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Der Getreidespeicher der Morton-Bande

 

Harald Harst

 

Band: 350

 

Der Getreidespeicher der Morton-Bande

 

Von

Max Schraut

 

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin 16,
Michaelkirchstraße 23a

 

Nachdruck verboten. – Alle Rechte, einschließlich das Verfilmungsrecht, vorbehalten. – Copyright 1933 by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin SO 16
Buchdruckerei: P. Lehmann G. m. b. H., Berlin SO 16

 

 

1. Kapitel

Zwei Entwurzelte.

Der alte Mann beugte sich weit zum Mansardenfenster hinaus und beobachtete mit tränenumflortem Blick die Abfahrt des Polizeiautos.

Sein Hirn war leer, war wie ausgebrannt.

Ein weiter Kreis von. Neugierigen hatte sich drunten vor der Haustür versammelt, und obwohl das spärliche Licht des düsteren Märztages bereits im Schwinden begriffen war, glaubte Karl Kampert die Augen seiner gehässigen Nachbarn noch hohnvoller und feindseliger als sonst zu spüren.

Er trat vom Fenster zurück, schloß es, erschauerte vor Kälte und zog den alten Wintermantel, den er als Schlafrock benutzte, fester um die mageren Glieder.

Seine schmale, feine, lange Künstlerhand, die einst mit so vollkommener Virtuosität den Geigenbogen geführt hatte, wühlte nervös in dem ungepflegten, fast weißen Vollbart, während er stumpf und gleichgültig die Unordnung betrachtete, die das Polizeiaufgebot in dem kleinen Zimmer nach der gründlichen Durchsuchung aller Behältnisse zurückgelassen hatte.

Dann blieb sein Blick auf Inas großem Bilde haften, das dort auf dem winzigen Schreibtisch neben dem Eckfenster prunkte.

Ja — prunkte.

Ein bitteres Lächeln überflog das Patriarchengesicht des einsamen Greises.

Der kostbare breite Silberrahmen hatte ihm nie behagt.

Derartiger Luxus in der armseligen Behausung eines Unterstützungsempfängers?!

… Die Beamten hatten diesen Rahmen gleichfalls so eigentümlich gemustert.

Der alte Kampert setzte sich aufseufzend in den wackeligen Plüschsessel und rieb sich gedankenverloren die faltige hohe Stirn.

Was würde Fritz Merling wohl dazu sagen, daß Ina nun verhaftet worden?! — Merling war der Spender des kostbaren Rahmens und manch anderer unnötiger Dinge, die in das Heim eines Entwurzelten nicht hineinpaßten. Aber Merling als Inas Verlobter unterstand nicht seiner strengen Schlichtheit…

Auch Ina war eine Entwurzelte — wie er, ihr Großvater, freilich entwurzelt in anderer Art.

Er hatte sich mit seinem Lose abgefunden. Der Einbruch fremdstämmiger Elemente in die deutsche Kunst hatte ihn verdrängt. Gewiß, er war nicht ohne Kampf gewichen, aber der Kampf war zu ungleich gewesen, die Eindringlinge, frech, anmaßend und unterstützt von einer gleichgültigen, neidischen Kollegenschar, hatten schließlich gesiegt.

Der einstige erste Geiger des besten Orchesters Berlins verarmte, ward totgeschwiegen, wurde vergessen. Seine Kompositionen belächelte man: ‚Veraltet!‘

Man verlangte ‚neue‘ Kunst, Dreigroschenoper, Negermusik…

Ina, seine verwaiste Enkelin, sein alles, hatte sich derweil zu einer wundervollen Blüte entwickelt. Sie lernte arbeiten, wurde Stenotypistin, und bei dem Rechtsanwalt, der ihr Brotgeber war, lernte sie vor Monaten Fritz Merling kennen.

Merlings reiche Eltern wußten bisher nichts von diesem Verlöbnis ihres hübschen, leichtlebigen Sohnes, der, mehr zum Schein, als Prokurist in des Vaters ausgedehntem Immobiliengeschäft tätig war.

Durch Merling entglitt Ina der festen, schirmenden Hand des Greises und… entwurzelte.

Der Boden, der ihr gebührte, war der dürre Acker der Armut, Sparsamkeit und Genügsamkeit.

Der Boden, in den dieser Merling sie verpflanzte, war der jener fragwürdigen Luxusgaststätten der Kurfürstendammgegend Berlins, wo neben dem herausgeputzten Provinzler und dem Neureichen nebst Anhang der Hochstapler seine Zerstreuung suchte,

Wie ein Blitz aus immerhin, stark umwölkten Himmel folgte die verflossene Stunde der Demütigung: Die Polizei erschien, der leitende Kommissar hatte den Haftbefehl bereit, und als die Beamten in Inas Schafkämmerlein aus den hohlen Füßen des eisernen Bettes die glitzernde Flut ungeahnter Reichtümer hervorgeholt hatten, war Ina lautlos zusammengebrochen.

Nicht ein Wort kam über ihre Lippen.

Nicht eines…

Keine Verteidigung, keine Erklärung, — nichts.

Still, starr und stumm war sie davongegangen, ohne Gruß, die Augen zu Boden geschlagen.

Der Greis stöhnte leise.

… Wenn der leitende Kommissar wenigstens irgend eine Erklärung abgegeben hätte!

Woher wußte die Polizei, daß gerade bei Ina Edelsteine verborgen waren, die aus den großen Einbrüchen der letzten Zeit stammten?! —

Karl Kamperts leeres Hirn füllte sich langsam wieder mit kreisendem Blut und weithin schweifenden Gedanken.

Der alte Mann erkannte, daß er irgend etwas unternehmen müßte, um diese dunklen Dinge von sich aus aufzuklären.

Er konnte doch nicht untätig bleiben, er war doch immer noch geistig rege genug, hier Zusammenhänge zu ahnen, die nur eine sehr geschickte Hand lösen, entwirren könnte.

In dieser großen Stadt Berlin in diesem Untier Berlin, das überall kränkelte und mit eiternden Beulen, bedeckt war, die man nur oberflächlich mit Pflastern verbarg, damit der Verwesungsgeruch der blinden Menge nicht in die Nasen stiege, — hier in diesem Schlupfwinkel der Bestechlichkeit, des Millionenbetruges und der anrüchigen geschäftlichen Schiebungen und Verschiebungen, lebten irgendwo, darauf besann er sich in dieser Abendstunde seiner tiefsten Demütigung, zwei Männer, die ohne viel Reklame, gehaßt von allen mit schlechtem Gewissen Belasteten, ihre Nächstenpflicht still und unauffällig erfüllten und denen halfen, die wie er selbst nicht mehr ein noch aus wußten.

Der alte Kampert hatte zuweilen ihre Namen in den Zeitungen gefunden. Zumeist hatten diese Zeitungen hämische Bemerkungen diesen Namen angehängt und versucht, den Fluch der Lächerlichkeit über zwei Unantastbare heraufzubeschwören.

Des Greises lebendiges Hirn arbeitete emsiger.

Jetzt erinnerte er sich: Namen und Straße fielen ihm ein, und mit fast jugendlicher Eile machte er sich zum Ausgehen fertig.

 

 

2. Kapitel

Die ersten Ermittlungen.

Es läutete…

Es war kurz vor acht Uhr, und um diese Stunde hatten wir niemals mehr mit einem Besucher gerechnet.

Karl Kampert, der Geiger und Komponist, saß in der Sofaecke unseres Büros und hatte verschüchterte große Kinderaugen.

Harst lud ihn zwanglos zur Teilnahme an unserem einfachen Abendbrot ein, und der Greis taute allmählich auf und trank bereits das zweite Glas Rotwein.

„Ich bin… überrascht“, sagte er plötzlich…

Harst lächelte freundlich.

„Als Sie zu uns kamen, glaubten Sie zweifellos, Sie würden hier eine andere Umgebung und andere Menschen vorfinden. Vielleicht haben Sie einmal die so oft nachgeahmten Sherlock Holmes-Geschichten gelesen und fürchteten, hier genau so geistsprühende Köpfe anzutreffen. Lieber Herr Kampert, Sherlock Holmes in Ehren. Aber im Leben gibt es derartiges nicht. Schraut und ich sind ein Freundespaar, das zwar die Sensation als eigenes Erlebnis liebt, im übrigen… sind wir Geschäftsleute etwa wie nebenan der Lotterieeinnehmer…“

Der Geiger schüttelte den Kopf.

„Sie verkleinern sich selbst, Herr Harst.“

„Nein… Ich bin nur ein Mensch ohne viel Illusionen, Ich besitze praktische Erfahrungen, die nötigen Vorkenntnisse und denke exakter als andere. Das ist alles, — Bitte, wählen Sie diese Zigarre. Sie ist ganz leicht. Hier ist Feuer… —Ihre traurige Geschichte haben Sie uns bereits erzählt. Sie gestatten, daß ich einige Fragen stelle…“

Der Greis fühlte die reine Herzensgüte, die ihn hier umstrahlte, und seine Züge entspannten sich und die schwere Last seiner Seele ward leichter.

„Sie mögen diesen Merling nicht?!“, fragte mein Freund geradezu.

Kampert sah sich auf seinen geheimsten Gedankenwegen ertappt und stammelte ein ehrliches:

„Nein, — ich mag ihn nicht!“

„Wer wohnt außer Ihnen in dem Hause, dessen Mansarde Sie seit zwei Jahren innehaben?“

Die kalte Sachlichkeit verwirrte den Greis noch mehr.

Es ist ein Schönheitsfehler meines Freundes, daß er ohne abschwächende Übergänge den Menschen Harst abstreift und nur Detektiv wird.

Kampert nannte die Mieter.

„Verkehren Sie mit einem dieser Leute?“

„Nur mit dem jungen Engländer Jack Riverpool, Herr Harst, der unter mir wohnt.“

„Was treibt dieser Herr?“

„Er hält sich seit einem halben Jahr in Berlin auf, um seine deutschen Sprachkenntnisse zu vervollkommnen. Nebenher arbeitet er auf der Englischen Botschaft. Einen Titel führt er nicht, über seine Privatverhältnisse weiß ich nichts. Wir musizieren zusammen… Nur durch mein Geigenspiel lernte ich ihn kennen.“

„Und wie stand er zu Ihrer Enkelin Ina, Herr Kampert?“

„Sie gingen sich aus dem Wege…“

„Und zu Merling?“

„Dja, — das ist schwer zu sagen, Herr Harst. Merling und Riverpool kannten sich bereits gesellschaftlich, wenn auch oberflächlich. Mein Empfinden geht dahin, daß die beiden jungen Männer zu verschiedene Naturen sind, als daß es zwischen ihnen Berührungspunkte geben könnte.“

„Verstehe… — Beschreiben Sie mir Merling und Riverpool…“

Der greise Geiger lieferte sehr treffende Wortbilder, und Harst gab mir einen ganz bestimmten verstohlenen Wink.

Ich räumte den Tisch ab und dann trat ich durch unseren kleinen Vorgarten auf die Straße hinaus.

Ein eiskalter dünner Regen rieselte herab, der das spärliche Laternenlicht noch mehr dämpfte. Ich ging bis zur Straßenecke, tat so, als würfe ich einen Brief in den dort angebrachten Briefkasten und kehrte um.

Unserem kleinen villenartigen Hause schräg gegenüber hielt eine Limousine, die ich nun schärfer ins Auge faßte.

Privatwagen hielten hier selten.

Der Schofför war ein bärtiger Wann in dunkler Livree, wie ich feststellen konnte.

Dies genügte mir zunächst.

Ich schritt an unserem bescheidenen Besitz vorüber, überquerte die Straße und betrat das kleine Kaffeehaus an der modernen Ecke, wo ich häufiger Einkäufe machte.

Ich wählte einige Tortenstücke und verschwand in der Telefonzelle.

Mein Anruf galt der Detektei Argus, die wir oft in Anspruch nahmen.

„Hier Schraut… ‘n Abend, Keßler… Schicken Sie zwei Leute in die Arnoldstraße, einer zu Rad, einer in einer Taxe. Harst will wissen, ob wir beobachtet werden. Wir haben einen Klienten bei uns.“

„Wird gemacht, Herr Schraut… Also in einer halben Stunde, — Wo wohnt Ihr Klient?“

„Stadtbahnstraße, Vorort Halensee.“

„Danke… Schluß.“

Als ich heimkehrte, spielte Harst mit Kampert zur Nervenberuhigung eine Partie Halma.

Ich servierte meinen süßen Nachtisch, der Geiger ließ es sich schmecken, und dann erst rückte Harst mit seinem Vorschlag heraus.

„Herr Kampert, ich möchte mir einmal Ihre Wohnung ansehen.“

Der alte Herr wurde verlegen.

„Ob, — ich habe noch nicht aufgeräumt…“

„Macht nichts… — Schraut, du kannst eine Taxe bestellen…“ —

Das Haus, in dem der Geiger hoch droben billig und dürftig sein Heim aufgeschlagen hatte, stand vereinzelt, hatte nur Kohlenplätze als Nachbarn. Die andere Straßenseite war voll bebaut, zum Teil mit modernsten Siedlungskasernen, die entsetzlich kalt und nüchtern wirkten.

Wir stiegen die schlecht beläuferten Treppen hinan, gelangten auf den Bodenraum und vor Kamperts Flurtür.

„Warten Sie bitte“, sagte mein Freund, als der alte Herr die Tür aufgeschlossen hatte. „Ich möchte mich schon hier genauer umsehen.“

Er schritt mit seiner Taschenlampe hin und her, holte einen Dietrich hervor und öffnete die eiserne Bodentür, trat ein und drückte sie hinter sich ins Schloß.

Der Greis schaute mich fragend an.

Ich lächelte nur und nickte ihm zu…

„Harst hat seine besonderen Methoden, Herr Kampert.“

„Es scheint so…“

Als mein Freund wieder im Vorbodenraum erschien, hörten wir, daß einer der Mieter die Treppen emporkam. Im Treppenhaus war die Nachtbeleuchtung eingeschaltet worden, und der Mann ging schwerfällig, pfiff vor sich hin und sang zuweilen ein paar Takte.

„Es ist Riverpool“, flüsterte der Greis. „Mitunter trinkt er etwas zuviel…“

Wir betraten die Mansardenwohnung, deren Ärmlichkeit mich geradezu erbitterte.

Kampert war ein recht bekannter Künstler gewesen, und in den Tagen seines Glanzes hatte er sogar ein eigenes Heim in einem Villenvorort besessen.

Während der alte Herr und ich in dem Wohnstübchen Platz nahmen, besichtigte Harst sehr gründlich die einzelnen Räume.

In seiner Gründlichkeit ging er sogar soweit, die Fenster zu öffnen und auf das Vordach hinauszuklettern.

Inzwischen suchte der alte Herr, der in dieser Umgebung wieder trübselig vor sich hinstarrte, bei mir Trost und Zuversicht.

„Herr Schraut, es ist doch wirklich ganz ausgeschlossen“, meinte er unter anderem, „daß Ina von dem Vorhandensein der Edelsteine in den hohlen eisernen Bettfüßen etwas gewußt hat. Die Anschuldigung lautet auf Beihilfe zum Diebstahl. Ich begreife überhaupt nicht, woher die Kriminalpolizei…“

Harst erschien aus Inas Stube.

Der Greis schwieg.

„Herr Kampert“, fragte mein Freund, setzte sich zu uns und hielt uns sein Zigarettenetui hin, „von dem Fenster Ihrer Enkelin aus ist auf dem einen Kohlenplatz ein ziemlich hoher Bau zu erkennen…“

„Ja, ein früherer Getreidespeicher, Herr Harst. Er steht jetzt leer und ist abbruchreif.“

„Leer?! — Merkwürdig…!“

Er sprach sehr leise, und auch Kampert dämpfte unwillkürlich seine etwas brüchige Stimme.

„Inwiefern merkwürdig, Herr Harst?“, meinte der alte Herr und sog krampfhaft an seiner Zigarette.

„Wie kommt ein Getreidespeicher hierher?! Da ist merkwürdig“, erklärte Harst. harmlos.

… Was natürlich nicht stimmte.

„Einstmals soll hier ein Getreidegeschäft existiert haben“, erwiderte der Greis mit leichtem Achselzucken.

Mein Freund schaute zur Decke empor und hatte einen völlig geistesabwesenden Ausdruck im Gesicht.

Ganz unvermittelt sagte er dann:

„Ihre Enkelin ist denunziert worden… Jemand, der entweder ihr oder Ihnen schaden wollte, hat die Polizei benachrichtigt. Anderseits wäre eine Verhaftung nie erfolgt, wenn Fräulein Ina nicht in Tanzdielen, wo sie mit Merling verkehrte, auch mit Leuten häufiger getanzt hätte, die als sogenannte Gentlemaneinbrecher — Gentleman dem Anzug und dem Auftreten nach — der Polizei bekannt waren und irgendwie im Verdacht standen. Fräulein Ina dürfte bereits längere Zeit beobachtet worden sein — auf die Denunziation hin.“

Der alte Kampert schaute Harst hilflos an.

„Wie kamen die Steine hier in die Wohnung?“, flüsterte er mit trockener Kehle.

„Das weiß ich vorläufig noch nicht, lieber Herr Kampert. Trotzdem glaube ich Ihnen versprechen zu können, daß Fräulein Ina bald entlassen werden wird. Die Polizei, kann sich meiner Beweisführung, daß es sich um einen Racheakt oder um Ähnliches handelt, kaum verschließen.“

Der alte Mann blickte erstaunt sein Gegenüber an.

„Sie haben Beweise?“

„Beweise wäre zu viel gesagt. Immerhin Anhaltspunkte, Herr Kampert. — Jetzt müssen wir uns verabschieden. Gehen Sie in dem Bewußtsein zu Bett, daß die Sache für Sie besser steht, als es den Anschein hat.“

Der Greis wagte im Flur, nachdem er uns die Treppe hinabgeleitet hatte, noch eine leise schüchterne Frage.

„Vermuten Sie ein. falsches Spiel von Seiten dieses Merling, Herr Harst?“

„Diese Frage“, erwiderte mein Freund, „wiederholen Sie morgen abend. Dann werde ich genauer orientiert sein. Ich bin wirklich kein Hexenmeister…“

 

 

3. Kapitel

Was wir fanden…

Kommissar Werner Rauth, der den Fall Ina Kampert seit einer Woche zu bearbeiten hatte, gab jetzt alle weiteren Bemühungen auf, die vorhin Verhaftete zu einem Geständnis zu bewegen.

Er saß weit zurückgelehnt hinter seinem Schreibtisch und hatte das glatte, etwas müde und abgespannte Gesicht leicht in die linke Hand gestützt.

Ihm gegenüber, hell beleuchtet, saß Ina Kampert…

Blaß, aber voller Trotz und unbeugsam in ihrem Entschluß, überhaupt nicht zu antworten. Nur ihre Personalien hatte sie angegeben, im übrigen immer wieder erklärt: „Ich weiß nichts…“

Ihr schmales zartes Antlitz, das selbst jetzt einen kindlich-reinen Zug hatte, der sehr für sie einnahm, war ohne Scheu dem jungen Kommissar zugekehrt.

Ina besaß jene pikante, milde Schönheit, die den Gretchen-Typ nur andeutet.

Werner Rauth läutete, ließ sie abführen und überlas das kurze, nichtssagende Protokoll.

In dem Riesenpalast am Alexanderplatz, von den Berlinern stets ‚Der rote Alex‘ genannt, herrschte trotz der späten Stunde auf Fluren und Treppen immer, noch jene Unruhe, jenes immerwährende Hin und Her, das in dem Polizeipräsidium einer Millionenstadt nie völlig erstirbt.

Ein Beamter betrat Rauths Dienstzimmer und meldete dem Kommissar zwei Herren.

Rauth war überrascht.

„Ich lasse bitten“, befahl er eifrig,

Da wir bereits im Flur eine Weile gewartet, hatten, war Ina Kampert mit der Wärterin der Frauenabteilung dicht an uns vorübergekommen. Wir hatten sie so zum ersten Male gesehen.

Auch Rauth kannten wir nicht. Er bat uns, Platz zu nehmen, und gab sich dabei offensichtlich alle Mühe, recht gemessen zu erscheinen. —

„Sie kommen in der Sache Kampert, Herr Harst“, begann er, mit einem Bleistift spielend.

„Nur in zweiter Linie“, erwiderte mein Freund, „Ich komme hauptsächlich zunächst der Denunziation wegen, die gegen Fräulein Ina gerichtet war.“

Rauths Kopf schnellte hoch…

„Denunziation?!“ — Er suchte seine Verwirrung zu verbergen.

„Ja. Wir wollen hier nicht Versteck miteinander spielen. Fräulein Kampert ist denunziert worden, und Sie haben sie so lange beobachten lassen, bis Sie Anlaß zu haben glaubten, zuzupacken. Es geht um die Ehre eines unbescholtenen jungen Mädchens, Herr Kommissar, auch um die Ehre ihres Großvaters, eines Künstlers von Ruf. Die Polizei hat hier einen außerordentlich bedauernswerten Mißgriff getan. Herr Kampert war bei uns, und wir begleiteten ihn heim. Falls Sie Zeit haben, bitte ich Sie, sich uns anzuschließen. Ich möchte Ihnen im Hause, wo Kamperts wohnen, etwas zeigen.“

Werner Rauth kapitulierte gegenüber dieser abgeklärten Ruhe und Sicherheit des Älteren.

„Sehr gern, Herr Harst…“, — und er erhob sich und wollte die vor ihm liegenden Akten wegschließen.

Es waren zwei Aktenstücke, das eine bereits recht umfangreich, das andere sehr dünn. Auf dem dünnen stand ‚Kampert‘, auf dem anderen ‚Morton‘.

Harst winkte höflich. „Behalten Sie noch Platz. — Ich habe sehr gute Augen, Herr Rauth. Ich kann zwar nicht fordern, daß Sie mir Auskunft geben, aber darum bitten. Hat die Sache Morton mit Ina Kampert irgend etwas zu tun?“

Der junge Kommissar deckte unwillkürlich sehr schnell die Aufschrift Morton. Es war dies eine Art Reflexbewegung.

Sie kam zu spät.

Harst lächelte.

„Eine Antwort erübrigt sich, Herr Rauth. Brechen wir also auf.“

Der Kommissar fühlte, wie ihm das Blut zu Kopfe stieg. Er sah sich geschlagen, und das ärgerte ihn. Diese Aufwallung ebbte schnell wieder ab.

Wir bestiegen eine Taxe, und als diese eine Weile gen Westen unterwegs war, begann mein Freund unseren stillen Begleiter ein wenig einzuweihen.

„Ich habe mir nicht nur Kamperts Mansardenwohnung, sondern auch die daneben liegenden Bodenräume angesehen, da ich sofort merkte, daß es sich um eine aufgestockte Mansardenwohnung handelte.“

„Nun — und?!“

„Dabei machte ich eine überraschende Entdeckung, die man freilich, wenn man gegen Ina Kampert voreingenommen ist, zu deren Nachteil ausdeuten könnte.“

„Das verstehe ich nicht recht. Worum handelt es sich?“, meinte Rauth sichtlich gespannt.

„Sie werden es sehen. — Nach Herrn Kamperts Angaben war es mir von vornherein klar geworden, daß weder er noch seine Enkelin die umständliche Arbeit, die Edelsteine in den Bettfüßen zu verbergen, erledigt haben konnten. Mithin mußte es ein fremder Eindringling getan haben. Der Geiger verläßt nur sehr selten sein Heim. Es verkehren bei ihm nur zwei Männer. Auch diese möchte ich zunächst ausschalten.“

„Merling und Jack Riverpool“, ergänzte Rauth.

„Ja, — beide sind reich, beiden ist nicht zuzutrauen, daß sie sich einer Einbrecherbande anschließen…“

Rauth hüstelte etwas…

„Der Morton-Bande“, sagte mein Freund gleichmütig. „Machen Sie die Zeitungen dafür verantwortlich, daß ich diese Bezeichnung ‚Morton-Bande‘ kenne, obwohl ja ‚Morton‘ nur — sagen wir — ein unklarer Begriff für eine unbekannte Persönlichkeit ist, die in der hiesigen eleganten Unterwelt nur mit Scheu genannt wird. Gewiß, diese Mär von dem großen Unbekannten, der rücksichtslos seine Leute beherrscht, der die Einbrüche auskundschaftet, die Beute ehrlich verteilt und nie sein Gesicht zeigt, ist im Grunde ein so abgegriffenes Kriminalromanthema, daß man darüber lächeln könnte. Aber ‚Morton‘ existiert, davon bin ich überzeugt.“

„Mit Recht“, meinte der Kommissar leise. „Ich glaube, daß die gesamten größeren Einbrüche der letzten Wintermonate auf sein Konto kommen. — Herr Harst, wollen wir in dieser Sache zusammenarbeiten?“

„Nein. Das geht aus bestimmten Gründen nicht. Aber eins verspreche ich Ihnen: Den Erfolg sollen Sie buchen dürfen, Herr Rauth! Ich bleibe mit Schraut im Hintergrund.“

Die Taxe hielt am Anfang der Stadtbahnstraße. Den Rest des Weges legten wir zu Fuß zurück. Harst blieb neben, dem morschen Zaun des Kohlenlagerplatzes, auf dem ganz hinten sich der alte Speicher erhob, stehen und deutete auf Haus und die Mansarde.

„Sie kennen das Haus bereits, Herr Rauth… Sie sind ja infolge der Denunziation schon eine Weile hinter Ina Kampert her…“

Rauth widersprach nicht. Also stimmte Harsts Annahme. Ina war denunziert worden.

„Fällt Ihnen an der Bauart der aufgestockten Mansarde nichts auf?“

Der Kommissar schaute empor und verneinte.

Der Himmel war inzwischen wieder klar und wolkenlos geworden, aber ein kräftiger Wind ließ die Telefondrähte leise summen, die droben auf dem Dache am besonderen Mast und an weißen Isolatoren hierhin und dorthin liefen.

Während wir noch nach oben blickten, gewahrten wir alle drei gleichzeitig an dem Fenster, das zu Inas Stübchen gehörte, einen grellen, hin und her irrenden Lichtschein, der nach Sekunden erlosch.

„Eine Karbidlaterne“, erklärte Harst nachdenklich. „Also nicht der alte Kampert… Das beunruhigt mich. Kampert hätte ja das elektrische Licht einschalten können, — Ich will Ihnen sagen, was mir auffällt, Herr Rauth. Betrachten Sie das noch soeben helle Fenster Inas. Die Mauer fällt steil ab, und auch vom Dache, das weit vorspringt, ist ein Eindringen schwierig, während die übrigen Räume Kamperts Fenster mit sehr breiten Simsen haben.“

„Allerdings…“

„Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, weil ein Eindringen in Inas Zimmer der Bauart der Wohnung nach auch von innen, etwa durch Kamperts Stube und den Flur oder die Küche, recht gefährlich ist. — So nun wollen wir den Bodenraum uns ansehen.“

Mit Nachschlüsseln betraten wir leise das Haus, schlichen die Treppen empor und gelangten schließlich in einen mit Kisten angefüllten Bodenverschlag, der als Abstellraum von sämtlichen Mietern benutzt zu werden schien.

Harst führte uns an die eine Wand hinter die Kiste. Es war eine neuere Rabitzwand.

Er beleuchtete eine Stelle.

„Bitte!“

Rauth bückte sich.

„Ah — die Umrisse einer Tür…“

„Ja, die kaum erkennbaren Umrisse… — Gestatten Sie… — So…, hier ist der Verschluss… Diese Wand gehört zu Inas Zimmer, und an dieser Stelle steht in Inas Zimmer der kleine Kachelofen auf einer Eisenplatte, die gestrichen ist… — Achtung…, — ich dachte mir‘s!“

Ein Viereck der Mauer schwang samt dem Ofen nach uns hin und ließ einen breiten Durchschlupf frei:

„Wer hätte das geahnt!“, murmelte Rauth verblüfft.

Harst trat durch die Öffnung in das Mädchenstübchen, und Rauth und ich folgten.

Die Tür zu des Geigers Zimmer, das zugleich gemeinsamer Wohnraum war, war geschlossen.

„Ich möchte Kampert nicht erschrecken und zuerst allein hineingehen“, flüsterte Harst und verschwand, zog die Tür zu, blieb nur Sekunden weg und stand mit, versteinertem Gesicht wieder vor uns.

„Zu spät!“, sagte er heiser… „Armer, alter, verbitterter Mann… Er ist tot…“

Rauth stierte ihn groß an.

„Tot?!“

„Erhängt… — Kommen Sie…“

In Kamperts Zimmer hing der Geiger an einem Haken, der ein großes Bild gehalten hatte, leblos an der Wand.

 

 

4. Kapitel

Jack erzählt…

Rauth erbleichte…

„Entsetzlich! — Selbstmord‥!“

Unter der Leiche lag ein umgekippter Stuhl, daneben stand das herabgenommene Bild.

„Der Körper ist noch warm…“, — Harst hob den dürren Körper schnell herab und lockerte die Schlinge, befühlte das Genick, massierte den Hals und begann, künstliche Atmung einzuleiten.

Plötzlich beugte er sich ganz tief über den, Kopf des Geigers…

„Herr Rauth, — schnell, riechen Sie!“

Der Kommissar richtete sich dann wieder auf…

„Chloroform!“, meinte er verwirrt.

„Ja, — Mord! — Kampert ist tot… Der Mörder hat ihn im Schlafe betäubt, aufgeknüpft, das Zimmer gründlich gelüftet und entfloh durch die verborgene Tür. Seine Laterne sahen wir vorhin von unten…“

Rauth setzte sich schwerfällig.

„Wir… wir müssen die Mordkommission benachrichtigen“, sagte er heiser.

„Gewiß. Schraut und ich werden Herrn Riverpool herausklingeln, der bestimmt Telefon hat.“

„Ich komme mit“, meinte der Kommissar hastig.

„Ich muß die Meldung erstatten… Gehen wir… Es ist furchtbar.“

Er war jung, sehr jung, und der Tod und ein Toter mochten ihm noch Schrecken einflößen. —

Jack Riverpool öffnete bereits nach dem zweiten Läuten.

Der junge Engländer war ein kräftiger, schlanker Mensch mit angenehmen Zügen.

Wie alle Engländer aus besseren Kreisen war er äußerst zurückhaltend und gemessen, besaß eine bewundernswerte Selbstbeherrschung und nahm die Nachricht von dem Tode seines alten Freundes allzu gleichgültig hin.

„Herr Kampert war mir ein lieber Freund geworden… Sein Ende geht mir sehr nahe — Dort steht das Telefon.“

Er hatte uns in sein elegantes Herrenzimmer geführt, dessen Wände vielfachen Sportschmuck zeigten.

Als der Kommissar nun das Präsidium verständigte, daß Mord vorliege, hielt sich Riverpool im Hintergrund und ordnete den Inhalt eines Zigarettenkastens.

Harst und ich saßen unweit des noch warmen Ofens, und mein Freund warf mir einen langen Blick zu.

Werner Rauth schien sehr nervös.

„Ich möchte doch wieder nach oben gehen“, erklärte er etwas zerfahren… „Ich muß die Leiche bewachen… Begleiten Sie mich, Herr Harst…“

„Entschuldigen Sie, ich will mich nicht einmischen. Wenn Herr Riverpool gestattet, bleiben wir hier, bis wir zur ersten Vernehmung gerufen werden.“

„Bitte, bleiben Sie“, sagte der Engländer kurz und bot uns Zigarren, Zigaretten und Likör an. Rauth bediente sich, trank zwei große Allasch und ging nach oben.

Als Riverpool, der ihn hinausgelassen, hatte, wieder das Herrenzimmer betrat, hatte Harst auch den Kronleuchter eingeschaltet.

Der Engländer stutzte unmerklich.

Aber seine Fähigkeit, sich streng zu beherrschen und keine Gefühlsregung preiszugeben, war so vollkommen, daß er sofort leichthin erklärte:

„Die Wandleuchter geben in der Tat zu wenig Licht…“

Dann setzte er sich und füllte sein Likörglas.

Es trat eine Pause ein, ein recht bedrückendes Schweigen.

Harst rauchte und beschaute die Wanddekorationen, Riverpool füllte den Ofen nach und ließ die Feuerungstür offen. Das Holz flammte auf, und ein warmer rötlicher Schein fiel auf den kostbaren Perser.

Draußen winselte der kühle Märzwind, und zuweilen fuhr aus dem Ofen eine helle Flamme heraus und verkroch sich dann wieder.

„Wie lange sind Sie schon hinter Morton her?“ fragte Harst ganz unvermittelt.

Der junge Engländer errötete jäh…

„Ich verstehe Sie nicht recht, Herr Harst…“

Seine Verlegenheit war offenkundig.

Harst bekam die drei scharfen Falten auf der Stirn.

„Herr Riverpool, Sie sind gar nicht im Bett gewesen… Bitte, — dort an den Ärmeln Ihres Schlafanzuges sehe ich grauweiße Streifen, Staub und Kalkstaub… Ich könnte verlangen, daß Sie Ihre Morgenschuhe ausziehen und ausschütteln… Ich glaube, es würden winzige Kalkteilchen herausfallen. Dann wären Sie reif für eine Verhaftung. — Antworten Sie mir: Weshalb haben Sie gerade diese Wohnung bezogen in einem so unschönen Hause und in einer so häßlichen Umgebung? Weshalb halten Sie sich keinen Diener. Sie sind reich.“

Riverpool hob langsam den Kopf.

Sein Blick war frei und offen, aber es war nicht der etwas übertrieben harmlose freie Blick eines Lügners.

„Ich… liebe Ina Kampert“, sagte er schlicht.

„Wo sahen Sie sie zum ersten Mal?“

„Vor acht Monaten auf der Straße… Ich folgte ihr heimlich. Dann ließ ich durch einen Vermittler die Familie, die hier wohnte, durch eine hohe Abstandssumme zum Auszug bewegen und zog selbst in diese vier Räume ein.“

„Inzwischen lief jedoch Fritz Merling Ihnen den Rang ab, und Ina war für Sie verloren.“

Jack schwieg und nickte unmerklich.

„Ich wiederhole nun meine erste Frage“, meinte Harst weniger schroff. „Wer ist Morton?“

„Ich weiß es nicht…“

„Was halten Sie von Merling?“

„Er ist ein ehrenwerter Mensch, wenn auch etwas leichtlebig und genußhungrig und…“

„… und als Verlobter Inas ihr nicht treu“, vollendete mein Freund ganz offen. „Das stimmt doch?“

„Ja, Leider…“

Harst überlegte.

„Sie spüren dem etwas sagenhaften Morton nach. Sie haben dies schon zugegeben… — Weshalb interessiert Sie Morton?“

Riverpool zauderte.

„Ich darf mich auf Ihre Verschwiegenheit verlassen, meine Herrn… — Es ist mein… Beruf.“

„Also sind Sie Detektiv und der hiesigen Englischen Botschaft zugeteilt.“

Jack lächelte. „Detektiv?! — Ich bin Kommissar der politischen Polizei, Herr Harst… Die amtliche Stellung unserer Kommissare ist etwa die der Oberregierungsräte oder Ministerialräte in Deutschland. Trotzdem bin ich Detektiv.“

„Und so jung bekleiden Sie einen so verantwortungsvollen Posten?“

„Jung?! Zweiunddreißig, bitte…“

Ich hätte ihn auf dreiundzwanzig geschätzt…

Riverpool mochte jetzt das Bedürfnis haben, sich uns gegenüber auszusprechen. Er erzählte mit allem Freimut folgendes:

Seine Liebe zu Ina Kampert hatte sich noch gesteigert, als er sie droben bei seinem Geiger-Freund persönlich kennenlernte. Er hatte sie und Merling, von dem er nicht allzu viel hielt, selbst beobachtet und beobachten lassen, besonders in Nachtlokalen. Damals ereigneten sich die ersten großen Einbrüche. Die Diebe hatten es stets auf wertvollen Schmuck abgesehen.

Riverpool fiel es auf, daß sich in den Tanzbars Herren herandrängten, die äußerst fragwürdig schienen. Er ermittelte, daß diese Pseudogentlemen, zur ‚vornehmen‘ Berliner Unterwelt gehörten.

Dann gelang es ihm vor einiger Zeit, im Osten der Stadt vor einer Kaschemme einen der Tänzer Inas im Gespräch mit einem Manne zu beobachten, der als Schofför eine mittelgroße Limousine steuerte. Hierbei fing er das Wort ‚Morton‘ auf. Er hielt es für ein Paßwort einer Bande, las dann jedoch in einer Zeitung von dem großen Unbekannten, verdoppelte nun seine Bemühungen, hatte jedoch nur den einen Erfolg, daß er schließlich auf den Bodenraum droben, aufmerksam wurde…

Hier fiel Harst mit der Frage ein:

„Sie kennen, also die Geheimtür? Ich ahnte es. Die Kalkspuren an Ihren Ärmeln beweisen, daß Sie auch diese Nacht droben waren…“

Riverpool nickte ernst.

„Ich… hatte abermals Pech… Ich kam zu spät. Schon viermal entging mir der Mensch, der hier im Hause heimlich umherschleicht und doch nicht ins Haus gehört. Ich wußte, daß mein armer Freund Kampert tot war… Ich sah ihn an der Wand hängen.“

„Hatten Sie eine Laterne bei sich?“

„Eine Karbidlaterne…“

„Also sahen wir an Inas Fenster das Licht Ihrer Laterne von der Straße her…“

„Ja.“

„Beschreiben Sie mir das Nachtgespenst dieses Hauses“, bat Harst.

„Über mittelgroß, schlank,.. Das Gesicht habe ich nie ohne entstellende Brille, Bart, angeklebte Augenbrauen und ähnliches gesehen… Jedenfalls wohnt der Mann nicht hier. Wie er freilich aus- und eingehen kann, begreife ich nicht. Ich sah ihn nie kommen, nie verschwinden. Urplötzlich ist er da…“

Riverpool entblößte seine Brust.

Unter den linken Rippen hatte er einen handgroßen verfärbten Fleck…

„Ein Fausthieb von ihm, Herr Harst… Ich war damals stundenlang bewußtlos.“

 

 

5. Kapitel

Morton meldet sich.

Die Mordkommission vernahm nachher auch Jack Riverpool, ohne daß weitere Einzelheiten, die von Wichtigkeit gewesen, an den, Tag gekommen wären.

‚Morton‘ blieb ein Phantom, ein Begriff, etwas Wesenloses.

Aber ‚Morton‘ spukte überall… In den Protokollen tauchte der Name immer wieder auf.

Selbst bis zum Heer der emsigen Reporter sickerte aufs neue trotz aller Vorsichtsmaßregeln der Polizei etwas durch, und die Zeitungen, strotzten von sensationsgeschwollenen Artikeln, als stünde bereits die magere ‚Saure Gurken-Zeit‘ bevor.

Hildegard Börstel, die bisher im Redaktionsstab des ‚Stadtanzeigers‘ so etwa mit dem Aushilfspförtner auf einer Stufe rangiert hatte, blieb es vorbehalten, in diesen Papierberg von Fantasie, ein Fünftel Wahrheit und vier Fünftel kühnster Kombinationen, die säubernde Bombe hineinzuwerfen.

Es war am folgenden Vormittag gegen. zehn Uhr, als diese junge, fixe, quecksilbrige Dame bei uns erschien, — nein, in unser Büro hineinwirbelte und sich erschöpft in einen Sessel warf.

„Ich bin erledigt, erschöpft, vor den Kopf geschlagen…“, stieß sie atemlos, erhitzt und doch glückselig hervor.

Wir kannten sie bisher nicht.

Jetzt kannten wir sie.

„Herr Harst, ich bin vom Stadtanzeiger… Berichterstatterin… Hildegard Börstel… Herr Harst, es kann eine Mystifikation sein… Ich will nicht blindlings in eine Falle rutschen…“

Harst war genau so verdutzt wie ich. Diese Sorte junger Weiblichkeit war uns neu. Dabei konnte man nicht leugnen, daß Hilde schick und pikant war.

„… Die Sache ist die“, sprudelte sie weiter hervor. „Ich habe einen Eilbrief bekommen, — — von Morton!!“

Morton klang wie ein Trompetenstoß…

Oder wie zwei Stöße…

Ich kam gar nicht recht zur Besinnung.

„… Da ist er, Herr Harst… Ich mußte mir erst bei Ihnen Rat holen… Wie kommt Morton dazu, mir zu schreiben?! Mir?! Wer bin ich?! Ein Nichts! Eine Anfängerin… Nicht mal die Laufburschen grüßen mich. Man nimmt mich nicht ernst… Weshalb?! Weil ich… studiert habe… Weil ich sogar Dr. rer pol. bin, — rerum politikarum…“

„Ich war bis Tertia, ich bin Lateiner“, sagte Harst todernst.

Dann nahm er nach dieser abkühlenden Dusche den getippten Brief, zog ihn aus dem getippten Umschlag, der die Aufschrift trug:

Fräulein Dr. rer. pol. Hilde Börstel,

W 50, Berlin,

Uhlandstr. 106, Eth. II, 1.

und zog den Briefbogen hervor.

Wir lasen:

Berlin, 8. 3. 192…

Frl. Dr. Börstel,

Sie gehören zur Redaktion des vielgelesenen „Stadtanzeigers“. Ich kenne Sie von Ansehen, kenne Ihren harten Daseinskampf und will Ihnen eine Chance geben, mit einem Schlage aus dem Nichts der Unbedeutenheit emporzutauchen,

Sie werden die Ereignisse der verflossenen Nacht in der Mansarde der Stadtbahnstraße bei Kampert bereits kennen oder noch kennenlernen.

Ich bin Morton.

Morton schreibt an Sie.

Morton läßt Sie folgendes wissen: Die Polizei sucht jetzt die Maurer, die einst die Aufstockung im Hause des alten Brandel ausführten, zu ermitteln.

Diese Arbeit hatte die Firma Schemm, Weißensee, übernommen, die voriges Jahr aufgelöst wurde. Die Polizei wird also auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen, die Namen der vier Maurer usw. festzustellen. Herr Schemm ist tot, alle Bücher sind vernichtet, — kurz, niemand könnte die Leute finden.

Nur ich, Morton.

Es kommt der Polizei darauf an, zweifelsfrei herauszubringen, wer die Geheimtür, die in Fräulein Ina Kamperts Stübchen führt, angefertigt hat.

Ich war es. Morton.

Ich hatte mir damals als Steinträger und Aushelfer bei Schemm einstellen lassen. Außer mir arbeiteten an der Aufstockung… (es folgten sieben Namen und Adressen, die, wie die Nachprüfung ergab, sämtlich stimmten).

Ich habe nach Feierabend die Geheimtür angelegt, als die Aufstockung schon fertig und abnahmebereit war. Ich führte damals den Namen Franz Weckenz. Meine Kollegen werden sich meiner noch besinnen. Ich bin von jeher ein Verbrecher gewesen, und ich brauchte ein sicheres Versteck für meine Beute. In der Rabitzwand dort oben haben Millionenwerte gelagert.

Den Geiger habe ich nicht ermordet. Der Mann war mir völlig gleichgültig, ebenso seine Enkelin Ina. Die in den hohlen. Füßen des eisernen Bettes gefundenen Edelsteine sind nicht unsere Beute, das heißt die der Morton-Bande.

Es gibt eine Morton-Bande.

Oder besser: Es gab eine! — Ich habe sie aufgelöst. Ich weiß auch, daß die Polizei nun Streifen. durch die Nachtlokale senden wird, um Ina Kamperts Tänzer zu verhaften. Man wird nicht einen mehr antreffen.

Meine Leute, die mit Ina Kampert tanzen sollten, hatten lediglich den Befehl, das Mädchen auszuhorchen, ob es etwa die Geheimtür entdeckt habe. Nur das.

Verwenden Sie diesen Brief, wie Sie wollen. Sie haben Ihre kränkliche Mutter zu unterhalten, und ich würde mich freuen, wenn ich Ihnen hierdurch eine feste Anstellung bei Ihrer Redaktion verschaffen könnte.

Morton.

Nachdem wir beide den Brief zunächst nur überflogen hatten, vertieften wir uns in die Einzelheiten, obwohl Hilde Börstel immer stärkere Zeichen von Ungeduld verriet.

Dann… steckte Harst den Brief in die Tasche.

Hilde fuhr hoch.

„Was soll das, was fällt Ihnen ein?!“

„Mir fällt zuweilen das Richtige ein… Wir fahren zum Polizeipräsidium“, meinte er freundlich.

Hilde ergab sich.

Der Kriminalrat von der Mordkommission II empfing uns sofort. Auch er las, las nochmals und erklärte;

„Ein fauler Witz, oder Morton ist geisteskrank.“

„Ganz meine Ansicht“, pflichtete Harst bei. „Immerhin würde es doch lohnen, Mortons Angaben nachzuprüfen.“

„Gewiß…“ und der Rat telefonierte.

Schon nach vierzig Minuten waren zwei Maurer zur Stelle, die sich auf Franz Weckenz noch sehr gut besannen. Sie beschrieben ihn als etwas über mittelgroß, bartlos, Glatze, etwa vierzig, keine besonderen Kennzeichen.

Bereits nach Vernehmung dieser Zeugen stand fest, daß der Brief keine Mystifikation war und daß ‚Morton‘ seit Jahren sein Einbrecherhandwerk betrieb und ein überaus gerissener Kunde sein mußte.

Fräulein Dr. Börstel wurde gestattet, eine Abschrift des Briefes mitzunehmen und zu veröffentlichen. Sie enteilte schleunigst, und im Abendblatt des Stadtanzeigers platzte dann die Bombe… —

Der Kriminalrat, Kommissar Rauth, und wir beide blieben noch zusammen und besprachen den Briefinhalt.

„Was halten Sie davon, Herr Harst? Bitte — mal ganz offen!!“ —

Mein Freund, der derartige Anzapfungen wenig schätzt, erwiderte sehr doppeldeutig:

„Wenig und viel, — das kommt auf die allernächste Zukunft an, Herr Kriminalrat, An sich ist der Brief ebenfalls sehr geschickt und auch wieder sehr ungeschickt abgefaßt. Vergleichen Sie Satzbau, Ausdrucksweise und Wortschatz mit der bei Herrn Rauth eingegangenen Denunziation, vielleicht kommen Sie so einen Schritt weiter…“

Der Abschied wurde hiernach ein recht kühler, und als wir beide auf die Straße traten, atmete Harst ganz tief auf, und meinte wie befreit:

„So, mein Alter, nun gehen wir an die Arbeit! — Ich erkläre dir jetzt schon, daß der Mord an dem armen Geiger und alles Drum und Dran rein psychologische Hintergründe hat. Derartige Fälle sind am schwierigsten zu lösen.“

 

 

6. Kapitel

Der Speicher.

Ina Kampert war in Haft behalten worden. —

Die Abendzeitungen. brachten mit Ausnahme des Stadtanzeigers, der gern Sensatiönchen auftischte, nur wieder belanglose Fantastereien, allerdings auch eine Aufzählung der Edelsteine mit genauer Beschreibung. Da die Steine aus den Fassungen herausgebrochen waren, und da es sich immerhin nur um Durchschnittsware handelte, ließ sich bisher nicht feststellen, wem die Steine gehörten.

Dafür hatte der Stadtanzeiger wirklich die Bombe platzen lassen: Mortons Brief war wörtlich abgedruckt worden, — und das Allerbeste: Hilde Börstel durfte noch einen zweiten Schlager buchen!

Wie sie‘s ermittelt hatte — selbst wir ahnten nichts — blieb ihr Geheimnis:

„Es hat sich herausgestellt, daß der größte Teil der Steine tadellose Imitationen sind, zumeist weiße Saphire…“ — und so weiter.

Als Harst dies las, warf er die Zeitung hin und rief mir über den Tisch zu:

„Welch ein Idiot!!“

Sein Gesicht war dunkel gerötet vor Grimm.

„Also doch ein Racheakt?“ fragte ich unsicher.

Er antwortete nicht.

Er hatte einen Geschwindmarsch durch das Zimmer begonnen und bewegte in lautlosem Selbstgespräch dauernd die Lippen.

„Harald!!“

Er blieb stehen.

„Ein Racheakt?!“

„Eine Tragödie!! Ein Drama!“, erklärte er zerfahren. „Störe mich jetzt nicht…“

Abermals lief er auf und ab.

Blieb wieder stehen…

„Herr Gott, wenn nur die Polizei das Haus nicht beobachten würde! Ich würde so gern Kamperts Zimmer nochmals durchsuchen. Der alte Mann hat uns etwas verschwiegen! Wenn wir nur irgendwie unbemerkt ins Haus schlüpfen könnten…!!“

Ebenso plötzlich war er wieder die Ruhe selbst.

„Wir werden‘s versuchen!“

Er setzte sich in seine Sofaecke.

„Wenn wir am Bahndamm der Ringbahn entlangschleichen, kommen wir auf den Kohlenplatz… Dort steht der alte Speicher… Über den Kohlenplatz gelangen wir zur Hofmauer des Hauses… — — Hallo, — — die Flurglocke… — Öffne…“

Der späte Gast war Inas Verlobter Fritz Merling.

Nun, der erste Eindruck sprach nicht für ihn.

Das Gesicht war blaß, etwas verlebt, die Augen tief umschattet und ruhelos.

Das Monokel und die überelegante Kleidung wirkten zu diesen fahlen Wangen wie eine überaus traurige Maskerade.

Harst empfing ihn kühl und förmlich.

Merling wurde dadurch noch unsicherer.

„Ich… ich wollte bei Ihnen im Interesse meiner Braut vorsprechen, Herr Harst…“

„Braut? — Sie sind doch nur heimlich verlobt. Soweit ich den armen Kampert verstanden habe, wagten Sie es nicht, Ihren Eltern die Verlobung mitzuteilen…“

Merling betupfte sich die Stirn.

„Ich… ich wäre auf sehr energischen Widerstand gestoßen, Herr Harst… Meine Eltern sind… sind… etwas eigentümlich.“

Harst sprach unbarmherzig aus, was er dachte.

„Mithin sollten Sie reich heiraten…“

„Ja…“

„Dabei sind Ihre Eltern doch selbst vermögend. Ihr Vater besitzt ein großes Geschäft, und…“

Fritz Merling stöhnte leise.

„Meine Eltern lieben mich, — — zu sehr, Herr Harst. Es gibt eine Art Elternliebe, die vollkommen falsche Wege einschlägt…“

„Allerdings… — Aber an Ina Kampert ist doch nichts auszusetzen, abgesehen von ihrer Armut. Haben Ihre Eltern das junge Mädchen je gesehen?“

Merling senkte den Kopf…

„Ich… glaube… nein… Ich weiß es nicht…“

Harst lehnte sich zurück und beobachtete diesen Schwächling, der sich einbildete, aufrichtig zu lieben, und der nicht einmal treu war.

„Ahnten Ihre Eltern überhaupt etwas von diesem Verlöbnis?“, bohrte Harst weiter.

Was er mit seinen Fragen bezweckte, blieb mir unklar.

Merling hob langsam den Kopf.

Sein Gesicht war jetzt vollkommen verstört.

In seinen Augen loderte jedoch ein so unheimlicher Ausdruck, als ob dieser niedergebrochene Mensch Harst an die Kehle fahren wollte.

„Ich… weiß… nicht“, stotterte er… „Ich glaube — nein…“

„Sie lügen!“

Kalt und schneidend klang‘s.

Merling duckte sich scheu zusammen.

„Weshalb… weshalb… sollte ich… lügen?! Ich… ich bin… Inas gar nicht wert, ich bin…“

Er schlug die Hände vor das Gesicht. Sein Leib krümmte sich wie unter folternden, Schmerzen, und Harst, der nun das erreicht zu haben. schien, was er wollte, erhob sich, trat neben Merling und meinte im warmen, Tone eines väterlichen Freundes:

„Geben Sie Ina auf, — im übrigen — — vertrauen Sie auf eine Vorsehung, die noch stets alles zum Guten, wendete…“

Aber auch der Erfolg dieses gütigen Zuspruchs war anders, als ich es erwartet hatte.

Merlings Hände sanken, — ein angstverzerrtes Gesicht starrte zu meinem Freunde auf…

„Wissen Sie… etwas?“, flüsterte er unnatürlich rauh. „Ich… ich will… beichten… beichten… Ich bin…“

„Jetzt wollen Sie wieder lügen, Merling, zwecklos lügen… — Brechen wir diese Unterredung ab. Ich habe wirklich Besseres zu tun… Ich suche Morton, das Phantom… Das Gespenst… Den, großen Unbekannten…“

Merling stand schwankend auf.

„Also — — Sie suchen noch…“

Mit einem Male lächelte er…

Verzerrt, unnatürlich…

„Dann wünsche ich Ihnen viel Glück, Herr Harst.“ Er gewann immer mehr seine Fassung und Haltung zurück.

„Auch ich werde suchen… Inas wegen… Obwohl sie für mich verloren ist. Heute erhielt ich von Jack Riverpool einen Brief… Ich sei kein, Gentleman… und so weiter… — Mag sein. Vielleicht werde ich es noch… vielleicht. — Entschuldigen Sie die Störung, — guten Abend, meine Herren…“

Wie ein Traumwandler schritt er hinaus.

A1s ich die Haustür hinter ihm verriegelt hatte und zu Harst zurückgekehrt war, fragte ich geradeheraus:

„Welche Beschuldigung wollte Merling gegen, sich selbst erheben? Das wollte er doch.“

Mein Freund nahm die Zigarette aus dem Munde.

„Ja, das wollte er… Er wollte behaupten, er wäre Morton, — natürlich ein Unsinn, denn ein so schwacher Charakter wie Merling knüpft keinen Menschen kaltblütig auf… — Und jetzt wollen wir uns zum Ausgehen fertig machen…“

Diese Nacht, wieder wolkig, kalt, von gelegentlichen kurzen Regenschauern durchpeitscht, hüllte uns in ihre schirmende Dunkelheit ein, als wir am Bahndamm entlangschlichen…

Wenn ein Stadtbahnzug vorüberrollte und das Licht aus den Wagenfenstern über den steilen Damm huschte, warfen wir uns nieder und hielten uns regungslos.

Droben endlich der hohe Plankenzaun des Kohlenplatzes…

Wir drückten uns gegen, die Bretter und warteten, horchten und blickten durch die Ritzen des Zaunes, ob nicht etwa Hunde uns verraten könnten.

Nach Minuten schlurfte ein, Wächter mit einer Laterne vorüber.

Der Wachthund, den er an der Leine führte, war dick und träge und alt wie sein in einen Schafpelz gehüllter Herr.

Abermals nach Minuten kletterten wir über den Zaun und schlichen auf den verfallenen Speicher zu.

Harst benahm sich übervorsichtig…

Als wir hinter einem Stapel morscher Kisten angelangt waren, zerriß der Wind die Wolkendecke, und die Mondscheibe warf ihr gespenstisches Licht über die unfreundliche, dräuende Umgebung und über den verwitterten Bau, in dem nicht mehr ein Fenster heil war.

Jaulend und pfeifend und winselnd schnob der Wind durch die leeren Räume, ließ die Fetzen, der Dachpappe auf- und niederklappen, und vollführte eine wahre Höllensinfonie.

Harst rührte sich nicht.

Bisher hatte dieser alte Speicher nur ein einziges Mal die Ehre gehabt, von ihm beachtet zu werden.

Das war gestern, als er den armen greisen Geiger gefragt hatte, was für ein Gebäude das da drüben sei.

Heute merkte ich, daß mein Freund diesen Rattenkasten von Speicher (sicherlich hausten dort Ratten und Mäuse zu Hunderten) aus irgend einem Grunde mit mißtrauischen Augen betrachtete.

Der Mond verkroch sich wieder…

Die Dunkelheit verschluckte alles…

Ein Hagelschauer knatterte hernieder, und der satanische Lärm wurde noch nervenpeinigender.

Harst packte meinen Arm…

„Achtung!!“

Sein warmer Atem streifte mein Ohr.

„Achtung, — — unter dem Dache!“

Ich hob den Kopf…

Ich sah zunächst nur matte schleiernde Umrisse, dann etwas wie einen weißen, dünnen Streifen, vielleicht ein Meter lang.

Der Speicher war uralt, ein Fachwerkbau, über das Fachwerk waren einst Schindeln genagelt worden, aber die meisten fehlten längst.

Der Speicher glich einem mit Lumpen nur stellenweise behangenen, halb verwesten Kadaver.

Harst blickte wie ich zu dem hellen Strich nach oben, und als der Hagel nun, vorüber, trat der dünne Streifen klarer hervor.

„Ein Lichtschimmer“, flüsterte mein Freund in einer Sturmpause.

„Legst du dem Bedeutung bei?“

„Ja… Denn auch gestern glaubte ich einen solchen hellen Strich auf der anderen Seite zu sehen — von Kamperts Fenster aus… Und — — Morton haust hier irgendwo, vergiß das nicht!“

Morton!

Das wirkte fast wie Kinderschreck…

 

 

7. Kapitel

Am Bahndamm.

Das war wie ein Alarmsignal…

Das war, um einen Vergleich zu brauchen, der vielleicht nur teilweise zutrifft, wie ein Riesentintenfisch, der nur immer seine Fangarme sehen läßt, der im Dunkeln zupackt, der blitzschnell die Fangarme wieder einzieht.

Morton…

Die Verkörperung des bösen Prinzips…! Ein Dieb, ein Bandenführer, ein Einbrecher, vielleicht ein Mörder!

Aus allen diesen Gründen ein Gegner, der nicht zu unterschätzen war.

Hier irgendwo sollte er hausen… — Irgendwo?! Ein sehr, sehr weites Gebiet konnte das sein… Jack Riverpool, sicherlich doch ein Mann von Erfahrung, war es nie geglückt, das Gespenst Morton im Kamperts Hause zu erwischen, nur er selbst hatte dabei einen Denkzettel abbekommen, der noch heute verfärbte Spuren sehen ließ. —

Harst behielt den leuchtenden Strich dauernd im Auge.

Da dieser Strich mitunter verschwand (es war eine Spalte im Fachwerk, die das Licht durchließ), mußte droben irgendwo eine sehr helle Laterne brennen, und Leute mußten sich dort hin und her bewegen, deshalb die zeitweise Verdunkelung der Lichtquelle.

Was ging in dem alten Gemäuer vor?

Gewiß, es war wie geschaffen zur Stätte der Zusammenkünfte fragwürdiger Elemente, aber eine Einbrecherbande hat es bequemer, in einer Kaschemme sich zu treffen.

Würde der so überaus vorsichtige Morton es wagen, jemals hierher zu kommen, wo man ihn leicht einkreisen konnte?!

Harst preßte meinen Arm…

„Jetzt ist der leuchtende Strich erloschen… Da, er taucht nicht wieder auf, und…“

Das mißtönende kurze Quietschen einer schlecht geölten schweren Tür ließ ihn verstummen.

Er riß mich vollends nieder, wir lagen zwischen morschen Kisten, und aus dem Hintereingang des Speichers erschien jetzt eine eilige Gestalt, war mit ein paar langen Sätzen vorüber und verschwand nach dem Plankenzaun und der Bahnböschung zu.

Eine zweite folgte…

Eine dritte…

Im ganzen sechs…

Soweit ich erkennen konnte, waren die Leute etwas stromermäßig gekleidet.

Von jener Eleganz, die etwa in den Amüsierstätten am Kurfürstendamm verlangt wird, war wirklich nichts zu merken.

Dann wieder das Quietschen, kurz, scharf, hell…

Stille…

Ein siebenter Speichergast, wahrscheinlich der letzte, da er die Tür geschlossen hatte, wollte enteilen…

Flitzte vorüber…

Ein Schatten war flinker, — Harst riß ihn von rückwärts zu Boden, preßte ihm Kehle und Schlagadern zu und schleifte ihn in den Schutz der Finsternis des Kistengerümpels, wo ich den wild um sich schlagenden Mann in Empfang nahm.

Nun lag er gefesselt und geknebelt da, geschickte Hände durchwühlten seine Taschen, das Rockfutter, die Umschläge der ausgefransten Hosen und die Schiebemütze.

Abermals tauchte der Mond auf…

Der Mann war bei Bewußtsein und stierte uns wild an.

Seine Augen quollen noch weiter vor, als Harst seinen Fund aus dem Rockärmel des Erwischten spielend von einer Hand in die andere schüttete…

Blitzende, sprühende Steinchen, vielleicht zwei Dutzend.

„Nun“, sagte er dem Gefesselten ins Ohr, „wie geht es denn Morton, mein Freund?!“

Noch immer schien der Mond.

Der Mann verfärbte sich und schloß die Augen

„Unangenehm, zur Morton-Bande zu gehören, besonders wenn‘s den Kopf kosten kann. Mord bleibt Mord…“

Der Mann riß die Augen auf und bewegte die Lippen.

„Mag sein, daß du, mein Freund, nichts davon weißt… Aber mitgefangen, mitgehangen…!“

Der Gefesselte bäumte sich hoch.

Sein Mienenspiel verriet, daß er mit einem Morde nichts zu tun haben wollte.

Harst fügte hinzu:

„Gefangen wird Morton auf jeden Fall! Und du, mein Freund, sitzt bereits böse in der Patsche. — Weißt du, wer wir sind?“

Der Mann schüttelte den Kopf.

Er konnte uns auch nicht erkennen, selbst wenn er uns jahrelang täglich begegnet wäre.

Dann nickte er mit einem Male.

Aber das, was er noch auf dem Herzen hatte, konnte er nicht in Worte kleiden.

„Tragen wir ihn auf den Bahndamm“, meinte Harst. „Los denn — anpacken, — — Trab!!“

Hinter dem Plankenzaun lief noch ein schmaler Fußweg entlang, es wuchsen hier auch hohe, verdorrte Unkrautstauden, und als Harst mir den schmächtigen Menschen zureichte, legte ich ihn hinter diesen Unkrautwall und zog ihm den Knebel heraus.

„Sie… sind Engländer“, keuchte er sofort.

„Hat dir das Morton verraten?!“, spottete Harst.

„Ja“, bestätigte der Mann freimütig diese Vermutung. „Er warnte uns vor Jack Riverpool… — Sie sind Engländer, englische Detektive!“, beharrte er bei seiner irrigen Ansicht.

Zweifellos hatten wir es hier mit einem Mitglied der Morton-Bande zu tun. Wichtig war ferner, daß der Gefangene vor Riverpool gewarnt worden war. An uns als ernsthafte Verfolger dachte die Bande nicht, obwohl ‚Morton im Auto‘ unser Haus doch beobachtet hatte. Der ‚Schofför Morton‘ war ja auch Riverpool begegnet, freilich drunten im Südosten der Millionenstadt.

— Wie sehr sich jede Unachtsamkeit, sogar schon ein Verzicht auf übertriebene Vorsicht rächt, erfuhren wir hier zu unserer unangenehmen Überraschung jetzt abermals.

Wir hatten den Zaun im Rücken, wir glaubten uns sicher, aber der drohende leise Anruf, der ganz in Wild-West-Manier plötzlich erfolgte, erinnerte uns an unsere unverzeihlichen Unterlassungssünden.

„Hände hoch!“, erklang‘s von der Zaunhöhe, wo nur der Schlapphut eines Mannes und eine Hand mit einer Waffe unklar gegen die schwarzen Kohlenberge sich abhoben.

Die Stimme dieses Mannes war rauh und brutal. Es lag etwas wie versteckter Haß darin.

„Ach — — Morton!“, meinte Harst mit erstaunlicher Gleichgültigkeit, reckte aber trotzdem die Hände hoch. „Sie kommen mir sehr gelegen, Sie großes unbekanntes M…?“

Ich horchte auf. Kalter Spott war‘s… — Was sollte die Abkürzung. „M…“?!

„Ich möchte mit Ihnen sprechen“, fügte mein Freund ein wenig drohend hinzu. „Ihr Brief an Hilde Börstel, die Reporterin, war ein neuer Fehler. Sie spielen da in einem Atem den scheinbar Aufrichtigen und den stillen Wohltäter, — Ich möchte Sie von vornherein warnen. All das, was ich an Spuren, die auf eine bestimmte Persönlichkeit hindeuten, gefunden haben, liegt schriftlich an sicherer Stelle. Machen Sie also keine Dummheiten, Morton.“

Vergebens versuchte ich, von dem schmalen Streifen Gesicht zwischen Hutkrempe und Zaunrand etwas zu Unterscheiden.

Morton schwieg sekundenlang. Irgend etwas im Harsts Sätzen mußte ihm den Atem verschlagen haben.

… Es regnete wieder. Die Tropfen platschten gegen den Zaun, und die Dunkelheit wurde noch tiefer.

Der schärfe Wind rieb die Stauden des dürren Unkrauts gegeneinander und erzeugte so knisternde Geräusche.

Harst und ich knieten neben dem Gefangenen dicht beieinander. Ein Zischeln erreichte mein Ohr…

„Bahndamm hinabrollen…“ — mehr verstand ich nicht.

Harst schien sich aufrichten zu wollen, ich paßte scharf auf, er schnellte sich zur Seite, warf sich flach hin, und verschwand.

Auch ich landete dann, im Hinabrollen häufig durch Maulwurfshügel gebremst, vor dem Wassergraben diesseits der niedrig gespannten Drähte, mit denen die Weichen des Bahnkörpers betätigt wurden. Zunächst rührte ich mich nicht. Ich rechnete noch immer mit einer Kugel, obwohl Morton wohl zunächst seinen gefesselten Untergebenen befreien würde. Nur eins tat ich: Ich holte meine eigene Waffe hervor und äugte scharf nach oben.

Harst lag fünf Schritt weiter in derselben Stellung.

Nichts geschah.

Einmal glaubte ich zwei geduckte Gestalten am Zaun hinhuschen zu sehen… Es war zu finster, um mit Sicherheit etwas derartiges feststellen zu können.

Minuten verstrichen. Dann erhob sich mein Freund und winkte mir. Soeben, war ein Stadtbahnzug vorübergerollt, — wir liefen über die Geleise und verschwanden drüben zwischen Lagerschuppen, gelangten über eine Böschung auf regennasse Tennisplätze und fanden auf der nächsten Straße eine freie Taxe, die uns eilends davonführte.

Der Schofför hatte uns mit Recht sehr mißtrauisch gemustert, denn unsere Mäntel, Beinkleider und Stiefel zeigten überall Erdspuren. Doch das Zauberwort ‚Harst‘, das mein Freund dem Benzinkutscher zuraunte, wirkte Wunder. Er hatte dem Manne als Fahrtziel die Uhlandstraße angegeben, ohne mir hierfür eine Begründung zu nennen, unterwegs säuberten wir uns, so gut es ging, und zogen die auf beiden Seiten zu tragenden Mäntel aus und kehrten die Ärmel um und schlüpften wieder hinein.

 

 

8. Kapitel

An Hilde Börstels Fenster.

Es war kurz vor ein Uhr morgens, als wir in der Uhlandstraße unweit von Nr. 106, wo die Reporterin Hilde Börstel wohnte, in einer Haustürnische uns verbargen.

Mein Freund betonte, daß Hilde mit ihren Bekannten heute zweifellos gründlich den großen Erfolg feiern würde,

Ihr waren ja auch zwei Hauptschläge geglückt. Einmal der Brief Mortons, zweitens die ebenso aufsehenerregende Veröffentlichung, daß die meisten der bei Ina Kampert beschlagnahmten Steine nur Imitationen oder weiße Saphire seien.

Zeitungsleute sind ein leichtlebiges Völkchen, machen die Nacht zum Tage, und wenn wir Pech hatten, konnten wir hier noch stundenlang warten.

Aber Hilde Börstel, dieses fixe, kribbelige Persönchen, nahm Rücksicht auf uns.

Mit einem Male schlenderte ein Paar an uns vorüber, in dem wir die Erwartete und Jack Riverpool erkannten.

Wie kamen die beiden zusammen?!

Sie unterhielten sich noch eine Weile vor Hildes Haustür, und dann verabschiedete sich der Engländer mit kameradschaftlichem Händedruck. —

Hilde wohnte im Gartenhaus eine Treppe hoch mit ihrer halb gelähmten Mutter zusammen. Die dritte Person in der kleinen Wohnung war Hildes einstiges Kindermädchen, eine alte treue Seele, die nun auch die schlechten Zeiten der einst wohlhabenden Familie freudig miterlebte und ebenfalls zum Lebensunterhalt durch ein paar Aufwartestellen mit beitrug.

Hilde bewohnte das Zimmer mit besonderem Flureingang. Sie hatte kaum Mantel und Hut abgelegt, als es leise klopfte. Sie schrak ein wenig zusammen, aber ihr Beruf brachte es mit sich, daß sie längst alle überflüssige Ängstlichkeit abgelegt hatte.

Sie fragte durch die Tür, wer Einlaß, begehre und öffnete dann.

Wir traten schnell ein.

Harsts erster Blick galt dem einzigen Fenster.

„Ziehen Sie die Vorhänge zu, Fräulein Börstel…“

Sie tat‘s

Wir nahmen Platz.

Hilde war sichtlich verlegen.

Mein Freund lächelte unmerklich.

„Ausflüge auf nächtliche Kohlenplätze sind nichts für junge Damen und nichts für braune Schuhchen…“, meinte er mißbilligend und sofort wieder ernst werdend.

Dann fragte er geradezu, ihr Erröten übersehend:

„Haben Sie uns dort erkannt? War Riverpool auch dort?“

Hilde nickte. „Sie sind schrecklich! Ihnen kann man nichts verheimlichen…“

„Bemerkten Sie den Mann, der sich Morton nennen läßt?“

„Nein. Aber Riverpool war hinter ihm her — ohne Ergebnis wieder. Ich habe den Engländer heute erst kennengelernt.“

Harst sann vor sich hin.

„Gestatten Sie, daß ich das Licht ausschalte,“ sagte er plötzlich.

Das bescheiden möblierte Zimmer versank in Finsternis.

Er trat an das Fenster, drückte den Vorhang zur Seite und schaute hinaus.

„Das da drüben ist die Hinterfront des Hauptgebäudes, nicht wahr?“

„Ja…“

„Bitte kommen, Sie einmal her, Fräulein Hilde. Wir sind nun Verbündete. Ich sehe dort zwei erleuchtete Zimmer im ersten Stock. Ich weiß, daß dort Fritz Merlings Eltern wohnen und daß auch der junge Merling von der Achtzimmerwohnung zwei Räume inne hat…“

Hilde erwiderte nach kurzem Überlegen:

„Das eine Zimmer ist das Schlafzimmer des jungen Merling, das andere das des alten Herrn. Das heißt, alt ist er ja gerade nicht…“

Auch ich trat hinzu.

Fritz Merlings Schatten zeigte sich in kurzen Pausen immer wieder auf den Vorhängen.

Ruhelos wanderte der junge Mann auf und ab, den Kopf gesenkt, langsam, müde, mutlos. Selbst in seiner Silhouette prägte sich eine tiefe Niedergeschlagenheit aus.

„So treibt er es seit Tagen…“, meinte Hilde etwas mitleidig.

„Also schon vor Ina Kamperts Verhaftung?“

„Ja, — lange vorher schon.“

Das zweite erhellte Fensterpaar war weniger kräftig beleuchtet. Auf den Vorhängen zeigte sich kein Schatten.

Harst wartete geduldig.

„Ihnen darf die Zeit nicht lang werden, Fräulein Hilde…“, meinte er entschuldigend. „Fritz, Merling hat vor uns sich selbst bezichtigen wollen, er sei Morton.“

„Er?!“

Hilde kicherte. „Der — — und Morton?! Das ist ein schlechter Witz…!“

„Vielleicht…“

Das junge Mädchen wurde stutzig.

„Sie glauben das doch nicht, Herr Harst?“

„Verzeihen Sie: Ich schweige…!“

„Aber ich bitte, — Merling ist doch ein recht verweichlichter Lebemann, den seine Eltern von Jugend an verzärtelt haben. Unsere alte Emilie, mein früheres Kindermädchen, ist mit der ebenso alten Köchin von Merlings bekannt. Die Köchin erzählt die unglaublichsten Geschichten, die alten Merlings sollen den Jungen mit wahrer Affenliebe umgeben haben, und als sie dann immer reicher wurden, war nur das Allerbeste für den einzigen Sohn gut genug… Diese sogenannte Elternliebe hat zweifellos etwas Krankhaftes an sich…“

Hilde, dieser Sprühteufel von Temperament, ereiferte sich immer mehr.

„… dabei hat Fritz Merling seine Eltern auch seinerseits sehr verwöhnt und zu allem Ja und Amen, gesagt, was sie wünschten… Nur in letzter Zeit scheint es zwischen Eltern und Sohn zu ernsthafteren…“

„Still!!“

Hilde schwieg erschrocken.

„Da — der alte Merling!“, flüsterte Harst.

Ein Schatten war auf dem einen Vorhang aufgetaucht, ein Mann mit wirrem Haar und loser Schlafjacke…

„Er kommt aus dem Bett — — Schlafanzug!“, meinte Hilde gleichgültig.

„Es scheint so…“

Der Schatten verschwand wieder.

Nur der andere blieb, der ruhelose Wanderer…

„Gewissensqualen!“, flüsterte die Reporterin abermals.

„Ja, etwas Ähnliches“, bestätigte Harst und ließ den Fenstervorhang wieder zufallen.

„Schalten Sie nur die Ecktischlampe ein, Fräulein Hilde“, bat mein Freund, bevor wir wieder Platz nahmen. „Sie müssen unseren nächtlichen Besuch bei Ihnen unbedingt verschweigen…“ Er sprach sehr ernst. „Die Dinge treiben nun der Entscheidung entgegen… Ich möchte jedoch die Regie behalten. — Was tat Riverpool auf dem Kohlenplatz?“

„Darüber wollte er nicht reden, Herr Harst.“

„Hatten Sie das Gefühl, daß er etwa weiß, wer Morton ist?“

Sie zögerte.

„Ja, ich hatte den Eindruck, daß er es ahnt, aber daß er irgend jemanden schonen will…“

„Ina Kampert, allerdings… Außerdem sprechen für ihn noch andere Gründe mit…“

„So?!“

„Ja, rein psychologische, Fräulein Hilde. Riverpool war mit dem armen Geiger befreundet und…“

„Liebt Ina gleichfalls“, ergänzte die Reporterin ganz leise.

„Jedenfalls“, umging Harst eine Antwort auf Hildes letzte Bemerkung, „glaubt er, Ina schonen zu müssen…“

Das junge Mädchen streichelte sich nachdenklich die Stirn…

„Schonen…! — Ist Fritz Merling wirklich Morton? Sollte der junge Merling nur alle Welt über sein wahres Wesen täuschen?!“

„Merling tut dies!“, erklärte mein Freund ungewohnt scharf.

Dann erhob er sich schnell.

„Wir müssen nun gehen… Die Nacht ist noch lang. Länger jedenfalls als der Weg, den der Brief zurückzulegen hatte, der von Morton für Sie bestimmt war.“

Sie schaute ihn fassungslos an.

„Wie meinen Sie das?!“

„Ich meine, die Polizei hätte sich die Briefmarke auf dem Umschlag ansehen sollen, die abgestempelte Briefmarke. Aber ich bin schließlich nicht dazu da, Hochschulkurse über die Kunst, alles zu sehen, abzuhalten.“

Und nach kurzer Pause:

„Morton ist ein entsetzlicher Geizhals… Man klebt doch keine von einem anderen Briefumschlag abgelöste und abgestempelte Marke auf Ihren Brief, so daß nachher der Stempel auf dem Umschlag fehlt! Und man, steckt nicht falsche Steine in einen hohlen Bettfuß!! Nein, wenn man schon mordet, muß man großzügiger sein.“

Hilde flüsterte scheu:

„Der Brief kam gar nicht mit der Post?“

„Nein, Morton steckte ihn persönlich in Ihren Kasten.“

Ihre Augen wurden unnatürlich weit.

Sie holte tief Atem, ihre Wangen entfärbten sich vor Erregung…!

„Mein Gott, dann kenne ich Morton!“

„Und ob Sie ihn kennen!! — Gute Nacht!“

 

 

9. Kapitel

Einen Schritt vor dem Tode.

Jack Riverpool dachte auch nicht im entferntesten daran, jetzt bereits sein Junggesellenheim aufzusuchen.

Er kannte die ganze Umgebung der Stadtbahnstraße dort in Halensee längst wie seine Tasche, und wenn ihm heute nicht diese allzu unternehmungslustige Reporterin seinen Plan verdorben hätte, würde er endlich Gewißheit erlangt haben.

Nun, da er Hilde nach Hause gebracht hatte, bestieg er eine Taxe und ließ sich dorthin bringen, von wo er abermals unbemerkt auf den Kohlenplatz gelangen konnte.

Jack hatte in seinem Leben schon sehr viel merkwürdige Dinge erlebt und ebenso geheimnisvolle Aufträge erhalten, aber noch kein einziges seiner Abenteuer hatte ihn seelisch so in Anspruch genommen wie dieses.

Ein Zufall war‘s, der ihm Ina Kampert in den Weg führte.

Die Liebe trat in sein Leben, und damit war sein Schicksal besiegelt.

Jack gehörte zu jenen tief veranlagten Naturen, die nichts, gar nichts leicht nehmen.

Was an Empfindungen sich ihm aufdrängte, drang auch sofort in die Tiefe.

Er wußte genau, daß er Ina nie vergessen würde

Sie war für ihn das Weib seiner Liebe.

Genau wie nun für ihn ‚Morton‘ der Mann seines starken, gesunden Hasses war.

Morton hatte Kampert getötet.

Das wußte Jack.

In der Nacht, als er wieder einmal dem Gespenst Morton aufgelauert hatte, und als er abermals zu spät kam, hatte er den flüchtigen Schritt des Mörders noch im dunklen Treppenflur gehört.

Er hatte gelauscht und die Schritte und das Knarren der Treppen gezählt.

Morton war bestimmt nur bis in den ersten Stock hinabgestiegen.

Dort wohnte der alte Brandel, der Hauswirt, und eine Witwe mit zwei säuerlichen Töchtern.

Jack war Detektiv von Klasse.

Er hörte eine Tür leise knarren…

Am Morgen wußte er, daß nur Brandels Flurtür knarrte.

Die der Witwe ging geräuschlos auf und zu.

Also war Morton bei Brandel verschwunden, diesem, kleinen, buckligen, halbtauben Geizhals, der niemals etwa einen ‚Morton‘ spielen konnte.

Jack arbeitete stets systematisch.

Er hatte Leute zu seiner Verfügung, die sehr bald ermittelten, daß Brandel als Hausbesitzer nur ein Strohmann für einen anderen war.

Der andere konnte Morton sein.

Hier fehlten Jack die Beweise, die allerletzten Beweise. —

Daß in dem alten früheren Getreidespeicher Licht brannte und als dünner Strich zu sehen war, wußte er erst seit vorgestern.

Er hatte das Licht von seinen Hinterfenstern aus bemerkt, und er wollte den Speicher einmal gründlich durchsuchen.

Heute, vorhin war ihm Hilde Börstel in den Weg gelaufen.

Vielleicht war es gut so.

Nachher gewahrte er noch Harst und Schraut neben dem Berge morscher Kisten, und die Anwesenheit dieser Konkurrenz kam ihm erst recht ungelegen.

Jetzt glaubte er freie Bahn zu haben.

Da war der Speicher, da war das halb offene, windschiefe Haupttor, — er schlüpfte hinein,

Er trug Schuhe mit Gummisohlen, legte den Mantel ab, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben, und veränderte flüchtig sein Aussehen, alles im Dunkeln.

Der Wind winselte durch die leeren Fensterhöhlen in den hohen Bau hinein, und das Fachwerk ächzte und stöhnte und hinderte ihn, von seinem scharfen Ohren Gebrauch zu machen.

Nur selten schaltete er die Laterne ein.

Er tastete ausgetretene Treppen empor, Ratten und Mäuse huschten ihm über die Füße, — Jack hatte keine Nerven.

So gelangte er in das dritte Stockwerk.

Hier irgendwo in dieser Höhe hatte das Licht gebrannt.

Er wurde noch vorsichtiger…

Er fand hier wie unten Zwischenwände: Getreideboxen…

Überall gab es Luftlöcher…

Getreide verlangt Zugluft…

Getreide muß immer wieder umgeschaufelt werden.

Jene Zeiten, wo hier das Korn in großen Mengen gelagert hatte, gehörten der Vergangenheit an.

Jack ließ die Laterne aufblitzen und schlich hin und her…

Zwischen den Boxen liefen schmale Gänge hin. Es war wie ein Labyrinth von Holzwänden und freien schmalen Kreuz- und Querpfaden.

Jack entdeckte nichts, gar nichts…

Der Fußboden war morsch, die Wände feucht, überall hingen Spinngewebe, überall piepsten die Mäuse.

Er fühlte sich immer sicherer.

Er belächelte seine Einbildungskraft, die ihm hier ein Versteck der Morton-Bande vorgegaukelt hatte.

Er fand die Treppe zur Dachluke und stieg unbekümmert hinan.

Hinter ihm her hatte sich seit Minuten ein lautloser Schatten bewegt, flink, gewandt, obwohl der Mann überaus kräftig gebaut war.

Der Schatten war noch geräuschloser als Jack und der Schatten war hier daheim.

Boxer-Emil hatte allen Grund, das Tageslicht zu meiden.

Die Polizei hatte heftige Sehnsucht nach ihm.

Boxer-Emil war mit Messer und Pistole selbst Beamten gegenüber etwas eilfertig.

Sein Sündenregister wies am Schluß zwei Tote auf.

Hier, wo dieser gewalttätige Mensch von seinem Herrn und Meister zum Hauswart eingesetzt worden, fand ihn niemand.

Morton war in allem geschickt, und der Schlupfwinkel seiner Getreuen war tadellos maskiert.

Wenn der Verbrecher einmal stehen geblieben und vier Schritt rückwärts gesprungen wäre, hätte er zwei andere Männer zu packen bekommen.

Aber Morton hatte vor einer Stunde erklärt, Harst und Schraut würden in dieser Nacht nichts mehr unternehmen, und nächste Nacht würde die Falle zuklappen.

Emil grinste, als der Engländer so unbekümmert zum Dach emporstieg.

Jack Riverpool machte plötzlich halt. Er fühlte den Sturm, den Regen, er schaute über die Bahnanlagen mit tausend farbigen Laternen und über ein Dächermeer…

Die Kälte vertrieb ihn.

Er warf noch einen letzten Blick über die Dächer, und dies war seine Rettung.

Eine Stufe höher, und Boxer-Emil hätte auf den harmlosen Holzknüttel gedrückt, und Jack wäre in die Tiefe gesaust.

Gemächlich stieg er abwärts.

Seine Laterne beleuchtete mit einem Male einen kräftigen Mann, der unweit der Treppe regungslos am Boden lag.

Riverpool hatte im Nu die Pistole schußfertig.

Hinter einer Holzwand traten zwei Männer hervor, und Jack rief — vielleicht zum ersten Male in seinem Leben wirklich verblüfft:

„Haben Sie den Mann niedergeschlagen, Herr Harst?“

„Ja. Bevor er dort den Knüttel herabdrücken konnte. — Wollen einmal sehen…“

Er packte das teuflische Ding, und fast lautlos kippte der obere Teil der Treppe herab, und die vorwitzigen Mäuse, die sich dort umhergetummelt hatten, sausten in den Aufzugschacht hinein.

„Riverpool“, meinte Harst warnend, „wer gegen Morton kämpft, sollte jeden, Schritt vorher überlegen. — Wissen Sie, wer Morton. ist?“

„Ich glaube es zu ahnen… Beweise fehlen mir.“

„Mir nicht“, sagte Harst, „Kommen Sie, sehen, wir uns den Schlupfwinkel an!“ —

In all die Getreideboxen des dritten, Stockwerkes war eine Art viereckige Röhre aus Brettern so überaus geschickt hineingebaut worden, daß dieser niedere, schmale, aber lange Raum nicht so leicht zu entdecken war.

Wir hatten insofern Glück gehabt, als wir, von Hilde Börstel kommend, Riverpool hier bemerkt hatten, und ebenso seinen Schatten, den berüchtigten Boxer-Emil…

Jack war ahnungslos auf eine Alarmvorrichtung getreten, und Boxer-Emil huschte aus dem Versteck hervor, als wir keine vier Meter entfernt waren.

Der Schlupfwinkel der Morton-Bande war sehenswert.

Er enthielt eine ganze Goldarbeiterwerkstatt zum Umarbeiten gestohlenen Schmuckes, ferner Schmelztiegel, vieles andere noch: Betten, Proviant, Waffen, Koffer falsche Pässe… —

Da der Wächter des Kohlenplatzes in seinem Häuschen Telefon hatte, wurde der gefesselte Boxer-Emil sehr bald in aller Stille von der Polizei abgeholt.

Kommissar Rauth kam mit heraus, und da Harst ihm versprochen hatte, auf eigene Lorbeeren, zu verzichten, begleitete uns der Kommissar dann zu Riverpool, wo wir bei frischem Kaffee, Zigarren und Likör jenen Harst kennenlernten, der keine verschiedenen hundert Arten Tabakasche und keinen Straßenschmutz aus Berlins Vororten studiert hat, sondern der vor allen Dingen mit kühlem, klarem Verstande gegenübertritt und ohne Detektivmätzchen als Mensch das rein Menschliche ergründet, beweist und entschuldigt.

 

 

10. Kapitel

Das Motiv der Tat.

Jack schenkte uns die Kaffeetassen, voll, füllte die Likörgläser, schob den Zigarrenanzünder uns näher und setzte sich.

Harst nippte an seinem Likörglas.

„Der Fall Morton“, begann, er, „hat eine lange Vorgeschichte, die ich in meiner alten Zeitungsausschnittmappe fand…“

Er langte nach einer Zigarette…

„Vor Kriegsausbruch, entsann ich mich, als ich den Namen Weckenz in Mortons Brief an Hilde las, war ein gewisser Franz Weckenz der Schrecken aller Geldschrankbesitzer. Damals arbeitete ich als junger Jurist bei der Staatsanwaltschaft, und ich erinnere mich genau, wie verzweifelt die Kriminalpolizei diesen, Weckenz suchte. Er war nie zu fassen, man hatte nicht einmal ein Bild von ihm, man wußte nur, daß er ursprünglich Maurer gewesen war, nachher auch Kunstschlosser wurde und schließlich Einbrecher.

Der Krieg tilgte ihn scheinbar aus wie Millionen andere.

Aber Weckenz lebte, hatte die letzten beiden Kriegsjahre dank seiner Intelligenz und Skrupellosigkeit viel Geld verdient und eröffnete eine Großhandlung mit Baumaterialien.

Die Inflation überraschte und besiegte ihn, — er verarmte, oder besser: Er drohte zu verarmen.

Da besann er sich auf frühere Zeiten, und wurde abermals Einbrecher, stahl Unsummen, sammelte die Elite der Knackerzunft um sich und gründete die Morton-Bande.

Keiner seiner Leute kennt ihn.

Morton blieb ein Begriff, ein Schemen.

Inzwischen hatte Weckenz längst den Namen gewechselt, hatte Frau und Kind in eine elegante Umgebung verpflanzt und führte ein Doppelleben wie so viele andere dunkle Ehrenmänner.“

Kommissar Rauth legte seine Zigarre weg.

„Ich ahne etwas“, sagte er…

„Franz Weckenz“, fuhr Harst fort, „hatte einen Fehler, eine Schwäche: Er war ein zu liebevoller Vater. Er vergötterte seinen Sohn, und dies — wird ihn nun zu Fall bringen. — Er besitzt zahllose Häuser, die meisten gehören Strohmännern, die er vorgeschoben hat, so den alten buckligen Brandel aus der Stadtbahnstraße…“

… Er trank einen Schluck Kaffee und lehnte sich bequem zurück.

„Weckenz Schicksal wurde Ina Kampert. Sein Sohn, sein Abgott, für den eine Prinzessin kaum gut genug gewesen, verliebte sich in diese Enkelin eines verarmten Geigers…“

„Merling!!“, rief der Kommissar erschüttert.

„Ja, Merling… — Hören Sie weiter. — Als Franz Merling von, diesem heimlichen Verlöbnis erfuhr, waren er und seine Frau, die den Sohn in ähnlicher Weise vergötterte, entsetzt und empört. Es kam zu erregten Szenen, zwischen Eltern und Kind, und, sonderbar genug, Fritz Merling, dieser charakterlose Schwächling, hielt an Ina fest und widerstand allen Vorwürfen und Bitten.

Daß Kamperts in des alten Merling Hause in der Mansarde wohnten, wo Merling-Weckenz die Geheimtür angebracht hatte, war und ist einer jener Zufälle, den man Schicksalsfügung nennen muß.

Als der Sohn Fritz durchaus nicht nachgeben wollte, reifte in des Vaters verbrecherischem Hirn ein teuflischer Plan, der zunächst dazu führte, daß ‚Morton‘ seine Elite in die Tanzdielen schickte…

Ich brauche diese Einzelheiten, nur zu streifen.

Dann ging — und dies ist vorläufig nur Annahme von mir, aber zweifellos eine richtige — der besessene Vater einen Schritt weiter und schrieb an den alten Kampert einen groben Brief und verlangte, daß der Geiger auf seine Enkelin dahin einwirke, Fritz Merling wieder freizugeben und das Verlöbnis zu lösen.

Nachher komme ich auf diese meine Schlußfolgerungen nochmals zurück.

Kampert würdigte den alten Merling, einen kräftigen Mann von robuster Gesundheit und fast jugendlicher Frische, keiner Antwort.

Die Folge war, daß Merling Vater seinen niederträchtigen Plan, vollendete.

Er verbarg die Steine in Inas Bettfüßen und schickte an die Polizei einen anonymen Brief, beschuldigte Ina, mit Gaunern und Dieben in Verbindung zu stehen und wies darauf hin, daß sie in den Tanzdielen häufig gerade mit eleganten Verbrechern zusammen sei. Er riet der Polizei, Kamperts Wohnung einmal überraschend zu durchsuchen, und…, — wollten Sie etwas einwenden, Herr Rauth?“

„Nur das, daß all dies stimmt… Punkt für Punk… — Ich bewundere Sie.“

„Es mußte wohl stimmen… — Die Polizei biß auf den Köder an, Ina wurde verhaftet, die Steine wurden gefunden, — — und dann packte den alten Merling das bleiche Entsetzen: Er erinnerte sich an den groben Brief! Dieser an Kampert gerichtete Brief konnte sein Verderben, werden.

Und da… wurde er zum Mörder.

Er rechnete damit, daß Kampert den Brief Ina vorenthalten hätte…

Er suchte den Brief…

Er fand ihn nicht und hoffte, Kampert würde ihn verbrannt haben.

Deshalb mußte der arme Geiger sterben, deshalb, — dies ist das Motiv der Tat: Angst vor Entdeckung des ganzen, schurkischen Streiches!“

Harst blickte uns still an.

„Nun noch etwas über Fritz Merling… — Ich glaube, der junge Mann ahnt jetzt, daß sein Vater ‚Morton‘ ist und Kampert aufknüpfte. Als Fritz Merling bei uns war, wollte er sich selbst bezichtigen, Morton zu sein… — Er tut mir leid. Es spricht für ihn, daß er nachts keine Ruhe findet, daß er in seinem Zimmer auf und ab geht und grübelt und überlegt und… verzweifelt ist. Wir sahen ihn, von Hilde Börstels Fenster aus.“

Nach einer Pause fügte er hinzu:

„Ich betonte einmal, daß der Mord an Kampert rein psychologische Hintergründe habe. Das trifft zu. Da ist ein vernarrtes Ehepaar, da ist ein Sohn, der sich urplötzlich widersetzt, da ist der Entschluß des Vaters, dieses Verlöbnis mit Gewalt zu sprengen… aus Verbohrtheit: Der Sohn soll eine glänzende Partie machen! — — So, mein, lieber Herr Kommissar, der Sie so versteinert dasitzen, nun tun Sie Ihre Pflicht… Der Morgen graut bereits, und inzwischen dürften sich im Speicher der Morton-Bande auch die anderen Elite-Herren nach vergnügter Nacht zum Schlafen und für die Handschellen eingefunden haben.“

Rauth erhob sich und drückte Harst fest die Hand.

Dann ging er stumm hinaus.

Harst rief ihm noch nach:

„Telefonieren Sie doch, wie Franz Merling die…“

Als Rauth verschwunden war, trat Jack an das Eckfenster und blickte lange, zu dem Speicher hinüber.

„Herr Harst, — was wird werden?“, fragte er kurz.

Meines Freundes Antwort lautete sehr leise:

„Frau Merling wird den Gatten und den Sohn verlieren…“

Jack Riverpool sagte nichts mehr.

— Nach einer Stunde schnurrte das Telefon…

Rauth meldete heiser und sehr erregt, daß Merlings Vater sich vergiftet und daß der Sohn sich erschossen habe. —

Ich glaube, ich wurde den Gesamteindruck des Abschlusses dieses Kriminalfalles durch weitere Ausführungen nur abschwächen.

Ich schließe daher…

 

 

Nächster Band:

Die Fremde aus der Kakadu-Bar.