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Maskentaumel

 

Maskentaumel

Sittenroman
von

Helene Fromm

 

 

Verlag moderner Lektüre
— — — — — G.m.b.H. — — — — —
Berlin SO16, Michaelkirchstraße 23a

 

 

Nachdruck verboten. Alle Rechte einschließlich Verfilmungsrecht vorbehalten. Copyright by Verlag moderner Lektüre
G. m. b. H., Berlin 26. — 1923.

 

 

Druck: Buchdruckerei P. Lehmann G m. b. H., Berlin

 

 

Erstes Kapitel.

 

Verlobung.

Vater Gottlieb Pinz war ein Philosoph. Und ein arger Zweifler. An sich selbst und an vielen anderen.

Wenn er in seiner Portierloge saß und Filzschuhe nähte und durch das kleine Fenster die Ein- und Ausgehenden musterte, führte er stets leise Selbstgespräche.

Das haben die Schuhmacher oft an sich. Schon der berühmte Hans Sachs, der poetische Kollege Gottlieb Pinzens, sprach gern und viel mit seinem Bruder Innerlich. Leider war aber Gottlieb nicht die Spur poetisch. Im Gegenteil. Er kannte das Leben und die Menschen ziemlich genau. Ziemlich. Nicht ganz genau. Und das war sein Glück.

Wenn die schicke Frau Doktor Melzer aus der ersten Etage nachmittags gegen fünf ausging und ihm vertraulich zunickte oder ihm, was häufiger geschah, ein paar gute Zigarren hineinreichte und dazu mit ihrem süßen Stimmchen zwitscherte: „Wie stehts, Pinzchen?“ und wenn er sie dann so ernst durch die Brillengläser angesehen und geantwortet hatte: „So la la, Frau Doktor,“ – wenn das Knistern und Rauschen ihres seidenen, nicht sichtbaren Bekleidungsteiles vertönt und nur noch der zarte Duft ihres Parfüms in der Luft verblieben war, dann stach Vater Pinz wütend mit der Ahle durch die Ledersohle und murmelte:

„Auch so eine! Keine Kinder,n alten Mann und n jungen Liebhaber! Zu dem rennt sie nun hin! Vafluchte Welt!“

Und wenn der Doktor Kelch aus der zweiten Etage vorbeikam, brummte Gottlieb Pinz ähnliches –:

’ne alte reiche Frau, natürlich keine Kinder, aber n Verhältnis –! Feine Jesellschaft!

Ja – so kannte Gottlieb das ganze Haus, von oben bis unten, vorn und hinten.

Er hatte eben trotz der Brille gute Augen, und die besten Augen hatte er im Verstandskasten sitzen; die sagten ihm noch mehr als die anderen, vor denen die nickelgefaßten Gläser saßen –

Draußen war Schneetreiben; Januarwetter.

Gottlieb Pinz kam aus dem Heizkeller. Denn das große Haus in der Anhalter Straße, Berlin W., hatte Zentralheizung und Warmwasserversorgung.

Pinz schlurfte über den Hof und fegte den Schnee etwas beiseite.

„Jut, jut, – nur feste! brummelte er und schaute nach oben, von wo die weißen Flocken getanzt kamen. „Nur feste! Dann verdienen die Leute wenigstens was durch Schneeschippen –

Dann ging er in die Portierloge zurück, die mit seiner Zweizimmerwohnung in Verbindung stand.

In seinem grauen, struppigen Bart hafteten viele Schneeflocken. Seine Brillengläser beschlugen hier in der Wärme. Er nahm die Brille ab und putzte sie mit dem bunten Schnupftuch.

Sehen konnte er nichts. So sprach er denn in die verschwommene Dämmerung auf gut Glück hinein:

„Klara, ist das Essen fertig?“

Keine Antwort –

„Weiß der Deibel, wo sie wieder steckt,“ knurrte er, seufzte, setzte die Brille auf und ging nach rechts in die kleine Küche. Dort dampften die Kartoffeln auf dem Herde, Er hob den Deckel ab –

„Sind schon längst gar – Alle jeplaßt – Vafluchte Wirtschaft!“

Er goß die Kartoffeln ab und ließ sie abdampfen.

„Hm – wo sie nur steckt –? murmelte er wieder. „Schon drei Tage is sie mittags immer verschwunden –“

Er guckte in den anderen Topf hinein, wo die Kohlsuppe und ein mächtiges Stück Fleisch darin brozelten –

„Die Mädels müssen gleich kommen – Ich werd man den Tisch decken –“

Plötzlich schrillte die Glocke der Haustür. Gottlieb zog am Griff, und vor dem Fenster der Loge tauchte ein Herr im Zylinder auf –

Leute im Zylinder durften vorüber, Pinz drehte sich um und wollte wieder in die Wohnstube gehen.

Da – es klopfte –

„Na nu – will der zu mir?“ murrte Gottlieb. „Wenn er was zu fragen hat, hätt ers doch durchs Fenster erledigen können –!“

Er rief „Herein!“

Der Herr drückte die Tür hinter sich ins Schloß, verbeugte sich, wobei er den schneefeuchten Zylinder etwas vom Leibe abhielt, und sagte:

„Mein Name ist Hahn – Fritz Hahn –“

„Anjenehm – Pinz, Gottlieb Pinz, Portier. – Brauchen Sie Filzschuhe?“

Über das schmale Lebemannsgesicht des Besuchers flog ein Lächeln.

„Vielleicht später – Zunächst brauche ich Ihre Einwilligung, Herr Pinz. Ich denke aber, wir setzen uns.“

Er ließ sich ausgerechnet auf den Schusterschemel nieder.

Pinz blieb stehen. Er machte ein Gesicht, das alles andere als freundlich war.

„Was wollen Sie nu eijentlich, Herr Hahn?!“ meinte er gereizt. „Der Schemel da is mein Arbeitsplatz. Bitte, – da is n Stuhl –“

Hahn wechselte die Sitzgelegenheit.

„Herr Pinz,“ begann er dann, „ich brauche Ihre Einwilligung zur Verlobung mit Ihrer ältesten Tochter Minni.“

Gottlieb legte den Kopf schief auf die Seite, wie eine Eule, die besser sehen will, riß den Mund auf, daß die sämtlichen braunen Zahnstummel sichtbar wurden, und orgelte dumpf:

„Is das Ihr Ernst, Herr Hahn?“

„Vollkommen. – Sie gestatten folgende Angaben über mich, Herr Pinz. Ich stehe ganz allein da, habe mal kurze Zeit Astronomie studiert –“

„Was –? Das kenn ich jar nich –“

„Himmelskunde, Herr Pinz. – Dann kam der Krieg. Ich geriet in englische Gefangenschaft, kehrte Januar 1919 nach Deutschland zurück und versuchte mich in allen möglichen Berufsarten. Frühjahr 1920 wurde ich Teilhaber der Wotauzent, Wohnungstauschzentrale, und vor acht Wochen lernte ich Ihre Tochter Minni kennen –“

„So – so –! Schon acht Wochen –! Nun ist mir so verschiedenes n bißken klarer als bisher – Na – und weiter –?

„Ich bin jetzt dreißig Jahre alt, habe ein Einkommen von etwa fünfunddreißigtausend Mark, bin unbestraft, liebe Minni und möchte sie baldigst heiraten.“

„Baldigst?! Sie, Herr Hahn, – baldigst –?!“ Er schlug sich mit der Faust auf das Knie. „Vafluchte Welt! Also – baldigst! Herr – das is ne Jemeinheit! Aber –“

Er starrte plötzlich vor sich hin und kraute mit der Linken den struppigen, grauen Vollbart.

Fritz Hahn hatte den Gehpelz aufgeknöpft und sagte wieder mit einem etwas überlegenen Lächeln:

„Was Sie denken, Herr Pinz, ist nicht der Fall! Wir, Minni und ich, könnten getrost noch Monate mit der Hochzeit warten. Wir müssen nicht heiraten, wir wollen es nur!“

Gottlieb Pinz nickte zerstreut.

„Minni und dieser – dieser feine Maxe –!“ dachte er. „Sogar Himmelskunde studiert hat er –! – Das war doch ein Unsinn –! Das konnte nichts Gutes werden –! Das paßte nicht zusammen –!“

Fritz Hahn beobachtete den alten Mann, sagte nun unvermittelt:

„Ich lese Ihnen die Gedanken von der Stirn ab, Herr Pinz. Minni wird meine Frau – auf jeden Fall! Ich habe sie lieb, und ich weiß stets, was ich tue. Ich stamme selbst aus bescheidenen Verhältnissen. Mein Großvater war Tischler, mein Vater Gerichtsvollzieher. Sie brauchen Minni mit nichts auszusteuern – mit nichts! Ich habe eine Wohnung, eigene Möbel, alles – Und ich werde mich hier in dem Heim meiner Schwiegereltern genau so wohlfühlen, wie bei mir zu Hause. Ich bin ein moderner Mensch, Herr Pinz. Ob Sie Portier oder Regierungsrat sind, ist mir völlig gleichgültig. Sie sind für mich eben der Vater Minnis!“

Pinz war leicht zusammengezuckt. Ein scheuer Blick streifte des Bewerbers Gesicht –

„Der Vater –!“ murmelte er. „Der Vater?! Bin ichs wirklich –!“ – Er seufzte und spielte mit der spitzen Schusterahle –

Hahn hatte jedes Wort verstanden.

Aber er kam jetzt nicht dazu, über den seltsamen Inhalt dieses Selbstgespräches nachzugrübeln.

Von der Küche her, die noch einen Eingang vom Keller aus hatte, war Frau Klara Pinz eingetreten.

Hahn stand auf.

Auch Pinz erhob sich.

Frau Klara fühlte den bewundernden Blick des feinen Herrn und lächelte so, wie nur sie lächeln konnte –

Was lag nicht alles in diesem Lächeln und in dem Ausdruck dieser großen, dunklen, stets so seltsam verschwommenen Augen –!

Fritz Hahn war starr –

Gewiß, Minni hatte ihm von ihrer noch so jungen Mutter mancherlei erzählt. – Und sie hatte es dann stets mit einer gewissen, schlecht verhehlten Feindseligkeit getan, – so, wie Töchter gern über Mütter sprechen, die noch zu jugendlich wirken und gefallsüchtig sind –

Er verbeugte sich.

Gottlieb Pinz stieß rauh hervor: „Da meine Frau –! – Klara,“ fügte er kurz hinzu, „Herr Hahn will unsere Minni heiraten –“

Klara besann sich auf ihre Mutterwürde. Das Lächeln verschwand. Die Augen blickten ganz anders –

Fritz Hahn war mit einem Male sehr unbehaglich zu Mute. Irgend eine Erinnerung wollte sich da in seinem Gedächtnis vordrängen – Aber sie kam nicht ganz zum Vorschein. Hahn hatte nur das Empfinden, Frau Klara einmal irgendwo gesehen zu haben, wo entweder sie oder er nicht ganz hingehörten oder wo etwas geschehen, das ihm jetzt unangenehm sein müßte, weil sie nun doch seine Schwiegermutter wurde –

Frau Klara streckte ihm die Hand hin – mit einer sehr sicheren Bewegung – ohne jede Verlegenheit.

„Minni hat mir schon gestern erzählt,“ sagte sie dann, „daß Sie beide sich verlobt haben und daß Sie in den nächsten Tagen zu uns kommen würden –“

„So!“ fuhr Gottlieb Pinz da auf. „So?! Und – und davon hat mir keener wat mitgeteilt?! Natürlich nich –! Ich spiele hier so das Anhängsel, das notwendige Übel –!“

„Du hast für Deine Kinder nie viel Interesse gezeigt,“ meinte Frau Klara sehr ruhig. Sie hatte eine Art an sich, die sie weit über ihre Stellung als Portierfrau hinaushob.

„Bitte, Herr Hahn, – kommen Sie doch ins Wohnzimmer –“ wandte sie sich ebenso sicher wieder an Minnis Verlobten. „Von mir aus haben Sie meinen Segen. Das möchte ich gleich betonen –“

Sie nahmen an dem viereckigen Tische Platz. Gottlieb Pinz lehnte sich an den Schrank.

„Und Sie, Herr Pinz?“ fragte Hahn nun. „Ich denke, wir bringen die Sache schnell ins Reine, bevor Minni hier erscheint. Sie können doch gegen meine Person kaum etwas einzuwenden haben. Und – offen gestanden –“ – er lächelte liebenswürdig – „mir wird allmählich etwas warm in meinem Pelz –“

Gottlieb sprang schon zu.

„Ausziehen – ausziehen, – gestatten Sie, Herr Hahn, ich helfe Ihnen, – oder besser, nicht Herr Hahn – Herr Schwiegersohn –!“

Der Pelz flog auf den nächsten Stuhl, und die beiden Männer drückten sich die Hände –

Dann trat auch Frau Klara hinzu.

„Sie erlauben doch, daß ich Sie Fritz nenne,“ meinte sie herzlich.

Fritz Hahn fühlte sich mit einem Male wieder frei und leicht.

„Ich gestatte mir sogar, Ihnen einen Kuß zu geben, Schwiegermama,“ lachte er in glücklichem Übermut. Und sein Gesicht hatte plötzlich alles Müde, leicht Blasierte verloren.

Er legte Frau Klara den Arm um die Schultern –

Und dann standen sie umschlungen da – nur einen Moment –

Nur einen Moment drückten auch ihre weichen, vollen Lippen sengend heiß auf den seinen, spürte er den Druck ihrer üppigen Büste –

Gottlieb Pinz schaute hin, schaute weg, ballte die Fäuste –

„Wie immer – Kanaille!“ murmelte er.

Fritz Hahn ließ Frau Klara los –

Ihm war seltsam schwül geworden – Eine Erkenntnis zuckte in ihm auf: „Diese Frau ist gefährlich –“

Und nur um seine Verlegenheit zu bemänteln, rief er erzwungen lustig:

„Dann auch gleich auf Du und Du, liebe Schwiegereltern –

Von der Tür her der Ruf:

„Fritz – Fritz – mein Fritz!“

Und Minni, die blonde, schlanke, fesche Minni flog ihm um den Hals –

Hinter dem Paare stand die achtzehnjährige Lotte, ganz das Ebenbild der Mutter, und verzog den Mund zu einem geringschätzigen Lächeln –

Und dachte: „Wie dumm! Ein Mann mit so geringem Einkommen!“

Als sie aber dem Brautpaare nun Glück wünschte, war sie eitel Herzlichkeit und liebevolle Mitfreude –

Fritz Hahn aß die Kohlsuppe mit. Minni war selig. Gottlieb Pinz taute auf, holte die Flasche mit dem selbstgebrauten Wacholderschnaps und meinte:

„Schampus hab ich nich! Aber Alkohol is Alkohol so oder so! Die Hauptsache bleibt: Das Brautpaar soll leben – prosit!“ –

Um halb drei mußten die Schwestern wieder ins „Geschäft“. Minni war Tippfräulein und Stenographin im Statistischen Amt, Lotte Kassiererin in einem großen Konfitürenladen.

Fritz Hahn begleitete Minni bis zur ihrer Arbeitsstätte. Arm in Arm schritten sie dahin und schmiedeten Zukunftspläne. In sechs Wochen wollten sie heiraten. Und wollten sehr – sehr glücklich miteinander sein –

Fritz winkte Minni noch nach –

Sie war stolz auf ihn und er so stolz auf sie –

Niemand hätte Minni angesehen, daß sie in einer so bescheidenen Poritierwohnung hauste – niemand –!

Und – sie hatte ein goldiges, offenes Gemüt. An ihr war kein Falsch –

Fritz Hahn kannte die Frauen – vielleicht zu gut kannte er sie! Er hatte ein Etwas an sich, das die Weiber anzog wie das Licht die Motten –

Aber jetzt wurde Schluß gemacht mit all dem zwecklosen Getändel –

Genau so, wie er vor acht Tagen schon mit Marga Schluß gemacht hatte –

Das alles lag hinter ihm. Seine Zukunft hieß Minni; seine Zukunft sollte rein wie dieses blonde Mädel bleiben – rein von Abenteuern und – Seitensprüngen –

* * * * * *

 

 

Zweites Kapitel.

Frau Marga.

Die Wotauzent hatte ihre Bureauräume in der Französischen Straße, dicht an der Friedrichstraße.

Als Fritz Hahn das Privatkontor gegen dreiviertel vier nachmittags betrat, saß sein Kompagnon Felix von Krecht auf dem mit Kunstleder bezogenen früheren Plüschsofa, hatte das Monokel wie immer im rechten Auge und im linken Mundwinkel die Zigarette.

„Tag, Felix –,“ meinte Fritz Hahn und hängte den Pelz an den Haken, „Nischt zu tun? Keine Posteingänge?“

Doch –

Hahn stellte sich dann dicht vor Krecht hin.

„Du – ich habe mich nun heute mit Minni in aller Form verlobt –

„Schade –! näselte Krecht, dessen Gesicht so die Mitte zwischen Komiker und Jockey hielt.

„Was soll das?“ fragte Hahn gereizt.

„Wir gehen pleite, Fritz –“

Hahn zuckte zusammen.

„Weshalb?! Pleite?!“

„Die Wohnungsämter richten jetzt ihrerseits eine Wohnungstauschzentrale ein und geben eine Wohnungstauschzeitung heraus. Da können wir nicht mehr mithalten, Fritz, die graben uns das Wasser ab. Ich rieche schon den Zusammenbruch der Wotauzent voraus. Deshalb sagte ich „Schade!“, anstatt Dir nochmals zu gratulieren. Wo willst Du bei den jetzigen Verhältnissen eine Anstellung finden, um eine Frau ernähren zu können – vielleicht auch Kinder, denn mit diesem Unheil muß man doch in der Ehe rechnen!“

Fritz Hahn hatte sich in seinen Schreibsessel fallen lassen. Er zweifelte nicht im geringsten an Krechts Worten. Mit solchen Dingen trieb der Rittmeister a. D. nicht Scherz –

Hahn stierte vor sich hin. Und nach einer Weile fragte er:

„Felix, Du meinst also wirklich, daß unsere Firma sich nicht mehr halten kann gegenüber dieser amtlichen Konkurrenz?“

„Ausgeschlossen! Im Mai spätestens können wir einpacken, uns einen Leierkasten kaufen, dazu ein Holzbein und betteln, – falls wir eben nicht die Wotauzent, die jetzt noch uns beide und sechs Angestellte gut ernährt, so günstig verkaufen, daß wir was anderes anfangen können.“

Hahn sprang auf,

„Felix, das wäre Betrug! Als anständige Kerle müssen wir doch jedem Käufer mitteilen, wie die Sache steht –“

„Idiot!“ näselte Krecht nur.

Hahn zündete sich nervös eine Zigarette an.

„Idiot!“ wiederholte Krecht. „Ich denke, Du bist jetzt Kaufmann, mein Lieber! Und Kaufleute dürfen kein zartes Gewissen haben. Die Sache von der amtlichen Wohnungstauschzentrale habe ich ganz zufällig erfahren. Wer unsere Wotauzent kauft, mag sich erkundigen, ob er ein großes Risiko übernimmt. Ich bin für verkaufen – Und Du, mein Sohn, wärest ein Narr, wenn Du die Möglichkeit vorübergehen ließest, etwa hunderttausend Mark einzusäckeln – Wir kriegen für unser Geschäft bequem zweihunderttausend Mark. – ganz bequem –“

„Und betrügen andere um diese Summe –“

„Du hättest fünfzig Jahre früher geboren werden sollen, Fritz. In die heutige Zeit paßt Du – zum Geldverdienen – nicht hinein. Wenn Du das betrügen nennst, dann müßte jeder zwanzigste Mensch in Deutschland wegen Gaunerei eingesperrt werden – glaub mir das! Und gerade Du in Deiner jetzigen Lage als Bräutigam solltest doch zu allererst an Dich selbst denken.“

Hahn lehnte am Schreibtisch.

„Meinetwegen – verkaufen wir!“

„Na also –! Ich habe auch schon einen Käufer an der Hand – besser eine Käuferin, – eine Witwe, die – hm ja – zu Dir sozusagen in verwandtschaftlichen Beziehungen illegitimer Art steht –“

Hahn beugte sich vor –

„Witwe – ich wüßte nicht –?“

„Na, Jungchen, – sie selbst nicht, aber ihre Schwester, – Sie stand vielmehr zu Dir in – und so weiter. Du hast Marga Melzer ja den Laufpaß gegeben –“

Hahn trat schnell zwei Schritte vor –

„Woher weißt Du das alles, Felix Und – woher weißt Du noch mehr als ich?! Also Marga Melzer – Melzer! Vier Monate kenne ich sie oder kannte ich sie, und habe doch nie ihren vollen Namen und ihre Wohnung in Erfahrung bringen können –“

„Dja, Jungchen, – woher ichs weiß?! – Weil sie mal aus Deiner Wohnung schlüpfte, als ich zu Dir wollte. Ja bin ich ihr gefolgt. Sie wohnt dort, wo Du heute mittag warst: im Hause Minnis!“

Fritz Hahn wurde erst dunkelrot, dann blaß.

„So ein Pech!“ murmelte er.

„Stimmt – das ist Pech! Zumal ich die Marga seit vierzehn Tagen persönlich kenne und leidlich mit Recht behaupten kann: sie wird Dir nie verzeihen – nie! Ganz besonders dann nicht, wenn sie erst weiß, daß eine Minni Pinz sie verdrängt hat.“

Fritz Hahn begann im Zimmer auf und ab zu laufen.

Und blieb schließlich vor Krecht stehen.

„Du – und die Witwe, Margas Schwester?“

„War an einen Major verheiratet, ist neunundzwanzig Jahre alt, kinderlos, hat zweihundertfünfzigtausend Mark Vermögen und möchte es vermehren –“

„Durch die Wotauzent?!“ lachte Hahn bitter auf.

„Natürlich. Denn sie wird sie nur kurze Zeit behalten und wieder weiter veräußern –“

„Ach so! Nun beginne ich zu begreifen, Felix!“

„Ach nee, Jungchen, Du begreifst noch gar nichts! – Ich habe nämlich für uns beide ebenfalls schon was in Aussicht –“

Fritz Hahn setzte sich auf die Seitenlehne des Sofas und meinte:

„Felix, Du bist ein Genie –!“

Krecht schüttelte den Kopf. „Ich bin Kaufmann geworden – aus Not! Spaß hats mir wahrhaftig nicht gemacht. Aber, was ich bin, bin ich ganz – oder gar nicht!“

Und die neue Sache?

„Ein Orient-Basar –

„Wa–a–as?!“

„Orient-Basar, – Teppiche, Waffen, Schmuck, Dekorationssachen – alles exotisch –

„Aber ich bitte Dich – woher all das nehmen?! Dazu gehört doch ein Warenlager. Oder willst Du ein solches Geschäft kaufen?

„Nee – das würde ne Million kosten. Die haben wir nicht – Zerbrich Dir aber nicht Dein edles Haupt, Jungchen. Wird schon alles werden, wenn nur erst die Majorin die Wotauzent erschachert und verschachert hat –“

Fritz Hahn atmete jetzt ordentlich wie befreit auf. Die größte Sorge war ja nun von ihm genommen, nämlich die um eine auskömmliche Stellung. Und Marga Melzer – bah! Die war abgetan! Was konnte sie ihm oder Minni anhaben?! –

Dann fragte er den Rittmeister:

„Weshalb spielst Du eigentlich da in Deiner Sofaecke den Rentier?! Hier liegt ja ein ganzer Berg Briefe!“

„Rentier?! Hast Du ne Ahnung! Ich prüfe meine Gefühle und baue unsere Zukunft auf. Das will überlegt sein.“

„Gefühle prüfen?! – Felix, das ist der beste Witz, den Du je gemacht hast! Es kann sich doch nur um zarte Gefühle handeln –“

„Bitte – ich kann auch ein Abführmittel eingenommen haben und nun auf den Erfolg warten. Dann prüft man seine Darmgefühle. Aber – um wieder ernst zu werden: ich will gleichfalls Heiraten!“

Fritz Hahn setzte sich in seinen Schreibsessel, schnitt den ersten Brief auf und meinte:

„Lieber Krecht, anöden lasse ich mich nicht –!“

Der Rittmeister nahm eine frische Zigarette aus dem Silberetui.

„Es handelt sich um die Majorswitwe, Jungchen,“ sagte er kühl. „Um Margas Schwester. Ich habe die größten Chancen bei ihr. Diese Art von Mensch, wie ich sie darstelle, ist ihr fremd. Ihr Seliger war Infantriste – in einem Lausenest in Ostpreußen, fiel 1917. Der Kerl soff wie ein Bürschtenbinder und war wohl neben dem Alkoholdunst, den er um sich verbreitete, ziemlich minderbegabt. Hella findet meine koddrige Schnauze entzückend – ganz offenbar! Ich imponiere ihr – fraglos! Kein Wunder – Felix von Krecht! Rittmeister a. D. von Eberts Gnaden – also janz modern.“

„Und Du willst sie heiraten?“

„Ich muß – im Interesse der zukünftigen Firma Krecht & Komp., die ohne Asta nicht zustande kommt. Zwei Stunden hocke ich nun schon hier und prüfe mich, frage mich: Felix von Krecht, letzter Sproß der glorreichen Familie von und zu Krecht, die 1821 noch drei Rittergüter mit insgesamt fünfundvierzigtausend Morgen Land besaß und die nun, hundert Jahre später, nicht mehr ein Fleckchen davon ihr eigen nennt, groß genug, ein Waterklosett darauf zu errichten, – ich frage mich: kannst Du, der Du stets nur für Pferde Interesse gehabt und die Weiber nur nach der fünften Flasche Sekt leidlich annehmbar gefunden hast, eine Frau von Hellas Qualitäten in der Ehe so zureiten, daß sie wie ein Gaul dankbar aus der Hand frißt, – eben glücklich wird? – Sieh mal, Jungchen, Du kennst mich. Ich bin alles in allem ein Rüpel mit etwas Kulturlack –

„Na – na!“ – Fritz Hahn hatte sich längst umgedreht und hörte andächtig zu.

„– mit etwas Kulturlack. Aber – was ich tue, tue ich ganz oder gar nicht. Auch das weißt Du. Und da soll ich mich in dieses dunkle Experiment einer Ehe hineinwagen, ich, der jedem Gaul das Alter an den Pferdeäppeln ansieht und der doch nicht imstande sein würde, so ein feineres Fabrikat von Weib, Dame genannt, leidlich richtig zu behandeln –! – Bei Gott, Fritz, – es ist so! Grinse nicht derart frivol. Die Sache ist zu ernst. Bräutigam spielen, – das ginge ja noch an. Aber Ehemann! Jungchen – so den Ehemann mit allen verliebten Schikanen! Wie macht man das?! Bei einer Dame wohlverstanden! – Wenn Du bedenkst, daß ich seit – seit –“ – er rechnete nach – „seit vier Jahren kein Weib angerührt habe, – die letzte war eine kleine Griechin in Adrianopel, und das arme Ding hat sich aus Liebesschmerz nachher ertränkt, als wir mit unserer Schwadron weiterzogen –“

Er nahm sein Monokel aus dem Auge und putzte es umständlich, fuhr dann fort –:

„Es war ein liebes Tierchen. Sie stank nur immer so verdammt nach Zwiebeln. Und wenn sie dann mein Mundwasser benutzte und dessen Pfefferminzgeruch sich mit dem Knoblauchduft mischte, wars einfach gräßlich. Trotzdem war sie die einzige von den wenigen Weibern, die ich bei meinen dreiunddreißig Jahren kennen gelernt habe, und der ich noch jetzt wehmütige Gedanken weihe. – Na ja – und nun soll ich, Jungchen, diese Hella ehelichen– die bei aller Zurückhaltung und Klugheit, denn dämlich ist sie nicht, doch jenes Lächeln an sich hat, das wie ein Aushängeschild mit der Inschrift wirkt: „Ich brauch einen Mann, einen lieben Mann –!“ – Übrigens lächelt sie nur für mich so – und ich soll den Liebesnachfolger des Majors Burg spielen, der sein Weib an allen Ecken und Enden betrog, soff und doch als vorderster beim Sturmangriff fiel, – ach, Jungchen, das ist ein ganz belämmertes Dilemma!

Fritz Hahn lachte.

„Du unterschätzt Dich – Ein Kerl wie Du wird auch im Ehesattel nicht bügellos werden –“

„Vielleicht – Schließlich muß ich ja mit alledem auch allein fertig werden. Ein anderer kann da schwer raten –“

Er sah nach der Uhr. „Viertel sechs. Um sechs muß ich weg. Die Hella und die Marga nebst Anhängsel-Mann haben mich heute für den Maskenball im Zoo gepreßt. Son Blödsinn! Maskenball! Kennt ja doch jeder seine Bekannten raus. Na – mich werden sie nicht rausfinden, dafür habe ich gesorgt!“

Er setzte sich an seinen Schreibtisch, nachdem er Fritz Hahn die Hälfte der Briefe abgenommen hatte.

Nach zehn Minuten schrillte das Telephon auf Hahns Tischplatte.

„Hallo – hier Wotauzent –“

Und Minnis süßes Stimmchen:

„Quatsch – Wotauzent –! Du bist mein Fritz!Hör mal, Schatzi, Du mußt mir einen Gefallen tun – Ahnst Du, wo ich bin?“

„Natürlich – am Telephon!“

„Pfui – Frechdachs! – Ich bin im Maskenverleihgeschäft von Kabbiner und Co. –“

Hahn zuckte zusammen. – Einen Gefallen tun – und Maskenverleihgeschäft! Womöglich wollte sie ebenfalls auf den Wohltätigkeits-Maskenball in den Zoo gehen –!

„Ah – bist Du gar nicht neugierig, Schatzi, was ich hier bei Kabbiner treibe?“ meldete Minni sich wieder –

„Nicht die Spur – Ich bin nie neugierig –“

„Du, meine Kollegin Hilda Wörtern hat mir zwei Freikarten überlassen für den heute abend in den Sälen des Zoologischen Garten-Restaurants stattfindenden –“

„Ausgeschlossen!“ rief Fritz dazwischen. „Liebling, wo soll ich so schnell ein Kostüm –“

„– hier bei Kabbiner, Schatzi – Denk doch, die Eintrittskarten kosten sonst zweihundert Mark pro Stück, und die ganze Künstlerwelt wird dort vertreten sein. Hella Moja tritt als Kabarettstern auf, und –“

Es folgte die Aufzählung von einem Dutzend Berühmtheiten –

„– und Harry Piel wird auf einem Motorrad an der Saaldecke entlangfahren,“ kam zum Schluß. „So etwas, Schatzi, bekommen wir nicht wieder zu sehen, und wenn Du mir den kleinen Gefallen nicht tust, dann – dann würde ich sehr enttäuscht sein. Es ist die erste Bitte, die ich äußere, Fritz. Und – wir werden uns die Sache ganz billig einrichten –

Fritz Hahn war in seine Minni viel zu verliebt, um schließlich nicht doch Ja und Amen zu sagen. Gewiß, – Marga war ebenfalls dort – Aber in dem Menschengewühl konnte er ihr bequem ausweichen – hoffte er –

Krecht verschwieg er, weshalb er jetzt sofort aufbrach.

„Minni will ins Theater, schwindelte er. „Auf Wiedersehen, Felix –“

Dann war er hinaus.

Der Rittmeister pfiff hinter ihm ein paar Takte drein:

„– Du bist zu schön, um treu zu sein –“

Dann seufzte er, knurrte: „Immer die verfluchte Liebe, immer die Weiber –! Und nun soll auch ich mich mit so was belasten – entsetzlich! Und doch – diese Hella erinnert mich in ihrer ganzen Art so sehr an die kleine Griechin – nur der Zwiebelduft fehlt – Man wird auch alt – Und als Junggeselle mal mit der langen Pfeife und in Gichtschuhen am Ofen sitzen – auch nicht schön!“ –

Minni war rein aus dem Häuschen vor Freude. Die beiden Türkenkostüme waren bald ausgesucht. Fritz Hahn kriegte zwar bei der Leihgebühr eine Gänsehaut. Aber Minnis blanke Augen entschädigten ihn – jetzt schon! Und im Hausflur von Kabbiner gab sie ihm einen Kuß – einen Kuß! Der schmeckte ganz nach dem feurigen Orient –

Als er mit dem großen Pappkarton seine Zweizimmerwohnung im Gartenhause am Nollendorfplatz betrat, schnupperte er argwöhnisch –

Donnerwetter – das roch hier nach Parfüm – nach Margas Parfüm –!

Der Schreck war ihm in alle Glieder gefahren. Seine Gedanken jagten –

Richtig – Marga hatte ja behauptet, sie hätte den Sicherheitsschlüssel zu seiner Flurtür verloren – Sie hatte den Schlüssel nicht zurückgegeben, der monatelang in ihrem Besitz gewesen –

Fritz Hahn dachte auch an anderes – an Eifersuchtsdramen, Revolverschüsse –

Er stand regungslos im Wohnungsflur und überlegte, Was nur tun – was?! – Ja – er hatte Angst – Er wollte sich hier nicht niederknallen lassen –

Unsinn – Angst! – Er war Fatalist. Er glaubte, daß jedem Menschen der Schicksalsweg vorgezeichnet war, daß niemand aus eigener Macht dem entgehen könnte, was ihm bestimmt war.

Er öffnete die Tür seines Arbeitszimmers –

Dunkel –

Er schaltete das Licht ein. Niemand war hier –

So ging er denn ins Schlafzimmer – fest überzeugt, daß Margas pikantes Gesichtchen ihm wie so oft aus den Kissen entgegenlächeln würde –

Dunkel – Und das Licht flammte auf – Niemand!

Was bedeutete das –!? Marga war fraglos hier gewesen –

Zur Sicherheit betrat er noch die kleine Küche, schaute auch in das Badezimmer hinein –

Da erst atmete er auf.

Und jetzt fühlte er auch erst, wie heftig sein Herz vor Aufregung klopfte –

Er goß sich einen Kognak ein, nahm eine Zigarette –

Was hatte Marga hier gewollt? Was –?

Vielleicht – vielleicht war sie nur für einen Moment weggegangen, kehrte zurück –

Er eilte in den Flur und schloß von innen ab.

So – nun erst wurde er ganz ruhig.

Da – sein Blick fiel auf seinen Schreibtisch. Gestern hatte er dort ein Bild Minnis, eine Postkartenphotographie, in neuem Rahmen aufgestellt – neben den Bildern seiner Eltern.

Der Rahmen war leer. Das Bild verschwunden. Dafür ein Zettel – Margas Schrift:

„Ich vergesse nicht –!“

Fritz knüllte den Zettel zusammen, warf ihn in den Papierkorb. Die Wut hatte ihn gepackt –

„Weib!“ knirschte er – „Weib – ich will frei sein!“

Der Zettel mußte förmlich getränkt gewesen sein mit Margas süßlichem aufreizenden Parfüm –

Seine Finger dufteten danach –

Sein Gesichtsausdruck änderte sich – Der Duft der Liebe wars für ihn, des ersten besinnungslosen Genießens – Dieser Duft war Marga selbst –

Und Fritz Hahn strich sich langsam mit der Hand über die Stirn –

Ein trübes Lächeln umspielte seinen Mund. Marga tat ihm leid – Vieles – nein, alles wäre wohl anders gekommen, wenn sie offen ihm gegenüber gewesen wäre. Aber diese Heimlichkeiten, dieses geradezu raffinierte Verschweigen ihres Namens, ihrer Wohnung, ihrer näheren Verhältnisse hatten ihn stets gepeinigt. Er hatte im Adreßbuch nachgesehen. Da standen etwa 150 Melzers. Und – nur einmal war er ihr mit einem älteren, graubärtigen, streng blickenden Herrn begegnet. Er ahnte: das war ihr Gatte! – Und seit diesem Tage war ihm immer klarer zum Bewußtsein gekommen, daß Marga ihm nur halb gehörte, daß er mit einem anderen alles – alles teilen mußte – Und da war die Müdigkeit über ihn hergefallen, die Müdigkeit der Liebe, dieses Gemisch von halbem Widerwillen, von Gewissensskrupeln und Gleichgültigkeit. Wenn er auch nach außen hin ganz Großstädter, ganz Lebemann war, wenn er sich auch nie ablehnend verhalten hatte, wenn die Weiber sich an ihn drängten, – im Grunde seines ganzen Empfindens, seiner ganzen Wesensart war er doch der Mensch aus kleinen Verhältnissen geblieben, der das Reinliche liebte, der die Ehe achtete, der – noch. ein Gewissen hatte –

Und so wurde denn Minni der letzte Anstoß zu dem Bruch mit Marga –

* * * * * *

 

 

Drittes Kapitel.

Kampf um den Mann.

Fritz Hahn trank noch einen Kognak, ging ins Schlafzimmer und wusch sich die Hände. Der Parfümduft störte ihn. Da war in einem Winkel seines Herzens etwas wieder aufgewacht, das schleunigst sterben mußte. Nicht etwa Liebe. Nur Erinnerungen – an Marga! Und diese Erinnerungen mußten ihm notwendig das Blut schneller durch die Adern treiben –

Dann packte er das Maskenkostüm aus. Es war tadellos sauber. Ein Pascha-Kostüm, wie es vor Jahrhunderten die türkischen Großen getragen haben mochten.

Er legte es über das Bett. Er hatte noch Zeit. Erst um neun wollte er Minni abholen. Er wollte noch eine Kleinigkeit essen.

Und als er nun wieder sein Arbeitszimmer betrat, wo er das Licht hatte brennen lassen, saß – Marga im Sessel am Mitteltisch –

Er stand wie gelähmt – Er schaute nur –

Margas Abendpelz war weit zurückgeschlagen. Darunter kam ihr Maskenanzug zum Vorschein, ein Bajaderenkostüm, halsfrei, auf der üppigen Büste nur zwei mit glitzernden Steinen besetzte, vergoldete Schilde. – Das Haar hatte sie ganz lose aufgesteckt; um den Haaransatz lag ein Reif von sprühenden Brillanten; in den Ohrläppchen hingen große Goldmünzen. Und ihren Händen, heute ohne jeden Ring, hatte sie künstlich einen feinen Bronzeton verliehen, ebenso den nackten Armen, von denen der linke zwanglos auf der Sessellehne ruhte. –

Sie blickte Fritz Hahn starr an. Weder feindselig, noch ironisch, noch kalt oder verächtlich –

Nein. – in ihren grauen Augen lag etwas wie versteckte Zärtlichkeit und Trauer –

Dann winkte sie mit der Linken – Ihre Armspangen klirrten dabei. Diese Bewegung war graziös wie alles an ihr –

„Setz Dich, Fritz,“ sagte sie weich –

„Wo warst Du?“ entfuhr es ihm. Die Erstarrung wich.

„In der Speisekammer –“ – Sie lächelte. Und über ihre Lippen perlten Töne wie das Girren einer liebestollen Taube –

Er fand allmählich seine Haltung wieder – Margas Anblick hatte ihn verwirrt! Heute erkannte er erst, wie sehr sie Weib war, wie berückend sie aussehen konnte trotz ihres unregelmäßigen Bubengesichts.

„Marga,“ sagte er hastig, „was willst Du noch hier bei mir. Gönne mir doch meinen Frieden. Du weißt, dieses Verhältnis zwischen uns machte mich krank, erniedrigte mich vor mir selbst –“

„Setz Dich, Fritz –“ – das war ihre Antwort.

Und – er gehorchte, nahm in dem anderen Sessel Platz.

Sie stand auf, warf den Pelz ab und langte nach der Schale, den Zündhölzern, rauchte stehend ein paar Züge und meinte:

„Mein armer Liebling, – also Minni Pinz sollte Dich gefeit machen gegen alle Anfechtungen –“

Fritz Hahns Blicke glitten immer wieder, halb gegen seinen Willen, über ihre Gestalt hin –

Sie ließ sich in den Sessel fallen.

„Minni ist hübsch und schick,“ fuhr sie fort, „Du hast ja immer Geschmack gehabt –“

Er wurde rot, meinte gequält:

„Marga, – was soll das alles?!“

„Das wirst Du gleich hören, mein armer Liebling. – Du hast sehr voreilig gehandelt – sehr! Du weißt wohl noch nicht, daß Deine Existenz auf dem Spiele steht, daß die Wotauzent ruiniert ist –“

Er nickte kurz. Der Zauber, den Marga für kurze Zeit wieder auf ihn ausgeübt hatte, schwand. Er merkte ihre Absicht. Sie war gerade in dieser exotischen Aufmachung zu ihm gekommen. Sie wollte ihn reizen – als Weib! Aber – er würde sich nicht fangen lassen – niemals!

„So – Du weißt es also schon,“ sprach sie weiter, und ihre Stimme klang mitfühlend und warm. „Meine Schwester wollte die Firma Dir und Krecht abkaufen. Doch – die Öffentlichkeit ist bereits zu genau über die Pläne der vereinigten Wohnungsämter unterrichtet. Sie würde die Wotauzent kaum wieder weiterveräußern können und tritt daher zurück –“

Fritz Hahn spürte, wie ihm heiß und kalt wurde. Die Zukunft – seine und Minnis Zukunft –! Was sollte werden –?!

„Der gute Krecht hat sich verrechnet, Fritz. Die Zeitungen bringen in den nächsten Tagen bereits Artikel über die zu gründende amtliche Wohnungstauschzentrale, die – der Ausbeutung der Wohnungsuchenden durch Firmen wie die Eure entgegenarbeiten will. Bei Euch bekam zuerst der eine passende Wohnung vermittelt, der ein gehöriges Aufgeld bezahlte. Das soll vermieden werden. Es war eben eine Wohnungsschieberei in bescheidenen Grenzen –“

„Die Zeitungen!“ schoß es Hahn durch den Kopf. Dann war alles verloren – alles! Und – sollte nicht Marga irgendwie dahinter stecken? Krecht war in allem stets gut informiert! Wie kam es, daß diese Nachricht nun so schnell von der Presse weiterverbreitet wurde –!

„Das ist ja alles gleichgültig," hörte er Marga abermals. Seine Augen hafteten jetzt wie gebannt auf dem leeren Bilderrahmen auf seinem Schreibtisch.

„Tatsache ist nur, Fritz, daß Ihr beide, Krecht und Du, in kurzem brotlos sein werdet und daß Du Dich mit einem Mädchen verlobt hast, dessen Mutter mit ihr weit glänzendere Absichten hatte –“

Sein Kopf schnellte herum. „Was heißt das, Marga?! Frau Pinz hat mich heute als Schwiegersohn so herzlich begrüßt, daß –“

„Ja, weil sie eben wußte, daß Minni sehr bald wieder vernünftig werden würde. Hat Deine – Deine Braut Dir gar nichts davon erzählt, daß sie einen anderen Bewerber hatte?“

Fritz Hahn senkte den Kopf. „Nein – Sie mag es mir aus – aus Zartgefühl verschwiegen haben –“

„Das mag sein. Jedenfalls ist dieser Gustav Blunk schwerreich. Er wohnt bei uns im Gartenhause, und Frau Pinz spielt bei ihm Aufwärterin –“

Fritz fiel jetzt die Szene ein, als Frau Klara aus der Küche gekommen war und er sie zum ersten Male gesehen hatte – Und da war ihm sofort klargeworden, daß er ihr schon einmal begegnet war – irgendwo – Eine ungewisse Angst packte ihn nun –

Und Marga fuhr fort: „Die Pinz ist eine Intrigantin, Fritz – Ich habe ihr schon Hunderte geopfert, opfern müssen. Sie erpreßt nichts, aber sie versteht Andeutungen zu machen, die so gut wie – Zahlungsbefehle sind. – Ich will nichts mehr vor Dir verheimlichen, Fritz. Die Pinz hat uns einmal hier vor Deinem Hause aufgelauert – vor acht Wochen etwa. Sie bot uns Zündhölzer an –

„Ah – jetzt besinne ich mich!“ stieß Hahn hervor. „Ja – und Du flüstertest noch: „Schenk ihr zehn Mark – – Ja, nun weiß ich Bescheid –“

Marga schluchzte plötzlich leise auf – „Sie ist eine gefährliche Person –! Was habe ich alles gelitten! Und jetzt – jetzt will sie auch Minni ihren Willen aufzwingen – nicht offen heraus, nein, – Eure Verlobung soll scheitern, und als entlobte Braut wird Minni dann leichter bereit sein, jenen Blunk zu heiraten. – Die Pinz war heute um halb vier bei mir. Und da hat sie mir Eure Verlobung mitgeteilt und mir hohnlachend gesagt: „Nach einem, vielleicht nach zwei Monaten ist dieser Hahn brotlos! Gelernt hat er nichts – Was soll er anfangen – jetzt, wo jede Schreiberstelle doppelt besetzt ist! Minni wird das bald einsehen, und Minni ist mein Kind. Sie denkt praktisch bei all ihrer Liebe – oder Mannstollheit, was auf eins herauskommt –“ – So sagte sie und fügte noch hinzu –“

Fritz Hahn war aufgesprungen.

„Hör auf, Marga –! All das ist unmöglich! Ich glaube das nicht – Das ist eine ganz gem– – eine Intrige von – von Dir!“ Das „gemeine“ verschluckte er.

„Mein armer Fritz –!“ – Marga schüttelte sanft den Kopf. „Wofür hältst Du mich eigentlich?! – Doch, das ist mir gleichgültig jetzt, wie Du über mich denkst. Wenn Du ruhiger geworden, wirst Du einsehen, daß Du mir bitter Unrecht tust. Ich bin heute nur zu Dir gekommen, um –“

„Und Minnis Bild?! Und der Zettel da im Rahmen mit: „Ich vergesse nicht! – Wie reimt sich das zusammen?!“

Er war dicht vor sie hingetreten –

Ihr Duft schlug ihm entgegen –

Es überkam ihn wie ein Schwindel –

„Minnis Bild steht an die Nachtlampe gelehnt auf dem Nachttischehen –, sagte Frau Marga ernst. „Überzeuge Dich doch – Und der Zettel sollte Dich nur vorbereiten auf das, was ich jetzt Dir noch zu erklären habe –“

Fritz trat zurück, setzte sich schwerfällig wieder in seinen Sessel –

„Ich will mich kurz fassen,“ vernahm er Margas klare Stimme. „Mein Mann trägt heute im Zoo das Kostüm eines mittelalterlichen Ratsherrn. Du erkennst ihn leicht an der blauen, wallenden Feder am Hut. Er kann Dir eine gute Anstellung besorgen. Es gibt ein Zauberwort, das Dir sofort seine volle Anteilnahme sichert. Es lautet: ‚Ballaratt‘ –“

„Ballaratt?“ – In Fritz Hahn erwachte der Kaufmann. „Ballaratt? Das ist die vor drei Jahren gegründete Aktiengesellschaft zur Fabrikation von Speisefetten –“

„Ganz recht – Und mein Mann ist Hauptaktionär der Gesellschaft, die bei der Bilanz für 1920 nicht weniger als fünfundzwanzig Millionen in der Versenkung hat verschwinden lassen –“

„Nun – und?!“

„Und wenn Du meinem Mann nun heute im Zoo sagst, Du möchtest mit ihm mal vertraulich über die Ballaratt sprechen, wird er sofort weich wie Wachs werden, denn er hat eine furchtbare Angst, die Millionenschiebung könnte entdeckt! werden. Er hat nämlich gestern schon einen anonymen, getippten Brief erhalten, in dem ihn ein Herr gebeten hat, ihn bei der Ballaratt unterzubringen. Den Brief habe ich in Deinem Interesse geschrieben. Und darin steht noch, daß die gefälschte Bilanz unschwer nachzuweisen ist –“

„Marga!“ Das klang ganz entsetzt. Fritz Hahn hatte sich hoch aufgerichtet. „Marga – das ist Erpressung, das ist –“

„– nur klug, wenn man heiraten will, mein Liebling! Der Brief hat meinen Mann vorbereitet. Wenn Du ihm heute sagst, Du würdest schweigen, falls er Dich –“

„Niemals!“

Da stand Marga schnell auf, ging zu ihm hin, nahm seine beiden Hände –

„Fritz – ich habe Dich unendlich lieb gehabt. Willst Du mich und Dich verderben?! Frau Pinz wird nur schweigen, wenn Du eine so glänzende Position erhältst, daß Du ihre Sucht nach Putz und Tand befriedigen kannst, wenn Du sie eben dauernd unterstützt –“

Und abermals umgab ihn dieser betäubende Duft – Er spürte ihre Berührung – Ihre Hände waren so heiß – Und ihre Knie stützten sich gegen die seinen –

„Fritz – ich habe Dich verloren – Aber ich will Dir Freundin bleiben aus Dankbarkeit für die Seligkeit, die Du mir einst schenktest. Fritz – sei klug! Willst Du Minni jenem Blunk überlassen oder uns beide ins Unglück stürzen! Frau Pinz geht über Leichen – Überlege Dir alles, Fritz. Ich lasse Dich jetzt allein – Leb wohl –“

Sie beugte sich herab, drückte die Lippen auf seinen blonden Scheitel und huschte hinaus –

Fritz Hahn saß regungslos –

Er hörte die Flurtür zuschnappen. Das rüttelte ihn auf. Er begann im Zimmer auf und ab zu gehen. Immer schneller –

Was war an alledem Wahres – was – was?! Hatte Felix ihn nicht vor Marga gewarnt?! Und – waren da nicht so und so viele Unklarheiten, die mit ihren Widersprüchen auf eine Intrige hindeuteten?!

Er grübelte und grübelte. Er fand keinen Weg durch dieses Labyrinth von Tatsachen, Behauptungen und Unwahrscheinlichkeiten –

Ganz mutlos, müde und widerwillig begann er den Maskenanzug anzulegen. Als er nun vor dem Spiegel stand, lachte er sein Bild trübe an.

Wie albern war dieser Mummenschanz! Und in dieser Stimmung sollte er auf den Maskenball gehen, sollte heiter und fröhlich sein?! –

Minnis Bild nahm er vom Nachttisch und schaute es lange an.

„Wirst Du treu und fest sein – auch im Unglück?“ dachte er –

Er kannte Minni ja so wenig, war mit ihr spazierengegangen, hatte mit ihr Kinos, Cafees besucht – in allen Ehren –

Er seufzte. Und ging und trank wieder einen Kognak. Das Essen vergaß er. Dann steckte er tausend Mark noch zu sich – für alle Fälle. Ohne Sekt ging so ein Abend ja doch nicht ab –

* * * * * *

 

 

Viertes Kapitel.

Maskentaumel.

Erst gegen viertel zehn langte er im Auto vor dem Hause an, um Minni abzuholen.

Vater Pinz saß wieder bei seinen Filzschuhen. Frau Klara und Lotte waren nicht da –

Minni flog ihrem Fritz um den Hals. Sie sah reizend als Odaliske aus. Aber – sie genierte sich etwas vor ihm. Hals und Brust waren nur in Schleier gehüllt, und die weiten, seidenen Pumphöschen, die nun einmal mit zu dem Kostüm gehörten, trieben ihr das Blut in die Wangen, als Fritz die bildhübsche Türkin nun staunend musterte –

Fritz Hahns trübe Stimmung verflog –

Er fühlte nur das Glück, daß dieses fesche, zarte, natürlich-frische Mädel sein war –

Dann, fuhren sie zum Zoo – Und im Auto fragte Fritz, der Minni auf den Schoß genommen hatte –:

„Sag mal Maus, wohnt bei Euch hinten ein Herr Blunk –?

Er merkte, wie sie zusammenschrak.

„Ja –“ Und dann ganz unsicher: „Weshalb fragst Du gerade nach Blunk?“

„Hm – hat er Dir nicht so etwas den Hof gemacht?“

„Etwas – Ich habe ihn so gründlich abfallen lassen, daß die Sache kein Wort mehr wert ist, – wirklich nicht, Fritz!“

„Und – und Deine Mutter?“

Sie umschlang ihn plötzlich fester, küßte ihn –

„Verdirb mir doch nicht den Abend,“ hauchte sie dann –

Und Fritz Hahn dachte: „Ist das Aufrichtigkeit?!“

Da war es wieder, dieses schwere, drückende Empfinden dumpfer Angst –

Minni schmiegte sich noch enger an ihn –

„Schatzi, – mach Dir doch keine Gedanken – Auch ich habe heute mit allerlei ganz für mich allein fertig werden müssen – Mutter deutete an, daß Du eine – eine große Liebe gehabt hättest – bis vor kurzem –“

„Unsinn!“ preßte er hervor –

Und der dumpfe Druck, der alle Freude benahm, verstärkte sich noch –

Das Auto hielt. Und gleich darauf waren sie mit vorgebundenen Masken in dem großen, strahlend hellen Hauptsaal, standen sie zunächst Arm in Arm als Zuschauer inmitten einer Menge, die zu dreien, zu vieren in tollem Wirbel an ihnen vorüberflutete –

Fritz Hahn fand das Maskentreiben unsäglich albern –

Aber Minni durchprickelte bereits die Walzermusik –

„Tanzen wir –“ bat sie –

Und dann setzten sie sich in eine der Lauben aus künstlichen Blattpflanzen, in denen kleine Tischchen standen, daneben schon die eisgefüllten Sektkühler als deutliche Mahnung, daß hier nicht der Ort sei, traurig, sparsam und – nüchtern zu bleiben.

Fritz bestellte Sekt. – Da kam auch schon ein würdiger Ritter und forderte Minni auf.

„Geh nur, Mausi,“ flüsterte Fritz –

Der Ritter tanzte blendend, wie Minni feststellte. Und als sie dann zu Fritz zurückwollte, hielt eine zierliche Kolombine sie fest, zog sie zwei Nischen weiter, drückte ihr einen Zettel in die Hand und verschwand. –

Minni las – las ganz ahnungslos –

„Er hat vier Monate lang ein Verhältnis mit Frau Doktor M. M. aus Deinem Hause gehabt, schöne Odaliske. Und heute abend war sie wieder bei ihm. Beobachte ihn. – Ein Freund.“

Der Zettel war fraglos von einer Männerhand geschrieben. Es war ein Stück von einer Weinkarte. Und Minni glaubte Gustav Blunks Schrift zu erkennen.

Sie war unter der schwarzen Seidenmaske ganz bleich geworden. Sie war eifersüchtig; sie hatte heute nachmittag bittere Tränen geweint, als ihre Mutter die häßliche Andeutung gemacht hatte –

Aber – sie glaubte nicht an diese Verdächtigung. Es konnte hier nur Frau Doktor Melzer gemeint sein – Gewiß – die Frau Doktor sollte ihren Mann an allen Ecken und Enden betrügen. Aber – so war Fritz nicht! Nein, nein, – mit einer verheirateten Frau ein Verhältnis – und noch vor kurzem! Und – heute sollte sie ihn abends noch besucht haben –?!

Mit einem Male preßte die keine Minni beide Hände auf das angstvoll pochende Herzchen.

Heute noch –! Heute abend –! Und – hatte sie nicht vorhin auf des Liebsten Stirn einen süßlichen Duft gespürt – nicht dasselbe Parfüm, das Frau Melzer stets benutzte?!

Minni traten Tränen in die Augen – Aber sie wollte nicht traurig sein, – nein, er sollte nichts merken – Beobachten wollte sie ihn. Und vielleicht – vielleicht war diese Frau auch heute wieder hier; vielleicht würde –

Da zerriß Minni den Zettel in kleine Stücke, wandte sich um, wurde von einem Clown aufgefordert, tanzte und streute die Stückchen über den ganzen Saal –

Als sie die Laube betrat, hatte Fritz bereits drei Gläser Sekt hinuntergegossen.

Schwer atmend setzte sie sich neben ihn. Er tat, als ob er ihre lange Abwesenheit nicht weiter übelnähme.

Sie trank – trank hastig. Eine erzwungene Munterkeit ließ sie lachen und plappern.

Und Fritz Hahn bestellte die zweite Flasche –

Minni wurde wieder geholt, flog aus einem Arm – in den anderen.

Fritz trank –

Und plötzlich erspähte er den mittelalterlichen Ratsherrn mit der blauen Feder am großen Schlapphut.

Es ging ihm wie ein Schlag durch den Körper. Der Sekt wischte alle Bedenken hinweg – Minnis und seine Zukunft – die Anstellung – das schoß ihm blitzschnell durch den Kopf.

Er wußte selbst nicht, wie es geschah – Er stand schon hinter dem dürren Herrn mit der blauen Feder und flüsterte: „Ballaratt!“

Der Ratsherr drehte sich langsam um. Aus den schwarzen Seidenmasken starrten sich zwei Augenpaare lange an.

„Komm, Türke,“ sagte der Ratsherr dann kurz und führte Fritz Hahn in den Nebensaal in ein kleines Zelt, wo bereits Austern auf dem Tische standen und zwei Sektkühler mit dicken Flaschen mit goldenen Hälsen, auch mehrere Gläser –

Der Ratsherr füllte die Kelche.

„Prosit, Türke –“ – Er goß den Inhalt seines Glases hinab.

„Eine Frage,“ flüsterte er dann. „Woher weißt Du, daß ich Interesse für die Schweiz habe –“

Hahn war überrascht, aber geistesgegenwärtig.

„Ich weiß es. Das genügt.“

Der Ratsherr griff nach einer Auster. Während er den Bart des Schalentieres geschickt entfernte, meinte er:

„Du gibst mir Dein Wort, daß Du kein Spion irgend welcher Art bist?

„Ich gebe es. Ich bin ein Mensch, der sich eine Zukunft schaffen will.“

Der Ratsherr lachte. Es war ein häßliches, fast satanisches Gekicher.

„Du nutzt eben die Konjunktur aus, Türke – So, nun nimm für einen Moment die Maske ab. Ich tue es auch. Ehrlich Spiel, Freundchen –“

Sie drehten beide die Köpfe der Wand zu –

Und Doktor Hilmar Melzer und der bisherige Liebhaber seiner Frau schauten sich prüfend an,

„Gut!“ nickte Melzer. Er band die Maske wieder vor, und Fritz Hahn tat dasselbe.

„Gut, Türke – Deine Visage ist nicht unübel!“ fuhr Melzer fort. „Du siehst nicht wie ein Gauner aus. Dein Name? Dein bisheriger Beruf?“

Fritz Hahn zögerte. – Melzer füllte die Gläser wieder.

„Da – trink und sei nicht so töricht, Dich noch in den Mantel des Geheimnisses zu hüllen,“ sagte Melzer mit demselben widerlichen Lachen. „Die Zweigniederlassung in Zürich schmeißt jährlich rund hunderttausend Mark ab –“

Fritz Hahn führte das dünne Kelchglas an die Lippen und trank es leer. Dann nannte er seinen Namen, erwähnte die Wotauzent und fügte hinzu; „Ich will heiraten, Herr Doktor, und –“

Aber Melzer hatte sich knallend auf den Schenkel geschlagen und prustete heraus:

„Ah – also Kompagnon von dem verrückten Rittmeister, der meiner Schwägerin die Witwenschaft weniger enthaltsam gestalten und ihr auch Eure seine Firma andrehen möchte! Famos ist das – famos! Türke, wenn Du ebenso gerissen bist, wie der Krecht, dann können wir Dich brauchen! – Hand her, Mann, Hand her –! Wir sind einig –!“

Hahn wußte gar nicht, wie ihm geschah. Melzer preßte seine Rechte, rief dann, offenbar nicht mehr nüchtern:

„Begießen wir die Sache, Hähnchen! Du bist ein Mordskerl, wenn Du auch son kleines Erpresserchen bist! Schadet nischt! Jeder will leben –! – Ober – bringen Sie mal ne Flasche Burgunder, den ältesten, den Sie haben – Türke, Hähnchen, – nischt zu machen! Ausgerückt wird nicht! Ich weiß Bescheid, – die Minni Pinz willst Du heiraten, und die wartet wohl hier irgendwo auf Dich. Laß sie warten. Wird sich schon amüsieren. Meine Bande ist mir ja auch ausgekniffen, – der Krecht, die Hella und mein Eheübel – Ach, Hähnchen, Du bist ein veritabler Ochse, daß Du heiraten willst! Glaub mir, – die Ehe ist nur ein Institut für Idioten – Tatsache! Ich war bis zum fünfundfünfzigsten Lebensjahre ganz vernünftig. Dann mußte mich der Deubel reiten, und ich heiratete eine Dreiundzwanzigjährige –! Die wollte mich nach ihrer Façon selig machen, mir das Saufen abgewöhnen. Na – sie hats bald aufgegeben – sehr bald! Und als ich eines Nachts aus Versehen eine kleine Freundin mit heimbrachte – wirklich aus Versehen –, da haben wir reinliche Scheidung gemacht – Jeder geht seinen Weg –“ – Er lachte abermals wie ein tückischer Kobold. „Sie wird ihre Liebhaber –“

Da brachte der Kellner den Burgunder.

Fritz Hahn saß wie versteinert da.

Dieser – dieser ekelhafte Patron war Margas Mann –?! Arme Marga –!

Melzer prostete ihm zu –

„Trink, Türke, verdammt noch mal! Denkst Du, der Burgunder ist Dreck –?!“

Fritz Hahn kostete nur. Er fühlte, wie er immer weniger seine Gedanken zusammenhalten konnte. Er hatte nichts gegessen. Der Alkohol wirkte um so stärker –

Als er sich dann halb gewaltsam aus dem Zelt entfernte, als ein Kreis von Masken ihn in die Mitte nahm und ihn hin und her zerrte, als er schließlich durch die Nebenräume flüchtete, vertrat ihm abermals jemand den Weg –

Es war eine schlanke Japanerin, eine Geisha in farbenprächtigem, echtem Kimono –

Sie hängte sich in seinen Arm ein, zog ihn mit sich fort, führte ihn in den großen Saal in eine Laube –

Parfümduft umgab ihn. Aber nicht Margas Parfüm. Er wußte nicht, wen er neben sich hatte; er ahnte nur, daß diese Unbekannte, die noch kein Wort gesprochen hatte, ihm irgend etwas zeigen wollte, was Minni anging –

Sie bog die künstlichen Blätter auseinander –

Da saß Minni, und neben ihr ein Chinese, der ihre Hand in der seinen hielt und mit der anderen ihr soeben zu trinken gab. Auf dem Tische standen allerlei Platten und Leckereien, und Minni lachte trunken und goß sich das halbe Glas über die Schleier, die ihre Brust umhüllten –

Die Geisha ließ die Blätter wieder zusammengleiten, zerrte Fritz Hahn aus dem Saale –

Er folgte ihr wie willenlos – Nur ein klarer Gedanke war noch in ihm: „Minni ist leichtfertig –! Minni hat Dich im Auto belogen, hat Ausflüchte gemacht –!“ –

Dann saß er mit der Geisha im anderen Saale in dem verstecktesten Winkelchen, den es hier nur geben konnte –

Und der Sekt kam. Und die verstellte, piepsende Stimme der Japanerin raunte ihm zu:

„Trink – und vergiß –

Die Musik jubelte und schluchzte im Walzertakt –

Wie ein Taumel des Genießens, unbeschränkter Lebensfreude war das wilde, ausgelassene Treiben ringsum –

Es war Berlin, das leichtsinnige Berlin, – es war die Weltstadt, der Hunger nach Genuß, – es war derselbe Maskentaumel, dem nun Fritz Hahn unterlag –

Die Geisha hatte sich an ihn gelehnt, ihm den Arm um den Nacken geschlungen –

Sie tranken – Und Fritz Hahn schleuderte das Glas in die Ecke –

„Es lebe der Frohsinn, kleine, süße Geisha! Halt – bist Du auch süß –?!“

Er wollte ihr die Maske lüften.

Sie schlug ihm auf die Hand –

„Mach die Augen zu –“ hauchte sie.

Und dann hob sie den weichen Vorhang ihrer Maske hoch, küßte ihn –, saß ihm auf dem Schoße, preßte ihn an sich –

Urplötzlich wurde Fritz Hahn nüchtern –

Er drängte ihren Oberleib von sich –

„Marga – Du?!“

„So kennst Du also doch noch meine Lippen, Du lieber Tor –!

Seine Arme sanken schlaff herab –

Die Schleier zerrissen – Er schaute im Geiste die brutale Wahrheit, er durchschaute diese feingesponnene Intrige –

Marga hatte sich verrechnet. Er war doch noch nicht trunken genug für ihre Pläne. Sie hätte warten sollen. Sie hatte dieses Spiel hier falsch berechnet –

„Geh,“ sagte er kalt. „Geh – Du – Du widerst mich an –!“

Sie war unter dem Druck seiner Hände aufgestanden –

„Fritz –!

Das war wie ein weher Schrei –

Sie riß die Maske ab –

Er sah ihr entstelltes Gesicht, sah den Schmerz, die Enttäuschung –

Sie glitt vor ihm in die Knie, wühlte den Kopf in seinen Schoß –

„Fritz – Du hast jetzt meinen Mann kennen gelernt,“ wimmerte sie. „Begreifst Du nun, weshalb ich Dich nicht verlieren darf?! Fritz – ich liebe Dich –! Du sollst mein bleiben – Ich –

Er war aufgesprungen. Er fühlte, daß er weich wurde, Er bemitleidete sie. Aber seine Liebe war tot –

Er zog sie empor, reichte ihr die Maske –

„Verhülle Dein Gesicht, Marga –“ sagte er unfreundlicher, als es klingen sollte. „Wir sind fertig miteinander; Selbst für den Preis von hunderttausend Mark und die Anstellung in Zürich bin ich für Dich nicht mehr zu haben. Ich sehe noch nicht ganz klar, was Du alles getan hast, um mich von Minni zu trennen –

Sie war wieder auf den Stuhl gesunken. Die Maske flatterte zu Boden, wie ein schwarzer, seltsamer Vogel. – Marga regte sich nicht. Kein Wort der Verteidigung kam über ihre Lippen.

Und Fritz Hahn fuhr fort, milder und weicher als bisher, indem er sich vorbeugte und ihre Hand in die seine nahm –

„Marga, wenn Du willst, daß ich Dich noch achten soll, dann sei ehrlich. Hat Frau Pinz Kenntnis von dem, was zwischen uns bestand? Will sie Minni zu einer Ehe mit Blunk zwingen?"

Und Marga flüsterte scheu: „Ja – sie weiß alles. Aber sie hätte uns nie verraten. Sie wollte sich nur Gewißheit verschaffen, ob wir beide – uns liebten. Sie möchte Minni gut versorgt sehen – durch Blunk! – Sie leidet wie ich – Der alte Mann – und er behandelt sie schlecht, glaubt, daß Minni und Lotte nicht – seine Kinder sind – Er mißtraut ihr – zu Unrecht! Sie ist Weib – und voller Liebeshunger, aber – sie hat sich nichts vorzuwerfen. – Sie freut, sich, wenn sie die Männer durch ihr Lächeln verwirren kann – Das ist alles, – das ist ihr Ersatz für – heiße Stunden. Sie putzt sich gern und hat jetzt noch heimlich eine Aufwartestelle angenommen. Und – sie ist so fleißig, so sauber – Nur ehrgeizig – was ihre Mädels betrifft. Ich – ich werde schon dafür sorgen, daß sie Euch – Euch beiden keine Schwierigkeiten –“

Dann konnte Marga nicht weitersprechen –

Ein besinnungsloses, trockenes Schluchzen schüttelte ihren Leib wie im Fieberfrost –

Fritz Hahn streichelte ihre Hand –

„Marga, Marga, – so beruhige Dich doch!“ bat er zart. „Sieh doch ein, daß ich – daß ich ein Gefühl nicht erzwingen kann – Gönne mir doch das Glück mit Minni – Ich kann nicht teilen. Du warst nie ganz mein – nie! Und ich bin nicht der Mensch, der –“

Sie winkte müde –

„Laß mich allein, Fritz – Lebe wohl –“ Wieder ein wildes Aufschluchzen. „Werde glücklich –!“

Er stand neben ihr –

„Geh!“ flehte sie – Da schlich er davon.

Marga Melzer nahm die Maske vom Boden auf, trocknete die Augen, trank ihr Sektglas leer, – alles wie ein Automat, alles wie im Traum. – In ihren Augen war ein leerer Ausdruck, etwas, das mehr war als Verzweiflung und Reue, etwas Totes, Starres –

Zwischen den Efeukästen lugte ein schwarzer Domino hindurch. – Margas Gesicht veränderte sich plötzlich –

„Vergessen – vergessen!“ dachte sie.

Der Domino trat zu ihr –

„Frau Marga – endlich!! Wie habe ich Sie gesucht!“

Sie band die Maske vor.

„Setz Dich,“ lachte sie – „Zerstreue mich, Schwarzer –“

Und Rechtsanwalt Helmke, ihr eifrigster Verehrer, zog einen Stuhl dicht neben den ihren.

„Kleine Mimosa-San, ich wills versuchen –“ Er nahm ihre Hand –

„Marga,“ flüsterte er heiß, „Marga, nochmals sage ich Ihnen heute dasselbe wie vor Monaten: werden Sie mein Weib! Eine Scheidung von ihrem Manne läßt sich leicht –“

„Still!“ – Der herbe Ton ließ ihn schweigen.

„Still, – ich war bis vor zehn Tagen die Geliebte eines anderen, Hans Helmke –! – So – begehren Sie mich noch zum Weibe?“

„Ja – ja, Marga! Was geht mich Ihre Vergangenheit an! Bin ich als Mann etwa rein?!“

Sie schüttelte den Kopf – lachte –

„Schwarzer, Du weißt ja nicht, was Du sprichst – Da – schenk mir ein –! Und dann – tanzen – tanzen wir, Schwarzer –! Ich will den Maskentaumel spüren – Hilf mir dabei, Schwarzer –!“

* * * * * *

 

 

Fünftes Kapitel.

Demaskierung.

Felix von Krecht als chinesischer Mandarin kam sich bei diesem Mummenschanz so dämlich wie noch nie in seinem Leben vor.

Als er jetzt mit Hella Burg tanzte, flüsterte sie ihm lachend zu:

„Lieber Rittmeister, Sie sind noch immer nicht im Bilde, Sie befinden sich hier auf einem Maskenball und nicht auf einem Leichenschmaus –“

„Oh, bitte, Gnädigste, auch auf einem Leichenschmaus sind die Leute zum Schluß alle zu Ehren des unselig Abgekratzten total betütet, – und hier wirs nachher ähnlich –

„Betütet –?“

„Pardon, – Gnädigste haben ja in der Weltstadt Mohrungen gelebt – Betütet heißt genau dasselbe wie „unter hohem Alkoholdruck oder bezecht oder, vom Studenten abwärts volkstümlich ausgequetscht – besoffen!“

„Pfui –!“

Und doch lag sie ihm so weich und eng im Arm, die lebenslustige, kluge, geschmeidige Hella –

Und er – er merkte seit langem einmal wieder, daß ihm das Tanzen Spaß machte –

Dann flüsterte sie: „Ich habe genug – Ich kann nicht mehr –!

Sie hängte sich in seinen Arm ein – Und die schlanke Marokkanerin und der magere Mardarin gingen zur Bar, tranken zur Abkühlung einen Mischtrank, der aber aller scheinbarer Harmlosigkeit und Kälte Hella Burg das Feuer in die Adern leitete.

Sie saßen auf den Barschemeln an einer Ecke des Schanktisches – Felix von Krechts Gedanken waren schon wieder weit fort, – bei der Wotanzent – bei Fritz Hahns und seiner Zukunft –

Hella hatte ihm schon vorhin gesagt – so ganz nebenbei –, daß sie als Käuferin der Firma nicht mehr in Betracht komme. – „Wenn ich mit der Wotanzent sitzen bleibe, wenn ich sie nicht sofort wieder mit etwas Nutzen losschlage, dann – verliere ich vielleicht alles!“ hatte sie gemeint.

„Stimmt!“ hatte er nur gesagt. – Und jetzt grübelte er darüber nach, wie Fritz geholfen werden könnte, denn er selbst, – er brauchte ja nur zuzufassen, und Hella war sein und mit ihr der Orientbasar – Dann war seine Zukunft gesichert. Aber Fritz, dieser – dieser verliebte Narr, der sich da ausgerechnet jetzt so ein kleines Bräutchen als übles Bleigewicht ans Bein gebunden hatte, – was wurde aus Fritz?!

„Woran denkst Du eigentlich, Chineschen?“ fragte Hella plötzlich, und sie nahm das „Du“ der Maskenfreiheit wieder auf –

„An Fritz Hahn – An diesen Unglücksraben von Bräutigam, der – Hm, sag mal, schöne Tochter Marokkos, wer und was hat Dich eigentlich betreffs der Wotauzent umgestimmt?“

„Marga – Sie meinte, Du wolltest nur in recht selbstloser Art dafür sorgen, Chineschen, daß auch dieses Hähnchen was beim Verkauf der Wotauzent verdiente! Das tut aber gar nicht not, hoher Mandarin. Marga hat für Hähnchen schon eine Stellung bei der Ballaratt-A.-G. gefischt. Ich glaube, sie interessiert sich für Dein Kompagnönchen, Chineschen. Sie ist in solchen Dingen freilich verschwiegen wie das Grab –

„So – so – murmelte Krecht zerstreut. – Hm – eine Stellung bei der Ballaratt?! Hm – ob diese Marga da etwa intrigierte und –

„Ich finde Mandarinen entsetzlich langweilig,“ hörte er da Hellas heitere Stimme. Und gleichzeitig zog sie ihn übermütig von dem hohen Schemel herab. „Gehen wir mal in die Logen nach oben, Chineschen, und sehen wir uns das Treiben aus der Höhe an –“

Arm in Arm schritten sie durch leere Flure, über leere Treppen, verirrten sich, standen mit einem Male in einem schwach erleuchteten Garderobenzimmer der Bühne, wo die Musiker ihre Mäntel abgelegt hatten –

Krecht war inzwischen mit sich einig geworden.

Sie waren hier allein – Und das alte Ripssofa da lud gerade zum Verloben ein –

„Bitte!“ sagte er und klappte die Hacken seiner chinesischen Filzstiebel zusammen, die eigentlich hätten hackenlos sein müssen. – Er machte eine einladende Handbewegung nach dem Sofa hin. „Setz Dich, Tochter Afrikas – Ich tue dasselbe –“

Und – er tat es zuerst, hatte ihre Hände ergriffen und – mit einem Male saß Hella auf seinen Knien –

Trotz des ganz leichten Schwipses war sie empört –

„Herr Rittmeister, ich muß doch sehr bitten!“ rief sie halblaut. Und die Marokkanerin war jetzt wieder total zur verwitweten Frau Major Hella Burg geworden –

Sie wollte aufspringen, aber Krecht hielt sie fest, hatte ihr den Arm um die Taille gelegt und sagte gelassen:

„Hella, – ich denke, wir bleiben bei dem Du – und zwar für immer! – Sieh mal, Hella, ob ich gerade für Dich ein erstklassiger Ehemann sein werde, – das liegt noch in der Zukunft sogenannter Schoße begraben –“

Sie sträubte sich nicht mehr, saß ganz still. Eine heiße Blutwelle schoß ihr zum Herzen – Sie hatte ja im Stillen gehofft, daß er eines Tages um sie anhalten würde. Sie hatte diesen Tag herbeigesehnt, denn sie liebte ihn. Sie war eine jener seltenen Frauen, die in glücklichster Weise Temperament, Klugheit und Grazie in sich vereinen. Längst hatte sie erkannt, daß unter dem blasierten Gehabe Felix von Krechts ein Charakter sich verbarg, – ein Charakter voller kleiner Schwächen, aber auch voller Güte, Mitgefühl und Zartsinn –

Er hatte indessen in seiner scheinbar leidenschaftslosen Art weitergesprochen. Und doch – zuweilen bebte ihm jetzt die Stimme –

„Sieh mal, Hella, – ich bin ja alles in allem ein scheußliches Ekel – innerlich! Äußerlich kann ich mich mit Aussicht auf den dreißigsten Preis bei dreißig Bewerbern vielleicht an einer Schönheitskonkurrenz beteiligen. Du wirst mich erst zur Ehe erziehen müssen, Hella, Ob Dus glaubst oder nicht: Seit Jahren bin ich quasi heimliches Mitglied eines Keuscheitsvereins – Tatsache! Und – saufen tu ich nicht mehr als der Durchschnittseuropäer, eher weniger, obwohl ich unheimlich viel vertrage. Ja – und dieser Kerl, dieser Krecht, Hellachen, der fühlt sich nun mit einem Male einsam, der braucht ausgerechnet Dich, Hella, um aus dem Junggesellenstumpfsinn herauszukommen. Ich weiß – das ist hier man eine sehr mäßige Liebeserklärung, Hella. Aber – ehrlich gesagt – der eine Filzschuh tut meinen Hühneraugen nicht gut. Die Dinger brennen verdammt. Das lenkt ab –

„Zieh ihn doch aus –“ – Und sie war schon niedergekniet und schnürte lachend den rechten Schuh auf. Er streifte ihn ab – Und zog sie wieder auf seine Knie, drückte sie fester an sich –

„Hella – einverstanden?“ flüsterte er –

„Ja ja!“ – Im Nu hatte sie ihm die Maske abgenommen, riß die eigene herunter, schlang ihm die Arme um den Hals, schaute ihn an und sagte in überströmender Zärtlichkeit:

„Du – Du –! Felix heißt Du – der Glückliche! Wir werden auch sehr glücklich sein –“

Und dann fühlte er warme, weiche Lippen auf den seinen –

Dann erschien – nur einen Moment – wie eine Vision das Bild der kleinen Griechin vor ihm – Erinnerungen wurden wach – an die' schwüle Süße der Frauenliebe –

Hella erschrak fast, als er sie nun so stürmisch an sich riß, als er sich über sie beugte und ihr Gesicht, ihren Hals mit sengenden Küssen bedeckte –

Sie lächelte verträumt. – Sie war so selig – Sie wurde geliebt – und von einem Manne, der sonst die Weiber mied – Wie schön war dieses Bewußtsein –!

Da – er gab sie frei – ganz unvermittelt. Sein Gesicht verzog sich so merkwürdig –

„Felix – was fehlt Dir?“ flüsterte sie ängstlich.

„Ach – Hellachen, Du hast den falschen Stiebel aufgeschnürt – Am linken Fuß sitzen die vaflixten Hühneraugen – Entschuldige schon – Dieser Mandarinenfilzwärmer muß ebenfalls herunter –“

Und so saß denn Felix von Krecht nur in seinen bunten Seidensocken da und feierte Verlobung.

Und als sie nach einer halben Stunde endlich das Garderobenzimmer verließen, mußte Hella erst ihre Frisur wenigstens etwas in Ordnung bringen, sagte dazu mit heißen Wangen:

„Schwindler Du! Dich erst zur Ehe erziehen –! Ich danke, Du Unband –! Du kannst getrost etwas verlernen, Du – Aber nicht zu viel –!“

Er schnürte seine Mandarinengaloschen fest –

„Hella, – das liegt nur an Dir!“ meinte er todernst „Nur –! Ich bin ein harmloses Lämmchen bisher gewesen – Aber wenn man so etwas Süßes, Liebes im Arm hat wie Dich, dann – dann wird man so jung, meine Hella –“ – Und er sprang auf und gab ihr noch einen langen, langen Kuß –

Dann gingen Sie ganz brav Arm in Arm in die Festsäle zurück, kamen an der linken Saalseite entlang – Und da saß die kleine Odaliske und – weinte in ihrer Laube, weinte und nahm einen Schluck Sekt hin und wieder.

„Minni!“ flüsterte Krecht und drückte Hellas Hand. „Nun entschuldigst Du mich für eine Weile, Hellachen. Ich muß doch die Sache in Ordnung bringen –“ –

„Na, kleines Türkischen, – so allein?!“

Minni blickte auf – Vor ihr stand ein dürrer Chinese, der seinen langen, schwarzen Zopf in der Hand hatte und ihn hin und her schlenkern ließ.

Minni schluchzte –:

„Stören Sie mich nicht – bitte, bitte –

„Denk jar nich dran, Türkischen! Wo werde ich stören! Nur Gesellschaft werde ich Dir leisten – Und Stellvertreter spielen – für Fritz – das ist der Witz!

Er setzte sich dicht neben sie, legte den linken Arm auf ihre Stuhllehne –

„Siehst Du, Minni-Türkischen, nun weinst Du nicht mehr – Nun gib mal Dein Patscherl her und beichte, Du ahnst wohl, wer ich bin –?“

Ja – Herr von Krecht –!“

„Blech – Herr von Krecht! Felix bin ich, Minni-Türkischen, – Felix, der mächtige Mandarin, der jedes Leid lindern kann – Sag mal, hast Du diese drei Flaschen Sekt allein ausgetutscht, Türkischen?“

„Bei – beinahe –“

„Hm, – Du hast so etwas den Walzertakt in der Zungenspitze, Minni-Kleinchen – Wart mal, das muß beseitigt werden. – Ober – eine Selter –!“

Und als Felix, der Mandarin, der ziemlich stark beschwipsten Minni gerade harmloses Selterwasser zu trinken gab, da schaute der türkische Pascha durch die künstlichen Blätter und – ahnte nicht, daß Minnis ‚Tröster‘ kein anderer als Freund Felix war –

Minni-Türkischen lehnte nun so vertrauensvoll an des Mandarins bunter Seidenbrust, trank noch immer Selter, mußte dann eine Menge Weintrauben vertilgen und beichtete zwischenein – wurde zwischenein auch immer klarer im Kopf –

Erzählte von dem Zettel, den ihr eine Kolombine zugesteckt hatte –

„Ja – es war Lotte!“ fügte sie hinzu und setzte

Worauf Krecht meinte: „Minni-Türkischen, ist Deine Schwester Lotte nicht auch hier –?“

„Ja – ja!“ – Und Minni dachte an die Mutter und den reichen Gustav Blunk und an Lotte, die mit der Mutter so viel Geheimnisse hatte – sich mit einem Ruck aufrecht. „Pfui – Lotte steht ganz auf Mutters Seite – Und – und der Blunk wird den Zettel aus Gefälligkeit, nein – aus Niedertracht geschrieben haben –“ – Sie überlegte. Sie war jetzt ganz klar im Kopf. Und mit einem Male füllten sich ihre Augen doch wieder mit Tränen –

„Aber – er roch doch so!“ schluchzte sie. „Auf der Stirn – nach Frau Melzers Parfüm –“

Krecht streichelte ihre Hand. „Minni-Türkischen," sagte er herzlich und eindringlich, „Du bist doch Berlinerin. Kind – was der Fritz vor seiner Verlobung getrieben hat, das darf Dich nicht anfechten. Daß er Dir jetzt goldtreu, das will ich Dir auf der Stelle bemeineidigen, – nee, feierlichst versichern! Und selbst wenn seine Verflossene, kleine Minni, heute bei ihm gewesen und der Blunk aus Eifersucht dies ausspioniert haben sollte, dann – dann ist die Geschichte total harmlos gewesen. Frau Melzer hat Fritz dann nur mitteilen wollen, daß sie ihm durch ihren Mann eine famose Stellung in Zürich besorgen wollte – Tatsache, Minni-Türkischen! Ich weiß es von meiner Braut, von Frau Margas Schwester, daß in Zürich von der Ballaratt-A.-G. eine Niederlassung eingerichtet wird, und deren Leiter soll Fritz werden –“

Minni riß ihre Hand mit einem Ruck aus der des Mandarins. Und der Mandarin war ganz entsetzt wie feindselig ihn nun Minnis Augen anfunkelten –

„Niemals!“ rief sie. „Niemals –! Eine Anstellung von dem Manne – der – der früheren – niemals!“ rief sie temperamentvoll und stampfte mit dem türkischen Schuhchen auf. „Das dulde ich nicht, das –“

„Stopp! Stopp – Minni-Türkischen! Halb so wild! Bedenke: unsere Wotauzent wird demnächst selig entschlafen. Und dann sitzt Dein Fritz regulär auf dem Pfropfen, Minni! Dann ists mit Heiraten vorläufig nischt. Und dann wird die Mutter noch mehr in Dich dringen, dann –“ – Er schwieg, denn Friz Hahn war im Eingang der Laube aufgetaucht, sagte eisig:

„Du scheinst Dich hier ja sehr gut zu amüsieren, Minni!“

„Und Du bist ein Rindvieh mit Eichenlaub und Schwertern!“ meinte Krecht ärgerlich, denn Minni begann schon wieder zu schluchzen.

„Wie – Da bists, Felix?! – Diese verdammte Maskerade –!“ entschuldigte sich der Herr Pascha, setzte sich schnell auf Minnis andere Seite und ergriff ihre Hände.

„Liebling – nicht weinen – nicht weinen!“ bat er innig, während Krecht sich leise davonstahl. „Liebling, ich bin ja jetzt so froh, mir ist so leicht – Ich habe soeben noch mit einem Herrn gesprochen, der mir vorhin schon eine gute Stellung angeboten hatte. Die Sache ist perfekt –“

Er zog seine Brieftasche hervor –

„Denk Dir, Liebes, – er hat mir sogar gleich zehntausend Mark im voraus gezahlt – Wie – Du freust Dich so gar nicht, Minni –?!“

„Freuen – freuen, – wo Du von Herrn Melzer – diesem Melzer das Geld erhalten hast –“

Sie schluchzte –

„Fritz – ich weiß alles – Frau Marga und Du, Ihr wart – wart –“

Sie schlug die Hände vor das Gesicht –

„Und von ihrem Manne nimmst Du Geld –!“ stöhnte sie dann – „Oh, Fritz, – diese Stellung wird uns nie Glück bringen –“ –

Von der Bühne her ein Trompetensignal: Mitternacht – Demaskierung –

Im Saale ein Lachen und Jubeln, ein Tollen und Toben –

Und hier in der Laube war Minni plötzlich zu Boden geglitten, kniete vor ihrem Fritz, hob flehend die Hände:

„Fritz – gib das Geld zurück, wenn Du mich lieb hast – Gib es sofort zurück –“

„Minni – und was soll werden?! Nahm ichs nicht auch Deinetwegen – unseretwegen?!“

Er hatte die Brieftasche noch in der Hand, hob sie unwillkürlich hoch –

„Fritz, dieser Melzer ist – Schieber! Jeder weiß es bei uns im Hause – jeder! Und seine Frau war – war Dein –, Verhältnis!

Sie war aufgesprungen, hatte ihn umschlungen, riß ihm die Maske ab, löste auch die ihre –

Ganz dicht war ihr reines, feines Mädchenantlitz vor ihm –

„Gut, Minni – es sei!“ flüsterte er. Und legte den Arm um sie –

Waltzerklänge –

Frau Marga und Hans Helmke tanzten vorüber.

Und Minni und Fritz standen Lippe auf Lippe, Leib an Leib und fühlten der Liebe keusche Seligkeit in den jagenden Herzen –

Doktor Melzer saß bei der dritten Flasche Burgunder im Weinzelt – ganz allein. Er befand sich bereits im Stadium weinseliger Selbstbejammerung. Es freute ihn nur noch das eine, daß er dieses Hähnchen glücklich geangelt hatte. Der Mensch war ohne Zweifel zuverlässig, und die nötige Gerissenheit würde dieser Gockelhahn fraglos auch aufbringen, um die gefährliche Geschichte zu befingern –!

Ah – da war er ja wieder –

„He – famos, Hähnchen, daß Sie mir –

Fritz Hahns offizielle Miene machte ihn stutzig.

„Na nu – Mensch, haben Sie auch schon halb das heulende Elend?!“ fragte er mit seinem scheußlichen Kichern. „Kommen Sie – saufen Sie!“ Seine Stimmung schlug plötzlich um, und weinerlich fuhr er fort: „Keine Menschenseele kümmert sich um mich – Mein Weib ist mir untreu, – ich glaube, jeden Tag mit nem andern. Hella hat sich mit dem verrückten –“

Fritz Hahn legte die zehn Tausendmarkscheine vor ihn hin. Melzer verstummte, glotzte den vor ihm Stehenden aus roten, schwimmenden Augen an –

„Herr Doktor, ich verzichte auf die Stellung –“ sagte Hahn kurz.

„Deubel! Hähnchen – haben Sie Angst?“

Hahn wurde aufmerksam. „Angst? Wovor?!

„Sie kleiner Schäfer, Sie –! Tun Sie man nicht so –! In dem anonymen Briefe boten Sie sich doch dazu an, mir die Papiere mit nach Zürich hinüberzuschmuggeln –“

Fritz Hahn sah nun ganz klar. Ohne Zweifel hatte Marga dies in den Brief nur eingefügt, damit er die Anstellung bestimmt erhielte und damit sie dann später in Zürich – ja – nur so konnte es sein! Mit welchen Mitteln hatte diese Frau um ihn gekämpft –! Aber auch – wie mußte sie ihn geliebt haben –

„Die Sache ist für mich erledigt, Herr Doktor,“ sagte er kurz. „Leben Sie wohl –!“

Er schritt schnell davon. – Melzer stürzte ein neues Glas Burgunder hinunter, Tränen liefen ihm über die blauroten Wangen – Alle Welt verließ ihn – Am besten, man hing sich auf – Oder – man – soff noch mehr! – Er lachte schallend –

„Ober – noch eine Burgunder – Bringen Sie sich ein Glas mit – Ober – meine Frau betrügt mich; Hähnchen ist ausgekniffen – Ich bin ein bemitleidenswerter Mann –“

Fritz Hahn begegnete Hella und Krecht, gratulierte ihnen, fügte hinzu: „Die Anstellung bei der Ballaratt habe ich ein für allemal abgelehnt!“

„Brav!“ nickte Hella und drückte ihm die Hand. „Und – keine Sorge um die Zukunft! – Felix und ich machen den Orientbasar auf, und Sie und Ihre kleine Minni wursteln mit der Wotauzent weiter. Sie beide wird das Geschäft schon ernähren, wenn Minni mithilft. Und später findet sich was Besseres vielleicht – Gehen wir, ich möchte Minni kennen lernen –“

In der Laube saßen die beiden Brautpaare. Der Sekt perlte in den Gläsern. Krecht präparierte für Minni eine Auster –

„So, Minni-Türkischen, nun runter damit! Die erste schmeckt eklig, die zweite salzig, die dritte schon besser und die vierte tadellos – genau wie die holden Frauen –!“

Hella schlug ihm leicht auf die Schulter. „Du – ich möchte mir ausgebeten haben, daß mit der vierten Auster bei Dir nun Schluß ist –!“

„Selbstmurmelnd, Hellachen, – selbstmurmelnd! Bei meiner Bedürfnislosigkeit –!

„Na – na –! Ich habe Beweise – Garderobenzimmerbeweise, daß –“ Das weitere flüsterte sie ihm ins Ohr –

Minni und Fritz erhoben sich, um tanzen zu gehen, – Und Minni flüsterte selig: „Wie glücklich bin ich, Du, – wie glücklich – Nur – nur die Auster hätte ich nicht essen sollen. Nein – mir wird auch die vierte nicht schmecken –“ –

Und als sie dann morgens um drei heimfuhren und vor Minnis Haus anlangten, stand Vater Gottlieb Pinz im Flur und, meinte:

„Nee – was war der Melzer nur wieder vull! Mitn Fahrstuhl hab ich ihn ruffgefahren! Es is n Elend! Nur jut, daß Ihr beede so leidlich nichtern seid.“

Er gab Minni einen Kuß – nach sehr, sehr langer Zeit wieder einmal, – Und in der Portierloge brummelte er vor sich hin: „Na – nu weeß ich doch wenigstens, daß s meene Kinder sind! Die Klara hat janz recht: die Minni und die Lotte habn beede ann Hals hinten jenau denselben Leberfleck wie ich, und det is eben echte Vererbungsteejorie – oder wie det Fremdwort so ähnlich heeßt –“ – Dann rief er in den Flur hinaus:

„Kinder, ich denk, Ihr habt Euch nu jenug zum Abschied jeknutscht. Nu is s mitn Maskentaumel aus, Kinder – Nu werdt man wieder vernünftig! Morgen is ooch noch ’n Tag, und Mutter und ich vastehn uns nu wieder janz – wat die Hauptsache bleibt!“

Ein halbes Jahr nach Minnis und Hellas Hochzeit heiratete Frau Marga in aller Stille den Rechtsanwalt Helmke. Und diese Ehe wurde dann genau so glücklich wie die der beiden anderen Paare –

Vater Gottlieb hat letztens bei dem ersten jungen Hähnchen Pate gestanden. Das Hähnchen war kein Hühnchen, sondern ein richtiger Hahn – ein strammer Junge. Und darauf ist Frau Minni sehr stolz, besonders da bei Krechts der Storch nur ein Mädel abgesetzt hat. Krecht behauptet, das sei bloßer Zufall. Aber Minni denkt anders darüber. Sie sagt immer: „So lieb, wie wir beide uns haben, Fritz, – das gibts nicht zum zweiten Male! Und je größer die Liebe, desto leichter spendet der Klapperstorch einen Buben, – obwohl Nummer zwei nun von mir aus ein Mädel werden könnte –“ –

Doktor Melzer braucht sich nicht mehr einsam und verlassen zu fühlen. Er ruht längst dort, wo er stille, ernste Gesellschaft hat –

* * * * * *