Erlebnisse einsamer Menschen
(Nachdruck, auch im Auszuge, verboten. – Alle Rechte vorbehalten. – Copyright by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin 14. 1916.)
Von W. Belka.
Auf der Kommandobrücke der Dampfjacht „Ariadne“ des Hamburger Großkaufmanns und vielfachen Millionärs Behrend standen drei Männer, – der Besitzer des Schiffes, sein Freund Kromer und der alte Kapitän Jensen. Ihre Mienen drückten eine gewisse Unruhe aus, und immer wieder führten sie die Ferngläser an die Augen und suchten bei dem schnell zunehmenden Tageslicht die Oberfläche des in langsamer Dünung auf und abwogenden Ozeanes ab.
„Eine ganz verteufelte Geschichte!“ knurrte Jensen und ließ sein Glas sinken. „Erst treibt uns der tagelange Sturm weit nach Süden ab, dann bricht uns die Schraubenwelle, so daß die „Ariadne“ nur noch mit Hilfe ihrer paar Segelfetzen vorwärts kommt, und jetzt stecken wir mitten in einer riesigen Tangwiese wie in einer Falle. Ich wünschte nur, daß heute endlich die Sonne sich mal wieder zeigte, damit ich feststellen könnte, wo wir uns eigentlich befinden.“
Manfred Kromer, ein noch junger Mann, der in seinem Anzug sofort auf der Promenade des elegantesten Badeortes hätte erscheinen können, hatte wieder sein Einglas in das rechte Auge geklemmt und fragte jetzt mit seiner müden, energielosen Stimme:
„Ohne Sonne kann der Seemann also nicht bestimmen, auf welchem Punkte des Ozeans er sich gerade befindet? – Ich habe manches darüber gelesen. Ganz klar ist mir die Sache aber noch immer nicht.“
Kapitän Jensen und der Großkaufmann lächelten unwillkürlich. Und der erstere meinte gutmütig:
„Sie hatten oft genug Gelegenheit während dieser Reise nach New York, Ihre Kenntnisse in dieser Richtung zu erweitern, Herr Kromer. Aber Sie verrieten nie das geringste Interesse für nautische Dinge. Im übrigen haben Sie recht: ohne Sonne irrt der Seemann wie in tiefster Finsternis auf dem Meere umher und vermag nicht zu sagen, ob er nicht gefahrdrohenden Klippen zutreibt oder von einer der vielen Meeresströmungen noch weiter von seinem Kurse entführt wird. So geht es ja auch uns jetzt, nachdem die „Ariadne“ auf der Rückfahrt von New York geradezu vom Unglück verfolgt worden ist. Ich kann nur vermuten, in welcher Gegend des Atlantischen Ozeanes wir zur Zeit mit gerefften Segeln stilliegen, rings umgeben von einer scheinbar endlosen Tangwiese, in die wir während der Nacht hineingeraten sind. – Doch, sehen Sie, meine Herren, jener helle Fleck in den Dunstschleiern am Horizont ist die Sonne. In einer halben Stunde haben wir ohne Frage das schönste Wetter. Dann dürfte es nicht schwer fallen, sich wieder zurechtzufinden.“
Der Kapitän führte abermals das Glas an die Augen, um einen Ausweg aus den auf der Oberfläche treibenden, dicht ineinander verflochtenen und gut zwei Meter in die Tiefe hinabreichenden Wasserpflanzen zu suchen, in denen die Jacht an einer zufällig offengebliebenen Stelle jetzt wie in einer Falle steckte. – Wieder brummte er eine Verwünschung in seinen grauen Bart.
„Eine heillose Geschichte! Nur ein kräftiger Sturm kann uns von diesen Fesseln befreien. Kein Schiff mit einigem Tiefgang ist imstande, sich durch dieses schwimmende Kraut hindurchzuarbeiten.“
Behrend und Kromer vermochten jetzt auch schon ohne Glas zu erkennen, daß der Ozean, soweit das Auge reichte, mit dieser gelbgrünen, halbverfilzten und zähen Masse bedeckt war, die tatsächlich wie eine ungeheure, halb unter Wasser befindliche Wiese aussah. Solche schwimmenden Tangwiesen, die durch die Meeresströmungen im Laufe der Zeit aus kleineren Feldern durch Vereinigung dieser gebildet werden, bestehen aus einer Algengattung, dem sog. Golfkraut, kommen in allen Ozeanen vor und werden von den Schiffen sorgfältig gemieden, da auch bei Dampfern die zähen Wasserpflanzen dadurch recht unangenehm werden, daß sie sich um die Schrauben schlingen und deren Gang vollständig hemmen.
Entgegen der Erwartung Kapitän Jensens gab der bewölkte Himmel doch erst um die Mittagszeit die Sonne frei. Die dann stattfindende Berechnung der augenblicklichen Lage der Jacht ergab, daß diese sich auf dem 28. Grad nördlicher Breite und dem 45. westlichen Längengrad befand. – Kaum hatte Jensen dies festgestellt, als er auch sofort in den Salon eilte, wo die beiden Freunde, die vor Jahren zusammen in Bonn ein paar Semester Staatswissenschaften studiert und nun nach längerer Trennung gemeinsam die Reise nach New York unternommen hatten, bei einer Zigarre gemütlich plaudernd saßen.
„Ich bringe eine wenig erfreuliche Kunde“, begann der Kapitän ziemlich erregt. „Denken Sie, meine Herren, – wir sitzen im Sargassomeer fest!“
Da er aus den Mienen der Freunde jedoch ersah, daß diese die Bedeutung dieser Tatsache, wahrscheinlich aus Unkenntnis der Bezeichnung „Sargassomeer“, nicht recht zu würdigen wußten, fuhr er schnell fort:
„Über die Tangwiesen haben wir heute schon genug gesprochen. Die größte von diesen nennt man nun „Sargassomeer“. Sie zieht sich zwischen dem 25. und 35. Grad nördlicher Breite und 38. und 60. Grad westlicher Länge hin, nimmt mithin eine ungeheure Fläche des Atlantischen Ozeanes ein und wird von den sie umkreisenden Meeresströmungen an ihrem Platze festgehalten. Noch nie hat sich ein Schiff in das Sargassomeer hineingewagt. Nur der große Entdecker Kolumbus ist bei seiner zweiten Reise nach Amerika in diese schwimmende, endlose Pflanzenmasse hineingeraten und hat vierzehn Tage gebraucht, um sich, wahrscheinlich sogar nur durch einen Zipfel, hindurchzuarbeiten. Ihm verdanken wir auch die ersten Nachrichten über das Sargassomeer, dessen Inneres ebenso unerforscht ist, wie noch heute weite Strecken des afrikanischen Kontinents. Und in diese gefährliche Meerwiese, die uns wie mit Millionen zähen Armen festhalten wird, sind wir durch den Sturm hineingetrieben worden, nicht allzuweit zwar, aber doch weit genug, um nur mit einem neuen Sturm als Befreier rechnen zu können, der vielleicht hier und da Lücken in das Krautfeld reißt, durch die wir nach Südost zu entfliehen können, da nach dieser Richtung hin der Rand des Sargassomeeres uns am nächsten liegt.“
Behrend strich ärgerlich seinen Schnurrbart glatt. Er hatte daheim in Hamburg dringende Geschäfte zu erledigen, und diese Verzögerung der Rückkehr war ihm mehr als unangenehm. Anders Kromer, der, trotz seiner Jugend bereits millionenschwerer Rentier, nichts zu versäumen hatte und daher jetzt gleichgültig hinwarf, indem er weiter mit der Feile seine wohlgepflegten Fingernägel bearbeitete:
„Recht interessant, was Sie da erzählen, lieber Jensen. Na – der Sturm wird schon kommen, der uns aus dieser Patsche hinaushilft.“
Doch der Wettergott meinte es dieses Mal wieder nicht gut mit der „Ariadne“. Nachdem er sie, aus vollen Backen blasend, in das Sargassomeer hineingedrängt hatte, ließ er jetzt einen windstillen, sonnenklaren Tag auf den anderen folgen. Vier Tage mühte sich die Bemannung der Jacht nun schon vergeblich ab, aus den tückischen Pflanzen herauszukommen. Bisweilen öffnete sich ja wie durch Zufall eine kurze Fahrrinne, schloß sich aber bald wieder. Und gerade die Rinnen, die am breitesten und längsten waren, zeigten sich in einer Richtung, die noch weiter in die riesige Tangwiese hineinführte und die die „Ariadne“ daher nie einschlagen durfte, um ihre Freiheit nicht noch mehr zu gefährden.
Am Morgen des fünften Tages wiederholte sich dieses verführerische Spiel abermals: nach Nordwest zu zeigte sich eine sich stetig verbreiternde Straße offenen Wassers, die scheinbar meilenweit sich hinzog. – Kromer, der mit seinem Freunde und dem Kapitän an der Reling des Hinterdecks stand, deutete plötzlich auf eine Anzahl von dunklen Punkten, die in dieser neuen Rinne mit einem Male auftauchten.
„Es sind Seehunde“, belehrte Jensen die beiden Herren. „Merkwürdig, was die Tiere hier mitten im Ozean und so weit ab von jedem Lande zu suchen haben. Gewiß, sie machen ja regelmäßig im Jahr weite Wanderungen, aber so fernab von jeder Küste bin ich ihnen noch nicht begegnet.“
Bei Kromer, der infolge seines Reichtums und seines erschlaffenden Hanges zu völligem Nichtstun nur schwer aus seiner müden Blasiertheit aufzurütteln war, regte sich mit einem Male die Jagdlust.
„Bitte, lieber Jensen, lassen Sie mir doch schnell die Jolle zu Wasser bringen“, bat er dringend. „Ich will zusehen, ob ich nicht einen der Seehunde schießen kann.“
Obwohl der Kapitän ebenso wie auch Behrend ihren Gefährten ernstlich warnten, da sich die Rinne jeden Augenblick wieder schließen könne, wodurch Kromer dann von der Jacht abgeschnitten werden würde, ließ dieser sich den Plan nicht ausreden, bewies hierbei vielmehr eine fast kindische Hartnäckigkeit und lehnte nachher, als er mit seinem Gewehr in der Jolle saß, sogar jede Begleitung mit dem Bemerken ab, er wolle keinen anderen in Gefahr bringen, zumal er ganz gut imstande sei, das leichte Boot allein zu regieren. So stieß er denn wirklich in seinem patenten Strandanzug – weiße Flanellbeinkleider, braune Schuhe, blaue doppelreihige Jacke, tadellos weiße Wäsche und Sportmütze – von der „Ariadne“ ab und ruderte in die offene Straße hinein. Dann, einen leisen Luftzug bemerkend, entfaltete er das kleine Segel, setzte sich ans Steuer, nahm die Jagdflinte über die Knie und lugte scharf nach vorwärts nach den Seehunden aus, die jedoch das Boot längst bemerkt hatten und sich in der Rinne immer weitem nach Nordwest zurückzogen.
Kromer, der nicht gern ohne Beute zur Jacht zurückkehren wollte, hätte aus Vorsicht längst umkehren müssen, verfolgte aber eigensinnig die schnell schwimmenden Tiere eine gute halbe Stunde lang. Hin und wieder hatte er nach der Büchse gegriffen, wenn einer der Seehunde, die häufig untertauchten und ihre runden Köpfe mit den großen Augen dann an einer ganz anderen Stelle erst nach geraumer Zeit wieder emporstreckten, in Schußweite kam, mußte aber immer aufs neue einsehen, wie klug und scheu diese im Wasser so gewandten Fischräuber waren, die ihm nie Zeit zum Zielen gaben und blitzschnell verschwanden, sobald er nur das Gewehr hob.
