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Ursache einer blutigen Fehde

 

Ursache einer blutigen Fehde.

 

Eine alte badische Chronik berichtet folgendermaßen: Der Ritter von Sibingen schickte zu seinem Nachbar, dem Ritter von Gehrhausen, einen Boten und ließ ihm sagen: „Schicken Sie mir ein blaues Schwein mit einem schwarzen Schwanz, oder –“.

Der Gehrhauser läßt erwidern: „Ich habe keins, und wenn ich eins hätte, dann –“.

Darüber kam es zwischen beiden zu einer blutigen Fehde, durch welche die Äcker und Gehöfte um ihre Burgen verwüstet und viele Menschen getötet wurden. – Endlich legte sich der deutsche Kaiser ins Mittel und schickte einen Gesandten auf den Kampfplatz, um den Streit zu schlichten. – Der Gesandte lud die Parteien vor und fragte zunächst den Sibinger:

„Was meintet Ihr damit, als Ihr dem Gehrhauser sagen ließet: Schicken Sie mir ein blaues Schwein mit einem schwarzen Schwanz, oder –“.

„Ich meinte nur, es käme auf das Aussehen des Schweines nicht an. Das ‚oder‘ sollte eben bedeuten: Oder irgendein anderes!“

Darauf der Gesandte zu dem Gehrhauser:

„Und warum antwortet Ihr so grob: Ich habe keins, und wenn ich eins hätte, dann –“.

„Grob –? Ich wollte mit dem ‚dann‘ nur sagen: Dann würde ich es gerne schicken! – Aber ich besaß eben damals leider kein einziges Schwein!“

So wurde dieses gegenseitige Mißverständnis aufgeklärt, das nach der Chronik nicht weniger als 120 Menschen das Leben kostete.

W. K.

 

 

Anmerkung:

  1. Erschien auch als Ursache einer blutigen Fehde in: Illustriertes Unterhaltungs-Blatt (Greiner & Pfeiffer; 8 S.), Jahrgang 1913, Nr. 28, S. 223.