Eine merkwürdige Form des Blitzes – Kugelblitze.
Der Zickzackblitz tritt ganz plötzlich als leuchtende Linie auf und dauert nur den Bruchteil einer Sekunde. Anders die Kugelblitze. Diese zeigen sich als faust- bis kindskopfgroße Kugeln, welche die merkwürdigsten Bahnen einschlagen und entweder geräuschlos verschwinden oder krachend explodieren.
Es sind Kugelblitze beobachtet worden, die bis zu zehn Sekunden deutlich sichtbar blieben. Über die Entstehung dieser so merkwürdig gestalteten elektrischen Entladungen ist man sich in der Gelehrtenwelt nicht recht einig. Allzu kindlich ist die Ansicht, daß es sich hierbei um Zickzackblitze handele, die infolge besonderer Zusammensetzung der Luftschichten starken Widerstand gefunden und sich daher zu einem Feuerball zusammengedrückt hätten.
Ein in der Geschichte berühmt gewordener Kugelblitz erschien König Philipp V. von Spanien. Durch Testament Karls II., des letzten Habsburgers auf dem spanischen Königsthron, war jener Enkel Ludwigs XIV. von Frankreich zur Nachfolge berufen. Als er nun im April 1701 in den Königspalast von Madrid eingezogen war, sausten bei einem Gewitter zwei Feuerbälle durch das Dach in die Schloßkapelle. Einer davon sprang gegen die Wand, prallte von dieser zurück und fuhr auf den Erdboden, wo er in mehrere Feuerkugeln zerplatzte. Diese Kugeln hüpften wie elastische Bälle durch die Kapelle, vernichteten ein wertvolles Altarbild und schmolzen ein silbernes Kreuz zu einem unförmigen Klumpen zusammen.
Das Volk deutete diese bis dahin so gut wie unbekannte Naturerscheinung als ein böses Vorzeichen für Philipps Regierung. Und wirklich mußte er dann im spanischen Erbfolgekriege lange Jahre um seine Krone kämpfen und zweimal aus Madrid fliehen, um schließlich 1746 in geistiger Umnachtung zu sterben.
Ein zweites Mal wurden im Jahre 1770 nach beglaubigten Berichten Kugelblitze im Hafen von Isle de France in größerer Zahl beobachtet. Während eines Gewitters zogen die Wolken so tief, daß sie fast die Mastspitzen der Schiffe in ihre Schleier einhüllten. Da fiel mit einemmal aus dem schwarzen Gewölk eine feurige Kugel von der Größe einer ausgewachsenen Kokosnuß heraus, glitt an dem mittelsten Mast eines Vollschiffes herab und platzte auf dem Deck mit ohrenbetäubendem Krachen. Mehrere in der Nähe an der Reling stehende Matrosen stürzten betäubt zu Boden. Das Deck war auf drei Meter im Umkreise völlig zersplittert, der Mast dagegen auffallenderweise völlig unversehrt geblieben.
Wenige Minuten später prasselte dann ein wahrer Hagel von Kugelblitzen herab, die mehrere kleine Schiffe in den Grund bohrten, einen am Hafen gelegenen Speicher in Brand steckten und zwölf Personen töteten. Nach Angaben von Augenzeugen sollen damals gegen dreißig dieser unheimlichen Feuerkugeln gezählt worden sein.
Ein so häufiges Auftreten von Blitzkugeln ist seitdem nicht wieder beobachtet worden.
Doch sind auch in neuerer Zeit sind Kugelblitze öfters gesehen, ja auch mehrmals auf der photographischen Platte festgehalten worden.
Erwähnt sei hier nur noch ein Fall, der einen ganz außergewöhnlichen Unglücksfall zur Folge hatte.
[1]In den Westbatterien des Kriegshafens von Brest exerzierte im Sommer 1902 während eines Gewitters eine Abteilung Fußartillerie an den gewaltigen Geschützen. Eben war eines der zuckerhutähnlichen Geschosse und dahinter die Pulverladung in die Ladeöffnung des rechten Flügelgeschützes geschoben worden, und der bedienende Kanonier hatte noch nicht Zeit gefunden, den Verschluß völlig zuzukurbeln, als ein Kugelblitz herabsauste, an dem Geschützrohr entlang lief und die Ladung vorzeitig zur Explosion brachte, wodurch der Verschluß abgerissen und mehrere hundert Meter nach rückwärts geschleudert wurde. Der Luftdruck, den die explodierende Pulverladung erzeugte, war derartig stark, daß zwei Kanoniere getötet und drei andere schwer verletzt wurden.
Das Geschoß selbst war, da die Hauptkraft der Pulvergase nach rückwärts wirkte, in der Mitte des Geschützlaufs stecken geblieben.
Anmerkung: