Sie sind hier

Die Armbanduhr der Miß Golling

 

 

 

Harald Harst: Aus meinem Leben

 

Band: 198

 

Die Armbanduhr der Miß Golling

 

Erzählt von

Max Schraut

 

1. Kapitel.

Der Feldrutsch.

Die Ozeanflüge der beiden Amerikaner Lindbergh und Chamberlin hatten, da den kühnen, erfolgreichen Piloten von Filmgesellschaften und Varietédirektoren geradezu Unsummen geboten worden waren, auch für uns Arbeit gebracht – unsere Arbeit: die Aufdeckung eines verbrecherischen, betrügerischen Unternehmens von einer Eigenart, wie dies in der Geschichte der Kriminalfälle einzig dastehen dürfte.

Ich möchte hier gleich betonen, daß dieser raffinierte Schwindel, der sich in den Tagen des großen Chamberlin-Rummels abspielte, von den beteiligten Stellen bisher totgeschwiegen worden ist. Was die deutsche und die ausländische Presse darüber gebracht hat, wurde kaum beachtet. Und doch steckte in der Tat eine Riesengaunerei, ein fast geistreich zu nennender Bluff dahinter. Der Leser wird mir recht geben, wenn er diese anspruchslose Schilderung gelesen hat: geistreicher Bluff, der nur möglich war, weil …

Doch nein, ich will nicht vorgreifen.

Harst und ich waren am 2. Juni aus Indien zurückgekehrt. Mein Freund Harald hatte sich in Bombay einen ganz leichten Choleraanfall geholt, der ihm[1] auch noch daheim zu schaffen machte. Die Folgeerscheinungen: Mattigkeit, Niedergeschlagenheit, Darmstörungen und Schwächeanfälle mit Schweißausbrüchen wollten nicht weichen.

So lag er denn auch am 4. Juni vormittags in Decken gehüllt auf unserer Veranda und starrte in den trüben Regenhimmel hinaus. Ich hatte unseren Vierröhrenempfänger nebst Lautsprecher hier aufgebaut, damit unser Patient wenigstens etwas Zerstreuung hätte. Nach zehn Uhr meldete Berlin den Abflug Chamberlins.

Harsts Ansicht über diese Rekordjagden über den Atlantik will ich hier nicht wiedergeben. Er, der selbst jeden Sport mit dem maßvollen Eifer des gereiften Mannes betreibt, war gegenüber diesen tollkühnen Unternehmungen kühl bis ans Herz hinan.

„Schalte um,“ sagte er plötzlich. „Vielleicht findest du eine Musikwelle … Ich denke, Kopenhagen oder Stockholm probiert einen neuen Sender aus … Gestern um diese Zeit war’s wenigstens so.“

Sein blasses, mageres, mißmutiges Gesicht, das gelbbräunlich wie das eines Mestizen gefärbt war (Indiens Sonne hatte uns gehörig nachgedunkelt) belebte sich, als ich nach kurzem Einstellen wirklich klare Grammophonmusik erwischte.

Es war Stockholm. Die Platte, die eben ablief, war die Lustspielouvertüre von Keler-Bela.

Dann brachen die flotten Klänge jäh ab.

Eine Stimme kam aus dem Trichter: schwedisch!

„Soeben wird gemeldet, daß der hier in Stockholm weilende Ingenieur Bruchstaller, ein Deutscher, mit einem schwedischen Lundström-Apparat morgen, Sonntag nachmittag sechs Uhr, zum Fluge nach Neuyork aufzusteigen gedenkt.“

Eine Weile schwieg der Trichter.

Dann: „Wir setzen unsere Versuche fort. Die soeben gemeldete Absicht Bruchstallers wird von den hiesigen Lundström-Werken widerrufen, da Ingenieur Bruchstaller als Pilot für einen solchen Flug noch zu unerfahren scheint.“

Schnarren, Kratzen, Kreischen … Eine neue Platte: Hochzeitsmarsch aus dem Sommernachtstraum!

Harald summte die Melodie mit. Unvermittelt sagte er: „Dieser Widerruf war merkwürdig begründet, mein Alter.“

„Allerdings, denn die Lundström-Werke mußten doch über Bruchstallers Fähigkeiten oder über seine Unfähigkeit schon vorher unterrichtet sein.“

„Rekordfimmel!“ murmelte Harst und trällert weiter.

Ich studiere im Korbsessel die Morgenzeitungen. Draußen regnet es. Die Fenster der Veranda sind beschlagen wie im Winter. Sommer 1927!!

Wir vergessen Bruchstaller …

Der Vormittag verrinnt. Als wir dann gerade bei Tisch sitzen, bringt die dicke Mathilde eine Depesche.

Harst liest, liest wieder …

„Da – was meinst du?!“ – und er reicht mir das Telegramm.

„Harald Harst,

Blücherstraße 10,

Berlin-Schmargendorf.

Bitte Sie, hierher zu kommen. Brauche Sie notwendig. Eilt sehr. – Ihr alter Vaxholm.“

Graf Oskar Vaxholm ist ein guter Bekannter von uns. Auf seinen Besitzungen droben in Norland haben wir Renntiere gejagt und Luchse geschossen. Daß wir ihn nebenbei auch aus den Krallen einer ganz geriebenen Erpresserbande befreiten, spricht kaum mehr mit. Wir sind Freunde. Seine Depesche kam aus Stockholm, also wohnte er zur Zeit mal wieder in dem alten Familienhause der Vaxholms in der Karl Johanns-Gatan.

Ich schaute Harst an. Er schiebt den Teller zurück. Seine Wangen haben Farbe bekommen.

„Wir fahren also …,“ tippe ich sanft an …

„Natürlich. Vaxholm! Der wird uns einer Lappalie wegen nicht nach Stockholm hetzen. Wir erreichen den Zwei-Uhr-Zug noch.“ –

Abends gegen zehn befinden wir uns schon in unserem Schlafwagenabteil des D-Zuges Malmö–Stockholm.

Harst sitzt mir gegenüber auf dem Bettrand und schnürt langsam die Schuhe auf. Seit wir Berlin verlassen haben, ist von Cholera-Nachwehen bei ihm nichts mehr zu spüren. – „Ich wittere eine feine Sache, mein Alter,“ sagte er vergnügt, als wir in Stettin das Wasserflugzeug bestiegen, das uns gerade noch zur rechten Zeit nach Saßnitz zur Abfahrt des Fährschiffes brachte.

Jetzt aber, als der D-Zug in die Nacht hinausdampfte und das Rollen der Räder und diese ganze eigentümliche Musik der dahinjagenden Wagen (heutzutage kann man alles Musik nennen!) uns angenehm einschläferte, war er plötzlich sehr einsilbig geworden.

„Woran denkst du, Harald?“

Er streifte den rechten Schuh ab.

„An den Wartesaal in Malmö … Als ich mir vom kalten Büfett die zwei Scheiben Lachs nahm, war sie da …“

„Sie? Wer?“

„War sie … wieder da, hätte ich sagen sollen. Eine Dame … Sehr schick, sehr schlicht, sehr vornehm … Englischer Typ … – Sie war auch da, als der Zug von Trelleborg einlief. Sie stand am Ausgang … Und sie musterte die Reisenden wie ein Detektiv. – Entschuldige, daß mir dieses gräßliche Wort entschlüpft ist. „Detektiv“ ist in Mißkredit geraten. Wenn du nur in deinen Niederschriften unserer kleinen Erlebnisse dich vergessen und uns als Liebhaberdetektive bezeichnen wolltest. Es ist das ein …“

„Harald – die Dame!“ mahnte ich.

„Ach so – ganz recht … Die Dame hatte Polizeiaugen oder Verbrecheraugen. Im Grunde ist das ja dasselbe. Das Lauernde, Stechende, Hinterhältige des Blickes offenbart sich vielleicht nur dem erfahrenen …“

„Harald – die Dame!!“

„Nun gut, als diese lauernden Augen mich bemerkten, als dieser Blick sich mit dem meinen kreuzte, wandte die Dame rasch den Kopf zur Seite. Eine Kleinigkeit … Belanglos, wenn nicht nachher im Wartesaal dasselbe geschehen wäre und wenn nicht jetzt hier im Schlafwagen das Abteil Nummer 9 neben dem unsrigen von einer Dame belegt wäre – auch Dame, nur mit grauer Perücke und Reisemantel und ziemlich ungeschickten Schminkstrichen im Gesicht. Mit einem Wort: dieselbe Frau! – Wir sind also in Malmö erwartet worden, ein Beweis, daß Oskar Vaxholm irgendwie verraten hat, an wen er depeschierte, – eine kapitale Dummheit, die schwer wieder gutzumachen ist.“

Meine Zigarre schmeckte mir mit einem Male nicht mehr.

Wenn Weiber mit im Spiele sind, hat ein noch unbekanntes Problem stets etwas Gefährliches an sich – erfahrungsgemäß!

Harald kleidete sich weiter aus. „Ich habe absichtlich dieses linke Bett gewählt … So liege ich an der Verbindungswand nach Nummer 9. Sollte die Dame irgendwie uns schaden wollen, so wird sie wahrscheinlich in der altbewährten Weise vorgehen und ein Loch in die Holzwand bohren und uns durch eine Spritze und ein Betäubungsmittel zunächst kampfunfähig machen. – Warten wir ab … Gute Nacht …“

Er schlüpfte in seinem schwarzseidenen Schlafanzug unter die Decke und überließ es mir, auf seinen Wink hin die Stoffhalbkugeln über die Lampe zu klappen.

In diesem Dreivierteldunkel sah ich von meiner Lagerstatt aus von ihm nur noch den in das Kissen gedrückten Kopf und die glimmende Zigarette. Er rauchte, ohne sich zu bewegen, und wenn er einmal kräftiger sog und die Spitze der Mirakulum stärker aufglühte, unterschied ich auch seinen schmalen, harten Mund und die Nasenspitze. Dann legte er den Zigarettenrest beiseite und rührte sich nicht mehr.

Will mir vielleicht jemand das Kunststück vormachen und unter solchen Umständen einschlafen …?! – Bitte!

Ich dachte nur an die Frau, die „man“ uns von Stockholm aus als Ehrengarde entgegengeschickt hatte.

„Man“ – – wer?!

Was hatte Vaxholm auf dem Herzen?! Seit zwei Jahren hatte unsere Freundschaft sich lediglich auf kurze Kartengrüße beschränkt. Was drohte ihm, dem schwerreichen, sportliebenden Junggesellen, der die ganze Welt als seine Heimat betrachtete und der in gutem Sinne des Wortes „international“ war, dazu ein Mensch, der keiner Fliege was zuleide tat!

Und nun hier neben uns eine verkappte Feindin!

Loch – Spritze – Betäubungsmittel …

Das konnte eine genußreiche Nacht werden!!

Wurde es auch. Wir beide haben in der Eisenbahn, im Dampfer, im Flugzeug, in der Straßenbahn, in der Untergrundbahn, in Autos, Wagen und Sänften und Rikschas[2] schon allerlei erlebt. Uns mit einem neuen Trick zu Leibe zu gehen: der Betreffende muß schon sehr viel Phantasie besitzen!

Also – mit Schlafen – – Essig!, würde der Berliner sagen. Ich lag und beobachtete Harald.

Aber die Jazzmusik des Zuges war stärker als ich. So allmählich wurden mir die Lider schwer, meine Gedanken verwirrten sich, und ich – – fuhr empor …

Im Dreivierteldunkel stand Harst über mein Bett gebeugt da und flüsterte mir ins Ohr: „Es ist Vaxholms Schwester … Du kennst sie. Die verwitwete Baronin Freedensborg. Sie hat ein Loch in die Wand gebohrt, aber nur ein Papierröllchen hindurchgeschoben. Ihre Handschrift kenne ich, außerdem besagt der Inhalt des Zettels auch genug. Vaxholm hat keine kapitale Dummheit begangen, ist im Gegenteil sehr vorsichtig gewesen, hat seine Schwester, die gerade in Kopenhagen bei Verwandten weilte, telegraphisch nach Malmö beordert, und ihr einen postlagernden Brief ebendorthin geschickt. Dieser Brief war in das Papierröllchen mit eingewickelt, und der Inhalt, mein Alter, ist für uns eine Delikatesse. Doch davon später. Jetzt interessiert uns nur der Zettel der Baronin. Sie hat in Malmö drei Spione festgestellt – drei! Zwei Herren, eine Dame, und dieses Massenaufgebot befindet sich in Kabine 6 und 7. Die Baronin schreibt, daß die drei bestimmt einen Anschlag auf uns versuchen werden. Wir sollen auf keinen Fall einschlafen … Ich möchte den dreien nun zuvorkommen. Angriff ist die beste Verteidigung … Ich klettere jetzt zum Fenster hinaus und werde mich auf das Wagendach schwingen … Ich fürchte nämlich, daß die drei einen Gewaltstreich schlimmster Art planen …: Eisenbahnattentat! – Es geht eben um eine runde Million Kronen … Und bekanntlich sind schon wegen weit geringerer Summen zahllose Menschenleben geopfert worden …“

„Hm …!!“

„Du meinst, meine Phantasie arbeitet zu stark …“

„Ja …“

„Warten wir ab, wer recht behält …“

Er schob die Öltuchjalousie in die Höhe, ließ die Scheibe hinab … Kalter Regen peitschte in das Abteil.

Ich saß aufrecht …

Harst war im Moment verschwunden.

Die Regentropfen flogen bis auf mein Bett …

Ich starrte in die Finsternis hinaus …

Hin und wieder huschte ein Licht vorüber … Die Porzellanisolatoren der Telegraphenstangen glitten wie weiße Vögel im Regennebel nach rückwärts …

Ich fror … Und ich schämte mich, daß ich hier im sicheren Abteil hockte und den Freund allein draußen ließ in Ungewißheit und Gefahr …

Wollte ihm nach … War am Fenster …

Ein Fuß gleitet aus der Finsternis vor meinem Gesicht auf den Rand der Fensterscheibe …

Harst – etwas außer Atem … Ich helfe ihm …

Er stößt mich beiseite …

Reißt den Hebel der Notbremse herum …

Die Bremsen kreischen …

„Fenster zu!“

Ich gehorche …

Harald öffnet die Tür …

Der Zug steht. Beamte eilen herbei …

„Wir sind bestohlen worden,“ erklärt Harst aufgeregt … „Es war jemand hier in unserem Abteil … Meine Brieftasche ist mir unter dem Kopf hervorgezogen worden …“

– Ich brauche hier wohl kaum auf die Feinheit dieser Erklärung Haralds besonders hinzuweisen.

Die Beamten lassen sich unsere Ausweise zeigen. Der Name Harst genügt.

So wird denn im Zuge auf den Dieb gefahndet, und dabei stellt sich heraus, daß die Kabinen 6 und 7 leer sind. Die drei Fahrgäste sind verschwunden, können nur abgesprungen sein, als der Zug vorhin die Steigung bei Laargör langsam bezwang.

Inzwischen haben wir den Zugführer beiseite genommen und uns diesem einen Beamten anvertraut. Er verspricht zu schweigen.

„Lassen Sie die Strecke vor uns absuchen,“ mahnt Harald. „Oder aber fahren Sie ganz vorsichtig. Instruieren Sie den Lokomotivführer. Sie können überzeugt sein, daß entweder die Schienen irgendwo gelockert oder sonstige Vorkehrungen für ein Attentat getroffen sind.“ –

Es hat damals nur in schwedischen Zeitungen gestanden, daß dicht vor der Station Baark durch einen Felsrutsch die Schienen gesperrt waren und lediglich durch einen glücklichen Zufall ein ungeheures Unglück verhütet wurde. –

Die Felsmassen wurden von dem Zugpersonal und den Fahrgästen in einer halben Stunde beseitigt. Dann setzte der D-Zug seine Fahrt ohne weiteren Zwischenfall fort. Die von der Station Baark aus telegraphisch veranlaßte Verfolgung der entflohenen „Diebe“ (Diebe – – angeblich!) blieb erfolglos. Bei unserem Eintreffen in Stockholm wurde uns von einem Polizeikommissar lediglich mitgeteilt, daß die drei Flüchtlinge anscheinend bei Laargör von einem Auto aufgenommen worden seien.

Harst gab seinen Verlust kühn und keck auf achthundert Kronen an.

So verhütete er, daß die große Betrügerbande sich vorzeitig durchschaut sah.

 

2. Kapitel.

Wir saßen zu vieren in Vaxholms feudalem Herrenzimmer. Wir hatten soeben gefrühstückt, und dabei über Theater, Wetter, Lindbergh, China und England-Moskau geredet. Geredet – um zu reden.

Nun waren wir hier im Herrenzimmer vor Dienerohren sicher. Die Baronin Freedensborg reichte Zigaretten und Liköre.

Vaxholm begann mit all seiner abgeklärten Ruhe …

„Lieber Harst, Sie haben ja bereits den an meine Schwester gerichteten Brief gelesen … Ich will Ihnen und Schraut nun diese etwas knappen Angaben ergänzen. –

Vor zwei Wochen lernte ich im hiesigen Aero-Klub diesen Ingenieur Felix Bruchstaller kennen. Der Mann ist Gentleman, sagte ich mir. Aber – es war Blendwerk … Der Mann spöttelte stets über die geplanten Ozeanflüge, tat so, als ob er all diese tollkühnen Leute unschwer übertrumpfen könnte, wenn man ihm nur Gelegenheit dazu böte. Eines Abends erklärte da der Direktor der Lundström-Werke, er wolle Bruchstaller eine neue Maschine zur Verfügung stellen. Der Ingenieur nahm dankend an. Bruchstaller behauptete, die Strecke bis Neuyork in dreißig Stunden zurücklegen zu können. Um ihn anzufeuern – er wollte ja einen schwedischen Apparat benutzen, und unser Nationalstolz war bereits in hellen Flammen! – schlug ich eine Wette vor … Ich und fünf meiner Freunde wetteten eine Million Kronen gegen Bruchstaller. Kam er in dreißig Stunden drüben an, sollte ihm die Million gehören, wenn nicht, so hatte er jedem von uns zehntausend Kronen zu zahlen. Die Wette wurde ganz sachlich behandelt. Wir sechs hinterlegten die Million bei einer Bank, und Bruchstaller tat dasselbe mit seinen sechzigtausend Kronen. Alles war in bester Ordnung. Heute, Sonntag nachmittag sechs Uhr sollte der Ingenieur starten. Aber inzwischen hatte sich der Direktor der Lundström-Werke unter der Hand nach diesem Herrn Felix Bruchstaller genauer erkundigt, und so kam heraus, daß der Ingenieur nicht nur weder ein Pilotenexamen abgelegt, noch Ingenieur war – sondern ein bereits vorbestrafter früherer Mechaniker aus … Berlin, vorbestraft wegen Körperverletzung allerdings nur. – Von uns zur Rede gestellt, erklärte der Gentleman, er sei zwar mal Mechaniker gewesen, habe sich dann aber selbst fortgebildet und habe ein gutes Recht, sich Ingenieur zu nennen. Ob wir ihn denn nicht als gleichstehend betrachtet hätten?! – Das stimmte freilich. – Und seine Vorstrafe – was bedeute eine betrunkene Geschichte, die mit zwei Wochen Gefängnis geendet habe?! – Auch das stimmte … – Trotzdem wollten wir natürlich die Wette rückgängig machen, zumal ja auch die Lundström-Werke einem ungeprüften Piloten keine Maschine anvertrauen mochten. – So lagen die Dinge vorgestern, Freitag abend …“

Vaxholm kippte einen Likör hinab.

„Ja – vorgestern abend im Klub … Die Aufregung dort können Sie sich vorstellen. Der einzig hundeschnäuzige – verzeih’ den Ausdruck, Schwester – blieb Bruchstaller. Er stand mitten unter uns, blond, sehnig, elegant, lächelte ironisch den Direktor der Lundström-Werke an … „Wenn Sie mir keine Maschine überlassen, werde ich sie Ihnen abkaufen …“

Das wirkte wie ein eisiger Wasserstrahl auf uns … – Sie werden Bruchstaller ja persönlich kennen lernen, Harst. Der Mann imponiert. Der Mann ist unbedingt ernst zu nehmen. – Dann wandte er sich an mich. „Herr Graf, ich verzichte auf die Wette mit Ihnen und Ihren Freunden. Ich werde als Deutscher für Deutschland den Rekord aufstellen. – Ich … hatte die Ehre, meine Herren …“

Verbeugt sich vor uns – will den Klub verlassen … – Ich bitte ihn zu bleiben. Wie gesagt, der Mann gefiel mir … immer mehr. Als Persönlichkeit, wenn ich ihn auch für einen Schwindler und Hochstapler hielt. Er gefiel mir so sehr, daß ich dafür sorgte, daß die Wette bestehen blieb. Aber – ich depeschierte an Sie, lieber Harst, damit Sie sich dieses seltene Gewächs von Ingenieur einmal in der Nähe ansehen sollten. Gleichzeitig gingen an meine Schwester Brief und Telegramm ab …“

„Weshalb?“ warf Harst interessiert ein.

Vaxholm machte ein sehr ernstes Gesicht.

„Weil ich schon am Donnerstag gemerkt hatte, daß ich auf Schritt und Tritt von mehreren Leuten beobachtet wurde. Ich ließ jedoch diese Kerle in dem Glauben, sie seien mir nicht aufgefallen. Deshalb die Depesche an Karla, – damit Sie gewarnt würden. Und – – Gott sei Dank traf ich damit das Rechte. Der D-Zug ist nicht entgleist …!“

Harald strich die Asche seiner Zigarette an der Onyxschale ab. „Sie bringen also diese drei Leute aus den Kabinen 6 und 7 mit Bruchstaller und den „Kerlen“, die hinter Ihnen her waren, in Verbindung …?“

„Ja!“

Harst schüttelte den Kopf. „Zu schnell kombiniert, Vaxholm! Wo sind die Beweise?“

„Nur Bruchstaller hat ein Interesse an meinem Tun!“

„Glauben Sie! – Eine andere Frage: Weshalb halten Sie diesen Ingenieur für einen Schwindler, während Sie ihn anderseits als Gentleman und Persönlichkeit bezeichnen?!“

„Gefühlssache, lieber Harst, – Menschenkenntnis, Welterfahrung …“

„Hm …! – Wie denken Sie sich’s, daß Bruchstaller mit diesem geplanten Ozeanflug einen Schwindel inszenieren und Sie etwa um die Million betrügen könnte?!“

„Das sollen ja gerade Sie herausfinden … Für solche Dinge sind Sie zuständig, bester Harst. Ich bleibe dabei: dieser Felix Bruchstaller ist ein Gauner ganz seltenen Kaliebers! Ein Leckerbissen für Sie!!“

Wieder schüttelte Harst leicht den Kopf …

„So, wie Sie mir den Mann geschildert haben, traue ich es ihm nicht zu, nur deshalb ein Zugunglück herbeizuführen, um vielleicht zwei Menschen, Schraut und mich, die ihm unbequem werden könnten, um die Ecke zu bringen. Bedenken Sie, Vaxholm, – die Chance, daß bei einer Eisenbahnkatastrophe gerade zwei bestimmte Personen mit zu den Toten oder Schwerverletzten gehören werden, ist doch sehr gering – sehr! Ein Mann, der die Kühnheit besitzt, den Atlantik überfliegen zu wollen, um mit einem Schlage reich zu werden …“

„Ah – sehen Sie, Harst, also auch Sie halten die Million für das Wesentlichste,“ unterbrach der Graf Harald aufs lebhafteste.

„Gewiß. Die Wette hat er herausgefordert. – Also ein solcher Mann von hohem persönlichem Mut hätte es doch auch nur unter ganz bestimmten Umständen nötig, mich zu fürchten. Jedenfalls sind die Dinge bisher so vollkommen ungeklärt, daß ich überhaupt noch nichts – weder für noch gegen Bruchstaller – äußern will. Ich betone nur: Wenn Sie, Vaxholm, lediglich gefühlsmäßig den Mann für einen Schwindler halten, tun Sie ihm vielleicht bitter unrecht. – Nun etwas anderes. Hat Bruchstaller einen Lundström-Eindecker neuesten Typs gekauft?“

„Ja. Gestern, Sonnabend nachmittag – gekauft und bar bezahlt.“

„Gedenkt er den Flug heute anzutreten – allein oder mit Begleiter?“

„Heute, lieber Harst. Die Zeit will er mir noch mitteilen. Als Begleiterin nimmt er eine überaus sporteifrige Engländerin mit, eine Miß Mabel Golling, die bis zum 1. Juni im Hause des Direktors der Lundström-Werke Erzieherin war und jetzt des Ingenieurs Verlobte ist.“

„So … so!!“ Und Harst wiegte wieder nachdenklich den Kopf hin und her. „Seine Braut also … In der Tat eine merkwürdig undurchsichtige Geschichte. – Wo ist die Million deponiert?“

„In der Schwedischen Nationalbank – auch Bruchstallers 60 000 Kronen. Um es gleich zu sagen, Harst: an die Million kommt Bruchstaller nicht heran, – falls Sie eben vermuten, er könnte sich als Bankräuber versuchen wollen … Die Nationalbank hat ganz moderne Tresors. Da ist nichts zu machen.“

„Hm – zu machen ist alles, bester Vaxholm … Ich werde nun mit Schraut ein wenig das Terrain sondieren. Sie entschuldigen uns … Wir sind in spätestens drei Stunden wieder hier …“

Es klopfte. Vaxholms alter Diener trat ein.

„Herr Graf, Herr Ingenieur Bruchstaller bittet um eine kurze Unterredung … Ich habe den Herrn in den Salon geführt.“

Wir schauten uns an.

„Gut, Holger, ich komme sofort,“ nickte Vaxholm.

Holger verbeugte sich und ging.

Harst erhob sich. „Vaxholm, Sie werden uns Bruchstaller vorstellen. Sie werden auch erwähnen, daß Sie uns zu längerem Besuch eingeladen haben. Die hiesigen Zeitungen werden ja doch berichten, daß Harald Harst im D-Zug Malmö–Stockholm … bestohlen worden ist. Wir wollen den Mann, sei er wer er sei, nicht mißtrauisch machen.“

In dem altmodischen Salon lehnte am großen Erkerfenster ein schlanker, blonder, bartloser Herr von etwa dreißig Jahren mit einem schmalen, energischen Gesicht, grauen, kühlen Augen und einer kühn geschweiften Nase.

Das war Felix Bruchstaller, der Gentleman und Leckerbissen. Gentleman – stimmte. Tadellose Umgangsformen, offenen, scharfen Blick, ruhige Sprache, größte Selbstbeherrschung.

Wir vier nahmen Platz. Die Baronin war im Herrenzimmer geblieben. Die Unterhaltung wurde in deutscher Sprache geführt und drehte sich fast ausschließlich um den geplanten Ozeanflug. Bruchstaller erklärte, er habe sich sein Vorhaben doch noch einmal gründlich überlegt, und beabsichtige, seine neue Maschine erst zu erproben, bevor er starte.

„… Wenn ich allein die Fahrt antreten könnte, würde ich nicht so vorsichtig sein. Da aber meine Braut darauf besteht, mich zu begleiten, habe ich Rücksichten zu nehmen. Mein eigenes Leben kann ich wohl aufs Spiel setzen, nicht aber das mir teuren Wesens. In Mabels[3] Interesse werde ich zunächst mehrere Probeflüge machen, und der Start kann sich daher um zwei oder drei Tage verschieben. Tag und Stunde bestimme ich dann also später, Herr Graf.“

Bruchstaller war in seinem ganzen Benehmen sehr zurückhaltend, blieb auch kühl und unnahbar, obwohl Vaxholm den Liebenswürdigen spielte. Für Harst und mich hatte der Ingenieur nur ein paar höfliche Redensarten. Wir waren ihm scheinbar absolut gleichgültig.

Sein Besuch währte kaum zehn Minuten. Er verabschiedete sich ebenso formell, reichte jedoch Harald und mir die Hand und sagte noch, er habe sich gefreut, hier zwei Landsleute zu treffen.

Als wir drei nun allein im Salon waren, blickte der Graf uns fragend an.

„Ihr Urteil, Harst? Und Sie, Schraut?“

Ich zuckte die Achseln. „Ein sehr verschleierter Charakter,“ erklärte ich.

Harst nickte. „Vielleicht ein perfekter Komödiant … Aber sympathisch … Auch Hochstapler können uns gefallen. – Vaxholm, Bruchstaller hat doch bereits Lundström-Apparate geflogen?“

„Und ob! Wenn er auch kein geprüfter Pilot ist: er versteht seinen Kram! Die Konkurrenzfirma der Lundström-Werke hat ihm bereits glänzende Anerbietungen gemacht.“

„Ist er auch schon mit dem neuesten Typ aufgestiegen?“

„Ja, mehrfach! … Freilich wohl nicht mit der Maschine, die er jetzt gekauft hat. Sie hat einen besonders starken Motor und verschiedene Verbesserungen.“

„Wo wohnt Bruchstaller?“

„Er hat sich im Skansen-Naturpark bei einem Aufseher eingemietet. Sie kennen Skansen ja … Dort, wo das Lappländerdorf steht, wohnt der Aufseher Guldnar.“

„Danke … – Jetzt entschuldigen Sie uns, Vaxholm … Der Fall beginnt mich zu interessieren.“

„So?! Und weshalb?“

„Weil Bruchstaller die Abreise hinausschiebt …“ Und Harst lächelte fein. „Wollen wir wetten, Vaxholm, daß aus den zwei Tagen Frist sechs Tage werden? Bestimmt sechs!“

Der Graf lachte. „Wie wollen Sie das wissen, Harst?! Sechs? Warum?!“

„Weil – – es so sein wird, wie ich vermute.“

„Was vermuten Sie?!“

„Denken Sie an die Million, Vaxholm. – Auf Wiedersehen …“

Wir begaben uns nach oben auf unsere Zimmer.

 

3. Kapitel.

Gleich darauf verließen wir das Haus. Harald war gänzlich stumm, rauchte Zigaretten, hatte kleine, zugekniffene Augen und war mit seinen Gedanken offenbar weit weg.

Wir gingen zum Hafen hinab. Wir kannten Stockholm wie Berlin. Der Dampfer brachte uns nach Skansen hinüber. Jeder Tourist besucht diesen Riesenpark, der zugleich permanente Ausstellung und Naturmuseum ist.

Das Häuschen des Aufsehers Guldnar war bald gefunden.

Vor der Tür eine Laube, mit wildem Hopfen berankt … Dort saß eine junge Dame, aschblond, hatte ein Buch vor sich liegen, blickte auf, schrak leicht zusammen …

Und klappte das Buch zu und legte es beiseite.

Harst fragte nach Bruchstaller und stellte sich vor.

Es war Mabel Golling.

„Mein Verlobter ist auf dem Flugplatz der Lundström-Werke, meine Herren … Kann ich ihm irgend etwas ausrichten?“

Sie sprach das Deutsche sehr gebrochen. Ihre kühle, glatte Schönheit mißfiel mir. Dieses reife Mädchen besaß fraglos bewußte Temperamentlosigkeit eines sehr kaltblütig abwägenden Charakters.

Harst trat näher an den Tisch heran.

„Miß Golling, Bruchstaller ist unser Landsmann. Ich hätte gern unter vier Augen mit ihm über seinen beabsichtigten Ozeanflug gesprochen. Gerade wir Deutschen sollten nichts leichtfertig unternehmen, was von Weltbedeutung ist.

Glückt ihm die Überquerung des Atlantik, so ist es gut. Mißlingt sie, wird man ihn und Deutschland mit Hohn und Spott überschütten. Man kennt ja die wahre Gesinnung der neidzerfressenen fremden Herrschaften. Sie gönnen es uns nicht, daß wir den Luftverkehr so meisterhaft organisiert haben.“

Und während er sprach, spielte er mit den Fransen der Tischdecke … Spielte … Wickelte sie wie absichtslos um den untersten Knopf seiner Sportjacke … Kleine Tricks …

Auf dem Tisch lag das hellbraun gebundene Buch, Rückseite nach oben, stand eine Vase mit Feldblumen und ein Aschbecher, in dem noch Miß Gollings dicke englische Zigarette ihren Qualmfaden emporkräuselte.

Die kühle Aschblonde nickte Harsts freundlichen Worten Beifall. „Ihre Bedenken als Deutscher sind durchaus berechtigt, Herr Harst, durchaus. Aber anderseits können Sie auch überzeugt sein, daß Felix Bruchstaller nicht der Mann ist, irgend etwas zu wagen, das[4] nicht mindestens achtzig Prozent Wahrscheinlichkeit des Erfolges verbürgt.“ Dabei verzog sie ein wenig die Lippen – für Sekunden – fast unmerklich: Ironie, überlegener Hohn!

O – diese Miß war doch sehr unvorsichtig! Das war die erste Blöße, die sie sich gab.

Die zweite Niederlage bereitete ihr Harald, indem er mit derselben Höflichkeit wegen unseres störenden Besuches um Entschuldigung bat und sich verabschiedete und …

Kleiner Trick …

… und schon bei der verabschiedenden Verbeugung die Decke vom Tisch riß, weil eben die Fransen nur allzu fest um den Knopf geschlungen waren.

Vase, Blumen, Wasser aus der Vase, Aschbecher – alles lag zu Harsts Füßen. Er bückte sich, bat wortreich um Verzeihung, trocknete das Buch mit dem Taschentuch ab und legte alles wieder an Ort und Stelle.

Miß Golling hatte geholfen, hatte etwas von oben herab erklärt, das kleine Malheur sei ja weiter nicht schlimm. Dann gingen wir, Harst nochmals verlegen zurückgrüßend.

Verlegen?!

Nein – verlogen!!

Als wir am Lappländerdorf und an der Renntierhürde vorüberkamen, sagte er mit leisem Auflachen:

„Ja, sie hatte es sehr eilig, das Buch zuzuklappen, als wir uns näherten. Und sie drehte das Buch um, Titel nach unten – auch faul. Ich hatte mir ungefähr gemerkt, wieviel Seiten umgeschlagen waren. Beim Abtrocknen fand ich die Stelle, die sie zuletzt gelesen. Es lag ein trockenes Blatt als Lesezeichen zwischen den Seiten. Das Buch heißt:

Professor Dr. Andree,

Die Strömungen des nördlichen Atlantik unter besonderer Berücksichtigung der Trift der Eisberge.

Du siehst, mein Alter, Miß Golling ist äußerst begierig, ihre Allgemeinbildung zu erweitern. Damen, die derartige Werke lesen, die dazu noch so dünne, grausame Lippen und eine so niedere bucklige Stirn haben, findest du vielfach im Album, das für unsere speziellen Freunde angelegt ist, – Verbrecheralbum!“

Wir stiegen einen schmalen Weg hinab. Unter uns lag der Felsenhafen Stockholms, jenseits das Königliche Schloß und das Dächermeer dieser alten, unausgeglichenen Stadt.

„Wenn die Golling ihren Verlobten über den Atlantik begleiten will,“ meinte ich nun ein wenig kampflustig, da ich Harsts Bemerkungen anders wertete, „dann ist es doch begreiflich, daß sie ein solches Buch studiert …“

„Hm – gestatte: Die beiden wollen im Flugzeug hinüber, nicht mit einer Jacht. Aber das ist ja alles gleichgültig … Fahren wir nach den Lundström-Werken[5] hinaus. Und wenn du mich lieb hast, mein Alter, beherrsche dich und frage nicht überflüssige Dinge. Ich habe natürlich auch vor Vaxholm und seiner Schwester geschauspielert … Das Eisenbahnattentat kommt auf Bruchstallers Konto und galt uns. Die Baronin hatte in Malmö ganz richtig beobachtet: die beiden Herren und die Dame aus Schlafkabinen 6 und 7 interessierten sich nur für uns. Und im Hause Vaxholms befindet sich fraglos ein Spion dieser Genossenschaft mit unbeschränkter Unternehmungslust – ein Spion, der von der Depesche an uns wußte und die Meldung weitergab … Wir werden den Betreffenden schon ermitteln. Im Hause sind außer dem alten Holger, der natürlich ausscheidet, noch fünf Dienstboten, zwei weibliche, drei männliche. Verdächtig kommt mir die Zofe vor, die unsere Zimmer oben besorgt.“

„Und – die Million?!“

„Ist dir das Geld die Hauptsache?! Mir nicht.“

„Aber – was ist denn die Hauptsache?“

„Die Art und Weise, wie die Herrschaften die Million … abheben werden …“ –

Als wir an der Nationalbank im offenen Auto vorüberkamen, ließ Harald halten. Er musterte das Gebäude, auch die Nebenhäuser und fragte den Chauffeur, ob die Bank einen Hofraum habe.

„Die Bank stößt mit der Rückfront an den Garten des Prinzen Olaf,“ erklärte der Chauffeur.

„Der Prinz ist in Italien, nicht wahr?“

„Jawohl … Das Palais steht leer.“

„Fahren Sie weiter …“ –

Auf dem Gelände der Lundström-Werke weit draußen im Nordwesten der Stadt schickten wir den Kraftwagen zurück. In geringer Höhe kreisten drei Maschinen, von denen die eine die Bezeichnung L. F. B.[6] an der Unterseite des Rumpfes trug. Das konnte nur „Lundström, Felix Bruchstaller“ heißen.

Der Direktor der Werke empfing uns mit größter Liebenswürdigkeit. Bei einer guten Zigarre plauderten wir eine halbe Stunde lang und begaben uns dann auf den Flugplatz. Bruchstaller war soeben gelandet.

Harst nahm ihn beiseite. Was er ihm sagte, war genau dasselbe, was er schon Miß Golling vorgehalten hatte, – er spielte sich eben als den um die Ehre Deutschlands Besorgten auf.

Der Ingenieur, jetzt im Lederdreß und in glänzender Laune, erwiderte ebenfalls so ziemlich mit Miß Gollings Worten: „Ich bin nicht der Mann, sehr verehrter Herr Harst, der etwa leichtfertig Derartiges wagt. Glauben Sie mir: ich werde es schaffen. Nur bitte ich auch Sie beide, meine Herren, meinen Plan geheim zu halten. Ich werde so tun, als ob ich meine Absicht aufgegeben habe. Ich hasse all diesen lauten Trara, mit dem auch jetzt wieder der Kollege Chamberlin gestartet ist. Meine Herren Wettgegner werden als einzige Startzeugen in aller Heimlichkeit dabei sein.“

Dann zeigte er uns den schnittigen Eindecker, der alles enthielt, was irgend in ein modernes Flugzeug eingebaut werden kann, auch eine Radioanlage.

Harst tat, als ob er mit derartigen Sende- und Empfangsvorrichtungen durchaus nicht vertraut sei, wie sie für kleinere Fahrzeuge üblich sind.

Bruchstaller erklärte uns den Apparat ganz eingehend. Sein Vortrag war fließend, gut durchdacht und ungemein verständlich. Seine Intelligenz wurde durch dieses Kolleg über Funkentelegraphie aufs beste bewiesen. Daß er mal einfacher Mechaniker gewesen, war ihm in keiner Weise mehr anzumerken.

Gemeinsam verließen wir nachher den Flugplatz und begaben uns zu Fuß zur Stadt zurück.

Bruchstaller gab sich auch jetzt vollkommen harmlos. Er hätte wohl jeden getäuscht. Er war in der Tat eine Delikatesse. Darin hatte Freund Vaxholm schon recht.

In der sonntäglich lebhaften Karl-Johanns-Straße trennten wir uns wie alte Bekannte: Händedruck – – auf Wiedersehen!

Wir beide stiegen zu unseren Gastzimmern im Vaxholmschen Hause empor. Es war halb drei Uhr nachmittags, und wir mußten uns schleunigst zum Diner umziehen. In dieser Hinsicht war der Graf ganz Kavalier der alten Schule: zum Diner Smoking, zum Souper Frack.

Beim Diner lernten wir die fünf anderen Wettgegner Bruchstallers kennen. Die Baronin spielte die Hausfrau, mit dem ganzen Charme ihrer gewinnenden Persönlichkeit. Wir hatten sie bisher persönlich nicht kennengelernt, und sie hatte morgens beim Frühstück herzlich gelacht, als Harst ehrlich zugab, wie falsch er sie in Malmö eingeschätzt hatte.

Um fünf Uhr konnten wir uns wieder auf unsere Zimmer zurückziehen. Wir waren reichlich müde und abgespannt. Die schweren Weine bei Tisch verhalfen uns denn auch zu einem festen Schlaf.

Bevor ich nun die weiteren Ereignisse dieses Sonntags, des 5. Juni, schildere, will ich ganz kurz die Lage unserer Zimmer im zweiten Stock des altertümlichen Vaxholm-Hauses beschreiben.

Wir hatten ein gemeinsames Wohnzimmer mit Bad daneben zur Verfügung. Die vier Fenster beider Räume gingen auf den Garten hinaus – ein kleiner, schöner Park mit uralten Bäumen. Vor dem Wohnzimmer befand sich ein breiter Balkon mit Glasdach und Steinbrüstung.

Wir hatten im Wohnzimmer einen Diwan und zwei sehr bequeme Klubsessel. Den Diwan benutzte ich, Harst schlief im Klubsessel. Die beiden Türen nach dem Flur hin hatte ich von innen verschlossen und verriegelt, und Harald war sogar so vorsichtig gewesen, beide Zimmer zu durchsuchen, ob nicht vielleicht irgendwo ein unerwünschter Eindringling sich verborgen hätte. Die Tür nach dem Balkon war freilich offen geblieben, Harst meinte, von dort könnte niemand herein. Das Glasdach biete genügend Schutz.

Er irrte sich zu unserem Schaden.

Was mit uns vorgegangen, während wir in tiefstem Schlafe arglos dalagen, erfuhren wir erst später. Ich kann nur zunächst angeben, wie ich erwachte, nachdem ich zuletzt sehr wüst geträumt hatte. Daß inzwischen mehr als zwölf Stunden verflossen waren, kam mir natürlich nicht zum Bewußtsein, als ich mühsam die Augen ausschlug, sie schnell aber wieder schloß, da ein unheimliches Schwindelgefühl mich packte und mein Magen sich umzukrempeln suchte. Trotzdem hatte ich aber durch diesen einen kurzen Blick bereits wahrgenommen, daß ich in einem engen Raume lang ausgestreckt lag – und nicht mehr auf dem weichen Diwan, wo ich eingeschlafen war.

Das Karussell in meinem Schädel stoppte wieder ab. Ich hatte fürchterliche Stiche in den Schläfen und nicht minder arges Ohrensausen. Mein Hirn funktionierte noch nicht recht. – Wo befand ich mich? Was war geschehen? – Allmählich wurde mir der Kopf klarer. Ich besann mich jetzt genau auf das Wohnzimmer im Vaxholmschen Hause, ebenso auf das vorausgegangene üppige Diner, meine Müdigkeit und unsere Vorsichtsmaßregeln vor dem Nachmittagsschläfchen.

Richtig: Harst hatte ja im Skansen-Park geäußert, er hielte die Zofe für eine Spionin Bruchstallers.

Wo war ich?!

Ein zweiter Blick ringsum … Geringeres Schwindelgefühl.

Neben mir lag Harst.

Er schaute mich an. Und als er nun zu sprechen begann, merkte ich erst, daß ich an Händen und Füßen gefesselt war. Die Arme hatte man mir über der Brust gekreuzt, und dem Druck der Fesseln nach zu urteilen, waren es Drahtschlingen, die so hart in die Haut der Handgelenke einschnitten.

„L. F. B.“ hatte Harald gesagt …

Nur das … Es genügte …

Ich hörte das gleichmäßige Surren eines Propellers …

Wir lagen im Rumpf des Eindeckers, und wer diesen steuerte, darüber brauchte ich nicht weiter nachzugrübeln.

Harald fügte hinzu:

„Eine Delikatesse, dieser Felix …! In jeder Beziehung großzügig. Er versteht sein Geschäft. Ich bin nur neugierig, wo er uns aussetzen wird.“

Mein Schädel schmerzte, doch selbst diese peinvollen Stiche vergaß ich über der Frage: Was würde Bruchstaller mit uns beginnen?!

Der Raum, in dem wir lagen, erhielt sein Licht durch das Fenster einer winzigen Tür, die nach vorn führte.

Diese Tür ging auf. Mabel Golling im Lederanzug beugte sich zu uns hinab.

„Ah – schon wach …!“ meinte sie gleichmütig. „Das ist eigentlich schade. In Ihrem Interesse hätte ich gewünscht, Ihre Betäubung würde länger gedauert haben. Es ist nicht angenehm, bei vollem Bewußtsein aus zweitausend Meter Höhe ins Meer geworfen zu werden. Das hat jedoch noch Zeit. Wir haben soeben erst Malmö hinter uns. Felix will den Probeflug bis Helgoland ausdehnen. Vor Helgoland gehen Sie beide über Bord.“

Sie bückte sich noch tiefer, prüfte sehr sorgfältig unsere Fesseln und wollte sich wieder zurückziehen.

„Einen Augenblick, Miß Golling …“

„Bitte, Herr Harst … Sie wünschen?“

„Ich möchte Bruchstaller sprechen …“

„Das ist zum Glück nicht möglich … Er sitzt am Steuer. Vielleicht würde es Ihnen gelingen, ihn umzustimmen, und das wäre für uns ein zu großes Risiko, Sie beide etwa am Leben zu lassen, nachdem es uns so gut geglückt ist, Sie aus Vaxholms Haus fortzuschaffen.“

Sie sprach mit einer raffiniert boshaften Kaltschnäuzigkeit. Sie war eine brutale Bestie, schlimmer als Bruchstaller, wie sie ja soeben selbst eingeräumt hatte.

„Die rotblonde Zofe hat dabei geholfen,“ sagte Harst genau so kühl, nur mit leichtem, ironischem Unterton. „Sie ist durch die Luftscheibe im Glasdach des Balkons hinabgekommen und hat uns mit Chloroform betäubt. Dann wurden wir über den Bodenraum ins Nachbargebäude geschafft, wo einer Ihrer Verbündeten sich eingemietet hatte – Mansarde, nehme ich an. Und nachts brachte man uns weiter fort – dorthin, wo der Eindecker bequem landen und uns aufnehmen konnte.“

Mabel Golling lehnte an der Tür.

„Verblüffend, Herr Harst …! Es stimmt alles haargenau!“

„Daran ist durchaus nichts Verblüffendes, Miß Golling … – Wann werden Sie die Stahlkammer der Nationalbank besuchen?“

„Bald, Herr Harst …“ – Sie lachte – ein trockenes Lachen … „Und Sie werden uns nicht dabei stören, Herr Harst. Niemand wird gegen uns Verdacht schöpfen, denn in Ihrem Wohnzimmer bei Vaxholm lag ein Zettel mit Ihrer tadellos gefälschten Handschrift, daß Sie beide schleunigst für längere Zeit nach Bergen verschwinden müßten. Vaxholm wird also keinen Lärm schlagen.“

„Ja – sehr schlau, Miß Golling. Hiermit haben Sie entschieden mehr Glück gehabt als mit dem Felsrutsch vor dem D-Zug …“

Wieder lachte sie …

„Die Medizin, die Ihnen beiden jetzt gereicht werden wird, wirkt sicherer … Nordseewasser schließt jeden Mund für immer …“

„Unter Umständen, Miß Golling … – Wie spät haben wir es?“

Sie schaute auf ihre kleine Armbanduhr, die einen dunkelgrünen Riemen und eine eigentümliche Klappschnalle in Form eines Schlangenkopfes hatte.

„Genau neun Uhr vormittags … Um sechs Uhr morgens sind wir in Stockholm aufgestiegen, um sieben nahmen wir Sie beide bei Aarbör auf einer trockenen Wiese an Bord, und … ja, denken Sie, – um acht Uhr fing ich ein Funktelegramm auf, daß der amerikanische Flieger Chamberlin bei Eisleben notgelandet ist. Er hat also den Atlantik wirklich überflogen, – was Felix übrigens auch gelingen wird.“

„So?! Ich denke, die Million ist ungefährlicher durch einen Bankeinbruch zu erlangen …“

„Das kommt darauf an, Herr Harst. Ich …“

Von vorn eine Stimme: „Mabel!!“

Mabel schlug die kleine Tür zu …

 

4. Kapitel.

„Die Aktien stehen schlecht, mein Alter,“ sagte Harst und wälzte sich hin und her. „Diese Fesseln sind nicht abzustreifen. Es ist eine sehr üble Patsche. Trotzdem brauchst du kein so jämmerliches Gesicht zu machen … Bruchstaller wird mit sich reden lassen, und die Golling auch. Ich werde ihnen eine halbe Million bieten, wenn sie uns schonen …“

Nun – ich selbst hoffte kaum mehr. Man weiß ja, was ein Weib vermag. Und diese Mabel war eine bösartige Tigerin.

Vorn vernahmen wir jetzt einen heftigen Wortwechsel …

Die Stimmen übertönten sogar das Propellergeräusch.

„Es geht um uns,“ meinte Harald. „Ein Jammer, daß dieser Bruchstaller sich in den Klauen dieses Weibes befindet. Liebeshörigkeit! Gerade diese kalten Naturen vom Typ einer Mabel Golling peitschen die Sinne am meisten auf. – Da – wie sie streiten, wie die Golling kreischt! Ja, es geht um uns … Bruchstallers Gewissen, das Bessere in ihm, ist erwacht … Warten wir ab … Wenn ich nur nicht so hungrig wäre …!“

Der Eindecker schaukelte plötzlich beträchtlich, kam aber bald wieder in ruhige Lage.

Die zankenden Stimmen waren verstummt.

„Bruchstaller hat den Kurs geändert, mein Alter … und das bedeutet Hoffnung!“ sagte Harald und richtete sich langsam zu sitzender Stellung auf. „Recht kalt hier … Zweitausend Meter Höhe … Und wir nicht eben warm angezogen … Das wird einen Schnupfen geben, fürchte ich.“

Wieder öffnete sich da die kleine Tür.

Mabel …

Mit Thermosflasche, Becher, Hartzwieback …

Und einem Gesicht, als ob sie uns nicht füttern, sondern vergiften wollte.

„Hier – trinken Sie … essen Sie! Felix ist ein Narr!“

„Durchaus nicht, Miß Golling. Es scheint Ihnen ja sehr schwer geworden zu sein, Ihrem Verlobten nachzugeben, der uns nicht so kaltblütig ermorden will wie Sie es wünschten.

Was wird nun mit uns?“

Sie … lachte …

„Ob das, was ich jetzt durchgesetzt habe, für Sie beide angenehmer sein wird, ist zweifelhaft. Wir fliegen nunmehr nach Norden. Die Seewarte Bergen hat gestern Eisberge nordöstlich von Bergen im Atlantik, zweihundert Seemeilen von der Küste ab, gemeldet. Unser Benzinvorrat erlaubt uns diesen Umweg. Um zwölf Uhr mittags dürften wir einen Eisberg sichten. Dort können Sie beide dann Robinson spielen … Wir lassen Ihnen Ihre Waffen, Ihre Pistolen … Felix wird dicht an dem Eisberg vorüberstreichen, und dann müssen Sie ins Wasser springen und auf Ihre weiße Rettungsinsel zuschwimmen … – Trinken Sie …!“

Ich merkte: sie war wütend, weil Bruchstaller ihr diesmal nicht gehorcht hatte.

Dennoch fütterte und tränkte sie uns mit einer Geduld, die bewundernswert war.

Aber nachher kam die Nachspeise …: Hohn, Haß …

„Das war Ihre Henkersmahlzeit, meine Herren!!“ Und wieder das scheußliche Lachen. „Rechnen Sie nicht darauf, von dem Eisberg lebend wieder herunterzukommen … Die Trift dieser Eismassen dort berührt keine Schiffahrtsroute, und Fischer wagen sich nicht so weit hinaus … Sie werden sterben – – und der Tod im Wasser wäre barmherziger gewesen.“

„In der Luft, meinen Sie, Miß Golling, denn ein Mensch, der aus zweitausend Meter Höhe abgeworfen wird, stirbt schon durch den Luftdruck des Absturzes.“

„Danke für [die][7] gütige Belehrung,“ – und die Tür schlug wieder zu.

Wir saßen aufrecht. Wir hatten warmen Tee getrunken, hatten uns sattgegessen. Wir sahen die Welt wieder mit trostvollen Augen an. Der Eisberg war ja kein Paradies, aber noch immer besser als zweitausend Meter hinabsausen.

Harald blinzelte mir zu …

„Galgenfrist, Max Schraut … Immerhin eine Frist …!“

Und abermals erschien die grimme Mabel, diesmal mit wollenen Decken für uns …

„Felix ist ein kompletter Narr!“ fauchte sie …

„Durchaus nicht, Miß Golling … Ich habe ihn beinahe lieb …“

Sie schmetterte das Türchen zu …

Die Decken waren eine Gabe Gottes.

„Gepriesen seien die Schafe, die die Wolle dazu lieferten!“ meinte Harald, der jetzt in glänzender Laune war. „Ich wette, daß Bruchstaller uns diese Decken und ein paar Pakete Zwieback auf das Eis wirft!“

Dann streckte er sich lang …

„Versuchen wir zu schlafen … – Gute Nacht!“

„Deine Witze sind etwas unangebracht!“ – ich war wirklich gereizt. Die Robinsonade auf einem Eisberg erschien mir durchaus nicht verlockend.

Harst blieb stumm.

Unglaublich, aber wahr: in kurzem schlief er ganz fest, pustete, schnaubte … Beneidenswert!!

Ich tat kein Auge zu. Und das ist begreiflich. Wir hatten bisher ein einziges Mal weit drunten im Südpolargebiet das zweifelhafte Vergnügen gehabt, auf einer Eisscholle nach einer erschütternden Schiffskatastrophe vier Tage umherzutreiben. Das war vor sechs Jahren. Und doch: jene Tage, in denen wir halb erfroren und halb verhungert in dumpfer Ergebenheit den Tod erwartet hatten, waren in meiner Erinnerung noch schreckhaft lebendig und drängten sich mir gerade jetzt mit allen peinvollen Einzelheiten fast grausam deutlich wieder auf.

Schlafen?! Nein – ich besaß nicht Haralds robuste Nerven! Ich lag da, lauschte seinen tiefen Atemzügen und dem unaufhörlichen Summen und Surren des Propellers.

Mabel Golling erschien nicht wieder.

Ein Zustand fieberhafter Erregung ließ jenes scheußliche nervöse Kribbeln in meinen Füßen aufleben, das schließlich in Zuckungen und leichte Krampfanfälle übergeht. Außerdem starben mir die Hände infolge der engen Fesseln immer mehr ab. Ich richtete mich auf. Mein verzweifelter Blick irrte umher, suchte nach irgendeinem Gegenstand, der sich vielleicht mit den Zähnen erreichen ließ und der sich dazu eignete, die Drähte durchzufeilen. Aber außer ein paar gut verstauten Benzinkannen gab es hier nichts, was uns hätte helfen können. So schlichen Minuten, Stunden dahin …

Ich befand mich schließlich in jenem Zustand körperlicher und geistiger Erschöpfung, der uns gegen alles vollkommen gleichgültig macht. Ich hatte nur den einen Wunsch, mich wieder frei bewegen zu können … andere Luft zu atmen.

Und der Eindecker flog weiter und weiter.

Plötzlich schrak ich empor …

Die kleine Tür stand offen, und Mabel Golling war bereits dabei, Harald die Fußfesseln abzunehmen.

„Es ist Zeit,“ sagte sie mit boshafter Betonung.

Dann standen wir beide mit gefesselten Händen (jetzt auf dem Rücken gefesselt) vor der offenen, gewölbten Ausgangstür des Flugzeugs …

Mabel mit einer Repetierpistole hinter uns. Sie hatte uns eindringlich gewarnt, nicht etwa einen Angriff auf sie zu wagen. Sie hätte natürlich geschossen. So dumm waren wir doch nicht, ihr den Gefallen zu tun, uns niederknallen zu können …

Rechts erblickten wir einen ungeheuren Eisberg mit hohen blinkenden Kuppen. Der Eindecker flog ganz niedrig, senkte sich immer mehr, hielt auf ein flaches, körniges Schneefeld zu … Mabel nahm mir die Handfesseln ab …

„Springen Sie!“

Der L. F. B. glitt in fünf Meter Höhe über die glatte Fläche hinweg … Ich sprang – nach vorwärts …

Mit unheimlichem Sausen hörte ich das Steuer des Eindeckers über mir …

Ich fiel auf Hände und Füße, schlug mir die Nase blutig, zerriß mir die Handflächen. Sprang auf …

Harst landete ebenso glücklich … Und dann flogen aus der Tür des L. F. B. einige Gegenstände herab …

Die Wolldecken flatterten wie Riesenvögel nach unten. Ein Paket klatschte ins Wasser … Der Eindecker schoß wieder empor …

Harald rannte zur Eiskante … Eine mitleidige Welle warf ihm das Paket Hartzwieback vor die Füße, bevor es voll Wasser gesogen und versunken war.

Wir blickten dem L. F. B. wortlos nach, wie er sich höher und höher schraubte und schließlich als helles Pünktchen im klaren Äther verschwand.

„Zwei Wolldecken, drei Zweipfundbüchsen Fleisch, drei Pakete Hartzwieback und zwei Schachteln Zigaretten …,“ sagte Harst, als wir unsere verstreuten Reichtümer zusammengesammelt hatten. „Dazu zwei Taschenmesser, zwei Clementpistolen, drei Patronenrahmen, zwei Taschenlampen, vier Ersatzbatterien, zwei Nagelfeilen, zwei Taschentücher, zwei Füllhalter, zwei …“

„Hör auf!“ Ich wurde grob.

„Gestatte, – das alles ist mehr, als je zwei echte Robinsone besessen haben … – Verteilen wir die Sachen. Aus den Decken machen wir Rucksäcke, und dann wollen wir diese Eisinsel erst mal gründlich durchforschen, die meiner Schätzung einen Durchmesser von einer halben Meile hat. Es ist ein Eisberg, wie er nicht häufig in diesen Meeresstrichen angetroffen wird, und es sollte mich sehr wundern, wenn wir nicht in einer Bucht der weißen Insel auf Robben stießen. Vorwärts also!“

Robben!! Das war ein Hoffnungsstrahl.

Meine gereizte Stimmung milderte sich.

Wir marschierten los.

Überall auf dem Eisberg hatten sich in tieferen Stellen bereits Wassertümpel gebildet. Aber trotz des prallen Mittagssonnenscheins schätzte ich die Wärme auf höchstens vier Grad. Unsere Hände und Füße bekamen wieder Gefühl. Harst legte ein ordentliches Tempo vor. Wir hielten uns immer dicht am Rande der Eisinsel, denn das Innere bestand aus lauter Zacken und Hügeln und Abgründen und Schluchten.

Wer noch nie einen solchen weißen Wanderer aus dem hohen Norden gesehen hat, macht sich schwer eine Vorstellung von den vielfachen Schönheiten dieser der Schiffahrt so sehr bedrohenden Eismassen. – Ich kann mich hier mit Naturschilderungen nicht aufhalten. Wir sahen, als wir um ein hohes Kap bogen, eine schmale Bucht … Und am Eisstrande in der Sonne an die zweihundert Robben wie schwarze Flecke, dazu Scharen von Möwen und Lummen und Eidergänsen.

Harst lachte still in sich hinein …

„Nun, Max Schraut?! Hungern werden wir hier nicht, und …“ Er schwieg … Starrte zu Boden – hinter einen Eisblock … Dort lag ein toter Eskimohund … Von den Möwen bereits angehackt … Der Bauch offen … Scheußlich.

Aber ein Hund … Harald blickte bedächtig rundum …

Zeigte auf eine dreißig Schritt weiter ab liegende kleine Tonne … Wollte etwas sagen …

Jemand anders sagte etwas …

Es gab hier am Buchteingang eine ganze Menge Eisblöcke, und hinter einem besonders stattlichen und zackigen kam die helle, klare Stimme hervor:

„Hände hoch, meine Herren …!“

In den Rissen des Blockes waren zwei Büchsenläufe erschienen.

„Hände hoch! Stehen Sie still!“

Englisch … Aber ein leichter fremder Akzent.

„Mit dem größten Vergnügen!“ rief Harst zurück. „Wir freuen uns, daß wir hier nicht allein sind … Im übrigen sind wir ganz ungefährlich …“

Es war nichts dagegen zu machen: der kleine Kerl von Eskimo mit seinem schmierigen Puppenkopfgesicht fesselte uns die Hände auf dem Rücken, während uns gegenüber eine Europäerin im Pelzanzug und ein zweiter Eskimo uns mit schußbereiten Repetierbüchsen bedrohten.

Harst ließ alles mit sich geschehen.

Die blonde Frau (ganz jung war sie nicht mehr) winkte dann ihren beiden Eskimogefährten gebieterisch zu, schritt voran, und wir mußten hinterdrein.

Harst sagte gutgelaunt: „Mit der Robinsonade ist es nichts! Die Insel ist bewohnt. Es wird sich alles, alles finden …“

 

5. Kapitel.

Nichts fragen![8]

Es fand sich alles – stimmt.

Nach einem stillen Marsch von einer Viertelstunde waren wir auf der anderen Seite des Eisberges angelangt, wo am Fuße eines zerklüfteten Eishügels eine Hütte aus Bootsplanken mit einer Tür und einem Fenster uns wohnlich entgegenwinkte.

Aber was wir dort sonst noch bemerkten, war alles in allem etwas sonderbar.

Auf dem flachen Dach der Hütte lagen zwei Eskimofellboote, Kajaks. Vor dieser kleinen Wochenendvilla aber war ein Holzpfahl ins Eis getrieben, an den mit einer Kette ein Eisbär angebunden war. Er schien sich an die Gefangenschaft schon gewöhnt zu haben und fraß gerade das Hinterviertel eines der tot umherliegenden Hunde auf. Ich zählte sechs Hunde, aber einen lebenden bemerkte ich nicht.

Die blonde Frau war in der Hütte verschwunden. Die beiden Eskimos führten uns zu einem Eisblock, auf dem als Sitz ein Brett lag. Wir mußten Platz nehmen und wurden mit Seehundriemen an diese Bank von Eis gefesselt. Die Sonne beschien uns, und die ganze Situation war so eigenartig, daß ich dieses Abenteuer so mehr als Fastnachtsscherz hinnahm, zumal die Eskimos mit uns sehr zart umgingen. Die Fesseln drückten nicht weiter.

„Numock!“

Die Stimme aus der Hütte ließ einen unserer Wächter eilends dem Rufe der Herrin gehorchen. Der andere transtinkende kleine Schmierfink setzte sich auf einen … toten Hund, legte die Büchse über die Knie und glotzte uns an.

Nach einer Weile trat Herr Numock wieder aus der Hütte hervor, über dem Arm zwei Pelzanzüge.

Zuerst mußte ich die Fellhosen und den Fellrock überziehen. Ich tat es gern, obwohl die Sachen ziemlich übel dufteten und sicherlich voller Flöhe waren.

Dann Harald.

Dann saßen wir wieder als Gefangene in der Sonne und warteten sehnsüchtig darauf, daß die blonde Donna wieder erschiene und uns endlich sagte, weshalb sie uns wie Räuber behandelte.

Der Eisbär hatte das Hinterviertel verspeist und machte nun an seiner Kette die komischsten Anstrengungen, einen der toten Hunde mit den Pranken zu sich heranzuziehen. Die gelbweiße Bestie sah ziemlich unappetitlich aus. Um den Pfahl herum lagen Kotmengen, und der Gestank war fast unerträglich. Dann knarrte die Hüttentür.

Mit einer Zigarette zwischen den Lippen erschien die Herrin der weißen Insel. Sie hatte (weibliche Eitelkeit – unglaublich!!) inzwischen Toilette gemacht. Auf den ersten Blick sah ich, daß sie jetzt gepudert und anders frisiert war.

Sie lehnte sich an den Türrahmen und rauchte und schaute über die leichtbewegte See hinweg. Wir waren Luft für sie.

Das wirkte ziemlich lächerlich.

Harst rief ihr schließlich zu:

„Sie gestatten, Miß, daß wir uns Ihnen in aller Form vorstellen … Dies hier ist mein Freund Max Schraut, eine anerkannte Größe auf dem Gebiete der Verbrecherjagd. Ich selbst heiße Harald Harst. Mein Name erfreut sich leidlicher Berühmtheit. Wozu soll ich mein Licht unter den Scheffel stellen oder …“

Die Blonde hatte den Kopf mit einem Ruck gedreht …

„Herr Harst?!“ rief sie ungläubig …

Und das war fließendes Deutsch …

„Wirklich Herr Harst?! Können Sie das beweisen?“

„Aber natürlich. In unseren Brieftaschen befinden sich unsere Ausweise nebst abgestempelten Lichtbildern …“

Sie kam näher. Sie hatte in ihren Bewegungen etwas, das an Theater, Bühne, Varieté erinnerte.

„Erlauben Sie,“ fügte Harst ebenso ironisch-liebenswürdig hinzu, „daß ich Ihnen meine Brieftasche überreiche …“

Der eine der Eskimo, Herr Numock, war vorhin hinter die Hütte gegangen … Vielleicht in dringenden Geschäften.

Brieftasche überreiche …!!

Haralds Hand kam zum Vorschein …

Nicht mit der Brieftasche, mit der Clement …

„Ich denke, meine verehrte Landsmännin, wir einigen uns auf friedlichen Verkehr … Daß Ihr büchsenbewaffneter Wächter dort keine einzige Patrone mehr besitzt, steht wohl fest … Sonst hätten Sie die Hunde nicht aus Mangel an Nahrung für die Tiere erstochen. Ihre Munition haben Sie verbraucht. Wir beide dagegen – ah, mein Freund hat auch bereits die Hände frei! – (das stimmte) – haben hier je neun Schuß zur Verfügung …“

Der Eskimo mit seiner zwecklosen Repetierbüchse saß wie ein Häufchen Unglück auf dem toten Hunde.

Die Landsmännin lächelte verzerrt … Ich bückte mich.

Auch unsere Füße waren frei. Harst erhob sich.

„Man soll Damen nicht nach ihrem Namen fragen,“ sagte er mit jener liebenswürdigen Zwanglosigkeit, die gerade bei ihm so bestechend wirkt. „Ihr etwas aggressives Verhalten uns gegenüber, meine Gnädige, mag durch besondere Gründe veranlaßt worden sein. Schraut und ich sind nicht nachtragend und auch nie unnötig neugierig. Wir werden Ihre Geheimnisse achten. Wir wollen nur hier in Frieden miteinander leben. Übrigens werden wir beide auch versuchen, schleunigst von hier wegzukommen. Ich muß unbedingt nach Neuyork und zwar baldigst. Wenn ich mich nicht irre, dürfte sich hier irgendwo auf dem Eisberg ein Wrack befinden. Vielleicht ist auch noch ein größeres Boot vorhanden.“

Die blonde Frau gab sich offenbar alle Mühe, jetzt ihr Verhalten dem Haralds anzupassen.

„Wenn ich gewußt hätte, mit wem ich es zu tun hatte,“ meinte sie mit offenem Blick und einem leicht verlegenen Lächeln, „so würde ich Sie beide nicht wie … Verbrecher hier auf meiner Eisinsel empfangen haben. Die seltsame Art, wie Sie hier von einem Flugzeug aus landeten, hatte mich mißtrauisch gemacht. Ich verhehle nicht, daß ich in der Tat ein Geheimnis zu hüten habe. Sie sollen ein Boot haben, Landsleute. Nur mit Proviant kann ich Ihnen nicht dienen. Trinkwasser liefert Ihnen das Eis. Auch Rum können Sie mitbekommen. Nur stelle ich eine Bedingung: Sie bleiben hier bei der Hütte, während die Eskimos und ich das Boot herbeischaffen. Es ist ein halb gedeckter Kutter, und ich hätte längst mit ihm die Insel hier verlassen, wenn meine beiden Eskimos etwas vom Segeln verstünden.“

„Aber so begleiten Sie uns doch!“ schlug Harald vor.

„Nein, das geht nicht, Herr Harst. Bitte fragen Sie nichts – genau so, wie ich Sie nicht ausfragen will. – Numock, du kommst mit …“

Zwei Stunden drauf war der tadellose Kutter bereit. Wir schossen dann noch schnell an der Bucht, wo wir vorhin die vielen Robben bemerkt hatten, acht ausgewachsene Tiere. Drei davon nahmen wir mit. Die übrigen überließen wir der blonden Frau. Salz genug zum Einpökeln des Fleisches war vorhanden.

Genau um fünf Uhr nachmittags stießen wir von der weißen Insel ab. Die Segel des Kutters füllten sich, und wir winkten der Unbekannten ein letztes Lebewohl zu.

Wir steuerten nordwestlichen Kurs. So mußten wir am schnellsten die Dampferroute Bergen–Neuyork erreichen.

Um halb sechs verschwanden die letzten Spitzen der Eisgipfel der geheimnisvollen schwimmenden Insel unter dem Horizont … Das Schicksal spielt merkwürdig …

Wir sollten die blonde Fremde unter ungewöhnlichen Umständen wiedersehen.

 

 

Um die Million

 

1. Kapitel.

Ich habe das letzte Kapitel wahrlich nicht aus Effekthascherei „Nichts fragen!“ überschrieben. Wir fragten nichts – sie fragte nichts! Wir waren also gleichsam quitt, und ihr doch zu unendlichem Dank verpflichtet. Der prächtige Kutter war ein mehr als großmütiges Geschenk.

Nichts fragen!

Ein vielleicht düsteres Geheimnis war mit dem riesigen Eisberg unter dem Horizont verschwunden …

Nichts fragen!

Nun, ich brauchte mich an diese Abrede nicht zu halten. Ich fragte, während ich Fleischer spielte, die Robben abhäutete und zerlegte und Harald am Steuer saß.

„Harald, war das Bluff, als du sagtest, du wolltest nach Neuyork?“

Er rauchte mit sichtlichem Behagen eine der Zigaretten, die Felix Bruchstallers Großmut uns gespendet hatte.

„Bluff?! Keineswegs, mein Alter …! Natürlich müssen wir nach Neuyork – oder wenigstens dort in die Nähe … Ich möchte Bruchstaller empfangen …“

Mein verdutztes Gesicht war mir wahrlich nicht zu verargen …

„Ich denke, Bruchstaller will in die Bank einbrechen?!“

„Blödsinn! An einen modernen Banktresor wagt sich keiner von jener Zunft der Knacker mehr heran. Die Geschichte mit diesem Rekordflug hat einen ganz anderen Haken. Möglich, daß ich mich irre, aber ich glaube es nicht.“

„Und der Haken wäre?“

Harst lachte. „Verdirb mir doch nicht den Spaß! Ich freue mich ja schon immer im voraus auf dein Gesicht, wenn des Pudels Kern urplötzlich zutage tritt! Nein, Max Schraut, gedulde dich … Und jetzt kannst du noch den Außenklüver setzen … Der Wind flaut ab. Wir brauchen mehr Segelfläche.“

Ich wusch mir die Hände außenbords, und dann spielte ich Matrose, nachher Koch.

Um elf Uhr abends waren wir an Bord des Frachtdampfers „Fritjof[9] Nansen“, der mit einer Ladung Erz nach Neuyork unterwegs war und gestern abend Bergen, die norwegische Fischstadt, verlassen hatte. Unser Kutter wurde an Deck gehißt. Da er keinerlei Namen trug, konnten wir dem Kapitän gegenüber getrost ein Märchen vorbringen: wir seien von Malmö am Ausgang des Hardanger-Fjords zu einer Segeltour vorgestern aufgebrochen, in Nebel geraten, der Kompaß sei uns über Bord gefallen – und so weiter. Unsere Namen änderten wir in Hirth und Schramm um, Beruf: Schriftsteller, Touristen aus Berlin.

Weshalb sollte der brave Kapitän uns das alles nicht glauben?! Zumal wir noch die Einzelheit mit dem Eisberg vorbrachten, natürlich ohne die blonde Frau zu erwähnen?!

Der „Fritjof Nansen“ hatte achtern vierzehn Passagierkabinen, von denen neun besetzt waren. Wir nahmen eine Doppelkabine, Nummer 11, 12, und erhielten noch ein großartiges Abendessen vorgesetzt, dem wir alle Ehre antaten. Harst fragte den bedienenden Steward, wieviel Knoten der Dampfer mache.

„Fünfzehn … Es ist ein ganz neues Schiff,“ meinte der Mann stolz.

Harald nickte befriedigt. „Wann können wir in Neuyork sein?“ wollte er weiter wissen.

„Am elften etwa … Später jedenfalls nicht, Herr Hirth.“

Dann waren wir allein …

Harst gähnte. „Wir schaffen’s, mein Alter, wir schaffen’s! Vorläufig können wir nun auf unseren Lorbeeren ausruhen … Gehen wir schlafen …“

Unsere Schlafkabine war Nummer elf. Die Betten standen übereinander. Die peinliche Sauberkeit auf dem Nansen behagte uns außerordentlich. Wir begannen uns zu entkleiden.

Ich war in recht zwiespältiger Stimmung. Einerseits freute ich mich, daß wir hier an Bord so tadellos aufgehoben waren, anderseits wurde mir die Laune durch Haralds verd… Geheimniskrämerei verdorben. Ich saß oben auf meinem Bett in einem Nachthemd des Kapitäns und schlenkerte mit den Beinen. Harald putzte sich die Zähne.

„Harald!!“

„Du wünschest?“

„Nicht viel. Weshalb willst du Bruchstaller in Neuyork empfangen?“

„Weil … weil ich doch nicht dulden kann, daß Freund Vaxholm sein Geld einbüßt und weil ein deutscher Ingenieur nicht …“

Schluß …

Er zwinkerte mich an …

Sein Blick glitt zur Kabinentür … Ganz leise nun:

„Da war jemand im Kabinengang … Machte vor unserer Tür halt … In unserer Lage muß man stets vorsichtig sein, denn es wäre immerhin möglich, daß …“

Schluß …

„… daß?!“ fragte ich gespannt.

Er … gähnte …

„Später, Herr Schramm … später!“

Und kroch unter die Decke, nachdem er das Licht ausgeschaltet hatte. Ich hatte, wie gesagt, das obere Bett.

Ich saß noch immer und schlenkerte … Ich war wütend – mehr auf mich selbst, denn – in drei Deubels Namen! – sollte ich wirklich so minderbegabt sein und des Pudels Kern nicht selbst finden?!

Von unten her: „Sag’ mal, was treibst du eigentlich dort, verehrter Oberschläfer?“

„Ich denke nach …“

„Ich denke, nach … diesem Tage solltest du lieber dein Hirn schonen … Gute Nacht.“

„Harald …!“

„Ja?“

„Glaubst du denn wirklich, daß Bruchstaller und die Golling den Flug wagen werden?“

„Ich möchte dich wirklich ersuchen, diesen Namen nur ganz gedämpft auszusprechen – wie ich! – Sie werden den Flug wagen – bestimmt! Und nun endgültig – – Gute Nacht.“

Ich legte mich lang … Ich wurde aus alledem immer weniger klug. Wenn Bruchstaller wirklich startete und wirklich in zweiunddreißig Stunden Neuyork erreichte, dann … dann hatte er doch die Wette gewonnen und die Million war ehrlich sein! Weshalb also unsere Einmischung?! Weshalb diese Reise nach Neuyork?!

Nein – ich fand keinerlei Lösung für diesen Widerspruch.

Ich zog die Decke bis zum Kinn, ärgerte mich noch über das harte Kopfkissen und versuchte einzuschlafen. Aber meine Nerven – man ist ja schließlich kein Jüngling mehr! – spielten mir wie so oft schon den infamen Streich und ließen mich immer munterer statt müder werden. Mir wurde siedend heiß unter der Decke, bald stellte sich auch das niederträchtige Fußkribbeln ein und – – nun konnte ich vorläufig getrost die Hoffnung auf Schlaf aufgeben.

Da – – täuschte ich mich?! Hatte sich Harst nicht bewegt? Hatten seine tiefen Atemzüge nicht plötzlich aufgehört, – – war das nicht das leise Knarren der Tür gewesen?!

Ich richtete mich auf …

Ein schwacher, breiter Lichtstreifen von halblinks …

Dort war die Tür …

Nach alter Gewohnheit hatte ich Clement und Taschenlampe unter das Kopfkissen gelegt.

Meine Hand suchte – fand …

Ein greller Blitz schoß nach der Tür hin …

Sie war offen – drei Handbreit …

Ich beugte mich vor, blickte hinab … Harsts Lager leer.

O – dieser abgefeimte Gauner!! Was mochte es nur hier auf dem Dampfer zu spionieren geben?!

Ich mit einem kühnen Satz abwärts …

Lampe halb verdeckt … Hin zur Tür … Kopf hindurch.

Aha – hier im schwach erleuchteten Kabinengang erblickte ich den Ausreißer …

Nun – so hatte ich ihn schon häufiger beobachtet – – vor einer fremden Tür kniend und den Bohrer seines Taschenmessers gebrauchend …

Er bohrte ein Loch – unten am Rande des Getäfels …

Nun, diesmal wollte ich ihn mal hineinlegen …

Rasch wieder auf mein Bett …

Warte, wenn du zurückkommst, mein lieber Harald, dann will ich dir die Leviten lesen!!

Warte …!! Ja – – warten … Ich wartete … wartete.

Das dauert ja unglaublich lange, bis er zurückkehrte …

Mir wurde schwül zumute … Wenn ihm etwas zugestoßen sein sollte?! Und ich hockte hier im Bett und …

Da – – wieder ein Geräusch …

Die Tür wurde geschlossen, ganz leise …

Harst!

So, nun konnte ich ja meinen Trumpf ausspielen …

„Sag’ mal, was hast du denn nun dort in Nr. 10 eigentlich gesehen?“ fragte ich so recht ironisch von oben herab – von oben herab, ich schlief ja eine Etage höher.

Keine Antwort …

„Harald, du kannst getrost reden …! Ich habe dich beobachtet und …“

Ich brach mitten im Satz ab, behielt den Mund offen, sog aber desto kräftiger die Luft durch die Nase ein …

Was war das nur für ein merkwürdiger Geruch …?!

Blitzartig eine noch frische Erinnerung … Der Eisberg, der angekettete schmutzige Eisbär …!! Raubtierdunst!!

Ja – das war’s … Und jetzt … ein leises Tappen auf dem Linoleum … Mir rann’s eiskalt über den Rücken … Mein Kinn schlotterte … Ich – – hatte begriffen …

Man hatte mir irgendeine vierbeinige Bestie in die Kabine geschickt …!

Im Nu hob ich die Steppdecke mit der Linken als Schild empor … Mit der Rechten tastete ich unter das Kopfkissen …

Gott sei Dank – ich hatte die Pistole …

Wieder das schleichende Tappen … Und jetzt noch ein murrendes Fauchen … Das kannte ich … Das war kein Eisbär, das rührte von einem Vertreter des Katzengeschlechts her, das konnte ein Panther, ein Leopard oder gar …

Da – – wieder das Fauchen … Dicht unter mir …

Hätte ich nicht noch Haare gehabt, so würden sie sich mir fraglos gesträubt haben … Aber meine spärlichen Seitensardellen haben derartige Kunststücke längst verlernt …

Ich rutschte höher … Auf das Kopfkissen – immer die Steppdecke als Schild benutzend … Und dann kam’s …

Ein heiseres Heulen – – aufheulen …

Ein Körper prallte gegen meinen Bauch …

Ich taumelte gegen die Wand, hatte gerade aufstehen wollen … Und … schoß … blindlings … im Dunkeln … Schuß auf Schuß … Neunmal drückte ich ab … Bis ein kreischender Ton den letzten Schuß erstickte … Unter mir ein dumpfer Fall … Ein Toben, Kratzen, Poltern … Ein Schiffssessel fiel um … Mir liefen die eiskalten Schweißtropfen über das Gesicht …

Draußen im Kabinengang wird es lebendig … Stimmen … Türenschlagen … Dann der gellende Schrei eines Weibes.

Stille …

Ich zitterte … In meinem Hirn sauste es – in meinen Ohren klang ein ganzes Glockenspiel …

Aber ich ward Herr über meine jämmerlichen[10] Nerven … Bückte mich … Taschenlampe … Lichtkegel …

Auf dem Linoleum lag ein ausgewachsener Leopard – alle Viere von sich gestreckt … Die Vorderpranken zuckten noch … Das Fell zeigte verschiedene rote Stellen … Ein Leopard!

 

2. Kapitel.

Die Bestie war tot. Der Außenrand meines Bettes war von den Krallen förmlich zerfetzt. Der Leopard hatte sich, nachdem er im Dunkeln im Ansprung nur gegen die Decke und meinen Bauch wie gegen eine Gummikugel geprallt und zurückgefallen war, mit den Pranken am Bettrand festgehalten. Dort hatte er auch einige meiner auf gut Glück abgefeuerten Kugeln empfangen. Nicht alle hatten getroffen. Den Rest gab ihm ein regelrechter Blattschuß, wie ich jetzt sah, als ich von meinem Lager herabstieg und flüchtig den Kadaver[11] musterte … Flüchtig … Denn meine sorgenden Gedanken waren bei Harst. Die Frage, wie die Bestie hier an Bord gelangt und ob es sich etwa um ein beabsichtigtes Attentat handelte (worauf doch das Schließen der Kabinentür zunächst hindeutete), war mir gleichgültig. Ich warf mich schleunigst in Beinkleider und Jacke, riß die Tür auf und betrat den Gang, in dem es immer lebhafter geworden.

Aus einer Gruppe von Menschen, die am Ende des Ganges zusammengeballt war, tönte mir des Kapitäns drohender Baß entgegen …

Der Käpten sprach englisch.

Nein – er sprach nicht … Er brüllte jetzt …

„Sir, diese verfl… Geschichte wird Ihnen teuer zu stehen kommen …! Natürlich haben Sie die Tür des Kastenkäfigs nach der Fütterung abends zu verriegeln vergessen …! Reden Sie nicht! Keine Ausflüchte …!“

Ich schob Frauen, Matrosen, Männer beiseite.

In der Mitte des Menschenwalles lag mein Freund Harst. Neben ihm kniete der Erste Steuermann des Dampfers, der ihn bereits verbunden hatte. Es roch nach Lysol und Jodoform … In einer Schüssel blinkte blutiges Wasser. Eine Verbandtasche lag in Haralds Schoß.

Harst hatte die Augen offen. Er sah mich, sah mich an. Ich kenne seine Blicke … Jetzt tat er, als ob er sich mit der Hand über den Mund wischte. Ich verstand: ich sollte mit meinen Angaben vorsichtig sein.

Hinter Haralds Kopf standen sich der breitschultrige Käpten und ein schlanker, schwarzbärtiger Herr mit dicken, buschigen Augenbrauen wie Kampfhähne gegenüber …

Harst sagte matt: „Die Sache ist doch noch sehr glimpflich abgelaufen, Kapitän. Herr Panama ist im Grunde zu bedauern, daß er eines seiner Tiere eingebüßt hat, denn mein Freund Schramm scheint den Leopard erschossen zu haben.“

„Allerdings!“ meinte ich mit gut geheuchelter Gereiztheit. „Sollte ich mich etwa von der Bestie zerfleischen lassen?! Noch besser!!“

„Rege dich nicht auf!“ mahnte Herr Hirth gutmütig-nachsichtig. „Wir leben ja schließlich noch … – Bringt mich zu Bett … Der Prankenhieb über den Schädel wird wieder verheilen … Wir Journalisten freuen uns im Grunde, wenn wir mal was erleben. Ich werde kein Schmerzensgeld von Ihnen verlangen, Herr Panama. … Ein Artikel über dieses Erlebnis ist goldeswert. Sie haben ja eine Funkanlage an Bord, Kapitän … Schramm mag nachher gleich an die Berliner Tagespost funken …“

„Sie sind ja eine Seele von Mensch,“ meinte der Kapitän halb ironisch.

„Geschäft ist Geschäft,“ lächelte Herr Schramm und streckte Herrn Panama die Hand hin. „Da – ich trage Ihnen nichts nach … Schlagen Sie ein, Herr Panama …“

Aber der Besitzer des Leoparden zögerte.

„Lassen Sie diese Artikelschreiberei,“ bat er dann hastig. „Sie sollen tausend Mark haben, Herr Schramm … Mehr bringt Ihnen der Artikel auch nicht ein, und ich wünsche nicht, daß diese verdammte Geschichte in den Zeitungen breitgetreten wird. Es würde meinem Ruf als Dompteur schaden, wenn ich auch jederzeit beschwören könnte, daß ich den Käfig geschlossen habe. Es kann sich hier nur um einen niederträchtigen Streich von anderer Seite handeln.“

Der Kapitän brauste auf …

„Sir, das sind lächerliche Verdächtigungen! Wer hätte ein Interesse daran, Ihnen …“

„Keinen Streit!“ – und Harald winkte mir. „Ich will Ruhe haben … Die Sache ist mit tausend Mark abgetan, obwohl ich als Schriftsteller und Journalist, Herr Panama, an Ihrer Stelle dieses nächtliche Raubtierabenteuer als Reklame ausnutzen würde. Denken Sie, welchen Wert es für Sie hätte, wenn auch die amerikanische Presse schon vor Ihrem Eintreffen in Neuyork das Publikum auf Sie aufmerksam machen würde, und …“

„Verzichte!“ rief der Dompteur … „James,“ wandte er sich an einen kleinen hageren Kerl mit einem ausgesprochenen Spitzbubengesicht, „wir wollen Brutus aus der Kabine holen … Ein netter Verlust für mich … Mein bestes Tier!! Das Fell ist wahrscheinlich auch nichts mehr wert …“

„Sie sind ein niederträchtiger Schacherer!“ brüllte der Kapitän ihn wieder an. „Jetzt an das Fell zu denken! Seien Sie froh, daß Ihr Fell heil geblieben ist …!“

„Ruhe – – Ruhe!!“ – und Harst nickte dem wütenden Käpten begütigend zu …

Gleich darauf waren wir beide in unserer Kabine allein. Der Steward hatte mir eine andere Matratze und frisches Bettzeug gebracht. Ich saß unten auf Haralds Bettrand im Dunkeln, stützte mich mit den Händen und ließ mir Dinge ins Ohr raunen, die schier unbegreiflich waren.

„Der Herr Charles Panama, mein lieber Alter, ist ein gefährlicher Lump … Du hast ganz recht: Attentat – Absicht! – was sonst?! Der Kerl hat seine vier Bestien, zwei Leoparden und zwei Panther, unten im Zwischendeck untergebracht. Von dort gibt es keine direkte Verbindung hier nach dem Achterschiff und den Kabinen. Daran dachte niemand bisher … Der Leopard müßte durch eine Luke erst an Deck und dann hierher gekommen sein, was er niemals ohne menschliche Hilfe fertiggebracht hätte. – Als ich vor der Tür von Nummer 10 kniete, erhielt ich urplötzlich von hinten einen Hieb über den Schädel … Wenn ich nicht gerade mit dem Kopf eine Bewegung nach vorn gemacht hätte, würde ich kaum mehr leben, denn – es war keine Leopardenpranke, die mich traf, sondern … eine eiserne Harke mit wenigen spitzen Zinken, also etwas ähnliches wie die Krallen einer großen Katze …“

„Nicht möglich!!“

„O, besinne dich nur, man hat mir schon einmal in dieser Weise mitgespielt … Der Trick ist nicht neu … – Ich fiel vornüber, lag still. Der, der mich niedergeschlagen hatte, glaubte wohl, mir den Rest gegeben zu haben … Irrtum. Mein Schädel hält so allerlei aus. Und so sah ich denn in dem Dämmerlicht des Ganges, wie der Bursche – es war Herr Panama selbst – aus Nummer 9 einen Leoparden holte und das Tier am Genick in unsere Schlafkabine schob und die Tür zuzog. Für mich war’s unter diesen Umständen schwer, mich sofort zu entscheiden, was ich tun sollte. Immerhin schätzte ich die Gefahr für dich nicht allzu hoch ein, während ich anderseits das allergrößte Interesse daran hatte, diesen Bändiger weiter hinters Licht zu führen, der sich, nachdem er die gelbe Katze hineingeschickt, mich vorsichtig betastete. Ich markierte die tote Leiche, und er schlüpfte befriedigt in seinen Fuchsbau Nummer 9 zurück. Dann knallten deine Schüsse. Ich atmete erleichtert auf – und das wäre alles.“

„Alles?! Gestatte mal …! – Woher dein Verdacht gegen die Kabine Nummer 10?! Weshalb bohrtest du das Loch? Wie konntest du …“

„… ich konnte schon mißtrauisch werden, mein Alter … Ich pflege nie geistig zu schlafen, und wenn ich selbst in einem Labsal in allererster Gesellschaft mich befinde. Immer Augen auf, immer die Umgebung prüfen, alles beobachten, sei es, wo es sei… Das ist mir nun mal zur zweiten Natur geworden – zum Glück. – Wir kamen hier an Bord … Als man unseren Kutter an das Fallreep zog, als wir an Deck stiegen, da waren unter den Matrosen und Schiffsoffizieren, die uns in Empfang nahmen, auch zwei … Zivilisten, zwei Passagiere: Herr Panama und sein Gehilfe James! Das Laternenlicht traf unsere Gesichter, die wir hier in Natur zur Schau stellen. Traf jedoch auch Herrn Panamas und Herrn James’ neugieriges Antlitz, und so entging mir nicht, daß die beiden Gentlemen erschraken, sich rasch etwas zuflüsterten und noch rascher verdufteten …“

„Das hätte auch mir genügt.“

„Nun also … – Ich wußte da: die beiden kennen uns! Ich jedoch kannte sie nicht. Ich sagte mir nur, daß sie kein ganz sauberes Gewissen haben könnten, denn dieser beschleunigte Rückzug war doch zu auffällig. Ich nehme nun an, daß sie miteinander berieten, wie sie uns schleunigst abtun könnten. Herr Panama wird dann den Leopard aus dem Zwischendeck nach oben in seine Kabine geholt haben. Und alles weitere weißt du …“

„Irrtum, Harald … – Wer sind die beiden? Das weiß ich noch immer nicht.“

„Es sind nicht zwei, sondern drei, denn Herr Panama, Dompteur, reist mit seiner Frau Gemahlin …“

„Herr Gott ja – also drei! Aber – wer?“

„Merkwürdige Frage, mein Alter. Der eine heißt Panama, der andere James, und die Donna heißt Frau Panama. Das ist doch vorläufig genug. Und jetzt werden wir schlafen … Morgen früh zweiter Akt … Gute Nacht … Mein Schädel schmerzt, und ich will hoffen, daß er nicht eitern wird … Klettere eine Etage höher. Gute Nacht.“

 

3. Kapitel.

Am nächsten Vormittag elf Uhr.

Herr Charles Panama mit dem schwarzen Bart und den buschigen Brauen sitzt in unserer Wohnkabine und hält ein Päckchen Banknoten in den tadellos gepflegten Fingern.

Ich sitze Herrn Panama im zweiten Sessel gegenüber. Der arme, schwer leidende Herr Hirth hat soeben zu dem Dompteur gesagt: „Stecken Sie Ihr Geld nur wieder ein, Herr Panama. Ich habe mir’s anders überlegt. Sie haben schon den Verlust des dressierten Leoparden zu beklagen, und Sie noch dazu um tausend Mark ärmer zu machen, wäre eine Gemeinheit …“

So spricht Harst, und dämpft dann die Stimme, fügt hinzu: „Herr Panama, ich halte Sie für einen Ehrenmann, auf dessen Wort man sich verlassen kann. Ich will Ihnen etwas anvertrauen … Sie werden schweigen – auch Ihrer Gattin gegenüber …“

„O – gewiß … Natürlich … Mein Ehrenwort … Meine Frau, wie ich schon erwähnte, kommt ja überhaupt nicht in Betracht. Die Ärmste leidet derart an Gesichtsneuralgie, daß sie für nichts Interesse hat – für nichts, Herr Schramm.“

„Hm – – Herr Schramm!! – Schramm, Schramm … Mein Freund nennt sich Schramm … Sie verwechseln das … Sehen Sie: das wollte ich Ihnen anvertrauen. Wir heißen anders, sind auch nicht Schriftsteller oder Journalisten, sondern zwei leidlich bekannte Globetrotter, die … Harst und Schraut heißen …“

„Ah – – nicht möglich!!“ rief Herr Charles Panama.

Und ich dachte: „Du Lump spielst beinahe ebenso gut Theater wie Harald! Beinahe! Aber – was in aller Welt bezweckt dieser Harald mit dieser Komödie?!“

Da hatte dieser Harald schon erklärt: „Ja, Harst und Schraut, die sogenannten Liebhaberdetektive – scheußliches Wort! – Und nun will ich Ihnen auch weiter reinen Wein einschenken, Herr Panama. Als wir den Dampfer betraten, zogen Sie und Ihr Gehilfe James sich sehr eilig zurück. Das sah ich und das machte mich mißtrauisch. Ihr Leopard Brutus überfiel mich nicht, als ich vom Badezimmer kam, na sagen wir schon von der Toilette, sondern als ich … spionierte, – vor Ihrer Kabinentür. Ich wollte ein Loch in die Türfüllung bohren … Die Strafe für dieses ungerechtfertigte Mißtrauen erhielt ich durch Brutus. Sehen Sie, das ist die Wahrheit, Herr Panama, und nun werden Sie auch begreifen, daß ich als vielfacher Millionär von Ihnen unmöglich tausend Mark Schmerzensgeld annehmen kann.“

Panama erhob sich und streckte Harst tief gerührt und geradezu seelisch erschüttert beide Hände hin … „Mein lieber Herr Harst, – man rühmt Sie nicht zu unrecht als einen edlen Charakter … – Nochmals mein heiliges Ehrenwort, daß ich Ihr Geheimnis hüten werde. – Sind Sie beide wieder mal auf der Verbrecherjagd?“

Er setzte sich wieder.

„Wir waren es, Herr Panama … Aber diesmal war die Gegenpartei schlauer. Die Geschichte, die ich dem Kapitän erzählt habe, ist Schwindel. Man hat uns aus Stockholm in einem Eindecker weggeschafft und auf einem Eisberg ausgesetzt, wo wir ein Wrack fanden, zu dem der Kutter gehörte. Und jetzt sind wir heilfroh, daß wir hier an Bord gelangt sind und dem sicheren Tode ein Schnippchen geschlagen haben …“

„Unglaublich! Unglaublich! Aus Stockholm im Flugzeug! Das klingt wie ein Märchen …“

„Und ist doch Tatsache, Herr Panama … Im übrigen waren wir von einem Freunde sehr unnötigerweise nach Stockholm gerufen worden, da – aber diese Geschichte ist geradezu langweilig … – Stecken Sie Ihr Geld also wieder ein, Herr Panama, und … schweigen Sie! Schraut und ich haben uns in Stockholm blamiert, und das soll nicht an die Öffentlichkeit kommen.“

„Wie ein Grab werde ich schweigen, verehrter Herr Harst … – Nun will ich aber nicht länger stören …“

„Ja, ehrlich: ich brauche Ruhe … Auf Wiedersehen … Wünschen Sie Ihrer Gattin gute Besserung und empfehlen Sie uns ihr ergebenst … Wiedersehen …“

Panama schob bald lächelnd ab.

Als die Tür hinter ihm zugeklappt war, sagte ich ganz leise zu dem armen Kranken: „Das[12] hast du einfach glänzend gedeichselt! der Schafskopf denkt nun, wir halten ihn für ein harmloses Karnickel!“

„Das denkt er sicher … Und weil er das denkt, wird er die Geschichte nochmals versuchen, freilich nicht wieder mit einem Leoparden …“

Ich war ein wenig enttäuscht. „Wie – ein zweites Attentat auf uns. Aber – wozu das?! Er …“

„Was er tun wird, wirst du miterleben, mein Alter. Und nun will ich dir die Frage, die du morgens beim Frühstück an mich richtetest, endlich beantworten: Panama, seine angebliche Frau und der Gehilfe James Morton sind tatsächlich die drei Eisenbahnattentäter von Malmö–Stockholm, oder besser deren Komplizen! Es sind die Spione, die von der Baronin schon in Malmö richtig durchschaut wurden. Nun weißt du es.“

„Also doch! Dann hatten sie freilich allen Grund, uns schleunigst zu beseitigen …“

„Ja – zumal sie annehmen mußten, daß wir hinter ihnen her seien …“

Hiermit endete dieses Gespräch, ohne daß ich ahnte, in wie schlauer Weise mein guter Harald mir wieder einmal gerade die Hauptsache verschwiegen hatte. – Er brauchte Ruhe und schickte mich an Deck. Daß Herr Panama für seine weiteren freundlichen Pläne gegen uns nur die Nachtstunden wählen würde, war uns gewiß. Ich durfte Harst also getrost allein lassen.

Das Leben an Bord des schnellen, neuen Frachtdampfers war äußerst angenehm. Wir hatten auch tadelloses Wetter, und wenn wir nicht nachts abwechselnd hätten wachen müssen, um vor jeder Überraschung geschützt zu sein, wären diese vier Tage eine wahre Erholung gewesen.

Harst war längst wieder völlig auf dem Posten. Die paar Schädelschrammen machten ihm nichts aus. Nur – seine Laune ließ von Tag zu Tag mehr zu wünschen übrig. Am Morgen des vierten Tages sagte er zu mir:

„Freund Panamas Untätigkeit macht mich nervös … Der Halunke führt ja fragbar etwas gegen uns im Schilde, aber – – was?!“

Aber – – die Sache sollte jäh anders werden und zwar in dieser fünften Nacht, genau zwölf Stunden nach Haralds Bemerkung über Panamas uns peinigende Untätigkeit.

Es war neun Uhr abends, und seit einer Stunde hatte der Wind merklich aufgefrischt. Harst hatte fast den ganzen Tag am Deck verbracht und mit einem von dem Kapitän entliehenen Fernglas nach Eisbergen ausgespäht. Wir befanden uns jetzt in der gefährlichen Zone, wo diese Wanderer aus dem hohen Norden am häufigsten anzutreffen sind.

Neun Uhr abends …

Harst zog den Ölrock über. „Komm mit,“ meinte er leise. „Die Zeit der Muße ist vorüber, und Herr Panama wird etwas unternehmen.“

„Unternehmen – – der?! Glaube ich nicht! Hast du was gemerkt?“

„Gewiß … Herr Panama besitzt ein Fernglas, erstklassig! Und mit diesem Fernrohr hat er durch sein Kabinenfenster genau so aufmerksam den Horizont gemustert wie ich eben an Deck. Ich rechnete mit diesem Interesse für Eisberge. Wir sind keine achtzehn Stunden mehr von Neuyork entfernt.“

Ich schlüpfte in den Ölrock wie er. Wir zogen die Südwester über die Ohren, und Harst schob das Fernglas unter den Rock.

Recht laut schloß er dann unsere Kabinentür, sprach im Gang noch lauter, lachte wie über einen guten Witz und stampfte wie ein Pferd mit den Füßen auf die dicken Läufer. All das, damit die drei Herrschaften neben uns, uns in vortrefflichster, harmlosester Stimmung wähnten.

Frische Windstöße empfingen uns oben, der Himmel war bedeckt, aber die Luft war klar und fast matt: Windrichtung Nordost.

Die Abenddämmerung war bereits einer ziemlich finsteren, unfreundlichen Nacht gewichen. Vorn an einer der Relingtüren fanden wir den zweiten Steuermann und einen Matrosen vor. Sie hatten ein Patentthermometer neben sich und holten gerade die Lotleine ein, an der ein zweites Thermometer hing.

„Eisberge,“ meinte der Steuermann kurz und grüßte. „Hier, meine Herren, beobachten Sie das Sinken der Lufttemperatur. Man kann die Quecksilbersäule fallen sehen. Und auch die Wassertemperatur – die, wieder vier Strich weniger. Es müssen gewaltige Eisberge in der Nähe sein.“

„Eisberge?“, fragte Herr Hirth, den Unkundigen spielend.

„Ja … mehrere … Aber das hat bei diesem sichtigen Wetter keine Gefahr … Die neuen Patentthermometer sind absolut zuverlässig … Wenn Sie mal … ah, guten Abend, Herr Panama …“

Wir drehten uns um.

Charles Panama begrüßte uns vertraulich …

„Scheint sehr interessant zu sein, der Vortrag … Sie meinen also, daß tatsächlich mehrere Eisberge in unserem Kurs treiben?“

Der Steuermann schüttelte den Kopf. „Nicht in unserem Kurs … Aber irgendwo vor uns. Ob einer der Eisberge uns zum Ausweichen zwingen wird, kann ich noch nicht sagen. Trotzdem ist keinerlei Grund zur Beunruhigung vorhanden.“

„Verdammt kühl,“ meinte der Dompteur und rieb sich die Hände. „Ich werde wohl meine Käfigkasten bedecken müssen … Die Tiere sind empfindlich. Verliere ich noch eines, kann ich betteln gehen … Wiedersehen …“

Er wandte sich der mittleren Großluke zu, hob die eiserne Falltür, stützte sie fest und kletterte hinab, nachdem er aus seinem Mantel eine kleine Karbidlaterne hervorgeholt und angezündet hatte.

Das Patentthermometer sinkt[13] immer mehr. Der Steuermann schickte den Matrosen auf die Brücke, und der Dampfer verlangsamte seine Fahrt. – Nach einer Weile erschien Panama wieder an Deck, klappte die Falltür zu und schlenderte nach achtern.

Harst zog [mich][14] nach abseits.

„Du, vielleicht erinnerst du dich an den Skansen-Park,“ meinte er …

„Ah – – das Buch Miß Gollings!“

„Ja … Über die Trift der Eisberge … Wir werden noch in dieser Nacht, wette ich, wieder einen Eisberg besuchen …“

„So?!“ Und urplötzlich fiel mir da die blonde Fremde mit ihren beiden Eskimos und dem halbzahmen Eisbär wieder ein …

„Ganz sicher, mein Alter … Nur so wäre die Sache zu drehen … das ahnte ich schon, und ebenso sicher ist, daß heute Herr Panama, wie ich schon andeutete, zum zweiten Hiebe ausholt. Ich habe unsere Wohnkabine absichtlich unverschlossen gelassen. Man soll’s dem Gegner absichtlich leicht machen … Dort achtern steht jetzt Herr James Morton und paßt auf … Schau nicht hin. Derweil wird Freund Charles uns ein Steinchen in den Weg wälzen… Natürlich… – da – jetzt verduftet der kleine Schuft… Das Steinchen ist an Ort und Stelle … bleiben wir noch zehn Minuten hier … Vielleicht haben unsere noch halb vollen Teegläser Herrn Panama magnetisch angezogen …“ Er lachte lautlos in sich hinein … „Er weiß ja, daß wir abends immer noch Tee trinken… Ich hab es ihm verschiedentlich unter die Nase gerieben … – Jedenfalls beachte mein Hüsteln … Du verstehst …: Nachher schlafen wir ganz fest …!“

 

4. Kapitel.

Zehn Uhr abends.

Die halb gefüllten Teegläser auf dem Klapptisch zwischen unseren Schiffssesseln waren anscheinend leer. Anscheinend hatten wir ahnungslos den Rest Tee, der kaum merklich bitter schmeckte, ausgetrunken. Anscheinend war dann unsere Unterhaltung immer einseitiger geworden. Anscheinend waren wir auf den Sesseln fest wie die Murmeltiere eingeschlafen.

Alles anscheinend … Solch’ kleine Theatermätzchen sind Übungssache.

Aha – zehn Uhr … Unsere Tür nach dem Kabinengang ist offen geblieben, nur eingeklinkt. Das Licht in der Kabine brennt. Es klopft leise… leise … lauter … lauter …

Wir schlafen …

Jemand öffnet die Tür, schiebt den Kopf herein …: Herr Panama! – Ich blinzle durch die Wimpern. Das kann er unmöglich sehen, denn mein Kopf befindet sich im Schatten. Der seine nicht. Er grinst befriedigt, zieht sein dunkles Haupt zurück, schließt die Tür und – alles ist wie zuvor. Wir schlafen – scheinbar …

Harst regt sich nicht – Erst nach fünf Minuten, als es auf Deck merkwürdig lebhaft wird, markiert Harst jähes Erwachen …

An Deck wird es noch lebendiger … da ist fraglos irgend etwas vorgefallen … Irgend etwas …

Ich schaute Harald an. Der flüstert mir zu: „Ich bin nur neugierig, unter welchem Vorwand die drei den Dampfer verlassen … Natürlich werden sie unseren Kutter nehmen wollen … Und natürlich wird der Kapitän verlangen, daß wir dazu erst mal unsere Zustimmung geben.“

Harst gibt mir so neue Rätsel auf. Ich habe keine Ahnung, weshalb, warum, wieso die drei diesen angenehmen Aufenthalt hier an Bord gegen eine ebenso zweifelhafte wie gefährliche Segelpartie im Kutter vertauschen[15] wollen!

Schritte im Kabinengang … – Harst wirft sich auf sein Bett, pustet, schnarrt, schläft …

Es klopft … lauter, immer lauter …

Dann Herr Panama und der Kapitän – beide wie die Kampfhähne, blaurot im Gesicht … – Panama rüttelt Harst.

„Herr Hirth … Herr Hirth …!!“

„Ja … ja, – – was wollen sie zum Teufel?! Ich … ich … will schlafen … das hat auch bis morgen Zeit.“

„Nein, Herr Hirth … Man hat mir meine drei Tiere vergiftet … Ich bleibe nicht auf diesem Piratendampfer …“

„Nun … tun Sie, was Sie … wollen …“

„Ich bitte Sie um Ihren Kutter … Ich kaufe Ihnen den Kutter ab …“

„Meinetwegen … fünfhundert Mark … Ich will … Ruhe … haben.“

Panama wirft fünfhundert Mark auf den Tisch …

Die Kampfhähne ziehen ab.

Schritte im Gang …

Stille …

Harst folgt aufrecht … Lacht … leise … ironisch …

„Der Kerl hat die Bestien selbst vergiftet … Nun müssen wir aufpassen …“

Er schaltet das Licht aus, öffnet das kleine Fenster…

Wieder Schritte im Gang. Der Dampfer stoppt. Kreischen von Taurollen … der Kutter wird ausgeschwungen.

Und als wieder zehn Minuten darauf der Fritjof Nansen seine Schrauben das Meer von neuem peitschen läßt, da zieht Harst, nachdem er Licht gemacht, ruhig den Ölrock über und meint:

„Na, mein Alter … Jetzt werden wir die Maske lüften.“

Minuten später stehen wir vor dem mürrischen Kapitän.

„Dort segeln die Idioten!“ faucht der wackere ehrliche Norweger. „Haben Sie sowas schon erlebt, Herr Hirth?! Dieser Panama muß verrückt sein! Mit seinen Koffern und den drei Tierkadavern[16] fährt er ins Blaue hinaus, als ob der Atlantik ein Teich wäre! Und sein Weib und der Morton sind genau so … so …“

„… schlau,“ ergänzte Herr Hirth und fügt hinzu: „Lieber Kapitän, wir beide heißen nicht Hirth und Schramm, sondern Harald Harst und Max Schraut, und das sind Namen, die …“

„… ich sehr gut kenne … Sind Sie’s wirklich?“

„Bitte, hier unsere Ausweise … – Und, jetzt eine Bitte, einen Vorschlag: was würde es kosten, wenn Sie mir Ihren Dampfer für acht Tage zur Verfügung stellen? Ich biete zwanzigtausend Mark und will außerdem auch Ihre Passagiere entsprechend entschädigen.“

„Scherzen Sie, Herr Harst?“

„Nein, bei so ernsten Dingen niemals. Die drei dort im Boot sind Schwindler. Charles Panama ist mit bei einem großzügigen Betrugsversuch beteiligt, Objekt: eine Million schwedische Kronen. – Ich als Harald Harst bin Ihnen wohl für zwanzigtausend Mark gut, und Ihr Reeder macht dabei ein tadelloses Geschäft …“

„Stimmt …“

„Also Hand her – – die Sache ist perfekt. – Nun hören Sie zu … Die drei dort im Kutter werden einen Eisberg ansteuern. Vorhin, so gegen halb zehn, sah ich dort im Nordosten ein rotes Licht über dem Horizont aufsteigen, und Herr Panama hat heute drei Radiodepeschen nach Neuyork aufgegeben, zwar mit unverfänglichem, aber mit anderen Leuten vorher vereinbarten Text. Diese Depeschen waren in Wahrheit für eine Funkstation auf demselben Eisberg bestimmt, von dem die Rakete abgefeuert wurde. Der Kutter ist mit den dreien unterwegs dorthin, und …“

„Verzeihen Sie schon, Herr Harst, ich vermag Ihrem Gedankengang wirklich nicht zu folgen … Das alles kommt mir zu überraschend …“

„Bitte – – wieder eine rote Leuchtkugel, Kapitän … Lassen Sie Ihr Großboot ausschwingen. Es hat einen Motor. Geben Sie uns drei tüchtige Leute mit – bewaffnet … Sie bleiben dann mit dem Dampfer hinter uns, blenden alle Lichter ab und rücken erst auf, wenn wir eine Rakete abschießen. Drei Raketen, grün, also mit ins Großboot …“

Der Kutter mit Panama und Konsorten war inzwischen in der Dunkelheit verschwunden.

Der Seegang wuchs. Als wir ins Großboot stiegen, standen die drei auserwählten Leute schon bereit. Es hatte sich blitzschnell auf dem Dampfer verbreitet, wer wir beide in Wirklichkeit waren, und unsere Begleiter wurden offenbar glühend von ihren Kameraden beneidet.

Wir stießen ab. Der Motor sprang an. In mäßiger Geschwindigkeit ging’s nach Nordost, hinter Herrn Panama drein.

Harst steuerte. Ich saß neben ihm. Spritzer kamen über Bord … Und der „Fritjof Nansen“ tauchte in unserem Rücken immer verschwommener in den grauschwarzen Vorhang der Juninacht hinein. Wolken zogen träge und tief gen Süden. Nur hin und wieder ein Stern … Aber hin und wieder eine rote Leuchtkugel – fern, ganz fern …

Eine Stunde verging … Bis vor uns aus den Schleiern der Dunkelheit erst nur graue Umrisse eines Gebildes hervorwuchsen, das einer helleren Wolke glich. Es war ein Eisberg.

Es war eine Eisinsel, nicht viel kleiner als die, auf der wir die blonde Fremde mit ihren Eskimos und ihren Geheimnissen zurückgelassen hatten. Es war die Insel des Herrn Panama …

Es wurde noch kälter, als wir mit unserem Großboot jetzt in eine Bucht des weißen Riesen hineinglitten.

Ich muß es jetzt der Phantasie des Lesers anheimstellen, sich je nach persönlichem Geschmack auszumalen, wie wir fünf nun auf die Suche nach Herrn Panama gingen. Wir fanden drüben auf der anderen Seite des Eisberges, auch in einer Bucht, folgendes: den Kutter, einen kleinen Zweimastschoner, (wie sich nachher zeigte, war es ein uralter morscher Kasten aus Neuyork namens „Garlanda“), und – – auf einer glatten Eisfläche, die sich vorzüglich als Startplatz eignete, einen Eindecker von sehr schnittiger Form. Zwischen den Masten des Schoners hing eine Antenne, und die Fenster der Heckkajüte waren hell. Im übrigen war kein Mensch zu sehen.

Harst führte uns jetzt zu dem Eindecker hin.

„Weshalb sollen wir hier draußen frieren?!“ meinte er. „Herr Panama dürfte sehr bald erscheinen. Jetzt wird er sich rasieren … Und seine Frau wird Toilette machen …“

Die drei Norweger sagten gar nichts. Und ich auch nicht. Mir war’s im Schädel so warm, daß ich unbedingt einen Migränestift mit Freuden begrüßt hätte.

Eindecker hier?! Panama rasiert sich?! Ein Schoner hier vor Anker?! – Daraus brachte ich keinen Vers fertig – unmöglich!

Wir kletterten also in den Eindecker hinein, und als Harald nun die Taschenlampe vorsichtig einschaltete, rief ich erstaunt:

„Das ist ja Bruchstallers Maschine – der L. F. B!“

„Ach nein, mein Alter,“ lachte Harst vergnügt, „das ist der neue Typ des Lundström-Eindeckers, – das ja! Das ist aber die Maschine, die vor sechs Wochen, wie uns der Direktor erzählte, nach Amerika verkauft worden ist und die dann angeblich vor Konay Island im Meere versank, während der Pilot sich durch Schwimmen retten konnte. Insofern ist’s freilich der L. F. B., als beide Eindecker sich wie ein Ei dem andern gleichen, und wenn du draußen acht gegeben hättest, würdest du auf der Unterseite des Rumpfes auch die schwarzen Buchstaben L. F. B. bemerkt haben …“

Er hatte die Taschenlampe wieder ausgeschaltet.

Einer der Norweger rief:

„Es kommen Leute, Herr Harst!“

Wir schauten durch das schmale Fenster …

Sechs Mann näherten sich …

„Es geht los!“, meinte Harald fast übermütig. „Schnell – hinten in den Raum hinein – wir werden schon Platz haben … – Tür zu … So … Aha – da sind sie schon … Sie haben’s eilig, nach Neuyork zu kommen … Glänzende Idee, das muß man der Bande lassen …“

Der Eindecker schwankte …

Stimmen … Rufe …

Herr Panamas schrilles Organ … –

Was sollte das alles?! Ich begriff noch immer nicht …

Und nachher hat mich’s grimmig geärgert, daß ich so unglaublich kurzsichtig gewesen, – – geradezu vernagelt, blöde, stumpfsinnig!

Herr Panama war nun vorn im Rumpf … brüllte, fluchte … Es ging ihm nicht schnell genug …

Dann wurde es still …

Eine Tür klappte …

Der Propeller surrte, schwieg …

Herr Panama kreischte:

„Alles fertig!!“

Und da – riß Harald die kleine Tür auf …

Vor uns strahlende Helle. Niemand hatte uns gehört …

Ich sah den Rücken eines Mannes, der am Steuer des L. F. B. saß, neben ihm eine Frau – auch im Lederdreß, Mabel Golling – – wahrhaftig Mabel Golling!

Der Eindecker rollte an[17]

Aber er klebte am Boden, kam nicht hoch. Unsere rund zehn Zentner Mehrbelastung machten ihn flügellahm.

„Verflucht – was ist das?!“ brüllte Herr Panama da vorn …

Der Motor schwieg …

Der Eindecker schwenkte auf der Eisfläche kurz herum, damit er nicht ins Wasser geriete.

Harst schlich vorwärts … Dann: „Guten[18] Abend, Herr Bruchstaller!“

Der Kerl flog vom Sitze hoch … Mabel Golling wurde kreideweiß.

Die sanft überredende Wirkung unserer Pistolen genügte.

Bruchstaller!!

Wahrhaftig – – er war’s! Er war es – genau so wahrhaftig wie Miß Golling! –

Mir ging ein Mühlrad im Schädel herum …

Aber wir kamen ja auch gar nicht recht zur Besinnung.

Auch die vier anderen Leute draußen beugten sich vor dem zarten Wink moderner Repetierpistolen.

Sechs Gefangene hockten in der Kajüte des Schoners in verbissenem Schweigen.

Unsere grüne Rakete ging auf …

Eine Stunde drauf waren die sechs, der Eindecker und der Kutter an Bord des Dampfers, der den Äppelkahn von Schoner ins Schlepptau nahm. Harst befahl zurück nach Bergen zu steuern.

 

5. Kapitel.

Und jetzt, lieber Leser, versetze dich im Geiste in eine angenehm warme, leidlich geräumige und sehr behagliche Kapitänskajüte auf einem 8000-Tonnen-Frachtdampfer.

Stelle dir sechs Gefangene vor, die auf sechs Schiffsstühlen in verbissener Wut da sitzen und denen gegenüber auf dem Wandsofa als Richter der Kapitän, Harst und ich Platz genommen haben …

Der Kapitän und ich mit Gesichtern, deren Ausdruck dem eines Rennbahnfahrers gleicht, wenn „sein Pferd“ zu gewinnen scheint: allerhöchste Spannung!!

Harst blickte Bruchstaller an, dann Miß Golling …

„Die Geschichte ist also vorbeigeglückt, Herr Bruchstaller … oder Herr Panama …“

Der sagt gar nichts.

„Vorbeigeglückt also, Herr Bruchstaller … das Anlagekapital ist futsch … Zwei Lundström-Eindecker machen 74 000 Kronen, weiter der Schoner, Nebenkosten, – so an die 150 000 Kronen haben sie riskiert, um eine Million zu ergaunern und um einen Weltrekord aufzustellen: Flug über den Atlantik Stockholm–Neuyork in dreißig Stunden!! Das wäre ein Riesenerfolg geworden! da hätte kein Chamberlin mitgekonnt, da würde wohl noch eine zweite Million an Nebenverdienst bei herauskommen: Filmgesellschaften, Varietés … und so! – Schade, der Plan war vorzüglich, nur – – Sie haben Pech gehabt. – Sehen Sie, zuerst wußte ich in Stockholm noch nicht, was eigentlich geschehen würde. Dann aber fiel ein Buch von einem Tisch – in Skansen-Park, und in dem Buche lag ein Zettel, den ich geschickt an mich brachte …“

Er wandte sich an die Golling …

„Ja, es war sehr unvorsichtig von Ihnen, Zwillingsschwester Miß Golling, diesen Zettel, diesen Telegrammentwurf nicht zu vernichten. Diese Depesche war nach Neuyork Jane Gallipp gerichtet und lautete etwa:

„Vergiß die Armbanduhr nicht, auch nicht den Talisman. Es muß jede Kleinigkeit stimmen. – Mabel.“

Jede Kleinigkeit muß stimmen!! – Ja, – und als ich dann erfuhr, daß von dem[19] neuen Lundström-Typ schon ein Apparat nach Amerika verkauft war, da hatte ich den Trick gefunden. – Die Sache ist so … Es gibt zwei Zwillingsbrüder Bruchstaller und zwei Zwillingsschwestern[20] Golling oder Gallipp. Die Namen sind ja gleichgültig. Diese beiden Zwillingspärchen aber, bei denen die Brüder sich verblüffend ähnlich sahen – genau wie die Schwestern, wollten diese Ähnlichkeit zu einem kühnen Schwindel ausnutzen. Das eine Pärchen begibt sich nach Neuyork und schafft den zuerst gekauften und angeblich versunkenen Eindecker auf den Schoner. Alles ist genau vereinbart. Das andere Pärchen arbeitet in Stockholm und ist jetzt bereits mit dem anderen L. F. B. von Stockholm gestartet und auf einem der Eisberge der sogenannten Südtrift in der Nähe der norwegischen Küste gelandet, hat von dort an das erste Pärchen auf dem Eisberge der Nordtrift in der Nähe der amerikanischen Küste gefunkt, daß man aufsteigen solle. Diesen Eindecker, den wir beschlagnahmten, hätte Neuyork in sechs Stunden erreicht und wäre dort jubelnd als der in Stockholm aufgestiegene L. F. B. begrüßt worden. – Die Gefahr, daß der Rekordflug mißglücken könnte, war auf diese Weise, da jeder der Eindecker in Wirklichkeit nur sechs Stunden etwa zu fliegen hatte, auf ein Mindestmaß beschränkt worden. Jeder in Neuyork hätte die beiden Insassen des ersten L. F. B. für Felix Bruchstaller und Mabel Golling gehalten. Der Schwindel wäre kaum entdeckt worden. Wenn eben nicht der Depeschenentwurf mit der „Armbanduhr“ mich stutzig gemacht hätte. – Sie, Miß Jane Golling, tragen da am Handgelenk tatsächlich genau dieselbe Armbanduhr wie Ihre Zwillingsschwester Mabel, die nun mit Felix Bruchstaller auf irgendeinem Eisberg weit südlich darauf wartet, daß der Schoner sie abholt. – Pech, Miß Golling, wirklich Pech …! Es war aber so tadellos vorbereitet. – Und jetzt, Herr Bruchstaller, seien Sie hübsch verständig und sagen Sie uns, auf welcher Wellenlänge der Schoner drahtlos mit dem Eisberg ihres Bruders verkehren sollte. Sie werden doch nicht wollen, daß Ihr Bruder und Mabel elend verhungern oder sonstwie umkommen.“

Der Mann, den ich schwarzbärtig als Herrn Panama gekannt und der nun rasiert und zurechtgestutzt Zug um Zug Herrn Felix Bruchstaller glich, hob den Kopf und warf seiner Nachbarin, der Miß Jane, einen giftigen Blick zu.

„Du bist an allem schuld – – du!!“ platzte er heraus. „Ihr verdammten Weiber könnt ja nie Geld genug bekommen!!“

„Meine Herren, das Spiel ist aus … Ich bin kein Feigling. Sie sollen alles wissen. Was Herr Harst soeben über unseren Plan angegeben hat, stimmt Wort für Wort. Die Idee stammt hier von meiner Schwester Johanna, Johanna Bruchstaller, die sich als Varietékünstlerin Jane Gallipp nannte. Unsere Eltern, brave Handwerker aus einem märkischen Städtchen, hatten das zweifelhafte Glück, immer Zwillinge in die Welt zu setzen. Drei Zwillingspärchen … Eins starb … Mein Bruder Felix, erst Mechaniker, brachte es bis zum Ingenieur. Auch ich war ehrgeizig. Ich hoffte ein weltberühmter Dompteur zu werden …“

Johanna Bruchstaller lachte höhnisch … „Das wird Herrn Harst kaum interessieren!! – Was wünschen Sie zu wissen, fragen Sie!“

Sie sah Harst an, und sie machte kein Hehl daraus, daß sie ihrem Schwesterlein, die uns aus dem Flugzeug hatte werfen wollen, durchaus gleichwertig war. Ihr Blick sprühte Haß und ohnmächtige Wut.

„Es gibt nichts mehr zu fragen,“ erwiderte Harst kühl. „Ich weiß jetzt, daß die beiden Schwestern Bruchstaller die treibende Kraft bei alledem gewesen sind: Eisenbahnattentat, Entführung auf den Eisberg, Leopardenangriff – und so weiter … – Herr Bruchstaller, wo und wie finden wir Ihren Bruder und Ihre Schwester Mabel?“

„Mabel?! Martha heißt sie, und Barmaid war sie – ein Kaliber wie Johanna! Kein Wunder – bei der äußerlichen Ähnlichkeit mußten auch die Charaktereigenschaften dieselben sein! – Herr Harst, funken Sie den Buchstaben R auf Welle 900, in Zwischenräumen von einer Minute und Sie werden von Felix Antwort erhalten. Im übrigen heiße ich Erwin mit Vornamen.“

„Gut … – Wir werden Sie weiter als Gefangene behandeln. Was weiter geschieht, werde ich mir überlegen.“

Die sechs wurden fortgeschafft. Der Kapitän mußte uns versprechen, zunächst vor der Besatzung und den Passagieren den wahren Sachverhalt zu verheimlichen und so zu tun, als ob er selbst nicht Bescheid wußte.

Wir begaben uns in das Funkerhäuschen nach oben. Der Telegraphist funkte auf Welle 900 den Buchstaben R als Anruf, und sehr bald meldete sich auch der Sender des L. F. B. vom fernen Eisberg her. Felix Bruchstaller fragte an, ob alles in Ordnung sei.

Antwort: „Schwere Panne. Mißglückt. Holen euch ab. Gebt Lage Eurer Insel an.“

Felix Bruchstaller: „Was ist geschehen? – Lage erst nach Sonnenaufgang.“

Antwort: „Linke Tragfläche zertrümmert. Erwarten um neun vormittags Lage.“ –

Ein herrlicher Morgen brach an. Das Gewölk hatte sich zerteilt. Der Wind war nach Westen herumgegangen.

Um neun wußten wir, wo wir den Eisberg zu suchen hatten. Der Fritjof Nansen änderte den Kurs ein wenig, und wir beide gingen schlafen.

Drei Tage verstrichen. Jeden Morgen nahmen wir die Morseverbindung mit dem Eisberg wieder auf. Am Abend dieses dritten Tages mußten wir ihn unbedingt sichten. Nachmittags rief Harst nochmals an. Diesmal blieb jede Antwort aus. Der Telegraphist funkte immer von neuem. Die Gegenseite schwieg.

„Es ist etwas passiert,“ sagte Harst. „Dieses Schweigen muß besondere Gründe haben. – Kapitän, halbe Fahrt noch … Wir müssen erst nach Dunkelwerden heran.“

Um halb zehn meldete der Mann im Ausguck Eiszacken über dem Horizont. Die Nacht war mondhell.

Wir Eingeweihten befanden uns in leichter Erregung. Harst befahl den Schoner klar zu machen. Vier norwegische Matrosen, wir beide und Erwin Bruchstaller, der uns trotz allem Vorausgegangenen in diesen Tagen immer sympathischer geworden war, segelten davon. Der Fritjof Nansen sollte ganz langsam folgen.

Genau um Mitternacht näherten wir uns dem Eisberg. Wir erkannten ihn sehr bald wieder. Er war zweifellos derselbe Eisriese, auf dem wir die blonde Frau und die Eskimos zurückgelassen hatten. Wir fanden die Bucht, an deren Ufern die Bretterbude stand.

Keine lebende Seele zeigte sich.

Vorsichtig betraten wir beide und Bruchstaller die Eisinsel.

Vor der Hütte noch ein paar tote Hunde …

Neben ihnen zwei Leichen mit Kugelschüssen: Felix und Martha Bruchstaller!

Die Hütte leer …

Die Eisinsel, genau durchsucht, brachte keine Aufklärung. Wir fanden nichts, was dieses blutige Drama irgendwie erläutert hätte. Nichts. Kein Schiffsvermerk, keine weiteren Toten …

Den Rest der Nacht schliefen wir auf dem Schoner.

Morgens acht Uhr nahte der Fritjof Nansen. Harst ruderte dem Dampfer im Boot des Schoners entgegen und hatte mit dem Kapitän eine längere Unterredung. Daraufhin wurden auch die übrigen Gefangenen nach der Eisinsel gebracht. Der Dampfer aber wendete und nahm die Reise nach Neuyork wieder auf. Der Kutter lag nun gleichfalls in der Bucht, und wir beide sahen uns sechs Leuten allein gegenüber, die zwar unbewaffnet waren, immerhin jedoch mit Vorsicht behandelt werden mußten, zumal nur auf Erwin Bruchstaller insofern Verlaß war, als er niemals etwas gegen uns unternommen hätte. Die gefährlichsten waren zweifellos Fräulein Johanna und der kleine James Morton. Nun – unsere Pistolen wirkten auch bei ihnen stark dämpfend, und nahm die ganze Gesellschaft vor der Plankenhütte angesichts der beiden Toten Harsts scharfe Verhaltungen schweigend hin.

„… Nur weil ich nicht wünsche, daß Deutschland durch diesen Schwindel, durch diesen einzigartigen Betrugsversuch mit entehrt wird,“ erklärte er zum Schluß, „gebe ich Sie alle frei. Segeln Sie mit dem Schoner auf und davon und bestatten Sie Ihre beiden Toten auf See nach Seemannsart. Mein Freund und ich wollen zusehen, ob wir diesen Doppelmord vielleicht aufhellen können. Uns genügt der jetzt gut verproviantierte Kutter.“

Fünf von den sechs atmeten sichtlich erleichtert auf. Nur Bruchstaller fand Worte des Dankes.

Harst winkte ab …

Aber als Erwin Bruchstaller ihm zögernd die Hand hinstreckte, schlug er noch ein …

„Es ist schade um Sie, Bruchstaller …!“

Der Schoner verließ die Eisbucht. Bald waren auch seine Mastspitzen verschwunden. Es war ein morscher, jämmerlicher Rattenkasten, und daß man nachher nie wieder etwas von ihm und seinen sechs Leuten gehört hat, ist bei den orkanartigen Stürmen, die in der Zeit vom 15. bis 18. Juni im Südost-Atlantik wüteten, weiter kein Wunder.

Ein höherer Richter hatte hier das Urteil gesprochen.

Und wir beide?!

Lieber Freund und Leser, die Seitenzahl, die mir[21] hier zur Verfügung steht, ist erschöpft. Ich muß schließen. Die Geschichte der Armbanduhr der Miß Golling ist zu Ende. Der Titel mag manchem wenig geeignet erscheinen: Armbanduhr!! – Aber: sie war ja auch das Entscheidende, diese in dem Depeschenentwurf erwähnte Uhr. – Ich liebe keine Effekthascherei … Ich hätte ja als Titel auch wählen können: „Die beiden Eisberge“ oder „L. F. B.“

Den Leser wird auch die Armbanduhr nicht gelangweilt haben.

Ja – und wir beide hier auf der prachtvollen Eisinsel?!

Davon das nächste Mal … in der … „weißen Grotte“ … Und bei Freund Vaxholm in Stockholm … – – das nächste Mal …

 

Druck: Buchdruckerei P. Lehmann G. m. b. H., Berlin SO 36, Elisabethufer 44

 

 

Anmerkungen:

  1. In der Vorlage steht: „ihn“.
  2. In der Vorlage steht: „Rickschas“.
  3. In der Vorlage steht: „Mabals“.
  4. In der Vorlage steht: „daß“.
  5. „Lundström-Werke(n)“ / „Lundströmwerken“ – Beide Schreibweisen vorhanden. Einheitlich auf „Lundström-Werke(n)“ geändert.
  6. In der Vorlage steht: „L. T. B.“.
  7. Fehlendes Wort „die“ ergänzt.
  8. Diese Kapitelüberschrift ergibt sich aus dem ersten Kapitel der zweiten Geschichte.
  9. In der Vorlage steht: „Frietjof“.
  10. In der Vorlage steht: „jämmerliche“.
  11. In der Vorlage steht: „Kadawer“.
  12. In der Vorlage steht: „das“.
  13. In der Vorlage steht: „sink“.
  14. Fehlendes Wort „mich“ ergänzt.
  15. In der Vorlage steht: „vortäuschen“.
  16. In der Vorlage steht: „Tierkadawern“.
  17. In der Vorlage steht: „wollte am“.
  18. In der Vorlage steht: „Guter“.
  19. In der Vorlage steht: „den“.
  20. In der Vorlage steht: „Zwillingsschwerstern“.
  21. In der Vorlage steht: „mich“.