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Napoleon I. als Jäger

 

Napoleon I. als Jäger. (Verfasserangabe im Inhaltsverzeichnis: Von W. Belka.)

 

Napoleon war ein großer Jagdliebhaber, aber ein schlechter Schütze. Von einem Fehlschuß, den er einmal als Kaiser tat, erzählt man sich eine ergötzliche Geschichte, die zugleich seine Eitelkeit und sein Selbstbewußtsein kennzeichnet.

Auf einer Jagd in dem bei Paris gelegenen Parke von Fontainebleau sollte ein mächtiger Hirsch dem Kaiser vor die Büchse getrieben werden. Aber es gelang nicht, das stolze Tier, welches sich mit seinem Geweih gegen Hunde und Treiber zur Wehr setzte, nach dem Standort Napoleons hinzulenken. Schließlich wurde der Kaiser ungeduldig, bestieg in sehr schlechter Laune sein Pferd und ritt davon.

Kaum hatte er sich entfernt, als der Oberjägermeister in das Dickicht eindrang und den Hirsch mit einem wohlgezielten Schuß niederstreckte. Darauf wurde der tote Hirsch in aller Eile sehr geschickt an einer geeigneten Stelle mit Hilfe von Gabelzweigen so aufgestellt, daß einige Gebüsche ihn halb verdeckten.

Ein reitender Bote holte nunmehr den Kaiser zurück mit der Meldung, der Hirsch sei schußgerecht eingekreist. Napoleon kehrte auch wirklich um und feuerte aus ziemlich weiter Entfernung auf das unbeweglich dastehende Tier, das denn auch sofort zusammenbrach – weil ein hinter einem nahen Baum verborgener Jagdgehilfe die Stützen fortzog. Die Kugel des Kaisers war, womit die Eingeweihten gerechnet hatten, vollständig fehlgegangen.

„Sire“, meldete der Oberjägermeister vorschriftsmäßig, „der Hirsch ist tot.“

„Das will ich meinen!“ sagte Napoleon ruhig, besichtigte seine vor ihn hingeschleppte Jagdbeute und ritt befriedigt davon.

 

 

Anmerkung:

  1. Ebenfalls fast wortgleich erschienen unter dem Titel: Napoleons I. Schiessfertigkeit in Schuss und Waffe. 5. Jahrgang 1911/12, Heft 4, S. 73–74.