Der Erfinder des Blitzableiters. Von W. Kabel.
Nicht zu recht wird stets als Erfinder des Blitzableiters Franklin genannt. Die Gesetze der Blitzableitung waren vielmehr schon den Kulturvölkern des Altertums bekannt. Die alten Ägypter haben fraglos bereits Blitzableiter gehabt. Zwei Inschriften an der Fassade des Tempels von Edfu besagen, daß die vier das Gebäude überragenden Masten als Blitzschutz dienen sollten. Eine andere Inschrift am Tempel von Dendrah schreibt den daneben stehenden Holzstangen dieselbe Aufgabe zu. Und sie mochten nicht untauglich sein, denn sie waren mit Kupfer beschlagen und 40 m hoch. Gleiche Stangen mit vergoldeten Spitzen ließ Ramses III. (1300 v. Chr.) in Medinet Abu errichten.
Alte griechische und römische Schriftsteller berichten des öfteren von zauberkundigen Priestern, die es verstanden hätten, den Blitz vom Himmel herabzulocken. Den Engländern war es vorbehalten, dieser vergessenen Wissenschaft von neuem Geltung zu verschaffen. Gilbert erkannte im Jahre 1600 zuerst die Eigenart des Blitzstrahles, an Metalleitungen entlang zu laufen. Als den eigentlichen Erfinder des Blitzableiters muß man aber den Pfarrer Prokop Diwisch zu Branditz in Mähren ansehen. Er stellte 1746, also sechs Jahre vor Franklin den ersten zuverlässigen Blitzableiter auf. Sein Apparat bestand aus einem 130 Fuß hohen Gerüst, an dem eine anderthalb Zoll dicke Eisenstange bis nach oben führte. Dort verzweigte sie sich in zwölf wagerechte Arme. Diese wieder führten nach unten in ebensoviel mit Eisenfeilspänen gefüllte Kästchen, aus denen 27 eiserne Spieße hervorragten, – ein höchst wirksamer Spannungsverteiler.
Diwisch teilte das Los so vieler Erfinder: die Zunftgelehrten wollten von seiner Entdeckung nichts wissen. Dann brachte zum Unglück der Sommer 1756 eine große und anhaltende Dürre. Natürlich konnte in den Augen der abergläubischen Menge nur der Pfarrer mit seiner Teufelserfindung schuld daran sein. Die mährischen Bauern rotteten sich daher eines Nachts zusammen und zerstörten den ganzen Blitzableiter. Diwisch wollte ihn wiederherstellen, aber die Behörden verboten ihm weitere Experimente, da man nur weitere Gewalttätigkeiten befürchtete. Der mährische Pfarrer ward bald vergessen, und so schmückt heute der Erfinderruhm einen fremden Namen.