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Die Motorjacht ohne Namen

 

 

Der Detektiv

 

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 108:

 

Die Motorjacht ohne Namen[1]

 

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H.
Berlin 26, Elisabeth-Ufer 44

 

Nachdruck verboten. Alle Rechte einschließlich Verfilmungsrecht vorbehalten. Copyright by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin 26. – 1924.
Druck: Buchdruckerei P. Lehmann G. m. b. H., Berlin.

 

1. Kapitel.

Die unbekannte Insel.

Harald Harst und ich hatten es uns damals auf der Farm New-London in Australien wahrhaftig nicht träumen lassen, daß auf unser Abenteuer mit Helens Känguruh sehr bald ein anderes folgen würde, das uns Gelegenheit gab, uns wieder einmal als Seeleute zu bewähren.

Ich nehme an, daß der Leser sich noch auf die Vorgänge in New-London besinnt. Die Gemeinde der Harst-Freunde und -ständigen Leser könnte sich nun immerhin noch erweitert haben. Daher will ich hier doch kurz erwähnen, daß wir in Australien eine Betrügerin entlarvt, ihren Bruder erschossen und dessen drei Genossen unschädlich gemacht hatten. Diese Helen Jones hatte nun mit ihrem Bruder auf ganz besondere Art heimlich Zettelmitteilungen ausgetauscht. Einer dieser Zettel war Harald in die Hände geraten, nachdem er beobachtet hatte, daß die Verbrecherin sich nachts mit ihrem Lieblingskänguruh beschäftigt hatte. –

Es war am Morgen nach dem Tode Bill Jones’. Der Schafgroßzüchter Chester Dolling, seine Tochter, der Melbourner Detektiv Charles Goddlepy und wir beide saßen auf der Terrasse des schloßartigen Wohnhauses der Farm beim Frühstück. Soeben hatten drei Beamte der nächsten Polizeistation die Verbrecherin und die drei männlichen Gefangenen mit sich genommen. – Seine Tochter erzählte uns eingehend von ihrem Aufenthalt unter den Schwarzen Südaustraliens, – daß diese Australneger sie geradezu wie eine Heilige verehrt hätten. Sie schilderte uns dann auch die näheren Umstände ihrer Heimkehr ins Elternhaus. – All das, was ich hier nur andeuten kann, mag der neugewonnene Harald-Harst-Freund im vorigen Bande nachlesen.

Nachdem Miß Dolling sich dann ins Haus zurückgezogen und uns bei unseren Zigarren und einem eisgekühlten Likör allein gelassen hatte, wandte sich Harald an Chester Dolling mit der Frage, ob dieser vielleicht eine Jacht besäße.

Dolling nickte. „Das stimmt, Mr. Harst. In Adelaide liegt meine Motorjacht „Australia“. – Wie kommen Sie übrigens so unvermittelt auf die Jacht zu sprechen? Ich habe Ihnen gegenüber bisher doch mit keinem Wort erwähnt, daß …“

„Oh – ich weiß, daß die reichen Züchter hier sehr gern ein paar Wochen sich auf See erholen, Mr. Dolling. Deshalb meine Frage. – Hatten Sie vielleicht letztens eine Seereise unternommen?“

„Ja. Ich wollte mit der Australia einmal recht weit nach Süden, möglichst bis an die Eisfelder des Südpols, vordringen.“

Er rauchte ein paar Züge, fügte sinnend hinzu: „Vielleicht interessiert es Sie, daß ich damals ein nicht ganz alltägliches Erlebnis hatte, als wir die sogenannte Große Australische Bucht südwärts durchquerten.“

Harald beugte sich im Korbsessel vor. „Erzählen Sie!“ – Und er war plötzlich völlig verwandelt. Seine Augen waren weit und strahlend. Sein kühnes, geistvolles Gesicht leuchtete vor Spannung.

„Gut, hören Sie, meine Herren,“ sagte Dolling nachdenklich. „Seltsam genug ist mein damaliges Erlebnis. – Ich muß vorausschicken, daß der Kapitän meiner Australia gleichzeitig Kapitän meines Handelsdampfers „Wales“ ist, der regelmäßig Gefrierfleisch nach Europa bringt. Ich besitze im ganzen vier Dampfer. Will ich die Australia zu einer Erholungsreise benutzen, so gibt Kapitän Tobber das Kommando des Wales an den Ersten Steuermann ab. Auf der Australia nehme ich zumeist nur eine Besatzung von sechs Mann mit …“

„Weiter …!“ drängte Harald ungeduldig. „Was erlebten Sie? Sie … fanden eine noch unbekannte Insel, nicht wahr?“

Dolling richtete sich mit einem Ruck auf. „Mr. Harst, woher wissen Sie das? Ich habe doch über die Insel nur dieser … dieser Verbrecherin gegenüber einige Andeutungen fallen lassen …! Woher können Sie also …“

„Weiter, Mr. Dolling! Und – in aller Kürze bitte.“

„Nun denn – als im vorigen September wir Adelaide etwa zweihundert Seemeilen hinter uns hatten, brachte ein Seebeben, also ein Erdbeben des Meeresgrundes, die Wassermassen in wildeste Bewegung. Unser Signalmast knickte um, zerschlug den Kompaß, und außerdem schlug sich die Jacht in der hochgehenden See leck. Die Motoren versagten, und mit Notsegeln raste unsere Australia vor einem wütenden Westorkan in stockdunkler Nacht viele Stunden dahin. Beim Morgengrauen gelangten wir dann zu unserer Überraschung in die Nähe einer Insel, die auf keiner Seekarte verzeichnet war. Um die Insel lagerten dichte Nebelmassen. Kapitän Tobber schwur Stein und Bein, daß wir hier ein noch unbekanntes Eiland entdeckt hätten und bat, eine breite Bucht an der Nordseite ansteuern zu dürfen. Bald lagen wir in der Bucht in ruhigem Wasser vor Anker. Zu sehen war nicht viel: nur turmhohe steile Felswände rahmten die Bucht ein.

Ich bestieg allein das Dingi[2] (kleinstes Boot) und ruderte, von Nebelschwaden umgeben, tiefer in die Bucht hinein, die sich sehr bald kanalartig verengerte und in zahlreichen Windungen etwa nach Osten zu sich fortsetzte.

Stellen Sie sich mein Erstaunen vor, als ich mit einem Male in diesem schmalen Fahrwasser auf eine vor Anker liegende Jacht stieß. Ich sah Licht hinter den Fenstern, sah auch ein paar Menschen an Bord. Aber – als ich die Jacht dann anrief, verschwanden die Leute …“

Er machte eine längere Pause und füllte die Likörgläser.

„Bevor ich nun weitererzähle,“ meinte er mit gedämpfter Stimme, „müssen Sie drei mir versprechen, über diese Dinge genau so Stillschweigen zu bewahren, wie ich dies bisher getan habe. Nur der … Hochstaplerin deutete ich mein Erlebnis einmal kurz an. Und sie hat es denn auch wirklich Ihnen ausgeplaudert, Mr. Harst.“

„Sie irren,“ erklärte Harald. „Bill Jones’ Schwester hat mir nichts mitgeteilt. – Doch – –, was geschah dann in der Bucht der unbekannten Insel?“

Dolling blickte Harald ungläubig an. „Mr. Harst, wenn dieses Weib Ihnen wirklich nichts von alledem gesagt hat, begreife ich nicht, woher Sie …“

„Weiter!!“

„Ja doch … ja doch! – Ich ruderte also ganz nahe an die fremde Jacht heran und kletterte an Deck. Hier trat mir dann ein Herr entgegen, der etwa folgendes sehr hastig hervorstieß:

„Wenn Sie Ihr Leben nicht verlieren wollen, so kehren Sie um und schweigen Sie, daß Sie hier ein Schiff vorfanden. Wir sind Leute, die das Schicksal hart geprüft hat und die gewillt sind, ihr Geheimnis unbedingt zu wahren. Geben Sie mir Ihr Wort, daß Sie schweigen werden – mindestens vier Monate lang.“

Ich sah, Mr. Harst, daß ich einen älteren Herrn vor mir hatte, der Sprache nach einen Nichtengländer. Der Mann war fraglos gebildet. Seine Erregung war so groß, daß er kaum die Worte formen konnte.

Ich habe dann das Versprechen gegeben, weil – – ich sonst erschossen und die Australia versenkt worden wäre. Ich kehrte zu meiner Jacht zurück, und drei Stunden später verließen wir die Bucht. Meinen Leuten verschloß ich durch reiche Geldspenden den Mund. So ist denn über ihre Lippen nie ein einziges Wort gekommen, das die Existenz der Insel irgendwie Fremden verraten hätte. Von der fremden Jacht hatte ich meinen wackeren Matrosen und auch Kapitän Tobber nichts gesagt. Ich begründete meine Bitte, das Vorhandensein des Eilandes zu verschweigen, mit der Erklärung, daß ich die Insel später einmal auf Bodenschätze hin untersuchen wollte.“

„Und – wußte Jones’ Schwester etwas von der fremden Jacht?“

„Ja. Die vier Monate waren zwar noch nicht vorüber, als …“

„Gut. Danke, Mr. Dolling. – Hat denn kein anderes Schiff die Insel bisher bemerkt?“

„Nein. Ich glaube nicht. Sie liegt in einem Meeresteil, der selten oder nie befahren wird.“

Harald hatte seiner Brieftasche einen zerknitterten schmutzigen Zettel entnommen.

„Mr. Dolling,“ erklärte er nun, ebenfalls halb flüsternd, „diesen Zettel fand ich in demselben Versteck, in dem auch Ihre Juwelen damals zum Schein von der Hochstaplerin Helen Jones für kurze Zeit untergebracht worden waren. Die Aufschrift des Zettels ist in einer lächerlich kindlichen Geheimschrift abgefaßt, die ich sofort glatt entziffern konnte. Ich will Ihnen den Inhalt des Zettels vorlesen. Hören Sie …

„Sieh zu, daß Du schleunigst aus Chester Dolling noch mehr über sein Abenteuer auf jener unbekannten Insel herauslockst. Es ist anzunehmen, daß die Jacht, die er dort bestieg, dasselbe Schiff ist, von dem ich Dir gelegentlich so seltsame Dinge mitteilte. Frage Dolling auf recht geschickte Weise, ob die Jacht wirklich eine größere Motorjacht war. – Im übrigen bleibt es bei unseren Vereinbarungen.““

Bevor der Großzüchter sich hierzu noch irgendwie äußern konnte, kam einer der berittenen schwarzen Polizisten, die mit den vier Gefangenen vor einer Stunde etwa aufgebrochen waren, im Galopp vor die Terrasse gesprengt und rief uns zu:

„Gentlemen, meine beiden Kameraden sind dicht hinter Lammery-Station aus dem Hinterhalt erschossen und die Verbrecher befreit worden. Ich bitte um Ihre Unterstützung, damit die Entflohenen …“

 

2. Kapitel.

Die Kapillo-Ameisen.

Wir waren aufgesprungen.

„Pferde satteln!!“ brüllte der kleine Kollege Goddlepy dem Diener Dollings zu, der soeben auf der Terrasse erschienen war. „Ich selbst benutze mein Motorrad. Ich will …“

„Halt, Goddlepy,“ meinte Harst sehr bestimmt. „Ihr Motorrad werden Schraut und ich uns leihen. Sie selbst können zu Pferde folgen.“

Goddlepy wollte Einwendungen erheben. Harald eilte jedoch schon dem Autoschuppen zu, indem er mir nur noch über die Schulter zurief:

„Packe das Nötigste aus den Koffern in unsere Rucksäcke. In fünf Minuten fahren wir!“

Wir fuhren denn auch wirklich – und wie!!

Ich saß hinter Harst auf dem zweiten Sattel. Das heißt: meistenteils war ich mit meiner Achterseite hoch in der Luft!

Wir rasten die staubige Straße südwärts, die sich stets in der Nähe des Schienenstranges hielt, der von New-London als Kleinbahn bis zur Hauptstrecke führt. Die Kleinbahn war Dollings Eigentum.

In genau sechzehn Minuten erreichten wir das Vorwerk der Farm, Lammery-Station. Zweitausend Meter weiter in den Bubly-Hügeln fanden wir auf der Straße eine Anzahl Farmaufseher und schwarze Schafhirten um die beiden erschossenen Polizeibeamten versammelt.

Einer der Aufseher teilte uns mit, daß Helen Jones und fünf Europäer auf Lammery-Station mit den Revolvern in der Hand eine gerade bereitstehende Kleinbahnlokomotive bestiegen hätten und mit der Maschine nach Süden davongesaust seien, nachdem sie die Telegraphendrähte durchschnitten hatten.

Es war mithin erwiesen, daß die Verbrecher noch zwei unserer Aufmerksamkeit bisher entgangene Genossen in der Nähe gehabt hatten.

Harald hielt sich in Lammery-Station keine vier Minuten auf. Dann trug uns Goddlepys famoser Motorstänker knatternd weiter gen Süden.

Auf der Kleinbahnstrecke, die wir meistenteils von der Straße aus übersehen konnten, war selbst nach zweistündiger Verfolgung noch nichts von der Lokomotive der Flüchtlinge zu bemerken. Wir machten an keiner der Stationen halt, rasten zum Erstaunen der Bewohner anderer Farmen, die wir bei dieser Hetzjagd passierten, unaufhaltsam dahin. Daß diese Schaffarmen in Australien sämtlich viele Meilen auseinanderliegen, habe ich bereits früher erwähnt.

Gegen elf Uhr dann eine Verzögerung: das Benzin ging uns aus! Der Benzingaul verlangte getränkt zu werden. So mußten wir denn notgedrungen bei Rockby-Station anfragen, ob Brennstoff vorhanden sei. Leider: Benzin gab es nicht! Und es dauerte eine volle Viertelstunde, bis eine Kleinbahnlokomotive zur Stelle war, die uns nun die Fortsetzung der Verfolgung ermöglichte. – Hier in Rockby wurde uns erklärt, daß vor etwa vierzig Minuten eine andere Lokomotive in wildestem Tempo durch den kleinen Bahnhof gerast sei und daß, da ein Güterzug von Süden her erwartet würde, die Verbrecher vielleicht mit diesem Zuge zusammengestoßen seien.

Bereits kurze Zeit später trafen wir den Kleinbahnzug. Die Banditen hatten den Lokomotivführer des Zuges gezwungen, auf ein Ausweichgleis zu fahren, und waren so ungehindert vorwärtsgekommen, während wir erst ein zweites Ausweichgleis erreichen mußten, bevor wir an den Güterwagen vorüber konnten. Das kostete abermals eine volle Stunde. Und ehe wir dann die Hauptstrecke der Bahn bei Nyngan erreichten, hatten die Verbrecher wiederum anderthalb Stunden Vorsprung gewonnen. Außerdem war von Nyngan um fünf Uhr nachmittags ein Schnellzug in südlicher Richtung abgegangen, den die Schurken tatsächlich benutzt hatten. Sie waren auf dem Bahnhof gesehen worden.

Harald depeschierte jetzt an drei Zwischenstationen von Nyngan aus, daß die Verbrecher festgenommen werden sollten, obwohl er sich davon nicht viel versprach.

„Sie werden nicht so dumm sein, allzu weit in dem Zuge zu bleiben,“ meinte er, als wir im Hotel in Nyngan nun zu Mittag aßen. „Sie dürften irgendwo ein Auto nehmen. Wir haben hier ja wieder etwas kultivierte Gegenden erreicht, wo Kraftwagen ebenso häufig wie in Europa sind. Überhaupt, lieber Alter, – ziehen wir aus dem heutigen Tag erneut die Lehre: Eile mit Weile! Hätten wir uns in New-London Zeit gelassen, so wären wir mit Dollings Tourenauto den Banditen gefolgt. Aber weil der Chauffeur gerade an dem Motor herumbastelte, glaubte ich klüger zu tun, wenn wir Goddlepys …“

Und – siehe da: im selben Moment betraten Goddlepy und Dolling in hellen Staubmänteln und Autobrillen das Gastzimmer.

Der kleine Melbourner Detektiv krähte schon von der Tür her etwas schadenfroh:

„Hallo, Boys! Also doch noch hier!! Wo habt Ihr denn die sechs Schufte, die schöne Miß Jones eingerechnet?!“

Harald war ehrlich und gab zu, daß die Motorradfahrt eine Übereilung gewesen. –

Um sieben Uhr langte aus Pooncarif von der dortigen Polizei eine Depesche an:

„Fünf Männer und eine blonde Dame haben hier Pferde gekauft und sind westwärts davongeritten. Fünf Beamte sofort nachgeschickt.“

Um neun Uhr abends verließ ein anderer Zug das Städtchen Nyngan gen Süden. Wir beide und Goddlepy saßen in einem Abteil erster Klasse. Der Abschied von Dolling war überaus herzlich gewesen.

Wir spürten die Folgen der Hetzjagd in allen Knochen. Wir hatten es uns im Abteil recht bequem gemacht. Der Zug ging bis Melbourne, und das war jetzt unser Ziel. Nahm Harald doch bestimmt an, die Verbrecher würden sich dorthin wenden. Goddlepy bezweifelte das. Ich machte mir darüber keine Gedanken. Ich war zu müde. –

Die Bahnstrecke von Nyngan läuft etwa bis Dubbo durch echt australische Steppe. Diese Gegend kultiviert zu nennen, ist immerhin etwas gewagt.

Noch gewagter war es von uns, so fest zu schlafen, wie wir – leider! – alle drei schliefen, selbst Harald.

Jedenfalls: vier Meilen vor Pooncarif kam die Bescherung, ein … Eisenbahnüberfall!

Und zwar ein Überfall, der einzig und allein uns dreien galt!

Ehe wir noch recht ahnten, was vor sich ging, standen vier Kerle in unserem Abteil, mit Lappen vor den Gesichtern, mit Revolvern und Stricken in den Händen.

Da gab es keinen Widerstand. Wir mußten uns fesseln lassen, wurden auf den Bahndamm hinausgestoßen. Unsere Koffer, die Dollings Auto mitgebracht hatte, flogen hinterher.

Der Zug fuhr ohne uns weiter.

Und wir?! Und dieses schlaue Lumpengesindel, das uns so fein aus dem Zuge herausgeholt hatte?!

Nun – die Kerle sprachen jetzt nicht ein Wort. Nur als man uns tief im Busch nach anderthalbstündigem Ritte an drei dicke Grasbäume[3] gefesselt hatte, trat Helen Jones dicht vor Harald hin und meinte hohnvoll:

„So, – jetzt werden Sie eine Neuauflage des Buschfeuers erleben, Mr. Harst! Zwei Stunden noch – und von Ihnen und Ihren Gefährten sind nur noch verkohlte Reste übrig!“

Harald erwiderte lediglich: „Und Sie … werden am Galgen sterben, Helen!“

Lachend ritten die Schurken im hellen Mondlicht der sternklaren australischen Februarnacht davon. Die dumpfen Hufschläge verloren sich in der Ferne.

Ringsum nur fahles Buschwerk, armselig, ohne Saft und Kraft. Ringsum Totenstille.

Die Schufte hatten uns die Knebel erspart. Sie waren wohl sicher, daß wir uns nicht befreien könnten und daß Hilferufe hier zwecklos sein würden. Die Hanfstricke[4], mit denen sie uns gefesselt und an die Bäume gebunden hatten, konnten kaum schärfer angezogen werden. Ich fühlte, wie mir die Hände und Füße, in denen der Blutkreislauf fast ganz aufgehört hatte, rasch abstarben und aufquollen.

Wir standen so, daß wir einander den Rücken zukehrten. Zuerst meldete sich Goddlepy.

„Verdammt – es sind Ameisen hier!“ fluchte er. „Die Bestien werden …“

„Schweigen Sie!“ meinte Harald sofort. „Es sind Kapillo-Ameisen, und – Gott sei Dank sind es solche!!“

Gleich darauf hörte ich einen dumpfen Krach, dann ein Poltern von Harsts Platz her.

„He – was treiben Sie da?“ fragte der geschwätzige kleine Kollege.

Abermals Rascheln, Poltern …

Und dann … dann wälzte sich Harald plötzlich von der Seite her mitsamt dem dicht über dem Wurzelstock abgebrochenen Stamm des Grasbaumes, der von den Ameisen unten völlig durchlöchert gewesen, in mein Gesichtsfeld, wälzte sich weiter, bis er mit seinen gefesselten Händen meine Fußstricke erreichen und die Knoten mühsam lösen konnte.

Ich hatte die Beine frei.

„Hilf mir, daß ich mich aufrichten kann,“ befahl er jetzt.

Der abgebrochene Stamm des Grasbaumes, der ja nur eine schopfartige Krone besaß, war noch durch die Stricke fest mit ihm verbunden.

Mit den Füßen operierte ich dann so lange, bis Harst wirklich aufrecht neben mir stand.

Das weitere war ein Kinderspiel: er befreite mich vollständig von den Fesseln! Und gleich darauf rieben wir drei uns eifrig die Hand- und Fußgelenke, nahmen dann unsere Koffer und eilten nach Osten zu durch den Busch davon, da der sanfte Nachtwind von Westen herüberwehte und wir so die meiste Aussicht hatten, dem Feuer ostwärts zu entgehen.

Nun – das Feuer war eine leere Drohung Helen Jones’ gewesen, wie wir bald merkten. Die Verbrecher hatten sich wohl nicht die Zeit gelassen, ringsum die Büsche in Brand zu setzen.

Morgens um sieben langten wir auf einer kleinen Farm an. Um elf Uhr vormittags saßen wir abermals im Zuge nach Melbourne. Helen Jones und ihre fünf Gefährten hatten jetzt volle zehn Stunden Vorsprung.

 

3. Kapitel.

Der Südpol sinkt.

Chester Dolling besaß in Melbourne am Hafen einen eigenen Lagerspeicher und dort im Erdgeschoß ein Kontor. Als wir am folgenden Nachmittag dieses Kontor betraten, damit der Vertreter Dollings, ein Mr. Owen, die Jacht Australia, entsprechend dem Briefe, den der Großzüchter meinem Freunde mitgegeben hatte, uns sofort zur Verfügung stellte, – als dieser Vertreter dann den Brief überflogen hatte, sahen wir drei schon an seinem bestürzten Gesichtsausdruck, daß hier Dinge vorgefallen sein mußten, von denen wir, die vor kaum einer Stunde in Melbourne Angelangten, noch nichts wußten.

Der dicke, rotbärtige Bevollmächtigte des Großzüchters blickte uns jetzt geradezu verstört an. Er kannte den kleinen Goddlepy persönlich, und daher sagte er sich auch mit Recht, daß er auch Harald und mich nicht für Schwindler halten dürfte.

„Heiliger Patrick!“ rief er, „die … die Australia ist ja schon heute morgen mit einem Mr. Harst und einem Mr. Schraut in See gegangen! Die beiden Herren waren heute in aller Frühe bei mir und zeigten mir gleichfalls einen Brief Dollings vor, der …“

„… natürlich gefälscht war,“ beendete Harald den Satz. „Wir brauchen uns hier dann nicht lange aufzuhalten, Mr. Owen. Beantworten Sie mir nur ganz kurz folgende Fragen: Wer ist als Kapitän an Bord der Australia? Wieviel Mann Besatzung hat sie mitgenommen? Welchen Zweck dieser Seereise gaben die beiden Betrüger Ihnen an?“

„Mr. Tobber führt die Jacht wie stets. Er hat die übliche Besatzung von sechs Leuten mit. Diese Halunken erklärten, und das stand auch in dem Brief, daß sie lediglich eine Vergnügungsfahrt vorhätten. – Ich habe der Abreise der Australia beigewohnt, Mr. Harst. Sie verließ um halb acht unseren Hafen. Die beiden Schwindler waren scheinbar tadellose Gentlemen.“

„Und – die beiden waren allein auf die Jacht gekommen? Oder – hatten sie noch eine Dame mit?“

„Nein. Nur zwei Diener hatten sie bei sich, die ihre Koffer trugen.“

„Danke, Mr. Owen. Haben Sie den gefälschten Brief noch da?“

„Gewiß. – Bitte …“

Harald verglich Dollings echtes Schreiben mit der Fälschung.

„Hm – die Handschrift ist wahrhaft glänzend nachgeahmt!“ meinte er sinnend. „Das muß in der Tat ein Handschriftenfälscher von Beruf gewesen sein! – Auf Wiedersehen, Mr. Owen. Sie trifft jedenfalls keinerlei Schuld!“ –

Wir drei fuhren sofort zum Bureau einer Reederei, von der Goddlepy wußte, daß sie kleinere Lustjachten vermietete. Der Vertrag mit der Reederei wurde rasch abgeschlossen. Wir waren jetzt Herren einer seetüchtigen Dampfjacht, die uns für zwei Wochen samt der Besatzung von fünf Mann zur Verfügung stand. – Dann erledigte Goddlepy alles Nötige, was die Verproviantierung anbetraf, während Harald von unserem Hotel aus mit Dolling telephonierte, der uns sogleich jede Summe von Mr. Owen zu erheben bat, die wir etwa brauchen würden, um die Australia den Banditen wieder abzujagen. Daß diese Brieffälscher samt ihren Dienern zur Bande Helen Jones’ gehörten, unterlag keinem Zweifel, und daß Helen und der fünfte Verbrecher außerhalb des Hafens ebenfalls an Bord der Jacht gekommen waren, mußte man mit derselben Sicherheit annehmen, wie zu erwarten stand, daß diese Schurken die Besatzung der Australia irgendwo an Land setzen würden, nachdem sie sie auf hinterlistige Art überwältigt hatten. –

Die von uns gemietete Dampfjacht hieß Südpol. Das war ein recht hochtrabender Name für den elenden, nur tadellos lackierten alten Rattenkasten, mit dem die Reederei uns gründlich angeschmiert hatte. Da wir nachts 12 Uhr an Bord gingen, merkten wir leider erst morgens, daß der Südpol wie ein abgetriebener Droschkengaul dahinschlich und anstatt der zugesagten vierzehn Knoten kaum sieben schaffte. – Harst war wütend, zumal die Besatzung dieses ehrwürdigen Äppelkahns offenbar aus dem Altersheim für Seeleute stammte und diese fünf Herrschaften den Rum weit mehr liebten als Pflichterfüllung und Bescheidenheit. Die alten verso… Kerle glaubten, mit uns Landratten nicht viel Umstände machen zu brauchen. Schon um zehn Uhr vormittags gab es zwischen dem Kapitän Mr. Doggerby und Harald einen gewaltigen Krach, der damit endete, daß Harst mit der Clementpistole in der Hand Doggerby für abgesetzt erklärte und selbst das Kommando des famosen Südpols übernahm.

Goddlepy zeigte sich hier von der besten Seite. Er arbeitete für drei, spielte Heizer, schnauzte das faule Lumpenpack unserer Besatzung nach Noten an und half wacker, uns den nötigen Respekt zu verschaffen.

Mit südwestlichem Kurs kroch unser Südpol nun also weiter und weiter in die Große Australbucht hinein. Wie wir die unbekannte Insel so ohne nähere Ortsangabe finden sollten, war uns unklar. Aber – wir mußten sie finden! Nur dort würden wir die Australia treffen.

Das Wetter war herrlich. Nach dem wochenlangen Aufenthalt in Inneraustralien, in diesem Backofen, lebten wir hier auf See in kurzer Zeit derart auf, daß wir uns wie neugeboren fühlten.

Am zweiten Morgen nach der Ausreise kam jedoch das dicke Ende nach. Der Himmel bewölkte sich. Bleigrau, still, in trügerischer Ruhe lag die See da. Es wurde auch mit einem Schlage so warm, daß wir plötzlich 28 Grad im Schatten vom Thermometer ablasen.

Exkapitän Doggerby, der nun, nachdem ihm jeder Alkohol entzogen war, eine kriecherische Freundlichkeit bezeigte, machte uns darauf aufmerksam, daß in kurzem ein Orkan losbrechen würde, da bei Nordwind die erhitzten Luftmassen aus dem Innern Australiens über das Meer geweht würden und stets elektrische Störungen in der Atmosphäre hervorriefen.

Genau um zehn Uhr vormittags begann das Unwetter. Um halb eins sprang die Dampfjacht leck und nahm so viel Wasser, daß die Pumpen es nicht bewältigen konnten.

Der Kampf um das nackte Leben setzte ein. Harst ließ das Feuer unter dem Kessel löschen und den Dampf abblasen, ließ ein paar Notsegel setzen und aus den Kojenwänden, die mit Äxten herausgeschlagen wurden, zwei Flöße bauen, denn – das einzige Rettungsboot des Südpols wäre nicht einmal in einem Hafen als Angelkahn zu benutzen gewesen, so morsch waren die Planken!

Die beiden Flöße herzustellen war eine Arbeit, die unter steter Gefahr, über Bord gewaschen zu werden, erledigt werden mußte. Wir drei Kollegen beschlossen, das kleinere Floß für uns zu beanspruchen, während die fünf trunkfesten Meergreise das andere, weit größere besteigen sollten, sobald der sinkende Südpol die unten noch durch Tonnen und Blechkannen schwimmfähiger gemachten Flöße freigab.

Inzwischen tobte über uns ein furchtbares Gewitter, und um uns her war nichts als schwärzeste Nacht und Wogengraus. Kurz bevor die Jacht wegsackte, merkten wir, daß die fünf Musterseeleute sich jetzt gewaltsam Zugang zu den von Harald eingeschlossenen Rumvorräten verschafft hatten. Die alten Burschen waren sämtlich betrunken, und wir waren es, die diese unverbesserlichen Säufer auf ihrem Floß festbinden mußten, damit nicht die erste Woge sie mit hinwegtrüge.

Auch wir drei hatten uns festgeseilt.

Dann kam der Augenblick, wo der Südpol allmählich in sein nasses Grab auf Nimmerwiedersehen hinabsank.

Die Flöße schwammen. Haushohe Wellen trennten unser Floß rasch von dem anderen. Das letzte, was wir von den fünf Unglücksgefährten hörten, waren ein paar Flüche Doggerbys, die Harald galten. Nun trieben wir drei auf unserem kläglichen Fahrzeug allein dahin – volle zwei Stunden …

Längst waren die unten angebrachten Tonnen und Kannen losgerissen. Längst lag das Floß so tief im Wasser, daß jeder Wogenkamm darüber hinwegbrauste.

Und – als abermals ein solches Ungetüm von Welle uns für eine Minute in Gischt und grüne Wassermassen hüllte, da … da war unser kleiner armer Goddlepy verschwunden. Er, den die Seekrankheit hier auf dem Floße aufs heftigste gepeinigt hatte, war wohl ein Opfer der von selbst aufgegangenen Knoten des Stricks geworden, die ihn bisher neben uns festgehalten hatten.

Wie ein höhnisches Grinsen des Schicksals wirkte es, als wir kaum fünf Minuten später aus dem Orkanzentrum heraus und in verhältnismäßig ruhiges Wasser kamen.

Und nach weiteren fünf Minuten teilte sich über uns das schwarze Gewölk, gab ein Stück sonndurchleuchteten blauen Himmels frei.

Wir beide waren gerettet.

Armer Goddlepy!! Die ersten Worte, die Harald und ich nun miteinander sprachen, galten dem treuen kleinen Kollegen. Daß er sich hatte retten können, war ja leider ausgeschlossen.

Kaum hatten wir so unserm wackeren Goddlepy mit teilnehmenden Worten die letzte Ehre erwiesen, als wir beide gleichzeitig die Rückenflossen von einigen Riesenhaien wahrnahmen, – Rückenflossen jener Tiger des Meeres, die schon stets der Schrecken aller schiffbrüchigen Floßfahrer gewesen sind.

Und – noch mehr sahen wir gleichzeitig …:

Dort westwärts eine größere Jacht, die schlingernd und offenbar ohne Besatzung (sie trieb bald hierhin, bald dorthin) in dem immer klareren Licht des sich rasch entwölkenden Himmels das Ziel unserer sehnsüchtigen Blicke war.

Die Meeresbestien waren jetzt nahe heran, umrundeten das Floß, und – sehr bald suchten zwei der größten dieser Ungetüme das Floß auf der einen Seite tiefer ins Wasser zu drücken, nachdem sie sich halb auf den Rand hinaufgeschnellt hatten.

Ich feuerte mit der Clement nach ihnen – Kopfschüsse! Sie versanken …

Ich feuerte abermals …

Derweil stand Harald mit einer mir unbegreiflichen Gleichgültigkeit mit dem Fernglas vor den Augen da und starrte nach der Jacht hinüber.

 

4. Kapitel.

Die Toten stehen auf.

Die Haifische hatten sich jetzt über zwei nur angeschweißte Artgenossen hergemacht und rissen ihnen ganze Stücke aus dem Leibe.

Ich drehte mich nach Harald um …

„Eine Jacht ohne Namen,“ sagte er kopfschüttelnd. „Und – vorn am Mast ist ein Toter festgebunden, ein halbes Skelett schon fast …“

Ich riß ihm förmlich das Fernglas aus der Hand.

Ja – es stimmte: da stand aufrecht am Mast ein schwarzbärtiger Toter, ohne Hut, das Gesicht von Schnabelhieben der Möwen zerfetzt, die Kleider zerrissen, daß stellenweise helle Knochen oder Haut hindurchgrinsten – ein scheußlicher Anblick! –

Harst hatte jetzt mit einem Handbeil, das in unserem wasserdichten, ebenfalls an Bord des Floßes fest verstauten Koffer gelegen, eine Planke losgewuchtet und benutzte sie als langes Ruder.

Unaufgefordert folgte ich seinem Beispiel. Mit diesen ungefügen Rudern suchten wir das Floß näher an die Jacht heranzubringen.

Es gelang. Nach zehn Minuten schrammten wir an der Backbordseite entlang, warfen ein mit einem Eisenhaken versehenes Tau über die Reling und kletterten an Bord des hellgrau gestrichenen Schiffes, an dessen Bug offenbar früher ein Name in erhabenen Buchstaben beiderseits angebracht gewesen, nun aber so gründlich entfernt war, daß nichts mehr davon übriggeblieben. –

Ich will hier nur kurz erwähnen, daß diese Motorjacht völlig leer war: kein Möbelstück, kein Maschinenteil, keine Kiste, kein Faß – nichts, nichts enthielt sie als leere Räume, aus denen sogar größtenteils die Türen und sogar ganze Zwischenwände entfernt waren.

Wir fanden auch nicht das winzigste Etwas, das uns über Namen und Heimathafen des schmucken – äußerlich so schmucken Schiffleins Aufschluß gegeben hätte.

Nachdem wir sämtliche Räume bis hinab zu dem mit Sandsäcken zum Teil gefüllten Kielraum durchsucht hatten, wandten wir uns der Leiche zu, deren ekler Verwesungsgeruch das ganze Deck verpestete.

Das geradezu entsetzliche Aussehen des Toten, dem übrigens sogar der Kopf mit Eisendraht am Maste festgebunden war, ließ sogar Harald zögern, die Leiche loszuschnüren.

Als sie dann vor uns auf den Deckplanken lag, bemerkten wir, daß in dem Mast an jener Stelle, wo sich die Brust des Toten befunden, sieben Einschußöffnungen sich befanden.

Der Mann war – hier am Mast erschossen worden! Das bewies uns seine von Kugeln durchlöcherte Brust! Und vier der Schüsse saßen im Herzen, die anderen drei etwas seitwärts.

Harald durchsuchte mit angehaltenem Atem rasch die Taschen der zerrissenen Kleidungsstücke.

Um Atem zu schöpfen, trat er dann zurück, begann aufs neue, suchte mit jener Ausdauer, die nur ihm allein selbst bei geringfügigen Anlässen eigen ist.

Geringfügig?! – Hm – bei unserem Beruf ist nichts geringfügig. Da kann sogar eine Schnupftabakdose allerlei verraten.

Und – eine solche Schnupftabakdose von ganz besonderer Form war’s, die Harald in der oberen linken Westentasche des Toten entdeckte.

