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Seht – dies ist hier die Mathilde.
Sie gehört zur Tantengilde,
Heißt mit Vatersnamen Plick,
Ist sehr lang und wenig dick.
Ungern Len’ und Lotte nannte
Diese Thilde „liebe Tante“,
Weil die Thilde, ausgemergelt,
Ständig an den Kindern nörgelt. –
Morgen ist das Weihnachtsfest.
Drum auch Tante säubern läßt
Den Salon in ihrem Haus
Von der alten Guste Klaus.
Diese Guste, arbeitsam,
Leider häufig Durst bekam.
Wie ein Schwamm sog sie sich voll
Täglich mit dem Alkohol. –
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Mit dem Bohnerwachs, dem weichen,
Beide das Parkett bestreichen,
Und mit hochgeschürzten Röcken
Und zwei langen Bohnerstöcken
Und den Lappen, wie dies Brauch,
Glätten sie den Boden auch. –
Thilde und die alte Guste
Kommen völlig außer Puste
Und die Tropfen von dem Schwitzen
Fallen in die Dielenritzen.
Dann geht Thilde einmal fort
Auf den sogenannten „Ort“,
Den man „Örtchen“ auch wohl nennt
Und wohin man eilig rennt,
Wenn man muß vor Bauchesgrimmen
Sich wie ’n Wurm zusammenkrümmen.
Guste, sehr vom Durst geplagt
Zum Büfett geht unverzagt,
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Schiebt die Flasche Ungarwein
In den breiten Mund hinein,
Und mit großem Wohlbehagen
Füllt sie sich den Säufermagen,
Bis die Knollennase leuchtet. –
Ach – zu sehr hat angefeuchtet
Guste sich des Leibes Därme!
Nach dem Kopf steigt Fuselwärme,
Und die Augen werden stier,
Alles doppelt sehn sie hier.
Guste greift zur Bohnerstange,
Doch – sie bohnert gar nicht lange:
Auf dem blanken Fußparkett
Liegt die Guste rundlich, fett.
Wehe – dieser Weinesschwips
Schadet der Figur aus Gips,
Die dort auf der Säule schön
War als Göttin anzusehn.
Durch der Guste Beinesrutsch
Ging auch diese Göttin futsch,
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Weil der Bohnerstab als Keule
Haute gegen jene Säule.
Rautsch – die hohe Göttin sinkt!
Kläglich Gustens Schrei erklingt,
Denn auf ihren falschen Zopf
Schlägt der Göttin weißer Kopf,
Löst sich von dem Rumpfe flink,
Auch verlor das böse Ding
Noch dazu das linke Bein!
Guste kriegt ’nen Schreck, nicht klein!
Grade jetzt erschienen war
In der Tür das Schwesternpaar.
Klops, der Affe sie begleitet
Und auf Lottes Schulter reitet.
Dieser Affe, wie Ihr wißt,
Voller Übermut stets ist,
Nimmt den Gipskopf in die Pfoten,
Spielt damit schon Ball nach Noten.
Guste hat sich aufgerafft.
Klops ihr neue Ängste schafft,
Denn, zerschlägt er noch die Neese,
Wird die Thilde grimmig böse.
Lotte, Lene grinsen heiter.
Klöpschen hopst ein Stückchen weiter,
Weil die Guste mit dem Stab
Ihm eins auf die Nase gab.
Rückwärts dieser Affe flieht,
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Der doch hinten gar nichts sieht,
Und mit seiner Schinkenkeule
Rennt er um die zweite Säule,
Wo Neptun, der Gott der See,
Reckt den Dreizack in die Höh’.
Rautsch – pardauz: der Götze fliegt,
Kopflos er am Boden liegt! –
Guste, die ganz plötzlich nüchtern,
Flehet an die Kinder schüchtern:
„Helft mir aufzubauen wieder
Hier die abgeschlagnen Glieder!
Tante höre ich schon kommen.
Mir ist fürchterlich beklommen!“ –
Lotte packt den Klops am Schwanz.
Ja, die Köpfe sind noch ganz.
Aber – in der Eile jetzt
Werden falsch sie aufgesetzt:
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Der Neptun mit Göttinschopf
Wirket wie ein Hampeltropf,
Und die Göttin mit dem Bart
Schien für ’n Weib zu stark behaart. –
Da – es öffnet sich die Tür.
Tante Thilde nahet hier.
Die vier Sünder sind ganz stille.
Tante schauet durch die Brille.
Mit den dünnen Beinesstelzen
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Sieht sie wirklich aus zum Wälzen,
Da auch ihre Filzpantinen
Reichlich groß geraten schienen
Und der Rock, so hochgerafft,
Aussicht auf die Höschen schafft. –
Unsre Lotte, nie verlegen,
Tut jetzt schon ihr Mündchen regen:
„Tante Thilde, morgen, bitte,
Weilest Du in unsrer Mitte,
Übermorgen aber dann
Ist bei Dir der Weihnachtsmann.“ –
Drob die lange Tante Thilde
Lächelt süß und lächelt milde,
Reicht den Kindern je zwei Nüsse
Und gibt ihnen viele Küsse,
Denn – die Nüsse kosten Geld
Küsse man umsonst erhält! –
Guste bohnert wie verrückt.
Ja, die Sache ist geglückt:
Thilde merket nicht den Braten,
Daß die Köpfe falsch geraten!
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Und als Guste dann allein,
Klebt sie an die Glieder fein.
Alles ist nun repariert
Und die Thilde angeschmiert.
Guste labt sich an ’ner Stulle,
Saugt auch wieder aus der Pulle,
Und mit ihrem Bohnerstab
Frisch und fröhlich zieht sie ab. –
Doch – am ersten Feiertag
Folgte dann der große Krach.
Nichts ist ja so fein gesponnen,
Alles kommt mal an die Sonnen! –
In der Wohnstub‘ von der Tante
Sitzen Freunde und Verwandte:
Blätterteigs, das Elternpaar,
Lotte, Lene und – ganz klar! –
Klöpschen auch, das liebe Tier,
Stehet unterm Christbaum hier.
Guste selbst, die selten nüchtern,
Freut sich an den Baumeslichtern,
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Hält im Arm ihr Festgeschenk,
Schluckt mit Eier das Punschgetränk.
Eine Wurst ward ihr beschert
Lang und dünn, die sie begehrt’.
Len’ und Lotte aber haben
In der Hand ganz andre Gaben:
Schlittschuh’ schenkt’ von bill’ger Sorte
Tante hier zum Wintersporte.
Dies die Mägdlein wenig freute,
Denn es taute mächtig heute,
Und ein Schlittschuh ohne Eis
Zwecklos ist, wie jeder weiß.
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Dennoch ging das Fest nach Wunsch.
Nur die Rangen tranken Punsch! –
Heimlich aus dem Bowlenfasse
Schöpfen sie mit einer Tasse
Von der Mischung, kräftig, süß,
Und auch Klops sich tränken ließ.
Bis sie dann aus Langerweile
Im Salon in aller Eile
Zünden an der Krone Kerzen;
Und mit Lachen und mit Scherzen
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Schnallen sie die Festgeschenke
An die Sohlen und Gelenke. –
Klops mit voller Punschestasse
Taumelt heiter durchs Gelasse
Und benutzt das Wichsparkett
Zur Schlidderbahn sehr blank und nett. –
Böses Beispiel weckt Begier.
Lotte schon probieret hier,
Ob nicht diese Dielen nützen
Als gute Bahn zum Eislaufflitzen. –
Jeder kennt der Schlittschuh Tücken,
Eh’ man’s glaubt, liegt auf dem Rücken,
Wer die Dinger unterband
Und wem sie noch unbekannt.
Seht, der Lotte linkes Bein
Seitwärts fahret ganz allein. –
Auf dem Wachs, so blank gerieben,
Soll man nicht das Laufen üben.
Dieses merkt die Lotte bald,
Als sie auf den Boden knallt
Und die stahlbewehrten Füße
Treffen Klöpschens Napf voll Süße.
Ach, des Punsches warm Gebräu
Spritzt ihr auf das Kleidchen neu.
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Auch die Tasse soll hier sterben,
Denn sie kracht in tausend Scherben.
Lotte reibt den Hinterschädel.
Doch – schon naht das andre Mädel,
Denn die Lene, punschberauscht,
Von dem Stuhle vorwärts saust.
„Ich kann’s besser!“ ruft sie keck.
Da – die Füße fliegen weg!
Auf des Leibes Sitzgelände
Rutscht die Lene sehr behende
Weiter auf die Säule zu,
Wo der Meergott steht in Ruh’.
Lenens Beine wie ’ne Zange
Greifen nach der Säulenstange,
Und Neptun, der „kopfgeleimte“,
Jetzt das Taumeln nicht versäumte. –
Zwar kriegt ’ne Figur aus Gips
Niemals einen Punschesschwips,
Doch – trifft sie ein Stoß sehr hart,
Torkelt sie nach Trinkerart.
So auch hier der Gott fidel
Sauste runter vom Gestell,
Kopfsprung macht er. Lenens Bauch
Fühlt des Kopfes Schwere auch,
Und wie von ’ner Sprungmatratze
Hüpfet hoch des Schädels Fratze.
Links der Schädel, rechts der Rumpf
Hauen auf die Dielen dumpf,
Und der Kopf hat jetzt zwei Stücke
Und statt Nase eine Lücke.
Nicht genug ist dies Malheur:
Lotte fühlt schon den Begehr,
Zu erbringen den Beweis,
Daß sie sicher auf dem Eis,
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Packt des Klöpschens Schwanz ganz fest
Und von ihm sich ziehen läßt.
Klops rast um den Tisch herum
Lotte ist nicht mehr so dumm:
In der Kniebeug’ fährt sie Schlitten
Grade in des Zimmers Mitten,
Bis der Klops vor Schwanzespein
Will nicht länger Pferdchen sein.
Jetzt ein Ruck. Er reißt sich los.
Lottes Schwung ist viel zu groß:
Jener Göttin schlanke Säule
Rennt sie um in Windeseile,
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Prallt zurück. In ihrem Arm
Hält sie nun die Göttin warm.
Leider aber dies Gewicht
Trugen hier die Schlittschuh nicht.
Rückwärts rutschen sie behende,
Und es naht der Göttin Ende:
Lotte und das Gipsgebild’
Küssen schon den Boden wild. –
Nebenan in dem Gemach
Hört man diesen Donnerkrach.
Alles rennt in den Salon.
Dorther kam der schlimme Ton,
Tante Thilde mit der Brille
Stehet starr und stehet stille:
Die Figuren beid’ zerplatzt,
Das Parkett total zerkratzt!
Lotte heult mit blutger Lippe;
Lene drückt ihr Bauchgerippe;
Auf dem Tisch der Klops jedoch
Sitzet auf der Vase Loch,
Denn für ’n „Töpfchen“ hält er diese,
Sorgt, daß etwas abwärts fließe. –
Blätterteig ergrimmte jäh,
Hebt die Lene in die Höh’,
Und er stillt den Rachedurst
Durch der Guste lange Wurst,
Weil er keinen Rohrstock fand,
Der zum Dreschen bei der Hand.
Lene brüllt: „Schon gestern hier
Ging kaputt des Gipses Zier!
Guste ist daran nur schuld;
Vater, hau nicht! Hab Geduld!“
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Guste sinkt schon in die Knie,
(Angesäuselt wie noch nie!)
Ruft: „Das ist ganz frecher Schwindel
Von dem kleinen Diebsgesindel!“ –
Blätterteig die Lotte nahm,
Und auch sie ihr Teil bekam,
Bis nunmehr die Wurstespelle
Ist zerplatzt an mancher Stelle.
Und die Kinder und den Affen
Blätterteigs nach Hause schaffen.
Ach – das schöne Weihnachtsfest
Viel zu wünschen übrig läßt! –
Eine Woche später dann
Kam der Frost, der starke Mann.
Und in einer einzgen Nacht
Eis aus Wasser er schnell macht.
Lene, Lotte, Klops daneben
Nach dem nahen Flusse streben,
Um dort auf dem echten Eise
Nach der Schlittschuhläufer Weise
Zu erlernen diese Kunst,
Die ermöglicht Frostes Gunst.
Ei – das war ’ne andre Sache
Als dort im Salongemache!
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Zwar auch hier sie purzeln, fallen,
Daß das helle Eis tut knallen,
Aber bald mit viel Genie
Diese Kunst beherrschen sie. –
Auf des Flusses andrer Seite
Zieht ein Wald sich in die Weite. –
Aus dem Walde dick und stolz
Mit dem Schlitten Knüppelholz
Kommt die alte Guste Klaus,
Übers Eis will sie nach Haus.
Ach – die Buddel in der Hand
Ist als „Kümmel“ wohlbekannt,
Und die Guste, wie so häufig,
Ist nicht mehr so recht geläufig,
Auch die Augen sehen schlecht,
Was sich hier bedenklich rächt.
In des Flusses Mitte dünn
Zieht ein Streifen Eis sich hin.
Mit dem Schlitten unsre Guste
Grade dort vorüber mußte.
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Plötzlich brüllt sie wie am Speer:
Für dies Eis war sie zu schwer!
Und es knistert und es kracht,
Guste Klaus verschwindet sacht.
Nur das Zöpfchen samt den Armen
Schaut heraus noch zum Erbarmen.
Doch – die Rettung nahet schon:
Lene, Lotte, Affensohn
Sausen nach der Unfallstelle,
Fassen bei der Hand sich schnelle,
Und der Klops, der wenig wiegt,
Bis zum Eisloch vorwärts kriecht.
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Rollt nun seinen Ringelschwanz
Um der Guste Zöpchen ganz,
Und mit Kraft und viel Geschrei
Ziehen schleunigst diese drei
Diese Dicke allgemach
Dorthin, wo das Eis nicht brach. –
Guste freilich schnell gefror,
Nur ein Klumpen Eis kam vor,
Den die Kinder mit dem Schlitten
Fuhren nach des Hofes Mitten,
Wo der Vater Blätterteig
Mit dem Beile auch sogleich
Gustes Schädel rasch befreite. –
Ach – wie das die Guste freute!
Unten Eisblock, oben Kopf
Mit dem kleinen Rattenschopf,
So die Guste grinste selig,
Schnappt nach Luft und spricht allmählich:
„Meister, daß Ihr’s heute wißt:
Dieses Pärchen schuldlos ist,
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Denn der Tante Thilde Götzen
Schlug ich selber schon in Fetzen,
Leimte sie sodann zurecht,
Log nachher – und das war schlecht!“ –
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Guste ward ganz ausgehauen,
Und zum Schluß könnt Ihr hier schauen,
Wie sie an dem Ofen schwitzt
Und der Dreibund bei ihr sitzt,
Dem sie voller Dank und Freude
Reicht gar manche Wurstesscheibe.
Guste nach dem kalten Bad
Niemals mehr gelogen hat.
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