‛ Nordaustralien an, wo die Lämmchen sämtlich in kurzem brave Ehemänner fanden – sämtlich, auch die schwarze Zita.

Als erstes Paar wurden Fritzi und Benno getraut. Benno war nicht mehr der – Haremskandidat von einst – oh nein! Er war Mann geworden – in allem, und er war restlos glücklich.

Als zweites Paar taten sich Zita und – August Hobel zusammen, denn Zita hatte inzwischen die Gewißheit erlangt, daß August ebenfalls noch Mann war und – ebenfalls in allem! Von der Wunderrinde ahnte sie nichts! Und da August mit seinem Vorrat sehr sparsam umging, hielt er – der Vorrat – eine ganze Weile vor.

In Hoffnungstal wurden dann, als die Zeit erfüllt war, ein Dutzend neue, winzige Bürger und Bürgerinnen getauft.

Augusts Stammhalter erhielt den Rufnamen Benno; und Benno Scheides Erbprinz ward August benannt. Woraus hervorgeht, daß die Freundschaft zwischen Hobel und Scheide noch dicker geworden.

Womit unsere Geschichte schließt!