Es war eine Dose, die aus einer Muschel hergestellt war. Die Muschel, an den Außenseiten mit allerlei primitiven Gravierungen bedeckt, wie sie Südseeinsulaner anzufertigen pflegen, war noch halb gefüllt.

Harald warf jetzt zunächst mit meiner Hilfe den Toten über Bord, dem wir einen Sandsack an die Füße gebunden hatten.

Wir waren froh, als die Leiche in die Tiefen des Ozeans hinabschoß.

Dann holten wir von dem Floß, das wir an der Reling vertäut[5] hatten, unseren Koffer, den Proviantkasten und das Trinkwasserfäßchen und trugen alles in die Heckkajüte, wo wir es uns bequem zu machen gedachten.

Unsere nassen Kleider waren inzwischen völlig trocken geworden, und der harte Schiffszwieback und das kalte Büchsenfleisch schmeckten uns wie ein Göttermahl, besonders da wir in unserem Koffer noch eine Flasche Kognak hatten, die unsere Lebensgeister rasch wieder anfeuerte.

Als Sitzgelegenheit dienten uns zwei der Ballastsäcke aus dem Kielraum. „Nach Tisch“ spendete Harald mir eine Mirakulum. Bevor er die Zigarette aber in Brand setzte, schüttete er etwas von dem „Schniefke“ (Schnupftabak) aus der Insulanerdose auf den linken Handrücken und prüfte durch den Geruch den staubfeinen Tabak, nickte befriedigt und meinte:

„Neu-Kaledonien!“

„Was heißt das?“ fragte ich mit Recht.

„Die Dose stammt aus Neu-Kaledonien, und der Schniefke auch. Nur dort baut man einen Tabak, der zerrieben einen so aromatischen Geruch hat.“

Dann tat er ein paar Züge und blies einige Rauchringe.

„Ich denke, mein Alter, wir dürften uns hier auf jener Jacht befinden,“ erklärte er sinnend, „die auf dem Zettel erwähnt ist, den ich in New-London fand, – auf jener Jacht, von der es hieß, daß es ein „seltsames Schiff“ sei. – Du besinnst Dich doch?“

„Ob ich mich besinne! – Aber – wie kommst Du auf die Vermutung, daß ausgerechnet unser Schiffbruch und unser Floß uns nun an Bord eines Fahrzeugs geführt hat, an dem die Bande Helen Jones’ so reges Interesse nimmt und von dem sie ihrerseits vermuten, daß es wieder jene Jacht sein könnte, von der damals Chester Dolling vertrieben wurde?!“

„Vermutung?!“ wiederholte er langsam. „Das ist keine Vermutung von mir. Ich weiß bestimmt, daß dies die bewußte geheimnisvolle Jacht ist. – Halt – nun willst Du natürlich mit einem Schwall von Fragen über mich herfallen! Spare Dir das! Wir haben Besseres zu tun. Wir müssen unser namenloses Schiff wieder manövrierfähig machen. Dazu gehören Notsegel. Wir werden also die Ballastsäcke entleeren und aus den aufgetrennten Säcken ein Segel zurechtflicken. – Vorwärts!! Hinab in den Kielraum!“ –

Was uns jetzt dort unten bevorstand, konnten wir auch nicht im entferntesten ahnen.

Haralds Taschenlampe, die er mit einer neuen Batterie versehen hatte, wurde so auf einen der Säcke gelegt, daß sie uns bei unserer Arbeit genügend Licht spendete.

Wir schufteten mit Feuereifer. Der Abend war nahe, und bevor es dunkel wurde, sollte das Notsegel schon gesetzt sein.

Ich wandte mich jetzt einigen Säcken zu, die in einer Ecke bereits aufrecht dastanden.

Als ich den vordersten umkippte, nachdem ich die Seitennaht aufgetrennt hatte und der Sand herausgeflossen war, prallte ich entsetzt zurück …

Ein … blasses, schmales, faltiges Männergesicht leuchtete mir aus diesem Versteck entgegen …

Ein Gesicht – – unverkennbar: Freund Goddlepy! –

Mein leiser Ruf lockte Harald herbei.

Goddlepy war bewußtlos. Wir zogen ihn hinter den Säcken hervor. Ehe ich aber noch nach oben eilen und Kognak holen konnte, kam er schon wieder zu sich, stierte uns an, riß den Mund vor Staunen immer weiter auf und lallte schließlich:

„Verdammt – träume ich nur?! Seid Ihr’s leibhaftig?!“

„Leibhaftig!“ lachte Harald. „Mein lieber kleiner Goddlepy, wir freuen uns unglaublich, daß …“

Da richtete der Melbourner Kollege sich mit einem Ruck vollends auf, schaute wild um sich und flüsterte:

„Ich rate, die Pistolen zur Hand zu nehmen! Hier an Bord ist’s nicht geheuer! Es sind noch mehr Leute als blinde Passagiere …“

Da – schwieg er jäh …

Und – – auch wir horchten …

Ein lauter, donnernder Knall hatte auch uns zusammenfahren lassen …

 

5. Kapitel.

Haralds Theorie.

Harald deutete seitwärts nach oben, wo die Treppe und die Luke sich befanden, durch die man in den Kielraum gelangte. Wir hatten den Lukendeckel, besser die Falltür, nach oben hochgelehnt. Und jetzt war diese Falltür zugeschlagen worden.

„Eingesperrt!“ meinte Harst achselzuckend. „Das macht nichts! Da – ich habe das Handbeil mitgebracht. Wir brechen die Tür leicht auf.“

Goddlepy erhob sich taumelnd, überwand rasch die Schwäche und rief leise:

„Es waren zwei Mann an Bord, als ich die Jacht erklettert hatte. – Ich bin lediglich durch einen Zufall gerettet worden,“ fügte er hinzu, da er uns nun erst erklären wollte, wie er dem wütenden Orkan entronnen. „Ich ergriff in meiner Todesangst, als die Woge mich vom Floße hinabriß, eins der Fässer, die wir doch unter den Floßplanken angebunden hatten. Die Nägel, die wir außen in die Faßwände geschlagen, verfingen sich in meiner Jacke. So trieb ich halb bewußtlos und immer wieder Wasser schluckend dahin, bis ich …“

„Schon gut, Goddlepy,“ nickte Harald. „Und hier an Bord?“

„Oh – hier … kniffen die beiden Kerle vor mir aus, als ich die Kajüte betrat, um dem scheußlichen Leichengeruch zu entgehen. Der eine feuerte noch einen Revolver auf mich ab. In meiner Erschöpfung verkroch ich mich dann hier hinter die Säcke und wurde ohnmächtig.“

Harald hatte sich plötzlich halb umgedreht, deutete auf eine Stelle der Planken, die ganz hell schimmerte.

„Da – und da – und da,“ sagte er hastig. „Da hat man an vier Stellen die Jacht leckschlagen wollen. Das sind frische Axthiebe, wie Ihr seht. Ich finde, das Rätsel dieses namenlosen Schiffes klärt sich immer mehr.“

Nun – ich fand das durchaus nicht! Und Goddlepy gleichfalls nicht, denn er meinte kopfschlackernd:

„Hol’ mich der Henker, wenn ich von alledem etwas verstehe!“

„Das werden Sie schon, lieber Goddlepy,“ erwiderte Harald in seiner frischen, heiteren Art. „Jetzt muß uns zunächst daran liegen, die nähere Bekanntschaft der beiden Leute zu machen, von denen der eine auf Sie feuerte. Allerdings fürchte ich, daß wir … zu spät kommen!“

Nach dieser letzten, recht unklaren Bemerkung ergriff er das Handbeil und hatte dann auch mit ein paar wuchtigen Hieben die Falltür aufgebrochen. Als erster kletterte er nach oben. Goddlepy und ich folgten ihm auf dem Fuße. Als wir an Deck kamen, sahen wir als erstes, daß ein ziemlich starker Nebel jetzt rings um die steuerlos dahintreibende Jacht lagerte. Als zweites bemerkte Harst, daß – – unser Floß fehlte.

„Dachte ich’s mir doch!“ meinte er achselzuckend. „Die Kerle haben sich bereits empfohlen, und wir sind zu spät gekommen …! – So, nun laßt uns mal nach dem Versteck der beiden suchen, in dem sie sich verborgen hielten, als Schraut und ich die sämtlichen Räume durchstöberten.“

Zwei Stunden gingen hin, bevor wir im Vorschiff eine äußerst geschickt angelegte winzige Kammer entdeckten, deren Geheimtür Harald nur durch genaues Nachmessen der einzelnen Räume herausfand. Die Kammer war bis auf vier Zigarrenstummel und verstreute Zigarrenasche sowie ein paar Fetzen von alten Segeln leer.

Schweigend begaben wir uns in die Heckkajüte. Es war inzwischen völlig dunkel geworden. Müde, hungrig und doch in zuversichtlicher Stimmung nahmen wir unsere bescheidene Mahlzeit ein. Als Goddlepy jetzt den Verdauungskognak getrunken hatte, wandte er sich sehr energisch an Harald.

„Verehrtester, ich kündige Ihnen die Freundschaft, wenn Sie uns jetzt nicht endlich erklären, wie all diese Dinge zusammenhängen, und zwar: Dollings Abenteuer auf der unbekannten Insel mit der ebenso unbekannten Motorjacht, der Zettel, auf dem diese Insel und die Jacht gleichfalls erwähnt waren, drittens, was Helen Jones und ihre Banditen damit zu tun haben, …“

„… viertens – – fünftens … sechstens …!!“ fiel ihm Harald ins Wort und hielt ihm sein Zigarettenetui hin. „Da – bedienen Sie sich! Rauchen wir die Friedenspfeife. Ich werde reden …“

Als die Zigaretten brannten, zog Harst die Muscheldose aus der Tasche. „Bitte, Goddlepy, – woher stammt das Ding? Ich fand es in der Westentasche des Erschossenen, des Mannes am Mastbaum.“

Der kleine Kollege war um eine Antwort nicht verlegen. „Das ist eine Schnupftabakdose, wie sie die Sträflinge der Strafkolonie Neu-Kaledonien anzufertigen pflegen. Denn das Schnupfen ist ihnen erlaubt. Das Rauchen nicht.“ (Neu-Kaledonien liegt bekanntlich westlich von Australien im Stillen Ozean und ist eine französische Insel – Strafkolonie.)

Harald nickte. „Stimmt, Goddlepy. Das Einschnitzen der Figuren und Arabesken haben die Deportierten von den Eingeborenen gelernt. Diese Dose ist nun sehr kunstvoll verziert. Von diesem Muschelerzeugnis ausgehend zeigt mir meine Phantasie folgende Zusammenhänge: Helen Jones, ursprünglich von Dolling an Kindesstatt angenommen, lernt ihren Bruder Bill kennen, der zusammen mit anderen aus Neu-Kaledonien entflohenen Verbrechern dann den Großzüchter mit Hilfe Helens ausplündern will. Gleichzeitig mit Bill Jones’ aus Neu-Kaledonien entwichenen Freunden sind von dort noch andere Sträflinge entsprungen, denen irgend jemand eine große Motorjacht zur Verfügung gestellt hat. Diese zweite Schar von Flüchtlingen überrascht Dolling in der Bucht der unbekannten Insel. Und diese Leute haben auf ihrer Flucht einen ihnen besonders verhaßten Sträflingsaufseher mitgenommen, dem mal einer der Deportierten die kunstvolle Tabakdose geschenkt hat. Jedenfalls: der Tote war ein Aufseher aus Kaledonien. Das bewies seine Leibwäsche, die den Stempel der staatlichen Verwaltung der Insel trug. Die Wäsche war nicht Sträflingswäsche, und daher …“

Dann – dann kam’s …!! Dann erhielten wir den Beweis, daß die beiden anscheinend mit dem Floß geflüchteten Leute noch an Bord waren …

„Hände hoch!!“ brüllte jemand durch die offene Tür vom dunklen Deck uns zu …

Zwei Gestalten dort … zwei Revolver …

„Alle Wetter!!“ brummte Goddlepy.

Und Harald meinte gleichmütig: „Guten Abend, Gentlemen. Treten Sie näher. Wir werden zu einer Verständigung gelangen. Ihre Insel ist bedroht. – Bitte, wir wehren uns ja nicht. Mein Wort darauf. Das Wort eines Harald Harst hat noch stets genügt.“

So – – begann der zweite Teil unseres Abenteuers. So machten wir die Bekanntschaft von Leuten, denen wir später Freiheit und Leben retten durften.

 

 

Die Insel der Seligen

 

1. Kapitel.

Die beiden Geheimnisvollen.

Freiheit und Leben!!

Zunächst freilich galt es, beides uns selbst zu sichern. Und das war doch nicht so einfach, wie Harald es sich gedacht hatte.

Seine Zusicherung, daß wir uns nicht wehren würden, fand bei den Fremden dort an der Tür keinerlei Beachtung. Dieselbe helle, frische Stimme befahl uns nochmals, die Arme hochzurecken.

Harst erklärte darauf etwas ungeduldig: „Begreifen Sie doch, daß wir es nur gut mit Ihnen meinen. Wir sind weder …“

Ein Schuß zerriß den Satz. Die Kugel ging zwischen Haralds und meinem Kopf hindurch, schlug in die Wand ein …

„Alle Wetter!“ rief Charles[6] Goddlepy abermals und beeilte sich, seine Greifwerkzeuge nach oben zu heben.

Auch Harst sagte: „Gut – wenn’s denn schon sein muß!!“

Nun trat der eine der Männer vor und band uns breite lederne Schnallfesseln um die Handgelenke.

Wir durften die Arme nach vorn senken und in den Schoß legen. Schnallfesseln dieser Art sind sicherer als stählerne Armbänder.

Die beiden Fremden setzten sich uns gegenüber auf einen Sandsack. Sie hatten eine große Karbidlaterne bei sich, die der eine anzündete und seitwärts an die Wand hing. Bei dieser Beleuchtung konnten wir unsere noch immer reichlich geheimnisvollen Überwinder bequem betrachten.

Beide trugen Vollbärte, die jedoch noch nicht lange ihre Gesichter zierten. Es waren mehr die Anfänge von Vollbärten. – Beide mochten etwa in gleichem Alter stehen, etwa dreißig Jahre. Ihre Gesichtszüge waren sympathisch, obwohl um Augen und Mund ein menschenfeindlicher Ausdruck lagerte. Sie sprachen das Englische wie Ausländer. Es konnten Franzosen sein.

„Wir werden Ihnen etwas von Ihren Lebensmitteln wegnehmen müssen,“ begann derselbe, der vorhin das „Hände hoch!“ uns zugerufen hatte.

„Bitte,“ erwiderte Harald ebenso höflich. „Sie haben ja auch so ziemlich einen Tag gefastet, nachdem Sie bei Ihrer Arbeit unten im Kielraum überrascht wurden, – ich meine, bei dem Versuch, die namenlose Jacht durch Einschlagen von Löchern zu versenken.“

Die beiden hatten inzwischen mit schlecht verhehlter Gier nach Zwieback und Konservenfleisch gegriffen.

Der „Sprecher“ entgegnete dann: „Sie irren, Mr. Harst. Wir sind wie Sie durch einen Zufall auf die Jacht geraten.“

„So?! Und weshalb zeigen Sie sich dann so gewalttätig uns gegenüber?! Wer sind Sie beide denn?“

„Schiffbrüchige. Im übrigen sind wir nicht verpflichtet, Ihnen Auskunft zu geben, Mr. Harst.“

„Nein, das brauchen Sie nicht, wenn Sie mit der Sicherheit Ihrer Gefährten leichtfertig umgehen wollen. Ich sagte schon vorhin, daß diese Ihre Sicherheit auf der einsamen Insel schwer bedroht ist. Eine Bande von Verbrechern …“

„Lassen Sie das. Das alles ist uns gleichgültig. Wir kennen weder eine einsame Insel, noch haben wir von Verbrechern etwas zu fürchten.“

Harald blickte dem Manne starr in die Augen. Wer Harsts durchdringenden Blick kennt, weiß genau, daß nur ganz abgefeimte Heuchler unter diesem Blick nicht erröten oder doch wenigstens verlegen werden.

„Ihre Antwort,“ sagte Harst langsam, „beweist mir, daß folgendes bei der Insel sich ereignet hat. Sie beide und drei andere Männer sollten diese Jacht außerhalb der Gewässer der Insel versenken. Sie haben die Jacht mit einem Boot ins offene Meer hinausgeschleppt und begannen dann die Löcher in die Bordwand zu schlagen. Einer von Ihnen war als Wache auf Deck zurückgeblieben. Dieser Posten bemerkte eine fremde Jacht, warnte Sie vier unten im Kielraum – es waren ja vier Löcher begonnen worden! – und drei von Ihnen fuhren eilends mit dem Boote nach der Insel zurück, während Sie beide hier an Bord blieben, um die andere Jacht zu beobachten.“

Man brauchte wirklich nicht Detektiv zu sein, um aus den Gesichtern unserer krausbärtigen Überwinder mit aller Gewißheit herauslesen zu können, daß Haralds scharfsinnige Schlußfolgerungen mit den Tatsachen sich deckten.

Der „Sprecher“ war sehr rot und sehr verlegen geworden. Der andere, offenbar der weniger Intelligente, stierte meinen Freund mit scheuer Ehrfurcht, auch wieder in maßlosem Staunen wie ein überirdisches Wesen an.

Der „Sprecher“ quälte sich jetzt ein ironisches Lächeln ab und meinte in ebenso mißglücktem hochfahrenden Tone:

„Ihre Sätze sind mir unverständlich. Brechen wir diese zwecklose Unterredung ab.“

„Einen Augenblick noch,“ erklärte Harald ernst. „Noch mehr beweist mir Ihr Verhalten: daß Sie beide die fremde Jacht, auf der sich übles Gesindel befindet, deshalb nicht fürchten, weil Ihr und Ihrer Schicksalsgefährten Schlupfwinkel, eben die Insel, so gut gesichert ist, daß Sie alle sich genügend geschützt glauben. Das kann täuschen, Mister, sogar sehr täuschen. Auf jener fremden Jacht sind … entsprungene Sträflinge aus Neu-Kaledonien!“

Diese letzten Worte brachten eine überraschende Wirkung hervor.

Die beiden Geheimnisvollen schauten sich an. In ihren Augen schimmerten Angst, Unruhe und bange Fragen.

Wieder war es der Sprecher, der sich leidlich als Herr der Situation zeigte.

„Ich wiederhole, Mr. Harst: all das läßt uns kalt! – Wir werden Sie drei nun in die Geheimkammer einsperren. Es muß sein …“

„Weil Sie wissen, daß diese Jacht von Ihren Freunden gesucht wird und daß sehr bald ein Motorboot oder dergleichen aus den Nebelmassen auftauchen dürfte, um Sie abzuholen und die Jacht für immer verschwinden zu lassen. Wahrscheinlich haben Sie bereits Signale mit Ihrer Karbidlaterne gegeben.“

Der Sprecher erhob sich. „Bitte – gehen Sie drei voran. Wir möchten nicht gern Gewalt anwenden.“

„Nicht nötig. Wir gehorchen,“ nickte Harald, ärgerlich über die kurzsichtige Halsstarrigkeit dieses Menschen, der nie vergaß, die Umgangsformen eines Gebildeten zu wahren.

Gleich darauf saßen wir in der Geheimkammer auf unseren Sandsäcken. Vor uns standen unser Koffer und die Proviantkiste sowie das Wasserfäßchen.

Der Sprecher hatte uns nicht einmal die Waffen abgenommen. Nur unsere Fußgelenke waren jetzt ebenfalls durch Lederfesseln zusammengeschnürt. Die Tür hatten die beiden Fremden in das unsichtbare Schnappschloß gedrückt.

Im Finstern saßen wir und flüsterten miteinander. Charles Goddlepy hatte die Unterhaltung mit einer ehrlich gemeinten Schmeichelei für Harald eingeleitet.

„Sie sind wirklich ein Teufelskerl, Harst, ein Genie! Was Sie den beiden Leuten da vorhin als bloße Kombinationen auftischten, trifft fraglos Punkt für Punkt zu.“

Aus der Finsternis Haralds leise Entgegnung:

„Ich würde Ihnen raten, recht gedämpft zu sprechen, lieber Goddlepy. Unsere sogenannten Gegner dürften hier an Bord noch recht peinliche Dinge erleben, wenn meine geringe Fähigkeit, Tatsachen richtig zu bewerten, diesmal nicht total versagt.“

„Ha – wie meinen Sie das?!“ flüsterte der kleine Melbourner überstürzt.

„Ich meine, daß die Lichtsignale der beiden Geheimnisvollen vielleicht auch von … der Australia bemerkt worden sind, eben von Helen Jones und ihrer Garde, und daß daher weit eher anzunehmen ist, diese Zufallspiraten „Helen Jones und Kompagnie“ erscheinen auf diesem Fahrzeug – an Stelle der Erwarteten! Wenn Sie meine Ohren hätten, Goddlepy, würden Sie schon vorhin, als wir noch stumm dasaßen, ein Geräusch an der Bordwand gehört haben, als ob ein Boot vorsichtig daran entlangschrammte. Dieses vorsichtige Anlegen hätten die Freunde der beiden Geheimnisvollen sich wahrscheinlich erspart. Nur – – Feinde nahen so behutsam. Und deshalb …“

 

2. Kapitel.

Wir segeln.

Draußen im Schiffsgang hatte eine Diele geknarrt.

Und – Harald schwieg sofort.

Nun wieder Stille.

Nur die Wogen klatschten gegen die Außenplanken, und nur ein paar Ratten zernagten irgendwo in der Nähe ein Brett oder einen Balken.

Dann irgendwoher ein Ruf – – ein Zuruf …

Wir horchten auf.

„Verdammt – Helen Jones!!“ keuchte Goddlepy erregt. „Sie haben wieder einmal recht gehabt, Harst. Die Banditen sind …“

Dumpfe dröhnende Schläge schallten aus der Tiefe des Schiffes herauf.

„Sie schlagen Löcher,“ meinte Harald. „Auch sie wollen die Jacht wegsacken lassen. Es wird Zeit, daß wir die Lederbänder abstreifen. – Schraut – ganz nahe heran an mich! Sieh zu, daß Du mein Klappmesser aus der Schlüsseltasche hervorholst. Es wird wohl trotz der Fesseln gehen. Die beiden Geheimnisvollen haben fraglos ebenfalls damit gerechnet, daß wir uns befreien würden.“

Ich bekam das Messer zu fassen. Sehr bald hatte Harst dann meine Lederriemen trotz ihrer Drahtgeflechteinlage durchtrennt. Fünf Minuten später hatten wir bereits jeder ein Stück Büchsenfleisch und ein paar Zwiebacke in Arbeit. Harald wünschte, daß wir Vorrat äßen.

Noch immer kamen die dumpfen Schläge von unten herauf. Bis – – Stille eintrat. Bis wir dann, nachdem Harald die Tür geöffnet hatte, in die Finsternis des Ganges hinaushuschten und vorsichtig an Deck schlichen.

Wir … kamen zu spät. Ein Ruderboot stieß gerade von der Backbordseite ab. Wir ließen uns nicht sehen. Im Moment war das Boot außerdem in den grauen Nebelmassen verschwunden.

Die Jacht sank recht rasch. Wir merkten es daran, daß sie immer weniger schlingerte.

„Also heißt es, abermals ein Floß bauen,“ meinte Goddlepy, der zwischen uns an der Reling stand.

Harald lauschte in die Nacht hinaus, antwortete nicht.

Auch ich vernahm das Toben einer starken Brandung.

„Die unbekannte Insel!“ sagte Harst nur. „Beeilen wir uns, die Lukenöffnung nach dem Kielraum abzudichten. Dann wird die Jacht sich noch tagelang über Wasser halten.“

Ich hatte mich zufällig nach links gedreht. Ein Windstoß fegte das Deck von Nebelschwaden frei. Und – so sah ich als erster, daß da vorn am Mast zwei Gestalten standen – zwei reglose Gestalten – an demselben Mast, an dem der Mann mit der Muscheldose erschossen worden war.

Sofort dachte ich an die beiden Geheimnisvollen.

Ich lief dorthin – war nun dicht vor ihnen.

Sie waren’s. Aber – sie waren’s auch nicht. Leichenfahle Gesichter mit verdrehten Augen leuchteten durch die Finsternis.

Ohnmächtig die Ärmsten, – ihre Rücken durch eine grausame Züchtigung zerfetzt. Das schauten wir nun, als wir sie losgebunden und in die Heckkajüte getragen hatten.

Harst riß ihnen die Knebel zwischen den Zähnen hervor. Goddlepy fluchte und flößte ihnen Kognak ein. Der Sprecher erwachte zuerst, stierte um sich, lallte:

„Ah – wir … wir hatten auf Sie gehofft, Mr. Harst. Wir … wir wurden von den Schurken mit Riemen geschlagen, damit wir … etwas verraten sollten.“

Er schloß die Augen wieder. –

Unser Koffer lieferte Harst das Verbandmaterial. Die gräßlich zugerichteten Rücken der beiden Männer legten das beste Zeugnis von ihrer Standhaftigkeit ab. Wer solche Qualen erträgt, ohne vor Schmerzen zu brüllen, muß eine eiserne Willenskraft besitzen. –

Haralds Samariterarbeit war beendet. Die beiden lagen sauber verbunden auf einem Lager von Säcken. Ein paar Morphiumtabletten sollten ihnen zu einem erquickenden Schlummer verhelfen. – Derweilen war Goddlepy längst in den Kielraum hinabgeeilt, um die Luke abzudichten. Als wir ihm nun dorthin folgten, hatte er seinen Auftrag aufs beste erledigt. Die Luke war tadellos dicht, und die namenlose Jacht würde uns nicht unter den Füßen wegsinken. Wir hatten vorläufig ein Obdach.

Wir drei kehrten an Deck zurück.

Das Brandungsgeräusch war stärker geworden. Eine Strömung trieb die Jacht der Insel zu.

So standen wir denn nebeneinander an der Reling und warteten – warteten, daß unser steuerloses Schiff irgendwo stranden würde. Ein Notsegel konnten wir nicht mehr herstellen. Der Kielraum war ja mit Wasser gefüllt.

„Wenn wir Pech haben, ersaufen wir in der Brandung,“ knurrte Goddlepy und sog an einer Zigarette, stierte in den Nebel hinein, der alles ringsum in dasselbe Grau hüllte.

„Wenn wir Pech haben – ja!“ meinte Harald gedankenvoll. Und fügte lebhafter hinzu: „Halt – daß ich nicht früher daran gedacht habe!! In den drei Luxuskabinen unten sind die Wände mit Stoff bespannt, und diese Wandbekleidung ist noch vorhanden. Hinunter also!!“

Unsere Messer trennten den dunkelblauen Stoff ab. Es war Seide, kräftige Seide.

Und ebenso fix hatten wir die einzelnen Stücke dann zu einem Segel von etwa zwölf Quadratmeter Fläche primitiv zusammengeschustert. Sehr primitiv, aber haltbar.

Und noch primitiver wurde das Segel als Großsegel am Vordermast befestigt. Wir hatten geradezu unter Volldampf gearbeitet. Das Ergebnis war zufriedenstellend: die sanfte Nachtbrise füllte das Segel, und Kapitän Harald Harst rief uns frohlockend vom Steuerrade zu:

„Die Jacht kommt in Fahrt! Sie gehorcht dem Ruder!“ (Der Seemann versteht unter „Ruder“ das „Steuer“ und nennt das „Ruder“ stets „Riemen“, was ich hier für Landratten einflechte.)

Ja – sie kam in Fahrt! Das Segel war prall und – hielt! Das war die Hauptsache.

Harald steuerte jetzt nach seinem Taschenkompaß. Er nahm an, daß wir uns auf der Südseite der Insel befänden, und er wollte nun die Nordseite erreichen, wo die Bucht, die Chester Dolling erwähnt hatte, liegen mußte.

Es war jetzt kurz nach Mitternacht. Gegen zwei Uhr morgens hatten wir die kleine Insel – Harald schätzte sie auf eine Länge von viertausend Meter – nach Westen zu halb umrundet, indem wir uns stets nach dem Brandungsgeräusch richteten und so allen Riffen der Küste auswichen.

Jetzt hieß es, den Eingang zur Bucht finden.

Da – als wir gerade am Steuerrad beisammenstanden und berieten, ob es wirklich ratsam sei, in die Bucht einzulaufen, wo wir doch nur zu leicht sofort auf die Australia stoßen könnten, nahte von der Heckkajüte her schwankenden Schrittes der eine der beiden Patienten – der Sprecher.

„Gentlemen,“ sagte er mit belegter Stimme, „in meinem Blute beginnt das Fieber zu rasen. Ich habe Sie schon eine Weile beobachtet. Ich bewundere Ihre Findigkeit. Bevor ich nun völlig die Macht über meine Sinne im Fieberrausch verliere, danke ich Ihnen nochmals für Ihre Hilfsfreudigkeit, warne Sie aber auch zugleich vor dieser Insel.“

„Die Sie also kennen,“ flocht Harald ein.

Der Mann schwieg.

„Sie dürfen nichts verraten. Das weiß ich,“ fuhr Harald daher fort. „Und doch kenne ich Ihr und Ihrer Freunde Geheimnis, dessen Ursprung ein Jahr zurückliegt. Ich nenne nur den Namen … Destorbier!“

Der Sprecher zuckte merklich zusammen. Trotzdem blieb er stumm.

„Ich begreife Sie nicht,“ meinte Harst eindringlichen Tones. „Wir drei hier sind doch keine Spione, die Ihnen nachstellen. Und – dort in der Bucht, die doch hier vor uns sich zu öffnen scheint, weil der Brandungslärm verstummt ist, liegt vielleicht die von den Banditen gekaperte Jacht Australia und bedroht das Geheimnis der Insel! Mann, nehmen Sie doch Vernunft an!“

Der Sprecher lachte schrill. „Und wenn ein Dutzend Piratenjachten hier …“

Da fiel ihm wohl ein, daß er sich fast verraten hätte, unterbrach sich …

„Nochmals, Mr. Harst: ich warne Sie!“ Und er machte kehrt und verschwand wieder in der Kajüte.

Goddlepy brummte ihm nach: „Dummer, tapferer Kerl! Läßt sich von den Schuften halb tot schlagen und will nicht, daß wir diese Schufte einfangen! – Was nun, Harst?“

Harald hatte das Ruder noch mehr herumgedrückt.

„Vorwärts – auf Eure Posten!“ befahl er. „Wir werden einlaufen! Die Australia liegt sicherlich tief im Innern der Bucht, während wir dicht am Eingang uns festlegen werden. – Vorwärts!“

Das Wasser ringsum wurde ruhiger und ruhiger. Aber auch der Wind flaute ab, wurde von der Insel abgefangen, so daß unsere ausgeräumte Jacht langsam wie eine Schnecke dahinschlich und schließlich … dem Steuer nicht mehr gehorchte. Aber – wir waren in der Bucht! Und die Strömung drückte uns allgemach an die Ostseite des Buchtgestades in einen tiefen Winkel hinein, wo wir dann unser Schifflein an ein paar Felsen mit Stricken vertäuten, die wir flink aus Sackleinwand gedreht hatten.

So … gelangten wir zur Insel … der Seligen …

 

3. Kapitel.

Ein vornehmes Gefängnis.

Die Insel der Seligen …!

Ob der Leser bereits ahnt, weshalb ich das weltferne Eiland so getauft habe? Ob er ebenfalls wie Harst den Namen Destorbier behalten hat, diesen Namen, der fast ein Jahr lang immer wieder in den Zeitungen erschien?!

Ich jedenfalls hatte ihn längst vergessen. Ich wußte nichts von Destorbier – gar nichts!

Und daher will ich auch mit dem Aufschluß über diesen Namen so lange warten, bis die Umstände mich im Verlaufe dieses Abenteuers mit … Destorbier persönlich zusammenführten. –

Die namenlose Jacht war also festgemacht. Und wieder fragte da Charles Goddlepy unseren Kapitän:

„Was nun?!“

„Hm – was würden Sie tun, Goddlepy?“

„Weiß nicht. Bin nicht Harst. Bin Goddlepy. Und das ist ein armseliges Kaninchen.“

„Na, na, Kollege, – Kaninchen?! – Also – was täten Sie?!“

„Ich würde die Australia suchen.“

„Und wie?“

„Durch eine Floßfahrt tiefer in die Bucht hinein.“

„Genau dasselbe wollte ich, lieber Goddlepy. Ein Floß läßt sich jedoch nicht ohne Lärm bauen. Wenn wir dagegen die Zinkbadewanne aus dem Waschraum der Luxuskabine als Boot …“

„Herr Gott – ein feiner Gedanke! Los denn!“

„Halt! In die Badewanne dürfen aber nur zwei Mann hinein. Mehr Gewicht trägt sie nicht. Einer dieser beiden bin ich. Sie und Schraut können losen. Der Verlierer bleibt hier an Bord.“ –

Ich bin bei solchen Gelegenheiten stets Pechvogel. Ich … verlor, und Goddlepy und Harald ruderten mit ihrem Patentzinknachen still in den Nebel hinaus.

So war ich denn mit den beiden Geheimnisvollen allein an Bord. Ich ging zunächst nach ihnen sehen. Sie schliefen, warfen sich aber unruhig hin und her.

Ich schlenderte dann, die entsicherte Clement in der rechten Jackentasche, auf Deck hin und her.

So eine Nebelnacht an einem unbekannten Gestade, allein auf einem Schiffe dunkler Herkunft mit zwei Fieberkranken, dazu das Bewußtsein, Gelichter schlimmster Art in nächster Nähe zu haben, – eine solche Nacht hat ihre eigentümlichen Reize.

Hm – Reize?! Sagen wir lieber: Schattenseiten! Das ist aufrichtiger.

Die himmelhohen kerzengerade emporsteigenden Ufer der Bucht waren oben von Möwen und anderen Seevögeln bevölkert, deren heisere Schreie die einzigen Laute blieben, die ich lange Zeit vernahm – so lange, bis …

Ja – bis nach Süden zu an der Steilwand plötzlich für Sekunden ein greller Lichtkegel aufflammte, fraglos ein Leuchtstab oder eine kleine Taschenlampe.

Und in der zurückfallenden Helle dieses weißen Kegels gewahrte ich einen Menschen, der dort scheinbar an der schroffen Wand hing – vielleicht an einem Seile …

So kurz nur dauerte das Aufflammen der Lampe, daß ich nachher mir umsonst klarzumachen suchte, wo ich den Mann gesehen hatte. Ich fand mit den Augen auch nicht einmal ungefähr die Richtung wieder.

Hierhin – dorthin schaute ich.

Wartete, daß der Lichtkegel nochmals aufblitzte.

Wurde nervös, malte mir in Gedanken allerlei üble Zwischenfälle aus: daß ich überfallen werden könnte, daß die Bewohner der Insel mich unschädlich machen würden – stumm, damit ihr Geheimnis bewahrt bliebe!

Und faßte meine treue Clement fester, lehnte mich an die Steuerbordreling und horchte – horchte …

Die Möwen kreischten. Zuweilen klang’s wie heisere Schreie von Menschen.

Unheimlich war das alles. Das war so, als ob da aus den Nebelschleiern irgendwoher ein Unheil näherschlich – unaufhaltsam …

Mir wurde heiß, wurde kalt …

Die verd… Nerven gehorchten nicht mehr. Ich begann Gespenster zu sehen. Glaubte da am Heck eine Gestalt wahrzunehmen. Eilte hin. Natürlich – – nichts!

Kognak!! Alkohol!! Er mußte helfen.

So ging ich leise in die Heckkajüte[7], schaltete meine Taschenlampe ein …

Stutzte …

Das Krankenlager – – war leer!

Die beiden Geheimnisvollen hatten sich ohne Abschied empfohlen.

Da – brauchte ich den Kognak nicht! Da wußte ich nun, daß der Mann dort an der Steilwand der Sprecher gewesen, der seinen Zustand weit schlimmer hingestellt und offenbar nur ganz geringes Fieber gehabt hatte. Und die andere Gestalt am Heck soeben war der zweite Fremde gewesen. So fand alles seine einleuchtende Erklärung.

