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Burg Totenhall

 

 

 

Harald Harst

Aus meinem Leben

 

Band: 151

 

Burg Totenhall

 

Erzählt von

Max Schraut

 

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H.
Berlin SO 16, Michaelkirchstraße 23a

 

Nachdruck verboten. – Alle Rechte, einschl. das Verfilmungsrecht, vorbehalten. – Copyright 1925 by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin.
Druck: P. Lehmann G. m. b. H., Berlin.

 

1. Kapitel.

Das Kapuzineräffchen.

An jenem Junivormittag, als der körperlich und seelisch völlig zusammengebrochene holländische Großkaufmann van der Dymen uns besuchte, hatte Harald gerade hinten im Garten das Spalierobst gekalkt, während ich in meinem Wohnzimmer, das dem seinen nur durch den Flur getrennt gegenüberlag, mit Erledigung von Briefen beschäftigt war.

So kam es denn, daß ich van der Dymen zuerst empfing.

Der Holländer war ein sympathischer Herr. Trotz seiner Erregung und seines Schmerzes um den Verlust seiner Tochter schilderte er mir das Vorgefallene kurz und übersichtlich.

Wir hatten in Harsts Arbeitszimmer Platz genommen, und Dymen lehnte weder die Zigarre noch den Kognak ab, die ich ihm anbot, da er einen recht erschöpften Eindruck machte.

Dann trat Harald von seinem Schlafzimmer herein, wo er sich umgezogen hatte.

Er begrüßte den Holländer mit liebenswürdiger Teilnahme.

„Ich kenne Ihre Leidensgeschichte, Mynheer van der Dymen,“ erklärte er sogleich. „Die Zeitungen haben darüber recht eingehend berichtet. – Sie sind verheiratet und haben nur ein Kind, eine Tochter von neunzehn Jahren namens Mabel. Mitte Mai hatten Sie sich zu einer dreiwöchigen Kur nach Bad Kissingen begeben. Dort lernten Sie ein Ehepaar von Groening kennen, einen Major a. D., reizende Leute, mit denen Sie und die Ihrigen dann täglich zusammenwaren. Der Major lud Sie nach Beendigung der Kur zu sich nach Berlin ein. Sie reisten gemeinsam dorthin, und Ihre Tochter Mabel fuhr dann im Auto mit Groenings nach deren Villa in Schlachtensee, während Sie und Ihre Gattin in einem Berliner Hotel abstiegen. Sie waren abends eingetroffen, und vormittags sollten Sie und Ihre Frau dann ebenfalls in der Groeningschen Villa Unterkunft finden. Als Sie mit Ihren Koffern nach Schlachtensee kamen, mußten Sie feststellen, daß es dort weder eine Radetzkystraße[1] noch eine Villa Groening gab. Die Polizei erklärte Ihnen, daß Sie fraglos Mädchenhändlern in die Hände gefallen seien, die es von vornherein auf Ihre Tochter Mabel abgesehen gehabt hatten. Man legte Ihnen im Berliner Präsidium die Photographien internationaler Mädchenhändler vor, ohne daß Sie die angeblichen Groenings unter diesen Bildern entdecken konnten. Seitdem sind vierzehn Tage verstrichen. Sie haben eine sehr hohe Belohnung für die Wiederherbeischaffung Ihres Kindes ausgesetzt und haben auch zwei der bekanntesten Amsterdamer Detektive mit Nachforschungen beauftragt. Es wurde nichts versäumt, was irgend nur geschehen konnte, um Fräulein Mabel oder jenes verbrecherische Ehepaar aufzufinden. Alles war umsonst … – Sie sehen, Mynheer, ich bin genau unterrichtet. Zu meinem Beruf gehört ein vorzügliches Gedächtnis. Was ich einmal gelesen habe, vergesse ich nicht so leicht wieder. – Ich nehme an, daß wir, Schraut und ich, nunmehr gleichfalls in Ihrem Interesse tätig sein sollen.“

Dymen nickte …

„Ich habe leider zu spät an Sie gedacht, Herr Harst.“

Seine Augen wurden feucht …

„Ihr Amsterdamer Kollege Lookenzook war es, der mir vorschlug, Sie zu Rate zu ziehen … Vorgestern sprach er mit mir darüber, nachdem sich … noch etwas ereignet hat, etwas, was Lookenzook genau so unbegreiflich ist wie mir …“

„Ich kenne Lookenzook,“ sagte Harald ernst. „Ein sehr befähigter junger Mann … Trotz seiner erst achtundzwanzig Jahre mit Recht eine Berühmtheit … Es muß sich also schon in der Tat um etwas Merkwürdiges handeln, wenn der Kollege es nicht begreift …“

„Allerdings – etwas mehr als Merkwürdiges, Herr Harst,“ erwiderte der vornehme Holländer seufzend. „Es ist etwas aus meiner Villa in Hilversum gestohlen worden, Herr Harst …“

Harald machte ein etwas enttäuschtes Gesicht …

Aber Dymen fügte schon hinzu:

„Ein zahmes allerliebstes Kapuzineräffchen samt dem Käfig, Herr Harst … Das Äffchen war Mabels Eigentum, und sie hing an dem Tierchen so sehr, daß sie es am liebsten sogar mit nach Kissingen genommen hätte …“

Mein Freund erhob sich plötzlich aus seinem Sessel …

„Einen Augenblick, Mynheer …“

Und er schritt zum Zeitungshalter, holte eine Abendzeitung von gestern, setzte sich wieder und las uns dann vor:

„Affenjagd auf dem Görlitzer Bahnhof. – Heute vormittag entfloh einem Reisenden aus dem abfahrtbereiten D-Zuge nach Breslau ein Kapuzineraffe, den der Reisende, ein älterer Herr, in einem Deckelkorb mit sich führte. Erst nach einstündiger Jagd konnte das Tierchen wieder eingefangen werden. Der Besitzer spendete dem betreffenden Beamten, der durch tollkühnes Klettern in dem Eisengebälk des Hallendaches den kleinen Ausreißer wieder erwischte, nicht weniger als dreihundert Mark. Inzwischen war der D-Zug längst abgedampft, und der alte Herr setzte seine Reise dann mit dem nächsten Personenzug fort. – Der betreffende Beamte dürfte sich fraglos häufiger eine so lohnende Affenjagd wünschen.“

Harst legte die Zeitung weg …

Meinte nun: „Es gibt ja fraglos eine ganze Menge zahmer Kapuzineräffchen, Mynheer … Immerhin ist dieses Zusammentreffen zweier zeitlich und räumlich getrennter Ereignisse, des Diebstahls und dieser Affenjagd etwas auffällig. Vielleicht handelt es sich um dasselbe Äffchen – vielleicht!! – Wann wurde der Liebling ihrer Tochter gestohlen?“

„Vorgestern nacht[2], Herr Harst … Die Diebe, es waren zwei Personen, wie Lookenzook festgestellt hat, sind über einen Balkon in meine Villa eingedrungen. Wie gesagt – sie nahmen auch den großen Käfig mit, denn das Äffchen ist sehr bissig. Ihr Kollege konnte die Spuren der Diebe bis zum Bahnhof Hilversum verfolgen – nur bis dort. Er glaubt nun, daß Mabel vielleicht irgendwo doch nur von den angeblichen Groenings gefangen gehalten wird und sie nach ihrem Liebling verlangt hat … Deshalb der Diebstahl … – Das heißt: Lookenzook gibt zu, daß diese Annahme reichlich phantastisch ist …“

„Allerdings …! Sehr phantastisch! Und doch soll man sie nicht so ohne weiteres verwerfen … – – Einige Fragen, Mynheer … Sind Sie allein nach Berlin gereist?“

„Nein, meine Frau hat mich begleitet … Sie wartet draußen im Auto …“

Und er deutete auf das Fenster …

Auf der Straße vor unserem Vorgärtchen hielt ein geschlossenes Mietauto …

Harst war aufgestanden …

Blickte hinaus …

Eine ganze Weile …

Dann:

„Mynheer, eine junge Dame geht dort auf und ab … Ist das Ihre Gattin?“

Auch Dymen erhob sich …

„Ja, Herr Harst …“

„Verzeihen Sie, Mynheer … Sie waren Witwer und haben zum zweiten Male geheiratet? Die Dame dort wäre für die Mutter einer neunzehnjährigen Tochter denn doch zu jung …“

Dymen wurde etwas verlegen …

„Ich schloß diese zweite Ehe vor einem Jahre, Herr Harst, nachdem ich sechs Jahre Witwer gewesen … Meine jetzige Frau ist übrigens eine Deutsche, sogar Berlinerin … Und ich habe diese Wahl nicht bereut … Vilma hat wieder Sonnenschein in mein Haus gebracht …“

Harald blickte ihn forschend an …

„Wieder Sonnenschein, Mynheer?! – Entschuldigen Sie – aber ich muß volle Offenheit verlangen … Standen Sie denn nicht besonders herzlich zu Ihrem Kinde?“

Dymens Gesicht wurde noch ernster und trüber …

„Mabel ist ein sehr eigentümlicher Charakter, Herr Harst … Schon als Kind war sie scheu und verschlossen … Ich habe alles versucht, mir ihre Liebe und ihr Vertrauen zu erringen … Wir blieben uns fremd … Sie kannte nur eine Liebe, die zu Tieren!“

Harst schaute wieder durch die Tüllstores auf die Straße …

„Weshalb betrat Ihre Gattin nicht ebenfalls mein Haus, Mynheer?“

„Vilma meinte, dies alles sei Männerangelegenheit …“

„Ihre Gattin ist zu rücksichtsvoll, Mynheer. Gestatten Sie, daß mein Freund Schraut sie hereinbittet …“

Und ich eilte hinaus …

Ich tat es sehr gern …

Denn Vilma van der Dymen – – mir schien es, als ob Harald Wert auf ihre Bekanntschaft legte … großen Wert …

Und ich stand ihr gegenüber …

Verbeugte mich …

War … verblüfft …

Oh – diese Vilma war schön – bildschön!

Nein – was sage ich: schön?! – das trifft nicht das richtige …

Sie war Rasse, Klasse …

Aschblond … dunkle ernste Märchenaugen … schmales Gesicht – vornehm und doch liebreizend …

Und dann diese – diese Stimme …

Weich wie die Klänge einer Windharfe …

Ganz benommen schritt ich neben ihr durch den Vorgarten …

Sollte Harald wirklich gegen dieses junge köstliche Wesen irgend einen unbestimmten Verdacht geschöpft haben?!

Wir betraten das Arbeitszimmer …

Frau Vilma reichte nun auch Harald die Hand …

„Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Herr Harst … Wir sind Landsleute … Mein Vater war hier in Berlin Arzt … Ich hieß mit Mädchennamen Mantey … Sanitätsrat Mantey, mein Vater, hatte im Osten Berlins eine große Praxis …“

Wir nahmen wieder Platz …

Was weiter gesprochen wurde, war belanglos …

Nur eins fiel mir auf: Die Affenjagd auf dem Görlitzer Bahnhof wurde nicht erwähnt …

Ich merkte: Harald hatte van der Dymen offenbar untersagt, dies zu erwähnen – – in Gegenwart Frau Vilmas!

Und ich sah weiter, daß Mynheer van der Dymen seine Gattin zuweilen mit ganz eigentümlichen Blicken verstohlen musterte … Im übrigen aber ließ er sich nichts anmerken …

Zehn Minuten später waren wir wieder allein …

Und – meine erste Frage:

„Harald, Dir erscheint diese Frau irgendwie verdächtig?!“

„Ja … Du hast ja selbst beobachtet, mein Alter, wie nervös sie draußen auf und ab ging … Nervös – in Unruhe … Und doch hatte sie sich nicht zu uns hereingetraut … – Sie ist eine große Komödiantin … Ich hatte van Dymen gebeten, die Affenjagd auf keinen Fall zu erwähnen …“

„Das … merkte ich …“

„Er wurde natürlich etwas stutzig … Ich suchte ihn abzulenken … Sagte, daß Frauen zu leicht ungewollt Äußerungen tun, die vieles verderben können … – Trotzdem: auch er ist argwöhnisch geworden … – Und jetzt – an die Arbeit, mein Alter … Geteilte Arbeit! Du erkundigst Dich nach Sanitätsrat Mantey und Familie, und ich werde auf dem Görlitzer Bahnhof dem Manne mit dem Affen nachspüren …“

„Gut – Und wie denkst Du über Mabel van der Dymens Entführung? Wirklich Mädchenhändler?!“

„Lieber Alter … Es gibt hier drei Möglichkeiten … Wir werden den Fall sozusagen nach drei Richtungen hin bearbeiten … Zunächst getrennt … Wir treffen uns also um drei Uhr zum gemeinsamen Mittagessen unten bei Kempinski … Wiedersehen …“

Ein Händedruck, und ich holte Hut und Stock aus meinen Räumen des Harstschen Hauses … Als ich den Vorgarten betrat, verschwand Harald schon um die Straßenecke … Der Kapuzineraffe schien ihn doch sehr zu interessieren, obwohl ich selbst nicht recht wußte, wie dieses Äffchen uns etwas nützen sollte …

 

2. Kapitel.

Die tote Sanitätsrätin.

So manches unserer Abenteuer, das gewissermaßen recht alltäglich begann (und die im ersten Kapitel geschilderten Vorgänge nenne ich alltäglich), wurde später zu einer wahren Hetzjagd unglaublichster Geschehnisse …

So auch hier …

Einen Vorgeschmack davon erhielt ich bereits, als ich nach einigen mühseligen Erkundigungen im Auto nach der Königstraße 102 fuhr, wo der Sanitätsrat Doktor Mantey viele Jahre lang gewohnt haben sollte.

Es war eins der ältesten Häuser. Unten ein kleiner Laden: Wäsche, Strümpfe – Kleinkram …

Die Ladentür stand offen …

Und hinter dem Ladentisch schimmerte das blasse, faltige Gesicht eines alten Fräuleins …

Ich trat ein … Kaufte drei Paar Herrensocken …

Setzte mich …

Das alte Fräulein war glücklich, ein wenig plaudern zu können …

Ja – den verstorbenen Sanitätsrat und seine ebenfalls verstorbene Gattin und die beiden Kinder habe sie sehr gut gekannt … sehr gut … Stille, feine Leute … Überall beliebt … Nur der Sohn sei so ein wenig verbummelt gewesen und nachher verschollen … Dafür habe aber die Tochter ihr Glück gemacht … Einen reichen Ausländer habe sie als Sekretärin eines hiesigen Kommerzienrats kennengelernt und geheiratet … Ein hübsches Mädchen, die Vilma … Und so lieb und gut …

Während das alte Fräulein nun ein endloses Loblied auf Vilma sang, schaute ich sinnend durch die offene Tür auf die Straße …

Sinnend – – denn wie paßte dieses Charakterbild zu Haralds Verdacht?!

Und wie ich so grübelnd die Menschen mustere, die draußen auf den beiden Bürgersteigen hin und her strömen, streift mein Blick auch eine hagere ärmliche Frauengestalt, die mir so merkwürdig bekannt vorkommt …

Die Frau steht drüben vor einem Schaufenster …

Die Glasscheibe zeigte mir als Spiegelbild auch ihr Gesicht …

Und – jäh werde ich unangenehm lebendig … Mein Hirn arbeitet mit Hochdruck …

Dann … weiß ich es: dieselbe Frau sah ich vor einer Stunde bei uns draußen in Schmargendorf in der Blücherstraße …

Es ist bestimmt dieselbe Frau – ganz bestimmt!

Und – mehr noch weiß ich nun: dieses hagere armselige Weib in dem unmodernen verschossenen Mantel und dem unglaublichen Samthut mit zerrupften Straußenfedern ist nichts anderes als eine Spionin, ist mir von der Blücherstraße her gefolgt – lauert nun auf mich, will sich abermals an meine Fersen heften!!

Ein seltsamer Einfall da von mir …

Ein Griff ins Dunkle gleichsam …

Ich frage die redselige Ladenbesitzerin:

„Kennen Sie vielleicht die Frau drüben vor dem Schaufenster des Papiergeschäfts?“

Und sie nimmt den Kneifer vom Haken ihrer Bluse, drückt ihn auf die Nase …

Sucht …

Und – gerade da dreht sich die Frau halb um …

Und – – neben mir ein halb erstickter Schrei …

Ich starre das alte Fräulein entsetzt an …

Und sie – kalkweiß im Gesicht, zitternd – sie flüstert kaum verständlich:

„Gott … Gott im Himmel … – Die Toten stehen auf … Das ist die Frau Sanitätsrat Mantey, mein Herr …!!“

„Fräulein, es kann sich doch nur um eine Ähnlichkeit handeln …!“

Da geht draußen die Hagere langsam weiter …

Und ich – mein Päckchen Socken in die Hand … Bezahlt habe ich schon … Zum Laden hinaus …

Armer Max Schraut, diesmal glückt’s Dir vorbei …

Da hat ein Auto an der Bordschwelle gehalten …

Da ist die Hagere hineingesprungen …

Gesprungen …!!

Es jagt davon …

Jagt …!!

Ich – habe das Nachsehen!

Und kehre mißmutig zu dem alten Fräulein zurück …

Sie hat sich inzwischen etwas von dem Schreck erholt …

Und schwört Stein und Bein, daß es die Sanitätsrätin gewesen …, die vor vier Jahren verstorbene Sanitätsrätin – – man denke!!

„… Mein Herr – genau denselben Mantel und Hut trug die Rätin, wenn sie Einkäufe machte – – genau denselben …!“

Ich entferne mich schließlich verwirrt und unsicher …

Ob etwa die Rätin eine Schwester gehabt habe, fragte ich das Fräulein noch zuletzt …

Nein – nichts davon!! Es sei die Rätin in Person gewesen oder ihr Geist!

Und so schlendere ich denn nun die Königstraße hinab … Nehme ein Auto …

„Kempinski …!“

Fahre …

Und überlege – immer wieder … Sage mir, daß das alte Fräulein doch schließlich eine solche Behauptung wie die von demselben Hut und Mantel nicht aus der Luft gegriffen haben könne …

Nun – Harald mag entscheiden!

Und ich steige vor Kempinski aus … Finde gleich vorn im Cadiner Saal ein Ecktischchen …

Bin jetzt mißtrauisch …

Prüfe jeden auf Herz und Nieren, der nach mir durch die Pendeltür eintritt …

Und es kommen genug Leute … Übergenug … Es ist erst zwei Uhr … Harald wird erst in einer Stunde erscheinen …

Irrtum – – grober Irrtum …!

Ein einzelner Herr hat da unweit von mir Platz genommen …

Ein blondbärtiger Kerl – mit latschigem Gang …

Agrarier …

Stochert jetzt in den Zähnen herum …

Ekelhaft!

Und – mit einem Male trifft mich unter blondbuschigen Augenbrauen hervor ein Blick …

Ein Blick … – aus grauen Augen, die ich kenne …

Und dann legt der Blonde ganz unauffällig den Finger auf die Lippen …

Steht auf, sieht sich unauffällig um … Kommt an meinen Tisch …

„Sie gestatten wohl …“

Und er nimmt die Weinkarte mit …

Er … er – – Harst nämlich!

Und setzt sich, blättert in dem dicken Heft …

Scheint sich die Preise auf ein Stück Papier zu notieren …

Ein Kellner fragt nach meinen Wünschen … Ich bestelle …

Dann bringt „er“ mir die Weinkarte zurück … dankt …

Und selbstredend finde ich einen Zettel … mit den Weinpreisen … Lese ihn ganz heimlich:

„Mein Alter, man ist hinter uns her. Ich konnte bisher drei feststellen, eine Frau und zwei Männer … – Suche Bechert um fünf Uhr auf. Aber auf Umwegen. Ich bin gleichfalls dort. – Gruß … H.“

– Fritz Bechert ist den Lesern längst bekannt. Wenn unser eigenes Haus von Spionen zu dicht umlauert war, dann wurde Becherts Wohnung unsere Maskengarderobe.

Nun – bei Kempinski machte ich mich auf sehr einfache Art aus dem Staube, ließ Hut und Stock hängen, tat so als ob ich lediglich den Waschraum aufsuchen wollte und bezahlte meine Zeche an einen der Geschäftsführer … Mein Name genügte dem Herrn. Durch einen anderen Ausgang gelangte ich auf die Straße, kaufte mir einen Hut, nahm ein Auto … Jetzt war bestimmt niemand hinter mir her.

Bechert und Harst saßen bei einer guten Tasse Kaffee. Auch mir tat diese Auffrischung wohl.

Und Fritz Bechert und ich hörten dann gespannt zu, wie Harald uns nun seine Erlebnisse schilderte …

„Ich habe festgestellt, daß der alte Herr, dem der Affe auskniff, auf dem Görlitzer Bahnhof einen sehr großen Reisekorb nach Greiffenberg aufgegeben hat … Der Korb ist mit dem D-Zug mitgegangen, den der alte Herr des Äffchens wegen verpaßte … Ich vermute, daß sich in dem Korb der Käfig für den Kapuzineraffen befindet. – Während dieser Nachforschungen auf dem Görlitzer Bahnhof wurde ich auf zwei Leute aufmerksam, die getrennt mich unausgesetzt beobachteten … Zwei harmlose Leute scheinbar … Ich tat sozusagen die Stichprobe und fuhr nach der Königstraße … Ich hatte schon vom Bahnhof aus die frühere Wohnung des Sanitätsrats telephonisch in Erfahrung gebracht … Vor Nr. 102 ließ ich das Auto halten, stieg jedoch nicht aus … Und siehe da: meine beiden Aufpasser waren wiederum in Sicht … Der eine sprach mit einer hageren Frau …“

Nun war’s für mich an der Zeit, meine Weisheit auszukramen …

Die Hagere – über die wußte ich besser Bescheid …

Und Harald und Bechert staunten … Die tote und wiedererstandene Sanitätsrätin war auch für sie ein Leckerbissen … Das war vorläufig nebst Frau Vilma das Interessanteste des Falles …

Freund Bechert meinte kopfschüttelnd:

„Was sagen Sie nun eigentlich zu dieser „Toten“, lieber Harst?“

Harald schob die Kaffeetasse weiter und langte nach einer Zigarette …

Meinte …

„Vorläufig läßt sich überhaupt nichts sagen … Man muß eben handeln … – Ich habe zu meinem Bericht nur noch nachzuholen, daß ich die Verfolger abschüttelte und mich hier bei Bechert in den blonden Agrarier verwandelte … Bei Kempinski war dann wieder einer der drei anwesend … Aber Dein Trick mit dem zurückgelassenen Hut und Stock, mein Alter, hat sich bewährt … Die Sippschaft hat jetzt unsere Spur verloren, und wir werden von hier aus in anderer Aufmachung noch heute nach Greiffenberg reisen …“

Bechert warf Harald einen bittenden Blick zu. „Seien Sie mal gnädig, lieber Harst … Was hat Frau Vilma, geborene Mantey, mit der Sache zu tun?!“

Und Harald – ohne Zögern: „Es gab drei Möglichkeiten … Zwei davon streiche ich jetzt, weil dieses Massenaufgebot von Beteiligten mir dafür zu sprechen scheint, daß Vilma, geborene Mantey, jetzt Frau van der Dymen, gern allein ihren Gatten beerben möchte … Deshalb hat sie Mabel, die Miterbin, verschwinden lassen … sehr geschickt … Wobei ihr verschollener Bruder und noch ein paar ihr nahestehende Leute geholfen haben mögen …“

Ich konnte nicht anders … Rief geradeheraus: „Unmöglich!! Bedenke das Charakterbild, das die Ladeninhaberin mir von Vilma so begeistert lieferte!“

Und Harald – achselzuckend:

„Will gar nichts bedeuten, lieber Alter …! Gar nichts! Vilma kann schon als Mädchen eine perfekte Heuchlerin gewesen sein …!“

Und abends sieben Uhr bestiegen zwei Herren, die einander nicht zu kennen schienen, auf dem Görlitzer Bahnhof den Breslauer Zug und fuhren nach Görlitz …

Fanden sich hier außerhalb des Bahnhofs mit ihren Handkoffern wieder zusammen und mieteten ein Auto zu einer Tour nach … Greiffenberg …

 

3. Kapitel.

Burg Totenhall.

Wer das Isergebirge kennt, kennt auch die Ruine Greiffenstein unweit des Städtchens Greiffenberg …

Weit weniger bekannt und doch romantischer als der Greiffenstein ist die fernab von allem Verkehr in einem der östlichen Seitentäler des Isergebirges gelegene Burg Totenhall …

Auch wir hatten von der Existenz dieser Burg bisher nichts gewußt …

Erst in Greiffenberg hörten wir, daß ein alter graubärtiger Herr, der am Abend vorher eingetroffen war, einen Wagen gemietet und mit seinem umfangreichen Gepäck nach Totenhall gefahren war.

Also – – unser Mann!!

Und als wir dies feststellten, war es sieben Uhr morgens und es regnete in Strömen …

Wir hatten Glück gehabt … Der alte Herr mit seinem Riesenreisekorb war den Bahnbeamten aufgefallen. Ein Gepäckträger hatte ihm dann das Fuhrwerk besorgt …

Und derselbe Gepäckträger erzählte uns weiter, daß Burg Totenhall jetzt Eigentum einer Amerikanerin sei, die den alten Bau mit erheblichen Kosten habe wiederherstellen lassen … Mehr wisse er nicht … Aber am Eingang des Totenhall-Tales liege das Dörfchen gleichen Namens, und dort in der Gastwirtschaft würden wir wohl Näheres in Erfahrung bringen können … –

Dieses Unwetter – es goß in Strömen, und in der Ferne grollte ein Gewitter – war uns nur lieb …

Der Wagenverleiher, an den wir uns wandten, verlangte fünfzig Mark. Der Wagen hatte ein Halbverdeck … Wir fuhren …

Wir hatten in Greiffenberg sorgfältig aufgepaßt und nichts Verdächtiges bemerkt …

Auch bis zum Dorfe Totenhall war nicht das geringste von Spionen zu spüren …

Harst war während dieser vier Stunden schweigsam bis zur Unhöflichkeit … Ich rauchte fünf Zigarren, schlief ein, wachte wieder auf … Da hielt unsere Kutsche schon vor dem Wirtshaus …

Nachmittags zwei Uhr war es gerade …

Bergluft begrüßte uns …

Außerdem ein behäbiger Wirt, der uns erklärte, wir würden uns hier bei ihm glänzend erholen …

„Das haben wir auch nötig,“ meinte Harald …

Und nachher schrieben wir uns Herrmann und Schrötter, Bankbeamte aus Berlin, in das Gästebuch ein … aßen im Gastzimmer Mittag …

Es regnete … regnete …

Der Wirt saß bei uns, trank mit von dem feurigen Rotwein, der mehr feurig als gut war …

Und erzählte …

Man brauchte nur anzutippen, und seine Zunge kam nicht zum Stillstand …

Auch schließlich von der Burg sprach er … Hier hieß sie kurz nur „die Burg“ …

Vor einem Jahr habe eine Miß Galdensteac – er buchstabierte den Namen – die Burg gekauft … Nun lebe sie dort als Malerin mit einem Diener und einer Köchin, beide ebenfalls Amerikaner … Viel bekäme man von den dreien nicht zu sehen … Aber die Miß sei in der Umgegend recht beliebt, da sie viel Gutes tue … Für die Dorfkirche hier habe sie einen neuen Altarteppich und zwei Leuchter gestiftet, und die Witwe des verunglückten Holzfällers Sellke unterhalte sie vollständig … Außerdem wollte sie dem Dorfe auch Geld vorschießen, damit man hier heilkräftige Quellen erbohren könne …

„Dann wird Totenhall ein Trinkbad, meine Herren … Und dann ist es vorbei mit der Einsamkeit … Nur umtaufen müssen wir unser Dorf … Nach Totenhall kommt niemand … Ich habe in der Gemeindesitzung schon Heilsdorf vorgeschlagen …“

Er redete und redete …

Genau wie es draußen regnete und regnete …

Und er ließ sich aushorchen, daß es nur so eine Freude war …

Nein – ein alter Herr mit Gepäck sei hier nicht durchgekommen, bestimmt nicht – so erklärte er auf eine Anzapfung Haralds hin … Jeder Wagen, der etwa nach der Burg wolle, müsse das Dorf passieren …

Und Harald und ich schauten uns enttäuscht an …

Denn all das, was wir über Miß Galdensteac bisher gehört, war durchaus harmlos …

Und wenn der alte Herr mit dem Kapuzineräffchen in Greiffenberg nur zum Schein die Burg als Fahrziel angegeben hatte, dann … saßen wir hier vielleicht ganz umsonst …

Zum Glück ließ der Wirt uns nun eine Weile allein …

Harald trat an das Telephon heran …

Ich stand dicht neben ihm …

Die Verbindung mit Greiffenberg und mit dem Fuhrhalter, der den alten Herrn gefahren hatte, war sehr bald hergestellt …

Und so kam denn heraus, daß der alte Herr bereits zwei Kilometer vor dem Dorfe Totenhall samt seinem Gepäck in ein Auto hinübergestiegen war, das auf der Chaussee gehalten hatte – ein großes offenes Auto, in dem außer dem Chauffeur nur noch eine Dame gesessen hatte …

Mehr konnte der Fuhrhalter nicht angeben, denn es sei ja mitten in der Nacht gewesen und sehr dunkel … Er sei umgekehrt und habe in einem nahen Gehöft Rast gemacht … –

Als Harald den Hörer wieder abhängte und mir den Inhalt dieser Auskunft mitteilte, fügte er hinzu:

„Jetzt wissen wir wenigstens, daß wir auf der rechten Fährte sind, mein Alter … Denn wenn der Graubart mit dem Äffchen tatsächlich sich nach Burg Totenhall hätte bringen lassen, würde ich das Rennen hier als zwecklos aufgegeben haben … Du verstehst mich wohl … Der alte Herr wäre doch, falls er ein schlechtes Gewissen hatte, niemals so unvorsichtig gewesen, so ohne weiteres nach der Burg zu fahren, zumal er dann doch mit „unseren“ Spionen in Verbindung gestanden hätte, die ihn gewarnt haben würden. Nun ist der Mann aber schon vor dem Dorfe von einem Auto erwartet worden und … scheinbar verschwunden … Mithin wollte er seine Spur verwischen, ist also nicht harmlos …“

Der Wirt trat ein …

Harald bezahlte das Ferngespräch und fragte so beiläufig, ob Miß Galdensteac ein Auto besäße …

Der Wirt verneinte …

„Und was halten Sie von der Wetterlage?“ meinte Harald weiter … „Es regnet nicht mehr ganz so stark … Ob es sich aufklären wird?“

„Nur vorübergehend … die Luft ist zu drückend. Wir bekommen fraglos noch ein schweres Gewitter … Ich würde den Herren von einem längeren Spaziergange abraten …“

„Wir wollen’s doch versuchen,“ lachte Harald … „Wir haben ja unsere Gummimäntel … Sollten wir allzusehr einregnen, bleiben wir vielleicht die Nacht anderswo … Unsere Handkoffer sind hier wohl auf unseren Zimmern sicher …“

Und so marschierten wir beide denn wirklich gegen vier Uhr die Landstraße hinab, die tiefer in das gewundene Tal hineinführte. – Der Himmel zeigte ein paar blaue Stellen, und zuweilen lächelte sogar die Sonne freundlich auf uns beide „Bankbeamte“ hinab. Aber – die Sonne „stach“, wie man zu sagen pflegt …

Und drüben hinter dem Hohen Iserkamm lagerte pechschwarzes Gewölk.

„Du willst also doch nach der Burg?“ fragte ich nach einer Weile vorsichtig …

Harald, der ganz in den Anblick der Landschaft vertieft war, nickte zerstreut …

„Das Auto kann vielleicht von einem der Spione etwa in Görlitz gemietet worden sein, und der Mann mit dem Kapuzineräffchen kann sehr wohl nach der Burg gefahren sein … kann …! – Mich interessiert diese Amerikanerin, die da so einsam in der Burg haust … Es wird sehr bald von neuem gießen und gewittern. Dann haben wir einen guten Vorwand, um Einlaß und Unterkunft zu bitten. Miß Galdensteac soll ja sehr entgegenkommend sein … Ist die Burg nebst Insassen für uns eine Niete, so suchen wir eben anderswo …“

Nun – ich für meine Person war überzeugt, daß es eine Niete werden würde. Trotzdem gab ich Harald recht: die Amerikanerin lohnte einen Besuch!

Das Tal bot mancherlei Schönheiten. Es ging zum Teil ganz steil bergan …

Dann eine neue Biegung, und fünfhundert Meter vor uns lag die seltsame kleine Burg – vielleicht die seltsamste, die es hier in dieser Gegend je gegeben hat …

In der Mitte des Tales ein einzelner Felswürfel … Einer jener kahlen Felsen, wie sie verschiedentlich zu finden sind. Ich erinnere nur an die sogenannten Hasensteine in der Nähe von Bad Flinsberg …

Auf der Kuppe dieses Felsens der schmucklose Bau mit vier Ecktürmen … Und etwa zehn Meter nach Osten zu ein zweiter Felsen, niedriger als der andere … In diese grauschwarze Gesteinmasse war eine Zickzacktreppe eingemeißelt mit einem Geländer … Und eine Zugbrücke, die vom Eingang der Burg bis zu der Spitze dieses zweiten Felsens reichte, stellte den ebenso eigenartigen wie malerischen Zugang zu der Burg Totenhall dar …

Es … regnete wieder … Bald in Strömen … Donner grollte in der Ferne …

Was war uns wohl willkommener als dieses nahende Unwetter …!

Wir eilten weiter …

Die Regenschleier verhüllten das Landschaftsbild … Burg und Felsen waren verschwunden.

Dann erklommen wir die Zickzacktreppe … Waren sehr bald oben auf der Zugbrücke – am Burgtor …

Blitze fuhren prasselnd herab … Der Donner hallte in den Bergen mit unheimlicher Gewalt wider …

Ein altertümlicher Glockengriff neben dem Flügeltor … Harald zog daran … zog noch kräftiger …

Wir standen nun im Trockenen des vorgewölbten Torbogens …

Dann öffnete sich der eine Torflügel …

Dahinter eine hell erleuchtete Vorhalle …

Ein junger blonder Mann in einer Dienerlivree steht vor uns …

Harald bittet höflich um ein Obdach … Wir seien von dem Gewitter überrascht worden … In der Nähe nirgends ein Haus …

Der Diener verbeugt sich …

In tadellosem Deutsch: „Wenn die Herren bitte näher treten wollen …“

Der Mann wirkt durchaus sympathisch – durchaus … Sein blonder Spitzbart, das gescheitelte Haar, die ganze Erscheinung: tadellos gepflegt! – Nur – das soll ein Amerikaner sein?! Seinem Deutsch hörte mans nicht an!

Hinter uns schließt sich der Türflügel …

Wir befinden uns in einer kostbar und doch vornehm eingerichteten Halle … Der Diener nimmt uns die nassen Mäntel und Hüte ab …

„Wenn die Herren bitte Platz nehmen wollen … Ich werde Miß Galdensteac benachrichtigen …“

Verschwindet mit unseren Sachen … – durch eine Tür rechter Hand …

Und – als er sie gerade zudrückt, hören wir noch irgendwoher ein merkwürdiges gellendes Kreischen …

Dann ist die Tür zugefallen und alles still …

Harald blickt mich an …

„Das … Kapuzineräffchen!“ flüstert er nur …

Und – mir wird schwül zumute …

Wir sind so gut wie gefangen …

Der Diener hat den Schlüssel der Haupttür abgezogen und mitgenommen … Und – ich habe ja von ferne gesehen, daß die sämtlichen Fenster der Burg vergittert sind …

Harald setzt sich in einen altertümlichen Sessel neben den Kamin. Ich in den anderen … Ein Bärenfell liegt zu unseren Füßen …

Und ich sehe, wie Harst ganz unauffällig die Clement aus der Beinkleidtasche zieht und in die Außentasche seiner Lodenjoppe steckt …

Und tue desgleichen …

Während mein Herz bereits mit schnelleren Schlägen über diese ungemütliche Situation quittiert …

 

4. Kapitel.

Das Burggespenst.

Dann öffnet sich linker Hand eine Tür … Wir erheben uns … Eine junge Dame in schlichtem Hauskleid kommt auf uns zu …

Wir stellen uns vor …

Bankbeamte aus Berlin: Herrmann und Schrötter – zur Erholung im Bunten Bock im Dorfe Totenhall abgestiegen …

Miß Galdensteac ist keine Schönheit … – Aber ein liebes Gesicht hat sie, mit Grübchen in den Wangen und lebhaften braunen Augen …

Führt uns über einen kurzen Flur in einen behaglichen Wohnsalon … Wir sitzen um einen Ecktisch herum in weichen Klubsesseln. Die Miß spricht das Deutsche mit ganz leichtem Akzent … – Harald übernimmt die Unterhaltung – ganz so, wie es der Lage angemessen: über das Wetter, die Burg, das Isergebirge – – Salongespräch …

Der Diener bringt Tee und Erfrischungen …

Urbehaglich könnte das alles sein … könnte …! Wenn nur nicht das Kapuzineräffchen sich gemeldet hätte …

Miß Galdensteac sagt zu dem Diener:

„Jean – Zigarren und Zigaretten fehlen …“

Dann sind wir drei wieder allein …

Harald ist plötzlich schweigsam geworden …

Die Miß hatte die japanischen Teetäßchen gefüllt … Der Tee duftet köstlich …

Sie trinkt einen Schluck, nimmt ein Röstbrötchen mit Kaviar …

„Bitte – langen die Herren doch zu …!“

Harst schaut die Burgherrin starr an …

„Miß Galdensteac, wie denken Sie sich das Ende dieser Komödie?“ Und seine Stimme ist metallisch …

Die Miß legt das Brötchen weg …

„Verzeihung – wie meinen Sie das, Herr Herrmann?“

„Ich meine das so, wie ich es sage, Miß Galdensteac. Sie wissen recht gut, wer wir in Wahrheit sind …“

Sie schüttelt den Kopf …

„Ich verstehe Sie nicht, Herr Herrmann … Sie sind also nicht Bankbeamte?“

Da zieht Harald die Clement aus der Jackettasche …

Der Sicherungsflügel springt zurück …

Die Miß ist hochgefahren – will zur Tür … – Wenn sie Komödie spielt, tut sie’s tadellos …

Angst und Verwirrung verraten ihre Augen, ihre Bewegungen …

Ich bin auf dem Posten … Habe ihr schon den Weg abgeschnitten …

Hilflos steht sie da …

„Setzen Sie sich!“ sagt Harald befehlend … „Bitte!! Wir müssen ins Reine kommen, Miß Galdensteac … Ich verlange, daß Sie uns durch sämtliche Räume der Burg führen … Und ich warne Sie vor jeder Hinterlist … Diesen Tee rühre ich nicht an … Sie haben jedem von uns in seine Tasse mit der Zuckerzange ein Stückchen Zucker hineingetan – unaufgefordert …“

Die starken dunklen Augenbrauen der Miß ziehen sich zusammen …

„Meine Herren, ich muß Sie denn doch dringend ersuchen, mir zu erklären, was das alles bedeutet … Wer sind Sie?!“

Harald lacht kurz auf …

„Trinken Sie unseren Tee – bitte! Er ist … vergiftet – auch der Zucker …!“

Jetzt … lacht Miß Galdensteac …

„Meine Herren, Sie scheinen nicht recht – bei Sinnen!!“

Und sie … sie leert unsere Täßchen ohne Zaudern …

Meint dann: „Und jetzt – – wer sind Sie?!“

Harald beobachtet das junge Weib …

Auch seine Stirn furcht sich. Ich merke, daß er etwas unsicher wird …

Und erwidert: „Wir sind die Berliner Detektive Harst und Schraut, Miß Galdensteac … Ich behaupte, daß hier in der Burg Fräulein Mabel van der Dymen gefangen gehalten wird …“

Die Miß schüttelt langsam den Kopf … Ein fast übermütiges Lächeln umspielt die roten frischen Lippen …

„Meine Herren,“ erklärt sie heiter, „Sie befinden sich in einem bedauerlichen Irrtum … Ich weiß nicht einmal, wer Mabel van der Dymen ist … Ihre Namen freilich kenne ich … Und nur deshalb will ich Ihnen gegenüber Nachsicht üben … Sie sind berühmt, Herr Harst, und – ein seltsames Zusammentreffen: ich selbst habe Sie in Anspruch nehmen wollen …“

Harst bleibt eisig …

„Wir wollen nicht vom Thema abweichen, Miß Galdensteac … Ich bestehe auf meiner Forderung: Durchsuchung der Burg!“

„Aber bitte – – gern, Herr Harst … Ich werde Jean herbeirufen …“

„Bedauere … – Sie und Jean begleiten uns auf jeden Fall … Im übrigen werde ich mir den Rücken decken.“

Und er geht zum Damenschreibtisch, nimmt den Telephonhörer … Ruft den Bunten Bock, unseren Quartierwirt an …

„Hier Bankbeamter Herrmann … Sollten wir bis Mitternacht nicht zurücksein, so depeschieren Sie an Kriminalkommissar Fritz Bechert, Berlin, Königstraße 3, daß er sofort Burg Totenhall einige Aufmerksamkeit schenken soll. Schreiben Sie sich bitte Adresse und Wortlaut auf …“

Dann – hat er uns dergestalt den Rücken gedeckt …

Ich beobachte Miß Galdensteac … Sie lächelt harmlos, meint nun:

„All das ist wirklich überflüssig, Herr Harst …! Ich betone nochmals: Wären Sie nicht Harald Harst, so würde ich den Landjäger aus Totenhall herbeirufen und Sie wegen Hausfriedensbruch belangen …“

Und sie läutet nach dem Diener …

Der erscheint …

Mustert uns ärgerlich … – Harsts Pistole läßt seine blaugrauen Augen aufflammen …

Dann beginnen wir die Durchsuchung, nachdem Harald Jean den Schlüssel des Haupttores abverlangt hat … Da Burg Totenhall nur über die Zugbrücke zu erreichen oder zu verlassen ist, dürfte ein Wegschaffen Fräulein Mabels unmöglich sein … –

Ich bin ein wenig niedergeschlagen, denn Harald hat sich, was den Tee betrifft, gründlich geirrt … Der Tee ist Miß Galdensteac tadellos bekommen.

Und – ich werde noch niedergeschlagener, als wir dann in einem anderen Zimmer des Erdgeschosses einen Papagei vorfinden, der bei unserem Eintritt genau dieselben kreischenden Töne ausstößt, die wir vorhin gehört haben … –

Ich will den Leser nicht unnötig auf die Folter spannen: wir fanden nichts, obwohl wir volle drei Stunden suchten …

Und so suchten, wie Harst dies versteht …

Selbst in den Kellern, selbst nach Geheimtüren – selbst in den Schränken – überall …

Wir fanden nur die Köchin in der Küche, eine rundliche Person, die nur ganz gebrochen deutsch sprach …

So wurde es acht Uhr …

Das Gewitter war vorüber und wir waren mit unserem Latein zu Ende …

Standen nun mit Miß Galdensteac wieder im Salon.

Harald … entschuldigt sich …

„Miß Galdensteac, ich will Ihnen nun auch erklären, wie der Verdacht gegen Sie entstanden ist …“

Sie winkt liebenswürdig …

„Nehmen wir doch Platz, meine Herren … Jetzt werden Sie einen Imbiß wohl kaum mehr ablehnen … Ich verarge Ihnen nichts – gar nichts … Im Gegenteil, ich freue mich, auf diese Weise Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben … Ich wollte mich ja ohnedies an Sie wenden, Herr Harst … Doch davon später … Bitte – erzählen Sie … Ich bin wirklich sehr gespannt – sehr!“

Die Klubsessel schmiegen sich um unsere Glieder …

Jean bringt Tee, eine kalte Platte, Likör …

Und Harald erzählt …

Ja – erzählt …

Aber ich horchte genau hin: er läßt manches aus – so zum Beispiel die „tote Sanitätsrätin“ … Die Spione erwähnt er …

Und da wird mir allmählich klar, daß unsere Rechnung mit Miß Galdensteac noch lange nicht quitt ist … Noch lange nicht …

Aber ich richte mich ganz nach Harald … Bin die Liebenswürdigkeit und die Harmlosigkeit selbst.

Miß Galdensteac bedauert die armen Eltern Mabels und findet herzliche Worte, die so überaus ehrlich klingen …

Schwindlerin … Heuchlerin!!

Wir essen, trinken, rauchen …

Und dann fragt Harald:

„Weshalb wollten Sie nun an mich schreiben, Miß Galdensteac?“

Sie lächelt halb verlegen …

„Oh – Sie werden mich vielleicht ein wenig rückständig finden, Herr Harst … – Ich kaufte diese Burg, weil ich gern in Deutschland leben wollte. Meine Mutter war eine Deutsche … Ich eine Waise – reich, unabhängig … Meine Kunst ist mein alles … Das heißt: ich bin als Malerin ja mehr Dilettantin … Sie sahen ja vorhin mein Atelier … – Ich wohne hier nun ein Jahr, Herr Harst. Vier Monate nahmen die Instandsetzungsarbeiten in Anspruch … Dann erst konnte ich mich meines neuen Heims ungestört erfreuen – glaubte ich …!“

Sie seufzte leise, und ihr Gesicht wurde ernster …

„Ja – glaubte ich, Herr Harst … – Burg Totenhall steht bereits fünfhundert Jahre … Und in so alten Gebäuden gibt es allerlei Geheimnisse …“

Kaum hatte sie dies ausgesprochen, als mir auch schon eine Bemerkung unseres Quartierwirtes vom Bunten Bock einfiel …

Totenhall – der Name hatte nämlich seine besondere Bedeutung … Der Wirt hatte uns das erklärt. Die Burg war einst von dem böhmischen Grafen Sarrany erbaut worden … Dieser Graf wurde in Prag hingerichtet, weil er nicht weniger als neun Frauen in seiner Burg ermordet hatte – ein Ritter Blaubart also …

Und eine dieser Frauen sollte noch jetzt hier in Burg Totenhall „umgehen“ …!!

Da fuhr Miß Galdensteac schon fort:

„Vielleicht hat Ihnen der Wirt des Gasthauses in Totenhall schon von dem Burgspuk etwas erzählt, Herr Harst!“

„Allerdings, Miß Galdensteac … Von der Frau, die nachts auf dem Westturm sich zeigen soll – allerdings!“ Und halb im Scherz: „Zu jeder besseren Burg gehört ein Burggespenst!“

Doch die junge Amerikanerin machte jetzt ein ganz merkwürdiges Gesicht …

„Dieses Burggespenstes wegen wollte ich schreiben, Herr Harst … Es existiert … Es ist ja auch von Förstern und Leuten der Umgegend gesehen worden … – Es existiert! Ich habe es bisher viermal gesehen … Und – es stört mich … Es verleidet mir diesen Besitz … – Ich bin nicht feige, und Jean erst recht nicht … Wir glaubten an eine … Fopperei … Wir haben den … Geist abzufassen gesucht … Es muß etwas Übernatürliches sein – unbedingt! – Und – wenn ich Sie nun bäte, für ein paar Tage mit Ihrem Freunde meine Gäste zu sein, – würden Sie mir die Bitte erfüllen? Sie können ja Ihre Nachforschungen nach dem Manne mit dem Äffchen auch von hier aus fortsetzen …“

Aha – also darauf lief das Ganze hinaus! Die Miß wollte uns hier in der Burg unter ständiger Aufsicht haben! Da mußte eben das famose Burggespenst herhalten!!

Harald zögerte etwas mit der Antwort … Nur zum Schein … Sagte dann: „Wir möchten Ihnen nicht lästig fallen, Miß Galdensteac … Außerdem ist meine Zeit auch sehr besetzt …“ Und indem er so den „Geschäftsmann“ herauskehrte, zerstreute er bei der Amerikanerin auch vielleicht einen letzten Rest von Argwohn, daß wir ihr nicht so ganz trauen könnten. Sie erklärte sofort:

„Über das Honorar werden wir einig werden, Herr Harst … Daß ich Ihre gewiß kostbare Zeit nicht ohne Entgelt in Anspruch nehmen werde, ist wohl selbstverständlich …“

Und Harald verbeugte sich etwas …

„Leider sind die Zeiten vorüber, wo ich Liebhaberdetektiv spielen konnte …“

Dann telephonierte er unserem Quartierwirt … Wir hatten dort bereits für drei Tage vorausbezahlt, und dieses Geld ließen wir schießen, um den freundlichen Mann zu entschädigen. Um neun Uhr abends traf sein Bote mit unseren Koffern ein. Es regnete noch immer, und ein Gewitter löste das andere ab …

Uns machte das alles nichts aus …

Behaglicher als im Wohnsalon Miß Galdensteacs konnten wir es kaum haben … Auch in ihrem Atelier im ersten Stock brachten wir eine volle Stunde zu und besichtigten ihre Bilder und die dort aufgespeicherten Kunstschätze. Die junge Amerikanerin zeigte erst jetzt so recht ihren vollen Scharm als Weib … Sie war in der Tat ein frisches, heiteres Geschöpf. Ein Jammer geradezu, daß sie trotzdem – unsere heimliche Feindin war …!!

 

5. Kapitel.

Als es einschlug …

Und dort im geräumigen Atelier war’s, daß sie auch ein recht großes Bild hervorholte, es auf die Staffelei stellte und in das rechte Licht rückte …

„Bitte …!“ sagte sie … „Bitte – – das Burggespenst von Totenhall, meine Herren, wie ich es nach einer nachts angefertigten Originalskizze gemalt habe … Genau so habe ich es viermal gesehen …“

Nun – daß die Bilder Miß Galdensteacs nicht schlecht waren, hatten wir schon festgestellt …

Dies hier war ein Meisterwerk …

Mondlicht … Die Burg mit den vier Türmen … Wolken am nächtlichen Firmament … Auf dem Westturm dicht an der niederen Brüstung eine Gestalt in der Tracht des sechzehnten Jahrhunderts … – eine Frau mit hoher Halskrause, Puffärmeln, im hochgetürmten Haar ein Diadem …

Und all diese Einzelheiten wie verschleiert … Die ganze Erscheinung seltsam durchsichtig – das Geisterhafte tadellos angedeutet …

Und die Miß erklärte:

„Sie gewinnen so den richtigsten Eindruck von dieser unliebsamen Zugabe meines Besitzes … Ich habe bei der Darstellung nichts übertrieben … Genau so habe ich die … Gestalt dort vom Balkon aus gesehen – genau so! Und genau so hatten auch andere sie mir vorher geschildert …“

Harald blickte starr auf das Gemälde … Irgend etwas schien ihm daran aufzufallen … Schließlich nickte er … „Mein Kompliment, Miß Galdensteac … Es liegt eine seltsame Stimmung über dem Bilde … etwas Träumerisch-Wehmütiges … Wann sahen Sie die Erscheinung – um welche Stunde?“

„Stets genau um halb zwölf nachts, Herr Harst … Es geht die Sage, daß der Graf Blaubart diese seine erste Gattin namens Blanka um diese Stunde oben auf dem Turme erdrosselt hat. Sie soll vor ihm dorthin geflüchtet sein …“

„Und Sie und der Diener sind auf den Turm geeilt, als …“

„… ja, als die Erscheinung sich zum zweiten Male sehen ließ … Und – fanden nichts … Fanden die mit Zinkblech vernagelte Turmluke jedesmal verschlossen und die Plattform natürlich leer …“ –

Dann gingen wir und nahmen unten im Speisezimmer das Abendessen ein …

Inzwischen hatte Miß Galdensteac uns auch schon unsere beiden Fremdenzimmer im ersten Stock gezeigt – ein Wohnzimmer und ein gemeinsames Schlafzimmer. Letzteres stieß an den Westturm. Die in den Turm führende sehr alte Eichentür war jedoch durch einen Schrank verstellt.

Erst um elf Uhr sagten wir der Burgherrin gute Nacht und zogen uns in unsere Zimmer zurück – gerade als ein neues Gewitter heraufzog …

Ich hatte den Moment, wo ich endlich mit Harald allein sein würde, schließlich mit nervöser Ungeduld herbeigesehnt. Denn die ganze Situation erforderte unbedingt eine eingehende Aussprache zwischen uns. Ich wollte nicht länger im Dunkeln tappen … Ich ahnte, daß Harst hier in Burg Totenhall weit mehr beobachtet hatte als ich …

Er verschloß die Tür unseres Wohnzimmers von innen. Ließ den Schlüssel stecken … Das Schlafzimmer hatte nur den Ausgang nach dem Westturm hin.

Wir sprachen über gleichgültige Dinge … Draußen tobte das Unwetter … Der Regen prasselte gegen die äußeren Fenster … Hagelschauer kamen herab … Die Scheiben klirrten … Windstöße umpfiffen das alte Bauwerk …

Fast unheimlich dieser Turm …

In beiden Zimmern brannten die elektrischen Kronleuchter … Die Verbindungstür stand offen …

Wir entkleideten uns …

Und – ich wurde immer nervöser … Die elektrische Spannung teilte sich auch mir mit …

Ich hatte das Gefühl, daß irgend etwas Besonderes geschehen müßte …

In dem Schlafzimmer stand eine sehr alte Uhr mit geschnitztem Gehäuse … Sie tickte mit metallischem Krächzen …

Und gerade als das Uhrwerk schnarrend zum Schlagen ausholte, gerade als es halb zwölf war, fuhr ein Blitz mit ohrbetäubendem Getöse herab …

Der alte Bau erbebte …

Im selben Moment erlosch das elektrische Licht …

Finsternis … Und aus dem Dunkel Harald:

„Es hat eingeschlagen …“

Meine Taschenlampe flammte auf …

Zwei Minuten – dann brannten die Kronleuchter wieder …

Es klopfte an die Tür des Wohnzimmers … – Der Diener rief uns zu, daß der Blitz nur die Sicherungen am[3] Schaltbrett durchgeschlagen habe … Wir sollten uns nicht weiter beunruhigen … –

Wir gingen zu Bett … Lagen eine halbe Stunde im Dunkeln und lauschten dem fernen Grollen des abziehenden Gewitters …

Dann – und ich hatte damit gerechnet! – setzte Harald sich zu mir auf den Bettrand, beugte sich tief zu mir herab, flüsterte …:

„Der Kapuzineraffe ist hier …“

„Du – sahst ihn?“

„Ich – roch ihn … Am hinteren Flur stand ein Mülleimer …“

„Ja … Und?!“

„Der Unrat eines Affen hat einen ganz typischen Geruch … In dem Eimer war Affenunrat … – Und zweitens: der Diener Jean trägt einen falschen Bart … Der Mann ist in Wahrheit bartlos … Denke Dir mal den Bart weg, mein Alter, und beachte das Profil des Mannes … Ich glaube, Du findest dann eine Ähnlichkeit mit dem scharfen Profil der verstorbenen Sanitätsrätin heraus …“

Ich vergegenwärtigte mir die armselige hagere Gestalt jener Frau … Und … flüsterte zurück:

„Du hast recht, Harald … Das Profil ist dasselbe …“

„Ja – denn der Diener ist fraglos … Fritz Mantey, der verschollene Sohn … Daher die Ähnlichkeit! In Berlin spielt er in den Kleidern seiner Mutter Spionin …“

Ich sitze aufrecht im Bett und lausche … lausche …

„Außerdem, mein Alter, ist dieser Diener auch der Gatte der Miß Galdensteac … Als wir die Burg durchsuchten, hatte ich mir die Lage der Räume sehr genau gemerkt … Das Zimmer Jeans liegt neben dem Schlafzimmer der Miß … Und in dem Schlafzimmer der Miß sah ich auf dem Waschtisch zwei Gläser für Mundwasser und zwei Zahnbürsten … Im Dienerzimmer war der Waschtisch fast leer …“

„Ah – und – – die Verbindungstür!! Die Schränke davor!“

„Stimmt!! Ein Ehepaar, behaupte ich … Und weiter: dieses Ehepaar sind jene Herr und Frau von Groening aus Kissingen, die dann Mabel van der Dymen stahlen, entführten … – im Einverständnis mit der schönen Frau Vilma, geborenen Mantey!!“

Wie ein Sturzbach brauste das alles über mich hin …

Logik war in alledem …!

Haralds reges Hirn feierte wieder einmal Triumphe.

Und dann: „Mabel wird hier verborgen gehalten! Es ist schon so: Frau Vilma wollte die Stieftochter verschwinden lassen – der Erbschaft wegen!! – Jetzt werden wir uns ohne Licht umkleiden … Ohne Licht den Schrank von der Eichentür abrücken … Dann können wir in den Turm … das Schloß der Tür bekommen wir schon auf! Und vom Turm gelangen wir ins Erdgeschoß …“

Wir … gelangten nicht ins Erdgeschoß …!!

In den Turm – ja! Und – hörten dann von oben her ein tiefes Stöhnen …

Bis zur Plattform waren es nur noch zwölf Treppenstufen … Die Turmluke verschlossen … Der Patentdietrich genügt auch hier … Wir wollen die Luke emporklappen … Ein Körper belastet sie – – rollt zur Seite …

Das Stöhnen wird noch dumpfer …

Und – so finden wir dort oben das Burggespenst …!! Bewußtlos – – halb gelähmt durch den Blitzschlag …

Ein Weib … genau in der Tracht des Ölgemäldes der Miß Galdensteac – – genau so! –

Hiermit will ich den ersten Teil von Burg Totenhall schließen …

Der zweite Teil beweist dem Leser, daß von den „drei Möglichkeiten“, die Harald erwähnt hat, diejenige nicht zutraf, die bisher die einzig richtige zu sein schien …!

Nein: Frau Vilma war es nicht um die Erbschaft zu tun! Frau Vilma van der Dymen war etwas ganz anderes als Erbschleicherin! – Ich kann dem Leser versichern: Was Frau Vilma war, wird er nicht so leicht erraten, obwohl in den vorausgegangenen Seiten eine Stelle auf den wahren Kern des Geheimnisses unzweideutig hinweist …

 

 

Das tote Burggespenst.

 

1. Kapitel.

Die zweite Nacht.

Wir trugen die Frau in unsere Zimmer hinab …

Und als wir sie nun im hellen Schein des Kronleuchters genauer betrachteten, prallten wir entsetzt zurück …

Das Gesicht war offenbar durch den Blitz furchtbar entstellt … Die eine Hälfte ist völlig verfärbt …

Und weiter sahen wir, daß es sich um ein Weib von mindestens fünfzig Jahren handelte … Das graue Haar war ungepflegt, die Hände verarbeitet und die Haut rissig, die Fingernägel unsauber und lang wie Krallen … –

Und diese Frau starb eine halbe Stunde später auf dem Diwan unseres Wohnzimmers, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben …

Unsere Versuche, sie aus der tiefen Ohnmacht zu erwecken, waren umsonst geblieben …

So standen wir mitten in der Nacht am Totenlager dieser Unbekannten, die in ihren altertümlichen Gewändern aussah, als ob sie von einem Maskenfest gekommen sei …

Von einem Maskenfest!! – Wer war diese Frau, weshalb hatte sie hier das Burggespenst gespielt?! Und wie war sie auf die Turmplattform gelangt?!

All das waren Fragen, die der Beantwortung harrten. – Und – ob sie je beantwortet werden würden, wer wollte das voraussagen?! –

Harald begann jetzt die Kleider der Frau zu untersuchen …

Wir fanden nichts bei ihr – nichts … Nicht einmal ein Taschentuch … Die Wäsche war ärmlich, aber sauber.

Dann meinte Harst:

„Wir müssen Miß Galdensteac und Jean wecken … Wir müssen den Tod der Frau nach Greiffenberg melden.

Vorher aber wollen wir nochmals auf die Turmplattform steigen … Es muß sich doch feststellen lassen, wie die Frau dort nach oben gelangt ist …“

Wir gingen …

Fanden an einer der Zinnen ein Tau, das bis unten auf den Erdboden hinabreichte – etwa achtzehn Meter lang.

Ein Tau, das mit einem eisernen Haken am Gemäuer befestigt war …

Harald schüttelte immer wieder den Kopf …

„Unbegreiflich, wie die Frau dieses Tau hier bis nach oben hat werfen können – unbegreiflich – und sehr unwahrscheinlich – – sehr!“

Der Regen hatte jetzt vollständig aufgehört …

Der Mond jagte zuweilen durch das jagende Gewölk hindurch …

Harst untersuchte die ganze Turmplattform …

Und meinte wieder:

„Lieber Alter – ein Rätsel, ein Rätsel! Die Frau kann niemals an diesem Tau emporgeklettert sein! Wie kam sie also hier hinauf?! Der Lukendeckel war fest verschlossen …! – – Gehen wir, ich muß Miß Galdensteac sprechen …“

Und wir betraten wieder unsere Räume …

Da lag sie – die Ärmste, Opfer des Blitzes! Durchnäßt ihre Kleider, feucht das graue Haar … Lehmig und durchweicht die derben Schuhe …

Wer – wer war diese Frau?!

Und wir schritten die Flure entlang …

Unserer Taschenlampen Lichtfinger griffen in die Finsternis …

Wir klopften an Miß Galdensteacs Schlafzimmertür.

Drei Minuten später stand die Burgherrin vor uns …

In einem kostbaren Kimono … Um das gelöste Haar einen Schleier gewunden …

Die … Burgherrin – – oder Frau von Groening! – Stimmte das wirklich?!

Jedenfalls – jetzt benahm sie sich nicht anders, als sich jede Frau in solcher Lage benommen hätte …

Als Harald ihr das Geschehene mitteilte, erbleichte sie.

Und dann – – was bedeutsam war:

„Wir müssen Jean wecken!“ rief sie … „Jean muß mitkommen …“

Oh – das war vielsagend!

Jean – – Fritz Mantey, ihr Gatte – oder ihr Liebhaber …!! –

Jean wurde geweckt … Das heißt: er war zweifellos schon dadurch wach geworden, daß wir die Burgherrin herausgeklopft hatten …

War sofort bei uns im Flur …

War erregt – war unendlich besorgt um Miß Galdensteac …

Seine Augen verrieten ihn … Seine Augen strahlten Liebe …

Und wir beide taten, als ob wir nichts ahnten …

Gingen nun zu vieren nach oben …

Und merkten, daß weder Lilian Galdensteac – denn das war ihr poetischer Vorname – noch „Jean“ die Tote kannten, die freilich auch so entstellt war, daß ein Wiedererkennen große Schwierigkeiten bereiten mußte … –

Dann telephonierte Harald nach Greiffenberg – vom Wohnsalon der Burgherrin aus. Zwei Stunden später trafen die Herren vom Gericht und der zuständige Landjäger ein.

Wir hatten inzwischen ja längst unsere Verkleidungen abgelegt, waren eben Harst und Schraut, erklärten dem freundlichen Amtsgerichtsrat aus Greiffenberg, daß Miß Galdensteac uns des Burggespenstes wegen in Anspruch genommen habe und … verschwiegen den Rest …!

Auch den Beamten, besonders auch dem Landjäger, der doch die Bewohner der Umgegend genau kannte, war die durch den Blitz getötete Frau völlig fremd.

Eine nochmalige Durchsuchung der altertümlichen Tracht der Toten förderte nichts zutage, was über die Persönlichkeit dieses geheimnisvollen Weibes hätte Aufschluß geben können.

Der neue Tag war bereits angebrochen, als die Beamten sich wieder entfernten. Die Tote wurde sofort nach dem nahen Dorfe geschafft, wo sie bis zur Beerdigung in einem Nebengebäude der Wohnung des Amtsvorstehers aufgebahrt werden sollte.

Harald hatte sich während der Anwesenheit der Gerichtskommission und während der Aufstellung des Protokolles zurückgehalten. Er erklärte dem Amtsgerichtsrat, er würde den Fall weiter untersuchen, könnte darüber jetzt jedoch noch keinerlei Vermutungen aussprechen. –

Gegen fünf Uhr morgens gingen wir zu Bett. Wir waren rechtschaffen müde, und so gern ich auch mit Harst die Ereignisse noch erörtert hätte: die Müdigkeit war stärker. Ich schlief ein und erwachte erst um zwölf Uhr mittags. Harald wurde sogar erst später munter.

Es regnete wieder …

Die Anhöhen des Tales lagen in grauen Wolkenschleiern. Es war kühl und keinesfalls sommerlich.

Wir frühstückten mit Miß Galdensteac, die sich durchaus harmlos zeigte. Nach dem Mittagessen, das wir wieder zu Dreien um fünf Uhr einnahmen, machten wir einen kurzen Spaziergang. Harald spielte den großen Schweiger. Der Regen trieb uns sehr bald in die Burg zurück.

Jedenfalls verlief der Tag ohne irgendwelche wichtige Ereignisse. Um sieben Uhr hatte sich der Landjäger eingefunden, um nochmals zu prüfen, wie die Fremde wohl auf den Turm gelangt sein könnte. Es ließ sich in dieser Hinsicht nichts feststellen. Und gegen elf Uhr begaben wir beide uns dann auf unsere Zimmer.

Ich ahnte schon, daß diese Nacht uns beiden Neues bringen würde. Harald war denn auch mit einem Male wie ausgewechselt.

Wir legten uns schlafen – zum Schein …

Um halb eins erhoben wir uns wieder – ohne das Licht einzuschalten, zogen uns im Dunkeln an und verließen unser Schlafzimmer durch die Tür nach dem Turme zu …

Die Turmluke war offen – das heißt nicht verschlossen.

Wir standen nun auf der Turmplattform – tief gebückt, damit die Brüstung uns verdeckte …

Harald schaute zum Himmel empor. Der Regen hatte schon abends aufgehört. Ein frischer Wind trieb die Wolken in jagender Hast über die Berge. Hin und wieder kam der Mond hervor …

Harst wartete, bis eine schwarze Wolke heransegelte …

Es wurde finster … Ein paar Tropfen fielen …

Und dann flüsterte er: „Lieber Alter, die Burg hat vier Türme, aber diese Türme gleichen sich nicht vollkommen, wie ich am Tage festgestellt habe. Gerade dieses Turmes Brüstung ist als einzige über ein Meter dick … Suchen wir also die Innenseite der Brüstung ab. Wir werden etwas finden … Wir müssen etwas finden … Die Frau ist hier nach oben durch einen geheimen Zugang gelangt. Das Tau war Blendwerk …“

Da begriff ich …

Und als wir nun das Gemäuer der Brüstung auf unsere Art besichtigten, als unsere halb abgeblendeten Taschenlampen die Mauerfugen beleuchteten, da dauerte es nur wenige Minuten, bis wir tatsächlich eine kleine schmale und niedere Tür ans Mauerwerk gefunden hatten, die sich nach außen aufziehen ließ.

Dahinter ein enger senkrechter Schacht, in dessen Wände Steigeisen eingelassen waren …

Verrostete Steigeisen …

Jahrhunderte alt …

Zum Teil brüchig …

Abwärts ging’s …

Harald voran … Der Schacht zog sich in der Turmmauer abwärts … In der Höhe des Erdbodens erweiterte er sich … Eine Steintreppe – ein unterirdischer Gang, feucht, nach Moder duftend … Die Mauern mit Pilzen dicht bedeckt … Nach Süden zu erstreckte sich der Gang bis zum äußersten Talwinkel; dann wieder eine Treppe – und mit einem Male vor uns ein mattes metallisches Blinken: ein Damenfahrrad, daneben ein Rucksack und ein Bündel Kleider und ein schäbiger Damengummimantel: die Sachen der unbekannten Toten – ihre „Ziviltracht“ …!

Bevor wir die Kleider aber untersuchten, verließen wir den unterirdischen Gang, der hier in einer mächtigen Geröllhalde von Felsblöcken mitten im Hochwalde mündete …

Über uns rauschten die schlanken uralten Tannen … Um uns her nichts als grauschwarze Blöcke … Eine jener Felsansammlungen war’s, wie sie in den Wäldern des Isergebirges so häufig sind …

Der Mond lugte durch die Baumwipfel …

Wir hatten uns zusammengeduckt, spähten umher …

Und wollten gerade wieder umkehren, als zwischen den Stämmen eine Männergestalt auftauchte …

Nein – kein Mann …

Nur ein Knabe von vielleicht fünfzehn Jahren … Soeben hatte er einen mondhellen Fleck überquert …

Ein Fahrrad trug er auf der Schulter … War nun am Fuße der Felsblöcke angelangt … Stieg eilends empor …

Und ebenso hastig krochen wir weiter vom Eingang des alten unterirdischen Ganges rückwärts zwischen die mächtigen Steine …

Warteten …

Bis er dann in dem Eingang verschwunden … Samt seinem Rade …

Beobachteten ihn weiter …

Er hatte nun seine Radlaterne angezündet …

Und – – stand neben dem Rucksack und weinte bitterlich …

War ein schlanker blasser Junge, ärmlich gekleidet …

Weinte und schluchzte …

Warf sich plötzlich in die Knie und preßte das tränenüberströmte Gesicht in das Kleiderbündel …

Dann packte er die Kleider in den Rucksack und schulterte ihn …

Nahm sein Rad, löschte die Laterne und entfernte sich wieder … Das Damenfahrrad ließ er stehen … Vielleicht wollte er es später holen.

Harald raunte mir zu:

„Ich werde ihm folgen … Ich benutze das Damenrad … Warte nicht auf mich … Geh schlafen … Es kann Stunden dauern, bis ich zurückkehre …“

Und dann war ich allein …

Allein in dem unterirdischen feuchtkalten Gange, der wohl einst als letzter Rettungsweg für die Stunde der Not von dem Erbauer der Burg angelegt worden sein mochte …

Warten sollte ich nicht!

Schlafen gehen …! – – Schlafen?! Unmöglich …!

Und ich setzte mich neben den Ausgang auf einen Stein und … rauchte mir eine Zigarre an …

Ich hatte übergenug Stoff zum Nachdenken – übergenug …!!

 

2. Kapitel.

Der verwaiste Junge.

Ich saß so, daß rechts von mir der Ausgang ins Freie lag. Linker Hand der unterirdische Gang … Und durch die schmale, aber hohe Öffnung, die nach draußen zwischen die Felsblöcke führte, kam ein matter Schimmer der Mondnacht herein und würziger Tannenduft. Nur meine Zigarre glühte als rotes Pünktchen in dieser Dunkelheit …

Ich ging in Gedanken den Fall van der Dymen nochmals durch …

Eigentlich war Mabel van der Dymens Entführung jetzt allzu stark in den Hintergrund gedrängt worden … Harald hatte über Mabel an diesem Tage kaum ein Wort verloren. Und doch hatte er behauptet, Mabel würde in der Burg Totenhall verborgen gehalten …

Ob das wirklich stimmte?!

Wenn ich mir Miß Galdensteacs jetziges Benehmen uns gegenüber vergegenwärtigte, zweifelte ich fast daran … Die Amerikanerin machte einen durchaus harmlosen Eindruck … Andererseits: Haralds Mutmaßungen, daß „Jean“ kein anderer als Fritz Mantey sei, mußten richtig sein … „Jean“ war fraglos die Spionin in Berlin gewesen …

Und so saß ich denn, rauchte und sann vor mich hin …

Und – gähnte immer häufiger …

Fröstelte …

Nickte ein …

Die Zigarre entfiel mir …

Ich erwachte darüber …

Hob sie auf …

Sah nach der Uhr …

Wie – – schon drei Uhr?! Dann hatte ich ja eine Stunde geschlafen …! War das möglich?!

Und gähnte …

Schaute dorthin – zufällig –, wo der Gang sich hinzog in völliger Finsternis …

Und … ruckte hoch …

Ein Lichtschein …!!

Im Nu war ich vollkommen munter …

Ein Lichtschein, der näher und näher kam …

Im Moment war ich zwischen das Geröll gekrochen … Es lagen hier vor der Öffnung ins Freie genug Steine umher …

Schmiegte mich hinter einen Felsblock …

Näher der weiße Lichtschein …

Eine Taschenlampe …

Und – – ein Weib …!!

Das konnte nur Lilian Galdensteac sein …!

Noch näher …

Die Frau blieb stehen …

Keine zwei Meter entfernt …

Beleuchtete den Ausgang …

Lachte leise …

Ein seltsames Lachen …

Unheimlich fast …

Nein – es war nicht Lilian Galdensteac …!

Es – – mußte Mabel van der Dymen sein – – mußte!!

Ihr Vater hatte sie uns genau beschrieben …

Kein Zweifel: sie war’s …!!

Sie war’s …

Denn dort – dicht hinter ihr – – ein Äffchen …

Jetzt erst gewahrte ich das rostbraune Tierchen …

Und – jetzt – – sprang es mit einem Satz an der Herrin empor und kletterte ihr auf die Schulter …

Mabel also – – bestimmt Mabel!!

Da – – sie lachte wieder …

Und mich überlief es kalt bei diesem Lachen …

Dann schritt sie auf die Öffnung zu, stieg empor, wollte hinaus – wollte offenbar in den Wald fliehen …

Ich erhob mich halb …

Doch meine Absicht, sie anzusprechen, kam nicht zur Ausführung …

Plötzlich machte sie kehrt – – lief den Gang wieder hinab … verschwand … – – im Augenblick …

Ich sagte mir mit Recht, daß irgend etwas sie zurückgescheucht haben müßte …

Dann tauchte auch schon Harald mit seinem Rade auf.

Seine Taschenlampe schaltete er ein …

Sah mich …

Flüsterte ärgerlich:

„Wie konntest Du Dich draußen nur mit Licht zeigen!!“

Er war recht außer Atem.

Und ich:

„Gestatte – das war ich nicht! Das war Mabel van der Dymen mit ihrem Äffchen …“

Und ich erzählte …

Harald war derart überrascht, daß er minutenlang schwieg …

Dann – eine Frage, die mich sehr merkwürdig berührte:

„Schildere mir das Lachen genauer … Wie war es?! Unheimlich?!“

„Ja – unheimlich, wie das einer Wahnsinnigen – – tatsächlich!“

Nun erst stellte er das Fahrrad an die Wand …

Meinte leise …

„Ich weiß jetzt, wer die Tote ist … Der Junge war ihr Sohn … Im Dorfe Obergrenzdorf jenseits von Bad Flinsberg wohnen sie in einem Häuschen an der Berglehne … Ich traf dort im Dorfe den Nachtwächter … Gab ihm Geld … Der Mann wird schweigen … Von ihm erfuhr ich alles Nötige. Die Frau ist eine Witwe namens Bernardt, Anna Bernardt, der Sohn, ihr einziges Kind, heißt mit Vornamen Erwin. Ihr Gatte, ehemals deutscher Kolonialbeamter, kaufte 1919 die Burg Totenhall, starb zwei Jahre darauf und ließ die Seinen ohne nennenswertes Vermögen zurück. Frau Bernardt veräußerte die Burg an den Herrn, von dem die Amerikanerin sie erwarb, und zog nach Obergrenzdorf, wo sie sich durch Vermieten an Badegäste und durch Näharbeiten kümmerlich durchschlug …“

Ich fand diese Angaben im allgemeinen recht uninteressant …

Aber Harald schien anderer Meinung …

Nach kurzer Pause legte er mir die Hand schwer auf die Schulter …

„Mein Alter, Bernardt war Polizeimeister in Deutschsüdwest, und zwar im äußersten Süden der Kolonie, in Baßfontein, unweit des Diamantendistriktes … Du weißt wohl, daß dort eine deutsche Minengesellschaft tätig war … Man hat recht wertvolle Steine in ausgetrockneten Flußbetten gefunden … Und – dies alles ist wichtig …“

„Inwiefern?!“ erlaubte ich mir zu fragen …

„Weil diese Anna Bernardt wohl kaum ohne bestimmte Absicht Burggespenst gespielt haben wird! Im Gegenteil: ich wette, sie hat etwas in der Burg gesucht!“

„Etwa … Diamanten?!“

„Ja – wahrscheinlich …! – Zunächst dürfte doch ein Polizeimeister einer für Deutschland verloren gegangenen Kolonie kaum derartige Ersparnisse gemacht haben, daß er so ohne weiteres achtzigtausend Mark für Totenhall zahlen konnte … So viel hat er nämlich 1919 tatsächlich bezahlt. Dann aber: die Bernardts haben in der Burg wie die Einsiedler gehaust. Er, der Polizeimeister a. D., hat sich kaum je blicken lassen. Was er in der Burg trieb, weiß niemand. – Daß der Landjäger aus dem Dorfe die Tote nicht wiedererkannt hat, ist weiter kein Wunder. Der Beamte ist erst zwei Jahre hier, und seit 1921 wohnt die Bernardt mit ihrem Sohne bereits in Obergrenzdorf, immerhin fast anderthalb Meilen entfernt …“

„Und – der arme verwaiste Junge?“

„Oh – der dürfte in alles eingeweiht sein … Den werden wir schon noch aushorchen … Ich glaube, wir werden noch mancherlei Überraschungen erleben … – Jetzt aber: Mabel van der Dymen …!! Vorwärts – hinter ihr her …! Es wird sich wohl feststellen lassen, wo sie geblieben ist …“

Und er leuchtet den feuchten Boden des Ganges ab …

Steinplatten – mit klebrigem Schmutz bedeckt …

Spuren darin – kreuz und quer übereinander – kaum zu unterscheiden …

Aber – ich habe Harald von dem Kapuzineräffchen erzählt …

Ich habe nun wieder einmal Gelegenheit, seine scharfen Augen zu bewundern …

Ich folge ihm … Er geht tief gebückt … Und – – sieht die Abdrücke der Pfötchen des kleinen Affen – auch ich sehe sie …

Und bis zur Turmmauer, bis zum engen Schacht finden wir diese Fährte …

Dann nichts mehr … Vor der Steintreppe, die aus dem Gange zum Schacht empor läuft, enden diese Spuren …

Harald bückt sich noch tiefer …

Tritt nahe an die rechte Mauer heran …

Leuchtet sie ab …

Ich ahne: er sucht auch hier eine Geheimtür – eine jener Mauerpforten, auf die man immer wieder in alten Schlössern stößt …

Stets in gleicher Weise gearbeitet … Ein eiserner Rahmen in starken Angeln, mit Mauerwerk ausgefüllt und genau in die Türöffnung hineinpassend, so daß die Umrisse der Tür in den Strichen der Fugen verschwinden …

Er sucht – und findet …

Burg Totenhall gibt abermals eines seiner Geheimnisse [preis].[4]

Die Geheimtür, rechts am Fuße der Treppe angelegt, ist nicht größer als die oben in der Brüstung. Aber der Gang dahinter ist breiter und höher und trockener …

Wir schleichen vorwärts … Schleichen … Es ist ratsam, hier vorsichtig zu sein … Die Geschehnisse hier sind so ungeklärt, so verworren – jetzt noch verworrener durch Mabels Auftauchen …

Dieser Gang läuft ganz gerade … Mauerwerk ringsum … Endet vor einer Mauer … hat eine Länge von vielleicht dreißig Meter …

„Also muß es eine dritte Geheimtür geben,“ meint er.

Und deutet auf die staubigen Steinplatten, wo wir Mabels vielfache Spuren und auch die des Äffchens sehen. Ganz klar sich abzeichnend …

Suchen weiter …

Diesmal längere Zeit …

Bis Harald in der Mitte des Ganges an der rechten Mauer ein Stückchen Stoff findet: eingeklemmt – in Brusthöhe – – die Ecke eines Taschentuches!

So finden wir die dritte Tür … Öffnen sie … Harald nimmt das Taschentüchlein …

Feinster Batist … Zartes Parfüm … Ein Monogramm in weißer Seide – verschlungen:

M. v. d. D.

Also – – Mabel van der Dymen!

Und hier hinter der Tür ein enges Gelaß, vielleicht drei Meter im Geviert …

Wir treten ein …

Leer … Kahle Mauern …

Dann – hinter uns das Kreischen der Türangeln …

Die Tür ist zugeworfen worden … Vom Gange her …

Harst schnellt vor …

Stemmt die Schulter dagegen …

Aber – die Tür rührt sich nicht …

Das schlimmste: sie ist von dieser Seite anders als die anderen … Mit rostigen Eisenplatten belegt …

Ich helfe … Wir drücken und pressen … Die Tür gibt nicht nach, obwohl wir den einfachen Hebelverschluß öffnen …

Wir schauen uns an …

Und ich sage:

„Eingesperrt – durch Jean und Lilian, die mit Mabel im Bunde stehen …! Man hat uns hierher gelockt … Die Taschentuchecke war Berechnung!“

Harald hat die Lippen aufeinandergepreßt …

Und – schüttelt den Kopf …

„Mein Alter, so einfach liegen die Dinge hier denn doch nicht! – Schalte Deine Lampe aus, damit wir länger Licht zur Verfügung haben …!“

Sprach’s …

Und dann – kam schon das andere …!!

 

3. Kapitel.

Die grünliche Scheibe.

Das andere … Und das war das gänzlich Unverständliche, das Unmögliche …

Aber Widersinn wurde Tatsache …

Burg Totenhall war doch nicht lediglich das einsame Gemäuer, einsamer Wohnsitz von Menschen, die eine Vergangenheit hinter sich hatten …

Hinter uns wieder ein Geräusch … Ein ähnliches Kreischen und Scharren, metallisches Reiben und Knistern.

Mit den Gesichtern nach der Tür hin standen wir … Fuhren abermals herum …

Und sahen abermals …

Mauersteine der Rückwand der Zelle hatten sich auseinandergeschoben … Ein Viereck lag frei – eine Öffnung von anderthalb Meter Breite, Höhe und Länge …

Keine Öffnung. Ein Fenster nur. Aber eines mit einer Glasplatte, die mindestens handdick war … grünlich schillerte … – schlechtes Glas … Und doch tadellos sauber – tadellos durchsichtig …

Wir beide (denn auch ich hatte meine Lampe noch nicht ausgeschaltet) ließen die Lichtbündel der kleinen Taschenscheinwerfer auf das Fenster fallen …

Die Lichtfinger griffen hindurch – griffen in den Nebenraum hinein …

Und das – war eine Grabkammer … ein Grabgewölbe – weiß getüncht …

Ein offener Sarg dort … Daneben uralte Kirchenleuchter mit dicken Kerzen …

Acht Kerzen brannten mit leisem Flackern …

In dem Sarge auf kostbaren Stoffen eine Tote –: Das Gespenst von Totenhall!

Niemals war es freilich Frau Bernardt … Nein, nur genau dieselbe Tracht war’s – genau so …! Das Diadem, die Halskrause, die gepufften Ärmel …

Und alles drüben schillerte infolge der Glasscheibe in seltsam-unwirklichem grünlichen Lichte …

Ein Bild, wohl dazu angetan, schwächere Nerven zum Zittern zu bringen …

Und wir regungslos …

Und Harst mit zwei Schritten dicht vor der Scheibe …

Ich folge …

Näher ist uns das Bild … Stärker die Leuchtwirkung unserer Lampen …

Wir schauen …

Kein Traum, kein Spuk äfft uns …

Es liegt dort eine Frau im Sarge, eine zur Mumie ausgedörrte Tote – in den gefalteten Händen ein Kruzifix …

Wir sehen alles ganz genau …

An den weißen Wänden links und rechts stehen Betschemel. Eine Ewige Lampe in Herzform glüht über dem Sarge an der Decke …

Dann – rollen von rechts und links die Mauerteile wie Schiebefenster wieder vor die Glasplatte …

Langsam – stetig …

Harst will mit aller Kraft diese Bewegung hemmen …

Aber diese Kraft reicht nicht aus … Die mechanische Einrichtung gehorcht stärkerem Druck … Die Mauerteile schließen sich vollends, und das vereinte Mauerstück bewegt sich nach vorn, bis es mit der übrigen Wand wieder eine Fläche bildet …

Nun ist alles vorüber …

Nun nichts mehr als unsere kahle Zelle, in die man uns eingesperrt hat – – man: natürlich Lilian Galdensteac und Fritz Mantey – Jean!! Natürlich! Da mag Harald auch noch so sehr zweifeln!

Und dieser Harald sagt leise:

„Das würde zu dem Lachen stimmen und zu Theorie Nummer drei … – Mein Alter, drei Möglichkeiten gab’s, wie ich betonte … Erstens: Mabel konnte wirklich Mädchenhändlern in die Hände geraten sein. – Zweitens: Vilma, geborene Mantey, wollte vielleicht die Miterbin verschwinden lassen – und hieran hielt ich bisher fest. – Drittens und letztens: Mabel van der Dymen, schon als Kind scheu und zurückhaltend und absonderlich in ihrem Tun, konnte von ihrer Stiefmutter …“

Weiter kam der Freund nicht …

Eine andere Stimme löste sein Organ ab … sein gedämpftes Organ – eine helle, grelle Mädchenstimme, in der Haß und Wut und noch anderes mitklangen …

Aus der linken Ecke kam die Stimme – links neben der nunmehr verdeckten Glasscheibe …

„Sie werden hier verhungern!! Oh – elend verhungern!! Sie sind ihre Freunde …! Und ich – werde jeden Tag Zeuge sein, wie Ihre Kräfte schwinden! Rufen Sie nur um Hilfe …! Rufen Sie nur!! Niemand wird Sie hören …!!“

Mabel …!!

Ohne Zweifel Mabel van der Dymen!

Unserer Taschenlampen Lichtkegel vereinigten sich auf einem Fleck …

Dort in der Ecke … – die Mündung einer eisernen Röhre – vom Durchmesser einer Männerfaust … Durch die Mauer ragt sie hindurch, steht nur wenig über …

Und wieder Mabels Stimme – wieder in fließendem Deutsch mit nur ganz geringem fremden Akzent:

„Verhungern … verdursten!! Das wird Ihr Ende sein!!“

Dann Stille …

Harst schon vor der Öffnung …

Hineinrufend:

„Fräulein van der Dymen, wissen Sie auch, wer wir sind?! Mein Name ist Harst, Harald Harst, der Privatdetektiv aus Berlin … Ihre Eltern waren bei mir und haben mich beauftragt, Sie zu suchen …“

Ein Lachen von drüben durch das Rohr …

Ein noch unheimlicheres Lachen als vorhin im unterirdischen Gang …

Mir wird es eiskalt …

Etwas Dämonisches in diesem Lachen … Etwas Schauerliches …

„Fluch meinen Eltern …!! Sie sind mitschuldig – sie haben es gewollt! Ich war meinem Vater unbequem! Er wollte mit dem Weibe allein sein, in dessen Arme ihn die Narrheit des Alters getrieben hatte …“

Dann – nichts mehr …

Harald rief noch verschiedene Male …

Keine Antwort …

Dann wandte er sich mir zu und meinte gleichmütig:

„Und die dritte Möglichkeit, mein Alter: Mabel hatte als Kind ihre Eigentümlichkeiten, die nachher sich steigerten. Da mag Frau Vilma, geborene Mantey, stutzig geworden sein … Da mag sie erkannt haben, daß Mabel … geisteskrank war, und daß das arme Mädchen vielleicht noch Arges beginnen würde, wenn sie ohne Aufsicht blieb … Rücksicht auf ihren Gatten, auf der Unglücklichen Vater veranlaßte sie zu einem sorgsam vorbereiteten Streich, der wahrscheinlich noch wichtigere Beweggründe hat … Vilma wußte, daß ihr bisher verschollener Bruder, der ohne Zweifel mit den Gesetzen einst in Konflikt geraten, und der als Fritz Mantey hier in Deutschland nicht wieder auftauchen durfte – – daß ihr Bruder Miß Galdensteac geheiratet hatte und hier in der Burg hauste … Als Ehepaar von Groening waren die beiden in Kissingen … Ich habe den Landjäger gestern abend gefragt. Es stimmt: Miß Galdensteac und Jean waren vier Wochen verreist – zur selben Zeit, als van Dymen mit den Seinen in Kissingen weilte. Alles weitere ist also klar: Lilian und Fritz Mantey entführten Mabel, brachten sie hierher! Und Mabel ist tatsächlich irrsinnig! Das bewies dieses schreckliche Lachen!! Das bewies ihr jetziges Tun! Und als Kranke ist sie gefährlich. Vielleicht hat sie getobt … Da hat denn Jean das Kapuzineräffchen gestohlen – natürlich mit Frau Vilmas Hilfe. – Ich glaube, wenn Du jetzt das, was wir in Berlin erlebten, Dir genau überlegst, mein Alter, wirst Du unschwer all diese Dinge in Einklang miteinander bringen können …“

Ich war sekundenlang wie vor den Kopf geschlagen …

All dies stimmte freilich so tadellos zusammen, daß diese Theorie Haralds unbedingt richtig sein mußte …

Da sprach er auch schon wieder – ebenso leise:

„Ich bin ferner überzeugt, daß diese unterirdischen Räume hier sich in dem zweiten Felsen befinden, zu dem die Zugbrücke hinüberreicht … Und fraglos haben Lilian und Fritz nur einen Teil dieser Räume bisher entdeckt, während Mabel aus ihrem Kerker, wenn man ihr Gemach so bezeichnen will, einen heimlichen Ausgang gefunden hat – jetzt erst – in dieser Nacht! Sie wollte fliehen … Da sah sie mich kommen, kehrte um … Mit der allen Irren eigentümlichen Schlauheit holte sie uns durch den Taschentuchzipfel hier hinein … Wir müssen nun zusehen, daß wir schleunigst wieder freikommen … Die Eisenplatten der Geheimtür dort sind von Rost zerfressen … Sie werden sich losreißen lassen … Dann kratzen wir den Mörtel aus den Fugen der Mauersteine der Tür … Es wird gelingen …! Vorwärts!“

Er war so unternehmungslustig und so siegesgewiß …

Und – diesmal behielt ich, der Zweifler, recht: die Eisenplatten waren nicht loszubrechen, und ein Versuch, durch die Mauer neben der Tür in den Gang zu kommen, kostete uns lediglich unsere Messerklingen …

 

4. Kapitel.

Bernardts Versteck.

Längst mußte der neue Tag heraufgezogen sein …

Unsere Taschenlampen brannten nur noch ganz schwach. Die Batterien waren erschöpft. Ersatz hatten wir nicht …

Wir schalteten die Lampen aus, nachdem auch Haralds Messer abgebrochen war …

Setzen uns auf den Steinboden – müde, abgespannt.

Im Dunkeln …

Zum Glück war die Luft hier trocken und leidlich warm.

„Was nun?!“ fragte ich …

Und ich war niedergedrückt und ohne viel Hoffnung … Denn in dem Punkte hatte Harald bestimmt richtig kombiniert: Lilian und Fritz Mantey wußten nichts von dem Geheimgang – gar nichts!

„Was nun?!“ wiederholte ich …

Ich sah, daß Harald seine Taschenuhr zog … Ich sah nur das Leuchtzifferblatt …

Sechs Uhr früh – sechs Uhr morgens …

Er schob die Uhr wieder in die Westentasche …

„Schlafen werden wir, mein Alter …,“ sagte er gähnend …

„Und – Du wirst schlafen können?!“

„Natürlich! Ich muß schlafen! Ein unausgeruhter Körper und Geist ist unfähig, sich einer solchen Situation gewachsen zu zeigen … Es gibt für uns eine geringe Hoffnung … Und die heißt: Erwin Bernardt!“

„Der Junge …?!“

„Ja – der Junge!! Und zwar deshalb, weil die Familie Bernardt diese Räume hier zweifellos kennt, denn sonst hätte die Witwe wohl kaum dieses selbe Kostüm für ihr Auftreten als Burggespenst sich anfertigen können …!“

„Allerdings …!“

„Und der Junge wird doch auch das Rad seiner Mutter von hier abholen – aus dem anderen Gang … Vielleicht kommt er dann hierher – in diesen Nebengang draußen … Und da er in dieser Nacht hier nicht mehr erschien, wird er wohl in der folgenden zu erwarten sein … Wenn wir dann die Nacht über abwechselnd gegen die Eisenplatten klopfen, muß er auf uns aufmerksam werden. Gewiß – diese Hoffnung ist gering … Immerhin – – es ist ein Hoffnungsschimmer … Vierundzwanzig Stunden kann man wohl ohne Schaden hungern … – Schlafen wir also, mein Alter … Ich werde Dir mit gutem Beispiel vorangehen …“

Und – neben mir Geräusche …

Harst hatte sich der Länge nach ausgestreckt. Auch ich tat’s …

Aber – es sollte nicht sein …! Wir hatten mit etwas nicht gerechnet: mit der Kälte der Steinplatten! In dem Kellerloch selbst war es leidlich warm. Die Bodenplatten jedoch durchkälteten uns in kurzem derart, daß wir uns sehr bald wieder erhoben … fröstelnd, übermüdet …

Nicht einmal sitzen konnten wir auf dem eisigen Boden.

Und so begann denn für uns dieser Junitag hier unter der Erde mit allen Schrecken einer qualvollen Nacht …

Nacht um uns her …

Und wir, um uns wieder zu erwärmen, schritten auf und ab – unermüdlich … Und waren doch bereits zu stark durchkältet, um durch Bewegung die verlorene Wärme zu ersetzen …

Nacht ringsum …

Wie eingesperrte, frisch eingefangene Tiere der Wildnis kamen wir uns vor … Wie Bestien, die keine Ruhe finden, die ohne Rast an den Gitterstäben entlangschleichen …

Ich sah nach der Uhr …

Halb acht …

Morgens halb acht …

Dort draußen in der Freiheit schien jetzt vielleicht die Sonne …

Vielleicht suchten Lilian und Fritz bereits nach uns …

Vielleicht hatten sie schon nach Greiffenberg unser Verschwinden telephonisch gemeldet …

Erst halb acht …

Und ich so müde, daß ich fast taumelte …

Hin und wieder lehnte ich mich an die Mauer, um auszuruhen …

Und auch jetzt wieder …

Hörte das Tapp Tapp von Haralds rastlosen Schritten.

Und – – hörte plötzlich noch etwas anderes: ganz leise Musik – – offenbar Harmoniumklänge!

Täuschte mich mein Ohr?

Woher in aller Welt kamen diese Töne?!

Ich lauschte angestrengt …

Ich drückte den Kopf näher an die Mauer … Merkte bald, daß ich bei einer bestimmten Kopfstellung am besten hörte … Also befand sich hier offenbar eine offene Fuge, die die Töne durchließ …

„Harald!“ flüsterte ich …

Er war im Moment neben mir …

„Bitte – hier an diese Stelle – – horche!“

Ich schob ihn dorthin, wo ich bisher gestanden hatte.

Er horchte …

Eine lange Weile …

Und jetzt, wo das Geräusch seiner Schritte nicht mehr störte – jetzt vernahm auch ich trotz der größeren Entfernung das Harmoniumspiel …

Es war ein Harmonium …

Dann eine Frauenstimme – – Gesang …

Ein schlichtes Volkslied … Ein ganz schlichtes Liedlein – rührend und ergreifend:

Sah ein Knab ein Röslein stehn …

Dann Harst:

„Mabel …!!“

Nur das eine Wort …

„Mabel!!“ wiederholte er …

Ein Knipsen …

Seine Taschenlampe glühte auf …

Die Batterie hatte sich erholt … Die Lampe brannte weißlich … Bestrahlte die Mauer …

Und – da war eine offene Fuge …

Da war ein Löchlein … Und rings um ein Quadrat von acht Steinen sah der Mörtel so anders aus …

Haralds Messerklingenstumpf fuhr diese Fuge entlang.

Der Mörtel zerbröckelte … Es war Lehm, mit Sand vermischt …

Dann schob Harst die Fingerspitzen in die freie Fuge.

Zog, rüttelte …

Und – – lockerte das ganze Ziegelquadrat …

Ich hielt die Lampe …

Leider brannte sie immer dunkler …

Immer dunkler …

Aber das Quadrat von Ziegelsteinen wurde immer loser.

Ließ sich langsam herausziehen …

Nun hielt Harald die feste Masse des Quadrats frei in Händen …

Dahinter ein flaches Loch …

Ich leuchte hinein …

Ein Kasten steht dort … Ein Kästchen – chinesische Lackarbeit …

Harst stellt den Block auf die Erde …

Wir öffnen das Kästchen …

Oben ein Blatt Papier … darunter ein Ball von Seidenpapier …

Das Blatt ist beschrieben …

Die Lampe genügt gerade noch … Wir lesen …

Eines Toten Vermächtnis …

„Ich, Friedrich Ernst Wilhelm Bernardt, Polizeimeister a. D., habe diese Diamanten, die mein rechtmäßiges Eigentum sind, hier aus Furcht vor Dieben verborgen.

Ein Zufall ließ mich diese Räume finden … Ein Zufall offenbarte mir die Geheimnisse der Burg Totenhall … Und hier neben der Grabkammer einer der Frauen des Grafen Blaubart habe ich nun heute, am 29. Januar 1921, meine in Südwest gefundenen Edelsteine verborgen … Wenn ich dieses Mauerloch wieder sauber geschlossen habe, werde ich meine Frau und mein Kind hierher führen, damit auch sie das Versteck kennen lernen.

W. Bernardt.“

Immer dunkler brannte die Lampe …

Und Harald – während das ferne Harmonium einen Choral anstimmte:

„Am 29. Januar 1921 ist Polizeimeister Bernardt gestorben, so sagte es mir der Nachtwächter aus Obergrenzdorf … Wahrscheinlich hat er den Seinen das Versteck nicht mehr zeigen können … Der Ärmste! – Und deshalb kam seine Frau immer wieder heimlich hierher, zeigte sich auf dem Turme und suchte … nach den Diamanten. – Du siehst, wir sind wieder einen Schritt vorwärts gekommen …!“

Wir knieten …

Am Boden öffneten wir das Seidenpapier …

Nun – es war keine glitzernde Pracht … Nein, es waren nur ungeschliffene Steine … – aber mindestens hundert Stück in allen Größen …

Harst packte sie wieder ein …

„Deine Lampe!!“ meinte er.

Ja – die hatten wir noch geschont … Die leuchtete – beleuchtete das Mauerloch …

Und auch hier in der Tiefe des uralten Gemäuers eine offene Fuge …

Durch das Loch dringt schwacher Schein bis zu uns …

Und Harst schiebt den Kopf in das Loch … Zieht ihn wieder zurück …

„Bitte!“ flüstert er …

Ich – – schaue …

Kann durch die offene Fuge gerade den Teil des Gemaches nebenan übersehen, der von einer Karbidlampe mit Schirm hell beschienen wird …

Dort das Harmonium … Davor Mabel van der Dymen …

Sie singt wieder …

Und singt jetzt den Geisha-Walzer … Singt mit vollendetem Ausdruck … Wiegt sich auf dem Schemel hin und her …

Auf ihrer Schulter hockt das Kapuzineräffchen …

Wiegt sich – hin und her …

Da – zerrt Harald mich zurück … Nein – will mich zurückzerren … Gerade da geschieht jedoch in meinem Gesichtskreis etwas so Entsetzliches, daß ich schleunigst ihm zuraune:

„Nicht …!! Ein Mann …!! Fritz Mantey – ohne den falschen Bart!!“

Und beobachte weiter …

Mabel hat ihren Platz vor dem Harmonium verlassen, ist hochgeschnellt, als Mantey hinter ihr auftaucht …

Ich sehe ihr Gesicht – zur Fratze verzerrt … Ich sehe, wie in ihren Augen wahnwitzige Wut aufflackert …

Im Moment hat sie den rechten Arm ausgestreckt, hat – wahrscheinlich von einem Tischchen neben dem Harmonium, das außerhalb meines Gesichtsfeldes sich befindet, eine schwere große Karbidlampe emporgehoben …

Mantey will zurückspringen …

Die Lampe saust nieder … Und Mantey schlägt vornüber zu Boden, reißt den gepolsterten Schemel um …

Auf Mabels Schulter kreischt das Äffchen in gellenden Tönen …

Die Lampe klirrt auf den Teppich herab …

Bevor sie erlischt, erblicke ich noch einen zweiten Mann, der Mabel offenbar ärgerlich etwas zuruft …

Dann Dunkelheit …

Nur das Kreischen des Affen dauert an …

Bricht jäh ab …

Und Harst – meinen Arm pressend:

„Was ist geschehen? So rede doch!“

In fliegender Hast berichte ich …

Harald stößt mich zur Seite …

Drückt den Kopf in das Mauerloch … Aber drüben Finsternis … Die Mauerfuge verrät uns nichts mehr.

Beim schwachen Schein meiner Taschenlampe sucht Harst nun die Schicht von Mauersteinen der Rückwand des Loches herauszudrücken …

Umsonst alle Anstrengungen …

Dann – raunt er mir etwas zu …

Ich halte ihn – umklammere seine Brust … Seine Beine fahren in die Öffnung … Mit den Schuhabsätzen bearbeitet er die Steine …

Die Stöße hallen dumpf in unserem Kerker wider …

Er läßt nicht nach … Er keucht … Und mir, der ich ihn in der Schwebe halte, rinnt der Schweiß über das Gesicht …

Endlich – – endlich fällt drüben polternd ein Stein zu Boden …

Ein weiterer folgt …

Ein dritter …, vierter …

Dann ist die Öffnung frei …

Und Harst kriecht hindurch … Harst zieht mich hinterdrein … Meine Jackenärmel gehen in Fetzen … Aber – wir sind frei – frei …!!

Der matte rötliche Schimmer meiner verbrauchten Taschenlampe enthüllt uns ein größeres, wohnlich eingerichtetes Gemach …

Ein Bett, Sofa, Tisch, Schrank, Harmonium … Auf dem hellen Teppich eine Blutlache … Mantey selbst verschwunden …

Und dort rechts eine niedere Holztür – halb offen … Draußen ein kahler Vorraum … Eine Steintreppe, die nach oben führt … Und wir die Stufen hinan … Auch hier nur ein ganz enger Schacht … Aber – der richtige Weg ist es … Das beweisen die Blutspuren … Hier hat man Fritz Mantey nach oben getragen …

Dann – über uns eine Falltür – eine Felsplatte in eisernem Rahmen … Harst drückt sie empor … Und Sonnenschein überflutet uns … Im Nu sind wir draußen. Stehen auf der Kuppe des zweiten Felsens, zu dem die Zugbrücke von Burg Totenhall hinüberreicht …

 

5. Kapitel.

Die Zugbrücke.

Die Zugbrücke …

Drei Meter unter uns liegt die terrassenförmige Einbuchtung, die der Zugbrücke als Stützpunkt dient …

Und – Augen und Hirn genügen kaum, all das zu erfassen, was sich hier im Sonnenglanz eines klaren Junitages vor uns abspielt …

Aus dem Burgtor kommt Lilian Galdensteac herbeigestürmt … Man hat ihr die Hände gefesselt … Ihr Haar ist halb gelöst, umflattert das blasse Gesicht … Ein Gesicht, das von Angst und Verzweiflung völlig entstellt ist.

Und als sie kaum die Mitte der Zugbrücke erreicht hat, erscheint oben auf dem Ostturm, zu dem die Ketten der Brücke emporlaufen, ein Mann …

Derselbe Mann, den ich bereits in Mabels Gemach gesehen hatte …

Gleichzeitig hebt die Brücke sich …

Lilian schreit gellend auf …

Harst springt …

Springt zu kurz …

Fällt mit der Brust auf das Ende der Brücke, gleitet ab, kann sich nur noch mit den Händen an dem Endbalken festklammern …

Lilians wilde Schreie werden zu Worten – Sätzen …

„Helfen Sie mir, Herr Harst – helfen Sie uns! Die beiden glauben uns nicht …! Alles ist verloren, wenn …“

Das weitere verstehe ich nicht …

Die Brücke schwebt höher …

Und der Mann dort auf dem Turme brüllt:

„Banditen – – jetzt haben wir Euch …!“

Ich begreife nichts …

Ich weiß nur, daß Harald in die Tiefe stürzen muß, wenn die Brücke noch höher gezogen wird.

Und reiße die Clement aus der Tasche …

Mir ist alles andere gleichgültig …

Ziele auf den Kerl – schieße – – und schieße vorbei.

Meine Hand ist zu unsicher …

In meiner Angst ein Letztes … Auch ich brülle hinüber:

„Mann – – wollen Sie Harald Harst töten …!! Mann – sind Sie von Sinnen?! Erkennen Sie mich nicht?! In bin Schraut – Max Schraut, der Freund Harald Harsts!“

Das schreie ich hinüber … Das – und nur deshalb, weil mir in letzter Sekunde die beiden holländischen Detektive eingefallen sind …

Da – steht die Brücke still … Der Mann auf dem Turm hat eine hastige Handbewegung gemacht … – nach der Turmluke zu, unter der sich die Hebevorrichtung der Brücke befindet …

Die Brücke steht …

Mitten auf der Brücke Lilian auf den Knien … Und Harst nun mit raschem Schwung sich emporziehend – – Harst in Sicherheit …

Geht zu Lilian … Spricht zu ihr … Nimmt ihr die Fesseln ab und ruft dann zum Turme empor:

„Kollege, Sie kämpfen hier auf der falschen Seite …!“

Der Mann beugt sich weit über die Turmbrüstung … Stiert meinen Harald an …

Und erwidert verlegen:

„Verdammt, Herr Harst – – Sie sinds wirklich …! Entschuldigen Sie nur …! Jetzt erkenne ich auch Sie!“

Die Brücke senkt sich …

Legt sich mit dem Ende wieder auf die Terrasse des zweiten Felsens …

Ich zu Harald und Lilian …

Lilian schluchzt … Harst redet ihr tröstend zu …

Dann nähern sich die zwei Fremden – die Kollegen aus Amsterdam … Die Beauftragten van Dymens …

Entschuldigen sich … Der eine sagt:

„Wir sind noch immer im unklaren, was wir von alledem halten sollen, Herr Harst …“

Und Harald: „Wo ist Fritz Mantey? Wie geht es ihm?“

„Wir haben ihn gefesselt … Er ist bei Bewußtsein.“

„Und Mabel?“

„Haben wir einsperren müssen … Das Mädchen scheint geisteskrank zu sein … Sie hat …“

„Gehen wir …!“ Und Harald führt Lilian über die Zugbrücke in die Burg – in den Wohnsalon …

Hier sitzt der gefesselte Mantey mit blutiger Stirn in einem Sessel … Starrt uns aus halb erloschenen Augen entgegen …

Die Kollegen aus Amsterdam nehmen ihm ohne weitere Aufforderung die Fesseln ab …

„Setzen wir uns,“ meint Harald. „Wir müssen uns einigen, meine Herren …“

Die Kollegen sind bedrückt … Wir beobachteten Lilian, die neben Manteys Sessel kniet und dem Geliebten mit dem Taschentüchlein das Blut von der Stirn tupft.

Mantey erholt sich. Sein Blick wird klarer … Er beginnt zu sprechen …

„Ich war als Student sehr leichtsinnig … Ich stahl aus der Universitätsbibliothek Bücher und entfloh, als meine Verfehlungen an den Tag kamen … In Newyork lernte ich ehrlich arbeiten … Ich wurde Privatsekretär von Lilians Vater. Als deren Eltern verstarben, heirateten wir. Die Sehnsucht nach der deutschen Heimat ließ mir drüben keine Ruhe. So erwarben wir hier die Burg Totenhall, lebten nur unserer Liebe und unserem Glück. Meine Schwester Vilma stand mit mir dauernd heimlich im Briefwechsel. Dann schrieb sie uns, daß ihre Stieftochter Mabel geistesgestört sein müsse, da sie bereits dreimal versucht hatte, ihren Vater zu vergiften, gegen den sie schon als Kind eine unerklärliche Abneigung gezeigt hatte. Um van der Dymen zu schonen, wollten wir Mabel zunächst verschwinden lassen und ihm erst allmählich beibringen, daß sein einziges Kind in eine Anstalt gebracht werden müsse … Lilian und ich entführten Mabel … Leider aber ging Dymen auf Vilmas Andeutungen, daß Mabel geisteskrank sei und ihm sogar nach dem Leben getrachtet hätte, in keiner Weise ein. Die Sachlage verschlimmerte sich für uns …“

„… Durch mein Eingreifen,“ warf Harald ein … Und schilderte nun seinerseits das, was wir erlebt hatten … Wandte sich schließlich an die Amsterdamer Kollegen …

„… Sie sehen, daß hier von einem Verbrechen keine Rede sein kann … Haben Sie noch etwas zu bemerken?“

Und der eine erklärte: „Nur das: Wir haben die Spur des Diebes des Kapuzineräffchens bis hierher verfolgt, fanden heute früh oben auf dem zweiten Felsen die geheime Falltür und so auch Mabel van der Dymen … Daß Mabel geistesgestört, merkten wir leider erst zu spät … Wir konnten Mabels Angriff auf Herrn Mantey nicht mehr verhindern, ahnten ja auch nicht im entferntesten, daß Herr Mantey der Bruder Frau Vilmas ist … Wir sind gern bereit, auf jeden Vorschlag einzugehen, der es ermöglicht, die Angelegenheit einer Einmischung der Behörden zu entziehen …“

„Dafür werde ich schon sorgen,“ nickte Harst. „Ich werde das Ehepaar van der Dymen telephonisch hierher bestellen … Dann beraten wir das weitere …“

Abends traf das Ehepaar auf Burg Totenhall ein. Harst war’s, der dem armen bedauernswerten Vater alle nötigen Aufschlüsse gab. Dymen trug den harten Schicksalsschlag mit männlicher Fassung.

In aller Stille wurde Mabel dann in ein Privatsanatorium übergeführt, wo sie bereits drei Monate später verstarb.

Das Kapuzineräffchen hat auf Burg Totenhall eine neue Heimat gefunden, ebenso ein verwaister Knabe, dem das Ehepaar Mantey in Liebe und treuer Fürsorge die Eltern ersetzt. Erwin Bernardt wird einst, wenn er erwachsen ist, über ein ansehnliches Vermögen verfügen. Die Diamanten seines Vaters waren wertvoller, als selbst wir zunächst angenommen hatten.

Die Öffentlichkeit hat damals von alledem nur wenig erfahren. Harst sorgte dafür, daß auch Fritz Mantey fernerhin unter seinem wahren Namen den Burgherrn von Totenhall spielen durfte. Und wenn ich mit dichterischer Freiheit die Burg mit ihren vielfachen Geheimnissen ein wenig umgetauft habe, so wird der Leser das verstehen … Die Burgbewohner sollen vor der Neugier der Touristen und Badegäste geschützt werden … –

Hiermit verabschiede ich mich für heute von meinen Freunden …

Berlins Untergrundbahn bildet den Schauplatz des nächsten Abenteuers.

 

Nächster Band:

Das Untergrundbahngespenst.

 

 

Verlagswerbung:

Olaf K. Abelsen:

Abseits vom Alltagswege

 

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1:
2:
3:
4:
5:
6:

Das tote Hirn.
Das Geheimnis des Meeres.
Mein Freund Coy.
Das Paradies der Enterbten.
Das Kreuz in der Wüste.
Die Geisterburg.

 

Die Bändchen: „Abelsen, Abseits vom Alltagswege“ sind durch jede Zeitschriftenhandlung zu beziehen. Man erhält dieselben auch gegen Voreinsendung von 50 Pfg. für einen Band portofrei vom

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H.
Berlin SO. 16, Michaelkirchstraße 23a.

 

 

Anmerkungen:

  1. In der Vorlage steht: „Radetzkistraße“.
  2. In der Vorlage steht: „Nacht“.
  3. In der Vorlage steht: „an“.
  4. In der Vorlage steht: „Burg Totenhall gibt abermals einer seiner Geheimnisse.“ – Das ergibt so keinen richtigen Sinn. Daher geändert auf: „Burg Totenhall gibt abermals eines seiner Geheimnisse preis.“