Im Eifer der Jagd hatte er sich um das Aussehen des Himmels nicht viel gekümmert. Jetzt aber, als ein scharfer Windstoß die Jolle eine tiefe Verneigung machen ließ, blickte er um sich. Hinter ihm eine im Südosten stand eine dunkle Wolkenwand, die sich eben anschickte, die Sonne mit ihren undurchsichtigen Schleiern zu verhüllen. Von der „Ariadne“ sah er nur noch die beiden schlanken Masten. Der Rumpf des Schiffes war bereits unter die Sehlinie gerückt. – Da überkam ihn plötzlich ein leises Furchtgefühl, zumal die Windstöße sich mehrten und er genau achtgeben mußte, daß das kleine Boot nicht kenterte. Gewiß – er hatte auf den Havelseen bei Potsdam, wo er ein palastähnliches Heim besaß, oft genug seine Rennjacht allein gesteuert und wußte daher mit der Handhabung der Segel einigermaßen Bescheid. Aber hier auf dem Atlantischen Ozean war das doch eine ganz andere Sache. Das erkannte er sofort, als er nun wendete und in der stellenweise fast einen Kilometer breiten Rinne gegen den Wind aufzukreuzen versuchte. Bald zog er das Segel, nachdem die Jolle einmal gehörig Wasser geschöpft hatte, ganz ein und griff zu den Rudern. Doch sein wenig durchgearbeiteter, am Wohlleben gewöhnter und verweichlichter Körper hielt diese Anstrengung, gegen einen von Sekunde zu Sekunde stärker werdenden Sturm anzuarbeiten, nicht lange aus.
Inzwischen war die Sonne längst verschwunden. Die Oberfläche des Sargassomeeres wogte schwerfällig auf und ab, die offene Straße wurde enger und enger und schloß sich bald vollständig, so daß Kromer mutlos die Ruder sinken ließ. Die Dunkelheit nahm zu. Von der Jacht war, selbst wenn er sich aufrichtete, keine Spur zu erblicken. Und nur zu schnell hatte die bewegliche Pflanzenmasse ihn völlig umklammert. – Regungslos saß er auf der Steuerbank, kalte Furcht im Herzen. Gewiß – man würde ihn nicht im Stich lassen, und Behrend würde alles aufbieten, um ihn zu finden. Aber – konnte die „Ariadne“ nicht durch den Sturm abermals anderswohin verschlagen werden und er nicht längst verhungert und verschmachtet sein, bevor die Rettung nahte?! – Angstschweiß trat ihm auf die Stirn, seine Hände wurden feucht vor innerer Erregung. Lebensgefahr hatte er bisher nicht kennen gelernt, war vielmehr stets um sein, nur für ihn selbst allerdings wertvolles Leben äußerst besorgt gewesen.
Wie erstarrt saß er da, blickte stier auf die auf und abwogende Oberfläche des Sargassomeeres, die immer unruhiger wurde und die die leichte Jolle mit jedem Wellenberge hoch emporhob. Stunden vergingen so. Der Wind war längst zum Sturm geworden. Regenschauer rauschten herab und durchnäßten den jungen Millionär vollständig. Er fror jetzt, daß ihm die Zähne klappernd aneinander schlugen.
So verging der Tag und auch die Nacht. Unter dem Steuersitz der Jolle befand sich ein kastenartiger Verschlag, in dem stets ein Fäßchen Trinkwasser und haltbare Lebensmittel für alle Fälle aufbewahrt wurden. Erst als der Hunger den leichtsinnigen Jäger zu quälen begann, dachte er an diese Vorräte, erbrach mit einem der Ruder das Türchen und stärkte sich. Doch seine verzweifelte Lage ließ ihn, heute vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben, vorsorgend an die Zukunft denken. Er ging sparsam mit dem Wasser um und aß nur das Nötigste, um länger mit dem Vorhandenen auszukommen.
Gegen Morgen nahm der Sturm ab. Da bereitete Kromer sich aus den Segeln ein Lager am Boden der Jolle und streckte sich zum Schlafen hin, so gut er Platz fand. Vor Erschöpfung schlummerte er sofort ein. Um die Mittagszeit erwachte er, nahm eine bescheidene, aus Schiffszwieback und kaltem Konservenfleisch bestehende Mahlzeit ein und überdachte dann seine Lage. Der immer noch dicht bewölkte Himmel hatte morgens die Sonne so vollkommen verhüllt, daß er nicht zu sagen vermochte, wo sie aufgegangen war, und er daher jede Orientierung nach der Himmelsrichtung verloren hatte. Trotzdem glaubte er bestimmt, daß eine inzwischen neu entstandene Rinne nach Südost verlaufe, zog die Segel auf und steuerte, von froher Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen mit der Jacht beseelt, in den offenen Wasserstreifen hinein. Der Abend kam. In schmäleren und breiteren Kanälen, die der Sturm im Sargassomeer geschaffen hatte, war Kromer, wie er sich einbildete, stets in südöstlicher Richtung getrieben. Oft hatte er nach der Jacht vergeblich Umschau gehalten. Nun kam wieder die Dunkelheit und mit ihr die Schrecken der Einsamkeit, allerlei Befürchtungen, schlimme Selbstvorwürfe und niederdrückende Verzweiflung. Erst das Tageslicht gab ihm einigen Mut zurück, und abermals segelte er bei einer leichten Briese und bedecktem Himmel nach Südost davon. Wenigstens dachte er, bisher diese Richtung eingehalten zu haben, und jeden Augenblick erwartete er, den Rand des Sargassomeeres zu erreichen. Doch auch dieser Tag verging, ohne eine Änderung seiner Lage zu bringen. Da begann sich eine tiefe Niedergeschlagenheit seiner zu bemächtigen. Er sah ein, daß er sich in der Richtung geirrt haben müsse und sicher noch tiefer in die endlose Tangwiese hineingeraten war. Wieder schlief er auf dem harten Lager vor Ermattung ein. Aber wilde Träume beunruhigten ihn fortgesetzt, so daß er müde und kaum erfrischt sich schon vor Tagesanbruch erhob. Er wußte, daß nur ein glücklicher Zufall ihn noch retten könne. Und so fuhr er in seinem kleinen Boot gleichgültig und getrieben von einem gewissen Trotz von einer offenen Rinne in die andere, stets dabei bemüht, ein und dieselbe Richtung beizubehalten. Noch zwei Tage ging es so weiter – wohin, wußte er nicht. Dann kam endlich die Sonne hinter den sich lichtenden Wolkenmassen hervor. und die Luft wurde gleichzeitig klarer und gestattete eine größere Fernsicht. Da heute der Wind ganz eingeschlafen war, lag das kleine Boot fast regungslos in einer kaum sechs Meter breiten Durchfahrt, und Kromer erkletterte mehrmals die mittelste Ruderbank, reckte sich an dem Maste empor und streifte den Horizont mit den Blicken ab. Nichts war zu sehen als die endlose, leise wogende, grüngelbe Oberfläche des Sargassomeeres, durch die sich hier und da die blinkenden, offenen Rinnen wie ein weites Netzwerk hinzogen.
Die Sonne war da. Aber sie hatte dem jungen Millionär nur die Gewißheit gebracht, daß er zumeist nach Nordwest, also mitten hinein in die Tangmassen, gesteuert war. Auch diese Erkenntnis war ihm gleichgültig. Wieder stieg er jetzt auf die Ruderbank, um Umschau zu halten, da das Sonnenlicht eine immer ausgedehntere Fernsicht gestattete. Teilnahmslos glitten seine Augen in die Runde. – Da – täuschte er sich? – Da vor ihm hob sich aus der endlosen Fläche des Sargassomeeres etwas wie ein dunkler Fleck heraus. Nochmals strengte er seine Augen an – nein, der sich ziemlich scharf von der Umgebung abhebende Fleck blieb bestehen. – War’s ein Schiff, war’s eine Insel? Letzteres schien ausgeschlossen. Hatte doch Kapitän Jensen erklärt, daß es in diesem Teile des Atlantischen Ozeanes kein Land gebe und daß die nächste Inselgruppe die Kleinen Antillen im Nordosten Südamerikas seien. – Also ein Schiff? – Wie aber kam ein solches hier mitten in das Sargassomeer? – Doch Kromer grübelte hierüber nicht weiter nach, hißte die Segel und hielt auf den fernen dunklen Fleck zu: er mußte wissen, was er da vor sich hatte, und erfüllt von neuen Hoffnungen durchkreuzte er die offenen Stellen, arbeitete sich auch zuweilen mit Hilfe der Ruder durch die schwimmende Pflanzendecke hindurch, wenn er in einen günstigeren Kanal gelangen wollte, durch dessen Benutzung er schneller sein Ziel zu erreichen hoffte.
So verging eine halbe Stunde. Immer deutlicher hoben sich die Umrisse des rätselhaften Gegenstandes am Horizonte ab. Dann – fast entrang sich ein Jubelruf Kromers Brust! – schwand der letzte Zweifel: es war eine Insel, ziemlich flache und von geringer Größe zwar, aber immerhin festes Land mit dunkelgrünen Flecken, die nur Wälder sein konnten. – Noch eine halbe Stunde, und das einsame Gestade lag kaum noch tausend Meter von ihm entfernt. Wie er jetzt erst bemerkte, zog sich um die Insel ein breiter Streifen offenen Wassers hin, der wahrscheinlich auf eine das Eiland umkreisende starke Strömung zurückzuführen war. Bald lenkte die Jolle dann in diesen freien Wasserkranz ein, und der junge Millionär, der es kaum erwarten konnte an Land zu kommen, ließ das Boot nun in voller Fahrt auf den Strand zulaufen, der mit seinem hellen Sandstreifen, den grünen Büschen und weiten Baumgruppen so verlockend herüberwinkte. Eine Brandung gab es hier nicht, und die kleinen Wellen, die das Wasser kräuselten, eilten ungehindert dem Gestade zu.
Dann plötzlich ein furchtbarer Stoß, ein Brechen und Knistern von Holz, und die Jolle lag mit aufgerissenem Boden und geknicktem Mast still. Sie war auf eine scharfe, verborgene Felszacke gelaufen, die jetzt durch die geborstenen Bretter hindurchragte.
Aber auch dieser unglückliche Zwischenfall und die Tatsache, daß das Boot sich schnell mit Wasser füllte, vermochte Krömer nicht aus seiner zuversichtlichen Stimmung herauszureißen. Keine hundert Meter trennten ihn mehr vom Strande, und es mußte ein leichtes sein, diesen schwimmend zu erreichen. So zog er denn schnell seinen Anzug und die Schuhe aus, legte alles säuberlich auf den Steuersitz, wohin das Wasser kaum steigen konnte, und ließ sich in die kühle Flut gleiten. Mit kräftigen Stößen strebte er dem Ufer zu. Immer geringer wurde die Entfernung bis zu dem freundlichen Eiland. Und doch sollte Kromer es nicht ohne Lebensgefahr betreten. Zu seiner Linken sah er mit einem Mal die ihm von einer Reise nach Brasilien nur zu wohlbekannte Rückenflosse eines Haifisches auftauchen. Der große Raubfisch näherte sich mit unheimlicher Geschwindigkeit. Schon gab Kromer sich verloren, als ihm noch zur rechten Zeit einfiel, daß die Neger an der Küste von Brasilien im Notfalle dem Hai dadurch zu entgehen trachten, daß sie blitzschnell untertauchen und ein Stück unter Wasser weiterschwimmen. In seiner Todesangst versuchte er es mit diesem letzten Mittel, ließ sich in die Tiefe sinken, erreichte sehr bald steinigen Grund und schob sich an diesem mit den Händen eiligst dem Ufer zu. Als ihm die Luft allzu knapp wurde, tauchte er auf und bemerkte hierbei zu seinem freudigen Erstaunen, daß das Wasser ihm nur noch bis unter die Arme reichte. Der Haifisch war jetzt vielleicht zehn Schritte hinter ihm, aber der nahe Strand und die neu belebte Aussicht auf Rettung gaben ihm die nötigen Kräfte, um sich noch näher an das Ufer heranzuarbeiten, bis er nur noch bis zu den Hüften sich in dem nassen Element befand. In der klaren Flut erblickte er in demselben Moment einen schweren, kantigen Felsblock, bückte sich, hob ihn hoch über den Kopf empor und ließ ihn dann, als der beutegierige Hai dicht vor seinen Füßen sich auf den Rücken warf, da er nur in dieser Lage mit seinem furchtbaren Gebiß zuschnappen kann, mit voller Gewalt der Meeresbestie etwas von seitwärts auf den Kopf fallen. Gerade mit einer spitzen Kante schlug der zentnerschwere Stein dem Haifisch gegen den Schädel. Zu gleicher Zeit aber tat Kromer einen Sprung nach rückwärts und hastete durch das vor seinen Beinen aufspritzende Wasser dem Strande zu.
Jetzt kam der Rückschlag nach der eben überstandenen Aufregung und Anspannung aller Kräfte. Matt sank er in den Sand, während seine Brust in keuchenden Atemzügen sich hob und senkte. Erst nach einer ganzen Weile stand er dann wieder auf und schaute nach seinem Verfolger aus. Doch von dem Haifisch war nichts mehr zu sehen. Nur das Wasser zeigte an einer Stelle eine rötliche Färbung, ein Beweis dafür, daß der gefürchtete Meeresräuber ziemlich schwer verletzt sein mußte. Nun erst ließ der junge Millionär sich Zeit, einen prüfenden Blick über das Ufer und dessen Umgebung zu werfen. – Sanft stieg der Strand, auf dem hier und da einige zerstreute Felsen lagen, bis zu einer Höhe von etwa fünf Meter an. Dort, wo der feinkörnige Sand aufhörte, wucherte üppiges Gras, standen auch vereinzelte Sträucher, die sehr bald in einen Hain von Korkeichen übergingen. – Zögernd schritt Kromer dem Inneren der Insel zu, blieb oft ängstlich lauschend stehen und schaute sich vorsichtig um. Vorhin, als er sich nach dem Kampfe mit dem Haifisch ausgeruht hatte, war es ihm vorgekommen, als habe er in dem Hain von Korkeichen die Stimme eines Tieres gehört, die ähnlich wie das Bellen eines Hundes klang. Diese Töne hatten ihn ängstlich gemacht. Eine Waffe besaß er nicht. Die Jagdflinte lag ja ebenso noch in dem halb zerstörten Boot wie der Inhalt seiner Taschen, zu dem außer einem Messer noch ein kleines Luntenfeuerzeug, seine Uhr und andere Kleinigkeiten gehörten. Um für alle Fälle gerüstet zu sein, nahm er einen schweren Stein auf und hielt ihn wurfbereit in der Hand. So gelangte er dann durch den Streifen lichten Gebüsches nach einigen Minuten in den wohltuenden Schatten der Korkeichen, die er an ihrer dicken, in der Industrie so vielfach Verwendung findenden Rinde sofort als solche erkannt hatte. Nachdem der Hain, der einige hundert Bäume enthalten mochte, passiert war, trat er auf ein flaches, grasbewachsenes Feld hinaus, dessen Grenze nach Nordwesten zu eine hügelige Felsenwildnis bildete, in deren Mitte er eine Erhebung bemerkte, die die Form eines abgestumpften Kegels hatte.
Jetzt sofort noch weiter vorzudringen wagte Kromer nicht. Erst wollte er sich seine Kleider und das Gewehr von der Jolle holen, auch etwas essen, da er plötzlich starken Hunger verspürte. So schritt er denn dem Strande wieder zu. Und auf dem Rückwege bemerkte er nun auch die ersten Tiere, die die Insel bevölkerten: ein paar Kolibris mit ihrem buntschillernden Federkleid, Papageien und einen taubenähnlichen Vogel, der auf dem Zweige einer Korkeiche neben seinem aus Ästen und Gras gebauten Neste saß.
Erst als der junge Millionär wieder am Ufer stand und das Boot mit dem geknickten Mast, dessen Segel halb in das Wasser eingetaucht waren regungslos daliegen sah, fiel ihm ein, daß er es nicht wagen dürfe nochmals hinüberzuschwimmen. Nur zu leicht konnte ja wieder ein Hai auftauchen, der ihn als Mittagsmahlzeit verspeisen wollte. – Diese erste Schwierigkeit die dem verwohnten Millionär entgegentrat, lähmte sofort seine Energie, die die Umstände ihm an diesem Tage für kurze Zeit aufgezwungen hatten. Traurig und niedergeschlagen setzte er sich in den Sand und überdachte seine Lage. Unwillkürlich irrten seine Gedanken zu der eleganten Jacht hin, auf der er so gar nichts vermißt hatte, was er für seinen verfeinerten Lebensgenuß durchaus notwendig hielt. – Wo mochte die „Ariadne“ jetzt sein? Vielleicht saßen Behrend und Kapitän Jensen in diesem Augenblick im Salon an der reichgedeckten Mittagstafel und sprachen von ihm, bedauerten ihn – oder schalten über seinen Leichtsinn, der ihn dazu verführt hatte, den Gefahren des Sargassomeeres zu trotzen. – Die Erinnerung an die gute Verpflegung an Bord der Jacht ließ Kromer an seinen eigenen Hunger denken. Wenn er doch nur den Rest der Vorräte aus der Jolle hier gehabt hätte …! Wie würde er sich dann einmal wieder gehörig sattessen, wo er jetzt mit den Lebensmitteln nicht mehr zu sparen brauchte, da die Insel ihm schon alles Notwendige liefern würde. – Die Insel …! Ja, ob er sich nicht einmal nach eßbaren Früchten womöglich in der Nähe umsah …? Vielleicht fand er einige, die er kannte. Schnell erhob er sich und eilte am Strande entlang, um an einer anderen Stelle nach Früchten zu suchen, da der Korkeichenhain oder dessen Umgebung für seine Absichten nicht in Betracht kam. Zehn Minuten wanderte er in dem weichen Sande dahin, ohne in der Nähe des Ufers Bäume oder Sträucher zu entdecken, die ihm eine Mahlzeit spenden konnten. Dann hemmte eine Menge übereinander gestürzter, verdorrter Bäume, die ein Sturm von einem bis ins Wasser reichenden großen Felsen herabgeweht haben mußte, seine Schritte. Nadelbäume waren es, ähnlich der deutschen Kiefer, vor denen Kromer halt machte und eine Weile nachdenklich stehen blieb.
Ein Gedanke war ihm beim Anblick dieser entwurzelten Stämme gekommen, – ein kostbarer Gedanke: er wollte sich ein Floß aus den Bäumen bauen und damit nach der Jolle hinüberfahren! – Kaum gedacht, ging er auch schon an die Ausführung dieser Idee. Der Hunger war vergessen, und halb im Wasser stehend, suchte er die am leichtesten aus dem Gewirr von Ästen zu entfernenden Stämme für seine Zwecke etwas abseits zu tragen. Eine Stunde Arbeit und viel Schweiß kostete ihm dieser erste Versuch, sich ein einigermaßen brauchbares Floß herzustellen. Dann schwammen vier der Nadelbäume, deren Tragfähigkeit er noch durch untergeschobene Äste verstärkt und die er mit Ranken von Schlingpflanzen möglichst fest miteinander verknüpft hatte, auf dem Wasser, und, einen dünneren Stamm als Stange benutzend, stieß er nun sein plumpes Fahrzeug vom Ufer ab und schob es, mitten darauf stehend, Meter für Meter weiter, wobei ihm dann bald eine Strömung zu Hilfe kam, die ihm das Vorwärtsbewegen des Floßes[1] wesentlich erleichterte. In einer Viertelstunde legte er die Entfernung bis zu dem Boote zurück, befestigte das Floß dann an diesem mit einer Leine und machte sich nun zunächst daran, die Segel zu bergen und sie über die vorstehenden Äste seines ersten selbstgefertigten Fahrzeuges auszubreiten, so daß er nachher seine Kleider, die Büchse, die Jagdtasche mit den Patronen und den Proviant auf dem Floße trocken unterbringen konnte.
Als er die Jolle dann wieder verließ und sein neues, unbeholfenes Schiff dem Ufer zutrieb, hatte er aus dem Boote alles entfernt, was nicht niet- und nagelfest war. Nach einer reichlichen Mahlzeit reinigte er zunächst gründlich die doppelläufige Flinte, die in der lecken, halb voll Wasser gelaufenen Jolle naß geworden war, breitete die Segel und seine Kleider zum Trocknen auf dem Strande aus, trug die Konservenbüchsen, das bereits fast leere Wasserfäßchen und die Blechkisten mit den Schiffzwiebacken in den Schatten des nächsten Gebüsches, zog seine Schuhe an, hing die Jagdtasche um und eilte, das geladene Gewehr im Arm, abermals dem Korkeichenhaine zu, um das Innere der Insel weiter zu durchforschen. Daß er diese Entdeckungsreise in einem so seltsamen Kostüm antrat, – in weißen Unterhosen, einem blaugestreiften Oberhemde, braunen Schuhen und einer Sportmütze, war ihm sehr gleichgültig. Bei der brennenden Sonnenglut erschien ihm dieser Anzug sogar sehr praktisch. Hatte er doch auch bereits die Überzeugung gewonnen, daß die Insel unbewohnt sei. Wer sollte wohl auch hier inmitten des unwegsamen Sargassomeeres hausen …?!
Zunächst erstieg er den kegelförmigen, vielleicht dreißig Meter hohen Felshügel. Von hier hatte er tatsächlich, und damit hatte er gerechnet, einen vollkommenen Überblick über die kleine Insel, die bei unregelmäßig kreisförmiger Gestalt vielleicht einen Durchmesser von zwei Meilen besaß. Im Nordwesten bemerkte er jetzt auch eine breite Reihe von Klippen, die sich von dem Eiland wie eine Hafenmole weit in die See hinausstreckte. – Der Felshügel lag ungefähr in der Mitte der Insel und bildete deren höchste Erhebung. Im übrigen war das Eiland ziemlich flach und wies nur hier und da verstreute Felspartien auf. Kleine Wälder aus Lorbeerbäumen, Korkeichen und Nadelbäumen wechselten mit frischgrünen Grasstreifen und Gebüschen ab, und am Fuße des kegelförmigen Hügels entsprang auch eine starke Quelle dem Gestein, die sich bald zu einem kleinen Bach verbreiterte, der sich wie ein Silberband nach Nordwesten zu dahinschlängelte.
Nachdem Kromer so einen Überblick über seinen neuen Aufenthaltsort gewonnen hatte, suchte er mit den Augen sorgfältig den Horizont ab, ob er nicht irgendwo die Rauchsäule eines Dampfers oder noch weitere Eilande bemerken könne. Doch, soweit sein Blick reichte, erspähte er nichts als die in so eigenartigem Grün schimmernde Fläche des endlosen Sargassomeeres. Mit niederdrückender Gewalt überkam ihn da das Gefühl der Verlassenheit. Er setzte sich auf einen nahen Felsblock, stützte den Kopf in beide Hände und starrte trostlos vor sich hin. – Also allein auf einer einsamen, von der Welt völlig abgeschlossenen Insel, ganz allein …! Hier würde er, wenn nicht irgendein Glückzufall eintrat, sein Leben beschließen müssen, hier würde aber vielleicht auch bald der Wahnsinn sich seiner bemächtigen. – Er dachte an Robinson Krusoe, dessen Geschichte er als Knabe mit so großer Anteilnahme gelesen hatte. Nun war er selbst ein moderner Robinson geworden, nur mit dem Unterschiede, daß der andere doch in seinem braunen Freitag einen treuen Gefährten finden durfte, während er selbst stets allein bleiben würde – stets! – Die Hoffnung, daß sein Freund Behrend dieses Eiland entdecken und ihn befreien könne, gab er als völlig eitel auf. Kein Mensch ahnte ja etwas von dem Vorhandensein dieser Insel mitten im Sargassomeer. Man würde ihn für tot halten, würde seine Reichtümer unter seine Verwandten teilen, die er kaum kannte und die in so bescheidenen Verhältnissen lebten. – Seine Reichtümer …! – Er lachte bitter auf. Zum ersten Mal erkannte er jetzt, daß auch der Macht des Geldes eine Grenze gesetzt ist. Was hätte ihm sein Geld hier genützt …?! Nichts – nichts! –
Aus diesem nutzlosen Grübeln schreckten ihn ferne Laute auf, die er schon einmal vernommen hatte. Sie klangen wirklich wie das Bellen von Hunden. – Schnell erhob er sich und schaute suchend in der Richtung nach der molenähnlichen Klippenhalbinsel aus. Dorther kamen die eigenartigen Töne, bald lauter, bald schwächer, wie von einer jagenden Meute. Aber Lorbeerwälder versperrten ihm die Aussicht, und dann hörte das Kläffen auch bald wieder auf. Immerhin gab dieser Zwischenfall dem jungen Millionär die Überzeugung, daß, selbst wenn es sich nicht um Hunde handelte, größere Tiere auf dem Eiland heimisch sein müßten. Weiter aber auch hatte ihn diesem Ausspähen nach den unsichtbar gebliebenen, vierfüßigen Mitbewohnern seiner Insel aus seiner trüben Schlaffheit wieder aufgerüttelt. Zu seinem Schrecken sah er erst jetzt, daß die Sonne sich bereits dem Horizont näherte und die Abenddämmerung nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Er besaß noch keinen Unterschlupf für die Nacht, die er vorsichtshalber nicht unbeschützt im Freien zubringen durfte, da er noch nicht mit Bestimmtheit wußte, ob das Eiland nicht wilde Tiere beherbergte. Und dieser Gedanke trieb ihn schnell zum Strande zurück. Dort fand er seine bescheidene Habe noch unberührt vor. Nur neben dem Gebüsch, hinter dem er den Proviant vor den Sonnenstrahlen geborgen hatte, bemerkte er an einer sandigen Stelle die frischen Spuren von mehreren Tieren, deren Ballenabdrucke er ihrer Größe nach für solche von Wolfshunden gehalten haben würde, wenn er sich in Deutschland befunden hätte. Die Gewißheit, daß es sich nur um mittelgroße Tiere handelte, ließ ihn diese Entdeckung jedoch nicht weiter gefahrdrohend erscheinen.
Sofort machte er sich nun auf die Suche nach einem Lagerplatz für die Nacht. Schon vorhin hatte er beim Abstieg von dem Kegelberge an den in das Wasser hineinragenden Felsen gedacht, von dem die entwurzelten, für das Floß benutzten Nadelbäume stammten. Als er dann diesen Felsen jetzt nochmals auf seine Brauchbarkeit als Nachtquartier hin prüfte, fand er ihn für diesen Zweck überaus geeignet. Der Felsen, der oben ein Quadrat von ungefähr sechs Meter Seitenlänge bildete, fiel nach der Insel hin bei einer Höhe von etwa vier Meter steil ab und war auch vom Wasser aus schwer zu erklimmen. Stellenweise wucherte üppiges Gras auf seiner Oberfläche, ebenso standen dort noch ein paar Kiefern, an denen er leicht das große Segel der Jolle als Zelttuch befestigen konnte.
Eilig schleppte er nun sein ganzes bewegliches Besitztum nach dem Felsen hin, baute sich ein Zelt, raufte Gras für ein Lager aus, breitete das kleinere, dreieckige Segel darüber und trug trockenes Holz zusammen, um während der Nacht ein kleines Feuer unterhalten zu können. Beim Holzsuchen – die entwurzelten Bäume lagen halb im Wasser und konnten daher nicht benutzt werden – entfernte er sich ein Stück von der Küste und traf so zufällig auf einige Kastanienbäume, unter denen eine große Menge abgefallener Früchte lag. Er schmeckte eine davon und stellte so zu seiner Freude fest, daß es eßbare Kastanien waren, sammelte einen Vorrat davon in seine Jagdtasche und brachte sie zu seinem Lagerplatz. Inzwischen war die Dunkelheit mit der tropischen Gegenden eigentümlichen Schnelle hereingebrochen. Da er jetzt auch wieder Hunger verspürte, suchte er mit Hilfe seines kleinen, sonst nur zum Anzünden von Zigarren benutzten Luntenfeuerzeuges ein Feuer in Brand zu bringen. Aber wieviel Mühe kostete es ihm einen Erfolg zu erzielen! Erst als er trockenes Moos von dem Felsen abkratzte und in dieses Harz von den Kiefern, das er zwischen Steinen zu Pulver rieb, hineingestreut hatte, gelang es ihm durch den schwelenden Docht eine Glut zu erzeugen, die dann durch vorsichtiges Hineinblasen endlich eine Flamme entwickelte. Leider hatte Kromer dieser erste Versuch, ohne Streichhölzer ein Feuer zu entfachen, fast die Hälfte des vorhandenen Dochtes gekostet, von dem nur noch ein etwa sechs Zentimeter langes Stück übrigblieb, so daß er sich vornahm, das Feuer von jetzt an ständig zu unterhalten.
Die in der Glut gerösteten Kastanien schmeckten ihm zu dem gleich in der Blechbüchse heißgemachten Konservenfleisch vorzüglich, und ein Schluck Wasser aus dem Fäßchen und einer der Schiffszwiebacke bildeten den Nachtisch. Dann nahm er sein Notizbuch vor, spitzte den Bleistift neu an und schrieb möglichst klein auf die erste leere Seite:
„Manfred Kromer aus Potsdam, Gneisenaustraße 18, landete auf diesem Eiland im Sargassomeer am 14. Mai 1910 mittags gegen halb 12 Uhr.“
Weiter trug er noch beim Scheine des ruhig brennenden Feuers in kurzen Stichworten alles ein, was er an diesem ersten Tage seines Robinsondaseins erlebt hatte. Dann legte er noch einige starke Äste in die Glut, von denen er sich versprach, daß sie lange vorhalten würden, streckte sich in dem Zelt auf sein Lager aus und schlief auch in kurzer Zeit ein. Wirre Traumbilder brachte sein durch die Strapazen der letzten Tage überreiztes Hirn hervor. Er sah sich von einem ganzen Rudel bissiger Hunde verfolgt, vor denen er in wilder Hast floh und die ihm doch ständig näherrückten.
Plötzlich begannen sich Traum und Wirklichkeit in seiner Gedankenwelt zu vermischen. Schon halb wach richtete er sich auf. Sein erster Blick fiel auf das schon fast erloschene Feuer. Dann horchte er auf … Dicht an dem Felsen hörte er tatsächlich das wütende Kläffen zahlreicher Hunde. Es konnten nur Hunde sein. Er kannte kein Tier, das diese bezeichnenden Laute von sich gibt. Bisweilen schwieg das Gebell, um sofort in nervenaufpeitschender Stärke wieder zu beginnen. Ein kalter Schauer lief Kromer über den Rücken, und seine Hand tastete halb unbewußt nach der neben ihm liegenden Büchse. Dann schob er sich durch den offengelassenen Spalt des Zeltes leise ins Freie. Der Mond stand hoch am Himmel, und sein weißes, geisterhaftes Licht ließ die Umgebung ziemlich deutlich erkennen. Langsam streckte Kromer den Kopf über den Rand des Felsens hinaus. Was er jetzt erblickte, ließ sein Herz in jähem Schreck schneller schlagen. Gut dreißig Hunde von verschiedener Färbung, aber ungefähr derselben Größe und dem Aussehen deutscher Schäferhunde schienen seinen Lagerplatz beutegierig zu belagern. Mit hängenden Zungen und glühenden Augen liefen sie hin und her und hoben immer wieder witternd die Nasen hoch, als ob sie sich überzeugen wollten, daß der hier aufgespürte Mensch ihnen noch nicht entschlüpft sei. Mit einem Mal heulten sie dann sämtlich in schauerlichem Chor auf, schnappten wütend nacheinander mit den Zähnen oder unternahmen vereinzelt den Versuch, durch einen Anlauf im Sprung auf den Felsen hinaufzugelangen.
Als Kromers Augen sich erst an das ungewisse Mondlicht mehr gewöhnt hatten, sah er auch, daß die Hunde sämtlich geradezu abschreckend mager waren. Ohne Zweifel handelte es sich hier um verwilderte Tiere, wie sie in den Steppen Rußlands häufig rudelweise vorkommen und dort Mensch und Vieh ebenso gefährlich werden wie Wölfe. Nun hatte er ja auch die Erklärung für das gestern zweimal vernommene Gekläff erhalten. Jedenfalls war es ein Glück für ihn gewesen, daß er den Hunden nicht am Tage unerwartet begegnet war. Der schweren Gefahr, die sich aus einem solchen Zusammentreffen für ihn ergeben hätte, war er sich voll bewußt. Und wenn er ungestört auf dem Eiland weiterleben wollte, mußte er dieses unbedingt schleunigst von diesen lästigen Mitbewohnern befreien. Wie er dies jedoch bei seinem geringen Vorrat an Patronen – im ganzen besaß er zwölf Kugel- und vierzehn Schrotpatronen für die Büchsflinte – anstellen sollte, zumal er mit der Munition außerordentlich sparsam umzugehen sich vorgenommen hatte, darüber vermochte er sich nicht sofort klar zu werden. Zunächst gedachte er aber diese lästigen Belagerer, die ihm die Nachtruhe raubten, durch zwei Schrotschüsse von hier zu vertreiben. Langsam schob er die Büchse vor und zielte auf einige Tiere, die etwas weiter entfernt dicht bei einander saßen.
Kaum war der Donner des Schusses verhallt, und kaum hatten die übrigen Hunde, die bei dem Knall nur wild aufheulten, jedoch nicht etwa flohen, nach einer Weile bemerkt, daß vier von ihren Artgenossen sich verwundet und daher wehrlos am Boden wälzten, als sie sich auch schon sämtlich auf die Verletzten stürzten und diese zu zerreißen begannen. Mit der Gier dem Hungertode naher Bestien fielen sie über die durch die groben Schrote Getroffenen her und bildeten so einen wirren Haufen von Tierleibern, in den der junge Millionär noch zwei Mal aufs Geratewohl hineinfeuerte, um dann den Erfolg dieser seiner Verteidigung abzuwarten. – Die widerliche Szene, die sich jetzt bei der friedlichen Beleuchtung durch das Nachtgestirn auf dem hell schimmernden Sande abspielte, ließ Kromer fast das Blut in den Adern erstarren. Um die verwundeten Hunde spielte sich ein Kampf ab, an dessen Wildheit so recht zu erkennen war, wie schrecklich diese Tiere, die auf der Insel nicht genügend Nahrung fanden, ausgehungert sein mußten. Buchstäblich mit Haut und Haaren wurden die Verletzten verschlungen, und futterneidisch bissen die den Schüssen Entgangenen sich gegenseitig von dieser willkommenen Mahlzeit weg. In wenigen Minuten war alles vorüber. Hier und da nagte noch einer der Hunde an einem Knochen, die meisten aber, noch immer gegen zwanzig Stück, umlauerten schon wieder, lüstern auf die menschliche Beute, den unersteigbaren Felsen.
Da erfaßte Kromer die Wut. Seine Patronen mochte er nicht weiter an die gefräßigen Bestien verschwenden. So eilte er denn zu dem bald wieder hochaufflackernden Feuer, riß zwei dicke, brennende Äste heraus und schleuderte sie mitten unter die Hunde, die vor dem entstehenden Funkenregen aufheulend sich zerstreuten, noch eine Weile in der Nähe herumschlichen, dann aber lautlos verschwanden. Nun erst hoffte der reiche, arme Robinson für den Rest der Nacht Ruhe zu haben, legte abermals frisches Holz auf das Feuer und streckte sich auf sein Graslager hin. Doch die erregten Nerven verscheuchten noch längere Zeit den Schlaf, bis Kromer dann endlich einschlummerte.
Das Erwachen war furchtbar. Ohne daß der Schlafende etwas merkte, hatten gierige Flammenzungen ein paar Grasbüschel in der Nähe des Zeltes ergriffen, fanden weitere Nahrung an herumliegenden dürren Zweigen und erfaßten nun auch das trockene Segeltuch, unter dem Kromer gerade von der Heimat, von seinen Pferden und den Wettrennen in Hoppegarten träumte. Im Nu loderte es hoch auf, und der helle Feuerschein und die plötzliche Hitze weckten den jungen Millionär gerade noch rechtzeitig, so daß er, wenn auch mit versengtem Haupthaar, halb schlaftrunken ins Freie flüchten konnte. Ehe er sich von dem ersten Schreck völlig erholt hatte und daran dachte, seine unter dem Zelt aufgeschichtete geringe Habe zu bergen, waren auch schon das Graslager und die Bäum, an denen er das große Segel befestigt hatte, von den Flammen in Brand gesetzt worden, und ein wahres Feuermeer umlohte den Platz, auf dem er noch soeben geruht hatte. Trotzdem wagte er es, gepackt von einer alle Bedenken überwindenden Verzweiflung über den drohenden Verlust besonders seiner Büchse und der Jagdtasche mit den Patronen, in das Feuer zurückzuspringen und blitzschnell am Boden nach dem Gewehr und der Jagdtasche umherzutasten. Doch er fand in der Eile nur die Letztere, mußte schleunigst wieder einen Satz nach rückwärts tun und sank mit böse verbrannten Händen und glimmenden Unterkleidern halb ohnmächtig zu Boden. Die Sorge um die Erhaltung der so wertvollen, unersetzlichen Schußwaffe trieb ihn sofort wieder hoch. Er ergriff einen langen Ast, streute das brennende Gras seines Lagers auseinander, beseitigte so die Hauptnahrung des Feuers und erreichte es auf diese Weisen, daß sehr bald nur noch die wenigen Nadelbäume wie Fackeln ihre rote Glut zu dem bereits jetzt beim Morgengrauen lichter gefärbten Himmel emporsandten. Mit demselben Ast fischte er dann auch die Büchse, deren Läufe zum Glück nicht geladen waren, aus der glühenden Asche heraus. Der sauber geschnitzte Kolben war jedoch bereits halb verkohlt und von der Hitze dicht am Schloß von oben bis unten durchgeplatzt, und die Eisenteile zeigten sich derart erhitzt, daß er kaum hoffen durfte, daß das Gewehr, selbst wenn der Kolben noch gehalten hätte, noch zu gebrauchen war.
Als die Tageshelle das bleiche Mondlicht verdrängt hatte, saß Manfred Kromer in tiefer Niedergeschlagenheit auf dem Felsen vor den geringen Überbleibseln seines aus der Jolle geretteten Besitzes. Seine Mütze, sein Anzug und die Segel waren verbrannt, die Büchse, sein Taschenmesser, die Uhr, das Feuerzeug und andere Kleinigkeiten durch das Feuer so gut wie wertlos gemacht. Geblieben waren ihm nur die Jagdtasche mit den Patronen und sein Notizbuch nebst Bleistift, letzteres, weil er es abends vor dem Schlafengehen in die Tasche gesteckt und nicht neben sein Lager gelegt hatte. Unbeschädigt waren auch die Lebensmittel und das Wasserfäßchen. Diese Sachen hatte er mehr nach der See zu in eine kleine Aushöhlung des Felsens versteckt gehabt. – Wieder packte den jungen Millionär jetzt das furchtbare Gefühl seiner Verlassenheit und Hilflosigkeit. Regungslos stierte er in die aufzuckenden Flammen des Feuers, dem er noch am Abend vorher eine wohlschmeckende Mahlzeit von warmem Konservenfleisch und gerösteten Kastanien verdankt und das ihn dann so heimtückisch des Wenigen beraubt hatte, was er hier auf der kleinen Insel so notwendig gebraucht haben würde. Doch bald verlangte der Körper sein Recht: der Magen meldete sich, und der quälende Hunger weckte Kromer aus der dumpfen Gleichgültigkeit. – Während er sich nun einen Imbiß zubereitete, tauchte auch die Sonne aus den Dunstschleiern des Horizontes auf. Der windstille, köstlich Morgen, die erfrischende Luft, der Gesang der Vögel, der aus dem Innern der Insel herüberschallte, – all das belebte des verwöhnten Robinsons Mut aufs neue. Beim nochmaligen Überdenken seiner Lage kamen ihm schon allerlei Pläne, wie er das durch die Flammen Verdorbene wiederherstellen oder ergänzen könne. So wurde auch bei ihm die Not zur Lehrmeisterin und Erzieherin.
Nachdem er sich gesättigt hatte, begann er zunächst die Spuren des Feuers von dem Felsen, auf dem er vorläufig seine Wohnung aufzuschlagen beschloß, sorgfältig zu beseitigen. Dann baute er sich aus Zweigen eine neue Hütte an derselben Stelle, sammelte Gras für eine Lagerstatt und richtete sich aus Steinen und Felsstücken einen Herd her, den er gleichfalls durch dichtbelaubte Zweige überdachte. Dorthin schaffte er die Glut der bisherigen, offenen Feuerstätte, tat Äste und Reisig darauf und war nun sicher, daß die Flammen nicht so bald erlöschen und ihm auch nicht mehr gefährlich werden würden. Bei diesen Arbeiten wagte er es jedoch aus Furcht vor den verwilderten Hunden nicht, sich allzu weit von dem Felsen zu entfernen. Er besaß ja jetzt keine Waffe mehr, um die durch Hunger halb tollen Tiere von sich abwehren zu können. Endlich grub er dann noch die Überreste der Hundekadaver, die einen scheußlichen Anblick darboten, mit Hilfe eines der ebenfalls geretteten Ruder der Jolle in den Ufersand ein. Seine mit Brandblasen bedeckten Hände verursachten ihm Schmerzen, wie er sie bisher in seinem ganzen Leben noch nicht durchgemacht hatte. Das eiserne Muß, das heute hinter ihm stand, ließ ihn jedoch die Zähne zusammenbeißen und rüstig weiterschaffen, um wenigstens sein primitives Heim in Ordnung zu bringen.
Inzwischen war die Mittagszeit herangekommen. Während seine Mahlzeit auf dem Feuer stand, fiel es Kromer plötzlich ein, daß sein Trinkwasservorrat in dem Fäßchen kaum noch für heute genügen würde. Frisches Wasser hatte er nur in Gestalt der sich zu einem Bache schnell erweiternden Quelle in der Nähe des Kegelberges entdeckt. Bis dahin durfte er jedoch eine Streife ohne Waffe nicht ausdehnen. Dieser Ideengang gab ihm den Gedanken ein zu versuchen, ob er nicht für die Büchse einen neuen Kolben herstellen könne, falls diese sich jetzt, nachdem die Metallteile gründlich abgekühlt waren, überhaupt noch, besonders das Schloß, als brauchbar erwies. Er prüfte die durch den Brand des Zeltes beschädigten Gegenstände also ganz eingehend, und zu seiner großen Freude ergab sich hierbei, daß der Schaden nicht so bedeutend war, wie es anfänglich geschienen hatte. Das Schloß der Büchsflinte funktionierte noch tadellos und die Läufe waren nicht im geringsten durch die Hitze verzogen, das Taschenmesser hatte nur die Hornschalen verloren und an der Uhr fehlte nur das Glas, das in mehrere Teile zersprungen war. Bei ihr hatten sicherlich die dicken Golddeckel schützend gewirkt. Sie ging, und Kromer hängte sie nun in seiner Hütte stolz als „Stubenregulator“ auf.
Nach dem Essen unternahm er dann einen kurzen Gang nach einer zweiten, unweit des Felsens liegenden Kieferngruppe, suchte hier einen halb vertrockneten, starken Ast und brachte ihn zu seiner Wohnung hinauf. Dieser sollte ihm als Ersatz für den zersplitterten und verkohlten Büchsenkolben dienen, dessen Teile nur noch lose aneinander hingen. Indem er die Messerklinge als Schraubenzieher benutze, gelang es ihm die Reste des angeschraubten Kolbens zu entfernen. Dann überlegte er, wie er die beabsichtigte Arbeit am saubersten und praktischsten ausführen könne. Um nicht allzuviel mit dem Taschenmesser an dem Ast herumschnitzen zu müssen, brannte er das überflüssige Holz vorsichtig weg. Daß sein Werk gelingen würde, erkannte er sehr bald, und diese Zuversicht spornte ihn derart an, daß er trotz der schmerzenden Hände mit Feuereifer fortarbeitete. Immer wieder paßte er Lauf und Schloß der Büchse an den neuen Schaft an, ging mit aller Sorgfalt vor, besserte stets aufs neue an dem nun so vollkommen verwandelten Kiefernast herum, bis er sich selbst sagen mußte, daß er mit dem Erfolg seiner schmerzhaften Bemühungen wohl zufrieden sein könne. Viel Kopfzerbrechen hatte ihm freilich das Bohren der Löcher verursacht, durch die die Schrauben wieder eingefügt werden sollten, um den Schaft fest mit den Eisenteilen zu verbinden. Hierbei kamen ihm nun der Korkenzieher und die kleine Klinge seines Messers sehr zu statten. Beide brauchte er mit äußerster Vorsicht, um sie nicht abzubrechen. – Stundenlang hatte er so brennend und schnitzelnd dagesessen und sich inzwischen nur durch ein paar Schiffszwiebacke gestärkt. Ungefähr sechs Uhr nachmittag war es, als er dann mit einem unterdrückten Jubelruf die Büchsflinte zum ersten Mal zur Probe anlegte. Gewiß – plump und unschön sah der neue Schaft aus, aber er bot doch einen zweckentsprechenden Ersatz für den früheren. Und das blieb die Hauptsache. Nur zu gern hätte Kromer jetzt auch einen Probeschuß abgefeuert, um zu sehen, ob das Gewehr noch einigermaßen die Treffsicherheit behalten hatte. Doch die Munition mußte unbedingt geschont werden. Er besaß eine zu geringe Anzahl von Patronen, um verschwenderisch damit umgehen zu können.