Ich wollte nun wieder an Deck, wollte mir aber wenigstens eine Zigarette leisten, klappte unseren Koffer auf und suchte nach der großen Blechschachtel …

Hatte sie schon in der Hand, als … als kräftige Fäuste mich packten – eine dicke wollene Decke mir über den Kopf flog und mir die Beine vom Boden weggerissen wurden.

Trotzdem fiel ich nicht lang hin. Man hielt mich hoch empor, fesselte mich rasch, trug mich hinaus.

Von den Angreifern hörte und sah ich nichts.

Lautlos schritten sie über die Deckplanken. Lautlos wurde mir ein breiter Gurt unter den Armen festgeschnallt. Lautlos … glitt ich empor – – höher und höher – – höher und höher …

Vernahm die Möwenschreie immer deutlicher. Wurde oben wiederum von kräftigen Armen in Empfang genommen, wurde davongeführt – ohne jede Brutalität – wie ein Blinder! Das war ich ja auch. Blind und jetzt noch an den Armen gefesselt.

So brachte man mich bergauf, bergab – wohl eine halbe Stunde lang.

Dann drückte man mich in einen Sessel. Jemand nahm mir die Handfesseln ab.

Und nun – Stille – lähmende Stille.

Ich war frei, ich konnte mir die Decke vom Kopfe ziehen. Ich … wagte es nicht.

Bis – bis mir der angenehme Duft einer frisch gebackenen Mehlspeise in die Nase stieg. Bis unter mir der Korbsessel behaglich knarrte.

Da – riskierte ich’s.

Und zog die Wolldecke herunter …

Hatte die Augen frei …

Sah mir gegenüber – jenseits eines reich gedeckten Tisches – Harst und den kleinen Goddlepy, die soeben gleichfalls ihre Kopfhüllen entfernt hatten.

Wir drei stierten uns an – schauten in die Runde …

Ein großes Zimmer war’s. Mit einfachen, aber gefälligen Möbeln. Über dem Tische brannte eine Petroleumhängelampe.

„Da wären wir,“ sagte Harald und lächelte mich an. „Wie bist Du denn hierher gekommen, mein Alter? Hoffentlich auf angenehmere Art wie wir, denn uns fielen plötzlich, als wir am Ostufer der Bucht dicht an den Felsen in unserer Wanne entlangruderten, zwei Schlingen über Brust und Arme. Dann schwebten wir plötzlich in der Luft, schwebten höher, bis – man uns Decken über die Köpfe warf und fesselte.“

Ich erstattete kurz Bericht.

„Also – – Gefangene der Geheimnisvollen sind wir nun!“ meinte Harst darauf. „Man empfängt uns glänzend. Es wäre schade, dieses köstlich duftende Omelette kalt werden zu lassen. Langen Sie zu, Goddlepy. Sie sind der Älteste.“

Als der Melbourner nun die Porzellanplatte aufhob und sie Harald hinhielt, lag darunter ein Zettel.

„Gentlemen! Sie sollen meine Gäste sein, bis sich Gelegenheit bietet, Sie nach Melbourne zurückzuschicken. Der Garten und die beiden Zimmer stehen Ihnen zur Verfügung. Das Betreten anderer Räume wäre Ihrerseits eine Verletzung der Gastespflichten.“

Keine Unterschrift. Das Englisch war fehlerfrei, die Schrift groß und energisch.

Wir aßen. Aber gesprochen haben wir damals nicht viel, und so recht geschmeckt hat es uns auch nicht.

Sogar eine Flasche Burgunder[8] gehörte zu den Herrlichkeiten dieser Tafel. Die Flasche wurde schnell leer. Harald freilich trank nur ein halbes Glas. –

Ich könnte über diese drei Tage auf der Insel der Seligen einen ganzen Roman von mindestens dreihundert Seiten schreiben. Ich bin bei der Überfülle des Stoffes, den ich hier in wenigen Seiten zusammendrängen soll, wirklich in Verlegenheit, was ich weglassen könnte und was unbedingt erwähnt werden muß.

Also: das zweite Zimmer neben unserem Wohnzimmer enthielt drei Betten, Schränke, Wasch- und Badegelegenheit. Von diesem Zimmer führte eine Tür in den Garten. – Die Fenster der beiden Zimmer waren klein und schmal.

Nachdem wir die Mahlzeit beendet hatten, besichtigten wir unsere Räume, stellten fest, daß – – die beiden Zimmer in eine offenbar recht große Grotte hineingebaut und daß die Fenster in Öffnungen der äußeren, etwa anderthalb Meter dicken Grottenwand eingefügt waren.

Da die Morgendämmerung inzwischen begonnen und der Nebel sich zerstreut hatte, betraten wir auch den Garten.

Nun – dieser Garten war eine Schlucht mit steilen Wänden, etwa hundert Meter lang und achtzig breit, – eine Schlucht ohne jeden weiteren Zugang als lediglich von der Grotte, also von unserm Schlafzimmer aus. Im übrigen aber war’s ein Garten von tropischer Üppigkeit, mit Wegen, die mit weißem Muschelkies bestreut waren, mit künstlichen Lauben und sauber angepflanztem Spalierobst.

Nachdem wir den Garten durchschlendert und auch von hier aus festgestellt hatten, daß in der Grottenwand lediglich die vier Fenster und die eine Tür eingefügt waren, machte sich bei uns allen dreien die Müdigkeit und Abspannung bemerkbar. Wir gingen schlafen – schliefen bis gegen zwei Uhr nachmittag, fanden den Tisch im Nebenzimmer wieder mit einem delikaten Frühstück gedeckt, aßen und – bekamen bis zum Abend keine Menschenseele zu Gesicht.

Die Person, die wir dann sahen, war …

Doch nein. Das muß ich genauer schildern.

 

4. Kapitel.

Wo das Grammophon spielte …

Wir merkten schon mittags, daß wir offenbar von den Bewohnern der Insel niemand kennenlernen sollten. Jedenfalls niemand weiter als die beiden Geheimnisvollen, denen wir das Leben gerettet hatten.

Unsere Zimmer hatten noch je eine Tür nach anderen, uns unbekannten Räumen hin. Vor diesen beiden Türen hingen jedoch dicke Vorhänge, außerdem waren sie durch Schränke verstellt, die am Fußboden festgeschraubt waren. Wir lebten also sozusagen in einem Gefängnis vornehmster Art, wurden wie von unsichtbaren Geistern bedient, die sich in unseren Räumen nur zu schaffen machten, wenn wir im Garten weilten.

Abends gegen halb neun saßen wir drei Abenteurer Zigaretten rauchend auf einer Bank vor einer der kleinen künstlichen Lauben.

Haralds Laune war jetzt durchaus nicht glänzend. Er ärgerte sich, daß es ihm verwehrt war, tiefer in die Geheimnisse dieser Insel einzudringen. Er hatte Goddlepy, der am Nachmittag einmal an einem der Schränke gerüttelt hatte, die an den Dielen befestigt waren, scharf zurechtgewiesen, hatte gemeint, wir müßten die Wünsche des Herrn der Insel unbedingt respektieren. Trotzdem war er mißmütig und schweigsam. Für einen Mann von seiner besonderen Vorliebe für alles Außergewöhnliche mußte es geradezu unerträglich sein, daß er das Eiland verlassen sollte, ohne sich davon überzeugt zu haben, ob seine Vermutungen über die Herkunft der Bewohner zuträfen. Er lehnte auch jedes Gespräch über diese Dinge ab und hatte nur beim Mittagessen unvermittelt in Goddlepys und meine Unterhaltung die Bemerkung eingestreut, was nun wohl aus Dollings Jacht und Helen Jones’ Banditen geworden sein mochte.

So saßen wir denn nun, während über der Schlucht der Himmel in feurigstem Abendrot erstrahlte, alle drei versonnen da, bis Harald urplötzlich leise rief:

„Duckt Euch – – kriecht in die Laube – – rasch!!“

Wir taten’s. Wir standen nun im Halbdunkel. Harst hatte uns bis in den Hintergrund gedrängt. Er selbst lugte näher dem Eingang zu mit erhobenem Kopf zum nördlichen Schluchtrand empor, winkte nun …

„Kommt – – seht! Aber Vorsicht!“

Ja – wir sahen – – staunten …

Da oben stand Helen Jones ohne Hut in weißem Kleide neben zwei ebenfalls weiß gekleideten Europäern …

Da oben – etwa fünfunddreißig Meter über uns …

In der Stille des nahenden Abends hörten wir die Verbrecherin übermütig lachen.

Dann schritten die drei weiter und verschwanden.

Harald wandte sich langsam um.

Eine jähe Veränderung war mit ihm vorgegangen. Seine Miene hatte sich aufgehellt. Seine Gesichtsmuskeln spielten.

„Nun – – dürfen wir’s!“ sagte er, und es klang wie Triumph, wie eine Drohung gleichzeitig.

„He – was dürfen wir?“ fragte der kleine Kollege verständnislos.

„Wir dürfen … handeln!“ erklärte Harst. „Das heißt also: wir bleiben hier in der Laube, bis es dunkel geworden. Dann, wenn wir nicht mehr beobachtet werden können, beginnen wir.“

Goddlepy fragte mich: „Ist Ihnen das klar, lieber Schraut?“

„Nicht ganz.“

„Na also! Ich denke, daß nun doch erwiesen ist, daß Helen Jones mit zu den Bewohnern der Insel gehört. Weshalb sollen wir …“

„Stören Sie mich nicht,“ unterbrach Harald ihn. „Ich habe einen Plan zu entwerfen.“

Goddlepy zuckte die Achseln. „Plan entwerfen?! – Na – meinetwegen!“ –

Wir brauchten keine Viertelstunde mehr zu warten. Die Dunkelheit kroch rasch über die Insel hin – und mit ihr die Nebelschwaden.

Wir eilten in unsere Zimmer. Harst warnte:

„Kein lautes Wort! Leise auftreten!“

Und wir fanden im Wohnzimmer den Abendbrottisch noch nicht abgeräumt. Wir hatten um halb acht zu Abend gespeist, und nun war es neun Uhr geworden. Auch im Schlafzimmer war noch nichts zur Nacht besorgt.

„Komisch!“ grunzte Goddlepy. „Die bedienenden Geister haben uns vergessen.“

„Sie irren!“ flüsterte Harald. „Die bedienenden Geister sind zwischen sieben und acht Uhr abends heute samt den übrigen Inselbewohnern von Helen Jones’ Bande überrumpelt worden. Die Insel ist im Besitz der Verbrecher. Daß wir drei hier sind, ahnt Helen nicht.“

„Verdammt …! Also so liegen die Dinge!“

„Ja – – so, lieber Goddlepy. Deshalb müssen wir handeln.“

Harst hatte nur seine Taschenlampe eingeschaltet, zog nun die Fenstervorhänge rasch zu und flüsterte weiter:

„Ich habe bereits rein zufällig entdeckt, wie die uns bedienende Person hier in unsere Räume gelangt. Folgt mir. Aber – leise!“

Er ging ins Schlafzimmer, schob den Bastteppich vor dem Waschtisch beiseite und enthüllte so in den Dielen die Umrisse einer quadratischen Falltür, die einen eingelassenen Klappring als Griff hatte. – „Nach einer Stunde werden wir diesen Weg benutzen,“ meinte er. „Bis dahin setzt Euch hier auf Eure Betten und haltet den Mund.“

Der kleine Melbourner rieb sich strahlend die Hände.

„Schrautchen, Schrautchen, – das gibt einen Tanz diese Nacht! Mein Bully macht schon Freudensprünge in der Hosentasche!“

Und er zog seine neunschüssige Cold-Pistole hervor und streichelte den schwärzlichen Lauf. –

Zehn Uhr war’s nun.

„Schuhe aus!“ befahl Harald. „Ein zweites Paar Socken anziehen. Jeder nimmt eine Taschenlampe und zwei Ersatzbatterien mit. Schraut steckt die Dietriche, Stahlsäge und den Bohrer zu sich. Sie, Goddlepy, verwahren dieses Fläschchen Chloroform und diesen kräftigen Bindfaden in der Umhüllung Ihres geschätzten Kadavers. Ich gehe voran. Ich allein schalte die Lampe ein. Ihr beide schießt sofort, wenn wir angegriffen werden. – Aufbruch …!“

„Halt – zuvor noch einen Schluck Kognak, Harst,“ bettelte Goddlepy.

„Gut. Ich mache mit.“ –

Die Falltür war nicht verschlossen, drehte sich lautlos, wurde angelehnt.

Darunter eine schmale Holztreppe, die in einen engen Schlund der Felsengrotte hinablief. Als wir das Ende der Treppe erreicht hatten, sahen wir uns vor einem Felsloch, das in eine Seitenhöhle dieses unterirdischen Labyrinths hineinführte.

Nun begann das Aufregendste und gleichzeitig Grauenvollste, was ich je erlebt habe.

Nun schlichen wir aus der Seitenhöhle steil aufwärts in die riesenhafte Hauptgrotte, schlichen wie die Gespenster, sahen nur hin und wieder zwischen Haralds Fingern einen dünnen Lichtstreifen aufblitzen, blieben immer wieder stehen, lauschten – – schlichen weiter.

Sahen, daß in diese Grotte etwa vierzehn Räume hineingebaut waren, deren Fenster teils nach Westen, teils nach Süden zu sich in natürliche Durchbrüche der Höhlenwand einschmiegten.

Wir kamen so von Zimmer zu Zimmer, fanden sie alle möbliert, alle dunkel.

Kamen endlich in einen Raum, in dem hohe Büchergestelle und ein großer, mit Papieren bedeckter Schreibtisch verrieten, daß hier ein Gelehrter hauste.

Kamen dann durch zwei leere Zimmer …

Und – – machten jäh halt.

Vor uns schmetterte ein Grammophon im nächsten Raum einen Militärmarsch …

Und – dazu Stimmengewirr, Gläserklingen, Gelächter.

Dazu Bratendunst, der bis zu uns hin wehte …

Harald betastete die Tür.

„Bohrer her!“ flüsterte er.

Ich reichte ihm den Zentrumbohrer …

Während jenseits der Tür ein Gassenhauer die Tafelnden erfreute, fraß der Bohrer sich ins Holz ein …

Drei Löcher …

Für drei Augen …

 

5. Kapitel.

Das Gastmahl der Sterbenden.

Ein kleiner Saal. Zwei Kronleuchter mit je vier Petroleumlampen. An den Wänden überall Leuchter mit dicken Kerzen. In der Mitte eine Tafel mit funkelndem Silber, Kristall, kostbaren Vasen. Am einen Ende saß, das Gesicht uns Lauschern zugekehrt, Helen Jones in einem tief ausgeschnittenen Ballkleide, einen Reiherstutz im Haar. Dann Herren in etwas bunt zusammengewürfelter Tracht, die einen in Frackanzügen, andere in weißem Flanell, andere in blauen Jacken. Und – – an diese zehn Kavaliere reihten sich (ich traute meinen Augen nicht!!) unsere fünf Gewohnheitssäufer von dem famosen Äppelkahn, dem Südpol, – jene fünf alten Seebären, die wir längst ertrunken glaubten.

Das war die Tafelrunde. Im ganzen sechszehn Personen also.

Zwei Diener in Livree servierten gerade den Fischgang.

Und – – diese Diener (mir stockte der Atem!) waren unsere beiden Geheimnisvollen, die armen Geprügelten, – mußten jetzt für diesen Auswurf der Menschheit die Schüsseln hinhalten.

Noch zwei Leute waren im Saal: zwei Mulatten in bunten Leinenkitteln, Revolver im Gürtel, in der Hand dicke Knüttel. Sie beaufsichtigten die beiden Geheimnisvollen. –

Das Gesindel suchte vorläufig noch die Formen der guten Gesellschaft zu wahren. Nur das hin und wieder losplatzende Gelächter bewies, daß sie alle schon recht kräftig in Stimmung waren, am meisten unsere fünf Meergreise vom Südpol.

„Sie feiern den Sieg!“ flüsterte Harald. „Wenn sie völlig berauscht sind, werden wir eingreifen.“

Da erhob sich schon Helen Jones. Wir verstanden nicht alles, was sie sagte.

Sekt verlangte sie – Sekt! Und – der edle Monsieur Daniel Destorbier solle aus dem Keller herbeigeholt werden – – sofort!!

Drei – vier der Kavaliere rannten hinaus.

Die Mulatten und unsere beiden Geheimnisvollen entfernten sich gleichfalls, schleppten dann Sektflaschen heran, immer mehr …

Bis die vier Banditen wieder eintraten, in der Mitte zwischen sich einen ehrwürdigen, weißhaarigen, kräftigen Mann mit intelligentem Gesicht.

Das Antlitz dieses Mannes war farblos vor Erregung. Hinter den blinkenden Gläsern der Hornbrille glühten ein Paar große Schwärmeraugen. –

Helen Jones schnellte hoch …

„Sekt – – Sekt in die Kelche, damit wir anstoßen können auf den berühmten Weltverbesserer Daniel Destorbier, der sein ungeheures Vermögen opferte, um hier in aller Stille … die Insel der Seligen zu schaffen, die Insel der unschuldig Verurteilten, der Opfer der blinden Justiz, der Opfer, die er befreite und die er hierher brachte! Aus Neu-Kaledonien holte er sich seine Lieblinge! Bevölkerte diese Insel, deren Küsten unersteigbar sind! Befreite bisher im ganzen vierzehn Menschen, der gelehrte Narr! Befreite jedoch nicht Bill Jones, meinen Bruder, nicht dessen Freunde! Bill schwur ihm Rache. Bill ist tot. Ich – ich habe die Rache vollendet, ich, Bills Schwester! Ich werde Euch alle mit der Jacht L’amour, der Ihr den Namen genommen habt, die Ihr schon versenken wolltet, – – ersäufen!! – Sekt her!! – So – stoßt an! Kameraden, Freunde, – es lebe der berühmte Narr Daniel Destorbier, der jetzt wegen Gefangenbefreiung von den Behörden gesucht wird! Er lebe hoch – – hoch – – hoch!!“

Helen leerte ihr Glas, schleuderte es dann nach dem Greise, traf nicht.

Das Glas zerschellte an der Wand.

Das Schrankgrammophon in der Ecke dudelte aufs neue einen Marsch …

Gläser flogen an die Wände, andere Sektkelche wurden gefüllt …

Es war der reinste Hexensabbat …!!

Und neben der Tafel stand hoch aufgerichtet Daniel Destorbier, ein Lächeln unendlicher Verachtung um den Mund.

Einer von Helens Kavalieren stimmte jetzt ein Lied an – das schlüpfrig-freche Lied der Sträflinge von Neu-Kaledonien …

Die ganze Bande sprang wieder von den Stühlen hoch, gröhlte mit. Nur die fünf Meergreise stierten blöde vor sich hin.

Und – da geschah das Entsetzliche – das Grauenvolle …:

Ein schriller Schrei übertönte den Gesang …

Helen lag am Boden, wand sich in Krämpfen, Zuckungen.

Dem Schrei folgte ein zweiter – – dritter – – vierter …

Des Greises überlaute Stimme nun wie eine Posaune des Jüngsten Gerichts:

„Der Sekt ist vergiftet, Ihr Schurken!! Nicht einer von Euch wird mit dem Leben davonkommen!“ – –

Was soll ich hier noch Einzelheiten dieser ungeheuerlichen Tragödie wiedergeben?!

Jedenfalls: wir drangen in den Saal ein, schossen die Mulatten nieder, die den Greis hatten erwürgen wollen. Wir feuerten auf alle die, denen noch Kraft geblieben, zur Waffe zu greifen.

Wir stürmten, von einem der beiden Geheimnisvollen geführt, in die Küchenräume, wo zwei Neger die Köche überwachten. Wir holten aus den Kellern noch sieben Lebende heraus.

Am Morgen begruben wir die Toten in einem Massengrab. Die von den Banditen bei der Überrumpelung[9] der Insel erschossenen Sträflinge, alles zu Unrecht Verurteilte, wurden besonders bestattet. –

Monsieur Destorbier gab zu, daß die Leiche am Mastbaum der Jacht L’amour die eines Sträflingsaufsehers war, einer Bestie in Menschengestalt.

Also hatte Harald auch mit dieser Vermutung recht gehabt. –

Die Australia ankerte unversehrt in der Bucht der Insel. Die Besatzung fanden wir gefesselt und geknebelt im Kielraum, halb verhungert, halb verdurstet.

Und die Australia brachte uns dann nach weiteren zwei Tagen nach Melbourne zurück. In diesen zwei Tagen lernten wir das gütige, menschenfreundliche Herz Daniel Destorbier erst so recht kennen. –

In Melbourne haben wir nichts von unseren Erlebnissen irgend jemand mitgeteilt. Auch die Besatzung der Australia schwieg.

Und als dann vierzehn Tage drauf doch alles an den Tag kam, hatte Daniel Destorbier mit seinen Schützlingen längst eine andere Insel als Zufluchtstätte erreicht, wohin er dann auch die Familien der von ihm Befreiten nachkommen ließ.

Wo diese Insel zu suchen ist, wissen wir nicht. Oder besser: wir wollen es nicht wissen. – All das gehört ja auch nicht mehr mit zu diesem unseren Abenteuer, welches das letzte australische war, – denn nun begann jener monatelange Kampf gegen Lionel Barring, begann jene Reihe von Detektiverlebnissen, die sich wie ein überbuntes Gewirr von Schlinggewächsen um die Person jenes außergewöhnlichen Mannes ranken, dessen Entlarvung meinem Freunde Harald vorbehalten blieb.

 

Nächster Band:

Der Kampf gegen Lionel Barring.

 

 

Verlagswerbung:

Wir weisen alle Freunde der Harald Harst-Abenteuer darauf hin, daß gleichzeitig mit Herausgabe des Bandes 110 ein Roman mit Harst und Schraut als Hauptpersonen mit dem Titel

 

Die roten Briefe

 

in unserer Ausgabe „Kabels Kriminalbücher“ erscheinen wird. Gleichzeitig empfehlen wir „Kabels Kriminalbücher“, von denen jetzt 17 Bände vorliegen, als wirklich gute Kriminalerzählungen unseren Lesern.

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Kabels Kriminalbücher. Band 11:

Der Wilddieb

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Kabels Kriminalbücher. Band 12:

Die leere Villa

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Kabels Kriminalbücher. Band 3:

Thomas Bruck, der Sträfling

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Kabels Kriminalbücher. Band 4:

Die rote Rose

Durch jede Buchhandlung zu beziehen.

 

Kabels Kriminalbücher. Band 7:

Das Teekästchen

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Kabels Kriminalbücher. Band 8:

Die Todgeweihten

Durch jede Buchhandlung zu beziehen.

 

Kabels Kriminalbücher. Band 5:

Die Schildkröte

Durch jede Buchhandlung zu beziehen.

 

Kabels Kriminalbücher. Band 6:

Die grüne Schlange

Durch jede Buchhandlung zu beziehen.

 

 

Kabels Kriminal-Bücher

Das Atlantikgespenst

Mink Tschuan

Thomas Bruck, der Sträfling

Die rote Rose

Die Schildkröte

Die grüne Schlange

Das Teekästchen

Die Todgeweihten

Der Krokodillederkoffer

Treff-Aß

Zu beziehen durch jede Buchhandlung sowie direkt
vom Verlag moderner Lektüre G. m. b. H.
Berlin 26, Elisabeth-Ufer 44.

 

 

Anmerkungen:

  1. In späteren Auflagen heißt der Innentitel dann: „Die Motoryacht ohne Namen“ (mit „y“).
  2. In der Vorlage steht: „Diggy“ – Gemeint ist ein Dingi.
  3. Siehe auch Wikipedia: Grasbäume.
  4. In der Vorlage steht: „Handstricke“.
  5. In der Vorlage steht: „vertaut“.
  6. In der Vorlage steht: „Charley“. – Drei Vorkommen auf „Charles“ geändert.
  7. In der Vorlage steht: „Heckkajte“.
  8. In der Vorlage steht: „Burgnder“.
  9. In der Vorlage steht: „Überumpelung“.