Berlin W
von
M. Lemcke.1
Verlag moderner Lektüre
G.m.b.H.
Berlin.S.O.26. Elisabethufer.44.
Nachdruck verboten. – Alle Rechte vorbehalten. Copyright 1920 by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H.
Druck P. Lehmann G. m. b. H., Berlin SO. 26.
1. Kapitel
Eine kleine Verwechslung
Thea Iffländer lag wie ein Kätzchen zusammengerollt in ihrem Bett und blinzelte schlaftrunken in den feinen Strahl des Sonnenlichts hinein, der durch einen Spalt der seidenen Vorhänge in das übermoderne, überelegante und über und über nach allen Wohlgerüche Arabiens duftende Schlafgemach hereinlugte.
Bei Iffländers war eben alles – ‚über‛ – selbst der Reichtum.
Thea hatte geträumt, sogar sehr lebaft, – sehr. Das passierte ihr immer, wenn sie mit einem Sektschwipps schlafen ging.
Ihre Träume hätte sie niemandem anvertrauen dürfen, nicht mal dem süßen Edu. Denn der – nutzte alles aus, alles, verdrehte einem das Wort im Munde und wurde – noch frecher, so – süß frech. –
Theas Gedanken klärten sich immer mehr.
Edu – soeben hatte sie doch an ihn gedacht. Und – weshalb durchzuckte sie jetzt so etwas wie ein leiser Schreck?!
Mit einem Ruck setzte sie sich aufrecht. Das spinnwebdünne, hellblaue Nachthemd glitt über die linke Schulter. Es schadete nichts. Thea konnte sich auch im ausgeschnittenen Kleid sehen lassen – sehr sogar! Das hatte sie wohl von der Mama geerbt, die jetzt freilich jedes Jahr nach Marienbad mußte, damit wenigstens etwas wie Taille noch übrig blieb.
Edu – und der Schreck!
Himmel – sie durfte ja jetzt nie mehr an den süßen, frechen Edu denken – nie mehr!
Sie hob die linke Hand dicht an die Augen. Und – da traf der neugierige Sonnenstrahl, der das Seidenhemdlein und manches andere bewundern durfte, ein gülden Ringlein – glatt, schmucklos.
Thea schüttelte den Kopf. Nein – daß sie auch nicht sofort nach dem Wachwerden daran gedacht hatte. Sie – sie war ja Braut seit gestern abend – glückliche Braut.
Glückliche?!
Na ja – die Eltern hatten’s doch gewollt. Und schließlich: Ein Graf war ein Graf, – und Thea Gräfin von Maurach klang doch immer besser als Thea Iffländer.
Den – Edu hätte sie ja doch nie heiraten dürfen! Einen Schriftsteller – noch dazu so einen von der Durchschnittssorte: Familienromane und so! –
Thea kuschelte sich wieder in die Kissen ein und ließ den gestrigen, aufregenden Tag mit all seinen bunten Bildern nochmals in ihrer Erinnerung erstehen.
Der Horst Maurach! Ihr Bräutigam! Bald ihr Ehemann!
Nun – man merkte ihm den alten Adel an. Erstens: Die Schulden! Die mußten geradezu schimborassomäßig sein – und Schimborasso war doch irgendwo ein riesiger Berg. –
Dann: Das Äußere, – tadellos, Kavalier vom Hemd bis zur Unterhose, wie Edu immer sagte und diese Umwandlung der bekannten Redensart ‚vom Scheitel bis zur Sohle‛ damit begründete, daß es viele sogenannte Kavaliere mit Jägerhemden und gestopften wollenen Unterhosen gäbe. –
Schließlich: Benehmen! –
Hm – das hätte ja nach Theas Geschmack etwas weniger vornehm-überlegen sein können, etwas zwangloser. Aber – vielleicht fand sie dies nur, weil sie bisher mit Kavalieren verkehrt hatte, denen lediglich der väterliche Geldsack zu Lackschuhen, Seidenstrümpfen, Frack auf Seide und Monokel verholfen hatte. –
Und nun ganz zuletzt: Das Temperament!
Thea hatte sich diese für sie wichtigste Eigenschaft ihres zukünftigen Herrn Gemahls bei dieser kritischen Betrachtung für zuletzt aufgespart.
Wichtigste Eigenschaft! Denn sie selbst – oh Himmel! Schon mit fünfzehn Jahren hatte sie sehr lebhaft geträumt, mit sechzehn die erste Liebelei gehabt, bei der ‚beinahe‛ … –
Doch nein, – daran wollte sie jetzt nicht denken.
Temperament?! –
Na – damit hielt sich’s sehr – sehr gedämpft! Die Küsse gestern – wie – wie abgestandenes Bier – allerhöchstens so.
Ja – wenn sie nicht noch vorgestern bei Edu gewesen wäre und nicht seine Zärtlichkeiten so frisch in der Erinnerung gehabt hätte.
Ach – der Edu! Das – das war doch so mehr unverfälschter Naturwein.
Wichtig – sie mußte ihm ja noch schreiben, daß nun alles aus sei – alles – für immer.
Mit einem Satz stand sie auf den Füßen, auf dem dicken, molligen Eisbärfell.
Das blaue Hemdlein sank von selbst. Und die Spiegel des Frisiertisches fingen nun eine allerliebste, üppige Eva auf, vervielfältigten sie, zeigten sie von allen Seiten.
Thea kicherte, nickte ihrem Spiegelbild zu. Dann schlüpfte sie in den blaßroten Kimono mit den dickgestickten Vögeln und Blumen, steckte die Füßchen in die Morgenschuhe und ging hinüber in ihr zweites Zimmer, das von oben bis unten ‚echt Japan‛ war und ein Sündengeld gekostet hatte.
Bevor sie sich aber noch an den Schreibtisch setzen konnte, um dem süßen, frechen Edu lebewohl zu sagen, klopfte es und das Stubenmädchen meldete die neue Gesellschafterin.
Richtig – das hatte Thea ja total vergessen! Die Mama hatte ja in Voraussicht der Verlobung vorgestern eine Dame für ein halbes Jahr verpflichtet, die den – Anstandswauwau bei dem Brautpaar spielen und auch mithelfen sollte, dem Iffländerschen Haushalt so den rechten vornehmen Schick zu geben.
Thea hatte diese verwitwete Frau Gertrud Osternitz noch nicht zu Gesicht bekommen, deren Mann Oberregierungsrat gewesen und sie wahrscheinlich doch im recht bedrängten Verhältnissen zurückgelassen hatte.
Mama war von der Osternitz entzückt. Na – das wollte nicht viel sagen! Die Mama war schnell entzückt. Sie hatte die in Neutomischel verlebten ersten Ehejahre noch immer nicht überwunden, – jene Zeit, wo der Vater noch nicht Kommerzienrat gewesen und außer mit Getreide noch mit Kunstdünger, Seife und hygienische Gummiartikeln – hm ja – gehandelt hatte.
Thea war immerhin etwas neugierig auf die neue Gesellschaftsdame, die noch recht jung sein sollte.
Sie – ließ also bitten.
Frau Osternitz trat ein.
‚Donnerwetter!‛ dachte Thea, denn in Gedanken gebrauchte sie stets kräftige Ausdrücke. ‚Donnerwetter – die ist wirklich jung und hübsch zu. –‛
Zu derselben Stunde erhob sich auch der Schriftsteller Eduard Rönning von dem Lager in seiner möblierten Bude bei der Witwe Rebekka Karfunkel, steckte den rauchenden Schädel in die Waschschüssel, hörte fast das Wasser zischen, tauchte ihn wieder ein, immer wieder, bis die Alkoholdünste der verflossenen Nacht sich empfahlen.
Na – war das nur wieder eine Ausgelassenheit am Stammtisch gewesen! Und die Bowle, die das Geburtstagskind geschmissen hatte – das reine Höllengesöff! Gegen drei Uhr morgens war dann noch der Redakteur Becker mit einem Fremden erschienen.
Aber – da war der gute Edu bereits so köstlich betütet gewesen, daß er nichts mehr von diesem Herrn wußte – nichts, – nur das jener noch Sekt hatte auffahren lassen, endlos viel Sekt.
Und dann – war’s mit Edu vorbei gewesen. Irgend jemand hatte ihn heimgebracht und ins Bett befördert. –
Edu verspürte Hunger. So rief er denn in den Flur hinaus:
„Frau Furunkel – das Frühstück!“
Die Witwe erschien, schob ihre zwei Zentner im Zimmer, wünschte guten Morgen und meinte:
„Sie, Herr Rönning, ‛n bißchen lebhaft war Ihre Heimkehr wieder e’mal, wahrhaft’jen Gott, – sehr lebhaft! Und – ‛n falschen Mantel hab’n Sie auch mitjebracht –“
Sie holte das Kleidungsstück aus dem Flur.
Es war ein schwarzer, auf Seide gearbeiteter Pelerinenmantel, – sehr elegant.
Edu schlackerte mit den Kopf.
„Himmel – so ‛n Möbel hätt’ ich gern mal besessen. Mein Pelerinerich sieht leider totaliter nach zweiunddreißig Mark aus – fertig gekauft und so –“
Frau Rebekka wühlte in der Tasche herum.
„Ah, – hier ist ‛n Porteföh!“ rief sie plötzlich. „Wahrhaft’jen Gott – ‛n Juchtenporteföh – und ‛ne Adelskrone in Jold druff – pikfein!“
„Zeigen Sie her, Furunkelchen! Jetzt werden wir gleich wissen, welchem Knallprotzen dies Kavaliergewand gehört –“
In der Juchtentasche steckte so allerlei, auch Visitenkarten mit Aufdruck:
Horst Graf von Maurach
Regierungsassessor und Hilfsarbeiter im Reichsschatzamt
Berlin C. Mohrenstraße 122
Edu hatte laut vorgelesen, fügte nun hinzu: „Also ‛n verflucht feines Aas! – Ich besinne mich jetzt so dunkel. Dieser Graf wird den Sekt geschmissen haben. Er ist ‛n Freund von dem Becker vom ‚Alarmruf‛. –
Na – er wird schöne Augen machen, wenn man ihm etwa meinen Proletenwindschutz angedreht hat anstelle seines fürstlichen Abendmantels!“
Rebekka kreischte plötzlich auf: „Himmel – ich hab’ die Milch auf’s Feuer!“ – und schoß davon, soweit bei ihrer Leibesfülle erhöhte Geschwindigkeit möglich war.
Edu aber sah in höchst indiskreter Weise den Inhalt der Juchtentasche weiter durch.
Nun – sie enthielt nichts Interessantes – nichts! Schon wollte er sie wieder in den Mantel zurückstecken, als er merkte, daß sie noch ein Geheimfach besaß. Und – darin lag ein zerknitterter Brief; Damenhandschrift; Datum von vor zwei Jahren. –
Edu war Schriftsteller. Und Schriftsteller sollen ihre Menschen- und Weltkenntnisse bereichern, wo sie nur können.
Also las er diesen Brief aus verklungenen Tagen:
Frankfurt a. O., 6. 10. 19..
Mein Liebling !
Wenn je ein Mensch das Geld gehaßt hat, hassen gelernt hat, dann bin ich’s! – Das, was meines Lebens Inhalt war, – du, du nur allein!, mußte ich aufgeben dieses schnöden Geldes wegen, – weil wir beide arm sind. Wäre ich reich, wäre ich die Tochter eines Millionärs, der seine Millionen zusammengestohlen hat und nicht die jüngste von sieben Geschwistern, Kinder eines braven, ehrlichen Schmiedemeisters, – dann würdest du mein geworden sein!
So aber!
Ach – ich will nicht bitter werden! Wozu auch?! Ich ändere ja nichts – nichts, all mein Hadern mit dem Geschick beseitigt nicht die unerbittlichen Tatsachen. –
Mein Liebling! Vier Wochen habe ich dir nicht geschrieben. Ich konnte, wollte nicht. Ein Brief an dich ist ein Aufwühlen süßer Erinnerungen an einen kurzen Glückstraum.
Und – diese Erinnerungen hätten mich schwach gemacht.
Doch ich durfte nicht schwach, nicht schwankend werden! Ich mußte zugreifen. Der Mann, für den ich gelegentlich Schreibmaschinenabschriften fertigte, der mich auf diese Weise kennen gelernt hat, – ein Mann, dreimal so alt als ich, aber in gesicherter Stellung, trug mir seine Hand an.
Seit gestern bin ich sein Weib. –
Nein – nicht sein Weib; nur die, die seinem Haushalt vorsteht. Er ist alt und gebrechlich. Und unsere Schlafzimmer sind durch die Wohnräume voneinander getrennt. –
Du weißt nun, daß dies – ein Abschiedsbrief ist – für immer!
Ich sehe dich vor mir – du wirst mit ungläubigem Staunen diese Zeilen anstarren, wirst denken:
‚Unmöglich – unmöglich! Mein blondes Elfchen eines anderen Mannes Weib!‛
Vielleicht wirst du den Brief enttäuscht in die Ecke schleudern.
Tu’s nicht, Liebling! Du ahnst ja nichts von all den Herzenskämpfen – diesen Strömen von Tränen – vergossen um dich.
Die Tränen fließen schon wieder. Ich – ich kann nicht weiter schreiben, kann nicht. Ich will dem, dessen Namen ich jetzt trage, eine brave, treue Gefährtin sein. Und diese Gedanken, diese wilde, heiße Sehnsucht sind – Untreue.
Leb’ wohl – leb’ wohl, du mein Einziger! Und – werde du einmal glücklicher als ich’s geworden – ganz glücklich! Das wird mein stetes Gebet sein.
Deine blonde, kleine Elfe
Eduard Rönning faltete den Brief langsam zusammen, murmelte: „Schicksalstücke! – Aber – das blonde Elfchen irrt, kennt das Leben nicht. Mangel an schnödem Mammon ist nicht immer das Hindernis, das Liebende trennt. Auch der elterliche Ehrgeiz kann’s sein. So bei meiner Thea und mir. Freilich: Wenn Thea auch nur ein wenig mehr Schneid hätte, dann – dann –“
Er seufzte, schob den Brief in das Geheimfach zurück und hing den Mantel in den Kleiderschrank, zog sich fertig an, frühstückte dabei und setzte sich nachher an den Schreibtisch, um das nächste Kapitel seines Romans ‚Frühlingshoffen‛ zu beginnen.
Die Feder kreischte leise. Und Edu schilderte, wie der Stiefvater die arme Anneliese verprügelte. Er schilderte, woran er selbst nicht glaubte. Das wirkliche Leben ist ja ganz anders. Aber: Das Lesepublikum der Zeitungen, bei denen er seine Dutzendware absetzte, verlangte danach, belogen zu werden, verlangte Wüteriche ohne ein Quäntchen anständige Gesinnung, tränenreiche junge Frauen, die von keuschen Gedanken triefen, Liebhaber, deren Edelmut prämiert zu werden verdient. –
Doch in Wahrheit wohnen in jeder Menschenseele neben schlechten auch gute Triebe, neben edlen auch häßliche. –
Das wußte Edu sehr wohl – von sich selbst und von denen, die seinen Lebensweg bisher gekreuzt hatten – von Männern und Weibern.
Die dicke Rebekka klopfte leise, steckte den Kopf durch den Türspalt.
„Der Geldbriefträger!“
Als der angenehme Beamte wieder verschwunden war, vollführte Edu einen Indianertanz.
Vierhundert Mark – und so unerwartet!
„Furunkelchen!“ brüllte er. „Furunkelchen!“ Und als sie kam, ließ er sich drei Flaschen Sekt holen. Eine davon wollte er sich zum Mittag leisten. Und die beiden anderen – die trank er mit seinem schwarzen Mäuschen aus – mit Thea. –
Wieder saß er am Schreibtisch. Der Regulator schlug halb eins.
Und – wieder kam die dicke Rebekka, watschelte jetzt aber bis zu ihrem Mieter hin und flüsterte ihm ins Ohr:
„Das Fräulein ist da –“
2. Kapitel
Abschied
‚Wie gerufen!‛ dachte Edu. Und laut sagte er zu Furunkelchen, die ‚das Fräulein‛ zunächst wie stets in ihr Wohnzimmer geführt hatte. „Also rin mit ihr! Die Luft ist ja rein –“
Rebekka, deren grundgütiges Herz den ‚verdrehten Dichter‛ wie den eigenen Sohn liebte, versuchte selig verträumt zu lächeln, womit sie andeuten wollte, daß auch ihr Gott Armor einst heiße Nächte beschert habe, – lächelte, seufzte, verschwand und wurde von einer bedeuten schlankeren Dame in langem grünseidenen Regenmantel, Lackhut und sehr dichtem weißen Schleier abgelöst.
Die Dame wußte Bescheid, verschloß sofort hinter sich die Tür und – streckte dann – dies war gegen das sonstige Programm! – beide Arme abwehrend gegen Edu aus, der bereits Miene gemacht hatte, die überstark nach allen Wohlgerüchen Arabiens Duftende an seine Dichterbrust zu reißen und auch schon vergnügt gerufen hatte:
„Mäuschen – dich sendet der Himmel her!“
Die Abwehrstellung Mäuschens ernüchterte ihn stark.
„Na nu?! Hast du etwa Schnupfen oder bist du sonst nicht ganz wohl, Kleines?“ meinte er, sie kopfschüttelnd musternd. „Und gerade heute am Jubiläumstag dieser erkältende Eintritt in mein Gemach, in dem wir so viele sündhaft schöne Stunden durchküßt haben? –
Mäuschen – Jubiläumstag! Heute vor acht Wochen lernte ich dich auf dem Presseball kennen, und heute vor vier Wochen schwebte meine holde Fee zum ersten Mal über diese Schwelle, damals noch mit vor Angst klappernden Zähnen und – in einer Weise angezogen, daß von vornherein jede Gefahr für die jungfräuliche –“
„Hör auf – hör auf!“ kam’s hinter dem Schleier hervor. „Erinnere mich nicht an all das, was nie hätte sein dürfen.“ Die Arme sanken herab. „Versprich mir, daß du auch nicht mal den Versuch machen willst, mich – zu küssen, Edu. Verstrich es mir! Tust du’s nicht, so muß ich sofort wieder gehen –“
„Heiliger Bimmstengel!“ brummte Edu. „Willst du heute hier die Rätselhafte spielen, Mäuschen?! –
Aber – im Namen aller zweihunderzweiunddreißig Götter Indiens: Ich werde dich nicht anrühren, werde mir einbilden, du seist meine Tante Henriette Hüftensack – entschuldige, sie heißt wirklich so! – die nicht nur ihres Geizes, sondern auch ihres mangelnden Liebreizes wegen in der ganzen Familie berüchtigt ist. –
Bitte, liebe Tante Henriette, nimm also Platz!“
Er rückte einen der Gobelinklubsessel zurecht, und Mäuschen setzte sich, während er sich an den Schreibtisch ihr gegenüber recht zwanglos anlehnte, die Fäuste in die Tasche der braunen Samtjacke vergrub und – abwartete.
