Sie sind hier

Anita Armands Verhängnis

 

 

Der Detektiv

 

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 99:

 

Anita Armands Verhängnis[1].

 

Nachdruck verboten. Alle Rechte einschließlich Verfilmungsrecht vorbehalten. Copyright by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin 26. – 1923.
Druck: P. Lehmann G. m. b. H., Berlin

 

1. Kapitel.

Die Kunstpfeiferin.

„Ich hätte Lust, wieder einmal ein Varietee zu besuchen,“ sagte Harald Harst zu mir am 25. Juni 1922 gegen halb acht abends. „Es gibt nichts, was für die Nerven so wohltuend ist, wie ein Varieteeprogramm mit seiner grotesken Abwechselung,“ fügte er hinzu und nahm die Abendzeitung zur Hand. „Gehen wir in die Skala. Hier ist die Anzeige. Zwölf Nummern: Springphänomen Balfa Balla, Hasemanns dressierte Haustiere, Bull und Bibb, musikalische Klowns – und so weiter.“

Ich hatte so den festen Argwohn, daß dieser Varieteebesuch kein bloßer Zufall, kein Entschluß, gegeben aus irgend einer besonderen Stimmung Haralds, sein dürfte.

„Du hast bei diesem Besuch einen Hintergedanken,“ meinte ich forschend.

Harst war schon aufgestanden und drückte die Zigarette im Aschbecher aus.

„Ich habe nur ein fabelhaftes Personengedächtnis,“ erwiderte er.

„Und das bezieht sich in diesem Falle auf wen?“

„Wo waren wir gestern nachmittag fünf Uhr?“

Man muß schon an Harald Harsts ganze Art gewöhnt sein, um aus seinen Gegenfragen die Antworten herauszuhören. Er hätte einen vorzüglichen Lehrer abgegeben, der seine Schüler nach seiner Methode zu schärfstem Nachdenken angehalten und ihnen die „Logik“ besser beigebracht haben würde durch die Beobachtung der Umwelt als durch philosophische Spitzfindigkeiten.

Er zwang zum Nachdenken. Er haßte jede Gedankenfaulheit. In seiner zuweilen bissigen Ironie sagte er oft: „Die meisten Menschen glauben, sie haben den Kopf nur zum Hutaufsetzen bekommen.“

Also – spazieren waren wir gestern nachmittag gegangen, und zwar durch[2] die Straßen von Berlin W. – so ein Spaziergang, wie Harst ihn liebte – mit kritischen Bemerkungen über uns auffallende Passanten und kleine Straßenszenen.

Solche Szenen, solche Kleinigkeiten finden kaum je Beachtung. Der Großstädter, heute mehr denn je auf das Zusammenraffen irdischer Güter und auf Genießen, anderseits auch auf die niederdrückende Beschäftigung mit eigenen Sorgen eingestellt, ist der Umgebung gegenüber meist blind. Gedankenlos gleitet der Blick über Mitmenschen und Dinge, Geschehnisse und besonders über die sogenannten „Spiegel der Seelen“, die Gesichter hin. Gedankenlos!! Und doch liegt in alledem ein zweites, geheimes Leben, eine verborgene Welt, – offen nur für den, der mit sehenden Augen und mit arbeitenden Gedanken das Ganze umfaßt.

Nicht umsonst, nicht zwecklos schreibe ich als Einleitung zu diesen unseren Abenteuern diese Sätze längst be[kann]ter[3] Weisheit. Der Leser wird den Zweck herausfühlen, wird in diesem Erlebnis die Bestätigung finden, daß jedoch auch über dieser Weisheit als Einschränkung steht: „Der Schein trügt!“ und „Irren ist menschlich!“

Spazieren waren wir gegangen. Und jetzt fiel mir ein: wir waren auch durch die Lutherstraße gekommen! Während ich dort eine Buchhändlerauslage betrachtete, hatte Harst vor den Reklameplakaten des Skala-Theaters halt gemacht, war dann mit einem Male so sehr einsilbig gewesen.

Und – nun wollte er ins Skala-Theater! Und nun fragte ich:

„Dir ist vor den Reklamebildern etwas aufgefallen?“

„Ja, mein Alter. – Verabschieden wir uns von meiner Mutter und gehen wir. Ich erzähle Dir’s unterwegs.“

„Da hing auch in dem langen Schaukasten die große Photographie einer Kunstpfeiferin,“ begann Harald, als wir unser Heim verlassen hatten. „Das Gesicht interessierte mich, erinnerte mich an eine ärmlich gekleidete Frau, die ich schon zweimal in den letzten Tagen hier in unserer Straße vom Fenster aus bemerkt habe. Die noch junge Frau kam stets zur selben Zeit, etwa um zehn Uhr vormittags, und verschwand in der Mietskaserne, die man uns da auf der anderen Straßenseite vor die Nase gesetzt hat.“

„Du meinst, es war die Kunstpfeiferin?“

„Vielleicht. Ich sah die Frau zum ersten Male vorgestern, dann heute abermals. Sie ging in das Haus auffallend scheu und zögernd hinein. – Noch etwas: als ich gestern nachmittag vor dem Schaukasten stand, trat ein Mann neben mich, drängte mich beinahe beiseite. Ich schaute ihn etwas unwillig[4] an. Ihm war das sehr gleichgültig. Er stierte auf das Bild mit einem so verzerrten Gesicht, als stände er einer Todfeindin gegenüber. Selten sah ich in den Zügen eines Menschen einen solchen Ausdruck von wildem Haß, Wut und … höllischem Triumph. Dann atmete er tief auf, lachte in sich hinein und ging weiter – sehr rasch, ganz wie einer, den die Gedanken vorwärtstreiben.

Und dann kamst Du und sprachst über Bücherpreise. Ich vermute nun, und kaum zu Unrecht, daß dieser bartlose Herr, den ich für einen Amerikaner hielt, in dem Bilde dieser Anita Armand, denn so heißt die Kunstpfeiferin, irgend jemand wiedererkannt hat.“

„Und weiter vermutest Du, daß auch er heute abend das Theater besuchen wird?“ fügte ich hinzu.

„Ja, denn gestern war es ausverkauft, schon vor Tagen, des „Duells“ zwischen dem Entfesselungskünstler Peröni und der Schlosserinnung wegen. Ich hatte telephonisch angefragt bei der Theaterkasse.“

„Und mir natürlich nichts davon gesagt!“

„Dazu war ja heute noch Zeit. Heute wird der Mann nun wohl dort sein, glaube ich, und – wir auch. Ein Mensch, der angesichts einer Photographie seine innersten Gedanken so wenig verbergen kann, führt sicherlich nichts Gutes im Schilde, wird sich von seinem Haß vorwärtstreiben lassen. Bis wohin, werden wir feststellen. Wir haben ja zur Zeit keine Arbeit.“ –

Das Theater war sehr gut besucht. Wir bekamen noch zwei Mittelplätze Orchestersessel.

Dann die erste Nummer, die zweite, die dritte. Und nach der ersten Pause Anita Armand, die Heldin dieser geheimnisvollen Geschichte … –

Anita Armand in lichtblauem Frackanzug, schlank, rassig, vornehm. Etwas leicht Blasiertes, Müdes in den Bewegungen. Die Hände voller kostbarer Ringe.

Kunstpfeiferin …! – Ja, das war Kunst, soweit man bei einer solchen Darbietung von Kunst sprechen kann. Wunderbar schien’s, daß nur mit den Lippen eine solche Fülle von Tönen hervorgerufen werden konnten.

Nach dem ersten Walzer, den sie vortrug – mit ganz diskreter Orchesterbegleitung, stürmischer Beifall …

Dann pfiff Anita Armand Opernarien.

„Fabelhaft!“ flüsterte selbst Harst.

Der Beifall noch stürmischer – nur langsam verebbend.

Die schlanke Gestalt im lichtblauen Frack dankte lässig.

Und dann der Zwischenfall …

Hinter uns, das Händeklatschen schrill übertönend, ein … Pfiff – irgend eine seltsame Melodie, nur ein paar Takte …

Anita Armand taumelte zurück.

Nie werde ich das Bild vergessen, wie die Kunstpfeiferin im Lichte der elektrischen Scheinwerfer die Arme wie abwehrend ausstreckte, wie sie dann langsam umsank, sich nicht mehr regte, wie in dem weiten Raume plötzlich Totenstille eintrat und Dutzende von Köpfen sich unwillig[5] nach dem Manne umschauten, der vier Reihen hinter uns saß und der so leicht als der Störenfried herauszufinden war, da alles ihn wütend anstarrte …

Theaterdiener trugen die Bewußtlose hinter die Kulissen. Ein anderer Theaterdiener schnauzte jetzt den Mann grob und aufgeregt an:

„Herr, was fällt Ihnen ein! Wie kamen Sie dazu, hier …“

Der Mann war ein alter Graubart, so etwas Förstertyp, suchte sich verlegen zu verteidigen:

„Ich … ich habe gar nicht gewußt, daß ich pfiff … Ich war so begeistert – wirklich! Entschuldigen Sie nur!“

Das Publikum lächelte. Die Stimmung, die sich zuerst gegen den Alten gerichtet hatte, schlug um.

Er hatte einen Eckplatz am Mittelgang, stand nun ängstlich auf und meinte: „Dann werd’ ich lieber nach Hause gehen … Mich regt das alles zu sehr auf …“

Und unter dem leisen Lachen der Umsitzenden schlich er gebückt davon.

Harst hatte sich erhoben. Wir holten rasch unsere Hüte und Mäntel aus der Garderobe, hörten noch, daß ein Theaterangestellter von der Bühne herab erklärte, Fräulein Armand ginge es bereits wieder besser, sie könne jedoch heute leider nichts mehr vortragen.

Der alte, bescheiden gekleidete Mann hatte derweile ebenfalls Hut und Schirm sich aushändigen lassen. Ganz unauffällig blieben wir hinter ihm. Er bestieg eine Straßenbahn und fuhr bis zur Bülowstraße, bog in die Steinmetzstraße ein und schloß das Haus Nr. 32 auf.

Gang, Haltung, Bewegungen, – nichts ließ vermuten, daß der Mann etwa nur verkleidet war.

Wenige Minuten später wußten wir, daß wir uns getäuscht hatten: der Alte wohnte schon viele Jahre im Hinterhause von Nr. 32, hieß August Wrog und war einst Musiker gewesen, jetzt Hausierer.

„Nachts steht er immer am Potsdamer Platz mit Streichhölzern,“ erklärte der Portier noch, den wir ausgeforscht hatten.

Wir nahmen ein Auto, fuhren nach der Skala zurück und ließen uns bei dem Direktor melden.

„Fräulein Armand hat das Theater bereits verlassen,“ erwiderte er auf Haralds Frage. – Wir hatten unsere wahren Namen nicht genannt. Der Direktor zeigte sich daher auch sehr zurückhaltend.

Harst lüftete nun die Maske. „Ich darf wohl auf Ihre strengste Verschwiegenheit rechnen,“ sagte er. „Wo wohnt Fräulein Armand hier?“

„Hm – das ist das Merkwürdige, Herr Harst. Sie hat nur eine Telephonnummer angegeben.“ Er blätterte in einem Buche, das auf dem Schreibtisch lag. „Lützow 14182 ist die Nummer, Herr Harst.“

Harald notierte sich’s.

„Wo war die Armand vorher engagiert, Herr Direktor?“

„In London in der Alhambra bis zum ersten Juni. Am dritten Juni trat sie hier zum ersten Male auf. Sie ist als Varieteenummer noch neu.“

„Eine geborene Deutsche?“

Der Direktor zuckte die Achseln. „Keine Ahnung! Sie behauptet: Deutschamerikanerin. Die Damen behaupten viel.“ –

Wir verließen das Theater wieder.

„Nun zum Potsdamer Platz,“ sagte Harald. „Der alte Wrog wird wohl auch heute dort zu treffen sein. Ich nehme an, daß jemand ihn für diesen Pfiff in der Skala gedungen hat, ohne Wrog natürlich mitzuteilen, welche Wirkung der Pfiff haben würde.“

Der alte Mann war denn auch leicht herauszufinden. Er saß auf einem Klappstühlchen neben den „warme Würstchen-Tischen“ an der Ostseite des Platzes in schäbigster Bettlertracht mit einer blauen Brille vor den Augen und mit einem Kasten auf dem Schoße zusammengesunken da und ließ sein: „Zündhölzer – billige Zündhölzer“ ununterbrochen mit schleimiger, unangenehmer Stimme hören.

Harald kaufte eine Schachtel Zündhölzchen, bezahlte das Dreifache, beugte sich zu dem Alten hinab und flüsterte:

„Wer hatte Ihnen die Eintrittskarte für die Skala für heute geschenkt, Herr Wrog?“

Dem Weißbart fiel beinahe vor Schreck der Kasten von den Knien.

Er stierte Harst lange an, bis er dann stammelte:

„Ein … ein Amerikaner war’s … – Herr, sind Sie von der Kriminalpolizei?“

„Aus welchem Liede waren die vier Takte?“

„Aus … aus dem amerikanischen Liede Herbst mit bunter Blätterpracht …“

„Wie hieß der Amerikaner? Wo erteilte er Ihnen diesen Auftrag und wie?“

„Den Namen kenne ich nicht. Bei Gott nicht! Gestern abend war er hier bei mir und gab mir zehntausend Mark und das Billett für heute. Er sagte nur, ich solle, wenn die Kunstpfeiferin mit ihrem zweiten Stück fertig sei, recht schrill die Takte pfeifen.“

„Und er gab Ihnen das Lied besonders an?“

„Ja, Herr. – Entschuldigen Sie: sind Sie wirklich von der Polizei?“

„Guten Abend,“ nickte Harst, faßte mich unter und steuerte rasch mit mir über den Platz dem Eingang der Potsdamer Straße zu.

„Wie gefiel Dir Wrog?“ fragte er dann nach einer Weile.

„Hm – gefallen?! Ein Bettler wie hundert andere in Berlin …“

„Du irrst! – Machen wir kehrt, ganz plötzlich!“ Und er drehte sich auf dem Absatz um.

Es war dicht vor der Potsdamer Brücke, und die Straße war nicht allzu belebt.

„Glaubst Du, der Alte könnte uns gefolgt sein?“ meinte ich etwas ungläubig, da ich keinen Menschen bemerkte, der Wrog auch nur im entferntesten ähnlich sah.

Harst schwieg, bis wir den Potsdamer Platz wieder erreicht hatten.

Der Platz des alten Hausierers war – – leer!

„Bitte!“ sagte Harald nur.

Dann winkte er ein Auto heran. Wir stiegen ein.

„Postamt Lützow,“ befahl er dem Chauffeur.

 

2. Kapitel.

Der Impresario Stuart Corniter.

Im Auto verqualmte Harst rasch drei Mirakulum. Er war merkwürdig nervös und gesprächig.

„Wrogs[6] Bart war falsch,“ begann er, sich zu mir hinneigend. „Die Säufernase war Schminke. Es kann sein, daß es nicht der echte Wrog war. Jedenfalls sind wir da mit beiden Füßen halb ahnungslos in einen Fall hineingesprungen, der alles Mögliche verspricht.“ –

Auf dem Fernsprechamt Lützow erfuhren wir, daß Nr. 14182 zum Pensionat Ahlhelm in der Lützowstraße 211 gehörte.

Es war jetzt zehn Uhr. Das Haus Nr. 211 fanden wir noch offen. Die Pension Ahlhelm lag im dritten Stock. Wir verlangten die Pensionsinhaberin zu sprechen. Die Dame kam, – eine blonde Walküre, zwei Zentner Gewicht etwa.

„Ich möchte für Bekannte Zimmer ab morgen belegen,“ erklärte Harald. „Zwei Zimmer, vielleicht auch drei. Es handelt sich …“

„Bedauere,“ flötete Frau Ahlhelm. „Es ist alles besetzt.“

„Werden denn die Zimmer von Fräulein Anita Armand nicht frei?“

Die Walküre riß die Schweinsäuglein auf.

„Anita Armand?! Kenne ich nicht. Die Dame wohnt nicht hier.“ – Da war etwas im Tonfall dieser Antwort, das nicht ehrlich klang. Das Erstaunen der blonden Riesendame war auch mehr schlecht verhehlter Schreck gewesen.

Harst langte in die Tasche und reichte ihr kühl seinen Ausweis.

„Herr Gott – Herr Harst!!“ flüsterte sie verwirrt. „Ist denn etwa mit dem Impresario der Dame nicht alles so, wie es sein soll?“

„Das wird sich herausstellen, Frau Ahlhelm. – Dürfte ich das Fremdenbuch einsehen?“

Wir saßen im sogenannten Empfangszimmer. Das Fremdenbuch lag auf dem Schreibtisch am Fenster.

Als am 2. Juni eingezogen stand da in steiler schmuckloser Balkenschrift:

Stuart Corniter, Impresario.

Harald klappte das Buch zu. „Sie wissen also, Frau Ahlhelm, daß dieser Corniter der Impresario der Kunstpfeiferin Anita Armand ist und daß, falls hier Fräulein Armand am Telephon verlangt wird, Corniter gerufen werden sollte?“

„Ja,“ gestand die Walküre zögernd. „Mr. Corniter bat mich, darüber zu schweigen. Nur die beiden Stubenmädchen hat er noch eingeweiht und ihnen ebenfalls viel Geld gegeben.“

„Ist Mr. Corniter daheim?“

„Ja. Er … er badet gerade. Er hat jeden Abend punkt zehn Uhr ein Bad bestellt.“

„Ein sehr reinlicher Mensch, Frau Ahlhelm. Ist er jung, alt?“

„Ich denke Mitte dreißig.“

„Wissen Sie, wo Fräulein Armand wohnt?“

„Nein, Herr Harst, wirklich nicht.“

„Wird Mr. Corniter noch lange im Badezimmer bleiben?“

„Wohl kaum …“

„Dann werden wir hier warten. Sobald er in seinem Zimmer ist, klopfen Sie bitte an und sagen Sie ihm, es möchten ihn zwei Herren Fräulein Armands wegen dringend sprechen – dringend. Deuten Sie meinetwegen an, es seien wohl Kriminalbeamte, obwohl wir das nicht sind.“

„Nein, Sie … Sie sind mehr, Herr Harst! Sie sind eben Harald Harst!“ rief die Walküre schwärmerisch.

Diese Weiber – diese Weiber!! Sie waren doch alle gleich. Dicke, Dünne, Häßliche, Hübsche: alle verdrehten sofort die Äugelein vor Harsts Gladiatorenkopf!

Frau Ahlhelm rauschte hinaus.

Harst blätterte in dem Fremdenbuch. Die Zeit verstrich.

Ich sah zum dritten Male nach der Uhr.

„Nun sitzt er mindestens schon eine Viertelstunde im Wasser!“ meinte ich.

„Er wird’s vielleicht nötig haben,“ witzelte Harald ohne aufzublicken[7].

Noch zehn Minuten.

Dann die Walküre – sehr beklommen, schwer atmend:

„Herr Harst, im Badezimmer ist’s so still!“

Harald sprang auf.

Wir standen vor der Tür der Badestube. Die Milchglasscheibe war hell. Es brannte Licht drinnen.

Kein Geräusch, – nichts – nichts …

Harst klopfte, klopfte stärker.

Und zog sein Taschenmesser, schob mit der Spitze der großen Klinge, am Eisenriegel entlangkratzend, den Riegel zurück.

Harald öffnete …

Hinter uns ein Ächzen – ein dumpfer Krach: Frau Ahlhelm war in Ohnmacht gefallen.

Kein Wunder. Mit den Knien auf dem Wannenrand, die Füße noch im Wasser, Rücken und Kopf auf der Matte vor der Wanne, lag da regungslos mit weit aufgerissenen Augen ein blondbärtiger nackter Mann …

Und auf der weißen Haut der linken Brustseite waren ein paar rote Tropfen sichtbar: Blut – Blut, das aus einer kleinen Herzwunde hervorgedrungen war!

Wir trugen die bewußtlose Frau Ahlhelm in den Empfangssalon. Sie kam sofort wieder zu sich. In ihren Augen lag ein wahnsinniges Grauen, als sie uns nun anstierte und flüsterte:

„Etwa – etwa ein Mord? Dann – dann bin ich ruiniert, Herr Harst!“ – So vereinte sich hier die Angst vor dem gewaltsamen Tode mit dem ebenso rasch erwachten Geschäftssinn.

„Ich werde dafür sorgen, daß alles in größter Stille erledigt wird,“ beruhigte Harald die Walküre. „Sie müssen jedoch dabei helfen. Nehmen Sie sich also zusammen, Frau Ahlhelm! Raffen Sie sich auf! – Schraut, Du stellst Dich als Wache vor die Tür des Badezimmers. Ich werde die Mordkommission benachrichtigen.“

Er ging an den Schreibtisch, wo der Fernsprecher stand. –

Eine halbe Stunde drauf war die Kriminalpolizei zur Stelle.

Wir beide spielten nur die Zuschauer. Wir hatten weder die Badestube betreten noch den Toten berührt.

Hinter der Wanne am Fenster wurde ein kleinkalibriger Damenrevolver gefunden. Eine Patrone der Trommel war abgefeuert. Die Patronenhülse und der Lauf rochen noch nach Pulverschleim. Der Revolver war in ein Taschentuch gewickelt, das von der Kugel durchlöchert worden war.

Und der Tote selbst? Der hatte eine blonde Scheitelperücke aufgehabt, und auch der blonde Spitzbart war falsch, – war nur sehr geschickt angeklebt gewesen. Nachdem man beides entfernt und so dem Gesicht sein natürliches Aussehen gegeben hatte, fiel auch mir sofort eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den weichen, weibischen Zügen und Anita Armand auf.

„Selbstmord,“ entschied die Kommission. – Auch ich teilte diese Ansicht. Der Mann hatte sich in der Wanne stehend erschossen. –

Kriminalkommissar Dr. Werkmager und wir beide gingen in den Empfangssalon. Harald drückte hinter uns die Tür ins Schloß.

„Die Sache ist die, Herr Kommissar,“ erklärte Harst, indem er das Fremdenbuch aufschlug. „Wir waren heute in der Skala. Nach den beiden ersten Stücken der Kunstpfeiferin ertönte aus dem Publikum ein Pfiff. Die Anita Armand fiel in Ohnmacht. Ich wollte sie gern fragen, ob sie etwa durch den Pfiff in so starke Erregung versetzt worden sei. Der Direktor konnte mir nur die Telephonnummer der Armand angeben. So kamen Schraut und ich hierher. Der Tote soll also der Impresario Stuart Corniter gewesen sein.“

Doktor Werkmager notierte sich einiges.

„Haben Sie noch ein weitergehendes Interesse an dem Selbstmord, Herr Harst?“ fragte er dann mit gelindem Mißtrauen. Mir schien’s, als ahnte er, daß Harst einiges unterschlagen hatte.

„Nein. – Wir werden nach Hause fahren. – Guten Abend, Herr Kommissar.“

Werkmager drückte uns zum Abschied die Hand.

„Nicht wahr, Sie … Sie haben mir nichts verschwiegen?“ fragte er Harald zögernd.

Harst schaute ihn an. „Dieser Corniter ist vom Dache des Hinterhauses aus mit einem Luftgewehr erschossen worden,“ erklärte er. „Darauf bauen Sie Ihre weiteren Nachforschungen auf. Ich für meine Person werde nach meiner Methode arbeiten. Ich kann Ihnen außerdem mitteilen, daß der Mann, der den Pfiff ausstieß, der Hausierer Wrog aus der Steinmetzstraße 32 war und daß Corniter eine gewisse Ähnlichkeit mit Anita Armand hat. – So – nun leben Sie wohl und sorgen Sie dafür, daß Frau Ahlhelms Pensionat in den Zeitungsberichten nicht genannt wird. Sie fürchtet für ihre Existenz.“

Bevor Dr. Werkmager noch etwas fragen konnte, und er hatte gewiß ebenso viele Fragen auf der Zunge wie ich, schritt Harst schon die Treppe hinab.

Die Haustür war noch offen. Vor der Tür stand ein uns bekannter Kriminalbeamter, grüßte und meinte leise:

„Was sagen Sie zu dem Selbstmord, Herr Harst?“

„Richtig, Sie waren vorhin ja auch oben im Badezimmer, Herr Zellnow. Sie glauben nicht an Selbstmord?“

„Sie etwa, Herr Harst?“ Und der alte Zellnow, der durchaus einem gemütlichen Handwerksmeister glich und doch einer der Besten aus dem Polizeipalast am Alexanderplatz war, lächelte zweifelnd. „Wenn einer sich mit einem umwickelten Revolver, dessen Knall nicht gehört werden soll, gerade ins Herz schießt, dann wird er die Waffe kaum mehr hinter die Wanne bis ans Fenster werfen, denke ich. Wozu das?! Möglich wär’s ja, daß er’s noch könnte, daß die Kräfte noch dazu ausreichen. Aber – wozu das?! Warum ließ der Mann die Waffe nicht in die Wanne fallen?! Und – und das obere Fenster war offen, Herr Harst!“

„Das stimmt, Herr Zellnow.“

„Ich wette, Sie nehmen genau dasselbe an wie ich, Herr Harst: Mord durch das obere Fenster.“

Harald nickte. „Ja – mit einer Einschränkung freilich. Der Mörder schoß vom Dache des Hinterhauses aus mit einer Luftbüchse.“

Zellnows Kopf ruckte höher. „Weshalb Luftbüchse?“

„Weil ich den Mörder gesehen habe – mit der Luftbüchse. Es war – eine Frau. Sie hatte hinter dem einen Schornstein gestanden, trat mehr vor, und da bemerkte ich sie.“

Zellnow war nicht weniger überrascht als ich. „Und das haben Sie verschwiegen, Herr Harst?!“ rief er vorwurfsvoll.

„Weil die Frau dann verschwand, Herr Zellnow, – flüchtete …! Wir hätten sie doch nicht mehr erwischt. Wir hätten ihr durch eine zwecklose Verfolgung nur gezeigt, daß wir auf sie aufmerksam geworden waren. Das hätte die weiteren Nachforschungen erschwert. Sie wäre eben gewarnt worden.“

„Hm – das mag wohl sein, Herr Harst …“

„Wenn Sie Dr. Werkmager den Inhalt unseres Gesprächs mitteilen wollen, – ich hab’s eilig. Guten Abend, Herr Zellnow.“

Wir gingen die Lützowstraße hinab der Potsdamer zu. Harald hakte sich in meinen Arm ein.

„Was hältst Du von diesem Morde, mein Alter?“

„Du sahst die Frau wirklich?“

„Sogar ganz scharf gegen den hellen Sommernachthimmel, eine klare Silhouette. Die Frau hat Stuart Corniter erst erschossen und dann den Revolver in die Badestube hineingeworfen, nachdem sie eine Patrone abgefeuert hatte. Sie wird an einem Strick vom Dach bis zum Fenster hinabgeklettert sein. Sie wollte einen Selbstmord vortäuschen. Sie hatte den Revolver umwickelt, denn sonst wäre es aufgefallen, das an den Wundrändern keine Pulverteilchen klebten. Die waren nun durch das Tuch aufgefangen worden. Ein sehr raffiniertes Verbrechen, ohne Frage.“

„Ein Verbrechen mit einer einzigen kolossalen Dummheit: wie konnte die Frau noch so lange auf dem Dache bleiben?!“

„Weil sie vielleicht feststellen wollte, ob Corniter auch wirklich tot sei.“

„Das ließe sich hören.“

Wir bestiegen die Straßenbahn und fuhren nach Hause: nach Schmargendorf, Blücherstraße 10.

 

3. Kapitel.

Das lila Signal.

Der Schließer, dessen Revier auch die Blücherstraße umfaßte, kam um Mitternacht langsam dahergeschlendert. An der Ecke Blücher- und Cunostraße standen zwei ältere Arbeiter in Werktagskleidung, schmauchten kurze Pfeifen und unterhielten sich leise.

„’n Abend, Mielke,“ sagte der eine leise zu dem Schließer, der hier schon seit Jahren nachts den Dienst versah.

„’n Abend …“ Mielke schaute die beiden mißtrauisch an. In diesen Zeiten konnte man niemandem trauen. Er kannte die Leute nicht, hatte sie noch nie gesehen.

„Harst!“ meinte derselbe Mann noch leiser.

„Ah – Herr Harst!“ Mielke atmete auf und trat näher. „Wohl auf der Jagd, die Herren?“ fügte er hinzu.

„Allerdings – seit neun Uhr abends, Mielke. – Ich möchte Sie etwas fragen. Ist Ihnen in den letzten Nächten an dem Hause Nr. 68, und das ist die neue Mietskaserne meinem Grundstück gegenüber, etwas aufgefallen?“

„Nee, Herr Harst!“

„Haben Sie mal eine einfach gekleidete Frau das Haus betreten sehen?“

„Hm, das ja, Herr Harst, das ja. Es is ’n janz hübsches Mädel, aber man ärmlich in Kluft, Herr Harst. Sie wohnt oben bei Frau Lenk in die neu ausjebaute Bodenwohnung, wie mir der Portier Kemker erzählte. Es is so wat wie ne Nichte von die Frau Lenk, Herr Harst. – Hm – nu fällt mir ein: det Mädchen treibt sich nachts rum. Sie jeht sehr viel nachts aus …!! Vielleicht amende is sie, – – na, Sie verstehn, Herr Harst! Ah – da is sie wieder! Da – sie kommt auf uns zu …“

Die schlanke Gestalt überquerte den Fahrdamm, scheinbar, um uns auszuweichen, und bog in die Cunostraße ein.

Und – es war Anita Armand! Ein Blick hatte mir genügt.

„’n Abend, Mielke. Wiedersehen – und Mund halten!“ meinte Harald hastig.

Wir beide trennten uns dann. Harst, der die besseren Augen hatte, blieb etwa hundert Meter hinter der Kunstpfeiferin, die sich nur selten umdrehte. Ich folgte Harald etwa im gleichen Abstand.

Anita Armand trug einen schlaffen Lodenhut und einen Lodenmantel mit Kapuze. Sie hatte es überaus eilig, und die Aufregung und die körperliche Bewegung trieben mir bald den Schweiß aus allen Poren, zumal ich, genau wie Harald, unter dem etwas schäbigen Arbeitsanzug noch einen zweiten, besseren, anhatte. Harst hatte das so gewünscht, da er annahm, daß wir noch eine zweite Verkleidung in dieser Nacht brauchen würden, ohne Zeit zu finden, uns daheim noch umzuziehen.

Die Kunstpfeiferin war am Gartenrestaurant Waldfrieden vorüber in den dunklen Grunewald eingedrungen, hielt sich jedoch immer am Rande des Waldes und eilte nach Osten zu weiter. – Wir beide hatten uns jetzt wieder vereint. Nur wie einen Schatten sahen wir Anita Armand vor uns zwischen den hohen Kiefern dahinhuschen.

Vor uns dann eine Waldblöße linker Hand.

Darauf der hohe Holzturm, den wohl jeder kennt, der einmal jenen Teil des Grunewalds durchstreift hat.

Ein Turm, aus Balken wie das Gerippe einer Pyramide roh zusammengeschlagen …

Und – hier blieb die Kunstpfeiferin stehen, hier an den Überresten der Holztreppe, die einmal bis zur Spitze emporgeführt hatte.

Dann begann sie zu klettern – mit einer unglaublichen, katzenartigen Gewandtheit, kletterte höher und höher, kam bis an die noch gut erhaltenen Teile der Treppe und klomm vollends empor.

Und – da flammte auch schon oben auf der Spitze des Turmes ein Licht auf – ein violettes bengalisches Zündholz, brannte ein paar Sekunden, erlosch …

„Ein Signal also,“ flüsterte Harst. „Warten wir ab, was folgt.“

Anita Armand hatte sich oben auf die letzte Stufe der Treppe gesetzt.

Die Zeit wurde uns lang, endlos lang.

Dann drüben am anderen Rande der Lichtung eine Gestalt – ein Mann mit einer Büchse über der Schulter, neben sich einen Hund: ein Förster!

„Unangenehm!“ flüsterte Harst. „Der kann alles verderben.“

Der Förster hatte zum Turm emporgeblickt und war rasch wieder im Dunkel des Baumschattens untergetaucht.

„Ich muß ihn sprechen,“ meinte Harald. „Schleichen wir hinüber.“

Im großen Bogen drangen wir durch den Wald bis zu der Stelle vor, wo wir den Förster zuletzt gesehen.

Er stand hinter einer Kiefer, hatte ein Jagdglas an den Augen. Der schwache Wind kam so, daß der Hund uns nicht wittern konnte.

Fünf Schritt noch, dann rief Harst ganz leise:

„Hier Detektiv Harald Harst.“

Der Hund fuhr herum. Sehr geistesgegenwärtig bückte sich der Förster und raunte dem Tiere einen Befehl zu. Der Hund legte sich.

Mit der Büchse im Arm schritt der Beamte auf uns zu.

„Harald Harst, Herr Förster,“ wiederholte mein Freund schnell. „Wir sind ebenfalls hinter der Frau her.“ Und er trat auf den Beamten zu, der noch immer voller Mißtrauen sich schußfertig hielt.

Die Situation klärte sich bald. Ein paar Fragen, ein paar Antworten, und wir drei waren Verbündete, warteten nun zusammen auf das, was sich noch ereignen würde.

Nichts geschah. Genau um ein Uhr fünfundvierzig Minuten verließ Anita Armand den Turm und schritt durch den Wald der Straße zu. Harst folgte ihr, kehrte aber sehr bald zurück.

„Sie geht offenbar nach Hause,“ meinte er. „Es hätte keinen Zweck, sie weiter zu beobachten. – So – nun erzählen Sie mal, Herr Förster. Sie deuteten ja an, daß Sie die Frau schon häufiger hier bemerkt und belauert haben.“

Förster Gudwart schüttelte den Kopf. „Häufiger?! Nein, es ist heute das vierte Mal, Herr Harst. Am fünfzehnten dieses Monats spürte ich Holzdieben nach. Da sah ich das Lichtsignal zum ersten Male. Ich erspähte die Frau da oben, nahm mir aber vor, sie …“

„Und wann zum zweiten Male?“

„Am 19ten, Herr Harst, wieder nachts gegen Viertel zwei … – Und am 22ten zum dritten Male. Ich wollte durchaus dahinter kommen, wem das Signal gelten könnte. Bisher war es stets ein grünes bengalisches Zündholz. Heute ein violettes.“

„Es erschien nie jemand? Wurde das Signal beantwortet – irgendwie?“

„Niemand kam, und kein Antwortsignal zeigte sich.“

„Sind Sie mal auf dem Turm gewesen?“

„Nein. Werde mich hüten. Zu solchen Kletterkunststücken bin ich doch schon zu alt. Wer ist die Frau, Herr Harst?“

„Weiß ich nicht, Herr Förster. – Dann werde ich mal den Turm besteigen.“

Harald war sehr bald oben.

Förster Gudwart suchte mich jetzt auszuforschen.

„Ist’s eine Verbrecherin, Herr Schraut?“ meinte er zaghaft. „Man möchte doch gern son bißchen informiert sein.“

„Harst wird Ihnen später schon alles erklären,“ vertröstete ich ihn. „Es ist dies eine sehr lange Geschichte, die sehr vorsichtig behandelt werden muß. Wir tappen da auch noch völlig im Dunkeln.“

Es wurde jetzt zusehends heller. Harald stieg nach einer geraumen Weile wieder herab.

„Kommen Sie,“ sagte er zu Gudwart und mir. „Die Frau stand mit dem Rücken nach Süden, als sie das violette Licht aufleuchten ließ. Das Signal sollte also nach Norden hin leuchten. Dort nordwärts stehen die Bäume sehr weit auseinander, und der Wald zieht sich eine Anhöhe hinauf. Suchen wir. Vielleicht finden wir den, dem das Signal galt.“

Wir durchstreiften den Forst. Wir fanden nichts – gar nichts. Wir suchten bis vier Uhr morgens. Dann sagten wir Förster Gudwart lebewohl.

„Bitte, schweigen Sie,“ betonte Harald nochmals, der inzwischen dem Beamten nun doch mitgeteilt hatte, was wir bisher über Anita Armand erfahren hatten. „Dieses Geheimnis, mit dem die Kunstpfeiferin sich umgibt, muß eine sehr ernste Bedeutung haben.“

„Keine Sorge, Herr Harst!“ lachte Gudwart. „Wir Grünröcke flunkern gern, aber Tratschmäuler sind wir nicht.“

Als wir beide das Gartenrestaurant Waldfrieden erreicht hatten, meinte Harald: „Jetzt eine Tasse Kaffee!! Das würde ein Genuß sein! Hm – hier ist noch alles geschlossen. Ob wir nicht nach Paulsborn hinüberwandern? In einer halben Stunde sind wir dort. Und – es liegt in der Richtung, wo wir den Signalempfänger gesucht haben. Vielleicht – vielleicht wohnt dieser Jemand im Restaurant Paulsborn …“

 

4. Kapitel.

Der Mann mit dem Vogel.

Haralds Kaffeedurst hatte also eine besondere Ursache. Ich hätte mir das eigentlich sofort denken können.

Wir machten kehrt und Harald schlug abermals die Richtung nach dem Turm ein.

„Es gab da im Norden auf der Anhöhe noch etwas zu sehen,“ meinte er dann, als wir den Berg emporstiegen. „Du hast es natürlich ebenfalls bemerkt, mein Alter?“

„Nein. Die Frage hättest Du Dir sparen können.“

„Hm – und es war doch so auffällig, was da am Fuße der einen Kiefer lag, von der aus man den Turm völlig überblicken konnte, – so sehr auffällig. Nur die eine Kiefer da steht so, daß der Turm nicht von anderen Bäumen verdeckt wird.“

„Und – um was handelt sich’s?“ meinte ich gespannt.

„Um … um eine amerikanische Eigentümlichkeit. Die Amerikaner lieben etwas, das ihnen den Priemtabak ersetzt: Kaugummi! Ein Stückchen Kaugummi lag da am Fuße der Kiefer. Und – Anita Armand soll Deutschamerikanerin sein …“ –

Dann sah auch ich das Stückchen Kaugummi auf dem Waldboden, sah weiter, daß von dieser Kiefer tatsächlich der Turm genau zu überblicken war – bis zur Spitze.

„Weiter!“ sagte Harald.

Bald glitzerte zwischen den rotbraunen Stämmen der Spiegel des stillen Grunewaldsees.

Der plumpe Bau des alten Jagdschlosses schob sich düster in das Landschaftsbild hinein, und drunten am Westufer des Sees nun auch das hohe, große Gebäude des Restaurants Paulsborn.

Jenseits des Schilfgürtels lag ein Kahn. Ein Angler saß darin.

„Das gäbe einen Vorwand zum Verlassen des Hauses,“ meinte Harst nachdenklich. „Zum Verlassen mitten in der Nacht. Amerikaner sind Sportfexe. Angeln ist ein Sport.“ – Er war stehengeblieben, beobachtete den Angler …

„Ein noch junger Mann – nicht ganz jung, dreißig vielleicht. Gesicht typisch Amerikaner. Sportanzug, Angelzeug, alles tadellos. Wird wohl stimmen. Der wohnt hier in Paulsborn. Und – er kaut, mein Alter, er kaut Kaugummi!!“

Vom Restaurant her kam ein buckliges Männchen mit einem kleinen Handwagen, auf dem eine große Zinkmilchkanne mißtönend klapperte. Der Bucklige ging den staubigen Hauptweg entlang. Wir folgten ihm, und bald sprach Harald ihn an.

Nach fünf Minuten einer gemütlichen Unterhaltung wußten wir, daß der Angler seit dem achten Juni als Sommergast im Restaurant Paulsborn wohnte, Allan Pencer hieß und ein „verrückter Amerikaner“ war.

Das „verrückt“ begründete Herr Emil Plinck, Faktotum von Paulsborn, durch folgende Sätze:

„Jott ne, son Mensch, der immer erst morjens um achte rum in die Falle kriecht, der um drei uffsteht und badet, jeden Tag unter die Dusche badet, und dann so um Uhre fünfe frühstückt, wo andere schonst det Mittag verdaut haben, der dann Tag for Tag bis um zehne am Schreibtisch Papier vollklaut mit sonne Jeschichtens, wo jedruckt werden, und der um elfe nachts Mittag ißt und von elfe bis zum Morjen im Walde rumrennt und denn in ’n Kahn klettert und angelt, – na son Mensch hat doch eenen zu ville oder zu wenij in ’n Hirnkasten!“

„Det stimmt!“ nickte Harst seiner Arbeiterkluft entsprechend. „Det stimmt! Also am Dage zeijt der Pencer sich jar nich draußen, wat?“

„Ne, det is ’n richtjer Nachtvojel. Aber Jeld hat er wie Heu.“

„Na – na!“

„Wat – na, na?! Ick weeß det. Ick birst’ ihm ja die Kleedaje aus! Wenn ick klauen wollte!! Letztens hat er wieder in die Bixen fünf Dollarscheine stecken jehabt. Und Trinkjeld jibt er nie unter tausend Mark.“

Tausend Mark waren 1922 noch etwas!

„War denn der Pencer auch diese Nacht im Walde?“ fragte Harald wieder so nebenher.

„Freilij – freilij! Nur – nur verspätet hatt’ er sich. Er muß woll injenickt jewesen sind. Ick war so um halb zweie rum mal im Stall, weil unser Brauner ’n bißken die Kolik hat. Und da sah ick den Pencer wejrennen. Et sah jrad so aus, als ob er firchtete, nich mehr jenug Nachtluft schnappen zu kennen. Er hat eben ’n kleenen Vojel.“

Wir trennten uns gleich darauf von dem buckligen, harmlosen Emil Plinck, der uns noch einen langen Vortrag über Kolik gehalten hatte. Durch Morgensonnenschein und Waldesstille wanderten wir wieder Paulsborn zu.

„Es reiht sich ein Steinchen an das andere,“ sagte Harst gedankenvoll. „Der Fall liegt nun ziemlich klar. Du bist doch derselben Ansicht?“

„Vielleicht.“ Und ich begann meine Theorie zu entwickeln. „Der angebliche Stuart Corniter dürfte der Ähnlichkeit nach ein Bruder der Anita Armand sein. Die Geschwister haben einen grimmen Feind. Das ist der Mann, auf den Du vor der Skala aufmerksam wurdest. Dieser Feind hatte die Geschwister aus den Augen verloren. Er mag sie gesucht haben. Das Reklamebild der Kunstpfeiferin, die natürlich niemals Anita Armand heißt, sondern ihren wahren Namen aus Vorsicht abgelegt hat, brachte ihn wieder auf die Spur der Geschwister. Er ermittelte, daß Corniter verkleidet in der Lützowstraße wohnte und erschoß ihn.“

„Hm – das stimmt wohl alles. Nur – es ist etwas dürftig, lieber Alter. Du hast den Pfiff und den alten Wrog, ferner den Turm und Mr. Allan Pencer völlig ausgeschaltet. Ich möchte Dich nur auf etwas aufmerksam machen, auf einen Widerspruch: wenn „der Feind“ es auf das Leben der Geschwister abgesehen hat, dann wäre es doch von ihm höchst unklug gewesen, den alten Wrog in die Skala zu schicken und ihn dort den Pfiff ausstoßen zu lassen. Anita wußte doch durch den Pfiff sofort, daß der Feind wieder in der Nähe, wurde also gewarnt. – Nein, in unserer Rechnung ist fraglos ein Fehler, ein arger Fehler. Die Hauptsache mag richtig sein: Geschwister, die einen Widersacher haben, der Stuart Corniter erschoß! Aber – dann der Pfiff, dann die Tatsache, daß der Hausierer Wrog auf dem Potsdamer Platz nicht der echte Wrog war, – schließlich noch die Person dieses Allan Pencer, der Turm, das bengalische Signal, das dreimal in grüner und heute in violetter Farbe leuchtete … Das sind Einzelheiten, die sich schwer unterbringen lassen, sehr schwer! Man muß schon sehr viel Phantasie besitzen, wenn man zum Beispiel eine Erklärung dafür finden will, daß das Signal dreimal grün und heute violett war …“

„Du hast eine Erklärung gefunden?“ fragte ich rasch.

„Eine – ja! Ob es die richtige ist?! – Nimm an, daß es nicht zwei, sondern drei durch den Unbekannten Verfolgte gibt, eben die Geschwister und Allan Pencer. Die Geschwister wagen es nicht, mit Pencer sich zu treffen. Sie haben ein Signal vereinbart: so lange „der Feind“ nicht aufgetaucht ist – grünes Licht! –, sobald er erscheint: violettes Licht! – Er ist erschienen: daher heute violett! – Man könnte diese Möglichkeit noch weiter ausspinnen. Aber – es hätte keinen Zweck. In den Hauptlinien muß meine Theorie richtig sein: ein Feind, der Pencer und die Geschwister bedroht, der nun den Bruder Anitas bereits beseitigt hat!“ –

Paulsborn tauchte auf.

Und – Harald blieb plötzlich stehen, packte meinen Arm …

„Da – Pencer mit einem Koffer! Pencer nicht mehr im Kahn! Er läuft um die Gebäude herum! Verschwindet im Walde! Ihm nach! Er wird uns sagen müssen, was all dies bedeutet!“

Wir kamen zu spät! Wir suchten eine halbe Stunde, saßen dann im Garten von Paulsborn, bis gegen sechs Uhr eine Küchenfee auftauchte und Harst sie bat, uns bei Mr. Pencer zu melden. Ein Trinkgeld half. Nach drei Minuten war das Mädchen wieder da.

„Herr Pencer ist abgereist,“ erklärte die Maid. „Auf seinem Schreibtisch liegt ein Zettel und Geld für den nächsten Monat, die Miete. Seine Sachen sind weg. Alle Schubladen sind herausgerissen.“

„Schade,“ meinte Harald. „Dann bitte eine große Kanne Mokka, vier belegte Brote und vier weiche Eier.“

Das Mädchen besah sich die beiden „Arbeiter“ nochmals sehr kritisch. Harst gab ihr zehntausend Mark. Das half. Sie befürchtete nun keine Zechprellerei mehr und wollte das Bestellte schleunigst bringen.

Harst lehnte sich zurück und starrte auf den stillen See hinaus.

„Pencer ist also doch gewarnt worden,“ meinte er. „Es muß jemand hier gewesen sein, nachdem wir mit dem alten Plinck nach Osten zu verschwunden waren. Wer kann es gewesen sein? Anita?! Wohl kaum! Sie hat doch fraglos geglaubt, daß Pencer auch heute wieder zur Zeit erschienen sei und die violette Warnung bemerkt habe. Er ist aber zu spät gekommen. Er konnte also …“

Harald verstummte jäh, beugte sich vor: „Bin ich nur gedankenträge!! Wir selbst haben ihn gewarnt! Wenn er erst um halb zwei morgens, wie Plinck sagte, Paulsborn verlassen hat, muß er uns noch am Turme bemerkt haben! Er hat uns beobachtet, hat sich beeilt, hat den harmlosen Angler gespielt, hat sicher vom Kahne aus gesehen, wie wir Plinck ansprachen, ist dann geflüchtet – in wilder Hast!“

„Allerdings, so wird es sein!“ nickte ich kleinlaut.

„Es ist so! – Wir müssen das Mädchen bestechen. Es muß mich in Pencers Zimmer führen! Warte hier …! Vielleicht finde ich noch irgend etwas, das uns über Pencer Aufschluß gibt.“

„Soll ich nicht lieber mitkommen? Das Warten wird mir lang werden …“

„Gut …! Vorwärts denn!“

Die Maid war allein in der großen Küche. Harald zeigte ihr seinen Ausweis. Als helle Berlinerin zögerte das Mädchen nicht weiter, uns nach oben zu führen, denn Detektiv: das war für sie doch so eine Art Polizeibeamter.

Im ersten Stock rechts am Ende eines langen Ganges lag Pencers zweifenstriges Zimmer.

Wir schlossen die Tür und sahen uns prüfend in dem großen Raum um. Die Maid war wieder in die Küche gegangen.

Alte Möbel, mächtige Birkenschränke, ein riesiges Bett – alles recht behaglich.

Am rechten Fenster ein Schreibtisch mit niederem Aufsatz. Und – alle Schubläden dort herausgezogen und leer …

Wir traten an den Schreibtisch heran …

Hinter uns das leise Kreischen eines Riegels …

Wir wandten uns um … –

Die Partie stand schlecht für uns. Der Mann dort an der Tür, der soeben von innen abgeriegelt hatte, hielt in jeder Hand eine kleine Pistole …

Sein junges, bartloses, braunes Gesicht war faltig und wie erstarrt in ernster Drohung. Die graublauen, halb zugekniffenen Augen drohten jedoch nicht. In diesen Augen war ein unabänderlicher Entschluß zu lesen. Diese Augen sprachen kalt und unbarmherzig: „Ihr müßt sterben!“

Ich fühlte, daß ich angesichts dieser Augen erblaßte. Ein nervöses Zittern lief mir über den Leib.

„Endlich!“ sagte der Mann leise, aber das eine Wort war wie ein Schwertstreich.

Deutsch sagte er es. Nicht englisch. Obwohl das Gesicht ganz an einen übertrainierten Boxer erinnerte.

Dann Haralds Stimme – hastiger als sonst bei solchen Gelegenheiten, wo das Leben von Bruchteilen von Sekunden abhing …

„Halt – drücken Sie nicht ab! Ich bin Harald Harst!“

Das wirkte.

Ungläubiges Erstaunen veränderte die steinernen Züge des Gegners.

„Der Detektiv Harst?“ fragte der Mann nach einer Weile.

„Ja. Damit Sie nicht zweifeln und die Lage geklärt wird: in meiner rechten Jackentasche steckt mein Ausweis.“

„Der kann falsch oder gestohlen sein,“ und das war der Ton eines Mannes, der schon viel im Leben betrogen ist. „Geben Sie mir einen besseren Beweis, daß Sie beide nicht zu den Jane Brack-Leuten gehören, oder – ich mache Schluß mit Ihnen! Wer Jane Brack dient, verdient nichts anderes als von der Gegenpartei ein Loch in den Schädel.“

Die Sache war ernst. So ernst, wie vielleicht selten in unserem abenteuerreichen Leben. Das war keiner, der Gnade kannte. Das war einer, der vernichten wollte, um nicht selbst vernichtet zu werden.

Harald hatte sich an den Schreibtisch gelehnt und auch die Hände auf die Platte gestützt. Seine Fingerspitzen trommelten nervös auf dem grünen Stoffbezug. Das klang dumpf und hohl, war wie ferne Paukenwirbel als Begleitung zu dem, was er nun erwiderte:

„Ich bin Harald Harst. Mein Bart und mein Kopfhaar sind falsch. Ich bin Harst, und Stuart Corniter wurde mit einer Luftbüchse in der Badewanne erschossen.“

Der angebliche Pencer öffnete die Augen wie in grauenvollem Schreck.

„Ich habe die Dinge falsch überschaut,“ fuhr Harald fort. „Ich glaubte, daß Anita Armand gestern abend in der Skala durch den Pfiff, den der alte Wrog ausstieß, in Angst versetzt werden sollte. Das stimmt nicht. Sie, Mr. Pencer, waren der verkleidete Wrog auf dem Potsdamer Platz. Ich erkenne Sie jetzt wieder, auch an der Stimme, die Sie als Wrog zwar tadellos verstellt haben, aber doch nicht so weit, daß das Charakteristische des Organs wegfiel. Sie wollten Anita Armand durch den Pfiff warnen. Vielleicht – vielleicht hat sie es falsch aufgefaßt und nur eine Drohung darin erblickt.“

Pencer hatte die Pistolen sinken lassen.

Sein Gesicht blieb starr – doch nur vor Schreck über die Nachricht von Corniters Tod. Seine Augen waren nicht mehr die eines Mannes, der töten wollte, sondern die eines, der etwas verlegen ist, weil er sich geirrt hat.

Er machte eine Art Verbeugung. „Entschuldigen Sie, Herr Harst,“ sagte er höflich. Die Stimme war warm gefärbt in einer Art Zuneigung für die Berühmtheit meines Freundes. „Ja, ich spielte Wrog auf dem Potsdamer Platz. Sie nannten mir schon da Ihren Namen. Aber ich hielt Sie beide für Jane Bracks Kreaturen.“

 

5. Kapitel.

Alles um ein Brillantkollier.

„Dann können wir ja hinab in den Garten frühstücken gehen,“ meinte Harald. „Schraut und ich haben Hunger.“

„Wie Sie wünschen, Herr Harst …“

Wir gingen hinab. – Auch Pencer bestellte Mokka und etwas Eßbares. Die bedienende Maid machte große Augen, als sie uns drei in so trautem Verein beieinander sah.

Die Unterhaltung drehte sich, solange das Mädchen noch aufzutragen hatte, um Sport, – Angelei, Boxen und so weiter.

Harst köpfte das zweite Ei. „Ich muß mir dazu noch Butter holen,“ meinte er, erhob sich und eilte dem Wirtschaftseingang zu.

Allan Pencer hatte offenbar nicht die Absicht, uns freiwillig etwas von den Geheimnissen mitzuteilen, die seine und Anitas Person umgaben. Das Gespräch über Sport war von ihm auf eine fast gewaltsame Weise in Fluß gehalten worden. Sein Benehmen machte ganz den Eindruck, als scheute er den Augenblick, wo Harst ihn bitten würde, uns einige Aufklärungen zu geben. Jetzt, wo ich mit ihm allein war, schwieg er und schaute tief in Gedanken ins Leere. Ebenso merkwürdig war, daß er auch nicht daran dachte, sich nach Einzelheiten über Corniters Tod zu erkundigen.

Sein in sich gekehrter Blick glitt jetzt über mein Gesicht hin, verweilte einen Moment abseits und suchte abermals meine Augen.

„Ist Ihr Freund bereits über Annas[8] Verhängnis unterrichtet?“ fragte er tastend.

Zum ersten Male hörte ich jetzt dieses eine Wort in Verbindung mit dem Vornamen Anna, der doch nur auf Anita Armand Bezug haben konnte. Das Wort Verhängnis und der Name des armen gehetzten Weibes haben mir auch den Titel für dieses unser Abenteuer geliefert. Ich fand keinen besseren, keinen, der den Leser genau so wie uns bis zuletzt über den inneren Zusammenhang der Geschehnisse im unklaren ließ.

Was sollte ich diesem schweigsamen, verschlossenen Menschen antworten? Was wohl? Durfte ich offen sein? Verdarb ich nicht vielleicht durch Offenheit etwas?

Ich war vorsichtig.

„Harst weiht mich selten vollständig ein,“ erklärte ich. „Möglich, daß er mehr weiß, als ich ahne. Es ist ja vielfach so.“

Pencer seufzte leicht. „Ich bin in einer sehr unangenehmen Lage, Herr Schraut. Als Annas Verlobter bin ich nicht ermächtigt, Ihnen beiden gegenüber Dinge aufzuklären, von denen die Sicherheit und Freiheit zahlreicher Mitbeteiligter abhängen.“

Ah – also Anitas Bräutigam! Dazu noch diese Andeutungen, die die Aussicht auf starke Verwickelungen eröffneten.

„Sie wollen also besser schweigen?“ meinte ich freundlich.

„Ja. Ich muß. Ich kann Ihnen nur eins sagen: Corniter war Annas Bruder.“

„Das haben wir vermutet, Herr Pencer.“

Harst kehrte zurück, ein Tellerchen mit einem Stück Butter in der Hand. Wortlos nahm er wieder Platz, aß das zweite Ei, schob den Teller dann zurück und zündete eine Zigarette an. Als er die ersten Rauchwölkchen von sich gestoßen hatte, sagte er unvermittelt:

„Sie sind also Deutschamerikaner, Herr Albert Panzer?“

Allan Pencer war halb vom Stuhle hochgefahren. „Woher kennen Sie meinen Namen, Herr Harst?“ rief er und suchte seine Überraschung zu verbergen.

„Ich überlegte mir vorhin folgendes, Herr Panzer. Sie mußten doch aus einem besondern Grunde nach Ihrer Flucht von hier sich nochmals in Ihr Zimmer gewagt haben. Daß Sie uns dort treffen würden, konnten Sie kaum voraussehen. Mithin, nahm ich an, mußten Sie hier etwas liegen gelassen haben. Ich war soeben wieder in Ihrem Zimmer. In der rechten oberen Schreibtischlade fand ich unter neueren deutschen Zeitungen eine Nummer der Neuyorker Morning-Post vom 17. Oktober des Vorjahres.“

Panzer hatte sich jetzt etwas verfärbt.

„In dieser Zeitung, Herr Panzer, ist der Einbruchsdiebstahl bei dem Juwelier Towsend in Neuyork genau geschildert. Eine Bande von sechs berüchtigten Geldschrankknackern unter Leitung des sogenannten „Gentleman Robb“, der mit richtigem Namen Robert Dramar hieß, hatte die Sache befingert und Juwelen für etwa fünfzig Millionen Dollar gestohlen. Die Polizei verhaftete zwei Mitglieder der siebenköpfigen Bande und nahm ihnen die gesamte Beute bis auf ein Brillantkollier, Wert fünfzehn Millionen, wieder ab. Die Verfolgung der fünf anderen Einbrecher blieb ergebnislos. Mitverfolgt wurden auch des „Gentleman Robb“ Kinder Stuart Dramar und Anna Dramar, obwohl gegen sie bisher nie etwas Belastendes vorgelegen hatte und obwohl[9] sie sich von ihrem Vater losgesagt hatten. Ein Mitglied der Bande war ein Weib namens Jane Brack. Sie soll neben Robert Dramar die gewandteste und kühnste Diebin Neuyorks gewesen sein. Die Polizei konnte nur feststellen, daß die Flüchtlinge sich zum Teil über Südamerika nach Europa …“

Harst schwieg, da Albert Panzer offenbar etwas zu erklären wünschte.

„Es hätte jetzt keinen Zweck mehr, etwas zu verheimlichen, Herr Harst,“ sagte Panzer achselzuckend. „Wir können dadurch nur in ein falsches Licht gerückt werden. – Es ist richtig: Anita ist Anna Dramar, und Corniter ist ihr Bruder. Die Geschwister hatten schon vor sechs Jahren alle Beziehungen zu ihrem hochintelligenten, aber leider ebenso leichtsinnigen und an Luxus aller Art gewöhnten Vater abgebrochen. Anita war bis zum 15. September des Vorjahres Korrespondentin bei derselben Firma, bei der ich Buchhalter war. Stuart aber war Kinoschauspieler. Nach dem Einbruch bei Towsend am 8. September wurde bei uns im Geschäft bekannt, daß Anna, schon damals meine Braut, die Tochter des berüchtigten „Gentleman Robb“ sei. Das wurde ihr zum Verhängnis. Man kündigte ihr, da die anderen Angestellten mit ihr nicht zusammenarbeiten wollten. Auch Stuarts Stellung bei der Filmfabrik war unhaltbar. Genau so die meine als Annas Verlobter. Wir drei sahen uns plötzlich der Not und dem Elend gegenüber. Die Arbeitslosigkeit in Amerika ist ja weit größer als hier in Deutschland. Wir fanden keinen Verdienst. In aller Stille verließen wir Neuyork, um in den Südstaaten als Farmarbeiter unterzukommen. In New Orleans war’s, wo jene Jane Brack uns drei in einen Hinterhalt lockte. Unter Todesdrohungen verlangte sie von Anna die Herausgabe des Brillantkolliers, des letzten Beutestückes aus dem Towsend-Einbruch. Sie behauptete, Annas Vater habe das Geschmeide seiner Tochter übergeben. – Anna bestritt das. Nie mehr habe sie seit Jahren den Vater auch nur wiedergesehen. – Und das war fraglos auch die Wahrheit. Aber Jane Brack verhöhnte Anna, nannte sie eine Lügnerin und durchsuchte unser Gepäck aufs sorgfältigste. Natürlich fand sie das Kollier nicht. Mit Hilfe ihrer drei Genossen hielt sie uns tagelang gefangen, bis wir schließlich samt unseren Koffern entweichen konnten, nachdem wir den einen der Freunde Janes niedergeschlagen hatten.“

„Also hatte Robert Dramar sich von seiner Bande getrennt?“ warf Harald ein.

„Ja. Und Jane hatte ihm deshalb den Tod geschworen. Sie behauptete, Robb habe das Kollier zuletzt gehabt und es Anna übergeben. Dabei blieb sie. – Wir drei entkamen auf einem Frachtdampfer. Stuart und ich taten Heizerdienste. Anna kochte für die Besatzung. Und – dort auf dem Dampfer wurde Annas Talent als Kunstpfeiferin entdeckt. Es war da unter den Heizern auch ein früherer Artist, ein musikalischer Klown namens Herbert Poncy. Der hat Anna während der Fahrt nach Kopenhagen ausgebildet und war ihr dann auch in der dänischen Hauptstadt beim ersten Engagement behilflich. Inzwischen verstarb mein Vater in Cleveland. Er war Witwer gewesen, und ich erbte einige tausend Dollar. Als ich der Erbschaft wegen im Dezember wieder drüben in Amerika war, hatte mich Jane Brack aufgespürt. Abermals geriet ich, diesmal allein, in eine Falle. Abermals entkam ich mit Mühe und Not. Damals war Anna in Stockholm engagiert, und Stuart hatte sie als ihr Impresario begleitet. Ich wagte nicht, mich mit ihnen wieder zu vereinigen, da ich genau merkte, daß Jane Bracks Kreaturen stets um mich blieben. Jane glaubte eben noch immer, daß Anna das Kollier irgendwo für ihren Vater verborgen hätte, und sie hoffte, durch mich wieder auf Annas Fährte zu stoßen.“

„Verstehe!“ nickte Harald. „Was geschah dann hier in Berlin?“

„Anna wurde zum Juni für die Skala engagiert. Vorher waren wir in London. Wir wagten uns jedoch nur unter den größten Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Als ich dann kaum in Berlin angelangt war, begegnete ich einem von Janes drei Freunden, der mich frech angrinste. Wir wurden daher noch vorsichtiger. Stuart wohnte in der Lützowstraße als Impresario Stuart Corniter im Pensionat Ahlhelm, Anna bei ihrer Tante in der Blücherstraße Nr. 68, und ich verschwand[10] hierher nach Paulsborn. Wir hatten gewisse Warnungssignale vereinbart, so den Pfiff. Falls ich merken sollte, daß die Bande Anna als Anita Armand entdeckt hätte, wollte ich jenen Pfiff ertönen lassen – irgendwo, nur so, daß entweder Anna oder Stuart ihn hörten. Anna wieder sollte zu meiner Beruhigung jeden dritten oder vierten Abend auf dem Turm ein grünes bengalisches Zündholz abbrennen. Falls sie sich jedoch entdeckt wähnte, sollte ein violettes …“

„Gut, Herr Panzer … – Und der alte Hausierer Wrog?“

„Ist leider mein Großonkel, Herr Harst …“

„Weshalb schickten Sie ihn gestern abend in die Skala?“

„Weil ich einen von Janes Freunden vor dem Schaukasten der Skala gesehen hatte …“

„Vorgestern nachmittag?“

„Ja … – Woher wissen Sie das, Herr Harst?“

„Weil auch ich den Mann bemerkte …“

Albert Panzer seufzte wieder. „Sie werden diese unsere seltsamen Vorsichtsmaßregeln vielleicht belächeln, Herr Harst. Aber Jane Brack … hat uns dreien und Robert Dramar den Tod geschworen.“

„Belächeln?!“ sagte Harald sehr ernst. „Durchaus nicht! Ich weiß ja, daß die Bande des Brillantenkolliers wegen selbst vor einem Morde nicht zurückschreckt. Stuart ist bereits ermordet. Wie sollte ich da lächeln?! Im Gegenteil: ich sehe, daß ich hier schleunigst eingreifen muß, um noch Schlimmeres zu verhüten. Ihrer Braut Verhängnis und somit auch das Ihre ist also Jane Bracks fälschliche Überzeugung, Anna habe das Geschmeide für ihren Vater irgendwo versteckt. – Wie in aller Welt ist diese Jane denn auf diesen Gedanken gekommen?“

„Das wissen wir nicht, Herr Harst. Sie behauptet es eben und bleibt dabei.“

„Haben Sie seit September des Vorjahres je etwas über Robert Dramar gehört? Hat Ihre Braut von ihm je eine Nachricht erhalten?“

„Nie, Herr Harst, nie und nichts!“

„Können Sie mir Jane Brack näher beschreiben?“

Panzer schüttelte den Kopf. „Das ist unmöglich. Nicht mal die Neuyorker Polizei könnte das. Jane Brack heißt stets „das Chamäleon“ in Neuyorker Verbrecherkreisen. Genau so wie diese Eidechsenart imstande ist die Farbe zu ändern, ebenso hat Jane weder ein bestimmtes Gesicht, eine bestimmte Haarfarbe oder ein bestimmtes Alter. Meist tritt sie als vornehme grauhaarige Dame auf. Ich glaube jedoch, daß sie kaum dreißig Jahre alt ist.“

Harald überlegte. „Herr Panzer,“ erklärte er dann, „Sie sind hier vorläufig sicher. Bleiben Sie hier. Überlassen Sie mir alles weitere. Ich werde mich mit Ihrer Braut in Verbindung setzen. Diese Bande muß schleunigst unschädlich gemacht werden. Kommen Sie nicht in die Stadt. Warten Sie geduldig ab. Wir kennen nun Stuarts Mörder. Wir werden das Verhängnis von Ihrer Braut und Ihnen abwenden. Haben Sie nur Vertrauen zu mir.“

Er gab Panzer die Hand.

„Ich danke Ihnen, Herr Harst,“ sagte der arme Kerl schlicht. „Ich liebe Anna über alles … Wenn ihr etwas zustößt, ist mein Leben wertlos.“ –

Wir bezahlten und verabschiedeten uns von ihm.

Es war jetzt sieben Uhr morgens – sieben Uhr – am 26. Juni 1922.

Und zwei Stunden später …

Ja – was dann war, ahnt wohl niemand.

Etwas, womit wir beide jedenfalls nie gerechnet hatten … –

Hiermit will ich den ersten Teil von Anita Armands Verhängnis schließen. Der zweite war der Auftakt zum Kampf gegen Jane Brack, das Chamäleon …

 

 

Das Rätsel der Blumentöpfe.

 

1. Kapitel.

Miß Gunvor Pandercroft.

Es ist ein angenehmer Gegensatz, wenn man nach den häßlichen Dingen des letzten Kapitels des ersten Teiles, nach dieser Erörterung düsterer Geschehnisse, sich mit freundlich blühenden Blumen beschäftigen kann.

Sie blühten auf dem himmelhohen, langen Mansardenbalkon der Frau Lenk, Blücherstraße 68.

Sie blühten in 26 Töpfen in farbiger Pracht auf der Balkonbrüstung hinter eisernem Schutzgitter, damit nicht etwa ein Windstoß sie hinabfege als tödliches Geschoß.

Es ging jemand an Nr. 68 vorüber, als wir etwa eine Stunde daheim waren und als Harald hinter den Vorhängen am Fenster stand und die Mietskaserne Nr. 68 uns gegenüber beobachtete.

Ich saß hundemüde im Klubsessel und gähnte verstohlen.

„Jetzt schlendert sie zum dritten Male vorbei,“ sagte Harald plötzlich.

Ich unterdrückte einen neuen Gähnkrampf.

„Wer denn?“

„Eine elegante Dame, die für unser Haus Interesse hat … – Ah – sie kommt über die Straße – in den Vorgarten. Gleich wird sie läuten. Eine Klientin …“

Wir hatten unsere Verkleidung bereits vorher abgelegt. Wir waren jetzt wieder die Alltags-Harst und -Schraut.

Die Flurglocke schlug an.

Köchin Mathilde schwebte durch den Flur, öffnete, brachte die Karte:

Gunvor Pandercroft, Neuyork.

Und dann sie selbst – Miß Pandercroft …

Wer nur einigermaßen das Neuyorker Geschäftsleben kennt, der kennt auch den Namen Pandercroft. Pandercrofts Patentdauerwäsche ist berühmt.

Miß Pandercroft saß nun im Klubsessel in all ihrer schicken Eleganz und ihrer frischen Lieblichkeit und lächelte verlegen und schmerzlich …

„Oh, Mr. Harst, Sie werden es von mir vielleicht sehr wenig ladymäßig finden, daß ich …“

Da stockte sie schon, wurde sehr rot, nahm einen neuen Anlauf und sagte überhastet:

„Es handelt sich um Stuart Corniter …“

Und nun – nun begann sie zu weinen …

Nicht lange. Dann trocknete sie die Äugelein und die Wangen und erklärte festen Tones:

„Er ist es ja gar nicht wert …! Nicht eine Träne vergieße ich mehr um ihn, Mr. Harst.“

„Ob er es wirklich nicht wert ist, kann ich kaum beurteilen, Miß Pandercroft,“ meinte Harald freundlich.

„Ja, ja – Sie haben recht. Ich … ich[11] bin so … zerfahren, Mr. Harst. – Ich wollte Sie also bitten, mir meine Briefe zu verschaffen.“

„Welche Briefe, Miß?“

„Die ich Stuart Dramar geschrieben habe. Er war doch in Neuyork Filmschauspieler. Ich … ich hatte ihn ein wenig lieb.“

Diese Gunvor Pandercroft war in ihrer Art köstlich.

„Wissen Sie, daß dieser Stuart tot ist, Miß.“

„Ja, natürlich. Ich las es ja in einer heutigen Morgenzeitung. Er ist erschossen worden. Deshalb komme ich ja gerade zu Ihnen. Der Hoteldirektor empfahl Sie mir. Ich wohne mit meiner Gesellschaftsdame und meinem Sekretär im Esplanade, Mr. Harst. Seit Monaten leide ich unter Stuarts Erpressungen. Jeden Brief habe ich mit zehntausend Dollar bezahlen müssen. Nun hat er noch acht Briefe von mir, und die dürfen auf keinen Fall von jemandem gelesen werden …“

„Ich glaube Sie wohl richtig verstanden zu haben, Miß Pandercroft: Stuart Dramar unterhielt zu Ihnen Beziehungen und hat dann Ihre Briefe zu Erpressungen benutzt? Seit wann?“

„Seit November des vorigen Jahres. Er ist aus Neuyork entflohen, weil er mit an einem großen Diebstahl beteiligt war.“

„Das stimmt nicht ganz, Miß. – Seit wann sind Sie in Europa?“

„Seit dem 12. Mai, Mr. Harst.“

„Stuart Dramar hat das Geld brieflich erpreßt oder persönlich?“

„Stets brieflich. Oh – wie gemein war das von ihm!“

„Woher wissen Sie, daß er sich hier Corniter nannte?“

„Weil ich ihm die letzten zehntausend Dollar postlagernd im eingeschriebenen Brief unter dieser Adresse senden mußte. Daß er Lützowstreet wohnte, erfuhr ich erst heute aus der Zeitung. Er schrieb mir zuletzt, er hätte die übrigen acht Briefe so gut versteckt, daß ich mir ja nicht die Mühe machen sollte, etwa durch einen Detektiv sie ihm stehlen zu lassen. – Mr. Harst, ich verspreche Ihnen achtzigtausend Dollar, wenn Sie mir die Briefe verschaffen.“

Sie begann in ihrem goldenen Handtäschchen zu kramen und legte ein Bündel Banknoten auf den Tisch.

„Ich bin Jack Pandercrofts einziges Kind, Mr. Harst. Mein Vater ist Milliardär seit dem Kriege …“ Und sie schob Harald die Banknoten zu.

„Das hat Zeit, Miß. Bitte behalten Sie das Geld,“ sagte er höflich. „Ich muß Ihnen nämlich erst erklären, Miß, daß Stuart Dramar kaum der Erpresser sein dürfte.“

Sie schaute ihn ungläubig an.

„Ich glaube weit eher, daß man ihm die Briefe gestohlen hat und daß der Erpresser dann seine Handschrift nachgeahmt haben dürfte, damit Sie annehmen sollten, Stuart wäre derjenige, der Ihre Briefe Ihnen zum Rückkauf anbot. Dramar ist nämlich in New Orleans einige Zeit in der Gewalt von Leuten gewesen, die sein Gepäck durchsucht haben. Da mögen sie die Briefe behalten haben. Jedenfalls ist Stuart kein Dieb oder Verbrecher gewesen.“

„Aber die Neuyorker Polizei …“

„… irrt sich, Miß! Tatsächlich. Stuart wurde von denselben Leuten erschossen, die Ihre Briefe an sich nahmen und Ihnen dann die gefälschten Briefe schrieben. Ich weiß, daß diese Leute hier in Berlin sind. Ich werde sie unschädlich machen. Vielleicht finde ich dann Ihre Briefe.“

Gunvor Pandercroft schüttelte leicht den Kopf.

„Mr. Harst, Stuarts Vater Robert Dramar war ja selbst ein berüchtigter Einbrecher und gleich nach dem Diebstahl bei Towsend sind Stuart, seine Schwester und deren Verlobter Albert Panzer …“

„Ist mir alles bekannt, Miß. Ich bleibe dabei: Stuart ist kein Erpresser!“

„Mein Gott, – wenn ich das genau wüßte …! Ich habe ihn so sehr geliebt!“ Sie schluchzte leise auf. „Ich kenne ja auch Mr. Panzer persönlich. Wenn der es mir bestätigen würde, daß Stuart schuldlos ist …! Oh – ich möchte sein Andenken ja so gern rein erhalten!“

Harald überlegte kurz.

„Miß Pandercroft, wenn Sie es niemandem verraten wollen, will ich Ihnen sagen, wo Panzer sich befindet, wo Sie ihn sprechen können.“

„Ich etwas verraten, Mr. Harst?! Wem wohl?!“

„Nun, Panzer wohnt im Restaurant Paulsborn im Grunewald als Mr. Allan Pencer. Fahren Sie im Auto hinaus – allein! Geben Sie aber acht, daß niemand Ihnen folgt.“

„Es genügt doch, wenn ich mit ihm telephoniere, Mr. Harst. Meine Gesellschafterin Miß Hobbs ist so … so schwer … los zu werden.“

Sie erhob sich.

„Ich will dann nicht weiter stören, Mr. Harst. Es sind also noch acht Briefe auf lila Briefpapier. Ich bleibe noch vierzehn Tage hier in Berlin.“

Sie nickte uns freundlich zu und ging.

Und – war kaum zum Vorgarten hinaus, als ein Auto draußen vorfuhr.

Eine junge Dame stieg aus, gab dem Diener, der ihr die Tür geöffnet hatte, eine Karte und schaute Miß Gunvor nach.

Der Diener kam, läutete, und abermals brachte Mathilde eine Visitenkarte …

Und – das war genau um neun Uhr vormittags.

Das war zwei Stunden nach unserem Abschied von Panzer. Das war der Moment, auf den ich am Schlusse des ersten Teiles hingewiesen habe.

Denn auf dieser Karte stand gleichfalls:

Gunvor Pandercroft, Neuyork.

Haralds unglaublich verblüfftes Gesicht und sein Ausruf: „Was bedeutet das in aller Welt?!“ veranlaßte Mathilde zu der Erklärung:

„Der Diener wartet auf Antwort!“

„Ich lasse die Dame bitten,“ sagte Harst rasch.

Mathilde verschwand.

Und zu mir sagte er: „Du, wenn diese zweite Gunvor etwa Jane Brack wäre?!“

„Das Chamäleon!“ murmelte ich und stierte die Karte an. –

Dann trat Gunvor Pandercroft Nr. 2 ein.

Auch sie war äußerlich nicht übel. Auch sie elegant, aber völlig große Dame, hochmütig, eisig …

Kerzengerade saß sie da. Keine Spur von Verlegenheit, als sie sofort begann:

„Ich wünsche, daß Sie mir einige Briefe zurückverschaffen, Mr. Harst, die ein Erpresser in Händen hat.“

Sie bat nicht, sie wünschte …!

„Dieser Erpresser ist in der verflossenen Nacht erschossen worden, Mr. Harst. In den Morgenzeitungen ist erwähnt, daß Sie mit Ihrem Freunde mit am Tatort waren. Es handelt sich um Stuart Dramar, der sich hier Corniter nannte.“

Harald lächelte ein wenig.

„Sie wohnen im Esplanade, Miß?“ fragte er leicht ironisch.

„Ja. Mit meiner Gesellschafterin Miß …“

„… Hobbs,“ ergänzte Harald noch ironischer, „und mit Ihrem Sekretär.“

„Ja.“ Das hochmütige Gesicht erstarrte in Kälte. Sie merkte die Ironie.

Harald stand auf und ging zum Schreibtisch, nahm den Hörer des Fernsprechers von der Gabel und blätterte rasch im Telephonbuch, sagte leichthin zu Gunvor Nr. 2:

„Falls Sie sich vom Sessel erheben, werden wir Sie fesseln, Miß Jane Brack. Die echte Miß Pandercroft war nämlich soeben hier. Ich werde Sie und Ihren Diener und den Chauffeur verhaften lassen.“

Das schlanke, rotblonde Weib wurde nicht im geringsten verlegen. Nur ihre Unterlippe zog sich in unendlichem Hochmut etwas empor.

„Dann war es eben eine Betrügerin,“ meinte sie gleichmütig. „Wir können die Sache gleich klären. Verbinden Sie mich mit der amerikanischen Botschaft. Mein Onkel Edward Dalling ist dort erster Sekretär. Er wird meine Stimme erkennen.“

Diese Ruhe machte selbst auf Harald Eindruck. Er blickte Gunvor Nr. 2 prüfend an.

„Wer hat Sie an mich gewiesen, Miß?“

„Meine Zofe Jane …“

„Ah – Jane! – Seit wann haben Sie Jane?“

„Seit fünf Wochen, seit ich in Europa bin.“

„Weshalb schauten Sie der Dame vorhin so scharf nach, die gerade meinen Vorgarten verließ?“

„Oh – weil sie geringe Ähnlichkeit mit Jane hatte.“

„Und wo ist Ihre Zofe jetzt, Miß?“

„Heute früh nach England abgereist. Auf eine Depesche ihrer Mutter hin. Ihr Vater ist gestorben.“

Harst legte den Hörer wieder auf die Gabel zurück.

„Miß. Sie haben doch einen Auslandspaß? Dürfte ich ihn sehen?“

„Bitte.“ – Sie entnahm der Lackledertasche ein Papier mit Lichtbild.

Harald trat damit ans Fenster.

„Wenn Sie noch zweifeln sollten, Mr. Harst,“ sagte die Rotblonde da, „– hier ist eine Photographie aus der Neuyorker Illustrierten. Ich stehe hier neben Präsident Harding auf der Treppe des Kapitols in Washington, rechts von mir mein Vater, hinter uns Pierpont Morgan.“

Und dennoch läutete Harald noch die amerikanische Botschaft an, bat die Rotblonde, mit Mr. Dalling zu sprechen, fragte ihn dann, ob er die Stimme seiner Nichte erkenne.

Da erst war er überzeugt, daß die reizende Gunvor Nr. 1 keine andere als Jane Brack gewesen.

 

2. Kapitel.

Frau Lenks Blumentöpfe.

Nun waren wir wieder allein.

Die echte Gunvor hatte uns über die Erpresserbriefe und über Stuart Dramar genau dasselbe gesagt – genau! – hatte allerdings 100000 Dollar für die Beschaffung ihrer Liebesbriefe versprochen.

Harst ging im Zimmer auf und ab – stumm, wütend, grübelnd …

Und war plötzlich mit einem Satz am Telephon, blätterte im Fernsprechverzeichnis, rief zitternd vor Ungeduld Paulsborn an …

„Hier Harald Harst … Ich möchte Herrn Pencer sprechen … – Wie?! Ausgegangen? – Bitte deutlicher. Ein Auto hat ihn abgeholt? – Von wem geschickt – von mir? Schwindel! – Der Chauffeur sagte, er käme von mir – –?! – Und Pencer ist mitgefahren? … Danke – Schluß …“

Er drehte sich zu mir hin …

„Merkst Du … Das Weib war hier, um Pencers Versteck uns abzulisten! Und ich Esel nannte es ihr! Nun hat die Bande Pencer entführt!“

Und nach kurzer Pause. „Gib mir einen Kognak! So ist Harst noch nie hineingelegt worden!“

Er warf sich in den Schreibsessel, streckte die Beine von sich, starrte zum Fenster hinaus …

Und trank drei Kognaks, hatte auf der Stirn Falten wie Wülste, sagte dann:

„Geh’ zu Bett, mein Alter … Ich habe keine Zeit, müde zu sein. Albert Panzer ist in Gefahr …“

Da schrillte das Telephon …

Harst nahm den Hörer …

„Hier Harald Harst … – Was? Panzer? Was gibt’s denn? – – Wie – –?“

Und er horchte mit einem Gesicht, das langsam fahl vor Erregung wurde.

„Gut … Ich will’s versuchen …“

Und legte den Hörer weg.

„Du, die Bande hat Panzer in ihrer Gewalt. Er erklärte mir, daß, falls ich binnen acht Tagen das Brillantkollier nicht finde und der Bande aushändige, er beseitigt werden würde.“

Dann sprang er auf …

„Also um Panzers Leben geht es jetzt, mein Alter! Bist Du noch müde?“

„Keine Spur.“

„Dann ins Ankleidezimmer …!“

So sorgfältig wie damals haben wir selten aus Harst und Schraut andere Menschen gemacht.

Während wir Bärte und Perücken ausprobierten, während wir an Haralds einer Jacke einen Stehkragen und eine Krawatte so festnähten, daß er mit einem Ruck alles drei zugleich abwerfen konnte, während er ein Tütchen mit Gips in die Tasche steckte, – da hielt er mir einen Vortrag über meine Aufgabe. Alles lief darauf hinaus, daß er den Schlupfwinkel der Bande Jane Bracks, also auch den Ort entdecken wollte, wo Albert Panzer gefangen gehalten wurde.

Kurz nach elf Uhr verließen wir einzeln das Haus als ältere gutgekleidete Herren mit kurzen Vollbärten und Brillen, trafen uns am Fehrbelliner Platz und schritten zusammen weiter.

Wir rechneten damit, daß unser Haus beobachtet worden sei. Es stimmte auch: sogar zwei Männer waren jetzt hinter uns her. Nun kam es darauf an, daß Haralds Plan glückte.

In der Paulsborner Straße betraten wir ein beliebiges Haus. Kaum waren wir im Flur, als Harald die Jacke vom Leibe riß, Hut und Perücke abnahm, seine Beinkleider leicht mit Gips bestreute, ebenso die Schuhe, eine schäbige Mütze aufsetzte und so ohne Brille und nur noch mit dichterem Schnurrbart, Hände in den Hosentaschen, wieder auf die Straße in Hemdärmeln hinausging, ohne Kragen und Krawatte – als Arbeiter …

Ich dagegen stieg mit Haralds Jacke, Hut, Perücke und Brille die Treppen nach oben, packte die Sachen hier vor der Bodentür in den mitgenommenen Bogen Papier, wartete noch fünf Minuten und kehrte nun ebenfalls auf die Straße zurück, schlenderte weiter, dem Kurfürstendamm zu und bog links nach Halensee ab. Auf dem Ringbahnhof kaufte ich eine Fahrkarte bis Station Gesundbrunnen, fuhr dann auch mit dem Nordring über Westend bis Putlitzstraße und … lachte mir ins Fäustchen: einer der Kerle war hinter mir her geblieben!

So hatten wir es gewollt.

Der andere stand nun ja fraglos noch vor dem Hause in der Paulsborner Straße und wartete auf Harst, ahnte nicht, daß er selbst von Harst beobachtet wurde.

Nach einigen Kreuz- und Querfahrten durch Berlin war ich dann gegen ein Uhr mittags wieder daheim.

Hier fand ich in Haralds Arbeitszimmer Kommissar Dr. Werkmager vor.

Die Polizei hatte auf dem Dach des Hinterhauses in der Lützowstraße in einem durch die Tageshitze erweichten Teerfleck den Abdruck eines Damenabsatzes gerade an der Stelle gefunden, von wo aus man in das Ahlhelmsche Badezimmer hineinsehen konnte. Außerdem war ein zweiter, gleicher Abdruck auf dem Vorderhausdach bemerkt worden, schließlich auch Anzeichen dafür, daß jemand von der Rinne an einem Strick nach unten geklettert war, und dies konnte nur der Mörder gewesen sein, der den Revolver in die Badestube hineingeworfen hatte.

„Harsts Annahme ist richtig,“ erklärte Werkmager weiter. „Stuart Corniter ist erschossen worden. Die Kugel ist zwar eine kleinkalibrige Revolverkugel, war jedoch unten völlig ausgehöhlt, wie dies bei Luftbüchsengeschossen der Fall zu sein pflegt. Ich wollte Harst nun fragen, was er weiter noch anzugeben vermag.“

Und der Kommissar blickte mich so forschend an, als ahnte er schon, daß ich mich in Schweigen hüllen würde.

Ich bat ihn, es mir nicht zu verargen, wenn ich über das, was wir ermittelt hatten, vorläufig nicht gern spräche. „Harald hat mich dazu nicht ermächtigt,“ meinte ich.

Er machte ein sehr unzufriedenes Gesicht. „Herr Schraut, Sie müssen mir alles mitteilen,“ sagte er etwas schroff. „Harst bringt mich in eine sehr unangenehme Lage, wenn [er …“][12]

Das Schrillen des Fernsprechers rief mich an den Schreibtisch.

Harald meldete sich …

„Geglückt, mein Alter …! Ich bin hier bei Freund Bechert auf dem Polizeipräsidium. Es bleibt also bei dem, was wir verabredet haben.“

„Dr. Werkmager ist hier, Harald. Er bittet um Einzelheiten über den Erfolg unserer Nachforschungen.“

„Sage ihm, er möge sich zu Bechert bemühen. Schluß. Wiedersehen.“ –

Werkmager verabschiedete sich eiligst. Immerhin deutete ich ihm an, daß es sich hier um eine ausländische Verbrecherbande handele, die Corniter beseitigt habe.

Dann war ich allein, aß mit Haralds Mutter hinten in der Veranda Mittag und legte mich in Harsts Arbeitszimmer auf den Diwan, den Wecker und das Telephon neben mir. Um fünf Uhr wollte ich wieder aufstehen.

Ich schlief auch sofort ein. Um halb vier weckte mich das Telephon.

Wieder Harst …

„Ein Reinfall, mein Alter! Scheußlicher Reinfall! Der Kerl, den ich verfolgt hatte, war im Hause Charlottenburg, Kantstraße 211 verschwunden. Nach anderthalb Stunden erschien auch der andere, der Dich im Auge behalten hatte. Auch er betrat das Haus. Wir haben Nr. 211 mit großem Aufgebot in aller Stille umstellt, selbst die Dächer besetzt. Aber – die Schufte waren durch die Dachluke gleich wieder über die Dächer nach Nr. 218 weitergegangen, hatten 211 nur als Durchgang benutzt. Vor fünf Minuten hat dann Jane Brack Werkmager angeläutet und ihm höhnisch der mißglückten Razzia wegen kondoliert, außerdem mir bestellen lassen, daß Albert Panzers Leiche aus der Spree aufgefischt werden könnte, falls ich die Hilfe der Polizei nochmals in Anspruch nehmen sollte. – Wir sind also genau so weit wie wir waren. Ich werde jetzt die Taktik ändern und mich mit Anita Armand in Verbindung setzen. Beobachte mal den Balkon der Lenk drüben ganz unauffällig. Falls dort jemand ein Taschentuch schwenkt, komm’ verkleidet auf Umwegen dorthin. Aber Vorsicht, daß niemand Dir nachschleicht, obwohl ich nicht glaube, daß Jane Brack es noch wagen wird, unser Haus zu beobachten.“ –

Mit dem Nachmittagsschlaf war es vorbei. Ich setzte mich ans Fenster und hielt ein Fernglas bereit.

Gegen ein Viertel fünf kam ein alter gebückter Mann langsam die Straße entlang. Er schleppte sich mit einem großen Pappkarton, blieb alle zehn Schritt stehen und hustete, daß er sich nur so krümmte.

Und doch: der Alte war Harst! Eine einzige Handbewegung, ein längst vereinbartes Zeichen, verriet es mir.

Er betrat Nr. 68. Und als ich nun zum Mansardenbalkon mit dem Glase emporblickte, sah ich die spindeldürre Witwe Lenk, mir von Ansehen seit zwei Jahren bekannt, mit einer Gießkanne ihre Blumentöpfe anfeuchten. Sie tat es mit abgenommener Brause und sehr vorsichtig, damit nichts vorbeifließe.

Und – da fiel mir etwas auf, etwas, das der Laie übersehen hätte, das nur dem aufstoßen mußte, der eben als Detektiv gewöhnt ist, jede Kleinigkeit zu beobachten:

Sie begoß die Blumentöpfe nicht der Reihe nach, sondern bald hier einen, bald da einen.

Der Balkon war sehr lang. Nur die Vorderbrüstung war mit Töpfen bestellt. Da waren Pflanzen, die man sonst kaum als Balkonschmuck verwendet, im ganzen 26 Töpfe. Ja, genau sechsundzwanzig …

Und die Lenk mit ihrem hageren Vogelgesicht schritt an der Brüstung hin und her, senkte das lange Rohr der Gießkanne bald auf diesen, bald auf jenen Topf, hielt die Gießkanne ganz hoch, so daß es aussah, als ob ein blanker Finger auf die Töpfe tippte. Und der Finger war das Rohr der Gießkanne.

Dann – eine noch seltsamere Entdeckung …! Mit Hilfe des Glases bemerkte ich’s ganz deutlich: aus dem Rohr floß kein Wasser heraus! Die Kanne war leer!

Was bedeutete das?! Wozu hantierte die Frau mit der leeren Gießkanne herum, wozu tat sie so, als feuchtete sie die Töpfe an?! Wozu – –?! – Ob die Lenk nicht wußte, daß die Kanne leer war? Aber das hätte sie doch am Gewicht fühlen müssen …!

Und jetzt ein drittes Merkwürdiges: sie drehte mit jäher Bewegung den Kopf nach der offenen Balkontür. Vielleicht hatte Harald geläutet, Einlaß begehrt …

Da – wie die Lenk sich nun beeilte, ihre zwecklose Arbeit zu vollenden – zwecklos, da diese Art Begießen ohne Wasser den Blumen wahrlich nichts nützte!

Wie sie hin und her sprang, bald nach rechts, bald nach links, wie flüchtig sie jetzt das Kannenrohr auf die Töpfe senkte!

Komisch sah das aus, sehr komisch. Ob die Frau nicht recht bei Sinnen war?!

Dann verschwand sie vom Balkon. –

So eifrig hatte ich sie beobachtet, daß ich gar nicht gewahr geworden, daß Haralds Mutter das Zimmer betreten hatte und halb hinter mir stand. Ich schrak leicht zusammen, als die alte Dame nun halblaut sagte:

„Ja, ja, lieber Schraut, die Lenk hat sich seit ein paar Tagen einen Blumengarten da oben zugelegt. Bisher waren’s nur sechs Töpfe Petunien … Nun sind Kakteen, Fuchsien, Begonien, Aurikeln, Nelken, Primeln und noch andere hinzugekommen.“

„Sechsundzwanzig im ganzen,“ sagte ich grübelnd. Mir wollte es nicht aus dem Sinn, daß die Lenk mit der leeren Gießkanne ihre Blumen gepflegt hatte.

Und ich fügte hinzu: „Harald ist drüben, Frau Harst.“

Vor seiner Mutter hatten wir keine Geheimnisse.

„Die Anita Armand soll krank sein, lieber Schraut. Mathilde erfuhr es beim Krämer. Heute morgen ist sie plötzlich ohnmächtig geworden.“

„Vielleicht fand sie die Meldung von der Ermordung ihres Bruders in der Zeitung.“

„Ah – das wird es sein. Ja – Sie werden recht haben, lieber Schraut. – Kommen Sie doch bitte zum Kaffee …“

„Darf nicht: Dienst! – Ich warte auf Haralds Signal.“

„Dann muß ich also wieder ganz allein Kaffee trinken,“ meinte sie seufzend. „Ich bin es ja schon gewöhnt. Ihr beiden unruhigen Geister seid ja nur dann zufrieden, wenn Ihr mit Eurem Leben anderer Leute wegen spielt.“

Ich brauchte auf Haralds Signal diesmal nicht lange zu warten.

Das alte Männchen, das er jetzt darstellte, erschien auf dem Balkon und schwenkte einmal kurz das Taschentuch in der Luft. Zum Zeichen, daß ich auf dem Posten sei, hob ich den Fenstervorhang etwas empor und ließ ihn wieder zurückfallen.

Dann machte ich im Ankleidezimmer rasch Toilette.

Wer wie ich einst als Komiker jahrelang an kleinen Bühnen gewirkt und gehungert hat, versteht es auch, als ältere Dame einigermaßen echt bei hellem Tageslicht sich zu bewegen. Wie oft hatte ich nicht als Charleys Tante in dem gleichnamigen Schwank ehrlichen Beifall geerntet.

In der Maske einer alten, verhutzelten Jungfer begab ich mich durch den Gemüsegarten auf den Fahrweg, der hier am Rande des Laubengeländes entlangführte.

Ich hielt scharf nach allen Seiten Ausschau. Nirgends war etwas Verdächtiges zu sehen – nirgends.

Und zehn Minuten drauf kletterte das alte Fräulein mit dem goldenen Kneifer hastig die Treppen in Nr. 68 empor und läutete an Frau Lenks Mansardenflurtür.

 

3.Kapitel.

Der Kampf um das Brillanthalsband.

Frau Lenks unheimlich spitze Nase wurde in der Spalte der Flurtür sichtbar.

„Sie wünschen?“ fragte die Lenk unfreundlich.

Ihre Stimme klang etwa so, als wenn man Leinwand zerreißt.

„Eine wichtige Angelegenheit,“ flüsterte ich.

Die Lenk öffnete die Tür etwas weiter.

„So – wichtig?“ meinte sie. „Von wem kommen Sie?“ – Die dürre Person hatte ein paar Mäuseäuglein, die ebenso listig wie falsch waren.

Wie hatte sich Anna Dramar gerade hier einmieten können?! Das begriff ich nicht!

Und die Frage der Lenk, von wem ich käme, bedeutete doch nur, daß sie glaubte, es hätte mich jemand zu ihr geschickt.

Auf gut Glück erwiderte ich leise:

„Sie wissen schon, von wem …“

Im selben Moment wurde lautlos dicht hinter der Lenk im halbdunklen kleinen Flur das alte Männchen sichtbar – – Harst!

Er gab mir ein Zeichen – formte mit dem Munde einen Namen – ebenfalls lautlos. Ich verstand: Jane Brack! – Gleichzeitig wies er mit der Hand auf die Lenk und verschwand wieder.

Ich war durch diese stummen Worte, durch diesen einen Namen so überrascht, daß die Lenk recht gereizt ihre Frage nochmals wiederholte:

„Wer schickt Sie also? Wer?!“

Das war für mich eine peinliche Lage. Sollte ich etwa „Jane Brack“ antworten? Hatte Harald dies gewünscht?

Zu langem Überlegen blieb mir keine Zeit. Ich flüsterte daher undeutlich:

„Jane …ack …“

Und – doch verstand die Lenk es sofort.

„Ah – Jane Brack. Sie ist krank,“ hauchte sie. „Dann – dann gehen Sie bitte vorläufig dort rechts in die Waschküche hinein. Einer der Schnüffler ist bei mir. Rasch! Es ist Harst!“

Das war nun die zweite Zwickmühle. Sollte ich weiter die Abgesandte Jane Bracks spielen? Sollte ich Harald in der Wohnung der Lenk allein lassen?

Ich entschied mich blitzschnell für das erstere, nickte der dürren Person zu und schlich nach rechts bis zur Waschküchentür, öffnete sie und trat ein, drückte sie hinter mir wieder ins Schloß und blieb eine Weile regungslos stehen.

Mein Hirn mußte sich erst beruhigen. Was war da auch alles in den letzten Minuten auf mich eingestürmt!! Die Lenk eine Vertraute Jane Bracks!! Wer hätte das geahnt!!

Ich atmete tief und langsam. Meine Gedanken stellten das wilde Tempo ein. Ich überdachte alles nochmals mit kühler Kritik. Doch – auch jetzt hielt ich für feststehend, daß die Lenk mit der Verbrecherin Jane Brack im Bunde war. Desto seltsamer also, daß Anna Dramar gerade hier wohnte! Wie war die Braut Albert Panzers gerade zu diesem an sich schon so unsympathischen Weibe geraten?!

Dann draußen Schritte – Stimmen.

Es eilte jemand die Treppe hinab – stolpernd, hastig.

Und die Waschküchentür ging auf.

Der Lenk widerlich grinsende Visage ward sichtbar.

„Die Luft ist rein …“ sagte sie leise. „Bitte, kommen Sie …“

Ich folgte ihr in ein dürftig eingerichtetes Schlafzimmer.

„Harst ist weg,“ kicherte sie. „Aber der Schreck liegt mir noch in allen Gliedern. Da tut mir weiß Gott ein Schnäpschen not.“

Ihr Atem – sie stand dicht vor mir – duftete nach Spirituosen, und die Mausaugen hatten einen verdächtigen Glanz.

Sie leckte sich die Lippen. „Trinken Sie auch einen Kümmel?“ fragte sie vertraulich. „Einen süßen Kümmel – so recht was für Frauen!“

Oh – das war ein widerliches Scheusal, diese Lenk!

Aber man mußte sie bei Laune erhalten.

„Bitte,“ meinte ich mit ähnlichem Grinsen.

Sie holte eine halbvolle Likörflasche und zwei Gläschen aus einem Eckschrank.

Und als sie mir so den Rücken zudrehte, sah ich, daß die bunte Gardine eines großen Himmelbettes in der Ecke sich bewegte, sah den alten Mann – – Harst, der mit der Hand das Zum-Munde-Führen eines Glases andeutete und dann ebenso noch etwas anderes – noch Wichtigeres!

Die Gardine fiel wieder zu.

Die Lenk kam, stellte die Gläschen auf den Tisch, füllte sie und meinte auflachend:

„Der Harst wollte hier spionieren, der … der Esel! – Prosit – auf Jane Bracks Wohl!“

Sie trank mit einem Übung verratenden Schwung den Likör aus.

Ich stellte mich ungeschickter an, trank ebenfalls, behielt das süße Zeug im Munde und wischte mir scheinbar nur mit dem Taschentuch die Lippen ab. Der Likör floß in das Tuch zurück.

„Setzen Sie sich,“ sagte die Lenk. – Ich nahm in dem alten Plüschsessel am Tisch Platz.

„Was gibt’s also?“ fragte die Lenk und ihre Augen glühten in hohnvollem Triumph. –

Harald hat mir nachher erklärt, ich hätte meine Rolle als ein dem Betäubungsmittel allmählich Unterliegender glänzend gespielt.

Ich will mich hier daher mit Einzelheiten nicht abgeben. Jedenfalls: ich tat so, als ob das Sprechen mir plötzlich schwer würde! Ich tat so, als ob ich nur noch lallen konnte. Ich sah die Augen der Lenk größer und größer werden in maßloser Freude …

Und ließ die Lider herabklappen, ließ den Kopf auf die Brust fallen … Knickte haltlos zusammen, lag im Sessel wie ein willenloses Kleiderbündel.

„Esel!“ sagte die Lenk ganz laut. „Esel!! Genau so dumm wie der andere!“

Sie gab mir einen Fußtritt gegen das rechte vorgestreckte Schienbein. Ich zuckte nur zusammen.

Und wieder lachte die Lenk auf – so recht gemein, so recht voller satanischer Genugtuung.

Sie beugte sich zu mir herab, packte mich, schleifte mich mit erstaunlicher Körperkraft zum Himmelbett und … warf mich neben Harst in die Kissen.

Da lagen wir beide nun, beide scheinbar in tiefster Bewußtlosigkeit, und doch alle beide jeden Moment bereit, nur allzu lebendig zu werden.

Ich blinzelte durch die Lider hindurch. Hier hinter den Vorhängen des Himmelbettes war es ja dunkel. Die Lenk schloß die Vorhänge wieder. Ich hörte sie zur Tür gehen – zur Balkontür …

Und – in diesem Augenblick war’s, wo mir das Verhalten der Lenk auf dem Balkon vorhin klar wurde …

Ihr Begießen der Blumen, dieses Tippen mit dem Gießkannenrohr auf einzelne Blumentöpfe, war eine[13] Zeichensprache gewesen …! Eine Reihe von Zeichen für jemand, der den Balkon beobachten konnte!

Und – noch eins schoß mir jetzt durch den Kopf: die Lenk wollte jetzt vielleicht abermals telegraphieren – eine Telegraphie mit Hilfe von Blumentöpfen …

Vielleicht wollte sie Jane Brack melden, daß sie Harst und Schraut glücklich wehrlos gemacht hatte!

Und der Gedanke trieb mich hoch …

Im Nu war ich auf – war ich hinter der Lenk …

Und riß sie von der Balkontür zurück, hielt ihr die Clement vor das in Schreck und Wut verzerrte Antlitz …

Da war auch schon Harald neben mir, fauchte mich an:

„Was soll das?! Du hast alles verdorben!“

Diesmal wußte ich es besser.

„Binde sie!“ sagte ich nur. „Ich habe Dir etwas mitzuteilen.“

Wir schnürten das Weib auf dem Sessel fest.

Sie wehrte sich nicht. Ihr Gesicht war grüngelb vor Entsetzen und ohnmächtigem Grimm.

Ich zog Harald dann in eine Ecke, berichtete von den Blumentöpfen, der leeren Gießkanne, von den 26 Töpfen, die wahrscheinlich doch den Buchstaben des Alphabets entsprachen …

Harst drückte mir stumm die Hand.

Harst trat vor die Lenk hin.

„Wollen Sie antworten?“ fragte er kurz.

„Ihnen?!“ höhnte sie. „Binden Sie mich los! Oder – Albert Panzer stirbt schon in der nächsten Nacht!“

„Albert Panzer wird in der nächsten Nacht frei sein!“ sagte Harald eisig. „Wir kennen das Geheimnis Ihrer Blumentöpfe, die sich plötzlich so sehr vermehrt haben!“

Oh – das saß!! Das war ein Hieb gewesen, der ihr den Mut raubte.

Wie bei einer plötzlichen Lähmung klappte ihr der Unterkiefer herab.

So bot sie denn ein scheußliches, widerwärtiges Bild fassungslosen Staunens, grenzenloser Angst dar.

„Wollen Sie antworten?“ fragte Harald nochmals.

Sie schwieg.

Da griff Harald zu, griff nach dem Spitzenhäubchen, das auf der Lenk grauem Scheitel thronte …

Und riß ihr eine graue Weiberperücke ab, sagte kalt:

„Da – ein Mann!“

Freilich: ohne Perücke trat nun der männliche Charakter dieses Gesichts ganz deutlich hervor. –

Haralds Versuche, den Unbekannten zum Sprechen zu bringen, der hier seit zwei Jahren unter dem Namen Antonie Lenk als Weib in der Mansarde hauste, blieben ergebnislos. Nicht ein Wort war aus dem Kerl herauszulocken.

„Nun – dann werden wir auch auf andere Art ans Ziel gelangen,“ meinte er schließlich. „Und dieses Ziel ist die Befreiung Albert Panzers und die Festnahme Jane Bracks und der anderen Verbrecher.“

Nochmals überzeugte er sich, ob die Fesseln des Unbekannten auch zuverlässig seien.

Wir hatten in der Schieblade des Wäscheschrankes eine dünne lange Leine gefunden und sie mit aller Sorgfalt zum Festbinden des Menschen benutzt.

„Ich will Dir nun die angeblich kranke Anita zeigen,“ sagte Harald darauf. „Als ich hierher kam, als die angebliche Lenk mich eingelassen hatte, da ich mich als Bekannter Anitas ausgegeben …“

Hier meldete der Mann sich endlich. „Halt – das ist Unsinn!“ meinte er schnell. „Ich wußte sofort, wer Sie waren, Herr Harst.“

„So wollen Sie jetzt antworten?“

„Nein.“

„Komm’!“ Harald winkte und schritt mir voran in das Nebenzimmer.

Hier lag Anita Armand, oder besser Anna Dramar, auf einem schmalen Diwan in einem seidenen Morgenkleid.

„Sie ist ebenfalls betäubt worden,“ meinte er leise. „Ich will Dir nur ganz kurz mitteilen, was hier vorging. Nach der mißglückten Razzia, die mir die Schlauheit dieser Neuyorker Gauner und Mörder so recht dick unterstrichen hatte, wollte ich Anna Dramar für einen neuen Plan gewinnen, die Bande einzukreisen. Der Plan wäre geglückt, kommt jetzt jedoch für uns nicht mehr in Betracht. – Die Lenk ließ mich hier sofort ein. Schon das machte mich stutzig. Dann begann sie zu lamentieren: das liebe Fräulein sei heute früh, als es die Morgenzeitung las, plötzlich umgefallen. Jetzt schliefe sie. Hoffentlich würde sich kein Nervenfieber[14] entwickeln. – Die Lenk machte es dann mit mir genau so wie mit Dir: bot mir einen Likör an, da sie selbst einen zur Auffrischung ihrer Lebensgeister trinken müßte. – Diese so sehr verfängliche Freigebigkeit, dazu Madame Lenks unangenehme Visage ließen mich auf der Hut sein. Ich spielte den Ahnungslosen. Der Likör floß wie bei Dir ins Taschentuch, und – alles weitere weißt Du. – Noch eine Frage, was die Blumentöpfe betrifft. Hat die Lenk oder besser der Lenk – wie mag der Kerl wohl mit richtigem Namen heißen? – sehr lange „telegraphiert“? Denn es handelt sich ja fraglos um eine Art Telegraphie.“

„Vielleicht zehn Minuten …“

„Dann kann die Meldung, die er weitergab, nur kurz gewesen sein. Vielleicht war es auch keine Meldung, sondern eine Anfrage. Jedenfalls muß der, dem die Blumentopfzeichen galten, sich in einem unserer Nebenhäuser befunden haben. Und es wird mithin jetzt unsere Aufgabe sein, diesen Mann zu entdecken.“

Er trat an den Diwan heran und fühlte nach Anna Dramars Puls.

„Sehr schwach, aber regelmäßig … Eine sehr tiefe Betäubung. Gefahr ist nicht vorhanden.“

Dann gingen wir in den Flur der kleinen Wohnung und durchsuchten die Küche, die Speisekammer und die beiden anderen noch vorhandenen Gelasse, legten die Sicherheitskette vor die Flurtür und stellten noch zwei Stühle so vor die Tür, daß sie unmöglich zu öffnen war.

Lenk empfing uns nun, als wir zu ihm zurückkehrten, mit einem völlig veränderten Gesicht. Er hatte inzwischen wohl seine Lage genau geprüft und schien dabei zu einer ihm günstigen Beurteilung gelangt zu sein.

„Binden Sie mich los!“ verlangte er mit einer frechen Ruhe, die deutlich genug verriet, daß er uns in seiner Gewalt zu haben glaubte, nicht umgekehrt. „Ich warne Sie! Für Sie beide gibt es nur ein Mittel, Ihr Leben zu retten: enthalten Sie sich jeder weiteren Einmischung in unsere Angelegenheiten!“

Harst rückte einen Stuhl vor den Sessel und setzte sich, nahm sein Zigarettenetui aus der Tasche und zündete umständlich eine Mirakulum an.

„Jetzt mit einem Male sollen wir uns jeder Einmischung enthalten,“ meinte er achselzuckend. „Sie verlangen da etwas, das in Widerspruch zu Jane Bracks Anweisungen steht. Schraut und ich sollten ja das Brillantkollier suchen.“

„Sie werden es doch nicht finden. Wir verzichten auf Ihre Hilfe,“ erklärte Lenk sehr bestimmt. –

Die weitere Unterredung zwischen Harst und Lenk empfehle ich nun der genauesten Beachtung des Lesers. Ich hatte die Bestimmung der Blumentöpfe herausgefunden. Harald aber fand weit mehr heraus, und dies lediglich durch sein so überaus präzise arbeitendes Hirn. Der Leser wird genau wie ich damals zum Schluß über das Ergebnis dieser Unterredung staunen. –

„Sagen Sie mir das im Auftrage Jane Bracks?“ fragte Harald nun und rauchte behaglich weiter.

„Allerdings, Herr Harst. Und ich rate Ihnen dringend, sich danach zu richten.“

„Wie Sie wollen … – Sie verzichten also auf das Geschmeide?“

„Ja.“

„Gestatten Sie, daß ich Ihnen das nicht glaube. Ich nehme vielmehr an, Jane Brack hat das Kollier gefunden.“

Da grinste Lenk. „Vielleicht ist’s auch so, Herr Harst.“

Harald lächelte fein und formte drei Rauchringe. „Es ist so, Lenk. Und zwar hat Jane Brack das Kollier erst vor kurzem, vielleicht erst vor einer Stunde, entdeckt, denn als sie zuletzt den Kommissar Werkmager anrief[15], war davon noch keine Rede, daß Schraut und ich uns nicht weiter um das Kollier bemühen sollten. Mithin muß es erst vor einer Stunde gefunden worden sein, – aber nicht durch Jane Brack.“

Ah – in Lenks hagerem Gesicht einige Unruhe …

Und Harst lächelte stärker.

„Vielleicht sind Sie gar der glückliche Finder, Lenk,“ meinte er leichthin …

„Ich?! Wie kommen Sie darauf?!“ Das sollte so klingen, als hätte Harald da soeben etwas völlig Unsinniges gesagt.

„Hören Sie zu, Lenk …!“ Und Harald redete wie ein dozierender Professor. „Es ist möglich, daß Sie Anna Dramar betäubt haben, um einmal in Ruhe deren Koffer zu durchsuchen, die nebenan im anderen Zimmer stehen.“

Lenks Züge wurden seltsam gespannt. Und in den listigen Augen flackerte schlecht verhehlte Besorgnis …

„Diese Durchsuchung hatte Erfolg, Lenk. Sie fanden das Brillanthalsband …“

Lenk lachte schrill …

„Blödsinn!“ höhnte er.

„Und als Sie es gefunden, telegraphierten Sie das nach … drüben …“

Lenk verfärbte sich.

„Schraut hat die Manipulationen mit der leeren Gießkanne beobachtet. Jedenfalls: Sie gaben an Ihre Freunde eine Meldung weiter. Und dann kam ich hierher, und Sie spendeten mir den harmlosen Likör aus einem nicht harmlosen Glase. Das Glas enthielt eben bereits ein paar Tropfen des Betäubungsmittels. Ihr Glas dagegen nicht. – Sie wollten mich betäuben, denn – Sie brauchten mich nicht mehr. Das Kollier war ja bereits in Ihrem Besitz. Und als Schraut dann hier erschien, hielten Sie ihn im ersten Moment vielleicht für einen Abgesandten Jane Bracks … Bis Sie merkten, daß es …“

Lenks freches Lachen ließ ihn schweigen.

„Wenn Sie das Kollier hier finden, können Sie es behalten!“ meinte er ironisch.

„Ich werde es finden. – Schraut, hole mal die beiden Koffer Anna Dramars.“ –

Die Koffer waren ein Fehlschlag. Und Lenk grinste noch hohnvoller.

Harst ging in das Nebenzimmer.

Kehrte bald zurück – mit einem größeren eingerahmten Brustbild einer Frau, die einige Ähnlichkeit mit Anna Dramar hatte.

Der kupfergetriebene Rahmen war sehr stark gewölbt. Die Ornamente stellten Weintrauben und Rebstöcke dar.

Lenks Gesicht zeigte wieder starke Unruhe.

Und Harald entfernte nun die aus dicker Pappe bestehende, mit Klammern befestigte Rückseite des Rahmens, hob auch die auf einen braunen Karton gezogene Photographie heraus …

Ich ahnte, worauf er gehofft hatte: daß in der starken Wölbung des Rahmens das Kollier verborgen sein könnte!

Doch – die Höhlung war leer!

„Annas Mutter offenbar, die verstorbene Frau Dramar,“ sagte er zu mir. „Das Geschmeide war hier in dem Rahmen versteckt.“

Er schaute Lenk an.

Der meinte ironisch: „Sie machen Witze, Herr Harst!“

„Oh bitte … Hier in dem Karton des Bildes sind in regelmäßigen Abständen wie ein Kranz Eindrücke zu erkennen. Und diese kranzförmige Reihe von Eindrücken befindet sich gerade unter den gewölbten Teilen des Rahmens. Das sieht ganz so aus, als hätte da ein Geschmeide gelegen. Ich weiß nun auch, wie Jane Brack auf den Gedanken gekommen ist, Annas Vater habe seiner Tochter das Kollier ausgehändigt. Robert Dramar wird von Jane vielleicht beobachtet worden sein, wie er in Neuyork in Annas Wohnung schlich. Er hat dort dann, ohne daß seine Tochter davon wußte, das Brillanthalsband in dem Rahmen versteckt, da er sich sagte, Anna würde sich von dem Bilde nie trennen. Das Bild mit Rahmen ist recht schwer, so daß ein Gewichtsunterschied infolge der Belastung durch das Kollier kaum auffallen konnte.“

„Ganz interessant, Herr Harst!“ grinste Lenk.

„Ohne Frage! Noch interessanter ist’s, nun das von Ihnen anderswo verborgene Geschmeide zu suchen. – Schraut, wenn Du mal die Kleider der männlichen Frau Lenk befühlen wolltest …!“

„Ich bin kitzlich!“ prustete Lenk.

„Nein, laß es sein!“ rief Harald da. „Dieses Hohngelächter war echt.“ Und er nahm eine frische Zigarette, fügte hinzu: „Lenk hat Dich vorhin in die Waschküche geschickt, mein Alter. Sie war unverschlossen. Das sieht doch fast so aus, als ob Lenk selbst dort sich etwas zu schaffen gemacht hat – vor kurzem!“

Haralds Blick ruhte auf dem langsam sich rötenden Gesicht unseres Gefangenen.

„Vor kurzem vielleicht, Herr Lenk …! Sie werden rot, Herr Lenk!“ Auch Harst konnte höhnen. „Vielleicht liegt das Kollier in der Waschküche … Vielleicht. – Ich werde nachsehen gehen!“

„Schuft – – Schuft!!“ kreischte Lenk da. „Spürnasiger Schuft, Du …“

Da war Harald schon draußen …

Lenk floß vor Wut der Speichel aus dem Munde …

Und keine drei Minuten später war Harald mit einem von Brikettasche gelbbraun bestäubten Pappkästchen wieder zurück …

„Bitte, Lenk, – der gesuchte Schmuck,“ sagte er und setzte sich wieder, öffnete das Kästchen …

In ein Taschentuch gehüllt lag da das prachtvollste Geschmeide, das meine Augen je gesehen haben …

Lenk war gelbgrün im Gesicht. Seine Lippen zuckten. Er konnte nicht ein einziges Wort mehr hervorquälen.

„Wollen Sie jetzt antworten?“ fragte Harald nach einer Weile.

„Der Teufel hole Sie beide!“ fauchte Lenk. Er hatte die Sprache wiedergefunden.

„Der Teufel holt nichts. Aber ich werde jetzt alles Nötige tun, um Jane Brack herüberzuholen.“ –

So endete diese Unterredung.

Wir hatten das Kollier. Und wir würden auch Albert Panzer sowie die Liebesbriefe der hochmütigen Miß Gunvor Pandercroft finden. Davon war ich überzeugt.

 

4. Kapitel.

Die Blumendepesche.

Harst stand auf.

„Die Blumentöpfe muß ich mir ansehen,“ sagte er zu mir. „Als wir Lenk noch für eine ehrbare Witwe hielten, trug sie häufig einen farbenfrohen Morgenrock. Den werde ich anziehen.“

Der bunte Morgenrock hing im Schrank.

Und vor dem altertümlichen Frisiertisch verwandelte das alte Männchen sich dann mit Harstscher Geschicklichkeit in Antonie Lenk, wobei ihm die graue Scheitelperücke des Entlarvten sehr zustatten kam.

Was er an Schminke und Puder brauchte, um seinem Gesicht wenigstens in groben Zügen einige Ähnlichkeit mit dem der Lenk zu geben, fanden wir unter Anna Dramars Sachen. Als Artistin führte sie ein ganzes Arsenal davon mit sich.

„Ich bin zufrieden,“ nickte Harald nun seinem Spiegelbilde zu. „Auf einige Entfernung hält mich jeder für Antonie Lenk. Die Geschichte kann beginnen.“

Er ging auf den Balkon hinaus, bewegte sich hin und her und trat dann wieder ins Zimmer zurück.

„Es stimmt: die Töpfe sind nicht nur numeriert, sondern sogar mit Buchstaben versehen. Das ganze Alphabet ist vertreten. Die Telegraphie ist also höchst einfach. Jetzt werde ich depeschieren.“ Und zu Lenk: „Raten Sie mal, was?“

„Ihr Todesurteil,“ knurrte Lenk bissig.

„Sie meinen das Todesurteil Stuart Dramars, nicht wahr? In gewissem Sinne ist das richtig. Ich werde depeschieren: „Habe die beiden Schnüffler betäubt. Holt sie nachts ein Uhr ab.“ – Ich denke, dies Lockmittel wird genügen. Die Herrschaften laufen uns dann von selbst in die Arme.“

„Schuft!!“ knirschte Lenk in ohnmächtigem Grimm.

„Ihre Wut beweist, daß der Trick gelingen wird,“ lächelte Harald kühl.

Und abermals ging er auf den Balkon hinaus, nahm die Gießkanne und hob sie hoch empor, tat so, als ob er einen Heliotroptopf besprengte, – und das war der Buchstabe H. – Dann kam ein Aurikeltopf an die Reihe, und das war a; dann ein Begonientopf, dann ein Enziantopf. – So wurde „Habe“ zusammengesetzt, so folgten die anderen Wörter …

Und ich stand hinter der Gardine der Balkontür und beobachtete die Dächer der gegenüberliegenden Häuser. Dort irgendwo mußte ja der Mann sich befinden, der diese telegraphischen Zeichen in Empfang nahm, der fraglos mit einem Glase den Balkon ständig im Auge behielt und genau achtgab, in welcher Reihenfolge die Töpfe nicht begossen wurden. –

Harst war fertig, stellte die Gießkanne wieder weg und kam ins Zimmer zurück.

„Hast Du jemand drüben bemerkt?“ fragte er mich. „Ich konnte nicht feststellen, wo der Beobachter steckte. Und doch muß es für diesen Beobachter eine Möglichkeit geben, auch nach hier Zeichen zu senden.“

Ich schwieg. Auch[16] ich hatte nichts bemerkt. Aber – noch während[17] Harald sprach, sah ich hinter einem Bodenfenster von Nr. 11, also in dem linken Nachbarhause des Harstschen Grundstücks ein grelles Licht aufleuchten.

„Still!“ flüsterte ich …

Und ich zählte rasch: „Eins, zwei, drei, vier …“

Da verschwand das Licht.

Und blitzte wieder auf. Wieder zählte ich: „Eins, zwei …“ – Es erlosch, erschien abermals für zwei Sekunden – erschien immer wieder als lange und kurze Lichtblitze.

Harst notierte die Länge der Zeichen.

Und als die Lichtquelle jetzt schwieg, als kein Zeichen mehr kam, sagte er achselzuckend:

„Gewöhnliches Morsealphabet! Das Telegraphierte lautet: „Verstanden. Wird geschehen.““

„Satan – – Satan!!“ keuchte Lenk hinter uns.

Harald beachtete Lenk nicht.

„Bemühen wir uns jetzt um Anna Dramar, mein Alter. Vielleicht bekommen wir sie wach. Geh’ mal in die Küche und brühe ganz starken Kaffee auf.“ –

Um sieben Uhr hatten wir Anna Dramar wirklich ins Bewußtsein zurückgerufen. Sie war jedoch noch sehr schwach.

Harald hatte sich inzwischen wieder in das alte Männchen zurückverwandelt.

„Fräulein Dramar,“ sagte er zu unserem Schützling in seiner liebevollen, gütigen Art, „das da ist Max Schraut, mein Freund, und ich selbst bin Harald Harst. Die angebliche Frau Lenk hatte Ihnen ein Betäubungsmittel beigebracht. Die Frau ist in Wahrheit ein Mann von etwa fünfzig Jahren.“

Die Kunstpfeiferin hob etwas den Kopf. Ihre Augen schwammen plötzlich in Tränen …

„Mein … mein Bruder – tot, ermordet!“ Und mit einem Aufschluchzen sank sie wieder in die Kissen zurück. – Ihre Gedanken gehörten nur dem Toten. Kaum erwacht, war die Erinnerung an das gewaltsame Ende ihres Bruders wieder in ihr lebendig geworden.

Harald sprach tröstend auf sie ein. Und ganz allmählich teilte er ihr dann auch mit, daß Albert Panzer sich in der Gewalt Jane Bracks befände, erzählte ihr weiter, was hier in Lenks Wohnung vorgefallen und fragte schließlich, weshalb sie gerade hier bei der Lenk sich eingemietet hätte.

„Ich wollte in Ihrer Nähe sein, Herr Harst,“ erklärte sie ehrlich. „Ich sah voraus, daß ich Ihre Hilfe eines Tages würde in Anspruch nehmen müssen. Seit Wochen[18] lastet es auf mir wie die Vorahnung eines drohenden Verhängnisses. Ihr weltbekannter Name gab mir den Gedanken ein, mich Ihnen …“

Und da – da schrillte im Flur die Glocke.

Wir drei fuhren leicht zusammen.

„Ich werde öffnen,“ flüsterte Harald. „Ich gebe mich nötigenfalls als Ihr Arzt aus, Fräulein Dramar. Schraut in seinem Altjungfernkostüm mag die Pflegerin spielen. Reden Sie mich also mit Herr Sanitätsrat an.“

Er ging in den Flur, ließ die Tür etwas offen. –

Stimmen …

Dann Harst: „Fräulein Dramar ist krank. Ich bin der Sanitätsrat Fromann. – Bedaure, ich kann Sie nichts ins Krankenzimmer lassen.“

Nun eine andere tiefere Stimme: „Ich möchte Fräulein Dramar dann einen Brief schreiben – sofort. Die Angelegenheit eilt.“

Harald führte den Besucher in die Küche.

Und drei Minuten später rief er scharfen Tones:

„Schraut, binden! Der Mann ist höchst verdächtig! Zu[19] Jane Bracks Bande will er nicht gehören. Im übrigen verweigert er jede Auskunft.“

Ich war mit wenigen Schritten drüben, sah Harst vor einem älteren Manne mit schußfertiger Clement stehen …

Der Fremde hatte ein bartloses, gesundes, aber sehr faltiges Gesicht und eine brutale Kinnpartie. Brutalität und Verschlagenheit funkelten auch in den dunklen stechenden Augen.

„Verdammt, bin ich hier in eine Räuberhöhle geraten!“ schnaubte er. „Wer sind Sie beide?! Etwa Polizei, – Greifer?“

„Binde ihn!“ befahl Harst kurz. „Strecken Sie die Arme nach hinten, Mann! Und – lassen Sie sich warnen! Ich drücke bestimmt ab, wenn Sie Dummheiten machen. Mein Name ist Harald Harst. Das genügt Ihnen wohl.“

„Teufel – Harst …!“ Er schien jeden Gedanken an Widerstand aufgegeben zu haben.

Ich fesselte ihm die Hände auf dem Rücken.

Dann führten wir den Fremden in Lenks Schlafzimmer.

Doch: Lenk kannte den Menschen offenbar nicht!

„Ha – was haben Sie denn da für einen Vogel gefangen?“ höhnte er.

Harald drückte den Mann auf einen Stuhl, wo wir ihn so fest schnürten, daß er sich nicht erheben konnte.

Er durchsuchte ihm die Taschen. Er fand nichts, was über den Menschen Auskunft gab. –

Während ich nun in der Küche für uns etwas Eßbares zubereitete (Anna Dramar war wieder eingeschlafen), begab Harald sich zu dem im selben Hause wohnenden Polizeihauptmann Felter hinab, um dessen Fernsprecher zu benutzen. Er kehrte sehr bald zurück.

„Alles erledigt. Werkmager läßt die ganze Umgebung der Blücherstraße von elf Uhr ab in aller Stille absperren. Diesmal entgeht die Bande uns nicht.“

Wir aßen dann, bewachten die Gefangenen, sahen hin und wieder nach unserem noch immer schlafenden Schützling und durchlebten so wieder einige Stunden, die uns infolge der Erwartung der kommenden Dinge endlos lang wurden.

Wir standen gerade in der Küche und schauten in den Hof des Hauses hinab, wo zwei uralte, riesige Linden, Überbleibsel eines Bauerngehöfts, das hier einst gestanden, ihren grünen Blattschmuck unter den ersten Windstößen des Gewittersturmes aufrauschen ließen …

Und drehten uns beide jäh um …

Knallend war die Küchentür ins Schloß gezogen worden, ein Schlüssel knackte im Schloß …

Harst war schon an der Tür – rüttelte …

Und … schlug die matte Glasscheibe ein, schlug das Scheibenkreuz heraus … kroch hindurch … –

Anna Dramar und der Fremde waren verschwunden, entflohen. Anna hatte des Mannes Fesseln zerschnitten.

Und Lenk rief uns höhnend zu: „Sie war schlauer, Herr Harst! Oh – ich gönne Ihnen den Reinfall!!“

 

5. Kapitel.

Gentleman-Robb.

Wir stürmten auf den Vorboden hinaus. Unsere Taschenlampen blitzten auf. Harst lief zur eisernen Bodentür. Sie war nur eingeklinkt. Der Schlüssel steckte von draußen.

„In den Hof hinab!“ befahl Harald. – Und ich jagte die Treppen abwärts.

Kam in den Hof, als die ersten Regentropfen fielen, sah, daß da oben jemand versuchte, eine Leiter vom Rande des Daches nach der Krone einer der Linden hinüberzulegen.

Und – – kletterte an dem knorrigen Stamm empor – höher und höher … Gelangte bis in die Krone … Wurde so Zeuge einer Szene, die an Wildwest erinnerte.

Da saß Anna Dramar, das Gesicht in den Händen vergraben, auf einem Schornsteinvorsprung …

Da stand Harald mit schußfertiger Clement hinter dem nächsten Schornstein, und zehn Meter weiter der Fremde – gleichfalls zielend – mit einem Revolver …

Haralds durchdringende Stimme übertönte das dumpfe Rollen des Donners …

„Ergeben Sie sich, Robert Dramar! Ergeben Sie sich! Denken Sie an Ihr Kind!“

Robert Dramar also!! Deshalb hatte Anita ihn befreit – deshalb! Ihr Vater war’s!

Der berüchtigte Gentleman-Robb, der heute hier wahrscheinlich das Kollier aus dem Rahmenversteck sich hatte holen wollen, verschwand mit einem Male.

Dann sah ich, daß er einen Anlauf nahm, daß er vom Dache in weitem Sprung die Krone der anderen Linde zu erreichen suchte.

Ich hielt den Atem an …

Äste knackten – brachen …

Ein heiserer Schrei – ein dumpfer Krach unten im Hofe …

Und dann prasselte eine wahre Sintflut herab. –

Anna Dramar folgte uns ohne Widerstreben in die Lenksche Wohnung hinab. Ich blieb bei ihr. Harst eilte in den Hof hinunter, brachte Gentleman-Robbs Leiche mit Hilfe des Portiers in den Keller. Niemand im Hause hatte von der Tragödie etwas bemerkt, die sich hier im Verlauf weniger Minuten abgespielt hatte. – –

Noch eine Stunde …

Dann der Schlußakt, an dem wir beide nicht beteiligt waren: die Verhaftung von drei Männern, die von Nr. 11 herkommend Nr. 68 hatten betreten wollen. Und weiter die gleichzeitige Durchsuchung der möblierten Wohnung, die ein amerikanisches Ehepaar im vierten Stock von Nr. 11 gemietet hatte. Dort wurde Albert Panzer gefunden.

Nicht gefunden wurde Jane Brack, die Mörderin Stuart Dramars!

Einer der Verhafteten zog es vor, ein Geständnis abzulegen, verriet auch das Versteck der acht Liebesbriefe Miß Gunvor Pandercrofts, verriet, daß Anton Lenk Jane Bracks Vater war, der hier in Berlin die Neuyorker Diebesbeute der Bande vorteilhaft an Ausländer abgesetzt hatte.

Jane Brack war entkommen. Sie hatte doch noch im letzten Moment die Einkreisung bemerkt, hatte, stets auf alles vorbereitet, in der Uniform eines Postbeamten das Haus verlassen …

Wir sollten sie sehr bald wiedersehen. Sie war’s, die uns zu unserem hundertsten Abenteuer verhalf. –

Aus Anna Dramar und Albert Panzer ist längst ein glückliches Paar geworden. – Was aus Jane wurde, berichte ich später …

 

Nächster Band:

Unser 100stes Abenteuer.

 

 

Verlagswerbung:

Von Walther Kabel, dem Autor der Harald Harst-Erzählungen, sind die nachstehenden Kriminalromane in unserem Verlage erschienen:

Die Lahore-Vase.
Der hüpfende Teufel.
Der Tempel der Liebe.
Das Haus am Mühlengraben.
Das Gift des Vergessens.
Im Schatten der Schuld.
Der Universal-Erbe.
Die Stimme des Blutes.
Das Haus des Hasses.
Der Mann im Sessel.
Die blaue Königin.

Jeder dieser Romane ist gegen 200 Seiten stark und kostet 75 Pfg. mal Schlüsselzahl des Buchhändler-Börsenvereins.

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H.

Berlin S. O. 26. Elisabethufer 44.

 

 

Wir weisen alle Freunde der Harald Harst-Abenteuer darauf hin, daß aus Anlaß der Herausgabe des 100sten Harstbandes

Unser 100stes Abenteuer“

ein Roman mit Harst und Schraut als Hauptpersonen in unserem Verlage mit dem Titel

Der Klub der Toten

erscheint.

 

 

Lautenlieder

für Sing- und
Wandervögel.

Eine Sammlung von über 100 der besten und beliebtesten Gesänge

mit Notenbeilagen.

Preis 10 Pfg.

Zu beziehen durch jede Buchhandlung sowie gegen Einsendung des Betrages und 75 Pfg. für Porto vom

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H.
Berlin 26, Elisabeth-Ufer 44.

 

 

Anmerkungen:

  1. In der Vorlage steht: „Vehängnris“. In späteren Auflagen (Harald Harst – Aus meinem Leben) wurde dieser Fehler vom Verlag korrigiert.
  2. In der Vorlage steht: „duch“.
  3. In der Vorlage steht: „be-ter“, es fehlt eine Silbe.
  4. In der Vorlage steht: „umwillig“.
  5. In der Vorlage steht: „umwillig“.
  6. In der Vorlage steht: „Worgs“.
  7. In der Vorlage steht: „aufzubicken“.
  8. In der Vorlage steht: „Anitas“.
  9. In der Vorlage steht: „obwohll“.
  10. In der Vorlage steht: „verschand“.
  11. In der Vorlage steht: „iich“.
  12. An dieser Stelle ist die Vorlage unleserlich. Text sinngemäß ergänzt.
  13. In der Vorlage steht: „ein“.
  14. In der Vorlage steht: „Nerverfieber“.
  15. In der Vorlage steht: „andief“.
  16. In der Vorlage steht: „Ach“.
  17. In der Vorlage steht: „währed“.
  18. In der Vorlage steht: „Wocher“.
  19. Die folgenden zwei Zeilen sind um drei Zeilen verrutscht; eine weitere Zeile ist doppelt.