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Der Tintenlöscher des Sadi Ahmed

 

 

 

Der Detektiv

 

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 52:

 

Der Tintenlöscher des Sadi Ahmed.[1]

 

Nachdruck verboten. – Alle Rechte vorbehalten. Copyright 1921 by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin.
Druck P. Lehmann G. m. b. H., Berlin 26.

 

1. Kapitel.

Der weiße Arm.

Auf der alten Bergstraße, die sich von Passani einem der Häfen Belutschistans, nach der bedeutenderen Hafenstadt Gwadar immer angesichts des Meeres hinzieht, ritten drei Reiter, zwei Weiße und ein Chinese, dahin. Ein zu dem kleinen Trupp gehöriges Lastkamel trug drei Reisekoffer und einen Sack aus geölter Leinwand.

Die beiden Weißen waren Harald Harst und ich, sein Freund und Privatsekretär Max Schraut. Unser chinesischer Diener Tscho Maki hatte die Halfterleine des Kamels an seinem Sattel festgebunden.

Wir befanden uns auf dem Wege nach der soeben erwähnten Hafenstadt Gwadar und kamen von Passani, wo wir kurze Zeit Gäste unseres Landsmannes, des Polizeidirektors John Haberland, gewesen waren.

Es war jetzt elf Uhr vormittags. Die Hitze wurde immer lästiger. Sehnsüchtig spähten wir nach einem Rasthause aus. Hier an der Küstenstraße gab es alle vier Meilen etwa ein größeres Dorf mit einem sauberen Rasthause für Reisende.

Soeben war eine Kamelkarawane an uns vorübergezogen. Das lustige Tönen der vielen silbernen Schellen an den Kamelhalftern verlor sich in der Ferne.

Auf einem mächtigen Pistazienbaume, dessen obere Äste abgestorben und unbelaubt waren, hockte ein Aasgeier und riß mit dem Schnabel Stücke von irgend einem Kadaver ab. Harald und ich blickten kaum hin, bis Tscho, der hinter uns ritt, plötzlich halblaut rief:

„Ich werde schießen. Nicht erschrecken die Master –“ Sein Englisch war reichlich mangelhaft.

Tscho war ein guter Schütze. Sein langer Colt-Revolver[2] knallte. Unsere Gäule wackelten mit den Ohren, und als wir uns umdrehten, sahen wir den Aasgeier flügelschlagend oben zwischen den Zweigen hängen.

„Bravo, gelber Junge!“ meinte Harst. „Den Schuß macht Dir so leicht –“

Er verstummte. Tscho hatte soeben aus dem Grase etwas aufgehoben. Und dieses Etwas war ein halber menschlicher Arm, von dem der Geier bereits den Unterarmknochen freigelegt hatte.

Tscho brachte uns diesen unheimlichen Schießpreis.

„Master Harst, ich sehen, daß Geier Arm benagen von Mensch. Deshalb schießen. Oh – dies sein Arm von weiße Gentleman! Oh – und Ringe an die Finger stecken – fünf Stück, drei mit Diamanten –“

Harald sprang aus dem Sattel. Ich tat das gleiche.

Wir schauten uns den Arm genau an. Die Knochen waren offenbar dicht unter dem Ellbogengelenk zerschmettert worden.

Harst drehte den Arm um. „Da – am rechten Mittelfinger befindet sich an der Spitze links vom Nagel ein lila Fleck. Der Besitzer dieses Armes hat einen Tintenstift nicht lange vor seinem Tode oder doch vor dem Verlust des Armes benutzt. Der lila Fleck sitzt gerade da, wo der Bleistift beim Schreiben den Mittelfinger berührt. Dieser Bleistift wurde vielleicht frisch angespitzt, und die Stäubchen des lilafarbenen Markes hafteten noch an dem Stifte.“

Tscho, der stets etwas vorlaut war (außerdem stahl er wie ein Rabe!), rief jetzt:

„Master Harst, die Ringe doch mein sein, nicht? Tscho werden sie abziehen –“

„Ja, die Ringe gehören Dir, mein gelber Junge. Aber abziehen wirst Du sie nicht. Packe den Arm in Blätter ein und stecke ihn in Deinen Öltuchsack.“

Tscho nickte. „Gut, machen eine Paket daraus. Ringe sind mein, haben Master gesagt.“

„Vielleicht finden wir auch die Leiche oder doch den Platz, wo der Weiße den Arm verlor,“ meinte Harald und hob das Glas an die Augen. Er suchte so die Umgebung ab. Jenseits der Straße begannen sehr bald die Vorberge des Daram-Kuh (Kuh, Gebirge). Pistazien-, Oliven- und Palmenwäldchen verliehen den kahlen, schroffen Höhen hie und da ein freundlicheres Aussehen.

Harst ließ das Glas sinken.

„Dort halb links vor jenem Olivenhain schwärmen Aasgeier,“ sagte er. „Ich denke, wir gehen einmal hinüber. Es sind keine zweitausend Meter. – Tscho,“ rief er dem Chinesen zu, „gib auf unsere Pferde mit acht. Wir kommen sofort zurück. Ich rate Dir auch, mit den Tieren besser dort in jene kleine Schlucht hinabzusteigen. Die Sache ist hier nicht ganz geheuer. Halte also die Augen gut offen, gelber Sohn, und wenn Dir jemand auf den Pelz rückt, drohst Du mit dem Schießeisen.“ –

Wir näherten uns dem Olivenhain. Auf einem Felsen saßen fünf Geier und stierten nach den ersten Bäumen[3] des Wäldchens hin. Erst als wir ihnen bis auf zwanzig Schritt nahe gekommen waren, flogen sie träge davon.

Ich glaubte, wir würden nun hier die Leiche des Weißen finden, dessen Arm Tscho uns von der Pistazie herabgeschossen hatte.

Nichts war da, gar nichts!

Das heißt: zunächst schien es so! – Aber neben einem Gebüsch entdeckte Harald dann eine Blutlache auf dem steinigen Boden.

„Aha – deshalb starrten die eklen Vögel hierher,“ meinte Harst. „Bitte – nun zeige, was Du gelernt hast, mein Alter. Dieser Platz verrät allerlei.“

Ich sah lediglich die Blutlache und ein paar weiße Fäden.

„Bitte – und dies?!“ Harald deutete auf einen grünen Brei, der auf einem Steine dicht daneben lag.

Er tauchte den Zeigefinger in den Brei und roch dann daran.

„So so!“ murmelte er und begann nun die Stelle in immer weiteren Kreisen zu umrunden. Ich blieb hinter ihm. Er entdeckte jedoch nichts Neues.

„Ein ganzer Roman,“ sagte er versonnen, als wir nun wieder der Straße zuschritten. „Die Blutlache hatte sich erst wenig verfärbt. Sie kann höchstens drei Stunden alt sein.“

„Und der Inhalt des Romans?“ fragte ich.

„Die Geschichte eines Menschen, der eine ungeheure Energie und eine wahre Bärennatur besitzen muß.“

Mehr war aus ihm nicht herauszuholen. Daß ihn dieser halbe Arm aber überaus interessierte, merkte ich an seinem ganzen Benehmen, als wir dann weiter schritten.

Die Straße machte sehr bald einen scharfen Bogen landeinwärts und durchlief ein Tal, in dem wir schon von ferne ein größeres Dorf wahrnahmen.

Dann hielten wir vor dem großen, aus Lehmziegeln erbauten Rasthause, das in der Mitte des Dorfes lag.

Der Verwalter, der zugleich Polizeimeister des Dorfes war, wies uns die drei besten Räume an, nachdem Harst ihm das Empfehlungsschreiben John Haberlands vorgezeigt hatte.

Der Mann war ein älterer Inder von so ausgesprochen stramm-militärischer Haltung, daß man ihm den früheren Feldwebel der indischen Armee sofort ansah. Er hieß Radrogar, machte aber bei all seiner etwas poltrigen Liebenswürdigkeit doch einen recht bekniffenen Eindruck.

Die Zimmer des Rasthauses waren peinlich sauber, aber sehr primitiv. In dem Wohnraum stand am Fenster ein braun gestrichener Holztisch, der wohl gleichzeitig als Schreibtisch dienen sollte. Wenigstens sah ich dort ein Stück Löschblatt, ein paar Zeitungen und einen Tintenlöscher liegen.

Letzterer erregte jetzt auch Haralds Aufmerksamkeit. Es war nur ein ganz kleiner Löscher. Platte und Knopf waren aus gebeiztem Holz und reich geschnitzt. Die in den Löscher festgeklemmten Blätter, gewöhnliches weißes Löschpapier, zeigten auch nicht die Spur von Tintenabdrücken, waren also völlig sauber.

Radrogar sah, daß Harst das zierliche Ding in die Hand genommen hatte.

„Sahib,“ erklärte er, „der Löscher gehört dem reichen Sadi Ahmed aus Gwadar. Er hat bis vor einer Stunde hier gewohnt. Ich hatte soeben erst alles säubern lassen, als Ihr kamt. Sadi Ahmed hatte seinen Koffer bereits gepackt und wollte ihn des Löschers wegen nicht wieder aufschließen. Er sagte mir, ein Bekannter von ihm käme heute abend hier an, und dem solle ich den Löscher mitgeben.“

„Wohl ein Kaufmann, der Sadi Ahmed?“ fragte Harst und stellte den Löscher wieder auf den Tisch.

„Ja, Sahib. Er besitzt drei Dampfer. Er ist ein Reeder.“

„Dann gehört ihm wohl auch das Automobil, dessen Spuren ich vor dem Hause fand?“

„Es ist so, Sahib. Das Auto ist ganz neu. Ahmed hat viele, viele Millionen. Und er ist einflußreich und gütig. Er war’s, der mir –“

Er schwieg und seufzte, fuhr dann aber gleich fort:

„Weshalb soll ich es nicht sagen?! Es weiß ja doch alle Welt davon. – Sahib, ich war bis vor[4] fünf Monaten Hafenmeister in Gwadar. Es war eine sehr gute Stellung. Dann geschah das Unglück, und ich mußte hier diesen Posten übernehmen.“

Harald hatte sich an den Tisch gelehnt.

„Unglück?“ meinte er. „Was war’s denn?“

„Sahib, man glaubt es kaum, aber es ist nun mal geschehen: es wurde ein Dampfer aus dem Hafen gestohlen, ein englischer Frachtdampfer, die „Viktoria“. Die Sache ist heute noch nicht aufgeklärt. Mich als Hafenmeister traf die Verantwortung. Man hätte mich wohl auch hier nicht mehr angestellt, Sahib, wenn nicht Sadi Ahmed ein gutes Wort für mich eingelegt haben würde.“

Wir unterhielten uns noch eine Weile mit dem braven Radrogar und wollten dann ein wenig schlafen. Der Inder verabschiedete sich.

„Vielleicht bleiben wir bis morgen früh,“ sagte Harald noch. „Ich fühle mich sehr matt –“

Radrogar verschwand.

Ich blickte Harald forschend an.

„Du fühlst Dich matt? Hör’ mal, das ist doch Schwindel. Das hat doch irgend einen Grund – oder besser gesagt – irgend einen Zweck?“

„Ja – der Grund ist der –“ – er flüsterte nur – „der Tintenlöscher des Sadi Ahmed –“

 

2. Kapitel.

Der Mann mit den Flaschen.

Er hatte sich mit einem leichten Satz auf den Tisch geschwungen.

Bevor ich mich noch von meiner Verblüffung erholt hatte, fügte er hinzu:

„Nicht wahr, Du hast die Geschichte doch auch sofort als Schwindel erkannt? Ich meine die Flunkerei Ahmeds, daß er zu faul sei, den Koffer des Löschers wegen nochmals aufzuschließen.“

Er hatte den Löscher schon in der Hand und begann den Knopfgriff loszuschrauben.

Ich trat neugierig näher.

„Du glaubst, daß er dies Ding absichtlich hier ließ?“

Harald nickte nur und hob nun die geschnitzte Platte von dem Unterteil ab, nahm die Lage Löschpapier heraus und besichtigte die einzelnen Blätter sehr genau. Es waren im ganzen zwölf. Aber er fand nichts Auffälliges.

Inzwischen war ich seinen Gedanken auf die Spur gekommen.

„Du nimmst an, Ahmed hat den Löscher für seinen Bekannten „vergessen“, damit dieser eine in dem Löscher verborgene Nachricht fände?“ fragte ich daher.

„Stimmt! Dieser Freund Ahmeds ist, wie der Polizeimeister uns vorhin mitteilte, weil ich eben das Gespräch nochmals auf Ahmed lenkte, ein gewisser Jacques Delboste, also wohl ein Franzose.“

Während er dies sprach, besichtigte er den Knopf des Löschers, in dessen Unterseite eine Holzschraube eingelassen war. Dann warf er den Knopf wie einen Ball ein paarmal spielend in die Luft, fing ihn wieder auf und meinte:

„Sehr schlau – sehr schlau! Nur nicht schlau genug. Es ist nämlich eine sehr schwere Holzart. Da – hebe mal die Platte auf. – Und nun nimm hier den Knopf.“

„Allerdings – sehr leicht!“ nickte ich.

Harst lächelte. „Stecke mal die Holzschraube zwischen die Zähne und versuche sie herauszudrehen.“

Ich tat’s – und es gelang. – Gleichzeitig mit der Schraube löste sich aber ein Stück der unteren Hälfte des Knopfes. Dieser bestand aus zwei Teilen mit kurzem Gewinde und war hohl.

In der Höhlung des Oberteiles lag ein ganz eng zusammengefalteter Zettel.

„Da haben wir’s ja!“ sagte Harald und faltete den Zettel auseinander.

Ich machte ein recht enttäuschtes Gesicht, denn der Zettel war leer.

„Die Brüder sind ja überaus vorsichtig,“ lachte Harst. „Wird ihnen aber nichts helfen. Legen wir den Zettel mal auf das Fensterbrett in die pralle Sonne –“ –

Ja – die Sonnenwärme brachte es an den Tag, nämlich folgende mit chemischer Tinte geschriebenen Sätze, die in deutscher Sprache lauteten:

Vorsichtig sein! Detektiv Harst in Passani! Leicht möglich, daß nach Gwadar kommt und dann V. untersucht. Viel Neues. Nach acht Tagen bei V. treffen.

Eine Unterschrift fehlte. Die Handschrift war schmucklos und energisch.

„Sieh an! Dieser Ahmed hat Angst vor uns,“ sagte Harald und legte den Zettel auf den Tisch, wo die Schrift schnell wieder verschwand. „Mithin hat er auch ein schlechtes Gewissen. Übrigens: wir werden V. untersuchen!“

„Was heißt das?“

„Ich denke, V. wird den Dampfer Viktoria bedeuten. Auf dem Zettel stand ja: „Leicht möglich, daß nach Gwadar kommt“. Und dort in Gwadar ist doch fraglos der Raub der Viktoria immer noch Tagesgespräch.“

Er rieb sich vergnügt die Hände. „Wir haben also wieder Arbeit, mein Alter. Abends kommt Herr Jacques Delboste an. Wir werden ihn kennen lernen. Bringe jetzt aber gleich den Löscher zum Polizeimeister und sage ihm, er hätte ihn wohl hier vergessen.“ –

Wir standen abends gegen acht Uhr gerade mit dem alten Radrogar vor dem Rasthause und schauten einem indischen Schlangenbeschwörer zu, der seine der Giftzähne natürlich beraubten Brillenschlangen nach den Tönen einer Bambusflöte tanzen ließ, als ein Reiter dahergetrabt kam und dicht vor uns seinen hochbeinigen Fuchs parierte.

„Dies ist das Rasthaus?“ fragte er uns höflich, indem er den Strohhut lüftete.

Radrogar bejahte.

Es war wirklich Jacques Delboste. Er stieg ab, nachdem er seinen Namen genannt hatte, warf einem Belutschen die Zügel zu und reckte und streckte sich.

„Acht Stunden im Sattel – keine Kleinigkeit,“ meinte er.

Er sprach das Englische fließend und fehlerfrei. „Ich komme aus dem Innern, meine Herren. – Entschuldigen Sie – Ihren Namen nach sind Sie Deutsche. Verstand ich richtig: Master Harst und Master Schraut?“

„Ja, Harst und Schraut,“ erwiderte Harald. „Wir wollen nach Gwadar. Wir reisen zu unserem Vergnügen.“

Der schlanke Delboste, der einen dunklen Spitzbart trug und sehr gut gekleidet war, lachte und meinte:

„Sie sind zu beneiden! Unsereiner muß sich auf den Landstraßen herumtreiben, um sein Brot zu verdienen. Ich bin Angestellter einer Firma in Maskat in Oman an der arabischen Südwestküste, sozusagen Reisender.“

Dann bat er den Polizeimeister, ihm ein Zimmer anzuweisen, nickte uns zu und ging mit dem alten Radrogar ins Haus. –

Als wir mit der Mahlzeit gerade fertig waren, klopfte es und Delboste trat ein.

„Gestatten Sie, daß ich noch eine Stunde mit Ihnen plaudere?“ sagte er liebenswürdig.

Harst deutete auf einen der Bambusstühle.

„Bitte, nehmen Sie Platz. Schraut und ich sprachen soeben über den Polizeimeister Radrogar. Der arme Mensch klagte uns vorhin sein Leid. Er erzählte, daß er früher in Gwadar Hafenmeister gewesen und daß dort ein Frachtdampfer verschwunden sei, was man ihm zur Last lege. Ich habe nun eine gewisse Vorliebe für geheimnisvolle Geschehnisse. Sie werden Gwadar wohl ziemlich genau kennen, Mr. Delboste. Wenigstens sagte Radrogar[5], Sie hätten dort einen guten Bekannten, dem Sie ja auch den Löscher mitbringen sollen.“ Er lachte ein wenig. „Wer ist eigentlich dieser überkultivierte Sadi Ahmed, der sogar einen Tintenlöscher mit auf die Reise nimmt?“

Harst sprach absichtlich so ganz ungezwungen und offen mit Delboste, um ihn völlig in Sicherheit zu wiegen und zu verhüten, daß der fragwürdige Herr etwa annähme, wir könnten den Zettel gefunden haben.

Delboste war auch uns gegenüber genau so „aufrichtig“ wie wir ihm gegenüber. Er schauspielerte vortrefflich. Er hatte doch fraglos den Zettel schon gelesen, und trotzdem gab er sich in Wort und Haltung so natürlich-liebenswürdig, als ob er zwei „echte“ Touristen und nicht ausgerechnet mit demselben Harst sich unterhielt, vor dem Ahmed ihn gewarnt und den er wenigstens dem Namen nach schon längst gekannt hatte. –

Dieser Delboste, ohne Zweifel ein Abenteurer feinsten Schlages, hätte uns hier wohl kaum auf unseren Zimmern besucht, wenn er eben nicht in der Absicht gekommen wäre, uns auszuhorchen. Harald machte ihm die Sache leicht, indem er ganz von selbst gerade auf das zu sprechen kam, was in der Warnung Sadi Ahmeds an Delboste erwähnt war: auf den Dampfer Viktoria!

Nachdem Delboste auf Harsts Frage nach dem überkultivierten Ahmed geantwortet hatte, er kenne den reichen Reeder nur als Geschäftsmann, bat Harald um Aufschluß über den Raub des Dampfers Viktoria, der doch Radrogar seine Stellung gekostet hätte.

Delboste zuckte die Achseln. „Viel weiß ich nicht, Mr. Harst. Ich hatte gerade damals Urlaub und war bei Bekannten, die südöstlich von Maskat eine Plantage besitzen. Die Viktoria sollte jedenfalls auf der Werft von Rollins in Gwadar ein wenig repariert werden, war auch schon bis an das Werftdock gefahren, und hatte ihre Mannschaft abgemustert. Dann verschwand das Schiff eben. Es ist natürlich von irgend welchem Gesindel regelrecht gestohlen worden. In jener Nacht gab es in Gwadar ein sehr schweres Gewitter mit viel Regen. Im Schutze dieses Unwetters verduftete das Schiff spurlos. Man hat danach genügend gesucht, denn meine beiden Chefs in Maskat waren geradezu außer sich vor Wut, weil der neue schöne Dampfer, der so viel Geld gekostet hatte, ihnen verloren ging.“

„So gehörte die Viktoria Ihrer Firma?“ fragte Harst überrascht. „Und dann wissen Sie so wenig darüber, Mr. Delboste?!“

„Bitte – ich bin Reisender bei Smith & Walker, Mr. Harst. Nur Reisender! Wir handeln mit Eisenwaren, landschaftlichen Maschinen und Geräten. Der Sitz des Hauptgeschäfts ist in England, in London.“

Ich hatte den Eindruck, daß Delboste wegen der letzten Frage doch etwas verlegen geworden war. Seine Gründe, weshalb er über die Viktoria-Sache so wenig wisse, waren ja auch sehr fadenscheinig und wurden auch sehr überhastet vorgebracht.

Harst hatte Delboste vorhin eine Zigarette angeboten, deutete nun abermals auf das auf dem Tische liegende Etui und sagte:

„Bitte, bedienen Sie sich doch. – Wem schreibt denn die öffentliche Meinung in Gwadar diesen Schiffsdiebstahl zu? Er muß doch von einer ganzen Bande verübt worden sein. – Der Fall erregt mein Interesse. Ich bedauere wirklich, mich damit nicht näher beschäftigen zu können. Wir wollen jedoch von hier aus für ein paar Tage ins Innere hinein und dann nach Passani zurück. Ich wollte nur Land und Leute etwas kennen lernen.“

Delboste erklärte, in Gwadar sei man allgemein der Ansicht, daß desertierte Matrosen die Viktoria entführt hätten. Dann fragte er, ob er uns nicht ein Glas Maskat-Wein anbieten dürfe; er habe noch zwei volle Flaschen bei sich.

Er ging und wollte die Flaschen holen. Als er kaum hinaus war, schlüpfte Tscho vom Nebenzimmer herein und flüsterte:

„Master Harst, bei diese Mann waren vor Stunde zwei braune Kerle, zwei Belutschen, aber nicht Nharui. Ganz heimlich sie kamen –“

Harst winkte. „Verschwinde und halte die Augen weiter offen –“

Tscho zog sich eilig ins Nebenzimmer zurück.

„Wir werden sehr vorsichtig sein müssen, mein Alter,“ sagte Harst leise.

Gleich darauf erschien Delboste mit den beiden Flaschen. – Harald hatte unsere Trinkbecher aus dem Koffer herausgenommen. Delboste schenkte uns ein. Er hatte ebenfalls einen Aluminiumbecher für sich mitgebracht.

Er trank uns zu und leerte den Becher mit einem langen Zug.

Ich hatte Harald unwillkürlich beobachtet. Doch auch er nahm einen kräftigen Schluck.

Delboste entkorkte die zweite Flasche. Er hatte bereits vier Becher hinuntergegossen. Die Flaschen waren kurzhalsig und dickbauchig und enthielten wohl gegen anderthalb Liter. Der Überzug aus Bastgeflecht war bunt gemustert und trug in roter Farbe den Namen der Weinfirma in Maskat.

Harst lehnte ab, noch mehr zu trinken. „Das Zeug ist mir zu stark,“ meinte er.

Delboste lachte. Er war schon etwas angezecht.

Nach einer halben Stunde gähnte Harald so häufig, daß der fragwürdige Herr den Wink verstand und sich wortreich verabschiedete.

„Schade, daß wir nicht zusammen nach Gwadar reiten können,“ sagte er. „Ich breche auf, sobald es hell wird. Es war mir ein Vergnügen, Ihre Gesellschaft ein paar Stunden genießen zu können.“

„Ja – und wir beide werden jetzt noch unsere heißen Köpfe im Freien etwas abkühlen müssen,“ meinte Harald und schüttelte Delboste die Hand.

Als wir nun allein waren, entnahm Harald unserer Reiseapotheke zwei Büchschen. Dann verließen wir das Rasthaus. Es war jetzt elf Uhr. Der Mond lugte bereits über die Anhöhen in das lange Tal hinein. Wir gingen der Küstenstraße zu.

„Wie schmeckte Dir der Wein?“ fragte Harald und faßte mich unter.

Mir waren die Füße plötzlich schwer wie Blei.

„Ich – ich werde müde,“ lallte ich mühsam.

„So – dann ist es höchste Zeit!“

Er zog mich in ein Gebüsch hinein. Dann gab er mir zwei Kügelchen aus der einen Büchse. Ich hatte sie kaum verschluckt, als mein Magen auch schon rebellisch wurde. Auch Harst hatte das Brechmittel genommen. – Als unsere Mägen nichts mehr bei sich hatten, mußte ich eine Tablette kauen und mit Speichel hinabwürgen. Harald tat das gleiche. Dann faßte er mich wieder unter.

„Nun zurück zum Rasthause, aber ganz langsam und schwerfällig,“ flüsterte er. „Dann werfen wir uns in Kleidern auf die Betten. – Der Schuft glaubte, mich mit seinen Flaschen täuschen zu können. Ein alter Zauberkünstlertrick, diese Flaschen mit zwei Abteilungen! Ich merkte, wie er stets die Flasche drehte, wenn er uns einschenkte. In unserem Wein war ein Schlafmittel. Nicht etwa Gift. Nein, dann hätte sich der Verdacht, uns vergiftet zu haben, doch sofort auf Delboste gelenkt. Er will uns nur zu einem endlos langen und festen Schlaf verhelfen. Nun, mein Bursche, Du irrst Dich! Wir werden Dir auf den Fersen bleiben!“

 

3. Kapitel.

Belutschen-Räuber.

Wir taumelten ins Haus, sanken dann auf unsere Betten. Die Petroleumlampe hatte Harst brennen lassen.

Meine Müdigkeit war wie weggezaubert. Ich hatte ja eine Kolatablette genommen. Und der Anreiz dieses Präparats wirkte.

Nach einer Weile kam Tscho auf allen Vieren ins Zimmer gekrochen.

Harald erhob sich, schritt unsicher zum Tische und löschte die Lampe aus. Dann setzte er sich auf den Rand meines Bettes.

Tscho war dicht vor uns.

„Der Kerl Ihnen nachgeschlichen sein,“ hauchte er. „Jetzt mit den zwei Belutschen in die Berge gegangen – sehr eilig –“

„Gut, Tscho, Du bist sehr brauchbar,“ lobte Harst. „Versuche, ob es Dir gelingt, dem Fuchs Delbostes einen Dorn in die Fußsehne zu stecken. Das Pferd muß lahmen.“

„Oh – sehr leicht das, Master Harst –“ – Er entfernte sich lautlos.

„Die Flasche mit den zwei Abteilungen beweist am besten, wie gut dieser Delboste für alle Eventualitäten gerüstet ist,“ flüsterte Harald.

„Allerdings. Und dieser Sadi Ahmed ist sicher ein gleichwertiger Schurke.“

„Ja – ein Schurke, der heute einen Mord begehen wollte! Bedenke, daß der alte Radrogar uns erzählte, Ahmed habe heute früh einen stundenlangen Ausflug in die Berge gemacht, um ein Bergschaf zu schießen. Das Schaf war aber der Weiße, dessen linken halben Arm wir jetzt haben. Ich bin fest davon überzeugt, daß nur Ahmed es gewesen ist, der den Mann mit den Brillantringen niederschoß. Eine Kugel traf den linken Arm und zerschmetterte als Querschläger die Knochen. Ahmed hat dann noch ein zweites Mal gefeuert und nachher angenommen, sein Opfer wäre tot. Dies war aber nicht der Fall. Nein, der Schwerverletzte hat noch so viel Kraft und Energie gehabt, sich den Arm abzuschneiden, der ihm nur hinderlich war. – Es ist so. Die Sehnen waren nicht durchgerissen, sondern durchgeschnitten. Er wird den Arm vorher über dem Gelenk abgebunden haben. Der grüne Brei auf dem Steine waren die zerkauten Blätter des Kreosotstrauches. Der Verwundete stellte sich so eine Wundsalbe her. Den Arm warf er weg und flüchtete, weil er wohl die Rückkehr des Mörders befürchtete.“

„Unmöglich!“ murmelte ich. „Der Mensch muß ja eine wahre Bärennatur –“

„– hat er auch! – Besinne Dich auf die weißen Fäden an der Stelle des Überfalls. Es waren Leinenfäden. Der Mann hat sein Hemd zerrissen und sich verbunden. – Alles stimmt. Auch die Zeit. Ahmed kehrte von seinem Jagdausflug eine Stunde vor uns hierher zurück.“

Jetzt war ich ebenfalls halb und halb überzeugt.

„Ich wette, dieser Mordversuch hängt ebenfalls mit dem Verschwinden der Viktoria zusammen,“ flüsterte Harst weiter. „Der Zettel im Tintenlöscher enthielt ja auch die Sätze:

Viel Neues. Nach acht Tagen bei V. treffen.

Dieses „Viel Neues“ kann sich auf den Mordanschlag beziehen, während „bei V. treffen“ heißen kann: „Bei der Viktoria“ – Vorher steht ja auch „und dann V. untersucht“. Und diese Worte deuten doch fraglos auf den Dampfer hin.“

Ich war jetzt völlig frisch. Mein Hirn arbeitete ganz exakt.

„Dann hätte also Ahmed vielleicht die Viktoria stehlen lassen,“ meinte ich.

„Ja, man muß es annehmen. Die Sache ist ja recht verwickelt, aber wir werden sie schon aufklären. Sobald Delboste bei Tagesanbruch weggeritten ist, werden wir uns entsprechend kostümieren und ihm folgen.“

Dann suchte Harald sein Lager wieder auf.

Gegen vier Uhr zeigte sich der erste Tagesschimmer. Inzwischen war Tscho wieder bei uns gewesen und hatte gemeldet, daß das Pferd nun ein Stück Dorn in der Fußsehne hätte und daß Jacques Delboste noch immer nicht zurückgekehrt sei. –

Um halb fünf hörten wir vor dem Hause Hufschläge. Delboste ritt davon. Sein Fuchs lahmte leicht. Der Polizeimeister rief ihm noch nach, er solle das Tier schonen. Delboste aber gab dem Gaul die Sporen und galoppierte der Küstenstraße zu.

Wir weihten nun Radrogar in alles ein. Wir konnten uns auf seine Verschwiegenheit verlassen. Er besorgte nun zwei Reitkamele und noch ein zweites Lastkamel. Wir nahmen nur das Notwendigste mit. Unsere Koffer ließen wir im Rasthause.

Außerhalb des Dorfes in einem Wäldchen verwandelten sich Harst und ich in dunkelbärtige Inder. Tscho mußte in dem Tragkorbe des einen Lasttieres Platz nehmen. So zogen wir beide hoch zu Kamel mit den beiden nur scheinbar bepackten Lastkamelen davon.

Unsere Zurüstungen hatten Delboste doch einen Vorsprung von fast einer Stunde gegeben. Aber sein Pferd lahmte und würde es ihm bald unmöglich machen, anders als im Schritt zu reiten.

Unsere vier Kamele schlugen ohne Widerstreben einen flotten Trab an. Wir kamen schnell vorwärts.

Wieder war eine Stunde vergangen. Die Straße schlängelte sich jetzt kanonartig zwischen hohen Bergen hindurch.

Plötzlich tauchten vor uns ein Dutzend Belutschen auf, wild und verwegen aussehende Kerle mit alten Steinschloßflinten. Wir waren gerade um eine Ecke gebogen und hatten die Kerle nun kaum fünf Schritt vor uns.

Im Nu hatten sie auf uns angelegt. Ein kleiner Halunke mit schwarzem Schnurrbart brüllte uns in unglaublichem Englisch zu:

„Nicht rühren! Wir schießen! Steigt ab!“

Harald ließ sein Tier niederknien. Die Belutschen, offenbar Räuber (die in diesem Lande nicht selten sind), rückten näher.

Auch ich stieg ab. Im Augenblick waren uns die Hände auf den Rücken gebunden. Dann trat ein Kerl auf uns zu, in dem ich jetzt erst unseren Weinspender Jacques Delboste erkannte. In seinem Belutschenkostüm wirkte er ziemlich echt.

Mit rohem Griff riß er uns die falschen Bärte ab. Sein Gesicht leuchtete vor Hohn.

„Master Harst, Sie hätten meinen Fuchs nicht in die Ferse stechen sollen! Nun – steche ich Sie zur Vergeltung! Meine Leibgarde hier hatte ich in der verflossenen Nacht schnell gesammelt. Daß Sie beide nach Gwadar reiten würden, war mir klar. Allerdings habe ich erst mit Ihrem späteren Erscheinen hier gerechnet.“

Harst lachte ihm ins Gesicht. „Und ich ahnte, daß es so kommen würde. Sie waren ja die halbe Nacht über unterwegs. Das konnte nur eine Falle für uns bedeuten. Allerdings rechnete ich halb und halb darauf, daß Ihre Leibgarde uns in diesen Kostümen passieren lassen würde.“

Das eine der Lastkamele hatte plötzlich wie aus eigenem Antriebe kehrt gemacht und raste davon. Die Belutschen rannten ein Stück hinterdrein, kamen aber bald zurück. Es war dasjenige Tier, in dessen Korbe Tscho steckte.

Delboste befahl zwei Belutschen, mit Hilfe unserer Reitkamele das Lasttier einzufangen. Die beiden Kerle waren bereits nach zehn Minuten wieder bei uns. Der eine führte den Ausreißer am Zügel. Sie untersuchten jetzt die Tragkörbe. Aber Tscho hatte sich natürlich inzwischen aus dem Staube gemacht. Daß er in dem einen Korbe verborgen gewesen war, ahnten weder Delboste noch die Belutschen.

Der Banditentrupp, der auf der Straße nach beiden Seiten hin je zwei Leute als Späher ausgestellt gehabt hatte, um vor jeder Überraschung sicher zu sein, wurde jetzt von einem dieser Posten gewarnt und verließ durch eine enge Schlucht den Kanon. – Wir beide mußten zu Fuß gehen. Die Kletterei war stellenweise recht gefährlich. Nach dreistündigem Marsche gelangten wir in ein tiefes Tal, in dem eine uralte Belutschenburg neben den Resten eines Dorfes lag. – Diese Felsenkastelle sind für Belutschistan charakteristisch. Sie lehnen sich meist an eine schroffe Felswand an und springen halbkreisförmig vor. Das auf Steinsäulen ruhende Dach hatte hier die Form eines halben Kegels und bestand aus roh behauenen Pistazienstämmen, über die Lehm gebreitet war. In den noch weichen Lehm waren dünne Steinplatten gedrückt worden, die nachher dann wie eingemauert festsaßen.

Die gekrümmte Steinwand der Burg, mit vielen Schießscharten versehen, hatte einen schmalen, niederen Eingang, der durch eine Balkentür verschlossen werden konnte. Im Innern gab es drei Stockwerke bis oben zur Dachspitze hinan und eine ganze Menge von Räumen, die durch Lehmwände abgeteilt waren.

Wir wurden über drei Leitern in das oberste, recht große Gelaß geführt. Im Dache gab es hier zwei Löcher, die genügend Licht hindurch ließen. Außer ein paar Bündeln Maisstroh war der Raum leer.

 

4. Kapitel.

Harst dreht den Spieß um.

Drei Leute der Leibgarde Jacques Delbostes fesselten uns jetzt auch die Füße und entleerten unsere Taschen. Über unsere Clementpistolen freuten sie sich am meisten.

Einer der Kerle deutete dann auf die Strohschütten, worauf sie alle drei abzogen. Die Leiter, die durch ein quadratisches Loch im Fußboden hindurchreichte, nahmen sie weg.

Wir hüpften wie die Frösche zu den Maisstrohbündeln und setzten uns.

„Na?!“ meinte Harald dann. „Wie behagt Dir dieses Abenteuer, mein Alter?“

„Bis jetzt ist es ziemlich harmlos.“

„Ja – und die ganze Geschichte leider sehr unklar. Wir haben diesmal noch sehr viel Punkte aufzuklären. Zunächst: wer war der Weiße, den Ahmed ermorden wollte? – Dann: weshalb wollte er ihn beseitigen? – Ferner: wo ist der Schwerverwundete, der sich selbst den Arm amputierte, geblieben? – In welchem Verhältnis stehen Ahmed und Delboste zueinander? Weshalb ließen sie den Dampfer Viktoria stehlen? Wo ist der Dampfer geblieben? – und so weiter. – Ich gebe zu, der Fall ist noch so dunkel, wie es selten einer war, den wir schon einen Tag in Behandlung hatten.“

„Allerdings. Und – was wird aus uns?“

„Warten wir ab. Tscho hat sich bei dem Überfall sehr klug verhalten.“ Harst flüsterte jetzt nur. „Sollte er in der kommenden Nacht nichts zu unserer Befreiung unternehmen, dann müssen wir selbst zusehen, wie wir –“

Ein Geräusch an der Fußbodenöffnung ließ ihn schweigen. – Wir sahen, daß die Leiter angelehnt wurde. Dann erschien Jacques Delboste mit einem länglichen, in Leinwand gehüllten Gegenstand unter dem Arme. In der Rechten hatte er einen gespannten Revolver. Bevor [er][6] uns sich näherte, musterte er uns sehr argwöhnisch, legte auf uns an und sagte drohend:

„Rühren Sie sich nicht! Sie sind durchschaut! Es ist Schwindel, daß Sie Harst und Schraut heißen!“

Dann entfernte er die Leinwand, und es kam – der Unterarm jenes unbekannten Europäers zum Vorschein.

„Da – Sie haben diesen Mann ermordet!“ brüllte er uns an. „Nur deshalb ließ ich Sie beide auch gefangen nehmen!“

„Was Sie sagen!“ meinte Harst ironisch. „Mit einem Male sind wir Mörder?! – Nun gut – nur weiter!“

„Ich habe diesen menschlichen Arm in dem Korbe des einen Lastkamels gefunden,“ brüllte Delboste wieder, der bei Harsts Worten doch etwas verlegen geworden war. „Ich kenne den Mann, dem dieser Arm gehörte. Es ist mein Chef Master Albert Smith aus Maskat. Sie wissen wohl, daß Gwadar zum Sultanat Oman gehört und eine eigene Gerichtsbarkeit besitzt. Sie werden in Gwadar wegen Mordes – wegen Raubmordes abgeurteilt werden. Sie haben die Leiche Mr. Smith’ ausgeplündert. Er trug sehr wertvolle Ringe. Diese fehlen hier an dieser linken Hand. – Da, sehen Sie diese Narbe auf dem Handrücken! Daran habe ich erkannt, daß es sich um Smith handelt.“

Er blickte uns prüfend an, um den Eindruck dieser Drohungen auf uns festzustellen.

Harald zuckte nur die Achseln und schwieg.

„So – Sie haben also gar nichts zu Ihrer Verteidigung anzuführen?“ meinte er nach einer Weile merklich unsicher. „Sie sind ja zwei ganz hartgesottene Schurken! Der Arm genügt vollauf zu Ihrer Überführung, und der Richter in Gwadar wird mit Ihnen kurzen Prozeß machen.“

„Davon bin ich überzeugt,“ nickte Harald ernst.

Delboste war verblüfft und verwirrt. Er schaute zu Boden. – Eine Weile nichts. Dann sagte er leise:

„Hm – ich würde Sie vielleicht auch schonen, wenn Sie – etwas springen ließen, Master Harst. Sie haben da ein Scheckbuch der India-Bank in Bombay unter Ihren Sachen. Wenn Sie mir –“

Haralds kurzes Auflachen schnitt ihm den Satz entzwei. „Delboste, Sie sind ein kompletter Narr!“ sagte Harst kalt.

Der Erpresser errötete vor Wut und zischte:

„Ich werde Sie beide erschießen lassen –“

„Sie werden sich hüten, Delboste. Sie wissen, daß wir unseren chinesischen Diener in dem Dorfe bei Polizeimeister Radrogar mit unseren Koffern zurückgelassen haben. Tscho ist in alles eingeweiht. Die englische Polizei würde Ihnen bald auf den Fersen sein.“

Delboste stampfte mit dem Fuße auf. Man sah ihm an, daß er vor Wut förmlich kochte. Er wagte sich aber nicht an uns heran. Er hatte Angst – auch das las ich aus seinem Gesicht heraus.

„Hören Sie mal, wir wollen vernünftig miteinander reden, Jacques Delboste,“ fuhr Harald gemütlich fort. „Sie haben sich da mit Sadi Ahmed auf eine oberfaule Geschichte eingelassen, was den Dampfer betrifft.“

Delbostes Kopf flog hoch. „Was – was wissen Sie davon?“ entfuhr es ihm.

„Nehmen Sie uns zunächst die Fesseln ab, rate ich Ihnen. Wir versprechen, nicht zu fliehen, so lange wir uns mit Ihnen nicht geeinigt haben.“

Delboste zögerte noch. Dann knüpfte er die Knoten der Riemen auf, zog die Leiter empor und meinte:

„Es ist besser, die Belutschen bleiben im unklaren über das, was hier vorgeht.“

„So, nun beichten Sie, Delboste,“ sagte Harst. „Weshalb wurde der Dampfer gestohlen?“

Delboste kämpfte mit sich. „Sie werden ja doch dahinter kommen,“ brummte er dann. „Und Ahmed hat mich miserabel genug bezahlt. Werden Sie mich aber auch laufen lassen, Master Harst?“

„Wenn Sie nicht gerade einen Mord auf dem Gewissen haben – ja!“

Delboste schob den Revolver in die Tasche. Dann seufzte er erst und begann seine Lebensgeschichte zu erzählen. – Er stammte aus einer angesehenen Familie, die sich aber bald seines Leichtsinns wegen von ihm lossagte. Nach vielen Irrfahrten fand er eine Anstellung bei Smith & Walker in Maskat. Das war vor drei Jahren. Er hatte dann hauptsächlich Persien und nur den Südwestzipfel von Belutschistan für die Firma bereist. In Gwadar lernte er sein Verhängnis, den Kaufmann und Reeder Sadi Ahmed, einen Mischling, kennen. Ahmed bestach ihn, und Delboste war gewissenlos genug, auf seinen Geschäftsreisen gleichzeitig für Ahmed tätig zu sein. Dieser hatte mit seinen Küstendampfern bisher ausschließlich den Frachtverkehr zwischen Maskat, Gwadar und anderen benachbarten Häfen in Händen gehabt. Da beschloß die Firma Smith & Walker, mit einem großen, schnellen Dampfer, der Viktoria, ihm Konkurrenz zu machen. Ahmed veranlaßte Delboste, scheinbar auf Urlaub zu gehen. Delboste erhielt von dem ebenso gewissenlosen Reeder 1000 englische Pfund dafür, daß er heimlich in Maskat die Viktoria kurz vor der Abfahrt durch Lossprengen einiger Bodenplatten leck machte. Die Viktoria erreichte denn auch nur mit knapper Not halb vollgelaufen Gwadar. Ein großer Teil der Fracht war durch das Seewasser verdorben. In Gwadar wurde sie ausgepumpt und das Leck provisorisch abgedichtet. Ahmed hatte bereits zehn von seinen Leuten, die ihm blindlings folgten, bei der Hand, ließ in jener Gewitternacht die beiden auf der Viktoria befindlichen Wachen überwältigen und den Dampfer durch ein Motorboot aus dem Hafen schleppen. Die Wachen fand man am Morgen gefesselt in einer Bretterbude der Werft auf. Wo der Dampfer geblieben, wußte Delboste nicht. –

Als Jacques Delboste nun mit dieser Schilderung, die durchaus den Stempel der Wahrheit trug, fertig war, fragte Harald ihn scharf anblickend:

„Was taten Sie jetzt hier in Belutschistan?“

„Ich hatte meine Geschäftstour zum ersten Male weiter östlich ausgedehnt. Ahmed wollte mit mir in dem Dorfe dort gestern zusammentreffen. Was er vorhatte, weiß ich nicht. Das ist die Wahrheit.“

„Ließ er für Sie denn keine Nachricht zurück?“

Ich war auf die Antwort sehr gespannt. Jetzt mußte sich ja zeigen, ob Delboste aufrichtig war. Verschwieg er den Tintenlöscher, dann durfte man ihm nicht trauen.

Aber – er war aufrichtig.

„Gut – Sie brauchen nichts mehr zu sagen,“ unterbrach Harald ihn sehr bald. „Ich habe den Zettel in dem Griffknopf nämlich gefunden, Delboste. – Eine andere Frage. – Was bedeuten die Worte: „Nach acht Tagen bei V. treffen“? – Soll „V“ gleich Viktoria sein?“

„Ja und nein, Master Harst. Ahmed und ich vermeiden es stets, uns zusammen zu zeigen. Wir verkehren nur heimlich. In Gwadar gibt es eine Hafenkneipe, die „Zur Königin Viktoria“ heißt. Dort in einem Hinterzimmer pflegt Ahmed mir – wir verkleiden uns dann sorgfältig – die neuen Befehle zu erteilen. Ich bin ja ganz in seiner Hand. Ihm kann niemand etwas anhaben. Er ist sehr reich, und die Richter in Gwadar, alles Farbige aus Oman, sind seine Freunde.“

Harald dachte einen Augenblick nach. „Delboste,“ sagte er dann, „wo bekamen Sie so schnell die Belutschen für den Überfall auf[7] uns her?“

„Ahmed hat im Dorfe dort zwei Vertraute. Diese machten mich mit einer Bande Räuber bekannt, die hier in diesem Tale ihren Schlupfwinkel haben.“

„Ich sehe, Sie sind ehrlich. Daher sei Ihnen auch die Geschichte mit dem Maskat-Wein verziehen.“ – Er gab ihm noch einige Verhaltungsmaßregeln, die Delboste genau zu befolgen versprach. Außerdem wollte Harald ihm auch einen Scheck über 500 Pfund für die India-Bank in Bombay ausstellen, damit Delboste anderswo ein neues Leben beginnen könne. – Delboste war jetzt völlig verwandelt, drückte Harald in ehrlicher Dankbarkeit die Hand und verließ uns dann.

 

5. Kapitel.

Master Albert Smith.

Bei Anbruch der Dunkelheit – Delboste hatte uns zum Schein wieder fesseln müssen – erschien ein Belutsche und brachte uns gebratenes Hammelfleisch, Hirsebrot und frische Ziegenmilch. Er nahm uns die Riemen von den Händen ab, damit wir essen könnten. Zum Glück merkte er nicht, daß die Riemen nur allzu lose gesessen hatten. Nachher fesselte er uns wieder. – Es wurde dunkler und dunkler.

Ich war auf dem Maisstroh eingenickt. Plötzlich rüttelte mich jemand. Als ich die Augen aufschlug, schloß ich sie sofort wieder. Der blendend weiße Schein einer Taschenlampe lag auf meinem Gesicht. Ich fühlte, daß mir die Fesseln abgenommen wurden, hörte auch Haralds Stimme:

„Werde munter, mein Alter! Tscho ist da!“

Ich richtete mich vollends auf.

„Wir müssen uns beeilen,“ fügte Harald hinzu. „Die Sache steht hier ziemlich faul. Delboste war für einen Augenblick vorhin hier und hat uns unsere Sachen gebracht. Er fürchtet, die Belutschen haben Verdacht geschöpft. Nach unten durch den Eingang hätten wir nicht fliehen können. Zum Glück ist unser Tscho noch zur rechten Zeit erschienen.“

Harald reichte mir meine Pistole und alles andere, was ich bei mir getragen hatte.

Dann kletterte Tscho uns voraus an dem Strick in die Höhe, der durch das eine Dachloch herabhing.

„Wirst Du es schaffen, mein Alter?“ fragte Harst besorgt und schaute empor zu der schmalen Öffnung und dann auf mein Bäuchlein. – Ich nickte nur. Und – es ging auch leidlich, weil Harst von unten nachhalf. Ich zwängte mich durch das Loch. Tscho reichte mir die Hand und zog mich bis dicht an die steile Felswand heran, an die das Felsenkastell sich anlehnte. Auch Harst gelangte wohlbehalten nach oben. Vom Rande der etwa acht Meter hohen Steilwand hing ein zweites Tau herab. Tscho gab es mir in die Hände. In demselben Moment verlor ich jedoch auf dem abschüssigen Dach das Gleichgewicht. Nur meine Finger berührten das Tau. Ich kollerte abwärts – immer schneller, sauste dann in die Tiefe und – landete gerade zwischen zwei Kamelen, die sich dicht nebeneinander niedergetan hatten.

Ein paar Minuten lag ich regungslos, bis das eine Tier nach meinem Stiefel schnappte. Der Schmerz rüttelte mich auf. Ich krabbelte hoch. Ich glaubte es kaum! Und doch – ich hatte mich bei diesem Absturz in keiner Weise verletzt. – Schleunigst duckte ich mich im Schatten der Mauer zusammen. Ich wußte ja, daß Harald mich wieder heraufholen würde.

Ringsum tiefste Dunkelheit. Der Himmel war leicht bewölkt. – Nach etwa fünf Minuten rollte ein Tau herab. Dann kletterten zwei flinke Gestalten nach unten. – Harald klopfte mir auf die Schulter. „Gut, daß es so kam,“ flüsterte er. „Wir werden die Kamele nehmen und sind dann schneller in Gwadar.“

Er schlich davon. Nachher erzählte er mir, daß er auf der Schwelle des Kastells einen Wächter in der offenen Tür angetroffen und den Burschen durch einen Schläfenhieb betäubt hatte.

Tscho und ich hörten plötzlich im Innern des Kastells Schüsse. Gleich darauf kamen Harald und Delboste herbeigestürmt, jeder mit zwei Kamelsätteln und Zäumen beladen.

Im Nu hatten wir vier Kamelen die Zäume übergestreift und zogen die Tiere nach dem Ausgange des Tales hin. Hinter uns lohten Fackeln auf. Die Belutschen feuerten aus Wut blindlings in die Dunkelheit hinein.

Wir sattelten die Kamele, stiegen auf und ritten nach Süden zu. Eine Stunde darauf wurde es hell. Als wir die Straße nach Gwadar erreicht hatten, trennte sich Delboste von uns, nachdem Harald ihm den Scheck und auch einiges Bargeld gegeben hatte. Delboste floß vor Dank förmlich über.

„Werden Sie ehrlich, Mann!“ sagte Harst nur.

Dann trabten wir drei in entgegengesetzter Richtung davon. – Gegen acht Uhr morgens machten wir kurze Rast, wobei Tscho uns mit Hilfe von Kukissa-Saft Gesichter und Hände noch dunkler färbte, damit wir als Inder ganz echt wirkten.

Mittags waren wir in Gwadar. – Ich muß hier einflechten, daß das unabhängige Sultanat Oman an der Südostspitze Arabiens (zu dem auch als Exklave, als „Außerlandesbesitz“, Gwadar gehört) völlig unter englischem Einfluß steht. Harst ritt daher direkt nach dem englischen Konsulat. Tscho blieb draußen auf der Straße bei den Tieren.

Der Pförtner trug dann den deutsch geschriebenen Zettel dem Konsul Mr. Gesport hinein, den Harst ihm gegeben hatte, damit wir auch unverzüglich vorgelassen würden. Auf dem Zettel hatte nur gestanden: „Zwei Deutsche bitten in der Viktoria-Angelegenheit sofort um Gehör.“ – Der Pförtner kam sehr bald zurück und führte uns in ein elegant möbliertes Herrenzimmer, wo Mr. Gesport an seinem Schreibtisch lehnte und uns verwundert und mißtrauisch fixierte.

Als der Pförtner hinausgegangen war, verbeugte Harst sich nochmals und sagte:

„Sie gestatten: mein Name ist Harald Harst.“

Der Konsul trat verblüfft einen Schritt vor.

„Wirklich – Sie sind Master Harst? – Ja – es wird schon so sein. Ich weiß, Sie waren letztens in Passani.“

Er schüttelte uns die Hand. „Ich freue mich sehr, Sie kennen zu lernen, meine Herren. – Bitte nehmen Sie Platz –“

Harst berichtete nun kurz unsere Erlebnisse.

„Die kleine Eigenmächtigkeit, daß ich Delboste laufen ließ, muß man mir schon nachsehen,“ meinte er zum Schluß.

Mr. Gesport nickte. „Aber gewiß, Master Harst. Die Hauptsache bleibt ja, daß wir diesen Schurken von Ahmed endlich beim Wickel nehmen können. – Bitte, kommen Sie jetzt mit, meine Herren. Auch ich habe eine Überraschung für Sie!“

Er führte uns in ein anderes Zimmer, in dem es scharf nach Jodoform roch. In einem eisernen Bett lag ein Weißer mit blondem Bart.

„Master Smith,“ sagte Gesport lächelnd. „Hier bringe ich Ihnen zwei Herren, die Ihnen einiges zu erzählen haben, nämlich den deutschen Liebhaberdetektiv Harst und seinen Freund Schraut.“

Der Mann im Bett hatte nur einen halben linken Arm. Der Stumpf war verbunden. –

Harald wiederholte seinen Bericht.

Smith, ein wahrer Hüne, meinte dann befriedigt:

„So, also der Ahmed steckt dahinter. Dann habe ich Delboste insofern doch unrecht getan, als ich ihn für den Menschen hielt, der mich hinterrücks an der Straße nach Gwadar niederschoß. – Ich will Ihnen das genauer schildern, Master Harst. Mein Kompagnon Walker und ich hatten längst Verdacht gegen Delboste geschöpft. Er gab zu viel Geld aus. Wir wollten ihn heimlich beobachten. Als er zu seiner letzten Geschäftstour aufbrach, blieb ich stets hinter ihm. In der Nähe jenes Dorfes, wo der alte Radrogar Polizeimeister ist, verletzte sich mein Pferd die eine Hinterfessel. Ich führte es von der Straße weg bis in jenes Wäldchen. Dort habe ich zwei Nächte im Freien zugebracht. Am dritten Morgen wollte ich nach Gwadar zurück. Plötzlich fiel ein Schuß, und eine Kugel zerschmetterte mir den Unterarm. Gleich darauf erhielt ich eine zweite Kugel in die Herzgegend und sank ohnmächtig um. Als ich wieder zu mir kam, stellte ich fest, daß die Kugel nur meine Uhr getroffen hatte. Der Stoß war aber so stark gewesen, daß ich das Bewußtsein verloren hatte. Ich schnitt den zerfetzten Unterarm ab, stellte einen Verband her und ritt, dauernd gegen eine Ohnmacht ankämpfend, hier nach Gwadar zu meinem Freunde Gesport. Ich war bisher fest überzeugt, daß Delboste auf mich geschossen hätte.“

„Nein – es kann nur Sadi Ahmed gewesen sein,“ meinte Harald. „Er wird Ihnen genau so gefolgt sein, wie Sie hinter Delboste her waren. Er wollte Sie beseitigen, weil er merkte, daß Sie seinem Verbündeten nachspionierten.“ –

Der Konsul betrieb dann sofort die Verhaftung Ahmeds. Dieser hatte sich jedoch bereits in Sicherheit gebracht und, wie die Untersuchung ergab, einen großen Teil seines Barvermögens mitgenommen. Auch die weiteren Nachforschungen nach ihm und dem Verbleib des Dampfers Viktoria hatten zunächst keinen Erfolg.

Unser braver Tscho war erst sehr geknickt, als er nun die Ringe Master Smiths wieder herausgeben mußte. Smith zeigte sich aber freigebig und schenkte Tscho eine Summe, die diesen völlig tröstete. – Durch Harsts Fürsprache erhielt dann auch der alte Radrogar seine Stelle als Hafenmeister in Gwadar zurück. –

Das Geheimnis des weißen Armes war nun aufgeklärt. Der Tintenlöscher Sadi Ahmeds hatte mehr verraten, als es eine solche Schreibtischzierde sonst zu tun pflegt. – Aber – diese unsere Abenteuer in Belutschistan hatten noch eine Fortsetzung, die nicht minder spannend ist als die Geschichte des Tintenlöschers. Man kann diese Fortsetzung getrost als „Seespuk“ bezeichnen, wie der Leser sofort sehen wird.

 

 

Das Geheimnis des Wracks.

 

1. Kapitel.

Die Weintrauben.

Der Konsul Mr. Gesport hatte uns in seinem außerhalb der Stadt liegenden Bungalow drei Zimmer und zwei Diener zur Verfügung gestellt. Er selbst benutzte den Bungalow nur selten und wohnte zumeist im Konsulatsgebäude in Gwadar. Wir waren also in dem behaglichen Hause und in dem großen, prächtigen Garten ganz unsere eigenen Herren. Tscho „bekochte“ uns tadellos. Drei Tage lang taten wir nichts, ruhten uns von den Strapazen der letzten Zeit aus und machten nur kurze Spaziergänge in die Stadt und die nähere Umgebung.

Bei diesen Spaziergängen und ebenso daheim entging es mir nicht, daß Harald eine gewisse Unruhe und eine mißtrauische Vorsicht zeigte, die er mir gegenüber freilich abzuleugnen suchte.

Ich habe bereits am Schluß des vorigen Abenteuers erwähnt, daß die Nachforschungen nach Sadi Ahmed genau so ergebnislos blieben, wie die nach dem Dampfer Viktoria. – Mr. Kromer, der Polizeichef in Gwadar, ein Engländer von liebenswürdigstem Wesen, gab sich die größte Mühe, festzustellen, wer Ahmed gewarnt und zur Flucht veranlaßt haben könnte.

Mr. Gesport und der Polizeichef deuteten uns gegenüber häufiger an, daß es ihnen angenehm sein würde, wenn Harald sich um den Verbleib Ahmeds etwas kümmern würde. Auch Albert Smith, der nur leichtes Wundfieber hatte, machte ähnliche Bemerkungen.

Harst jedoch tat, als hätte er jedes Interesse für den Fall „Viktoria“ verloren.

So gingen drei Tage hin.

Am vierten Tage saßen wir morgens sieben Uhr auf der Veranda des Bungalows beim Frühstück.

Mit einem Male sagte Harald, indem er sich ein Röstschnittchen mit persischem Schafkäse belegte:

„Nicht wahr, Ahmed verhält sich merkwürdig ruhig?“

„Wie meinst Du das?“ fragte ich.

Er faßte in die Tasche und legte ein rundes, flaches Stück Glas vor mich hin.

Es war eine konkav geschliffene Linse von etwa fünf Zentimeter Durchmesser.

„Halte sie gegen das Licht,“ meinte Harald.

So bemerkte ich denn folgende Worte in englischer Sprache sauber mit einem Diamanten eingeritzt:

„Sollten Sie mir nachstellen, schone ich Sie nicht.“

Ich blickte Harst unsicher an. Dann besann ich mich, daß er gleich am ersten Tage unserer Anwesenheit hier in Gwadar gegen Abend vor der Gartenpforte des Bungalows etwas aufgehoben hatte, ohne daß ich damals weiter darauf achtete, weil ich mich mit Tscho unterhalten hatte.

Als ich nun fragte, ob er damals diese Linse dort gefunden hätte, nickte er.

„Allerdings. – Doch „gefunden“ trifft nicht ganz zu, mein Alter. Es kam ein Reiter vorüber, der die Linse fallen ließ und dann im Galopp weiter jagte. Es schien ein Belutsche zu sein.“

„Jedenfalls also eine Drohung Ahmeds.“

„Gewiß. Aber auf diese Drohung ist nichts erfolgt.“

„Weil wir uns eben um Ahmed nicht mehr gekümmert haben,“ meinte ich. „Nun verstehe ich auch, weshalb Du immer so mißtrauisch und vorsichtig warst.“

„Nein, Du verstehst es nicht,“ sagte er ruhig, schob die Tasse beiseite und steckte sich eine Mirakulum an. „Ich habe mich nämlich um Ahmed „gekümmert“ und ich wundere mich, daß er bisher nichts unternommen hat.“

„Wie, Du hättest –“

„– ja, ich war gleich in der ersten Nacht hier unterwegs, lieber Alter,“ fiel er mir ins Wort. „Unsere Schlafzimmer sind durch den Salon getrennt. Du konntest nicht ahnen, daß ich mich als grogfester, ziemlich abgerissener Matrose in die Hafenkneipe Zur Königin Viktoria begeben hatte, die uns Delboste ja als den Ort seiner geheimen Zusammenkünfte mit Ahmed genannt hatte. Ich habe dort so manches erfahren und festgestellt. Auch vorgestern und gestern war ich nachts für einige Stunden dort.“

„Unglaublich!“ rief ich. „Und das nennst Du Freundschaft?! Ich schlafe mir hier in aller Seelenruhe ein paar Pfund Fett an, und Du – Du –“

Er legte mir schnell die Hand auf den Arm.

„Zwei Matrosen wären noch mehr aufgefallen als einer, den niemand kennt,“ sagte er beschwichtigend. „Gwadar ist nur ein elendes Nest. Der blonde Schotte, dem die Kneipe gehört, zeigte für meine Person eine recht verdächtige Teilnahme, und als ich in der verflossenen Nacht heimkehrte, schlichen mir drei Kerle nach, die ich jedoch glücklich versetzte.“

„Was hast Du denn dort erfahren?“ fragte ich schnell versöhnt.

„In der ersten Nacht nur das eine, daß damals, als der Dampfer gestohlen wurde, Nordoststurm herrschte und daß bei dieser Windrichtung sich im Golf von Oman eine Strömung bildet, die merkwürdigerweise plötzlich scharf nach Nordwest abbiegt und noch tagelang nach einem solchen Sturm vorhanden sein soll.“ –

Ich möchte hier bemerken, daß der Meeresteil zwischen Gwadar und Maskat, also zwischen West-Belutschistan und Oman den Namen Golf von Oman führt. –

„Ist diese Strömung denn wichtig?“ meinte ich.

„Vielleicht. – In der nächsten Nacht bestätigten mir ein paar Hafenarbeiter – dies hat Kromer ja bereits festgestellt, – daß von den zehn Leuten, durch die Ahmed den Dampfer entführen ließ, nicht ein einziger wieder aufgetaucht ist. Unter diesen Leuten befanden sich mehrere, die bei dem Schotten O’Brien Stammgäste waren und ihm noch Geld schuldeten, übrigens alles Farbige. – Außerdem habe ich in jener Nacht mir auch die Kneipe heimlich ganz genau in allen Teilen angesehen. Im Oberstock gibt es sechs Fremdenstuben. Und auf dem Boden fand ich hinter Kisten und Gerümpel die Tür zu einer kleinen Kammer, in der mancherlei lag, was darauf hindeutete, daß der Raum vor kurzem einen Bewohner gehabt hatte. Ich denke, dort wird Ahmed seinen Schlupfwinkel gehabt haben, denn es gab da auch ein altes, verbeultes Messingfernrohr, aus dem die größte Linse entfernt war.“

„Ah – also diese Linse hier!“

„Fraglos. Der Durchmesser stimmt genau. – Gestern oder besser heute nacht hat O’Brien mir dann eine so verdächtige Aufmerksamkeit geschenkt, daß ich allen Grund habe, anzunehmen, er weiß jetzt, wer der rotnasige Matrose ist. Er wird es wohl auch schon früher geahnt haben. Und doch: Ahmed hat nichts gegen uns unternommen! Dabei steckt er doch mit dem Schotten ohne Zweifel unter einer Decke und dürfte nur deshalb seinen Schlupfwinkel geräumt haben, weil O’Brien ihn vor dem neuen Gast gewarnt hat.“

„Du bist also überzeugt, Ahmed hält sich noch immer verkleidet in Gwadar auf?“

„Ja. Auf’s Verkleiden versteht er sich ja. Delboste sagte uns, sie seien in der Kneipe stets nur in Maske zusammengetroffen.“

„Allerdings. Das erwähnte er. – Und nun?!“

„Hm, mein Alter, – nun warte ich darauf, daß Ahmed sich meldet! – Du verstehst: Attentat und so –! Um die Drohung auf der Glaslinse wahr zu machen.“

„Wäre es nicht besser, in anderer Maske die Kneipe und O’Brien zu beobachten? Kämen wir so nicht sicherer zum Ziel?“

Ein leises Lächeln flog über Haralds Gesicht.

„Bitte, geh doch mal nach vorn an die Pforte, und Du wirst dort auf der anderen Straßenseite einen Bettler sitzen sehen, der erst seit gestern früh sich diesen Platz auserwählt hat. Der alte Kerl ist ein Perser und für einen Bettler viel zu dick. Außerdem ist noch ein zweiter Spion da, ein brauner, halbwüchsiger Bengel. Wenn Du ihn Dir anschauen willst, brauchst Du nur dort drüben das Gebüsch neben dem Springbrunnen zu durchsuchen. Aber laß es lieber. Die Herrschaften sollen glauben, wir seien auch fernerhin mit Blindheit geschlagen.“

„Wir stecken also bereits mitten in einer neuen Arbeit drin,“ meinte ich leicht erregt. „Ehrlich gesagt, Harald: diese Faulenzerei der letzten Tage war mir höchst verdächtig, genau so wie Deine mißtrauische Vorsicht.“

„Ja – vorsichtig mußte ich wohl sein. Dieser Ahmed ist kein zu verachtender Gegner.“

„Und Du rechnest mit einem Attentat?“

„Es wäre seltsam, wenn es nicht erfolgte.“

In demselben Augenblick betrat unser Tscho die Veranda.

„Ich gekauft haben Weintrauben, sehr sehr schöne,“ schnatterte er grinsend. „Da – es nicht geben wieder so herrliche Früchte. Waren nicht allzu teuer, Master Harst.“

Er hielt uns das Körbchen hin, in dem zwei wahre Riesentrauben dunkelblauen Weines lagen.

„Mein gelber Junge,“ meinte Harst, „wenn Du die Früchte nicht allzu teuer bezahlt hast, dann hat man sie Dir in Wahrheit halb geschenkt. Du bemogelst ja bei Einkäufen regelmäßig.“

Tscho grinste weiter. Plötzlich jedoch verzog er das Gesicht auf andere Art, stellte den Korb schnell hin und preßte beide Hände gegen den Leib.

„Meine Darm, meine Darm!“ winselte er kläglich. „Oh – meine Magen hat Feuer gefressen –“

Harst sprang auf und lief ins Haus, war im Nu mit ein paar Körnchen Brechweinstein wieder da und ließ Tscho dieses scharfe Mittel mit Kaffee hinunterspülen.

Tscho rann der Schweiß über das Gesicht. Seine Pupillen waren ganz winzig geworden.

„Du hast von den Trauben genascht?“ fragte Harald. „Lüge nicht! Es geht um Dein Leben!“

Tscho nickte, warf sich plötzlich lang hin und brüllte vor Schmerzen. – Zwei Stunden später war er außer Lebensgefahr. Er teilte uns dann mit, daß ein Früchtehändler zu ihm in die Küche gekommen sei und ihm die Trauben spottbillig abgelassen habe. Er hatte von den Trauben nur ganz wenig gegessen und war dann zu uns auf die Veranda gegangen. –

Harald flößte dann den Saft einiger Trauben einem Huhn ein, das nach kurzer Zeit krepierte. – Der Wein war vergiftet. Wir zerstampften ihn in der Küche und warfen ihn in den Abfalleimer.

„Der Kampf hat begonnen,“ meinte Harald, als wir wieder auf der Veranda saßen. „Jetzt kommt es darauf an, daß wir Gwadar ganz harmlos verlassen und auf einem anderen Wege verkleidet wieder zurückkehren.“

Er überlegte. – Und um ein Uhr mittags machten wir drei eine Segelpartie in den Golf von Oman hinaus. Konsul Gesport hatte uns seine kleine Jacht bereitwilligst zur Verfügung gestellt. Weshalb wir plötzlich die Lust verspürt hatten, einen halben Tag uns auf dem Wasser umherzutreiben, ahnte er nicht.

 

2. Kapitel.

Die schwimmende Tangwiese.

Tscho hatte einen Riesenkorb mit Proviant mitschleppen müssen. Ihm ging es schon wieder leidlich, und die Seeluft tat ihm gut. Unten im Korbe aber lagen unsere Requisiten für die neue Rolle, die wir in Gwadar spielen wollten. –

Die Jacht segelte bei der steifen Ostbrise famos. Harald steuerte direkt nach Süden.

Wir wollten, sobald wir außer Sicht des Landes waren, irgendwo im Westen von Gwadar in aller Stille landen, und Tscho sollte dann mit der Jacht allein nach Gwadar zurückkehren und Konsul Gesport melden, daß wir einem Küstensegler begegnet wären, mit dem wir für ein paar Tage Maskat besuchen wollten. Wir hofften, daß wir in unseren Inder-Kostümen in Gwadar nicht erkannt werden würden und daß wir[8] Ahmed sehr bald dort aufstöbern könnten. –

Alles kam jedoch anders, als wir es beabsichtigt hatten, – ganz anders!

Wir hatten gerade den Kurs geändert, als Tscho mit seinen vorzüglichen Augen ein kleines Fahrzeug entdeckte, das sehr schnell von Norden her, also aus der Richtung Gwadar, sich uns näherte.

Harald nahm sein Fernglas und sagte nach einer Weile:

„Es ist ein Motorkutter, der uns in einer Viertelstunde eingeholt haben wird. Jetzt sitzen wir gehörig in der Patsche!“

„Also ein Verfolger?!“ rief ich und sprang auf.

„Ja. Ich hätte daran denken müssen, daß O’Brien auf diese Weise uns abfangen konnte. Schade – nun wird es wohl ohne Blutvergießen nicht abgehen.“

Tscho hatte schon seinen langen Colt-Revolver in der Hand.

„Werden sich wundern, die Schufte!“ sagte er mit dem üblichen Grinsen. – Tscho war ein großer Gauner. Aber Mut hatte er.

Harald zuckte die Achseln. „Gelber Junge, die Schufte werden ebenfalls schießen. Und vielleicht beißen wir drei früher ins Gras, als –“

Er schwieg plötzlich.

Seine Augen ruhten auf einer kleinen Wiese treibenden Seetangs, die soeben vor uns aufgetaucht war.

Mit einem Male riß er das Steuer herum, und die Jacht schoß mitten in den schwimmenden Pflanzenteppich hinein.

„Tscho – drei Rettungsringe – schnell!“ rief er. „Wir tun klüger, ein paar Stunden im Wasser zuzubringen, als uns durch Kugeln ins Jenseits befördern zu lassen.“

Gleich darauf glitten wir in den Rettungsringen hängend ins Wasser hinab, arbeiteten uns durch die Pflanzen hindurch, schafften für die Jacht eine Lücke und erreichten so, daß sie mit festgebundenem Steuer vorläufig ihren alten Kurs fortsetzte.

Die kleine Tangwiese, in der wir nun steckten und deren grüngraue Pflanzen auch unsere Köpfe verbargen, wurde so unsere Retterin.

Der Motorkutter schoß etwa 800 Meter von uns knatternd vorüber der Jacht nach.

Harald machte sich jetzt den Kopf etwas frei und beobachtete, was weiter geschah.

Der Kutter hatte die Jacht eingeholt. Vier Leute sprangen an Bord der Jacht. Nach zehn Minuten begann diese zu sinken. Die Kerle hatten ein Leck in die Planken geschlagen. Dann begann der Motorkutter nach uns zu suchen. Zweimal kam er ganz nahe an uns heran. Daß wir unter dem grünen Teppich verborgen waren, ahnten die sechs braunen Kerle nicht, die wir auf dem Kutter zählten.

Das Motorboot verschwand erst nach zwei Stunden. Inzwischen waren wir mit einer Meeresströmung immer nach Westen getrieben. Das Wasser war warm. Haifische zeigten sich nicht. Wir hatten ja auch unsere Pistolen und Messer.

Drei Segelschiffe sichteten wir. Harst schwenkte auch seine Jacke. Wir wurden aber nicht bemerkt.

Allmählich ward unsere Lage doch recht ungemütlich. Wenn man in Rettungsringen hängt, kann man nur mit den Beinen Schwimmbewegungen machen. Und dabei ermüdet man schnell. Jedenfalls: wir kamen aus der Strömung nicht heraus! – Tscho war es, der hier für uns in Wahrheit zum Stein am Bein wurde. Sein Zustand hatte sich wieder verschlechtert. Selbst verschiedene Schlucke aus der Kognakflasche regten seine Lebensgeister nicht an. Er klagte nicht, aber man sah, wie matt und elend er sich fühlte. Ohne ihn hätten wir vielleicht die Strömung überwunden.

Es wurde langsam dunkel. Hunger und Durst meldeten sich. Für alle Fälle hatten wir drei Büchsen Fischkonserven aus der Jacht mitgenommen. Tscho aß nichts. Er antwortete kaum noch. Seine Zähne schlugen klappernd zusammen. Er hatte offenbar Fieber.

Harald band ihn jetzt mit Stücken unserer Hemden in dem Rettungsring fest.

„Mut, Tscho!“ munterte er ihn auf. „Wir werden von dieser Strömung auf die Mekara-Klippen zugetrieben. Vorgestern hatten wir kräftigen Sturm aus Nordost. Und in O’Briens Kneipe erzählten die Matrosen, daß diese Strömung auf die Mekara-Klippen zuläuft, wenn vorher Nordoststurm gewesen ist.“

Tscho erwiderte nichts.

Unsere drei Rettungsringe waren mit einer Leine zusammengeknotet. So schaukelten wir denn mit den mäßig hohen Wellen und der Strömung in die Nacht und ins Ungewisse hinein.

Auch ich begann zu frieren. Harald reichte mir die Kognakflasche.

„Trink’, wir beide müssen bei Kräften bleiben! – Es ist Tatsache: die Strömung biegt nachher auf jene Klippen zu! Also werden wir schon wieder Land unter die Füße bekommen, selbst wenn uns kein Schiff begegnet.“

Stunde auf Stunde verrann. Tscho war bewußtlos. Der Mond beleuchtete die endlose Wasserfläche. Die Wogenkämme bildeten leuchtende, sprühende Zacken.

Dann zog Gewölk auf. Der Mond verschwand. Unheimliche Finsternis lastete über der See.

Mir war alles längst völlig gleichgültig geworden. Auch Harald war verstummt. Der Wind legte sich mehr und mehr.

„Brandung!“ hörte ich Harsts Stimme plötzlich. „Eine Brandung! – Schraut – vorwärts! Jetzt gilt’s!“

Ich ermannte mich, hob den Kopf.

Ich vernahm ein schwaches Brausen. Es wirkte auf mich wie ein Lebenselixier. –

Und kaum eine Viertelstunde später wateten wir ein felsiges Ufer hinan, schleppten den bewußtlosen Tscho mit uns, sanken dann erschöpft zu Boden, lagen auf hartem Steingeröll und merkten es kaum. –

„Die Mekara-Klippen!“ sagte Harald nach einer Weile und holte tief Atem. „Sie können es nur sein. Die Seeleute in der Kneipe O’Briens hatten also recht: Nordoststurm erzeugt hier wirklich eine Strömung, die aus irgend welchen Ursachen später nach Nordwest abbiegt und durch diese Klippen hindurchgeht. Ich habe mir in Gesports Bungalow eine Seekarte der Nordküste des Golfes von Oman herausgesucht gehabt. Diese Mekara-Klippen, eigentlich sind’s ja alles kleine Felseilande, bedecken einen Raum von drei Quadratmeilen und bilden so etwa die Figur eines gleichseitigen Dreiecks, dessen Grundlinie parallel der Küste in etwa tausend Meter Entfernung verläuft und dessen Spitze also nach Süden zeigt. – Wollen jetzt aber zunächst uns mal mit Tscho beschäftigen. Der arme Kerl macht mir Sorge.“

Hin und wieder lugte der Mond zwischen den Wolken hindurch. Dann sahen wir so einiges von der Umgebung. Die Strömung hatte uns offenbar an der östlichen Außenseite der Felseneilande entlanggeführt, so daß wir uns nun auf einer der nördlichsten Klippen befanden.

Harald rieb Tscho die Schläfen mit Kognak ein, massierte ihn kräftig und erreichte auch, daß der Chinese wieder zu sich kam.

Tscho saß nun aufrecht da, mit dem Rücken gegen einen Felsblock gelehnt, und kaute widerwillig und nur auf Harsts energischen Befehl etwas von den Fischkonserven, trank auch kleine Schlucke Kognak.

Wir waren auf einer schmalen Landzunge aus der zum Glück nur schwachen Brandung an Land gestiegen und konnten von unserem jetzigen Lagerplatze aus sowohl nach dem Festlande als auch nach Osten und Westen die Umgebung überblicken, sobald der Mond genügend Licht spendete.

Soeben hatte eine größere Wolke den Mond wieder freigegeben. Ein großes Stück klaren Nachthimmels lag über uns.

Und dann geschah das Unerklärliche, das Unfaßbare.

Das dumpfe, schauerliche Tut – Tut – Tut eines Nebelhorns erklang. – Man wußte nicht recht, woher der Ton kam.

Dann schrie Tscho leise auf.

„Dort, Master Harst, – dort nach Westen zu!“

Vielleicht fünfhundert Meter von unserer Klippe entfernt, schob sich eine steile, hohe Felswand, oben vielfach von Riffen durchfurcht, in das Meer hinaus. Es war die Ostseite eines ungeheuren Steinblocks, der die anderen Klippen hoch überragend und umgeben von einem Kranz kleinerer Blöcke einsam und düster dalag.

Und diese Ostseite wurde nun vom Mondlicht voll getroffen, schimmerte matt-weiß in den Strahlen des Nachtgestirns.

Und am Fuße dieser Steilwand, geradezu grell leuchtend, sahen wir mit hochaufgerichtetem Bug das Wrack eines größeren Zweimasters mit zerfetzten Segeln halb im Wasser liegen.

Der Schiffsrumpf, die Masten, die Segel, – alles erstrahlte in einem weißlichen Licht und war doch wieder seltsam verschwommen.

Wir drei standen regungslos. Tscho hatte sich auf meinen Arm gestützt. Ich fühlte, daß er zitterte.

Dann sagte er mit bebender Stimme:

„Master – Master Harst – eine Gespensterwrack.“

Es gibt ja kaum ein abergläubischeres Volk als die Chinesen. Und Tscho war zudem noch Seemann, war bis vor kurzem Matrose auf einem Schoner gewesen! –

Eine neue Wolke verschluckte den Mond. Es wurde dunkel. Das Wrack verschwand, ebenso die ferne, steile Wand. Finsternis lastete wieder über dem Meere.

Nicht lange jedoch. Es wurde wieder hell. Das milde Mondlicht glänzte auf dem Wasser, kroch blitzschnell darüber hin, umhüllte die riesige Klippe aufs neue.

Wir schauten und schauten: von dem Wrack war nichts mehr zu sehen – nichts! Die Stelle, wo es gelegen hatte, war leer!

„Was bedeutet das?!“ rief ich erstaunt. „Harald, wie erklärst Du Dir –“

Er fiel mir ins Wort. „Tscho sagte ja schon: ein Gespensterwrack! Dem Dinge muß man –“

Er verstummte.

Über das Wasser kamen abermals die dumpfen Töne des Nebelhorns. –

Tscho setzte sich wieder auf einen Stein.

„Master Harst, hier nicht gut sein,“ flüsterte er. „Weg von hier – schnell, Master Harst!“

„Gut, einverstanden, mein gelber Junge,“ sagte Harald zerstreut und starrte noch immer nach der fernen Steilwand hinüber. „Besorge uns nur ein Boot, Tscho. Oder möchtest Du nochmals ins Wasser und zum Festland hinüberschwimmen?!“

Tscho schwieg.

„Es muß sehr bald hell werden,“ fuhr Harald fort. „Suchen wir uns ein Versteck. Die Sonne wird dann unsere Kleider trocknen.“

Ich hatte das Gefühl, daß Harst diesem Satz „Suchen wir uns ein Versteck“ eine ganz besondere Bedeutung durch die Art geben wollte, wie er das Wort „Versteck“ betonte.

„Du meinst, wir haben allen Grund, uns zu verbergen?“ fragte ich.

„Hm – glaubst Du denn, der Spuk da drüben ist nur ein fader Scherz?! – Gehen wir! Diese Klippe wird wohl irgendwo eine kleine Schlucht, eine Aushöhlung oder dergleichen haben, wo wir vor jedem Blick geschützt sind.“

Er faßte Tscho unter und half ihm, die Höhe der Felsen zu erklimmen. Ich ging hinterdrein und stützte Tscho, so gut ich konnte. Auf diese Weise bekamen wir den Chinesen, der noch immer recht schwach war, glücklich über das Felsgeröll hinweg in eine kesselartige Vertiefung hinein, wo Harst ihm dann aus trockenem Seetang ein Lager bereitete. Tscho schlief sehr bald. Als seine tiefen Atemzüge und einzelne rasselnde Schnarchtöne uns bewiesen, daß sein Zustand nicht weiter bedenklich war, sagte Harald zu mir:

„Ich werde nach einer natürlichen Zisterne suchen. Es muß sich irgendwo zwischen den Felsen Regenwasser angesammelt haben. Und Möweneier werde ich wohl auch finden. Ein paar Tage halten wir es hier schon aus. Reinige inzwischen unsere Pistolen und unsere Taschenlampen. Wir werden sie brauchen.“

Ehe ich noch etwas fragen konnte, war er verschwunden.

 

3. Kapitel.

Im Labyrinth der Mekara-Klippen.

Im Osten begann der Himmel sich zu lichten. Es wurde heller und heller.

Dann kehrte Harst zurück. In seiner Sportmütze schimmerten eine Menge Vogeleier, und die Kognakflasche hatte er mit Wasser gefüllt.

„So,“ meinte er. „Frühstücken wir. Es ist unsere erste Mahlzeit als Robinsons.“

Tscho schlief noch immer. Ich hatte inzwischen an der unserem Versteck am nächsten liegenden Uferseite eine Menge Seetang gesammelt, so daß auch wir weich und einigermaßen behaglich saßen.

Rohe Möweneier sind nicht gerade meine Schwärmerei. Aber der Hunger zeigte sich auch hier wieder als der beste Koch.

„Was hältst Du von dem Wrack?“ begann ich die Unterhaltung.

„Ich nehme an, es ist für die braunen Fischer da, die drüben auf dem Festlande wohnen.“

Er warf ein Ei weg, das bereits angebrütet war, und fuhr fort: „Du wirst diese Bemerkung nicht ganz verstehen. Ich möchte daher etwas anderes vorher erörtern. Der Dampfer Viktoria wurde vor etwa fünf Monaten durch Sadi Ahmeds Leute regelrecht gestohlen. Bedenke nun folgendes: In jener Nacht gab es ein schweres Gewitter bei heftigem Nordoststurm. Die Viktoria befand sich nicht unter Dampf. Die Feuer unter den Kesseln waren gelöscht. Der Dampfer wurde durch ein Motorboot aus dem Hafen geschleppt. Der strömende Regen und der Lärm des Gewitters begünstigten diesen Streich. Sehr weit in See hinaus kann das Motorboot sich nicht gewagt haben. Dazu gingen die Wellen zu hoch. Es ist fraglos bald umgekehrt und hat die Viktoria ihrem Schicksal überlassen. – Was wurde nun aus dem Dampfer? Wir wissen jetzt, daß jeder Nordost im Golf von Oman eine Strömung erzeugt, die im Bogen auf diese Klippen zuläuft. Wir wissen weiter, daß es Stunden dauert, bevor ein großer Dampfer, dessen Kessel erkaltet sind, so viel Dampfspannung hat, daß die Schrauben arbeiten können. Solange ist er mithin ein Spielball der Wogen, falls nicht die Notsegel gehißt werden. In der Kneipe O’Briens erfuhr ich aber, daß man die Viktoria, die ins Dock sollte, von jeder überflüssigen Last befreit hat. Auch die Segelballen waren an Land geschafft worden. Falls nun nicht gerade Ahmeds Leute, die auf der Viktoria sich befanden, Segel und Tauwerk mithatten, muß der Dampfer mit der Strömung hier auf die Mekara-Klippen zugetrieben worden sein. Wir haben es ja in der vergangenen Nacht selbst erlebt, wie stark und schnell diese Strömung ist. Möglich auch, daß Ahmeds Leute Segel mit sich führten und daß sie den Dampfer anderswo stranden ließen. Dies glaube ich jedoch nicht. Jetzt nicht mehr.“

„Weshalb „jetzt“ nicht mehr?“

„Weil das weiße Wrack so manches zu bedeuten hat.“

Ich hatte mir inzwischen über dieses Wrack bereits eine besondere Ansicht gebildet und sagte schnell:

„Es ist gar kein Wrack. Es ist lediglich das Bild eines Wracks gewesen, das wir sahen und das nachher ja auch verschwand.“

„Also das Bild einer Laterna magica oder so ähnlich?“

„Ja. Es muß so sein!“

Harald nickte und lächelte ein wenig. „Du bist auf der richtigen Spur, mein Alter. Das Bild war sehr verschwommen. Ich erkannte sofort, daß sich hier jemand einen eigentümlichen Scherz leistete.“

„Und zu welchem Zweck wohl?“

„Das werde ich in der kommenden Nacht feststellen. Da drüben auf dem Festlande sieht man einige Fischerhütten, und weiter nach dem Innern zu gibt es auch ein Dorf.“

Er tippte an das Fernglas, das ihm am Riemen um den Hals hing. „Du kannst nachher auch einmal hinüberschauen, mußt aber in Deckung bleiben. Die Leute, die das Gespensterwrack dort auf die Steilwand zaubern, dürften scharf Auslug halten, ob sich jemand den Klippen nähert. – Ich werde also hinüberschwimmen, sobald es dunkel ist, und mich bei den Fischern erkundigen, was sie von dem „Spuk“ wissen. Die Steilwand liegt ja so, daß auch vom Festland aus das leuchtende Wrack zu sehen sein muß.“

„Und die Fischer sollen Dich über den Zweck dieser kurzen Kinovorstellung und der Nebelhorntöne aufklären?!“ meinte ich zweifelnd.

„Nun – das nicht ganz! Aber sie werden mir doch mitteilen können, wann das Wrack sich zum ersten Male zeigte.“

Ich dachte nach, fand aber nicht heraus, welchen Nutzen Harald sich von dieser Feststellung versprach.

Dann erwachte Tscho, und wir kamen auf das Thema nicht mehr zurück. –

Abends gegen neun Uhr verließ Harald uns. Er hatte sich aus dem einen Rettungsring eine Art Schwimmweste hergestellt, nahm seine Pistole und seine Taschenlampe in der auf dem Kopfe festgebundenen Mütze mit und schwamm bei völlig ruhiger See davon. Der Himmel war dicht bewölkt, und es drohte mit Regen. Tscho und ich durften es jetzt in der Dunkelheit wagen, unsere Klippe zu umrunden. Sie war langgestreckt und stieß mit der Westspitze an eine Reihe kleinerer Klippen, die jetzt bei Ebbe hoch aus dem Wasser ragten.

Tscho ging es wieder vortrefflich. Er schwatzte in einem fort von dem weißen Wrack und wollte durchaus nicht glauben, daß es sich nur um ein Bild gehandelt hätte, welches man künstlich hervorgerufen hatte.

Wir dehnten unsere Entdeckungsreise weiter nach Westen zu aus, durchwateten schmale Kanäle, kletterten über winzige Felseilande hinweg, balanzierten über schmale Felsgrate und befanden uns bald mitten in dem Labyrinth der Mekara-Inselchen, die einen Archipel im kleinen darstellten. Die Bewegung tat uns gut. Das Gewölk hatte sich zerteilt, und der Mond leuchtete uns freundlich zu diesem höchst unbesonnenen Beginnen.

Daß wir sehr unüberlegt gehandelt hatten, merkten wir leider zu spät. Als wir nach etwa anderthalb Stunden umkehren wollten, zeigte es sich sehr bald, daß wir den Rückweg nicht fanden.

Überall nichts als schmale und breitere Kanäle, einzelne Felsen, Klippenreihen, hohe felsige Eilande, wieder Kanäle – der reine Irrgarten.

Nach einer Viertelstunde standen wir auf einem flachen Felskoloß und sahen ein, daß wir nach Osten zu nicht weiterkamen. Wir hatten uns verirrt, und nur ein Zufall konnte uns zu unserem Schlupfwinkel zurückführen. Jetzt ging Tscho voran. Eine Weile kletterten, sprangen, wateten wir nach Norden. Wir sahen vor uns eine Reihe von Felskegeln, die sich scharf gegen den Himmel abhoben.

Füße und Hände begannen zu schmerzen. Tscho verlor den Mut.

„Oh, Master Harst sehr fluchen werden,“ jammerte er. „Tscho hier sterben. Tscho ganz schlapp sein –“

„Ich werde dort den nächsten Kegel erklettern und Umschau halten, Tscho,“ sagte ich, den Mutigen spielend. „Warte hier –“

Das wollte er nicht. So machten wir uns denn beide auf den Weg, – schwitzend, stöhnend, von Hunger und Durst geplagt.

Noch drei Eilande passierten wir, dann ging’s steil aufwärts. Unsere Hände bluteten. Tscho winselte vor Müdigkeit wie ein kranker Hund.

Nun war der Kegel erklommen. Noch drei Schritt nach der Westseite zu, und unter uns breitete sich ein seeartiges Becken aus von vielleicht dreihundert Meter Durchmesser.

„Ein Schiff – ein Dampfer!“ flüsterte Tscho heiser. „Dort, Master Schraut, – dort rechts!“

Ich hatte den Dampfer längst erspäht. Meine Blicke hingen wie gebannt an dem großen Fahrzeug.

Das Wasserbecken war rings von turmhohen, steilen Felsen umgeben. Nur nach Süden zu zeigte sich eine breitere Öffnung in diesem Kranze phantastisch geformter Steingebilde.

Dort, wo der Dampfer lag, sprang das Steilufer terrassenartig vor. Und an dieser Terrasse war das Schiff offenbar vertäut.

Mehr noch sah ich jetzt: auf der Terrasse lagen eine Menge großer Gegenstände! – Ich täuschte mich nicht: es waren Maschinenteile und zwei Schiffskessel!

„Es kann nur die Viktoria sein!“ sagte ich erregt. „Tscho – bei allem Unheil ist stets ein Quentchen Glück. Wir haben das gestohlene Schiff entdeckt, und Harst hat wieder einmal recht behalten: die Viktoria ist in dieses Versteck gebracht worden! – Vorwärts, schleichen wir näher heran! Aber Vorsicht! Dort liegen die Kessel und Maschinenteile. Das beweist zur Genüge, daß die Leute, die den Dampfer entführten, zum mindesten noch einige Zeit hiergeblieben sind und in dem Schiff gearbeitet haben.“

„Gut, Master Schraut, wir finden werden Eßbares und Rum,“ meinte er. Für Alkohol hatte er genau so eine Schwäche wie für das Mogeln bei Einkäufen.

Wir mußten noch drei Kanäle durchschwimmen, bevor wir das Eiland erreichten, an dem die Viktoria vertäut war.

Als wir dann sehr behutsam über Geröll den Abhang zu dem Plateau hinaufkletterten, packte Tscho mich plötzlich am Arm und flüsterte:

„Licht in Kajüte sein, Master Schraut! Dort – unter Kommandobrücke!“

Tschos Augen waren besser als meine. Ich hatte den schwachen Lichtschimmer nicht bemerkt, der durch die Bullaugen (runde Fenster) hindurchdrang. Vier leuchtende Kreise zeigten sich dort an der Wand des Deckaufbaus.

Wir hockten zwischen dem Geröll und spähten hinüber.

Dann vernahmen wir gleichzeitig von links her ein deutliches Knattern. Das konnte nur ein Motorboot sein.

Und wirklich, mit einem Male schoß ein gedeckter Motorkutter im Süden aus der breiten Lücke der Felsen hervor und hielt auf den Dampfer zu.

„Dasselbe Boot dies sein, wo uns verfolgen,“ meinte Tscho. „Master Schraut, ich ihm erkennen bestimmt wieder –“

„Los – näher heran!“ schlug ich vor. „Wir können uns hinter den Kesseln verbergen. Dann sehen wir alles. Die Felsterrasse liegt mit dem Deck in einer Höhe.“

Wir krochen weiter. Es gab auch auf dem Plateau genügend Steine, die uns Deckung boten. –

Auf dem Dampfer regte sich nichts. Wir hatten den einen Kessel erklettert und uns oben flach hingelegt. Der Kesselaufsatz schützte uns gegen jeden Blick.

Nun verstummte das Geräusch des Motors. Dann erschienen drei Leute auf dem Deck der Viktoria.

„Sind Strickleiter hochgeklettert,“ erklärte Tscho. „Einer sein Weißer, andere beide braune Schufte –“

Die drei verschwanden in dem Mittelaufbau.

Eine halbe Stunde verstrich. Dann tauchten die drei wieder auf, schleppten einen vierten Mann mit sich, der gebunden war.

Der Gefesselte heulte vor Wut. In dieses wahnwitzige Gekreisch ohnmächtigen Grimmes mischte sich das höhnische Lachen des Weißen, eines breitschultrigen blondbärtigen Riesen, der den Gefangenen im Genick gepackt hatte und ihn wie ein Bündel vor sich her schob. –

Da – wir beide bekamen keinen schlechten Schreck –: die vier schlugen jetzt die Richtung auf unseren Kessel ein.

Im Nu rutschten wir auf der anderen Seite herab und krochen hinter die aufgeschichteten Maschinenteile, über die man ein paar Segel gebreitet hatte. Hier konnten wir uns gut verbergen, indem wir uns durch die Lücken hineinzwängten.

Der Kessel, auf dem wir gelegen hatten, entzog die vier unseren Blicken. Aber sehr bald tauchten sie dahinter auf und zerrten den Gebundenen nach dem zweiten Kessel hin. –

Was sich dann weiter abspielte, will ich an anderer Stelle erwähnen. Jedenfalls veranlaßte uns das, was wir beobachtet hatten, zu dem nochmaligen Versuch, den Weg nach unserem Lager zurückzufinden. Beinahe drei Stunden irrten wir umher. Endlich sahen wir dann zur Linken jene Steilwand liegen, an der das Geisterwrack in der vergangenen Nacht erschienen war.

Zum Umsinken müde, mit wunden Händen und Füßen und schmerzenden Muskeln langten wir um 2 Uhr morgens auf unserer Klippe an. Harst war nicht anwesend. Aber er mußte vom Festlande bereits zurückgekehrt sein, da wir in unserem Felsenkessel neben den Seetanglagern sowohl zwei Hirsebrote, als auch Käse, frisch gebratenes Hammelfleisch, Früchte und zwei Flaschen Tee vorfanden.

 

4. Kapitel.

Auf der „Viktoria“.

Wie die Wölfe fielen wir über die Eßwaren her. Tscho entdeckte dann noch in einer Aushöhlung der Felsen 3 Päckchen Zigaretten. Mein Feuerzeug mit seinem wasserdichten Deckel zündete. Als wir gerade als Nachtisch jeder eine Zigarette rauchten, hörten wir rasche Schritte.

Es war Harst.

„Ah – gut, daß Ihr da seid,“ begrüßte er uns. „Wir müssen sofort aufbrechen. Das Gespensterwrack war um ½1 wieder sichtbar. Aber – es wird nie mehr erscheinen.“

Er drückte mir die Hand. „Wohl verirrt, mein Alter?“

„Ja – aber mit Erfolg verirrt!“

Er hatte unter seiner Jacke eine kleine brennende Petroleumlaterne hervorgeholt und setzte sie auf die Erde. Ihr Schein traf mein Gesicht.

„Mit Erfolg?“ meinte er. „Dann habt Ihr eben die Viktoria gefunden.“

Er warf sich auf das eine Lager.

„Erzähle – aber schnell! Vielleicht muß ich meine Absichten ändern.“

Er unterbrach mich dann nur ein einziges Mal, als ich erwähnte, daß der Europäer sehr groß und blondbärtig gewesen sei.

Ich fuhr fort: „Die drei schleppten den Gefangenen also zu dem anderen Kessel. Bevor sie ihn nun durch das große Reinigungsloch hineinwarfen, brüllte der Gefesselte wieder auf englisch: „Nichts verrate ich, Du Schurke, nichts! Du kannst lange warten, ehe ich gefügig werde!“ Worauf der Blondbärtige hohnlachend rief: „Hunger hat schon manchen kirre gemacht!“ – Dann stießen sie ihn in das Loch hinein und schraubten den Deckel zu. – Bevor sie wieder nach dem Dampfer zurückkehrten, sagte der Weiße noch zu den beiden Farbigen: „Ersticken wird er nicht! Wir haben ja die Dampfrohre abgeschraubt, und durch die Öffnungen dringt genügend Luft hinein.“ – Gleich darauf betraten sie wieder den Dampfer. Anscheinend sind sie dort geblieben. Wenigstens hörten wir nicht, daß das Motorboot davonfuhr. Wir machten uns dann schleunigst auf den Rückweg.“

Harald warf seinen Zigarettenrest zwischen die Steine.

„Allerdings – das ist ein Erfolg!“ meinte er. „Der Gefangene war also klein, dick und ein Farbiger. War er gut gekleidet?“

„Er trug einen weißen Leinenanzug von europäischem Schnitt,“ erwiderte ich. „Sein Gesicht war rund, und der Schnurrbart nach Art der Perser lang herabhängend.“

Harald nahm eine frische Zigarette. „Das Motorboot wird auf den Mann gewartet haben, den ich bei der Arbeit beobachtet habe,“ sagte er nachdenklich. „Die Viktoria ist ein Unglücksschiff. Nicht für uns. Für die Schuldigen. – So – brechen wir jetzt auf. Ihr braucht nicht weit zu gehen. Ich habe vom Festlande ein Boot mitgebracht. Und ich kenne jetzt den Weg, wenn ich auch nicht bis zu dem Becken dem Mann folgte.“

Wir kletterten zum Strande hinab. Dort war ein plumper Bretterkahn halb auf die Steine gezogen.

Harald ruderte. Wir näherten uns auf Umwegen jener Steilwand, an deren Fuße das leuchtende Wrack aufgetaucht war. Harst trieb den Nachen auf einen einzelnen Felsen zu, der gegenüber der Felswand aus einem Klippenkranz herausragte. Dieser Felsblock war auf der einen Seite wie durch einen Keil auseinandergetrieben. Durch diese Spalte gelangte man in eine enge Höhlung, in der sowohl drei elektrische Akkumulatoren als auch auf einem Dreibein aus Kistenholz ein Projektionsapparat von beträchtlicher Größe stand.

„Dies ist das Geheimnis des Wracks, das beinahe jede Nacht sich dort an der Steilwand zeigte,“ sagte Harst erklärend. „Seit etwa fünf Monaten schreckte das Wrack die Fischer, die dort drüben wohnen. Drei von den Fischern, die kühn genug waren hinauszurudern, um sich die seltsame Erscheinung anzusehen, sind nicht mehr zurückgekehrt. Seitdem wagt sich niemand in die Mekara-Klippen hinein. Und dies war der Zweck des Gespensterwracks. – Hierüber wollte ich mir Gewißheit verschaffen. Vor fünf Monaten wurde die Viktoria gestohlen. Fünf Monate lang war das Geisterwrack hier nachts für kurze Zeit sichtbar. Diese fünf Monate beweisen den Zusammenhang der Dinge. – Ich ahnte dies. Ich habe den Mann heute beobachtet, der diese große Laterna magica bediente. Es war ein Inder, ein noch junger Bursche. Er ruderte nachher in einem Boote davon. Ich folgte ihm, und ich werde den Weg durch das Labyrinth der Klippen wiederfinden. Die drei Fischer hat man beseitigt, um dem Seespuk größeren Nachdruck zu verleihen. Ich fürchte, dieser junge Inder, der sich so gut auf die Bedienung dieser Apparate verstand, wird bereits seine Strafe erlitten haben. – Zurück in unseren Nachen!“ –

Jetzt setzte Harald sich ans Steuer, und Tscho ruderte. Harst mit seinem vorzüglichen Ortssinn irrte sich in all den Kanälen nicht ein einziges Mal.

Ich wollte eine Unterhaltung mit ihm anfangen und fragte, was wohl die Vorgänge auf der Felsterrasse neben dem Dampfer, deren Zeugen Tscho und ich geworden, zu bedeuten haben könnten.

Harald erwiderte nur: „Es mag Dir vorläufig genügen, daß der blonde Europäer der Kneipwirt O’Brien ist. Das weitere wird Dir auch sehr bald klar sein, falls Du nicht von selbst darauf kommst. Es gibt ja nur eine Lösung für all das: gemeinste Hinterlist und Geldgier!“

Ich verstand ihn nicht. Aber ich unterließ alle weiteren Fragen. –

Eine ganz schmale Durchfahrt mündete schließlich in das seeartige Becken. – Es war jetzt ½4 Uhr morgens. Sehr bald mußte es hell werden. – Wir zogen den Nachen in der Durchfahrt an Land und kletterten nun von Eiland zu Eiland bis auf die Terrasse. Das Motorboot war nicht mehr da. Aber am Bug des Dampfers war ein kleines Ruderboot vertäut. Die Bullaugen der Kajüten waren dunkel. Schiff und Terrasse lagen still und verlassen da.

Harald schlich voran auf die Viktoria zu. Wir hatten die Pistolen schußfertig in der Hand. – In der Kajüte unter der Kommandobrücke stand auf dem Tisch vor dem kleinen Sofa eine Petroleumlampe. Der Zylinder war noch etwas warm. Daneben lag ein englischer Roman und ein Kursbuch der englischen Standard-Dampferlinie, deren Schiffe den Verkehr zwischen Bombay und London vermitteln. Auf einem Seitentische wieder sahen wir die Reste einer Mahlzeit.

„Na – schon klar?“ fragte Harald mich kurz.

Ich schüttelte nur den Kopf.

Wir gingen nach vorn ins Mannschaftslogis. Man merkte, daß hier eine Anzahl Leute noch wohnten oder doch bis vor kurzem gewohnt hatten. – Über dem langen Holztisch hing eine Petroleumlampe, die Harald sofort angezündet hatte. Auf dem Fußboden lagen vier Trinkbecher. Fünf weitere Becher standen auf dem Tisch.

Harst hatte den einen Trinkbecher vom Boden aufgehoben und daran gerochen, hielt ihn mir nun hin und meinte:

„Da – Rum und Blausäure! Man spürt den Bittermandelgeruch ganz deutlich.“ Und nach kurzer Pause fügte er hinzu: „Dieser Mensch ist ein Teufel!“

In diesem Augenblick erst ging mir ein Licht auf. Ich besann mich auf die Beschreibung, die sowohl Delboste als auch Konsul Gesport uns von Sadi Ahmed gegeben hatten. – Nein – war ich nur begriffsstutzig gewesen! Der Gefangene war Sadi Ahmed – ohne Zweifel! Aber wer war der Mann, den Harst soeben mit „Satan“ bezeichnet hatte? Meinte er etwa Ahmed? Hatte dieser hier seine Leute vergiftet?! Denn – vergiftet waren sie. Die auf dem Boden liegenden Becher und vier umgestürzte Schemel sagten genug.

Harald verließ bereits das Mannschaftslogis. Wir folgten ihm schweigend.

Bei dem Kessel, in dem Ahmed steckte, machte er halt.

 

5. Kapitel.

Tscho drückt zu spät ab.

Inzwischen war es heller Tag geworden. Harald holte Ahmed aus dem Kessel heraus. Er hatte ihm die Stricke abgenommen.

Sadi Ahmed stand vor uns, und seine schwarzen, listigen Augen überflogen immer wieder unsere Gesichter – Harald hatte sich eine Zigarette angezündet. Der Reeder wurde immer verlegener. Schließlich platzte er mit der Frage heraus:

„Wer sind Sie, meine Herren?“

„Sollten Sie das nicht ahnen?“ meinte Harst.

Ahmed trat unwillkürlich einen Schritt zurück. In seinen Zügen drückte sich jetzt schnell wachsende Angst aus. Er senkte den Kopf und schwieg.

„Sie haben die Viktoria damals durch zehn Leute stehlen und hierher bringen lassen,“ begann Harald dann. „Ihr einer Verbündeter war Delboste, der andere der Schotte O’Brien. Sie waren sehr vorsichtig. Delboste wußte nicht, daß auch O’Brien in alles eingeweiht war. – Sie wollten die Viktoria verschwinden lassen, um die lästige Konkurrenz loszuwerden. Da der Dampfer auf der Reise von Maskat nach Gwadar trotz des Lecks nicht unterging, wurde er eben entführt. Es war das insofern noch ein besseres Geschäft, als sich manches von der Viktoria noch verwerten ließ – Kessel, Maschinen und so weiter. In Gwadar dachte niemand daran, daß die Viktoria nur acht Meilen westlich hier in den Mekara-Klippen lag. Man glaubte, sie sei unter Dampf davongefahren. Und sie wurde doch nur durch ein paar Notsegel mit Hilfe der Strömung hierher gesteuert. – Sie, Sadi Ahmed, hofften bereits auf ein völliges Gelingen dieses Schurkenstreichs. Es waren ja inzwischen fünf Monate verstrichen. Dann erfuhren Sie, daß ich in Passani weilte. Sie warnten Delboste durch den Tintenlöscher und – knallten Master Albert Smith bei jenem Dorfe nieder. Smith gelangte nach Gwadar. Sie werden dies gewußt haben. Aber – Smith hatte den Schützen nicht gesehen. Sie hielten sich noch für sicher. Dann aber wird einer der beiden Belutschen aus jenem Dorfe, die Ihre Vertrauten waren, Ihnen die Meldung von unserer Flucht aus dem Räuberkastell überbracht haben. Sie flohen und nahmen in einem Koffer Millionen an Wertpapieren mit. Das heißt: zunächst flohen Sie nicht, sondern versteckten sich bei O’Brien. Als dort aber der rotnasige fremde Matrose auftauchte, war es für Sie Zeit, das Quartier zu wechseln. Sie begaben sich hierher, wo Ihre zehn Leute ja ohnedies an dem Dampfer arbeiteten. – O’Brien hat uns dann, als wir mit der Jacht davonsegelten, verfolgt und nimmt wohl an, wir seien ertrunken. Heute nacht erschien er hier und hat Sie in den Kessel eingesperrt, Ihre neun Leute aber durch Rum, den er mitgebracht hatte, vergiftet.“

Da erst schnellte Ahmeds Kopf empor. Man merkte, er wußte nichts von dem Tode der Leute.

„Die Leichen wird er mit seinen beiden Spießgesellen versenkt haben, ebenso die des zehnten Mannes, der das Geisterwrack erscheinen ließ. – Sie aber, Sadi Ahmed, sollen ihm nun verraten, wo Sie den Koffer mit den Millionen verborgen haben. Deshalb dieses Kessel-Gefängnis.“

Ahmed nickte nur.

„Wann wollte O’Brien wiederkommen?“ fragte Harald nun.

„Übermorgen nacht. Er denkt, ich werde dann mürbe sein.“

Harst überlegte: „Sadi Ahmed,“ sagte er dann, „Sie werden uns helfen, O’Brien hier an Ort und Stelle unschädlich zu machen.“ – Er erklärte ihm, weshalb er gerade auf diese Weise den Schotten fangen wolle. – Ahmed war mit allem einverstanden. –

Und die Nacht kam. – Wir lagen zwischen den Maschinenteilen verborgen. Das Firmament erstrahlte in vollem Glanze der südlichen Sternenpracht. Ahmed steckte gebunden im Kessel.

Kurz vor Mitternacht nahte das Motorboot O’Briens. Gleich darauf erschien er mit seinen beiden Begleitern bei dem Kessel, schraubte den Deckel ab und rief hinunter:

„Nun, Freundchen, zur Vernunft gekommen?“

Dann lachte er. „Aha – er ist kirre geworden! Holt ihn heraus!“ –

Ahmed lehnte am Kessel und spielte den völlig Ermatteten mit viel Geschick.

„Der Koffer liegt dort drüben, wo die einzelne Distel wächst, unter dem Geröll,“ lallte er schwerfällig.

O’Brien eilte davon und kam auch sogleich mit dem rotbraunen Koffer zurück.

„Sehr verständig von Dir!“ sagte er triumphierend zu Ahmed. „Wo ist der Schlüssel?“

„In meinem Ärmelaufschlag –“

O’Brien hatte den kleinen Schlüssel schnell gefunden, schloß den Koffer auf, hob den Deckel.

„Leer!“ brüllte er und schnellte hoch. „Leer! Wo sind die Wertpapiere und die Banknoten?“

„Verbrannt!“ sagte Ahmed, plötzlich sich aufrichtend. „Du hast mich hintergangen. Ich vergelte Gleiches mit Gleichem!“

O’Brien stieß ein geradezu tierisches Wutgebrüll aus.

„Hund, Du lügst! Nie und nimmer hast Du Deine Schätze verbrannt!“ – Er riß einen Revolver aus der Tasche. „Sag die Wahrheit, oder – ich drücke ab! Du kennst mich! Ich drohe nie umsonst!“

„Gut – also die Wahrheit, O’Brien,“ erklärte Ahmed fest. „Das Geld hat Master Harst in Verwahrung. Ich habe –“

O’Briens rechter Arm mit der erhobenen Waffe war schlaff herabgesunken.

„Harst – Harst?!“ keuchte er. „Du – Du bist verrückt, Ahmed! Harst und die beiden andern sind – ersoffen –“ – Aber in seiner Stimme war eine deutliche Unsicherheit, als er diese Worte immer zögernder über die Lippen brachte.

„Frage ihn selbst,“ meinte Ahmed kalt. „Ich bin verloren – aber Du jetzt auch.“

O’Brien blickte wild um sich. Dann schaute er Ahmed an, rief zähneknirschend:

„Ah – man sieht, Du hast nicht gehungert und gedurstet! Fahr zur –“

Sein rechter Arm war vorgestreckt.

Zwei Schüsse knallten fast zu gleicher Zeit.

Ahmed sank nach vorn über, und O’Brien taumelte nach hinten, schlug schwer hin.

Die beiden Farbigen waren vor Schreck stehen geblieben, ließen sich auch ohne jeden Widerstand die Arme auf dem Rücken zusammenbinden.

„Mein gelber Junge,“ sagte Harald dann zu Tscho, „Du hättest zwei Sekunden früher auf den Schotten abdrücken sollen. Nun, meine Schuld ist es nicht, daß Ahmed von ihm niedergeknallt wurde. Er hat aus eigener Erfindung diese Szene zu stark auf die Spitze getrieben.“

Morgens trafen wir mit dem Motorkutter, den beiden Gefangenen und den beiden Toten in Gwadar ein, wo Harald vor dem Polizeichef Kromer die letzten Ereignisse zu Protokoll gab und Kromer auch die Wertpapiere und Banknoten aushändigte.

Wir blieben noch drei Tage in Gwadar. Dann begann der Auftakt zu jener Reihe von Abenteuern, die uns an jene Zeit erinnerten, als wir gegen unsere schöne Feindin Eugenie Malcapier kämpften. Diesen Auftakt schildere ich in dem nächsten Band, in

 

Auf des Messers Schneide.

 

 

Verlagswerbung:

Wie

benehme ich mich?

Ein allgemein verständliches, übersichtliches
Nachschlagewerk über alle Fragen des guten
Tones, ein den modernen Verhältnissen
angepaßtes Lehrbuch für jedermann,
der sich in jeder Gesellschaft
sicher bewegen möchte

Von W. v. Neuhof

 

Inhaltsangabe. Vorwort. Über die Notwendigkeit eines sicheren gesellschaftlichen Benehmens. 1. Wie soll ich persönlich auftreten? a) Kleidung. Schmuck. Körperpflege. b) Unser Heim. c) Mein Wesen. – Zu Hause. In der Öffentlichkeit. Im Berufsleben. 2. Geselligkeit. a) Allgemeine Anstandsregeln. b) Besuche. Gesellschaften. Bälle. c) Hochzeiten. Geschenke. Tischreden. d) Familienverkehr. e) Trauerfälle. f) Speisenfolge. Weine. g) Unsere Kinder und unser Verkehr. 3. Die Kunst ein angenehmer Gast zu sein, eine Unterhaltung zu führen und zur Unterhaltung beizutragen. 4. Wie schreibe ich Briefe? 5. Einige Winke über richtiges und gutes Deutsch. 6. Mädchen, die man heiratet, und Männer, die man heiratet. Schluß. Über Leute, die jedem auf die Nerven fallen.

Verlag moderner Lektüre G.m.b.H.

 

 

Anmerkungen:

  1. Hefttitel auf der Umschlagseite: „Sadi Ahmeds Tintenlöscher“.
  2. In der Vorlage steht „Kold…“. Zwei Vorkommen ersetzt.
  3. In der Vorlage steht „Boümen“.
  4. In der Vorlage steht „von“.
  5. In der Vorlage steht „Radogra“.
  6. Fehlendes Wort „er“ eingefügt.
  7. In der Vorlage steht „aus“.
  8. In der Vorlage steht „mir“.