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Wie „Moses“ einen Gefangenen machte

 

Wie „Moses“ einen Gefangenen machte. (Verfasserangabe im Inhaltsverzeichnis: Von W. Kabel.)

 

Bei dem Vormarsch der deutschen Armeen gegen Sedan stieß eine Offizierpatrouille des 14. Dragoner-Regiments in unübersichtlichem Waldgelände plötzlich auf eine französische Schwadron. Nach kurzem Kampfe waren die deutschen Reiter umzingelt und mußten sich ergeben. Der Major, der die Franzosen befehligte, ritt ein bereits recht abgetriebenes Pferd und vertauschte dieses nachher gegen den „Moses“, ein Prachttier, das bisher den deutschen Trompeter Wilhelm getragen hatte.

Wilhelm zeigte sich, als der Major die Sättel auswechseln ließ, äußerst dienstbeflissen und half dem Franzosen sogar eigenhändig in den Sattel.

Kaum aber saß der Major oben, als der Trompeter, der sehr wohl wußte, daß nicht allzu weit nach rückwärts stärkere deutsche Kavalleriemassen hielten, dem sehr empfindlichen Pferde einen starken Schlag auf den Hinterschenkel versetzte. „Moses“ warf den Kopf hoch und ging, ehe es sich der Franzose versah, in aller Form durch, – Richtung nach Süd, woher die Kavallerie der Deutschen heranrückte.

Alle Bemühungen des Majors, das Pferd herumzureißen, waren umsonst. „Moses“, an eine solche Behandlung nicht gewöhnt, wurde im Gegenteil immer wilder und raste den Waldweg mit einer Schnelligkeit entlang, daß die Franzosen, die ihrem Kommandeur eiligst nachsetzten, ihn bald aus den Augen verloren.

Diese Verwirrung benutzten die deutschen Dragoner, um schleunigst seitwärts in den Büschen zu verschwinden. Zwar wurde ihre Verfolgung sofort aufgenommen, aber ohne Erfolg. Nach einer Viertelstunde trafen sie auf eine Ulanenschwadron, die in einem Tale hielt, und mit Hilfe dieser gelang es dann wirklich, dem französischen Major, der sich mit dem endlich wieder zur Ruhe gebrachten Trompeterpferde zu seiner Truppe zurückfinden wollte, den Rückweg abzuschneiden, und nun gab „Moses“ seinen Gefangenen an die Deutschen ab.