Sein Vorrat an Wasser und Kastanien war jetzt völlig verbraucht, und deshalb gedachte er die letzten Stunden der Tageshelle zu einem Ausflug nach dem Kegelberge zu benutzen. Mit der umgehängten Jagdtasche, dem an Stricken befestigten Wassertönnchen auf dem Rücken (die Stricke waren ebenso wie die Ruder dem Feuer entgangen) und der Flinte in der Hand wanderte er eilig den felsigen Anhöhen zu, stets vorsichtig nach den Hunden ausspähend, deren Gekläff er jedoch nur in weiter Ferne vernahm, ohne daß er sie zu Gesicht bekam. Unbelästigt konnte er nachher mit dem halb gefüllten Fäßchen und einer Menge eßbarer Kastanien wieder zu seiner sicheren Behausung emporklimmen. Vor dem Schlafengehen kühlte er sich dann noch längere Zeit in der See die brennenden Hände und nahm auch ein erfrischendes Bad. In dieser Nacht störte nichts seinen Schlummer. Als er erwachte, stand die Sonne bereits hoch am Himmel, und er fühlte sich selten gestärkt und unternehmungslustig durch diesen festen, traumlosen Schlaf. – Bei seiner Morgenmahlzeit überlegte er sich, welche Arbeiten er nun zunächst verrichten solle. Sorgfältig wog er alles, was ihm zu erledigen nötig schien, gegeneinander ab, um ein zweckmäßiges Tagesprogramm zu entwerfen. Nachdem er über diesen Punkt mit sich einig geworden war, besuchte er als erstes die Jolle, die jetzt zur Ebbezeit, wo er gut bis auf fünfzig Meter trockenen Fußes sich ihr nähern konnte, etwa einen halben Meter über dem Wasserspiegel auf der emporragenden spitzen Felskante hing. Sie zu bergen und an Land zu bringen, konnte nicht allzuschwerfallen. Wie er sich noch überlegte, auf welche Weise dies am bequemsten geschehen könne, traf sein Blick auf einen Gegenstand, der etwa hundert Meter nordwärts am Strande lag. Es war der Haifisch, der an der Kopfverletzung eingegangen war und den die See hier an Land gespült hatte.
Nach einer Stunde Arbeit war es Kromer, der sein plumpes Floß wieder zu Wasser gebracht hatte und darauf zu der Jolle hinausruderte, gelungen, das kleine Boot von der verderblichen Felszacke loszubekommen und mit Hilfe der Taue soweit dem Ufer näher zu bringen, daß er es nachher mit der zurückkehrenden Flut leicht bis an die äußerste Grenze des Wasserstandes und sogar noch ein Stück auf den Strand ziehen konnte. Auch den toten Hai schaffte er auf das Trockene, da er die starken Gräten des fast zweieinhalb Meter langen Fisches noch gut verwenden zu können hoffte. Unbarmherzig brannte ihm die Sonne indessen auf den ungeschützten Kopf, und stechende Schmerzen in den Schläfen und Benommenheit warnten den jungen Millionär, sich nicht länger ohne Kopfbedeckung ihren sengenden Strahlen auszusetzen. Als bequemstes Abwehrmittel legte er sich dann ein paar Bündel feuchten, dickblättrigen Seetangs, die er durch ein Stückchen eines aufgedrehten Taues zusammenband und in Mützenform brachte, auf den Kopf, deren schleierartige Verlängerung ihm auch den Nacken genügend schützte. Dieser Mangel an einem leichten Hut gab ihm nun den Gedanken ein zu versuchen, ob er nicht dem Hai die Haut abstreifen könne, um daraus eine bequemere Kopfbedeckung herzustellen. Nachdem er sein stumpfgewordenes Taschenmesser an einem glatten Stein leidlich wieder geschärft hatte, ging er der toten Meeresbestie trotz des anfänglichen Ekelgefühls so eifrig zu Leibe, daß er in verhältnismäßig kurzer Zeit den Haifisch seiner starken Haut beraubt hatte. Sorgfältig schabte er auch alle ihr noch anhaftenden Fleischstückchen ab. Dann fiel ihm ein, daß er einmal irgendwo gelesen hatte, man müsse ein Fell, um es geschmeidig zu erhalten, mit Fett einreiben. Der Hai besaß eine starke Fettschicht auf dem Rücken, und Stücke hiervon benutzte Kromer dazu, die Haut gehörig damit zu durchtränken.
Wie sich leicht ein praktischer Gedanke an den anderen reiht, konnte man hier wieder so recht deutlich an dem bisher allen Sorgen des täglichen Lebens fernstehend Millionär beobachten. Die Menge des Fettes, die die Meeresbestie an ihrem Körper aufgespeichert hatte, gab Kromer die Idee ein, dieses zu sammeln, auszuschmelzen, und sich eine Tranlampe herzustellen, zu der er als Docht die Reste des verbrannten Segels strickartig zusammendrehen wollte. So schnitt er denn dem Hai allen Speck herunter, legte die Stücke auf die ausgebreitete Haut und band diese nachher oben zusammen. Die Neugier trieb ihn dann dazu, auch den Magen des Fisches zu untersuchen, in dem, wie er oft gehört hatte, sich zuweilen die merkwürdigsten Gegenstände vorfinden sollten. Und wirklich, außer einer leeren, dickwandigen Steinflasche, die gut verstöpselt war, kamen noch ein Stück Planke mit vier verrosteten Nägeln darin, zwei dicke Tauenden, Stücke eines derben Seemannsstiefels und schließlich ein zu einem Klumpen geballtes, unbestimmtes Etwas zum Vorschein, das sich, nachdem Kromer es ordentlich im Wasser abgespült hatte, als ein sog. Südwester, ein aus geölter, starker Leinwand gefertigter Seemannshut, herausstellte. – Wer war froher als unser Robinson! Alle diese Dinge aus dem Haifischmagen brachten ihm Nutzen, und den Südwester stülpte er sofort über den Kopf, obwohl diese Kopfbedeckung infolge ihrer zahlreichen Löcher eigentlich erst hätte geflickt werden müssen. Doch das konnte später geschehen – am Abend, wo der Millionär hauptsächlich kleinere Arbeiten „zu Hause“ erledigen wollte.
Beladen mit der Haifischhaut, die, zum Bündel gefaltet, außer dem wertvollen Teil des Mageninhaltes noch einige von der Jolle mühsam mit Steinen losgelöste Eisenteile, darunter auch die Bootskette, enthielt, wanderte Kromer gegen Mittag, als die Hitze schon recht lästig war, zu seiner Wohnung zurück. Kaum hatte er aber die vorspringende Stelle der Küste, die ihm die Aussicht nach dem Felsen versperrte, umschritten, da sah er zu seinem Schrecken auch schon, daß die verwilderten Hunde sich wieder eingefunden hatten und seinen Zufluchtsort abermals beutelüstern umschwärmten. Eilig machte er kehrt. Zum Glück war er von den Tieren nicht bemerkt worden, die der Hunger fraglos zu einem Angriff auf ihn getrieben hätte. – Doch die wenigen Tage, die der junge Millionär sich selbst überlassen geblieben war, hatten seinen trägen Geist bereits so weit geschärft, daß er schnell den richtigen Ausweg fand, um trotz der vierbeinigen Belagerer zu dem Felsen zu gelangen. Er machte das Floß wieder flott und fuhr gegen die ihm jetzt entgegenkommende Strömung an der Küste entlang, was ihm recht sauer wurde, da er sich Schritt für Schritt auf seinem plumpen Fahrzeug durch Abstoßen mit dem dünnen Kiefernstamm vorwärtsschieben mußte. Als die Hunde ihn dann erblickten, scharten sie sich sofort am Ufer zusammen und einige machten auch Miene, sich ins Wasser zu stürzen, um ihn schwimmend zu erreichen. – Kromer sah bald ein, daß er die hungrigen Bestien, die hier völlig Raubtiernatur angenommen hatten, doch erst mit der Büchse vertreiben müsse, bevor er an dem in die See ein Stück hineinragenden Felsen anlegen durfte. So feuerte er denn aus dreißig Meter Entfernung den Schrotlauf unter sie ab, und drei der Hunde sanken sofort zu Boden, während ein vierter mit zerschossenem Hinterbein sich beiseite zu schlagen suchte. Das inzwischen führerlose Floß war jetzt durch die Strömung ganz dicht an den Strand gedrückt worden, und der Millionär mußte notwendig eine zweite Patrone opfern, um die Hunde, die heute nicht sofort ihre niedergestreckten Artgenossen zerreißen zu wollen schienen, zu verscheuchen. Der zweite Schuß forderte drei weitere Opfer, und heulend zog sich der Rest des Rudels in die Gebüsche zurück, vielleicht nicht so sehr durch diese blutige Lehre, als durch die Gestalt des Menschen erschreckt, den sie jetzt aufgerichtet bei hellem Tageslicht erblickten.
Unangefochten gelangte Kromer nun zu seiner Wohnung, befestigte das Floß mit einer Leine an einem Baumstumpf, trug das schwere Bündel vor seine Hütte und kehrte dann wieder auf den Kampfplatz zurück, um diejenigen Hunde, die durch die Schüsse nur verwundet waren, vollends zu töten. Hierbei machte er nun eine Entdeckung, die ihn daran denken ließ, sich ein paar, wenn auch vierbeinige Gefährten heranzuziehen. Das am Hinterbein verletzte Tier war eine Hündin und hatte sich bis an den Anfang des Gebüschstreifens geschleppt. Als sich nun auch ihm der menschliche, mit einem schweren Stein bewaffnete Henker nahte, stieß es ein klägliches Geheul aus, das wohl weniger die Angst um sein eigenes Leben, als vielmehr um das seiner vier bei der Mutter hockenden, kaum acht Wochen alten Jungen ausdrücken sollte. Diese Klagelaute und der Anblick der kleinen, possierlichen Geschöpfe rührten den jungen Millionär, der überhaupt eine große Vorliebe für Tiere besaß. Er trug die zunächst wütend um sich beißende Hündin, der die Jungen freiwillig folgten, bis an den Fuß des Felsens und legte sie hier mit der Bootskette der Jolle fest. Das andere Ende der Kette schlang er um einen schweren Stein, so daß die Gefangene nicht mehr freikommen konnte. Nachdem er dann seine Mittagsmahlzeit eingenommen hatte, flocht er aus biegsamen Ruten nach einigen mißglückten Versuchen eine Umzäunung, die er, nun von Steinen gestützt, dicht am Felsen aufstellte und den Hunden als Wohnung anwies, in der jedoch das Muttertier angekettet blieb, welches seine Wunde eifrig leckte und sicherlich bald völlig wiederhergestellt war. Um Fleischnahrung für die Hündin war er gleichfalls nicht verlegen. Er hatte sich ohnehin vorgenommen, die toten Tiere abzuhäuten, um die Felle für sich verwenden zu können, und trennte daher später von den ausgenommenen Kadavern alle fleischigen Stücke heraus, von denen er dann einiges in den Zwinger, wie er die Umzäunung stolz taufte, hineinwarf. Erst zu spät fiel ihm jedoch ein, daß das Fleisch bei dieser Hitze unfehlbar sehr schnell verderben müsse. Zur rechten Zeit dachte er da an das einfachste aller Konservierungsmittel, das Räuchern. Und kaum war ihm dieser Gedanke gekommen, als er auch schon auf der anderen Seite des Felsens Steine und Felsstücke zu einem kaminähnlichen Bauwerk aufschichtete, das Fleisch auf grüne, saftige Äste reihte, die er in die Öffnungen zwischen den Wänden aufhing, und als Brennmaterial darunter Reisig, vermischt mit frischen Kiefernzweigen, anhäufte. Auf diese Weise hatte er einmal in einem Ostseebade Flundern räuchern sehen, und er war gespannt, ob ihm dasselbe mit den Hundeschinken und Rückenstücken gelingen würde.
Während der junge Millionär jetzt aufmerksam beobachtete, wie ein dichter Qualm, der einen beinahe weihnachtlichen Geruch infolge der verbrennenden Kiefernadeln verbreitete, aus den Ritzen und der oberen Öffnung des Kamins hervordrang, wurde ihm plötzlich bewußt, daß all die Arbeiten, die er heute verrichtet hatte, ihm geradezu Freude gemacht und auch große Befriedigung gewährt hatten. Kopfschüttelnd überlegte er sich diese seltsame Tatsache. Er, der bisher jeder ernsthaften Tätigkeit ängstlich aus dem Wege gegangen war, erkannte hier auf der einsamen Insel im Sargassomeer die tiefe Wahrheit des Spruches, daß „Arbeit Segen bringt“, wenn nicht in Gestalt klingenden Lohnes, so doch durch das Gefühl inneren Befriedigtseins.
Seine anfängliche Absicht, den Nachmittag zu einer kleinen Forschungsreise durch das Eiland zu benutzen, mußte er jetzt aufgeben, da er auf seinen Räucherofen achtgeben wollte. Nebenbei beschäftigte er sich mit anderen Verrichtungen, schmolz in leeren Konservenbüchsen Tran aus, stellte sich aus der im Haifischmagen gefundenen Flasche eine Lampe her, deren Öffnung er durch eine aus einem Büchsendeckel gewonnene Blechscheibe verschloß, durch die wieder der Docht hindurchging, und reinigte die Hundefelle und die Haifischhaut mit Sand, fettete sie ein und spannte sie neben seiner Hütte zwischen den jetzt halb verkohlten Stämmen aus. Inzwischen verabsäumte er es nicht, hin und wieder neue Kiefernzweige in den Kamin zu werfen und nach den Fleischstücken zu sehen. Als der Abend nahte, waren die Schinken und die „Ziemer“ wirklich völlig durchgeräuchert, da er so klug gewesen war, in die dicksten Teile tiefe Einschnitte zu machen. Für diese Vorräte grub er neben dem Kamin ein Loch in den Sand, polsterte es mit flachen Felsscheiben aus und verschloß es dann bis auf eine kleine Öffnung ebenfalls durch ein schweres Felsstück. Dieser Keller erwies sich später als außerordentlich kühl und trocken. – Nach Eintritt der Dunkelheit versorgte er nochmals die Hunde, denen er auch in einer Konservenbüchse Wasser zum Trinken hinstellte, und begab sich dann zur Ruhe. Die neue Lampe hatte er ausprobiert. Sie brannte ganz leidlich. –
Am nächsten Morgen erwachte er ziemlich früh. Das Wetter war ebenso klar und windstill wie am Tage vorher. Heute wollte er nun auf jeden Fall die Insel ganz eingehend durchforschen. Nachdem er daher seinen vierbeinigen Gefangenen Fleisch und Wasser gegeben hatte, füllte er seine Jagdtasche mit Schiffzwiebacken und gerösteten Kastanien, nahm die Büchse zur Hand und schritt dem Inneren des Eilandes zu. Die verwilderten Hunde fürchtete er jetzt nicht mehr so sehr, da einmal ihr Rudel schon bedeutend kleiner geworden war, dann aber auch ihr Respekt vor dem neuen Mitbewohner sicherlich stark zugenommen hatte. – Unbelästigt gelangte Kromer bis auf den Kegelberg und verfolgte nun von hier weiter den Lauf des Baches, der bald in den Schatten eines Lorbeerwaldes einbog, dann wieder eine saftige Wiese durchfloß und nach abermaliger Durchquerung eines zweiten, aus Korkeichen und Lorbeerbäumen bestehenden Mischwaldes, in der Nähe der molenähnlichen Klippenhalbinsel in die See einmündete.
Auf seinem Wege war dem jungen Millionär zwar eine ganze Menge tropischer Vögel zu Gesicht gekommen, aber nicht ein einziges anderes Tier. Als er sich jetzt den Klippen näherte, bemerkte er, daß diese von ganzen Scharen von Seevögeln bewohnt waren, darunter hauptsächlich verschiedene Möwenarten, Albatrosse und Seeschwalben, deren Nester mit zahlreichen Eiern überall in den Felsspalten klebten. Aber noch andere lebende Geschöpfe gab es hier, die sich träge auf flachen Felsplatten sonnten und ihre walzenförmigen Körper mit Hilfe der Schwimmfüße schwerfällig hin- und herbewegten: Seehunde, – dieselben Tiere, die ihn von der „Ariadne“ fortgelockt und den Schrecken des Sargassomeeres überliefert hatten.
Als Kromer noch mit recht gemischten Gefühlen das Treiben der Robben beobachtete, traf sein Blick zufällig auf einen im Sande steckenden Pfahl, an dem ein in Pfeilform geschnittenes Querholz befestigt war. Dieser Pfahl konnte nur von Menschenhand errichtet sein. Das sagte sich der junge Deutsche sofort. Und halb laufend eilte er nun auf dieses Merkzeichen, das wie ein Wegweiser aussah, zu. Das Holz zeigte sich bereits recht verwittert. Aber ein Mensch hatte das Querholz in Pfeilform hergestellt. Das sah Kromer jetzt ganz deutlich. Außerdem war es auch mit zwei Nägeln an den Pfahl festgenagelt.
Der Pfeil wies in der Richtung nach einigen, vielleicht tausend Meter entfernten, zwischen Bäumen und Gebüsch eingebetteten felsigen Hügeln hin, die dem Millionär schon vorhin vom Kegelberge aus aufgefallen waren. Neugierig und in leichter Erregung verfolgte Kromer diesen Weg, traf bald auf einen zweiten, ähnlichen Pfahl, der jedoch mehr nach dem Innern der Insel hindeutete. Noch vier dieser Wegweiser erreichte er. Dann stand er am Ufer einer schmalen Bucht, die das Meer vielleicht fünfhundert Meter weit in das Eiland hineinschickte. Nun wurde ihm auch klar, weshalb die Pfeile diesen Bogen machten: der, der ihnen folgte, sollte zu der Floßbrücke geleitet werden, die hier die beiden Ufer der Bucht miteinander verband. – Kromers erregte Erwartung steigerte sich. Die Brücke, die aus Baumstämmen bestand, war bequem zu überschreiten. Drüben fand sich wieder ein Pfahl, der jetzt gerade auf die Felsenhügel hinwies. Und nun bemerkte der junge Millionär auch etwas wie einen bereits von Gras wieder überwucherten, einst wohl recht ausgetretenen Weg, der in der Richtung dieses letzten Pfeiles dahinlief. Noch wenige Minuten, und Kromer stand vor einer etwa drei Meter hohen Felsterrasse mit abschüssiger Vorderwand. Und auf dieser Terrasse, deren Hintergrund jäh ansteigende Felsschroffen bildeten, erhob sich ein kleines Blockhaus, um das herum dichtes Gebüsch wuchert. Eine feste, wenn auch bereits verwitterte Leiter lehnte an der Terrassenwand, so recht, als ob sie jeden Fremden zum Besuch dieser einsamen Stätte auffordern wollte. Der Deutsche zögerte nicht einen Augenblick. Schnell, mit klopfendem Herzen kletterte er die Sprossen empor. Das Blockhäuschen besaß keine Tür, sondern es hing nur ein Vorhang von Seehundsfellen vor dem Eingang. Kromer hob ihn empor und warf einen Blick in das Innere. Zwei fensterähnliche Öffnungen in den Seitenwänden ließen genügend Licht herein, um alle Gegenstände deutlich zu erkennen. Die Hütte bildete nur einen einzigen Raum. Darin befanden sich, alles offenbar nur mit sehr ungenügenden Werkzeugen hergestellt, ein Tisch, zwei Schemel, ein mit Fellen bedecktes Bett, ein offener Herd und zwei Gestelle, auf denen allerlei Gebrauchsgegenstände, – ein Beil, eine Säge, Hammer, Nägel, Blechgefäße, Töpfe aus gebranntem Ton und anderes mehr aufgestapelt waren. Mitten auf dem Tische aber lag ein dickes Buch, ein früheres Schiffstagebuch, in das der Erbauer dieser Hütte, wie Kromer dann feststellte, seine traurigen Schicksale mit einer wohl selbst zubereiteten Tinte und einem Federkiel eingetragen hatte. – –
Die Brigg „Amanda“ war am 15. September 1885 von Port au Prince abgefahren, um nach ihrem Heimathafen Bremen zurückzukehren. Drei Tage später brach an Bord das Gelbe Fieber aus und raffte innerhalb einer Woche die ganze Besatzung mit Ausnahme des Kapitäns Wilhelm Freiholt hin. Schwere Stürme trieben dann das Schiff in das Sargassomeer hinein, wo es schließlich nach vierzehntägigem Umherirren in den Tangmassen durch einen furchtbaren Orkan an der Spitze der Klippenhalbinsel scheitert. Freiholt gelang es, sich mit den beiden Schiffshunden und allerlei Geräten und einigen Waffen auf die Insel zu retten, wo er mithin – seine letzte Eintragung in das Buch war vom 2. Dezember 1902 datiert – etwa 17 Jahre zugebracht hatte, da anzunehmen war, daß ihn bald nach dieser Eintragung irgendwo auf der Insel plötzlich der Tod ereilt hatte. Spuren seiner Leiche fand Kromer nirgends, obwohl er später eifrig danach suchte. – Diese Tagebuchblätter lasen sich durchaus nicht so erschütternd, wie man hätte annehmen können. Freiholt, der in der Heimat nur entfernte Verwandte besaß, schien sich auf dem Eiland in seiner Rolle als Robinson ganz wohlgefühlt zu haben. Zuweilen war ja auch bei ihm die Sehnsucht nach dem alten Vaterlande erwacht, aber diese Anwandlungen von Niedergeschlagenheit waren stets schnell vorübergegangen. Aus seinen Aufzeichnungen schöpfte der Millionär eine große Anzahl guter Lehren und praktischer Winke, die ihm dann sehr zustatten kamen. In dem Buche stand auch erwähnt, daß sich hinter dem Blockhause in einer Aushöhlung des Felsens noch eine Vorratskammer befinde, die der junge Deutsche sofort nach flüchtiger Durchsicht der Tagebuchblätter auf ihren Inhalt durchforschte. Zu seiner freudigen Überraschung entdeckte er hier neben zwei guterhaltenen, doppelläufigen Vorderladeflinten eine Menge Pulver und Zündhütchen in Blechbüchsen, einen schweren amerikanischen Revolver nebst hundert Patronen, weiter allerlei Handwerkszeug, gegerbte Felle, große Tongefäße und sogar zwei Anzüge, die aus weichem Seehundleder von Freiholt angefertigt worden waren und die auch Kromer ganz gut paßten. Selbst als Schuhmacher hatte der arme Kapitän, der sein Schicksal mit so starker Gottergebenheit getragen hatte, sich versucht. Drei Paar leichte Lederschuhe zum Schnüren bewiesen, daß Freiholt ein selten geschickter Mann gewesen sein mußte.
Nachdem der junge Millionär dann noch die Umgebung der Hütte, die früher sicher ein hübsches Gärtchen gebildet hatte, wie noch jetzt zu erkennen war, sich angesehen hatte, setzte er sich an den Tisch in das Blockhaus, verzehrte sein Frühstück und überdachte mit heißem Dankgefühl im Herzen seine jetzt plötzlich so sehr zu seinen Gunsten veränderte Lage. Er beschloß, sofort seine alte Wohnung zu verlassen und nach diesem bequemeren Heim überzusiedeln. Auf dem Rückweg nach dem Felsen an der Südostseite der Insel sollte er jedoch noch ein Abenteuer erleben, das ihm so recht zeigte, wie gefährlich die verwilderten Hunde, die ja nur Nachkommen der zugleich mit Freiholt geretteten beiden Tiere sein konnten, ihm geworden wären, wenn er sich ohne Schußwaffe in das Innere des Eilandes gewagt hätte. Das Rudel, noch immer einige fünfzehn Köpfe stark, überraschte ihn kurz vor dem Korkeichenwäldchen und griff ihn sofort an. Nur durch drei Schrotschüsse, die eine ganze Anzahl von Opfern kosteten, konnte Kromer sich bis zu dem ersten Baume hin durchschlagen, den er eilig erkletterte. Die wilden Bestien, durch die ungebundene Freiheit auf dem Eiland kräftig und raubgierig geworden, suchten ihn auf der Eiche zu belagern. Aber da er jetzt seine Patronen nicht mehr zu sparen brauchte, schoß er nacheinander alle Hunde bis auf drei nieder, die sich hierauf langsam zurückzogen und verschwanden. – Nachdem er dann den Umzug nach der Blockhütte bewerkstelligt hatte, den auch die Hündin mit ihren Jungen mitmachte, begann er einen hartnäckigen Vernichtungskrieg gegen die vierbeinigen, ihm bisher entgangenen Mitbewohner seiner Insel. Im Laufe einer Woche hatte er auch den letzten erlegt, so daß er nun nicht mehr zu fürchten brauchte, sie könnten sich heimlich wieder vermehren und abermals zu einer Plage werden.
Das Robinsondasein des jungen Millionärs gestaltete sich jetzt im Vergleich zu den ersten Tagen recht angenehm. Dabei gab es jedoch stets reichlich Arbeit. Mußte er doch daran denken, sich allerlei Vorräte für die Regenzeit zu sammeln, die nach den Aufzeichnungen Kapitän Freiholts hier den Winter vertrat und von September bis Mitte Februar etwa dauerte. So erntete er reichlich Kastanien, Kokosnüsse und Jam-Wurzeln ein, hierbei ganz den Winken folgend, die das Tagebuch seines Vorgängers ihm gab. Aus den gedörrten Jam-Wurzeln ließ sich leicht ein Mehl herstellen, das recht gutes Brot lieferte. Ferner trocknete er Weintrauben in der Sonne zu Rosinen, schoß Wildtauben, angelte mit dem vorgefundenen Gerät in der Bucht Fische, räucherte sie und salzte einen Teil der Beute auch ein. Das Salz holte er sich von den Klippen der Halbinsel, wo es in Vertiefungen durch Verdunsten des Meerwassers sich ansammelte. – Nach einem Monat hatte er seine „Wirtschaft“ tadellos in Ordnung gebracht und lebte nun nach einer genauen Zeiteinteilung, bei der Arbeit und Zerstreuung in richtigem Verhältnis abwechselten. Zu letzterer rechnete er die Jagd, den Fischfang, Baden und Spaziergänge ins Innere der Insel, die er bald in allen ihren Teilen genau kannte und so den Wert ihres reichen Pflanzen- und Baumbestandes erst recht schätzen lernte. Von Tieren gab es hier nur Vögel und Insekten, außerdem die Seehunde als ständige Gäste. Hieraus schloß Kromer mit Recht, daß das Eiland durch ein starkes Erdbeben einst entstanden sein müsse und nie mit einem der Kontinente zusammengehängt haben könne, da sich sonst hier auch Säugetiere und Amphibien vorgefunden hätten. Die Vögel- und Insektenwelt war eben auf dem Luftwege eingewandert, ebenso wie auch nur im Laufe von endlosen Zeiträumen sich hier eine Vegetation entwickelt haben konnte.
Als der junge Millionär erst die dringendsten Arbeiten, so die Instandsetzung der Hütte, den Bau eines Räucherofens (hierzu gab es vorzüglichen Ton an einer Uferstelle der nahen Bucht) und das Einsammeln der Früchte erledigt hatte, machte er sich an die Arbeit, die Jolle auszubessern, neu abzudichten und zu streichen. Da er genügend Handwerkszeug besaß, war das kleine Boot in einer Woche wieder schwimmfähig. Um es seetüchtiger zu machen, versah er es auch mit einem Verdeck aus dünnen Brettern, deren Herstellung ihm freilich reichlich Schweiß kostete. Als Farbe zum Anstreichen benutzte er ein Gemisch von heißem Tran und Kiefernharz, was sich als äußerst praktisch erwies. Nachdem er dann auch einen neuen Mast und Segel aus dünn gegerbten Seehundfellen angefertigt hatte, brachte er sein Schifflein eines Tages in flotter Fahrt von der bisherigen Liegestelle am Südoststrande nach der Bucht und wies ihm hier einen Platz neben der Floßbrücke an. Oft unternahm er nun kurze Fahrten in der Jolle, bei denen ihn stets seine fünf Hunde, die inzwischen vollständig zahm geworden waren, begleiteten. Bei einem dieser Ausflüge sollten dann leider zwei seiner vierfüßigen, zutraulichen Gefährten, die alte Hündin und einer ihrer Sprößlinge, Haifischen zum Opfer fallen. Ein plötzlicher Windstoß legte nämlich das Boot ganz plötzlich so weit auf die Seite, daß die beiden Tiere auf dem Verdeck ins Rutschen kamen und ins Wasser fielen. Ehe Kromer beidrehen konnte, schossen schon zwei der Meeresräuber herbei und zogen die armen Tiere in die Tiefe.
Bei seinen Spaziergängen besuchte er auch regelmäßig am Vor- und Nachmittag den Kegelberg und schaute dann, bewaffnet mit einem im Nachlasse Kapitän Freiholts gefundenen Fernrohr von vorzüglicher Seeschärfe, auf das endlose Sargassomeer hinaus. Längst war die Hoffnung, daß er früher oder später doch auf irgend eine Weise das Eiland werde verlassen können, wieder in ihm erwacht, und er hatte sich vorgenommen, mutig im nächsten Frühjahr an den Bau eines seetüchtigen Bootes heranzugehen, falls ihm bis dahin nicht die Stunde der Befreiung schlug.
Am 8. September trat nach anhaltendem Regen und Sturm die Sonne wieder einmal hinter den Wolken hervor, und bald strahlte ein klarer, blauer Himmel über dem Eiland, auf dessen Gräsern und Blättern die Wassertropfen noch glänzten und blinkten. Gegen zehn Uhr vormittags rüstete sich Kromer daher zu einem Spaziergang nach dem Kegelberg, hing Gewehr und Jagdtasche über, nahm das Fernrohr ebenfalls mit und pfiff seinen Hunden, für die er neben der Blockhütte eine saubere, geräumige Umzäunung mit Schutzdach errichtet hatte.
Auf dem Kegelberge angelangt, suchte er wie immer mit dem Glase den Horizont ab. Dieser war jetzt noch in schwere Dunstschleier gehüllt, die sich erst langsam lichteten. Schon wollte Kromer den Rückweg antreten, als er, einer augenblicklichen Eingebung folgend, das Fernrohr nochmals an die Augen führte und es nach dorthin richtete, woher er vor etwa fünf Monaten in der Jolle angekommen war.
Plötzlich sank sein Arm mit dem Fernrohr wie kraftlos geworden herab. Dann riß er es abermals hoch, starrte lange hindurch, atmete befreit auf und stieß einen lauten Jubelruf aus, in den die Hunde bellend einstimmten: da draußen in einem der veränderlichen Kanäle des Sargassomeeres schwamm ein Schiff mit schlanken Masten. Es konnte nur die „Ariadne“ sein.
Im Nu hatte Kromer auf der höchsten Spitze des Berges ein mächtiges Feuer angezündet, das er durch grüne Zweige dann zu starker Qualmentwicklung zwang. – Zwei Stunden später hatte sich das Fahrzeug, das das Rauchsignal des öfteren durch Aufziehen verschiedener Wimpel beantwortete, langsam so weit genähert, um seine Bauart im einzelnen feststellen zu können. Jetzt schwand auch der letzte Zweifel: es war die Dampfjacht des Hamburger Großkaufmanns!
Und wieder eine Stunde später nahte sich der Jacht, die nun schon fast den freien Wasserstreifen, der sich rings um die Insel zog, erreicht hatte, die Jolle mit ihren eigenartigen Segeln, machte an dem schnell herabgelassenen Fallreep fest, – und die beiden Freunde lagen sich in den Armen.
Nach der ersten, herzlichen Begrüßung trat Behrend sichtlich verwundert einen Schritt zurück und musterte Kromer kopfschüttelnd von oben bis unten.
„Wahrheit muß Wahrheit bleiben: schlecht ist Dir Dein Robinsonleben nicht bekommen, lieber Manfred!“ meinte er erfreut.
Und wirklich: von dem früheren müden, blasierten Millionär war nichts mehr übrig. Er war ein anderer geworden. Straff aufgerichtet, in kraftvoller Männlichkeit stand er mit seiner schlanken, sehnigen Gestalt, dem tiefgebräunten Gesicht und dem kurz geschnittenen Vollbart da. Die Augen leuchteten in frohem Feuer, und ein Ausdruck zielbewußter Energie beherrschte jetzt dieses Antlitz das einst so schlaff und gleichgültig ausgesehen hatte.
Kromer erwiderte jetzt auf des Freundes Ausruf mit einem glücklichen Lächeln: „Nein, – wahrlich, schlecht bekommen sind mir diese Monate des Alleinseins nicht! Ich habe erkennen gelernt, welche Freude die Arbeit bringt und wie leicht man seinem Leben bei gutem Willen einen befriedigenden Inhalt geben kann!“
Kräftig schüttelten die beiden sich nochmals die Hand. Jetzt verstanden sie sich erst ganz, denn Behrend war nie ein Müßiggänger gewesen.
Die „Ariadne“, die damals im Mai durch den Sturm weit nach Süden verschlagen worden war, hatte in einem spanischen Hafen die notwendigen Reparaturen vornehmen lassen und dann den Versuch gewagt, ein Stück in das Sargassomeer einzudringen, mußte aber sehr bald wieder umkehren. Auf Kapitän Jensens Vorschlag wurde dann in Hamburg die Schraube mit einem großen, kastenähnlichen und von unzähligen Löchern durchsiebten, nach hinten offenen Schutz gegen die zähen Tangmassen umgeben, die sich nun nicht mehr um die Schraube schlingen und diese in ihrer Umdrehung behindern konnten. Die Vorrichtung half. Daher ließ Behrend, der die Hoffnung auf eine Rettung des Freundes trotz aller entgegenstehenden Bedenken nicht aufgeben wollte, in dem Sargassomeer hin- und herkreuzen, bis man die unbekannte Insel zu Gesicht bekam.
Manfred Kromer nahm nicht nur seine treuen Hunde, sondern auch eine Menge von selbstgefertigten Gegenständen als Erinnerung mit in sein Potsdamer Heim. Einen Monat später trat er als Inhaber in eine große chemische Fabrik ein. So schaffte er sich ein reiches Feld der Tätigkeit und blieb ein zufriedener, glücklicher Mensch.
Ende.
Druck: P. Lehmann G. m. b. H., Berlin.
Verlagswerbung:
Herr Prof. Dr. V. in M. schreibt:
„… Ich halte sie für durchaus geeignet, den weitesten Kreisen des Volkes, besonders auch der Jugend, in die Hand gegeben zu werden … Die Erzählungen sind auch sehr geeignet, die Charakterbildung der Kinder günstig zu beeinflussen …“
Herr Pfarrer und Ortsschulinspektor H. in B.:
„… Der Inhalt, völlig einwandfrei, ist geeignet, die Persönlichkeit namentlich der jugendlichen Leser zu selbständiger, ernster Betätigung anzuregen und die Lebensanschauung sittlich zu heben und zu fördern. Ich würde daher die Hefte ohne Bedenken der hiesigen Jugend- und Volksbibliothek einverleiben.“
Herr Rechtsanwalt H. in F.:
„… Die von mir gelesenen Robinsonaden stellen meines Erachtens eine durchaus einwandfreie Lektüre dar, die man getrost der Jugend in die Hand geben kann. Sie haben noch den Vorteil, reichlich belehrenden Stoff zu bringen …“
Herr Direktor G. in W.:
„… Sie sind unterhaltend und belehrend. Der richtige Lesestoff in der Hand der ernstgerichteten Jugend.“
Herr Lehrer B. in B.:
„Die mir zur Beurteilung übersandten Bändchen sind eine einwandfreie Unterhaltungslektüre für Knaben von 12 Jahren an.“
Herr Landrichter V. in B., früher Untersuchungsrichter in S.:
„… Die Erzählungen habe ich mit großem Interesse gelesen. Als Unterhaltungsschriften für die Heimat sowohl als auch für das Feld würde ich die billigen und dabei guten Heftchen empfehlen können …“
Anmerkung: