Eine teure „Leiche“. – Sind Druckfehler schon der Schrecken der Setzer, Korrektoren und Redakteure, obwohl sie meist nur komische Entstellungen bewirken, so können die sogenannten „Leichen“, im Satz ausgelassene Wörter, bisweilen sogar recht empfindlichen Schaden verursachen. Am schlimmsten in dieser Beziehung erging es dem Verleger Moore, der im Jahre 1702 eine neue Bibelausgabe erscheinen ließ. Kaum war das Werk in den Handel gelangt, als sich eines Tages ein Polizeibeamter bei Moore einfand und ihn vor den Richter führte. Dieser schlug, als der Verleger ganz entrüstet fragte, was er denn verbrochen habe, die neue, auf dem Tisch liegende Bibel auf und zeigte dem entsetzten Moore im 5. Buche Mosis Kapitel 5 den 21. Vers. Da stand: „Du sollst begehren deines Nächsten Haus, Acker, Knecht, Magd“ usw. Der Setzer hatte das für den Sinn so überaus wichtige „nicht“ ausgelassen, und dieser Fehler machte nun die ganze Bibelauflage nach Ansicht des Richters zu einem das Staatswohl gefährdenden Werke, weil darin ja geradezu eine Aufforderung zum Diebstahl enthalten war.
Moore wurde wirklich zu einer hohen Geldstrafe verurteilt und die ganze Bibelauflage eingezogen und vernichtet. Nur ein einziges Exemplar der verhängnisvollen Ausgabe ward dem Londoner Museum überwiesen, wo es sich noch heute befindet.
[W. K.]
Anmerkung: