Marine auf dem Lande. Von W. Kabel.
Ein marinebegeisterter, reicher Herr war es, der den Gymnasiasten von Wilmersdorf bei Berlin das im obigen Bild wiedergegebene Schulschiff schenkte. Alle, denen die Freude am Seemannsberuf im Blut steckt, können sich auf seinen Planken schon während ihrer Schuljahre spielend für den späteren Beruf vorbereiten.
Das Schulschiff ist etwa 26 Meter lang und stellt bis ins einzelne genau das in Holz ausgeführte Modell eines kleinen Kreuzers dar. Nichts fehlt daran, sogar Geschütztürme, Kommandobrücke mit Kompaß, Anker mit Kette und Segel sind vorhanden. Im Innern befinden sich behaglich ausgestattete Kajüten, – alles wie auf einem Kriegsschiff. Der Besatzung kann jeder Schüler der Wilmersdorfer höheren Lehranstalten beitreten. Kapitän und Offiziere werden von der Besatzung gewählt. Die Uniform ähnelt der unserer Kriegsmarine, und ebenso sind auch die Exerzier-Übungen an den Segeln, den Geschützen usw. den Dienstvorschriften unserer Flotte entnommen.
Wöchentlich einmal findet Dienst statt. Die Disziplin ist streng und das Exerzieren geht so exakt vor sich, das unlängst noch Großadmiral Köster der Besatzung seine vollste Anerkennung aussprach. Bei Besetzung der Offizierstellen entscheidet lediglich die persönliche Tüchtigkeit, nicht etwa die Zugehörigkeit zu einer höheren Schulklasse. Unbotmäßigkeit gegen die Disziplin wird mit Ausschluß aus der Besatzung bestraft. Ich habe oft an Sonnabendnachmittagen dem Treiben an Bord des schmucken Schulschiffes zugeschaut. Es waren muntere, frische Jungen, die sich in den Masten und auf Deck tummelten. Allen merkte man die Begeisterung an, mit der sie „Marine auf dem Lande“ spielten.
Nicht überall dürfte sich ein gütiger Spender finden, der unserer Jugend ein solches Schulschiff stiftet; es hat gegen 20 000 Mark gekostet. Da müssen sich marinefreudige Jungen selbst zu helfen wissen. Unseren Lesern bringen wir in Bild 2 noch ein anderes, einfacheres Schiff, das sich Schüler der Kolonie Grunewald bei Berlin höchst eigenhändig zusammengezimmert haben. Mit dem eleganten Schulschiff in Wilmersdorf läßt es sich natürlich nicht vergleichen. Aber es erfüllt auch so seinen Zweck. Die Grunewald-Schüler exerzieren auf ihrem einfachen Fahrzeug ebenso fleißig. Und dabei können sie sich mit Stolz sagen: dies Schifflein enthält keinen Nagel, den wir nicht selbst eingeschlagen haben!
Wie wär’s, wenn auch anderswo so ein Schiff gebaut würde?! Leute, die das nötige Material, – Bretter, Balken, Stangen, Taue usw. schenken würden, lassen sich wohl finden, wenn die Bitte richtig vorgetragen wird. Wär’s nicht ein Genuß, in der freien Zeit sich auf den Planken eines Fahrzeugs zu tummeln und die turnerische Gewandtheit auf den Masten und Rahen zu beweisen! Wer wagt den Versuch? Jedenfalls würde die „Burg“ mit Freuden die Abbildungen weiterer „Schulschiffe auf dem Lande“ bringen.