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Fischerei und Fischereigerätschaften

 

Fischerei und Fischereigerätschaften

Von R. Hansche

Mit 7 Zeichnungen vom Verfasser

Aus alten Chroniken wissen wir, daß die Gewässer unseres Vaterlandes ehemals sehr fischreich waren. Im Laufe der Zeiten hat sich das aber geändert. Vermehrte Schiffahrt, Stromregulierungen und in die Ströme gelangende Abwässer von Fabrikanlagen haben die Lebensbedingungen der Flußfische ungünstig beeinflußt. Wie empfindlich zum Beispiel der Lachs oder Salm gegen Wasserveränderungen ist, beweist der Umstand, daß er sich nur an der Seite des Rheinstromes aufhält, die vom Mainwasser nicht verunreinigt ist. Die starke Strömung drückt das einfließende Mainwasser an das rechte Ufer, so daß es sich mit dem Rheinwasser erst in der Gegend des Lurleyfelsens völlig vermischt. Bei Oberwesel sieht man noch eine sogenannte Salmwage, einen mit einer Hütte versehenen Prahm, an dessen Schwebebalken ein Senknetz befestigt ist, das nachts ins Wasser gelassen wird, und dessen Schnüre der eine der beiden wachthabenden Fischer, der an einem Guckloch der Hütte sitzt, in der Hand behält. Sobald er einen Ruck verspürt, weiß er, daß ein Salm gegen das Netz gestoßen ist, und läßt es emporschnellen, worauf er den Gefangenen mittels eines Holzhammers erschlägt und in den Prahm wirft. Solcher Salmwagen gab es früher viele, aber die Holländer fangen die den Strom heraufschwimmenden Fische zuerst ab, so daß nur eine kleine Zahl den Mittel- und Oberrhein zu erreichen vermag. Am Rhein bedient man sich namentlich der Senknetze, die tagsüber an Stangen auf dem steinigen Ufer zum Trocknen aufgehängt werden. Dasselbe gilt von den Nebenflüssen des Rheins, namentlich der Mosel, die etwas ergiebiger ist, weil hier die Schiffahrt nicht einen solchen Umfang angenommen hat, wie auf anderen Strömen, beispielsweise der Elbe und Oder. Die von den Dampfschiffen aufgeworfenen Wellen werfen zahllose junge Fischbrut auf den Strand, wo sie zu Grunde geht, auch der zwischen den Stengeln der Wasserpflanzen haftende Laich erleidet oft genug dasselbe Schicksal, so daß die Fischereivereine alljährlich künstlich gezüchtete Fischbrut aussetzen müssen, um den Fischbestand auf einer gewissen Höhe zu halten.

Ein Landstrich, in dem sich immerhin noch die meisten Vorbedingungen für eine rationelle Fischwirtschaft vorfinden, ist die Mark Brandenburg. Trotzdem gerade hier die Bedürfnisse der Reichshauptstadt eine äußerst rege Schiffahrt hervorgerufen haben, und die befahrensten Wasserstraßen reguliert sind, gibt es noch manche Umstände, die der Fischerei günstig sind. Ein solcher ist der, daß ein Fluß wie die Havel viele große Seen mit schilfreichen Ufern bildet, wo sich der Laich ansetzen und entwickeln kann, denn Dampferwellen verlaufen sich hier mehr wie auf engen Gewässern. Außerdem werfen die Fischer Reisigbündel im seichten Wasser aus, um der jungen Brut Unterschlupf zu gewähren. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei der Spree und Oder. Hier bieten die Nebenarme den Fischen die Möglichkeit der Fortpflanzung, weil sie frei von durchgehender Schiffahrt geblieben sind. Solche Wasserarme nennt der Niederdeutsche dowe, also taube, was bei Harburg in der Bezeichnung „dowe Elbe“ zum Ausdruck kommt. Der Märker dagegen nennt sie Schlenken oder Lanken. Der Spreewaldwende unterscheidet zwischen dem Hauptarme, der sogenannten Mühlspree, und den Nebenarmen, deren es unzählige gibt, die er mit dem Worte Grobla = Gräben bezeichnet.

Die von Friedrich dem Großen ins Werk gesetzte Oderregulierung hat dem Lande eines der reichsten Gebiete erschlossen, denn das Oderbruchheu ist ebenso begehrt wie der Oderbruchweizen, Das durch die Eindeichung des Hauptarmes größtenteils entwässerte Bruch ist aber gegen früher fischarm geworden. Wie groß der Fischreichtum dieser Gebiete einst war, beweist die Tatsache, daß sämtliche Dienstboten sich ausbedingten, nicht mehr als viermal wöchentlich Fisch essen zu müssen. An Aalquappen war ein solcher Überfluß, daß man sie dörrte, in Streifen zerschnitt und statt Kien zum Leuchten gebrauchte. Im Jahre 1571 verkaufte man die Tonne Weißfische um einen Groschen, und viel teurer war sie auch im 18. Jahrhundert noch nicht. Erst mit der Abnahme der Fische trat eine höhere Bewertung ein. Immerhin hat das Oderbruch nach heutigen Begriffen noch genug Fische, und die Fischer tun alles mögliche, um ihren Fischbestand zu sichern. Auch auf der unteren Oder, da, wo sie zur Haffbildung übergeht, blüht das Fischerhandwerk; und auf den Inseln Usedom und Wollin reiht sich Fischerdorf an Fischerdorf, deren Bewohner sowohl auf dem Haff wie auf hoher See fischen. In allen diesen, ehemals wendischen Landesteilen, sieht man die gleichen Fischereigerätschaften, die sich wohl im Laufe der Zeiten als die geeignetsten erwiesen haben. Das gebräuchlichste Fahrzeug ist der an beiden Seiten zugespitzte Fischerkahn, der in kleinem und größerem Format gebaut wird und in der Mitte einen durchlöcherten Fischkasten trägt. Führt der Fischer einen Kahn ohne einen solchen, so hängt er einen schwimmenden kahnförmigen Fischkasten, einen sog. Fischdrebel, an. Feststehende Fischkästen sind überall an den Ufern der Flüsse zwischen Pfählen versenkt und können mittels einer Kurbel aufgewunden oder niedergelassen werden. In der Reichshauptstadt sind besonders umfangreiche Fischkästen verankert, die gegen Weihnachten viele Tausende von Karpfen enthalten. Zum Transport der Fische benutzten die Bürgerfrauen bis in das 19. Jahrhundert einen messingenen Eimer, welche Sitte aus Wendenzeiten herrührt; denn noch die heutigen Spreewälder benutzen solche Fischeimer. Gefischt wird überall in der Mark mit dem kleinen Garn oder mit der Reuse. Nur im Winter tritt das große Garn in Tätigkeit, womit die breiten Gewässer abgefischt werden.

 

Beim Dorschangeln

 

Die Netze werden durch Binsenpuppen oder Korkstücke über Wasser gehalten, am unteren Ende aber durch Steine beschwert, um sie im Wasser senkrecht zu halten. Nun stellt der Fischer mit dem ausgespannten Netze eine Bucht ab, klatscht mit dem Ruder auf die Oberfläche des Wassers, damit die Fische in die Maschen des Netzes gescheucht werden, und holt darauf das Netz ein. In gleicher Weise verfahren auch die Küstenfischer, wenn sie mit dem kleinen Garn in stillen Buchten dem Lachs nachstellen.

Reusen bestehen entweder aus einem Netzwerk, das über ringförmige Weidenruten gespannt wird, oder ausschließlich aus geflochtenen Weidenruten. Wenn im Märzmonat die Hechte laichen wollen, kommen sie in seichtes Wasser, worin die Fischer aus diesem Grunde abends Netzreusen auslegen, die sie morgens revidieren. Wer geschickt ist, kann den stockstill stehenden Hecht auch stechen. Er muß sich ihm möglichst langsam nähern und keine Wellen verursachen, soll der Fisch nicht blitzartig davonschießen. Das Stechen bzw. Werfen mit der Gabel war schon bei den alten Griechen Sitte, stellte man doch den Gott des Meeres, Poseidon, mit dem Dreizack dar. Auch die heutige Gabel ist dreizinkig.

 

Fischerkähne bei Tiefenwerder an der Havel

 

Wenn man in märkischen Gewässern Stangen und hölzerne Rahmen aus dem Wasser ragen sieht, kann man sicher sein, daß da ein Fischwehr ist. Solche Verhaue baut man in den Strom am liebsten auf schlammigem Grunde, wo sich die Aale gern aufhalten, denen man auf folgende Weise nachstellt.

Aus Weidenruten geflochtene, an ihrem breiten Ende mit Rahmen versehene Körbe von ungefähr sechs Fuß Durchmesser, verengen sich trichterartig so sehr, daß ihnen eine kleinere Reuse, die sogenannte Priepe, aufgestülpt werden kann. Während die erstere den Fischen nur die Richtung vorschreibt, stellt letztere die eigentliche Fangkammer dar. Von Zeit zu Zeit werden diese versenkten Aalkörbe aufgewunden und die Priepen entleert, worauf man sie wieder befestigt und die Körbe von neuem versenkt. Alle solche Arbeiten müssen die Fischer natürlich vom Kahn aus verrichten, was sehr malerische Bilder ergibt.

Einen der schönsten Eindrücke jedoch empfängt man, wenn die Fischer zur Winterzeit ausziehen, um den großen Zug zu tun. Ist das Eis haltbar genug, so werden die großen Schlitten, welche die Netzwinden tragen, ausgerüstet, und es geht auf Schlittschuhen oder dem landesüblichen Piekschlitten zur Fangstelle, wo das Eingangsloch in einer Länge von 8 und einer Breite von 2 m geschlagen wird. Das große Garn, das nun zu Wasser gelassen wird, besitzt eine Flügellänge von 500 m bei 12 m Tiefgang. Es werden in einer Entfernung von je 25 m Luhmen geschlagen und das Netz mit Hilfe von Stangen nach dem Auszugsloch, das ebenso groß wie das Einlaßloch ist, dirigiert. Zur Bewältigung der schweren Treckarbeit, des Garnziehens von Loch zu Loch, treten die Netzwinden in Tätigkeit. Haben beide Schlitten mit den Enden des Garns den Treffpunkt erreicht, so beginnt der eigentliche Zug, bei dem alles, was das Netz umkreist hat, eingefangen wird. Da kribbelt und krabbelt es im Netzbeutel von Plötzen und Rotfedern. Da schimmern Bleie und Brassen, und dazwischen wie kleine Scheidemünzen, Güstern, Ükeleie und Stinte, die immerhin zu Fischsuppen dienen können. Aber die Augen der Fischer leuchten um so mehr, wenn auch der edle Zander oder der Hecht häufiger erscheint. Ist das Netz besonders schwer, so fördert es wohl auch einen dickleibigen schnauzbärtigen Wels zutage, der den neben ihm zappelnden Barschen und Alanden durch kräftige Schwanzschläge zusetzt. Ein solcher Fischzug nimmt drei bis vier Stunden in Anspruch, so daß man deren zwei an einem Tage machen kann. Geht dann die Wintersonne zur Rüste, so brechen auch die fleißigen Fischer auf und bringen ihren Fang in großen Kübeln auf Schlitten oder Wagen nach Hause. Im Dunst der Ferne verschwinden die dunklen Gestalten, und es wird dunkel über der mattleuchtenden Eisfläche. Nur ein Klingen im Eise, ein Säuseln im abgestorbenen Röhricht unterbricht die Stille. Die Fischer aber sind daheim bereits damit beschäftigt, den Fang zu sortieren und versandbereit zu machen.

 

Aalreuse, am Ufer trocknend

 

In den märkischen Binnenseen kommen auch Schleie und Karpfen vor, die in den Strömen nicht mehr gedeihen, da ihnen die Lebensbedingungen entzogen sind. Zu größter Vollkommenheit aber bringen sie die Besitzer von Teichwirtschaften, die rationell füttern. Der Fisch stellt sich dadurch freilich teurer, als wenn er in Freiheit groß geworden wäre. Solche Teiche ermöglichen es, die Fische in ihren schönen Schwimmbewegungen zu beobachten, was sehr anregend ist. Am besten wird man das allerdings in einem Aquarium können, das alle Arten von Fischen enthält. Da sieht man die auf dem Grunde des Stromes ruhenden Welse, dort schießt ein Hecht geradlinig und pfeilgeschwind auf sein Opfer, eine muntere Ellritze, los. In leichter Wellenbewegung gleiten unscheinbare Flundern dahin und wühlen sich im Seesand ein, daß nur die Augen herausschauen, während Krebs und Hummer in schräger Richtung gravitätisch einherstolzieren. Schwimmt die Flunder wie ein Blatt flach auf dem Wasser, so ringelt sich der Aal dagegen in seitlichen Bewegungen dahin. Die Schleie und Karpfen aber schwimmen gern rudelweise in schönen Wendungen durch das Wasser. So hat jeder Fisch seine nur ihm eigenen eigentümlichen Bewegungen. In den Aquarien kann man auch flinke Bachforellen beobachten, die unsere Gebirgsbäche bevölkern, und dort von Kundigen entweder mit der Hand ergriffen oder mittels Fliegenköders geangelt werden. Bei der bedeutenden Nachfrage nach Forellen züchtet man sie auch in fließendem Wasser. So in der Neumark, wo ein Herr von dem Borne auf seinem Gute Berneuchen eine Forellenbrutanstalt angelegt hat, die von dem klaren Wasser der Mietzel gespeist wird, demselben Flüßchen, dessen sumpfige Uferstrecken den bei Zorndorf geschlagenen Russen so verderblich wurden. Hier werden junge Forellen, die eben ihren Dottersack abgelegt haben, gehegt, bis sie versandbereit sind. Man hat einen künstlichen Gebirgsbach angelegt, der allen Lebensbedingungen der Tiere gerecht wird. Zu Seiten der Mietzel liegen Fischteiche, die besonders bewirtschaftet werden und mit Karpfen, Goldfischen und anderen Teichfischen besetzt sind. Welchen Gefahren die Fischbrut ausgesetzt sind, beweist das Auftreten von Fischottern, Reihern, Eisvögeln, Fischadlern, Gabelweihen, Tauchern, Möwen, Enten und Schildkröten am Ufer der Mietzel. Wie schädlich solche Fischräuber sind, zeigt die Tätigkeit der Wasserratten, die imstande waren, in ein paar Nächten einen mit mehreren tausend Forellen besetzten Teich völlig leer zu fischen. Man sieht, ein wie reges Tierleben der Beobachter in der Nähe gutbesetzter Fischwässer anzutreffen vermag.

 

Versenkbarer Fischkasten

 

In Pommern und Mecklenburg herrschen die gleichen Fangmethoden wie in der Mark, nur die Fahrzeuge sind, je mehr man sich der See nähert, um so tüchtiger. Das Kielboot löst den Flachkahn ab. Auf hohen Masten zu Seiten der Fischerhäuser am Stettiner Haff trocknen Flügelnetze oder Zeesen und Strandgarne oder Waden. Mit der Wade, die parallel zum Strande vom Boot aus ausgeworfen wird, arbeiten die Strandfischer, indem sie das Netz an langen Tauen zu Lande ziehen. Sie nähern sich dabei einander immer mehr, bis sie bei dem auftreibenden Netzbeutel zusammentreffen. Auch hier herrscht über einen Zander große Freude, denn er bringt mehr ein als Barsch oder Dorsch. Letzterer wird, da er im tieferen Wasser lebt, auch vom Boot aus geangelt; die Angelschnüre sind auf Kreuzen aufgewickelt, und man wickelt so viel Schnur ab, bis man die rechte Tiefe erreicht zu haben glaubt. Wenden wir unseren Blick nach Osten, so sehen wir, daß im Gegensatz zu der holsteinischen Küste, wo der Heringsfang blüht, der Lachsfang in den Vordergrund tritt. Auf der Halbinsel Hela, die der Danziger Bucht vorgelagert ist, besteht ein großer Hafen für Hochseefischerei, und schwere gedeckte Boote, die einem tüchtigen Sturm nicht aus dem Wege zu gehen brauchen, laden dort ihren wertvollen Fang aus.

Während die Weichsel zwar ein Delta, aber kein Haff bildet, ist das bei der Memel der Fall, die sich außerdem vorher in mehrere Arme verzweigt. Die mit zahlreichen Fischerdörfern besiedelten flachen Ufer gehen in die Rohrkampen des Kurischen Haffs so unmerklich über, daß sie durch Deiche geschützt werden mußten. Vor den buntgestrichenen Häusern der litauischen Fischer liegen ihre ebenso bunten, eigenartig bewimpelten Flachkähne, die sog. Kurenkähne, weil sie auch von den auf der Nehrung wohnenden kurischen Fischern in gleicher Form geführt werden. Der Fang besteht aus Stinten, Neunaugen und Aalen, die hier so zahlreich vorkommen, daß Stettiner Großfischer ihre Quatzen hierhersenden, um die Fänge zu übernehmen, sobald sie aus dem Wasser kommen. Auch hier ist der große Zug im Winter, wenn das Haff unter meilenweiter Eisdecke liegt. Die Fischer tragen zum Schutz gegen Kälte und Regen den kapuzenartigen Kurenhut aus Wollstoff. Um ihre Segel anzufeuchten, bedienen sie sich einer schmalen, röhrenartigen Wasserschaufel, mit der sie das Wasser wie mit einer Spritze gegen die Segel schleudern.

Eigenartig wie Sitten und Geräte der Fischer sind auch ihre Häuser von jeher gewesen und sind es zum größten Teil noch. Wenn irgend möglich, deckt der Fischer sein Haus mit dem billigen und dauerhaften Mauerrohr, das ihm die heimischen Gewässer liefern. Zwar drängen die Feuerkassen auf Ziegeldeckung, aber ein rechter Fischer flickt lieber stellenweise mit Rohr aus, als daß er die altbewährte Deckung gegen den kalten und feuchten Stein vertauschte. Das wendische Fischerhaus ist ein Blockhaus, das märkische meist ein mit Rohr oder Ziegeln gedecktes Steinhaus. Die Fischerhäuser in Mecklenburg zeigen Halbwalmdächer, ebenso die pommerschen, die auch schwarzgeteertes Fachwerk aufweisen. Am Kurischen Haff dagegen herrscht wieder das schilfgedeckte Blockhaus, das ebenso wie die märkischen Fischerhäuser ein einfaches Satteldach trägt. Nirgends haben sich eigenartige Gebräuche so lange erhalten wie hier, wo alles Leben farbenfreudig auftritt. Blau und weiß sind die Gewänder der Frauen, blau die Särge, und bunt bemalt die hölzernen Grabtafeln.

 

Wendische Fischerhäuser

 

Kurischer Flachkahn

 

Trocknende Priepe

 

Eine Gegend mag noch so karg sein, an den Ufern ihrer Seen und Flüsse wird man stets Anregung finden. Eine grüne Flußniederung, ein ferner Waldsaum, ein blau schimmernder Wasserspiegel geben schon einen schönen Dreiklang. Steht gar ein einsames Fischerhäuschen am Ufer, vor dem sich ein paar Weiden oder Erlen im Winde wiegen, so kommt ein weiterer Reiz hinzu. Ruderstangen und Schilfbündel lehnen an den Stämmen, und an der Sonnenseite des Hauses ist das Netz zum Trocknen aufgehängt. Ein paar Flachsköpfe spielen im Garten; fürwahr, ein schlichtes, aber um so schöneres Bild ländlicher Einsamkeit.

In den Dörfern am Kurischen Haff, die zum Teil auf Pfahlrosten stehen, entwickelt sich namentlich zur Winterzeit ein reges Leben. Dann kommen Händler mit Schlitten auf das Eis des Haffes hinaus, um den Fischern ihren Fang gleich an Ort und Stelle abzunehmen. Im Sommer aber hocken unzählige Frauen beim Zwiebelausnehmen in den Gärten. Nicht zu vergessen sei das Räuchern der abgehäuteten Aale, die in Stücke zerschnitten und auf Speile gesteckt werden. Diese hängt man in einem liegenden Faß über schwelendem Weidenholz auf und räuchert auf diese Weise den Aal.