Mäuschen nestelte den Schleier los; so wurde Thea Iffländers pikantes Gesichtchen endlich frei von der neidischen Hülle. Sie faltete den Schleier umständlich auf dem Schoß zusammen und begann dabei zögernd:
„Edu, eigentlich wollte ich dir alle schreiben. Aber – es ging nicht. Unsere neue Gesellschaftsdame kam und verdarb mir die ganze Stimmung für so – so einen – Abschiedsbrief –“
„Ah hm!“ machte Edu.
„Sie – sie hat mir nämlich gleich so durch die Blume unter die Nase gerieben –“
„Entschuldige: Du wirfst zwei Redensarten durcheinander, liebe Tante Henriette!“
„Und – du bist ein Ekel! – Laß mich ausreden. –
Also sie meinte, ich hätte sie nicht im Kimono empfangen dürfen. Das schicke sich nicht –“
„Entschuldige, liebe Tante: Du wirst außer dem Kimono wohl auch nicht viel angehabt haben –“
„Du bist – gräßlich! –
Aber – sie – sie hat so eine Art, daß man ihr gegenüber sich ganz klein vorkommt. Und dabei ist sie noch so jung und so und so – schick. –
Denk’ dir, Edu,“ – sie wurde lebhafter – „sie ist die Witwe eines Oberregierungsrats, erst einundzwanzig Jahre alt, und früher – Schreibmaschinenfräulein bei einem Anwalt gewesen – Schreibmaschinenfräulein! – stammt aus ganz einfacher Familie und hat jetzt doch ein so sicheres, vornehmes Auftreten, daß man ihr die Schmiedemeistertochter wirklich auch nicht die Spur mehr anmerkt – im Gegenteil!“
Edus Fäuste fuhren aus den Taschen heraus, packten die Lehne des Schreibsessels. Und in dieser vornübergebeugter Haltung fragte er hastig:
„Schmiedemeister?“
„Ja, – Schmiedemeister war ihr Vater – in einem Dorf dicht bei Frankfurt an der Oder. Sie sprach von alledem mit einer Offenheit, als sei sie stolz darauf, so aus ihren Verhältnissen hinausgewachsen zu sein. –
Als sie sich dann verabschiedet hatte, da – da fehlte mir wie gesagt die Stimmung zu dem – dem letzten Brief an dich, da zog ich mich schnell an und will dir nun Auge in Auge erklären, daß – zwischen uns seit gestern – Schluß sein muß.“
Ihre Stimme war unsicher geworden. Es klang, als kämpfe sie mit Tränen.
„Ich – ich habe mich – gestern – ver- ver- “ Nein, das eine Wort wollte wir nicht über die Zunge.
„– lobt!“ ergänzte Edu seelenruhig. „Liebe Tante Henriette – meinen allerherzlichsten Glückwunsch: Gesundheit, langes Leben, Kindersegen und einen treuen Hausfreund!“
Thea stierte den süßen, frechen Edu geradezu entsetzt an. Sie hatte ja geglaubt, er wurde ihr eine furchtbare Szene machen.
Und nun – nun!
Oh – wie enttäuscht sie war! Und sie – sie war nur zu ihm gekommen weil – weil sie sechs Abschiedsbriefe angefangen gehabt und dabei eine solche Sehnsucht in dir lebendig geworden, daß sie alle Bedenken – zu viel waren’s freilich nicht gewesen! – beiseite warf und zu ihm eilte. Heute hatte sie ja erst so recht gemerkt, wie sehr sie an ihm hing, an diesem fröhlichen, ungekünstelten Menschen, der noch zu alledem ein so grundgütiges Herz besaß, soviel Mitgefühl für alles, der jeden Bettler am liebsten beschenken und jedem Kind, das mit sehnsüchtigen Augen vor einem Spielwarenschaufenster stand, alle heimlichen Wünsche erfüllt hätte.
Und jetzt – jetzt – dieser frivole, ironische Ton von ihm, dieses kühle Höflichkeitslächeln.
Sie wollte nicht weinen. Aber die Tränen brachen sich doch Bahn. Sie weinte, schluchzte, hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen.
Da – wurden diese Hände fortgezogen von den seinen, da sah sie, daß er vor ihr kniete, daß es in seinen Zügen arbeitete, als kämpfe er selbst gegen die warmen Tropfen an.
Er hielt ihre Hände ganz fest, drückte sie fast schmerzhaft, stammelte dazu, während seine dunklen Schwärmeraugen, die den Ausdruck heiterer Sorglosigkeit meist nur als Maske trugen, ihr eine Welt von Liebe entgegenstrahlten:
„Mäuschen – Mäuschen, verzeih’ mir. Ich habe soeben geredet wie einer, der gefühllos ist, der das Wort Liebe verspottet. – Verzeih’ mir! Ich wollte nur nicht weich werden. Und nun ist’s doch über mich gekommen. Nun – merkst du, wie’s in mir in Wahrheit aussieht.
Ich habe dich lieb, Mäuschen, – unendlich lieb. Zweifle nie daran! – Wenn es in meiner Macht gelegen hätte, dich zu erringen, – für dich hätte ich alles getan –“
Er wurde ruhiger, zog ihr den rechten, tränenfeuchten Handschuh ab, streichelte die schmale, parfümduftende Hand mit den lackierten Nägeln ganz sanft und fuhr fort:
„Also das Ende, Mäuschen. Ich sah es kommen. Ich konnte nichts ändern. –
Nur du – du hättest – Doch nein! Ich habe dir ja schon oft gesagt: Mut muß man haben, Mut, – rücksichtslos muß man sein, wenn man sich etwas erkämpfen will –“
Ihre Tränen versiegten. Tiefe Röte flutete ihr in die Wangen.
„Du – du kennst den Papa nicht!“ verteidigte sie sich schwach. „Er kann so – so furchtbar grob werden. Ihm haftet noch so viel von Neutomischel an –“
Pause. –
Edu senkte den Kopf, fragte leise:
„Wer ist’s? Bei euch verkehren so viele Herren.“
„Der Regierungsassessor Graf Maurach –“
Edu ward zur Bildsäule.
„Graf – Graf Horst Maurach?“ meinte er dann.
„Ja! – Ach, Edu, – die Eltern haben mir so zugesetzt, haben so – so ernst gedroht, mich nach Genf in eine ganz, ganz strenge Pension zu schicken, daß ich –“
„Laß nur, Mäuschen,“ unterbrach er sie, streichelte wieder ihre Hand, aber etwas zerstreut. Dann erhob er sich, lehnte sich wieder an den Schreibtisch.
„Du hast recht, Kleines,“ begann er wieder. „Als Braut durftest du nicht zulassen, daß – daß ich dich so begrüßte wie einst. –
Wir wollen uns auch den Abschied nicht schwer machen, Mäuschen.“
Er wechselte schnell das Thema, sprach schneller, angeregter: „Denk’ dir – heut’ erhielt ich das Honorar für die Novelle ‚Stern des Glücks‛. Ganz unerwartet. Ich habe mich sehr gefreut –“
Sie hatte schon längst die Sektflasche drüben auf dem Bücherschrank in dem blinkenden Nickelkühler bemerkt.
„Deshalb auch!“ meinte sie und deutete dorthin.
Er nickte. „Ich wollte sie mir zum Mittagessen leisten. Furunkelchen will mir mein Leibgericht kochen: Gänseklein! –
Die gute Alte!“
Thea stand zögernd auf.
„Edu – hier ist’s so warm. Du hast noch heizen lassen. Und draußen haben wir fast vierzehn Grad trotz des Sprühregens. Morgens schien noch die Sonne, als ich munter wurde, – das heißt – so gegen zehn Uhr –“
Sie knöpfte den Mantel auf. Dann – ein rascher Entschluß: Sie zog ihn aus, hängte ihn – wie stets – in den großen Kleiderschrank, ein altertümliches Riesenmöbel. – Auch der Lackhut folgte und – der linke Handschuh, und mit diesem, ganz heimlich, streifte sie auch den Ring ab, ging wieder nach dem Schrank und steckte Handschuhe und Ring in die Manteltasche.
Edu hatte schweigend alles beobachtet. Nun sagte er:
„Mäuschen – ich fürchte, du wirst uns den Abschied zur Qual machen –“
Sie warf den Kopf ein wenig zurück.
„Ich habe bis fünf nachmittags Zeit. Diese Stunden sollen noch dein sein – in allen Ehren –“
Sie setzte sich wieder in den Sessel, lehnte sich zurück, schaute nach dem Sektkühler hin. Und dann ganz zaghaft:
„Du – wir – wir könnten doch gemeinsam das Honorar feiern, Edu. Ich – ich habe auch – Hunger. Es wäre doch nett, wenn wir –“
Er trat schnell auf sie zu. „Zusammen zu Mittag äßen, – nicht wahr? –
Ach, Mäuschen, das – das – Nun gut. Warte. Ich sage Furunkelchen Bescheid –“
Und ganz brav saßen sie nachher an dem zierlich gedeckten Mitteltisch –
‚Wie ein junges Ehepaar‛, dachte er.
Aber – Enttäuschung stieg in ihr hoch. Der Edu war heute gar nicht wie sonst, gar nicht frech. –
Nein – so – so manierlich hatte er sich nur in der allerersten Zeit benommen, als sie sich noch nicht geküßt hatten.
Küssen? Daran schien er nicht mehr zu denken! Wie – wie eine liebe Schwester behandelte er sie. –
Edu trug selbst wieder das Geschirr ab. Er hatte von der Flasche Kupferberg Gold nur drei Gläser getrunken. Den Rest hatte Mäuschen vertilgt, – sehr hastig.
„Schade, daß wir nicht noch eine zweite haben,“ meinte sie nun und rauchte mit brennenden Wangen ihre Zigarette.
Edu biß sich auf die Lippen. Nein – er wollte nicht sagen, daß draußen in der Speisekammer sogar noch zwei standen. Er – mußte vorsichtig sein! Sekt – heute, in der – der Abschiedsstimmung!
„Eigentlich könntest du doch durch Furunkelchen – noch eine Kupferberg holen lassen,“ begann Mäuschen wieder, und um ihren Mund spielte ein Sirenenlächeln.
Ihm wurde schwül zu Mute. Aber – sich weigern! Das ging nicht gut. –
Sie saßen sich nun in den Gobelinsesseln gegenüber. Zwischen ihnen auf dem Tisch stand der Sektkühler; daneben Zigaretten, Aschbecher; vor ihnen die flachen, hauchdünnen Schalen mit dem perlenden Wein.
Thea und Edu hatten soeben von dem Presseball gesprochen, von jener Nacht, in der Mäuschen ausschließlich fast mit ihm getanzt hatte.
Da – ganz unvermittelt erhob sie sich, ging um den Tisch herum, sankt vor ihrem Edu in die Knie, umschlang ihn, weinte – weinte – jammerte:
„Du – du sollst nicht so – so kalt – so überhöflich zu mir sein, du! Wenn du mich liebst, dann – dann sorge dafür, daß – daß ich diese Abschiedstunden nie vergesse – nie!“
Plötzlich saß sie ihm auf dem Schoß, drückte seinen Kopf nach hin–ten, preßte ihre Lippen auf die seinen, daß ihm schier der Atem verging.
„Du – ich liebe dich werde – will dich nie vergessen –“ –
Die Tränen flossen langsamer. Sie merkte, daß er nicht widerstrebte.
„Ich – ich entbindet dich von deinem Versprechen, du! Ich – will nur dein kleines, liebes Mäuschen sein. Der – andere – was gilt er mir – nichts – nichts! Denk’ nicht an ihn, du – gar nicht. –
Küsse mich, Edu, – so – so wie damals, als – ich schon Furunkelchen zu Hilfe rufen wollte –“
Und Edu schoß es durch den Kopf: Nicht an ihn denken! Kunststück – und im Kleiderschrank hängt sein Mantel!
Aber – Thea war so lieb – so lieb, – und – da vergaß Edu alles, alle guten Vorsätze.
Und Mäuschen kauerte auf seinem Schoß, und als er ihr zuerst nun die Lackhalbschuhe abstreifte, als er – so furchtbar ungeschickt beim Öffnen der vielen Blusenknöpfe und Haken war, – da – da flüsterte sie – auch zum ersten Mal:
„Du – laß die Vorhänge herunter – Ed – es blendet so –“
Hülle um Hülle fiel. Und das breite französische Bett in der Ecke hinter der türkischen Draperie1, das einst zu Rebekka Furunkelchens Aussteuer gehört und über dem auch für sie Gott Armor so oft schelmisch nachts gelächelt hatte, vernichtete Edu Vorsätze gänzlich.
Und Mäuschen leerte heute den Kelch der Lebensfreuden bis auf den letzten – Tropfen. –
Unten auf der Straße ratterten Wagen, Straßenbahnen vorüber, kreischten spielende Kinder.
Und Furunkelchen stand im Flur, lauschte an der Tür ihres geliebten verehrten Dichters, schüttelte den Kopf, schmunzelte, dachte: ‚Ja – ja – Sekt, Sekt! Nun – ist’s doch so weit gekommen! Na – lange genug waren sie auch halbwegs brav – fast zwei Stunden.
Die Jugend – die Jugend, – Ach, man soll ihr nichts nachtragen. So schnell geh’n die paar Jahre dahin – so schnell!‛
Sie seufzte, schlich in die Küche zurück und wusch das Geschirr ab.
3. Kapitel
Der Andere
Horst Maurach bewohnte in der Mohrenstraße zwei ‚elegant‛ möblierte Zimmer.
Soeben war er aus dem Dienst gekommen. Das Mittagessen schenkte er sich. Er soupierte ja abends bei den Schwiegereltern, Berlin W, eigene Villa mit Park, früher ein prinzliches Palais. Und – zwei warmen Mahlzeiten am Tag – Luxus!
Er ließ sich also nur Kaffee von seiner Vermieterin bringen und ein paar gestrichene Brötchen.
Nun saß er, aß, trank und dachte über vieles nach.
Sein Blick glitt immer so scheu über den Verlobungsring hinweg.
Scheußlich – Geldheirat! Gerade er! Ihm lag das Heucheln so wenig. Und – wenigstens etwas zärtlich mußte man doch sein als Bräutigam. In der Ehe – da machte sich alles viel leichter, der – da war eine Selbsttäuschung durch den Sinnenrausch möglich. Aber jetzt – jetzt, – wo noch diese ganze Umgebung hinzukam, das – Iffländer-Milieu, – nee – das war schwerer, als er es geglaubt hatte.
Doch – was half’s?! Wenn er Karriere machen wollte, mußte er schuldenfrei sein. –
Gewiß: Er hatte wie ein Verrückter gepumpt, wo er nur was herbekommen konnte, – aber nur, um sich zu betäuben. Damals, als sein Elfchen ihm verloren ging, da hatte er erst – den Schlußstrich ziehen wollen unter sein Daseinskonto – durch eine Revolverkugel. Aber – ‚vielleicht ist sie’s gar nicht wert, vielleicht hat sie dich nie so geliebt, wie du glaubtest,‛ überlegte er seinerzeit und – begann zu wüsten. Schulden türmten sich um ihn auf; seine Bekannten schüttelten die Köpfe; sein Vater schrieb grobe Briefe.
Alles Wüsten hatte nichts geholfen: In seinem Herzen hatte sich sein blondes Elfchen zu sehr eingenistet. –
Horst Maurach sprang auch.
Zum Teufel mit all den Gedanken! Am besten, er ging noch ein Stück spazieren. Der Sprühregen hatte ja aufgehört; die Sonne schien wieder, die warme Sonne der letzten Apriltage.
Richtig – er konnte ja auch gleich das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden und dem Schriftsteller Rönning den Mantel zurückbringen. Freund Becker hatte ja gesagt, daß es nur Rönnings Mantel sein könne.
Nein – war dieser Rönning gestern bezecht gewesen! Übrigens ein netter Mensch sonst – selbst in der Trunkulenz!
Der wurde ja sicher noch in den Federn liegen und den Mordsrausch ausschlafen. Sonst hätte er den vertauschten Mantel fraglos schon hergebracht. Es steckte ja die Juchtentasche mit den Visitenkarten drin. –
Maurach nahm den fremden Mantel also über den Arm und schlug den Weg nach Rönnings Wohnung ein.
*
Halb vier war’s. Soeben hatte der Regulator mahnend seine unschöne Stimme erschallen lassen.
Mäuschen saß auf dem Bettrand und ließ sich von dem süßen, ach so süßen Edu die Florstümpfchen überziehen.
„Du – beeil’ dich – du!“ bat sie flehentlich. „Du brauchst ja zu jedem Strumpf fünf Minuten! Wie soll’s dann bei dem –“ – sie kicherte und flüsterte ihm etwas ins Ohr – „bei den – … – werden –“
„Oh – die behalte ich überhaupt hier – zum Andenken, Mäuschen –“
„Wa – a – as? Behälst du hier? Und ich – ich soll –“
Da schlug draußen die Flurglocke zum zweiten Mal sehr lange an.
Und dann – klopfte es.
Mäuschen schrie leise auf.
„Ruhe – du brauchst doch keine Angst zu haben, Kleines. Furunkelchen läßt niemand zu mir, wenn du hier bist, das weißt du doch –“
Er ging zur Tür.
„Was gibt’s denn, Furunkelchen?“
Himmel – eine Männerstimme! Und nicht Furunkelchen. Und die Männerstimme erklärte:
„Entschuldigen Sie, Herr Rönning. Ich fand die Flurtür nur angelehnt, läutete trotzdem zweimal, trat dann ein. Mein Name ist Maurach, Graf Maurach. Wir lernten uns gestern am Künstlerstammtisch ‚Dalldorfer Brüder‛ kennen. Sie haben dann aus Versehen meinen Mantel mitgenommen. Ich bringe Ihnen hier den Ihrigen zurück. Öffnen Sie nur ruhig, auch wenn Sie noch in etwas mangelhafter Toilette sind. Ich genieren mich nicht. –
Ich hätte auch noch ein persönliches Anliegen –“
Edu war blaß geworden.
Maurach – Maurach! –
In Edus Hirn jagen sich die Gedanken wie vom Sturm gepeitschte Schneeflocken.
Was tun?! – Schnell – schnell ein Entschluß!
„Herr Graf – einen Augenblick. Ich lasse Sie sofort ein,“ rief er zurück.
Mäuschen saß mit offenem Mund auf dem Bettrand, begann jetzt nach Luft zu schnappen. –
‚Graf – Graf!‛ hatte Edu da soeben gesagt.
Herrgott – wenn Maurach sie hatte beobachten lassen, dann –
Da war Edu schon bei ihr.
„Er – er bringt nur meinen Mantel. Rein mit dir in den Schrank, Kleines. Ich wimmele ihn mir bald ab.“
Mäuschen verkroch sich hinter Edus Anzügen wie ein richtiges Mäuschen.
Edu aber hatte schnell des Grafen Mantel herausgenommen, hatte Theas Kleider und sonstige verräterische Dinge unter das Zudeck gestopft, war in die Samtjacke geschlüpft, schaute sich nochmals um, drehte das elektrische Licht aus, zog die Vorhänge hoch, holte tief – tief Atem – und ließ den Grafen ein.
Nach einer Verbeugung voreinander nahmen beide Platz. Man war sehr liebenswürdig, lachte über den Sektabend, frischte Erinnerungen auf, – das heißt, dies konnte nur Maurach, denn Edu hatte ja keinen Schimmer mehr davon, daß er zum Beispiel noch eigene Verse zur Laute gesungen hatte.
„Die Verse waren köstlich,“ meinte Maurach, „wenn auch gepfeffert. Aber – witzig! Würden Sie sie mir nicht aufschreiben, Herr Rönning?“
„Sehr gern –“
Der Graf sog unauffällig die Luft ein. Dieses Parfüm?! Das kam ihm doch so bekannt vor! –
Überhaupt: Natürlich hatte der Rönning Damenbesuch hier gehabt! Da – da lag ja neben der das Bett verdeckenden Draperie etwas zart Blaues, Seidenes mit Riesenschleifen – etwas, das man früher Höschen nannte, jetzt aber Schlüpfer. Wohl von ‚schlüpfrig‛ abgeleitet.
Maurach lächelte ein wenig.
„Es duftet hier sehr gut – so – so –“
„Ich liebe starke Parfüms,“ sagte Edu schnell.
Der Graf zwinkerte ihm zu.
„Ja, ja – warum auch nicht?! – Doch – nun zu meinem Anliegen, Herr Rönning. Ich darf wohl auf Ihre vollste Verschwiegenheit rechnen. –
Gewiß – Redakteur Becker ist mein Freund. Aber – er hat eine so niederträchtig scharfe Zunge. –
Ich – ich schriftstellere nämlich heimlich in meinen Mußestunden, seit langem. Ich habe sogar bereits sechs Romane fix und fertig. Kein Mensch hat sie bisher außer mir gelesen – kein Mensch. Und Novellen – dutzendweise lagern sie in meinem Schreibtisch. –
Würden Sie nun vielleicht so liebenswürdig sein, etwas von all diesem Dilettantenkram zu prüfen? Ich habe hier zwei Romane mitgebracht –“
„Aber mit Vergnügen, Herr Graf. –
Bitte – kein Wort des Dankes. Ich tue es sehr gern. Freilich: Mein Urteil ist ja nur insofern maßgebend, als ich entscheiden kann, ob die Arbeiten etwa für Blätter passen, für die ich selbst schreibe, das heißt, ob – überhaupt damit Geld zu verdienen ist. Schließlich will man doch auch klingenden Erfolg haben –“
Maurach nickte. „Jedenfalls würde ich mich sehr darüber freuen –“
Gleich darauf verabschiedete er sich, nahm seinen Mantel über den Arm und sagte nochmals an der Flurtür zu Rönning:
„Können wir uns nicht häufiger sehen? – Gerade Menschen von Ihrer Wesensart sind mir so sympathisch. Meine Braut wird meine Zeit kaum allzu sehr in Anspruch nehmen –“
Edu meinte, er sei so ziemlich jeden Abend am Stammtisch ‚Dalldorfer Brüder‛ zu finden.
So schieden sie in bestem Einvernehmen mit kräftigem Händedruck. –
Mäuschen krabbelte aus dem Schrank hervor.
„Du – ich hab’ erst fürchterliche Angst gehabt,“ lachte sie übermütig. „Dann aber – es war so ulkig, euch zuzuhören –“
Plötzlich wurde sie ernst.
„Nur – nur der Parfümgeruch! Edu – als er davon sprach, kriegte ich einen Mordschreck –“
Sie begann sich weiter anzukleiden. Seine Hilfe lehnte sie ab. „Dann werde ich nie fertig, du Unband,“ meinte sie.
Aber – alles durfte sie doch nicht mitnehmen von den duftigem Hüllen. – Etwas behielt er – zum Andenken!
„Du – ich werde mich erkälten,“ klagte sie mit einem Spitzbubenlächeln.
„Unsinn – du nimmst ein Auto –“
Da bekam er einen langen Kuß. Sie freute sich, daß er so – so toll vernarrt in sie war, daß er gerade das für immer besitzen wollte, was da neben der Draperie gelegen hatte, das mit den großen Schleifen. –
Nun half er ihr in den Mantel. Es war bereits halb fünf geworden.
„Schnell, schnell,“ mahnte sie.
Jetzt abermals ein Kuß. Und dann flüsterte sie ihm zu:
„Du – komm’ heute nacht um zwölf in den Park zu uns. Hier ist der Schlüssel zur Hinterpforte. Erwarte mich in dem Pavillon neben dem Springbrunnen.“
Und – das hatte sie ‚Schluß machen‛ genannt!
Edus Bedenken schwanden sofort wieder.
Noch ein inniger Kuß. Dann huschte sie davon.
4. Kapitel
Elfchen
Thea fand sofort ein Auto, nannte dem Chauffeur eine Nebenstraße nahe der elterlichen Villa als Ziel, kuschelte sich in die Polster, schloß die Augen und träumte vor sich hin.
Sie bereute nicht was geschehen.
Nein – keine Sekunde bereute sie. Im Gegenteil: Sie war jetzt zu einem bestimmten Entschluß gelangt. Sie wollte Edu beweisen, daß sie Mut hatte.
Jetzt suchte sie nach ihren Handschuhen.
Sie hatte sie doch in die Tasche des seidenen Mantels gesteckt. Wo waren sie nur?! –
Himmel – der Verlobungsring hatte ja in dem linken Handschuh gelegen! Der Ring! Sie konnte doch nicht ohne den Ring nach Hause! Wie sollte sie sich denn herausreden, auf welche Weise sie ihn verloren hätte?!
Die Handschuhe konnten nur in Edus Schrank liegen. Also – nochmals zurück.
Der Chauffeur mußte umkehren. –
Edu saß und las den einen Roman Maurachs.
Er las und – staunte. Donner, der Mensch hatte ja Talent – weit mehr Talent als er selbst. Dieser Roman war druckreif. Auch bessere Blätter würden ihn annehmen, ganz sicher.
Da klingelte es. Es war Mäuschen.
„Du – meine Handschuhe. Und in den Handschuhen steckte mein Verlobungsring! Hilf suchen – nur dalli, dalli!“
Sie suchten –: nichts da – keine Spur von Handschuhen.
„Du wirst sie auf der Straße verloren haben, Mäuschen,“ meinte Rönning. „Am besten, du kaufst dir schnell einen anderen Ring. Das ist im Moment getan. Die Gravierung läßt du morgen nachholen. Kein Mensch merkt, daß es nicht der richtige Ring ist –“
Ihr verzweifeltes Gesichtchen hellte sich auf. Sie gab ihm einen Kuß.
„Wird gemacht, du! Wiedersehen – nachts zwölf Uhr! Pavillon!“
Das Auto hatte gewartet. Der Ring, genau dieselbe Form, war schnell gekauft, ebenso Handschuhe.
Thea kehrte kurz vor fünf heim – mit Ring und Handschuhen.
Nur – unter den rauschenden, knisternden Jupons2 war ihr etwas abhandengekommen. –
Maurach schritt vergnügt heimwärts.
Gut, daß er daran gedacht hatte, die Kinder seiner Muse Rönnings kritischen Augen vorzulegen.
Ach – wie gern hätte er den Regierungsassessor überhaupt an den Nagel gehängt. Er paßte nicht für den Büroschemel, für all dies Enge, Althergebrachte, für eine Gedankenarbeit nach Paragraphen.
Er spielte ja immer nur den würdigen Beamten. Am Stammtisch gestern, bei den ‚Dalldorfer Brüdern‛, da war er aufgetaut! – Glückliche Menschen, diese Künstler, beneidenswerte Menschen. –
So grübelte Horst Graf Maurach und spürte noch immer denselben Parfümgeruch um sich, den er vorhin bei Rönning bemerkt.
Genau denselben! –
Dann – hob er seinen über dem linken Arm hängenden Mantel an die Nase.
Wahrhaftig: Also der duftete so stark, – der mußte irgendwo bei Rönning, wohl in dessen Schrank, den Geruch so angezogen haben.
Den Geruch – dieses Parfüm – dieses! Wo – wo nur hatte er es bereits häufiger gespürt?
Plötzlich blieb er stehen. Ein Gedanke wie ein Blitz:
‚Iffländers! Thea!‛
Er ging weiter, lachte auf. –
‚Natürlich ein Zufall‛, dachte er dann. –
Und bald vergaß er den fernen Schimmer eines unmöglichen Argwohns. –
Als er sein Arbeitszimmer betrat, warf er den Mantel über den nächsten Klubsessel.
Auf dem Schreibtisch lag ein Brief.
Hm – Rohrpost! Der Umschlag verriet’s.
Er nahm ihn auf, zuckte zusammen.
Die – die Anschrift! –
Ihm wurde ganz schwindelig; er setzte sich schwerfällig in den nächsten Sessel.
Die Anschrift! –
Kein Zweifel: Es waren Elfchens klare, energische Schriftzüge.
Elfchen! Elfchen – hier in Berlin!
Seit zwei Jahren, seit jenem Abschiedsbrief, hatte er nichts mehr von ihr gehört – nichts! –
Hatte nichts von ihr hören wollen! –
Zögernd schnitt er den Umschlag auf, las dann:
Berlin W, Blücherallee 14
Schon da sank ihm die Hand herab. –
Dort – dort wohnten ja Iffländers! –
Was in aller Welt bedeutete das?!
Abermals las er:
Ein Zufall hat mich in das Haus geführt, wo auch Sie als Verlobter der einzigen Tochter aus- und eingehen. Ich bin bei Iffländers Gesellschaftsdame – seit vorgestern verpflichtet! Hätte ich geahnt, daß Sie es waren, mit dem Thea I. sich verloben sollte, – nie würde ich diese Stellung angenommen haben.
Jetzt sofort kann ich das Haus nicht wieder verlassen. Es würde allzu sehr auffallen. Ich bitte Sie also, daß Sie bei unserer ersten Begegnung dort alles vermeiden, was darauf hindeuten könnte, wir seien alte Bekannte.
Zu Ihrer Verlobung aufrichtigste Glückwünsche. Ssie wissen, daß ich beten wollte, Sie möchten einmal glücklicher werden als ich, – ganz glücklich!
Gertrud Osternitz, geb. Werner
Maurach stierte auf dieses ‚Gertrud Osternitz, geb. Werner‛ wie hypnotisiert.
Also Osternitz! Nun wußte er endlich auch den Namen ihres Mannes.
Gertrud – sein Elfchen! – Zwei – zweieinhalb Jahre tauchten unter in das Dunkel, als wären sie nie gewesen. Jene Wochen tauchten dafür in seiner Erinnerung auf wie Bilder in hellstem Sonnenschein, der jede Einzelheit erkennen läßt.
An der Regierung in Frankfurt an der Oder war er damals beschäftigt gewesen. Und da hatte er bei Justizrat Hartwich dessen – ‚rechte Hand‛, Gertrud Werner, kennengelernt, die – obwohl nur Tippfräulein, im Haus des Anwalts wie eine liebe Verwandte behandelt wurde.
Ein Liebesrausch kam dann, schön wie ein Frühlingstraum, keusch wir ein Feld weißer Lilien – trotz all der Leidenschaft, die in zwei jungen Herzen wühlte.
Aussichtslos war diese Liebe gewesen.
Und ihr Ende war: Gertrud Osternitz. –
Horst Maurach saß und sann; und seine Herz schwoll in Sehnsucht nach der, die er nie vergessen.
Er stand auf, wollte aus dem Mantel die Juchtentasche herausnehmen, in der Elfchens letzter Brief verborgen war.
Da fühlte seine Hand in der einen Außentasche ein rundes hartes Knäuel.
Er zog es hervor: Handschuhe!
Und – wie stark die dufteten – und wieder nach jenem Parfüm.
Er glättete sie einzeln.
Eine kleine Hand: 6 ½.
Ah – da war doch etwas klingend auf den Boden gefallen.
Wirklich: Ein Ring – ein Ehering.
Er hob ihn auf, musterte ihn.
Ganz neu war der Reif.
Und nun – ja, täuscht er sich denn?! –
Hier – hier inneren stand eingraviert:
T. I. 27. 4. 1910
Er faßte sich an die Stirn. Seine Gedanken eilten zu Rönning. Dort ebenfalls das Parfüm; dort hatte dieser Mantel bis vor kurzem gehangen, dort – – hatte er vielfache Beweise angetroffen, daß der Schriftsteller noch Besuche hatte – noch! – Damenbesuch!
Und weiter dachte er in der Folge an die übermodernen Pflänzchen aus Berlin W, die dort wie in einem Treibhaus groß wurden, das, mit Gold geheizt, in seiner von Genußsucht, Langeweile und Übersättigung erfüllten Luft eine ganz besonderer Art von Gewächsen hochsprießen ließ: die jungen Dämchen, die schon mit sechzehn Liebschaften hatten, mit achtzehn ein ‚wahnsinnig schickes Verhältnis‛ und mit zwanzig Herrn Emil Jakobsohn, in Firma Jakobsohn & Söhne, heirateten, zwei Kinder pflichtschuldigst bekamen und dann sich schnell wieder nach einem ‚wahnsinnig schicken‛ Hausfreund umsahen.
Thea Iffländer! Seine Braut jetzt! –
Was wußte er denn von ihr? –
Nichts! –
Oder doch nur das eine: Einziges Kind, der Vater goldsicher bis zu dreißig Millionen etwa. –
Dann – dann wußte er noch einiges von Neutomischel und so, von hygienischen Gummiartikeln und einer Strafuntersuchung wegen Wuchers, bei der aber nichts herausgekommen und Jakob Iffländer ganz ‚intakt‛ geblieben war. –
Horst Maurach steckte Handschuhe und den Ring in die Beinkleidtasche. Er würde die Sache in aller Stille aufklären. Und – falls Thea etwa – ‚diejenige, welche‛ – war, dann würde er Papa Iffländer schreiben, daß er leider von dem geplanten Schritt zurücktreten müsse, da ihre beider Charaktere doch nicht für einander paßten, wie er – leider zu spät – nun eingesehen habe.
So – das war erledigt, zunächst im Geiste. Und nun kam endlich, endlich die Juchtentasche heran und Elfchens Abschiedsbrief.
Er las diese Zeilen; immer – immer aufs neue las er ihn, obwohl er ihn doch – längst Wort für Wort auswendig konnte.
Und dann saß er da und grübelte – grübelte.
Ja: Das verfluchte Geld! Und auch – der Adelsname, dieses ‚Graf Maurach‛ – Graf – Graf!
Das war wie eine Kette, die den Menschen festhielt im Bereich eines engen Kreises, über dem er nicht hinausdurfte.
Ohne den Titel ‚Graf‛ – nur Horst Maurach! – Da wäre er ja nie, nie Regierungsassessor geworden – nie! – er mit seinen Ansichten und seiner Neigung zu Leuten vom Schlage Eduard Rönnings! Zumal die Maurachs doch so bettelarm waren und nur von den Unterstützungen der anderen gräflichen Linie Maurach, der bayerischen lebten. –
Plötzlich sprang er auf. Sein Blick hatte die Uhr auf dem Schreibtisch gestreift. Viertel sechs! Und um fünf hatte er bei Iffländers sein wollen.
Schnell machte er sich zum Ausgehen fertig, eilte die Friedrichstraße entlang den Linden zu. Sein ganzes Denken war noch von der in Anspruch genommen, die er nun nach zwei Jahren wiedersehen sollte: Von seinem blonden Elfchen, jetzt – Frau Gertrud Osternitz.
Gertrud – seine Traude! Und jenes Traumglück damals! Ja – das war wie ein Frühlingsrausch gewesen, köstlich begeisternd – beseligend.
Er eilte durch das Menschengewoge dahin, merkte kaum, daß der Regen in Strömen herabfiel, daß ein Meer von Schirmen ihn umwogte, daß in der großen Passage eine dicht gedrängte Menge Schutz gesucht hatte.
Es würde schwer halten, bei diesem Guß ein Auto zu finden. Und – mit der Untergrundbahn hätte er bis Iffländers heute über eine halbe Stunde gebraucht.
So stand er denn in seinem langen Gummimantel mit hochgeklapptem Kragen an der Bordschwelle ‚Unter den Linden‛ und spähte nach einem leeren Kraftwagen aus.
Da – vom Brandenburger Tor her kam eine Taxe herangerattert. Sie schien frei zu sein.
Er lief ein paar Schritte. –
Zu spät! Eine Dame hatte dem Chauffeur schon zugewinkt.
Kaum zwei Meter war Maurach entfernt. Die Elegante schloß hastig ihren Schirm, wollte einsteigen, rief dem Fahrer nochmals zu:
„Also Blücherallee vierzehn –“
Maurach stutzte.
Die Stimme. Diese Stimme! Und dazu noch – Blücherallee 14!
Mit einem förmlichen Satz war er neben der Dame. Seinen Lippen entrang sich’s wie ein Aufschrei:
„Traude!“
Und Gertrud Osternitz wandte sich jäh um.
„Horst? Horst!“ stammelte sie.
„Ich – ich wollte zu – Iffländers –“
Er wußte kaum, was er sprach.
Da – ein kühles:
„Bitte – ich nehme Sie gern mit –“
Dann saßen sie nebeneinander, jeder in einer Ecke, in den Polstern. –
Schweigen, drückendes Schweigen. Keiner mochte beginnen. Und doch: Beiden war das Herz so übervoll.
Horst Maurach raffte sich auf. Dieses Schweigen war ja eine namenlose Qual! –
Er beugte sich zu ihr hin, ganz dicht, wollte sprechen.
Ein Aufschluchzen traf da sein Ohr, ein wehes Klagen einer armen Menschenseele.
Alles versank um ihn. Die Vergangenheit lebte auf – übermächtig.
„Elfchen – mein Elfchen!“
Wie Jubel klang’s. –
Er riß sie an sich, hob den Schleier, preßte sie an seine Brust, daß sie halb über seinen Knien lag – küßte sie.
„Du – du! Wie habe ich mich nach dir gesehen – täglich! Wie habe ich dir gegrollt, daß du mich freigabst! Wie habe ich häßlich aufgelacht, als dein Abschiedsbrief kam. –
Und – betäuben wollte ich mich dann, habe fast ein Jahr wie ein – Verrückter gelebt – und alles um dich, Elfchen, alles um dich!“
Der Laternenschein drang von außen durch die regenfeuchten Scheiben in kurzen Zwischenräumen herein, glitt über Traudes schmales, feines Gesicht hin, über die zierliche, schmale Nase, die etwas vollen Lippen.
Die Augen hielt sie jetzt geschlossen. Aber ihr rechter Arm hatte seinen Hals umschlungen mit fast schmerzhaftem Druck.
Wieder küßte er sie.
Und dann: „Elfchen, hör’ mich an!“
Ganz anders klang’s. Er richtete sie auf, daß sie nun ganz an seiner Brust lag.
„Hör’ mich an, du Liebes, Einziges. Ich kann Thea Iffländer nicht heiraten. Du – du sollst mein werden, nur du! Ich werde meinen Abschied nehmen, werde irgend etwas anderes ergreifen. Und wenn wir noch so bescheiden anfangen, Elfchen, wenn unser ehelich Nestlein auch noch so klein ist, – wir werden glücklich sein –“
Sie schlug die Augen auf, ganz groß, diese klaren, ernsten Augen, die den Lebenskampf so früh kennen gelernt hatten.
Jetzt waren sie nicht ernst. Eine Seligkeit schimmerte in ihnen, die überirdisch war.
„So – so liebst du mich?“ flüsterte sie.
„Ja – unendlich, Traude, – wie einst, und doch auch anders – als reiferer Mann, der sich und sein Herz nun genugsam geprüft hat –“
„So – so habe ich mir unser Wiedersehen stets ausgemalt,“ flüsterte sie weiter. „So – als etwas unwirklich Schönes. Aber – ich malte mir auch aus, daß es nur kurz sein würde, dieses Wiedersehen. Wir sind beide arm geblieben.
Und du – du hast vielleicht an der Seite einer reifen Frau eine große Zukunft vor dir. Diese Zukunft darf ich nicht zertrümmern, – nein, ich darf’s und ich will’s auch nicht. – –
Das – das kleine, bescheidene Nestlein muß – ein Traum bleiben. –
Schweig’, Lieber, versuch’ mich nicht umzustimmen. Du kennst mich ja. Ich bin stets im ernsten Dingen so zielbewußt gewesen. –
Nein, nein, Horst, – bettele nicht. –
Ich – darf nicht! –
Sieh, ich werde gleich jetzt so reich sein – und ich weiß ja, daß du mich nicht vergessen hast. –
Ich werde morgen das Iffländersche Haus wieder verlassen, ganz still wieder für dich entschwinden – irgendwohin gehen, wo du mich nicht findest. –
Ach, bitte nicht, Lieber! Du änderst nichts. –
Aber, – eins – eins will ich noch durchkosten, ein einziges Mal.
Und daher, Horst, – komm’ heute nacht zwölf Uhr in den Park der Villa in den Pavillon. Es ist keine Gefahr dabei. Die Kommerzienrätin hat mir heute den Schlüssel zur hinteren Parkpforte ausgehändigt. Ich gebe ihm dir nachher –“
Sie reckte sich an ihm empor, suchte seine Lippen. –
Horst Maurach ließ das Auto halten, stieg aus, rief dann sofort vom nächsten Postamt aus Iffländers an und erklärte, er sei leider dienstlich in Anspruch genommen und könne heute nicht kommen. –
Er wollte Thea nicht mehr sehen. Wozu?! Sein Entschluß war gefaßt. Wenn Elfchen sich auch noch so sehr dagegen sträubte: Er würde doch den Abschied nehmen! –
Und – daß Elfchen nicht irgendwohin flüchtete, – dafür würde er schon sorgen.
Ihm war jetzt so leicht, so froh zumute. Thea gegenüber hatte er keinerlei Gewissensbisse. Denn all das, was er heute beobachtet und gefundener – bei Rönning, in dem Mantel, in den Handschuhen – den Ring! – all das ließ ja nur eine Deutung zu! Der Ring war funkelnagelneue und trug auch das Firmenzeichen des Geschäfts, in dem Horst die Verlobungsringe gekauft hatte.
Nein – Gewissensbisse Thea gegenüber?! – Unnötig.
Wie aber sollte er die Stunden bis Mitternacht hinbringen?!
Da fiel ihm der Künstlerstammtisch ein. Dort in der verräucherten, gemütlichen Kneipe an dem runden, blendend weiß gescheuerten Tisch war ja stets jemand zu finden: Freund Becker aß dort regelmäßig auch zu Abend.
Und – Becker war wirklich da. Ganz allein. Hockte auf seinem gewohnten Stuhl und – schrieb an einem Leitartikel für sein Radaublatt.
Als er Maurach erkannte, traute er erst seinen Augen nicht.
„Du – Jott im Himmel! Mensch, Bräutijammer, du jehörst doch in Theaches Palais heute rin, – so frisch nach die Verlobijung. –
Aber – wollen Herr Graf Platz nehmen. – Sehr erfreut!“
Maurach setzte sich neben ihn, bestellter einen Schoppen Mosel.
Becker lehnte sich zurück, sah ihn durchdringend an und grunzte: „Schwindler du! Jemeiner Heuchler! Looft der Mensch mit son schriftstelleres Talent schweijend jeden Tag in die jroße Aktenbude, – schweijend – ohne sich mir anzuvertrauen! –
Du – ich war vorhin bei Rönning. Der gab mir einen Roman zu lesen, ohne den Verfasser zu nennen – Kunststück.
Aber ich kenn’ doch deine Klaue! – Mensch, Jraf, – häng’ die Regierung und den Assessor an ‛n Nagel und jreife zur Feder! Deine Romane und Novellen kauft dir jeder ab – jeder! Ich werd’s für dich besorgen, daß Verkaufen, bist du den Rummel weg hast –“
Horst Maurach saß dann still da.
Vor ihm stieg ein Bild auf: Elfchens Gesicht!
Schriftsteller werden. Geld verdienen. Heiraten!
Und Becker redete weiter.
Und Maurach lächelte.
5. Kapitel
Im Pavil – lon – im Pavil – lon
Edu war heute abend daheim geblieben. Er hatte seinen guten Tag: Arbeitslust – die Gedanken kamen von selbst.
Und das mußte ausgenutzt werden. Er saß am Schreibtisch, und die Feder flog, kratzte leise.
Um elf Uhr machte er Schluß.
Das Wetter hatte sich wieder aufgeklärt. Und Edu hielt es für angebracht, sich für das Rendezvous im Pavillon recht schick anzuziehen: Also den Pelerinenmantel, Zylinder und – Monokel.
Thea liebte Monokel. Warum sollte man ihr nicht die kleine Freude machen.
Und – für alle Fälle – man konnte ja nicht wissen! – hatte Edu auch ein reines Oberhemd, seidene Strümpfe usw. angelegt.
Nun steckte er den Schlüssel zu der Parkpforte ein. Und dann brummelte er gemächlich durch die Straßen, genoß die Nachtluft und – stellte sich wiederholt die Frage, wie diese Liebelei mit der Braut eines anderen wohl enden würde.
Er seufzte recht oft. Ach – wenn Thea doch nur ein wenig mehr Mut hätte! Aber – sie fürchtete den Papa mit den Neutomschel-Rückfällen zu sehr.
Ja – wenn – wenn! Himmel, – er liebte sie doch, sein Mäuschen, – liebte sie jetzt noch weit toller als vordem – seit heute, seit diesem Nachmittag!
Ihr Geld – darauf pfiff er! Er verdiente genug für zwei. Und auf der Sparkasse hatte er doch auch schon einen netten Batzen! Das sagte er aber niemandem! Er schämte sich zuzugeben, daß er so – solide war und sogar sparte.
Maurach kam sich wie ein Einbrecher vor.
So nachts in einen fremden Park eindringen, – das war nicht gerade jedermanns Sache.
Er schloß schnell die kleine Pforte auf, schlüpfte hinein.
Zum Glück wußte er hier ganz gut Bescheid. Mit aller Vorsicht schlich er auf die Villa zu. Der Pavillon stand am Rand einer Tannenanpflanzung. Bis zum Haus zog sich von da ein weiter Rasenplatz hin.
Alle Fenster der Villa dunkel – alle. Ringsum tiefste Stille.
Zehn Stufen führten zu dem Glaspavillon empor. Die Tür kreischte etwas in den Angeln. Maurach kriegte einen Heidenschreck.
Aber als er erst in einem der Korbsessel saß und als nun auch der Mond erschien und so traulich durch die bunten Scheiben hindurchlugte, da hatte er bald die Angst gänzlich überwunden.
Er zog die Uhr. Der Mond beleuchtete das Zifferblatt.
Noch zehn Minuten.
Da – er schnellte hoch.
Schritte auf der Pavillontreppe.
Schritte! –
Etwa schon Elfchen?! –
Nein – die Schritte waren zu hart, zu männlich. Und nun: Die Gestalt eines Mannes – ein Zylinder – Kopf, weißer Kragen – Mantel.
Im Nu war Maurach unter das Korbsofa gekrochen, drückte sich an die Wand.
Der Mann trat ein – nicht allzu leise, setzte sich in denselben Korbsessel, nahm den Zylinder ab, stellte ihn auf dem Tisch, putzte sein Monokel.
Den Kopf konnte Maurach nicht sehen. –
Kaum zwei Minuten, – dann sprang der Mann auf, beugte sich weit vor nach der Tür zu, murmelte: „Verflucht noch eins!“ bückte sich und – kroch unter dem Tisch durch auf den Assessor zu, den Zylinder in der Linken haltend, rammte in der Dunkelheit Maurach mit dem Schädel, flüsterte entgeistert: „Ist hier jemand?“
Und – da hatte der andere die Gewißheit: Rönning war’s! Leise vermutet hatte er es schon.
„Allerdings – Maurach ist hier!“ hauchte er.
Da kreischten schon die Türangeln.
Und mit leisem Ächzen warf sich jemand in den knarrenden Korbsessel.
Stille. Und wieder ging die Tür auf.
Dann eine Stimme. –
Maurach spitzte die Ohren. Das – das war doch der Kommerzienrat – ohne Zweifel!
–„So, nun komm’ mal her, Racker. – Also – wie steht’s mit uns, he?! Ich habe im Gartenhäuschen alles fein hergerichtet. Auch Sekt –“
„Nich – nich doch, Dicker. Du – du wirst gleich so handgreiflich.“
Ein Kichern dann.
‚Aha!‛ dachte Maurach. ‚Das Stubenmädchen. Schau – schau!‛
Gleich darauf entfernte sich das Paar. –
Rönning schwitzte Angst. Fraglos war ja der Graf irgendwie dahinter gekommen, daß er sich hier mit Mäuschen verabredet hatte.
‚Eine nette Situation. Heiliger Bimmstengel – das konnte gut werden.‛ –
Maurach aber – er konnte nicht anders! – Maurach prustete leise los.
„Nettes Wiedersehen, Herr Rönning, nicht wahr?“
Edu fiel ein Schimborasso vom Herzen.
„Allerdings,“ meinte er.
„Seien wir ehrlich zueinander, Herr Rönning,“ fuhr Maurach hastig fort. „Sie warten hier auf Thea – die ich nicht mehr als meine Braut betrachte. Ich aber – ich warte auch auf jemand –“
„Hm – kann mir’s denken, – auf Elfchen! –
Verzeihen Sie, – ich war indiskret, habe den Brief in dem Geheimfach der Juchtentasche gefunden und gelesen –“
„Schadet nichts. Wir wissen dann also gegenseitig Bescheid. – Wer von uns soll nun aber hier das Feld räumen?“
„Ich natürlich, Herr Graf. Ich kam ja später. –
Ich ziehe mich zurück. – Viel Vergnügen also –“
Und Edu kroch rückwärts unter Sofa und Tisch hervor, richtete sich auf, öffnete die Tür und eilte die Stufen hinab, – lief – Mäuschen gerade in die Arme.
Und Mäuschen hatte einen roten Abendmantel an und den neuen Frühjahrshut mit den knallroten zwei Phantasiefedern auf.
„Edu – was – was – rennst du so?“ fragte sie und zog ihn in den Schatten der nächsten Tanne.
„Weil – weil’s da oben im Pavillon – so – so eng war,“ stotterte er.
Und dann drückte er sie erst mal an sich und küßte sie.
„Edu – wie gefalle ich dir?“ lächelte sie nun schelmisch. „Ich – ich bin – reisefertig. Wir – wir werden – durchbrennen – trotz Papa, – trotz Neutomischel! – Das war ja schon immer deine Idee –“
Er war starr, platt, wie versteinert.
Durchbrennen! – Donnerwetter, – sie hatte also doch Mut!
Er riß sie an seine Brust.
„Du – du, – wirklich?“
„Na ob! – Dort im Gartenhäuschen hab’ ich heute abend meine Handtasche mit dem Nötigsten für die Reise versteckt. Komm’, – holen wir sie, und dann – ade Berlin – bis die Eltern nachgeben!“
Sie huschten davon. Das Gartenhaus lag mehr im rückwärtigen Teil des Parks dicht an der hohen Mauer, war zwar möbliert, aber unbewohnt, und hatte zwei Eingänge, vorn und an der rechten Seite.
Mäuschen suchte den Schlüssel zur Seitentür hervor. Dann schloß sie auf.
Aus einem kleinen Vorflur ging’s von hier in eins der beiden großen Zimmer.
Plötzlich hauchte Mäuschen: „Edu – drinnen ist Licht – Sieh – das Schlüsselloch ist hell –“
Edu schlich näher, brachte das Auge an die kleine Öffnung.
Da drinnen hielt – Jakob Iffländer ein heimliches Schäferstündchen ab. Der Diwan stand gerade im Sehfeld des Schlüsselloches. –
„Bitte!“ flüsterte Edu dem Mäuschen zu.
Und Mäuschen schaute, schaute, rief dann ganz leise: „Pfui – Pfui!“ und zog Edu ins Freie.
Hier blieb sie stehen. Ihr Gesicht war drohend.
„Du, Edu, – wir werden nicht ausreißen! Wir haben’s nicht mehr nötig!“ – Sie hängte sich in seinen Arm. „Wir – wir brauchen nicht hier im Park zu bleiben, du!“ fuhr sie fort. „Zu dem Balkon vor meinen Fenstern führt vom Gartenhaus eine Ziertreppe hoch –“
Edu verstand, – alles verstand er.
Wie die Diebe schlichen sie davon, die kleine Schmucktreppe empor, verschwanden in Mäuschens Schlafzimmer.
Edu hatte allen Grund, zufrieden und glücklich zu sein.
Er lernte ein Bettlein mit seidenen Bezügen kennen, und Mäuschen lernte auch manches Neue kennen.
Vater Mond aber schaute durch einen Spalt der Vorhänge ins Zimmerlein, schüttelte sein Silberhaupt und grinste. –
Horst Maurach saß nun wieder in dem Korbstuhl und wartete.
‚Tolle Nacht!‛ dachte er. ‚Nein – diese Thea! Das wär ja eine reizende Frau Gräfin geworden!“
Da – huschendes Tappen die Stufen empor: Elfchen!
Er stand auf, breitete die Arme aus. Und Traude flog an seine Brust.
„Du – du!“
Mehr brachte sie nicht über die Lippen.
Er hielt sie umschlungen. Er fühlte ihren Körper durch den dünnen Morgenrock hindurch; jede Linie fühlte er.
Sie verbarg den Kopf mit dem gelösten, prächtigen Blondhaar halb unter seinem Arm, flüsterte:
„Lieber, – ich – ich habe mein Zimmer neben dem Theas. Ein Balkon läuft dort entlang. Eine Treppe führt vom Park empor. Ich – will – dir heute schenken, was – was – ich besitze – noch besitze – selbst als Frau – als verheiratete Frau: Meine Reinheit! –
Ich will dein sein, Lieber, ganz dein, – diese eine Nacht –“
Er setzte sich, zog sie auch den Schoß, streichelte ihr Haar, ihre Wangen.
„Ja, Elfchen, – mein sollst du sein, – aber als mein Weib. – Elfchen, – ganz still! Hör’ zu –“
Und er erzählte von den Romanen und Novellen, von Rönning, von den Handschuhen und dem Ring, von Freund Becker und der Schriftstellerzukunft.
Ihre Tränen tropften – Tränen des Glücks.
Aber – sie siegte doch, das süße Elfchen. Sie siegte, als sie schämig flüsterte:
„Als dein Weib. – Oh Lieber – wer sagt uns, ob wir morgen noch leben?! Hier – hier ist’s so kühl. Mich friert. Ich werde mich erkälten –“
Sie war jetzt Eva – die Eva im Paradies mit dem Apfel der Versuchung.
Und wieder huschten zwei über den Balkon – nur eine Tür weiter.
Und Vater Mond machte große Augen, grinste abermals, dachte:
‚Ja – ja, – Berlin W.! Da kann man was erleben! –
Glückliche Jugend! Ich – ich bin nun schon ein so alter Kerl und renne noch immer umsonst dem Fräulein Sonne nach – seit ungezählten Jahren umsonst!‛ –
Am Morgen wollte Herr Jakob Iffländer gerade nach dem Geschäft, als ein Dienstmann einen Brief brachte – von Horst Maurach.
Maurach schrieb:
‚Zu meinem Bedauern muß ich leider auf die Ehre, Ihr Schwiegersohn zu werden, verzichten. Ich weiß, daß Thea jemand anders von ganzem Herzen liebt, – einen prächtigen Menschen! Da unsere Verlobung erst nach dem Eintreffen meiner Eltern hier öffentlich werden sollte, so dürfte aus dem Aufheben dieses Heiratsprojekts für Thea – und so weiter.‛
Kaum hatte der Kommerzienrat diese Zeilen überflogen, als Thea eintrat. Sie sah etwas übernächtigt aus.
„Papa,“ begann sie sofort, „ich werde Maurach nicht heiraten. Ich liebe den Edu – den Schriftsteller Eduard Rönning. Und – ich bitte dich dringend, zu dieser neuen Verlobung Ja und Amen zu sagen –“
Iffländer erwiderte nur: „Du bist meschugge! – Einen Schriftsteller!“
Thea lächelte. „Meschugge – das dann noch aus Neutomischel, Papa! – Nicht aus Neutomischel stammt aber deine Vorliebe für das Gartenhäuschen und für – Stubenmädchen –“
Iffländer verfärbte sich.
Die Blicke von Vater und Tochter ruhten fest ineinander. Dann sagte der Kommerzienrat:
„Es ist gut! – Wie – wie heißt der Mensch?“
„Eduard Rönning. – Er ist ein Bekannter Maurachs.“
„Auch das noch! – Na – meinetwegen!“ –
Drei Tage drauf große Verlobungsfeier bei Iffländers: Doppelverlobung!
Berlin W. wunderte sich zu Tode: Thea Iffländer und – Rönning – Rönning?! Wer war denn das, dieser Rönning?
Und wieder sechs Wochen später: Doppelhochzeit.
Dann – viele Monate Festpause, bis – an demselben Tag bei Maurachs und Rönnings je ein strammer Bube einpassierte.
Da hatte Berlin W. wieder was zu tuscheln.
Die Kinder waren ein bißchen früh gekommen.
Doch – das ging schließlich niemand etwas an.
Sechs Wochen, – nur sechs Wochen außerdem!
In Berlin W. war man an andere Dinge gewöhnt.
Ende.
Anmerkung:
1 Verfasserangabe auf der Umschlagseite: Hector Sylvester. Verfasserangabe auf dem Innentitel: M. Lemcke.
Fußnoten:
1 veraltet: Behang
2 franz.: Unterrock