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Die Ganges-Piraten

 

 

 

Der Detektiv

 

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 61:

 

Die Ganges-Piraten

 

Nachdruck verboten. – Alle Rechte, einschl. das Verfilmungsrecht, vorbehalten. – Copyright 1922 by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin.
Druck P. Lehmann G. m. b. H., Berlin S. 14.

 

1. Kapitel.

Ein Stückchen weiße Seide.

Wir hatten es eng zusammengefaltet in dem Innern eines hohlen Diamantkäfers gefunden, der wieder in einer eiförmigen Öffnung eines altindischen, eine Tänzerin darstellenden Leuchters verborgen gewesen war.

Die seltsame Geschichte dieses Unglücksleuchters habe ich im vorigen Band erzählt. Lord Dreabram hatte ihn aus einer kleinen, in den Kaimur-Bergen liegenden Moschee, von deren Existenz nur die Familie Mohammed ben Gondar etwas wußte, geraubt.

Jetzt waren Leuchter, Käfer und Seidenstück in unserem Besitz; jetzt saßen wir abermals beim Scheine der Petroleumlampe in dem Arbeitszimmer des halb verfallenen Hauses in der Vorstadt von Allahabad, das Harald Harst für einen geringen Preis gekauft hatte.

Harald rauchte schon die achte Zigarette. Ich hatte die dritte Zigarette soeben angezündet, und unser Gast, Kapitän Banfy von der Jacht Atlanta, qualmte seine geliebte kurze Pfeife.

Das Zimmer war dick voll von Rauch. Auf dem Tische stand ein Spirituskocher. Wir tranken Grog – Banfy zu Liebe, der ohne seinen Abendtrunk sich sehr unbehaglich gefühlt hätte.

Das Stück Seide lag mitten auf dem Tischtuch.

Harald hatte soeben nochmals darauf hingewiesen, daß die Zeichnung sechs aufrechte und zwei liegende Kreuze, ferner so etwas wie ein schräges lateinisches großes M und in diesem einen kleinen Kreis enthalte – außer den zwei Bogenlinien und der punktierten Linie, die von dem einen Kreuz auf den Kreis senkrecht zulaufe.

„Der kleine Kreis ist die Hauptsache, denke ich,“ meldete sich Banfy jetzt. „Die stehenden Kreuze können Ortschaften oder –“

Er schwieg. Im Garten war ein Schuß gefallen.

Wir sprangen auf. Harald griff nach seiner Taschenlampe und der Clementpistole, öffnete die Flurtür und rief uns zu:

„Wartet hier!“

Er schloß die Haustür auf. Die Nacht war dunkel und stürmisch. Dickes Gewölk jagte über den Himmel hin.

Banfy und ich blieben in der Haustür stehen. Auch der Matrose Preatgar, der hinten in einer kleinen Stube wohnte und den Diener spielte, gesellte sich zu uns. Er hatte den Schuß gleichfalls gehört, meinte nun: „Ich werde Master Harst folgen. Ich habe meinen Revolver bei mir.“

Auch er verschwand in der Dunkelheit.

Banfy brummte vor sich hin: „Es ist ein ungemütliches Land, dieses Indien! Immer gibt’s neue Aufregungen. Ich werde –“

Hinter uns im Arbeitszimmer ein Klirren. Wir hatten die Tür offen gelassen, fuhren herum. Wir konnten die Petroleumlampe auf dem Tische sehen: sie qualmte, flackerte, ging aus.

„Verdammt – was ist das nun wieder?!“ rief Banfy.

Ich war schon im Zimmer. Ich wußte, wo meine Taschenlampe lag. Der Lichtkegel, weiß und grell, zerschnitt die Dunkelheit.

Der Zylinder der Petroleumlampe lag in Scherben auf dem Tischtuch.

„Er ist geplatzt,“ sagte Banfy. „Die feuchte Nachtluft ist zu plötzlich ins Zimmer gedrungen.“

„Stimmt!“ nickte ich, ging nebenan ins Schlafzimmer und holte die zweite Lampe.

Als ich sie gerade angezündet hatte, kehrten Harald und Preatgar zurück.

„Keine Menschenseele da!“ lachte der Matrose. „Es wird sich jemand einen Spaß gemacht haben –“

Harald trat den Tisch.

„Wo ist das Stückchen Seide?“ fragte er hastig.

Ja – es war weg! Wir suchten auf dem Fußboden. Es konnte herabgeweht sein.

„Laßt nur!“ meinte Harst. „Es ist gestohlen worden. Der Zylinder ist nicht von selbst zersprungen.“

Er deutete auf ein paar nasse Flecken auf dem Tischtuch.

„Man hat Wasser auf den Zylinder träufeln lassen,“ erklärte er weiter. „Die Lampe sollte ausgehen.“

Banfy schüttelte den Kopf.

„Gestohlen?! Das ist unmöglich. Wir standen in der Haustür und konnten den Tisch sehen. Wie sollte ein Dieb hier hineingelangt sein?“

Harald wandte sich an Preatgar. „Da – nehmen Sie meine Taschenlampe und stellen Sie fest, ob nicht die Hintertür offen ist oder ein Hinterfenster im rechten Flügel des Hauses.“

Preatgar ging davon.

Harst setzte sich und langte nach einer Zigarette.

„Wie – die Sache läßt Sie so kalt, Harst?“ fragte Banfy erstaunt.

„Vollständig kalt. Ich habe die Zeichnung ja im Kopf, kann sie jeden Augenblick mit ein paar Strichen wieder entwerfen.“

„Aber der Diebstahl?“

„Begann mit dem Schuß im Garten, lieber Banfy. Wir sollten das Zimmer verlassen.“

„Na ja – gut! Und weiter?“

„Aber Banfy! Wir kennen uns nun schon viele Monate, eben seit ich Ihre Atlanta gemietet habe. Wir haben so allerlei zusammen erlebt. Da hätten Sie doch wenigstens etwas von meinem Handwerk lernen können! Ich sagte vorhin: es wurde Wasser auf den Zylinder geträufelt! – Geträufelt! Nicht gespritzt oder gegossen! „Träufeln“ ist stets ein Tropfenfall von oben nach unten.“

„Ah so! Verstehe!“

Banfy blickte zur Decke empor. – Das Haus war uralt. Die Balkendecke war nur getüncht und hatte breite Ritzen.

„Jetzt sind Sie auf der richtigen Fährte, Banfy!“ meinte Harald lächelnd. „Dort über uns ist Bodenraum. Dort hat der Helfershelfer des Revolverhelden gewartet, bis der Schuß uns hinauslockte. Von dort oben träufelte er Wasser durch eine Ritze. Sehen Sie nur genau hin. Es liegt eine ziemlich breite Spalte gerade über der Lampe. Und auf der Lampenglocke und hier auf dem Tischtuch finden Sie Schmutzkörnchen, die mit herabfielen, als der Dieb sich betätigte. Das Stückchen Seide hat er mit einem langen dünnen Draht mit Widerhaken geangelt.“

„Donnerwetter – wie einfach!“ knurrte Banfy. „Es ist ein Skandal, daß man nicht selbst auf so was kommt.“

Preatgar stürzte ins Zimmer.

„Master Harst – eine nette Geschichte!“ keuchte er. „Quer über dem Fensterkopf im hinteren Flurzimmer liegt ein Inder – tot offenbar. Das Gesicht ist nicht zu erkennen. Der Oberkörper liegt nach draußen. Es ist eine Scheibe des offenen Fensterflügels mit einem Teerpflaster eingedrückt worden.“

Wir folgten Preatgar. Banfy trug die brennende Petroleumlampe.

Wir hoben den Inder vom Fensterbrett und legten ihn auf die Dielen. Es war ein älterer, graubärtiger Mann. Ihm war die Kehle von einem Ohr zum anderen glatt durchschnitten.

Banfy und Preatgar hatten bei diesem Anblick einen entsetzten Schrei ausgestoßen. Der Kopf des Toten war wie in Blut getaucht. Es gehörten Harsts Nerven dazu, die Leiche zu berühren.

Er kniete neben dem Toten, hob dessen linken Arm hoch, schaute sich den Handrücken an.

Der Mann hatte dort eine hellblaue Tätowierung in Form eines großen Käfers.

„Es ist ein Mitglied der Familie Mohammed ben Gondar,“ sagte Harald. „Diese männlichen Mitglieder suchen den Leuchter seit vielen Jahren, wie wir wissen. Dieser Mann war der Dieb, behaupte ich. Und ein anderer wird ihm die Zeichnung gewaltsam geraubt haben, als er aus dem Fenster stieg. Der Mörder stand draußen.“

Er faßte in die Taschen des Toten. Sie enthielten nur wertlose Dinge, darunter auch einen einfachen Dolch mit Scheide.

Dann rief Preatgar: „Master Harst – dort – ein Mann im Garten – ein Inder!“

Es hatte inzwischen zu regnen begonnen. Harald streckte den Arm mit der Taschenlampe durch den offenen Fensterflügel. Der Inder stand etwa fünf Schritt vom Hause ab unbeweglich da. Der Lichtkegel enthüllte uns ein noch junges, bartloses Gesicht und eine schlanke Gestalt von etwas unter Mittelgröße.

„Komm’ näher!“ sagte Harst zu dem jungen Inder. „Deinem Gefährten ist etwas zugestoßen.“

„Du wirst mich nicht der Polizei übergeben, Sahib?“ fragte eine helle Stimme in gutem Englisch.

„Nein. Sei ohne Furcht. Ich werde Dich durch die Hintertür hineinlassen.“

Er ging in den Flur und drückte die Tür zu.

Nach einer Weile kehrte er allein zurück, sagte:

„Es ist ein Mädchen, die Tochter dieses Toten. Sie sitzt jetzt in unserem Arbeitszimmer. Preatgar, Sie können zur Polizei gehen. Wir müssen den Mord melden. Erwähnen Sie aber nichts von der Inderin und der verschwundenen Zeichnung. Sagen Sie, es hätte jemand im Garten geschossen, und wir hätten darauf das Haus durchsucht und den Toten gefunden. Mag Detektivinspektor Raap zusehen, was er ermitteln kann. Die Zeichnung bleibt unser Geheimnis. Beeilen Sie sich aber nicht zu sehr, Preatgar. Ich möchte noch in Ruhe mit der Inderin sprechen. Sie machte Andeutungen über Geschehnisse, die recht merkwürdig zu sein scheinen.“

 

2. Kapitel.

Die Erzählung der Inderin.

Harald, Banfy und ich setzten uns dann zu dem Mädchen, das, obwohl indische Mohammedanerin, jetzt nur deshalb kein Gesichtstuch trug, weil es eben in Männerkleidung den Vater begleitet hatte.

Sie war sehr erschöpft. Harald brühte ihr eine Tasse Tee auf, die sie mit Dank annahm. Ihr ganzes Benehmen verriet, daß sie zu den wohlhabenderen Bevölkerungsschichten gehörte. Als sie sich erst etwas erholt hatte, begann Harst sie auszufragen.

Hierzu möchte ich vorher noch bemerken, daß wir bereits zwei Mitglieder ihrer Familie kennen gelernt hatten, und zwar das Oberhaupt der ganzen Sippe namens Mohammed ben Gondar und einen anderen Mann namens Pahnwar. Wir hatten die beiden damals sehr nachsichtig behandelt, was dem Mädchen, das sich Larda nannte, bekannt war, wie ihre ersten Worte bewiesen.

„Die Brüder meines Vaters, Gondar und Pahnwar, haben uns von Dir, Sahib Harst, als von einem edlen Menschen geschrieben, dem man Vertrauen schenken kann,“ sagte sie. „Ich hätte sonst auch nicht gewagt, mich dem Fenster zu nähern. Ich sollte meinen Vater dort erwarten, nachdem ich im Vorgarten den Schuß abgefeuert hatte. Als Du, Sahib, und der andere dann wieder ins Haus gegangen wart, kletterte ich von dem Baume herab, der mich Euren Blicken entzogen hatte, und eilte zu jenem Fenster, dessen Scheibe der Vater eingedrückt hatte, um ins Haus und auf den Boden zu gelangen. Mein Vater kam jedoch nicht. Dann wurde das Fenster hell, und ich beobachtete, wie Ihr den Vater vom Fenster herunterhobt.“

„Ihr beide seid also nach Allahabad gekommen, um den Leuchter zu suchen, – genau so wie Gondar und Pahnwar dies beabsichtigten.“

„Ja, Sahib. Mein Vater und ich sind die letzten.“

„Was heißt das, Larda, – die letzten?“

„Unsere Familie ist in der Stadt Bardi am Son-Fluß beheimatet. Mein Vater Ahmed hatte noch drei Brüder: Gondar, den ältesten, Pahnwar und Jussuf. Von diesen besaßen Gondar und Jussuf je zwei Söhne. Ich war das einzige Mädchen in der Familie. Gondars einer Sohn Ali wurde von Lord Dreabram in der alten Moschee in den Kaimur-Bergen erschossen. Jussuf und sein einer Sohn starben durch Lady Dreabrams Hand – alle des Leuchters wegen. Vor drei Wochen waren von den Männern der Familie also nur noch fünf am Leben. – Ich muß Dir das alles so genau erzählen, damit Du das Folgende verstehst. – Dann wurden Gondars und Jussufs Söhne, die beiden überlebenden, hier nach Allahabad geschickt, damit sie den Leuchter an sich brächten. Es kam jedoch keinerlei Nachricht mehr von ihnen nach Bardi. Vor anderthalb Wochen machten sich daher Gondar und Pahnwar auf den Weg, langten hier auch an und schickten an meinen Vater einen Brief, in dem sie schrieben, daß sie mit Dir im Schlosse der Dreabrams zusammengetroffen seien und daß Du ihnen versprochen hättest, ihnen den Leuchter auszuhändigen, falls Du ihn fändest. Hierauf hörten wir auch von Gondar und Pahnwar nichts mehr. Vor vier Tagen verließen deshalb mein Vater Ahmed und ich unsere Heimatstadt und fuhren mit einem Lastauto, das ein Bekannter von uns besaß, nach Allahabad. Wir lasen dann hier in der Zeitung, daß Du nun auch aufgeklärt hättest, wer Lord und Lady Dreabram ermordet hatte, und daß der Leuchter in diesem Hause sei. Gestern abend beobachtete mein Vater durch das Fenster, wie Ihr das Seidenstückchen mit der Zeichnung an diesem Tische Euch anschautet. Heute wollte er es holen. Denn es ist ja das Wertvollste des Leuchters. Und nun – nun ist auch mein Vater tot.“

„Es muß Euch jemand nachgeschlichen sein, Larda,“ meinte Harst. „Jemand, der ebenfalls Kenntnis von dem Werte des Seidenstückchens hatte.“

„Es hat niemand Kenntnis davon, Sahib. Jedenfalls bis jetzt nicht. Es müßte denn gerade sein, daß Du über die Zeichnung gesprochen hast.“

„Nein, Larda, das tat ich nicht. Diejenigen, die die Zeichnung hier bei mir sahen, sind verschwiegen. Aber einer Deiner Familie mag einmal unvorsichtig gewesen sein.“

„Auch das nicht, Sahib. Das Geheimnis des goldenen Leuchters kannten nur die Männer. Mein Vater hat es mir erst mitgeteilt, als ich ihn hierher begleiten sollte.“

„Es wäre gut, wenn Du volles Vertrauen zu mir hättest, Larda, und mir erzähltest, was Dein Vater Dir über die Ursprungsgeschichte des Leuchters berichtet hat. – Weshalb ist Dein Vater nicht zu mir gekommen und hat um den Leuchter gebeten? Weshalb suchte er die Zeichnung zu stehlen? Ich möchte diese Frage zunächst klären.“

„Er wäre gekommen, Sahib. Du bist als ein Beschützer des Rechtes bekannt. Aber – er sah das Seidenstück in Deiner Hand und fürchtete Deine Fragen nach der Bedeutung der Zeichnung. Wir alle hatten gehofft, daß niemand merken würde, daß der Leuchter sich auseinander schrauben ließ und daß er den Diamantkäfer in sich barg. – Mein Vater hat aber noch heute abend zu mir gesagt: „Wenn wir die vier spurlos Verschwundenen nicht wiederfinden, werde ich mich an Sahib Harst um Hilfe wenden“. – Deshalb glaube ich auch nichts Unrechtes zu tun, wenn ich Dir jetzt erzähle, welche Rolle der Leuchter in unserer Familie spielt.

Der Großvater Mohammed ben Gondars, der ebenfalls so hieß, war der letzte Priester der Moschee in den Kaimur-Bergen, in der bis dahin nur ein paar uralte Männer gewohnt hatten. Bevor er starb, verpflichtete er seinen ältesten Sohn, die Truhe, in der der Leuchter in der Moschee aufbewahrt wurde, sorgsam zu bewachen. Er sagte ihm dabei:

„In dem Leuchter liegt ein Diamantkäfer. Der Käfer besteht aus zwei aufeinander geleimten Teilen und enthält ein Stückchen Seide mit einer Zeichnung, die sehr schwer zu enträtseln ist. Du und Deine Kinder, unsere ganze Familie muß den Leuchter unberührt liegen lassen, sonst droht Euch schweres Unheil. Ihr dürft ihn nicht eher öffnen, bis sich bei Euch ein Mann aus einem fremden Lande einfindet, der Euch ebenfalls einen Diamantkäfer, dessen Ober- und Unterseite zusammengeleimt sind, vorweist. Dann öffnet Ihr gleichzeitig beide Käfer, und Allahs Segen wird mit Euch und Euren Kindern sein“.

So hat der alte Mohammed ben Gondar gesprochen. Mein Vater hat mir die Worte mehrmals wiederholt, damit ich sie mir gut einpräge.

Sahib, dies ist die volle Wahrheit. Nun weißt Du, weshalb all die Menschen des Leuchters wegen sterben mußten. Und keiner hat bisher irgend einen Vorteil davon gehabt. Alle ahnten nur, oder besser, vermuteten lediglich, daß das Geheimnis wertvoll sein müßte. Mein Vater glaubte dasselbe. Nur ich zweifele daran, Sahib. Ich bin in Kalkutta erzogen worden. Mein Vater ist reich. Ich habe alles das gelernt, was Eure jungen Damen in Europa lernen. Ich habe sehr viel gelesen, und mein Verstand sieht weiter als der meiner Verwandten. Meiner Ansicht nach ist aus Mohammed ben Gondars Worten durchaus nicht zu entnehmen, daß es sich bei dem Stückchen Seide etwa um verborgene Schätze handelt. Sahib Harst, das wäre zu romanhaft.“

Sie hatte jetzt jede Scheu überwunden und gab sich so, wie sie war: als kluges, gebildetes Mädchen!

Harald erwiderte auf ihre letzten Worte nichts. Er schaute vor sich hin auf die Splitter des Lampenzylinders, die noch auf dem Tischtuche lagen, wandte sich dann an mich:

„Bringe die Glasscherben und die Lampe bitte weg. Inspektor Raap könnte fragen, wodurch der Zylinder zersplittert ist.“

Ich beseitigte diese Glassplitter, die an Lardas Vater erinnerten – daran, daß er noch vor einer halben Stunde gelebt hatte.

Als ich das Zimmer wieder betrat, sagte Larda gerade, offenbar auf eine Frage Harsts hin:

„Bei einem Bekannten unserer Familie, Sahib, dem Kaufmann Azim Misra. Er handelt mit Elfenbeinschnitzereien. Sein Haus liegt am Ende der großen Basarstraße dicht am Gangesufer.“

„Und Azim weiß nicht, weshalb Ihr hier nach Allahabad gekommen seid? Wohnten denn auch die anderen stets bei ihm, die hier den Leuchter suchten?“

„Ja, Sahib. Wir galten stets als Pilger. Er ahnt nichts von dem Leuchter, oder doch wenigstens nichts von unseren Beziehungen zu demselben.“

„Sollte Azim Deinen Verwandten und Euch dies geglaubt haben, Larda?! Als Pilger?! Nur die Hindu wallfahrten nach Allahabad, nicht Mohammedaner.“

„Du irrst, Sahib. Hier in der Moschee Schimadraku liegt ein Heiliger beerdigt. Und viele Anhänger des Propheten suchen sein wundertätiges Grab auf.“

„Weiß Azim denn, daß vier von Eurer Familie verschwunden sind?“

„Gewiß, Sahib. Sie wohnten ja bei ihm, gingen aus und kehrten nicht zurück. Er hat sich die größte Mühe gegeben, festzustellen, was aus ihnen geworden sein mag. Azim ist ein ehrwürdiger Greis, der nur mit seiner Schwester sein Haus bewohnt. Unten sind die beiden Verkaufsläden und die Werkstatt; oben liegen die Wohnräume.“

„Kapitän Banfy wird Dich jetzt zu Azim bringen, Larda. Was wirst Du ihm sagen, wo Dein Vater geblieben sei?“

Der Inderin dunkle, ausdrucksvolle Augen füllten sich mit Tränen. Bisher hatte sie sich beherrscht. Jetzt erst kam ihr so recht zum Bewußtsein, was sie heute verloren hatte.

Sie weinte, hatte die Hände vor das Gesicht gedrückt.

Aber diese braunen Kinder der Sonne Indiens nehmen alles leichter als wir schwerblütigen Europäer.

Sie faßte sich schnell, erwiderte sehr besonnen:

„Ich werde sagen, Vater und ich hätten uns getrennt. Ich wüßte nicht, wo er sei; ich wäre bis jetzt in der Moschee Schimadraku gewesen.“

„Gut. – Und Deine Männerkleidung? Wie habt Ihr die Azim gegenüber erklärt?“

„Durch ein Gelübde, Sahib. Vater erzählte Azim, ich hätte gelobt, so lange als Mann nach Gondars[1] jüngerem Sohne, meinem Verlobten, zu suchen, bis ich wüßte, was aus ihm geworden.“

„Ah – er war Dein Verlobter?“

„Ja, Sahib. Er heißt Hussein. Er ist Goldschmied. Seine Schmucksachen sind sehr begehrt. Er hat letztens noch für den Radscha von Bandi ein Diadem angefertigt. Wir sollten in diesem Monat heiraten.“

„Du liebst Hussein, Larda?“

„Sahib – lieben?! – In den englischen Romanen steht so viel von einer Liebe, die wir nicht kennen. Wir heiraten, weil die Eltern es so wollen.“

Harst reichte ihr die Hand. „Gute Nacht, Larda. Morgen vormittag komme ich zu Azim. Dann tue so, als ob Du mich nicht kennst.“

Banfy und die Inderin entfernten sich.

Wir beide saßen wieder allein am Tisch, waren allein im Hause – allein mit dem toten Ahmed.

„Mein lieber Alter,“ sagte Harald, „das Geheimnis des goldenen Leuchters wird immer verzwickter. Es besteht kein Zweifel darüber, daß Larda uns die Wahrheit erzählte. Es gibt noch einen zweiten Diamantkäfer, der zu dem Geheimnis gehört, und dieser zweite Käfer wird ebenfalls ein Seidenstück enthalten, und dieses wieder Angaben, die die Zeichnung erklären. Ein Mann aus einem fremden Lande wird mit dem zweiten Käfer sich einfinden? Wann?! Das weiß niemand. Das Geheimnis ist annähernd hundert Jahre alt. So lange, vielleicht auch länger, wartete man auf diesen Mann aus dem fremden Lande. – Ja – es ist in der Tat das dunkelste Rätsel, auf das wir je gestoßen sind. – Ich höre Schritte. Es wird Preatgar mit den Polizeibeamten sein.“

Der Klopfer an der Haustür dröhnte. Ich ging öffnen.

Preatgar brachte nur Inspektor Raaps Vorgesetzten, den Polizeidirektor Jameson, mit, den wir einmal flüchtig im Union-Klub in Allahabad kennengelernt hatten.

 

3. Kapitel.

Verhaftet.

Jameson war ein älterer, graubärtiger Herr mit Hornbrille und jenem steifen Benehmen, das man so oft bei englischen höheren Kolonialbeamten findet, die ihr Leben lang nur mit Farbigen zu tun gehabt haben und aus dem Verkehr mit diesen sich eine so zugeknöpfte Art angewöhnt haben.

„Raap ist heute nacht hinter den Ganges-Piraten her,“ sagte der Direktor kurz. „Auch unser Polizeiarzt ist verreist. Ich werde mir die Leiche ansehen.“

Nun – viel zu sehen gab es da nicht. Jameson fragte, ob wir denn nicht wüßten, was der Inder hier im Hause gewollt hätte.

„Stehlen,“ meinte Harst ebenso kurz.

„Hm!“ Und Jamesons lebhafte Augen funkelten Harst merkwürdig mißtrauisch an.

Preatgar hielt die Lampe. Jamesons Blick suchte wieder den Toten. Dann bückte er sich und schaute sich die linke Hand mit der Tätowierung an.

„Hm –!“ Abermals traf Harst ein argwöhnisches Augenpaar. „Gehen wir in Ihr Zimmer, Master Harst. Ich habe mit Ihnen zu sprechen.“ –

Wir nahmen am Tische Platz. Harald bot dem Polizeidirektor eine Zigarre an. Sie wurde unfreundlich abgelehnt.

Preatgar war in seine Stube gegangen.

Dann sagte Mr. Jameson unvermittelt:

„Master Harst, ich verlange als Beamter, die Wahrheit zu hören. Mich täuschen Sie nicht. Raap erstirbt in Hochachtung vor Ihnen als dem berühmten Liebhaberdetektiv. Ich nicht! Ich habe eine lange Praxis hinter mir. Ich begegnete auf dem Wege hierher Ihrem Kapitän Banfy mit einem jungen Inder. Wer war der Inder?“

Harald hatte eine Mirakulum in den Fingern, strich die Asche ab.

„Wahrscheinlich ein Bekannter Banfys –“

„So?! Wahrscheinlich?!“ Jamesons Stimme wurde schärfer „Die beiden kamen fraglos hier von Ihrem Hause, Master Harst. Ich ersuche Sie dringend, keine Ausflüchte zu machen.“

„Es war ein Bekannter Banfys. Daß muß Ihnen genügen, Master Jameson. In solchem Tone, wie Sie ihn anschlagen, verkehrt man nicht mit mir!“

„He – noch schöner! Master Harst – die Wahrheit! – Ich vermute, daß Sie wieder einmal die Polizei ausschalten wollen! Sie tun das ja nur zu gern! Doch – ich lasse mich nicht ausschalten! Dieser junge Inder kam von Ihnen und steht zu dem Morde in irgend einer Beziehung.“

„Beweisen Sie das, Master Jameson,“ meinte Harald ruhig.

Jameson stierte Harst eine Weile an, stieß dann hervor:

„Oh – mit mir spielt man nicht! Da haben Sie sich verrechnet. Vergessen Sie nicht, daß ich das Recht habe, Sie beide wegen Verdunkelung des Tatbestandes dieses Verbrechens zu verhaften!“

„Ah – das wäre das erste Mal!“ sagte Harald mit leisem Lächeln.

Jameson stand auf, rückte die Brille zurecht und erklärte mit gewisser Feierlichkeit:

„Im Namen des Vicekönigs von Indien verhafte ich Sie beide! Nehmen Sie Ihre Kopfbedeckungen. Folgen Sie mir! Auch der Matrose, Ihr Diener, muß mit!“

Harst erhob sich schnell. „Master Jameson, das wird Ihnen teuer zu stehen kommen,“ meinte er kalt. „Gut – wir folgen Ihnen!“ –

Wenn ich noch an jene Nacht in Allahabad denke, als wir drei schweigend hinter Jameson herschritten, dann – muß ich unwillkürlich lächeln.

Harst und Schraut verhaftet – wegen Verdunkelung eines Tatbestandes! Das war an sich schon wie ein fauler Witz. Aber – der Witz wurde noch fauler! –

Die Polizeiwache im Europäerviertel lag keine zehn Minuten von unserem Hause ab.

In der Wachtstube saßen drei eingeborene Polizisten und würfelten.

Als wir eintraten, fielen die drei vor Schreck fast um.

„Wie – Ihr spielt!“ brüllte Jameson sie an. „Ihr würfelt – um Geld! Morgen findet sich das weitere. – Schließt eine Zelle auf – vorwärts! Diese drei Leute bleiben bis morgen früh hier. Dann werden sie mir um 9 Uhr zur Vernehmung vorgeführt. Ihr benutzt dazu ein Polizeiauto – ohne Aufsehen!“

Hinter den beiden Dienstzimmern lagen an einem schmalen Gange vier Arrestantenzellen. Drei waren besetzt. In die vierte spazierten wir hinein. Oben an der Decke brannte Licht. Die Tür fiel dröhnend zu. Die Riegel schnappten ein.

Dann – dann kam der Knalleffekt! –

Der Leser weiß, daß Harald in Pernambuco („Das Geheimnis des Brasilianers“) mit dem Gentleman-Hochstapler Vincent Saalborg, anerkanntermaßen dem genialsten Gauner aller Zeiten, eine Wette abgeschlossen hatte, daß er ihn in einer gewissen Zeit „zur Strecke bringen“ würde. Bisher hatte sich Saalborg jedoch in seiner Vielgestaltigkeit uns stets entzogen. –

Nun flog außen die Klappe des Fensterchens der Zellentür hoch. Auch das Fenster wurde geöffnet. Jameson schaute hindurch, rief leise:

„Harst, Schraut – einen Augenblick!“

Und – er benutzte jetzt unsere Muttersprache.

Wir traten näher – prallten zurück.

Jamesons Brille war verschwunden! Im rechten Auge funkelte ein Monokel. Und Freund Saalborg trug mit Vorliebe ein Einglas.

„Herr Harst, entschuldigen Sie schon,“ flüsterte Saalborg. „Aber – ich mußte Sie und Herrn Schraut und auch den Diener aus dem Hause entfernen. Der ermordete Inder hatte nämlich die Zeichnung nicht bei sich, als drei andere Inder ihn abschlachteten. Mithin hatte er sie vorher irgendwo versteckt. Und ich will sie jetzt suchen. Ich habe gestern abend oben auf dem Boden über dem Tische gelegen und Sie beide belauscht. Ich glaube, ich kann die Zeichnung brauchen. – Es waren also drei Inder, die den anderen ermordeten. Mehr weiß ich wirklich nicht. Ich mußte schleunigst weg, um mich in Jameson zu verwandeln. Leben Sie wohl und – entschuldigen Sie diese Ungelegenheiten, die ich Ihnen zu meinem Bedauern bereiten muß.“

Das Fenster klappte zu. Der Schieber fiel herab.

Harald drehte sich um, setzte sich gelassen auf die Pritsche, fragte Preatgar:

„Wo trafen Sie den Polizeidirektor?“

„Hier vor der Polizeiwache. Er stand vor der Tür und steckte sich gerade eine Zigarre an. Als ich hineinwollte, sagte er barsch: „Was bringen Sie?! Ich bin der Polizeidirektor Jameson. Ist etwas passiert?“ – Na – ich hegte natürlich nicht den geringsten Zweifel, daß er’s –“

„Schon gut, Preatgar. – Begegneten Sie dann Banfy und der Inderin?“

„Ja. – Jameson blieb stehen und schaute den beiden nach.“

Harald schüttelte wie verzweifelt den Kopf. „Dieser Kerl wird mein Tod! Welche Frechheit! Und wie glänzend er seine Rolle spielte!“

Dann stand er auf und drückte auf den Knopf des Läutewerks.

Nach einer Weile wurde das Fenster geöffnet. Einer der eingeborenen Polizisten war’s.

Harald erklärte ihm die Sachlage. Der Beamte meinte achselzuckend:

„Ich kenne Sie, Master Harst! Gewiß kenne ich Sie von Ansehen. Aber ich kenne auch Master Jameson. Das war kein verkleideter Gauner, das war der Polizeidirektor selbst. So grob wie der kann kein anderer sein. Tut mir leid, Master Harst, – Sie müssen bleiben, wo Sie sind.“

Krach – das Fenster flog zu!

Wir hörten den Beamten davongehen, hörten die andere Tür ins Schloß fallen.

Harald nickte Preatgar und mir zu.

„Also – brechen wir aus!“ meinte er. „Man hat uns ja unsere Sachen gelassen.“

Er stellte den kleinen Tisch unter das vergitterte Fenster, stieg hinauf, befühlte das Gitter und die Mauer.

„Her mit Ihrem Seemannsknief, Preatgar!“ flüsterte er. „In einer Stunde sind wir draußen –“

Preatgar reichte Harst sein großes Klappmesser.

Harald begann den Rahmen des Gazefensters loszuschrauben. Die Drahtgaze war schon sehr löcherig.

Mit einem Male fiel von draußen durch die Gitterstäbe ein heller Schein auf Harsts Gesicht.

Dann hörten Preatgar und ich auch eine Stimme. Man reichte Harst eine Stahlsäge zu und ein Fläschchen Öl.

Der Lichtschein verschwand wieder.

Harald hatte die sechs Stäbe in fünf Minuten durchgesägt.

Wir krochen nacheinander hinaus. An der Mauer lehnte eine kurze Leiter. Das Zellenfenster mündete auf eine schmale Seitenstraße. Es regnete sacht. Im Schatten der Mauer stand ein weißbärtiger Inder. Von seinem Gesicht war nicht viel zu erkennen.

„Ich bin Azim Misra,“ sagte er hastig. „Die Tochter meines Freundes Ahmed hat ihren Kummer vor mir doch nicht verbergen können. Ich wollte zu Dir, Sahib Harst. Da sah ich, daß Sahib Jameson Euch nach der Wache brachte.“

„Dann schleunigst zu mir nach Hause, damit wir Saalborg abfassen,“ meinte Harald. „Wir danken Dir, Azim. – Vorwärts –“ –

Wir schlichen durch den Garten. In unserem Arbeitszimmer schimmerte hinter den Vorhängen Licht.

„Steigen wir durch das Hinterfenster ein,“ meinte Harst. „Preatgar, Sie passen hier vorn auf –“

Das Hinterfenster stand noch offen. Als Harald mit der Taschenlampe hineinleuchtete, sahen wir, daß der Tote verschwunden war. –

Wir waren sehr bald im Vorderflur an der Tür des Arbeitszimmers.

Drinnen tiefe Stille.

Wir lauschten eine ganze Weile. Nichts regte sich.

Harst klinkte die Tür leise auf.

Rechts stand der Tisch. Die Petroleumlampe brannte.

Und in einem der Korbsessel saß – Vincent Saalborg – ohne falschen Bart, das Monokel im Auge, – ohne Perücke. Sein straff gescheiteltes blondes Haar glänzte schwach im Lampenlicht. Sein schmales, kühnes Gesicht war uns zugekehrt.

Er sah uns. Er zog die Stirn kraus, bewegte die Lippen, riß den Mund auf.

Harald war schon eingetreten.

„Wie – Sie sind gefesselt – haben einen Knebel im –“

Er kam[2] nicht weiter.

Von hinten stürzten sich mehrere Kerle auf uns, rangen uns nieder, würgten uns.

Azim schrie um Hilfe, verstummte bald. Man warf uns Decken über die Köpfe, fesselte uns, trug uns davon.

Wir flogen in einen Wagen, der draußen auf der Seitenstraße gewartet haben mußte. Es war ein Kastenwagen. Schwere Säcke preßten uns nieder, hielten uns fest.

Der Wagen jagte weiter.

Meiner Schätzung nach dauerte die Fahrt ½ Stunde. Dann spürte ich kühlere, feuchte Luft, hörte das Rauschen von kleinen Wellen.

Der Wagen hielt. Wir waren am Ufer eines Flusses angelangt. Es konnte ja nur der heilige Ganges oder sein Nebenfluß, die Dschamna sein, denn Allahabad liegt auf einer von den beiden Strömen gebildeten Halbinsel.

Die Säcke wurden entfernt. Man zerrte mich aus dem Wagen. Zwei Kerle trugen mich über einen hölzernen, dröhnenden Landungssteg auf ein schwankendes Schiff, dessen Bordwand sich quietschend an dem Stege scheuerte.

Man setzte mich, nachdem es ein paar Stufen abwärts gegangen war, auf einen harten Holzstuhl, band mich daran fest. – Ich roch den Dunst einer schlecht gereinigten Petroleumlampe, roch all die Ausdünstungen eines geteerten Fischerfahrzeugs.

Dann wieder Schritte. Sehen konnte ich nichts. Man brachte einen zweiten Gefangenen, dann einen dritten.

Das Knattern und Knallen eines Motors ertönte.

Das Fahrzeug setzte sich in Bewegung; die Schwankungen wurden regelmäßiger.

 

4. Kapitel.

Der zweite Diamantkäfer.

Hin und wieder kamen Leute die Treppe[3] der Kajüte hinab, flüsterten, lachten.

Der Motor arbeitete taktmäßig. Der Regen war zum Wolkenbruch geworden. Ich hörte das Prasseln gegen die Oberlichtfenster der Kajüte.

Meine Stricke schnitten tief in die Haut der Handgelenke ein. Ich war an Schmerzen gewöhnt. Außerdem hatte ich auch eine schmerzlindernde Ablenkung: ich grübelte darüber nach, wer die Leute sein könnten, die Saalborg, Azim und uns gefangen davonführten.

Ein Fahrzeug – ein Schiff! schoß es mir durch den Kopf. – Und – richtig! – hatte nicht Detektivinspektor Raap vorgestern im Union-Klub von Ganges-Piraten etwas erzählt?! Hatte nicht auch Saalborg heute in seiner Rolle als Jameson von Piraten gesprochen?!

Ja – Raap hatte von Frachtschiffen berichtet, die auf dem Ganges spurlos verschwunden waren. Sogar von einem Dampfer, nein, von der Dampfjacht eines Engländers, die man seit drei Monaten vermißte.

Ich besann mich immer genauer auf Einzelheiten.

Raap hatte zu Harald gesagt, es müsse sich hier um eine glänzend organisierte Bande handeln, die immer nach demselben Rezept arbeite: die Schiffsbesatzung würde durch irgend welche Mittel betäubt, fände sich dann irgendwo an Land wieder, ohne sich erklären zu können, wie sie betäubt worden sei und durch wen. – So war es auch mit der englischen Dampfjacht gewesen. Nur deren Eigentümer, ein junger reicher Londoner Kaufmann, sei mit der Jacht verschwunden. Die übrige Besatzung war in der Nähe eines Dorfes am Gangesufer völlig ausgeplündert wieder zum Bewußtsein gekommen. –

Konnten es nicht dieselben Piraten sein, die uns jetzt in ihrer Gewalt hatten? Konnten sie nicht den Inder Ahmed ermordet haben? Hatte Saalborg nicht gesagt, er hätte drei Inder als Mörder beobachtet? –

Das Motorboot setzte seine Fahrt immer noch fort. Mir fehlte jeder Anhalt, wie lange wir unterwegs waren.

Dann verstummte das Geräusch des Motors. Die Schiffsschwankungen waren schon eine Weile vorher ganz schwach geworden. Das Boot mußte in einen Nebenfluß eingebogen sein.

Jetzt legte es irgendwo an. Ich hörte Rufe und eilige Schritte an Deck. Der Regen war vorüber. Polternde Füße kamen die Treppe hinab.

Flüstern – allerlei Geräusche.

Man trug einen von uns hinaus. Dann band man mich vom Stuhle los, führte mich, nachdem mir auch die Fußfesseln gelöst worden waren, die Treppe empor, über eine Laufplanke, durch rauschende Büsche über einen Kiesweg, fünf Stufen empor, durch eine offene Halle mit Holzdielen, endlich über weiche Teppiche in ein Zimmer, drückte mich in einen Ledersessel mit hoher Rücklehne und Armstützen, band mir die Arme an die Stützen und die Beine an die Sesselfüße.

All das war mir nichts Neues. Und deshalb beschlich mich auch nicht einen Augenblick ein Gefühl der Furcht. Wir hatten schon andere Situationen durchgemacht. Harald und ich – ganz andere! –

Dann – wurde mir das Tuch vom Kopf gezogen. Ich blinzelte in das grelle Licht einer großen Acetylen-Hängelampe. Ich befand mich in einem modern eingerichteten Zimmer. Vor mir stand ein langer Tisch. Rechts von mir saß Harst, genau so gefesselt. Dann kam Vincent Saalborg in derselben Stellung – im hohen Lehnsessel, das Monokel noch immer im Auge.

Und uns gegenüber saßen drei Inder in weißen Leinenanzügen mit Turbanen und sehr langen grauen Seidenmasken vor den Gesichtern.

Vor dem, der in der Mitte saß, lagen auf der buntseidenen Tischdecke zwei Gegenstände: ein kleines Holzschächtelchen und eine längliche, schmale Kiste, die vorn ein Loch hatte. Aus diesem Loch ragte der Kopf einer Kobra hervor, einer Brillenschlange, der man durch die Haube Drähte gezogen hatte, so daß sie mit dem Leibe in dem Kistchen bleiben mußte.

Wir drei Gefangenen hatten uns gegenseitig kurz gemustert. Harald hatte mir zugenickt, und Saalborg hatte ironisch-blasiert gelächelt.

Die Maskierten schwiegen noch immer.

Saalborg wurde die Geschichte offenbar langweilig. Er räusperte sich und sagte zu Harald:

„Verehrtester Herr Harst, da sitzen wir ja fein in der Patsche! Ich fürchte beinahe, diese drei Karnevalsonkels uns vis-a-vis wollen die Schlange als sanftes Überredungsmittel benutzen. Habe keine Ahnung, was die Schurken eigentlich beabsichtigen. Als ich Ihr Haus betrat, nachdem ich Sie beide zu meinem Bedauern hatte einsperren müssen, fielen sofort ein paar rüde Burschen über mich her. Ich kam gar nicht dazu, nach der Zeichnung zu suchen.“

Harald sagte nichts. Er blickte die Kobra an, die verzweifelte Anstrengungen machte, freizukommen. Dann wandte er sich an den mittleren der drei Stummen:

„Wo habt Ihr den alten Azim und den Matrosen Preatgar gelassen?“

„Sie sind tot,“ antwortete der Inder in leidlichem Englisch, aber mit einer offenbar verstellten Stimme.

„So so – also tot. Und wir?“

„Auch Ihr werdet sterben –“

Da lachte Saalborg laut auf.

„Mein Junge, Du bist nicht ganz bei Trost!“ meinte er. „Wenn wir sterben sollen, hättet Ihr uns schon im Flusse ersäuft und nicht erst hierher geschleppt.“

Harald drehte den Kopf nach Saalborg hin.

„Überlassen Sie mir bitte die Unterhandlungen!“

„Gern – sehr gern! Ich werde schweigen, Herr Harst. Diese Idioten da sollten aber –“

Der „Sprecher“ rief dazwischen:

„Still, Du elender Gauner! Sonst!“

Ich beobachtete Saalborg. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Aber er sagte trotzdem mit ironischer Höflichkeit:

„Mein Junge, ein Gauner bin ich, aber kein elender. Ich nehme nur denen, die zu viel haben. Du aber gehörst offenbar zur Sorte der allergewöhnlichsten Halsabschneider, die nicht Hirn genug im Schädel haben, als Gentleman zu stehlen. Du bist vielleicht einer der von der Polizei so eifrig gesuchten Ganges-Piraten –“

Der „Sprecher“ griff nach dem Holzkistchen und beugte sich über den Tisch, hielt den Kopf der Kobra dicht vor Saalborgs Gesicht und rief heiser:

„Schweig’, Du Lump!“

Dann setzte er sich wieder und stellte den Kasten auf den Tisch zurück, richtete nun das Wort an Harst:

„Sie drei sind die einzigen außer uns, die von dem Geheimnis des goldenen Leuchters das Wichtigste kennen: die Zeichnung! – Wenn Sie, Master Harst, uns diese Zeichnung deuten können, wenn Sie drei dann schwören, daß Sie sich mit dieser Angelegenheit und mit uns in keiner Weise mehr befassen wollen, dann werden wir Sie nachher freigeben. Das schwören wir Ihnen als rechtgläubige Mohammedaner beim Barte des Propheten.“

Harald schien zu überlegen. „Sie geben also zu, daß Sie uns nur deshalb hierher geschleppt haben, damit ich für Sie die Zeichnung enträtsele,“ sagte er gleichgültig. „Ich fürchte, ich werde Sie enttäuschen. Ich habe bereits ein paar Abende über die Bedeutung des Seidenstücks nachgegrübelt. Ich spreche die Wahrheit: mir ist die Enträtselung nicht gelungen. Ob sie mir jetzt gelingen wird, bezweifle ich.“

Der Maskierte hatte die Arme auf den Tisch gestützt und spielte mit dem kleinen Holzschächtelchen, das mit allerlei Schnitzereien verziert war.

„Vielleicht gehört, um die Zeichnung ergründen zu können, etwas Zweites dazu, Master Harst,“ meinte er langsam.

Ich horchte auf. – Ah – etwas Zweites! Das konnte nur der zweite Diamantkäfer nebst Inhalt sein! – Woher wußte der Mensch all das – woher?!

Harald spielte den Erstaunten. „Etwas Zweites? Wie soll ich das verstehen?“ fragte er interessiert.

„Sie wissen also nichts von diesem anderen Teil, dieser anderen Hälfte des Geheimnisses des Leuchters?“

„Andere Hälfte?! Ja – der Leuchter kann aufgeschraubt werden –“

Es war ein Genuß, Harst zu beobachten. Wie armselig dumm war doch dieser Sprecher!

„Ich sehe, Sie sind nur zum Teil eingeweiht,“ meinte er jetzt und klappte das Schächtelchen auf. „In der Truhe in der alten Moschee in den Kaimur-Bergen war auch noch dieses Kästchen aufbewahrt.“

Er zog einen Wattebausch heraus und breitete ihn auseinander.

Es kam – der zweite Diamantkäfer zum Vorschein, dessen Ober- und Unterteil nur lose sich deckten und von selbst sich trennten, als der Sprecher den Käfer berührte, der tatsächlich ein zweites Seidenstück enthielt.

„Wir werden Ihnen die Linke freimachen, Master Harst,“ sagte der Maskierte nun. „Dann können Sie sich dieses zweite Seidenstück betrachten.“ –

Ein anderer der Maskierten fesselte Harst den linken Arm los.

Der Sprecher reichte ihm das Seidenstück, indem er gleichzeitig einen Revolver hervorholte und auf Harst hielt.

„Bei der ersten verdächtigen Bewegung schieße ich, Master Harst,“ warnte er streng.

Harald achtete nicht darauf, legte die Seide auf den Tisch und glättete sie.

„Also eine zweite Zeichnung!“ meinte er. „Ich darf sie Schraut wohl zeigen?“

„Bitte –“ –

Harst hielt mir die Zeichnung hin. Und, ohne die Lippen zu bewegen, hauchte er mir zu:

„Jetzt hab’ ich’s!“

Dann legte er die Zeichnung wieder auf den Tisch, sagte zu dem Sprecher: „Können Sie mir eine recht große Karte von Vorderindien beschaffen? Ich brauche sie. Außerdem brauche ich einen schweren Stein und einen Strick. Auch muß die Hängelampe herabgenommen werden, damit der Pendel über dem Tische schwebt und über der Karte.“

„Wozu das?“

„Wie – sollten Sie wirklich nicht erkannt haben, daß das große Viereck Vorderindien darstellt?! Die Buchstaben B G A sind eine Abkürzung von Bengalen oder besser Meerbusen von Bengalen. Und der liegt zwischen Vorder- und Hinterindien. Der punktierte Strich von der Spitze des Vierecks läuft auf eine eiförmige Figur zu. Strich und Figur deuten einen Pendel an nebst Gewicht, das unten hängt. – Ich weiß ja nicht, ob ich auf diesem Wege ans Ziel gelangen werde, hoffe es aber. Fragen Sie jetzt nicht. Besorgen Sie Karte, Strick und Stein, der möglichst schwer und rund sein muß, und geben Sie mir eine Zigarette. Oder darf ich mir mein Etui aus meiner Brusttasche selbst herausnehmen?“

„Bitte. Ihre Pistole steckt ja in der Beinkleidtasche.“

Harst rauchte und starrte auf die Zeichnung. Einer der Maskierten war hinausgegangen; der andere hob die Hängelampe vom Haken und zündete zwei Stehlampen an.

Dann kam der Mann mit einer sehr großen Eisenbahnkarte Vorderindiens zurück, fragte: „Genügt die?“

„Ja.“

Der andere brachte gleich darauf eine lange Leine und einen Stein von der Größe eines Kinderkopfes.

„Knoten Sie den Stein an einem Ende des Strickes fest,“ befahl Harst. „Aber so, daß er nicht herausgleiten kann.“

Er hatte jetzt sein Taschentuch in der Hand, fuhr sich damit über die Stirn und warf es zusammengeballt scheinbar achtlos auf den Tisch.

Scheinbar! – Er warf es so, daß es gerade vor den Kopf der Kobra fiel, die sofort wütend danach schnappte und mehrmals hineinbiß.

Es ist bekannt, daß die Giftdrüsen einer stark gereizten Giftschlange schon nach dem dritten Biß völlig entleert sind und daß das Reptil, wenn man es zum Beispiel des öfteren in ein Tuch beißen läßt, ganz ungefährlich wird.

Niemand hatte auf diesen kleinen Trick Harsts geachtet. Ich aber wußte, was er damit bezweckt und auch erreicht hatte: die Kobra schied als Schreckmittel aus! Sie hatte mindestens siebenmal in Harsts Taschentuch hineingebissen. Erst nach zwei bis drei Tagen füllten sich ihre Giftdrüsen wieder. –

Der eine Maskierte befestigte die Leine nun auf Harsts Geheiß so an dem Lampenhaken, daß der Stein etwa vierzig Zentimeter über der Mitte des Tisches schwebte.

Dann mußten die beiden Maskierten die Karte senkrecht hoch halten und zwar so, daß sie unten den Tisch berührte und auch den Stein des Pendels.

Der Sprecher hatte den Schlangenkasten etwas beiseite geschoben, hielt den Revolver aber stets schußbereit und sagte nun mißtrauisch:

„Was soll das alles, Master Harst?! Ich warne Sie nochmals! Wenn Sie hier Dummheiten machen, werfe ich Ihnen die Schlange in den Schoß und drücke ab. Ich passe genau auf! Mich überlisten Sie nicht!“

„Will ich auch gar nicht,“ meinte Harald eifrig. „Alle meine Gedanken sind jetzt auf das Experiment konzentriert. Begreifen Sie denn noch nicht, daß es darauf ankommt, auf der Karte den Punkt zu finden, der durch das schräge lateinische M angedeutet ist?! – Die eine Lampe muß ausgelöscht werden, die andere muß dort rechts stehen, damit die Leine einen Schatten auf die Karte wirft. Schnell doch! Ich bin so überaus gespannt, ob meine Vermutung zutrifft. Ich liebe solche Experimente über alles.“ –

Die Lampe stand auf dem richtigen Platz.

„Wenn es doch gelingen würde!“ sagte Saalborg ungeduldig. „Master Harst, ich verstehe vollkommen, daß es sich um etwas Ähnliches wie bei der Aufnahme der Sonnenhöhe auf einem Schiffe handelt.“

Das war Blödsinn. Aber – selbst der hellste Unsinn wirkt, wenn er mit der nötigen Überzeugungskraft vorgetragen wird.

Der Sprecher begann nun selbst vor Erwartung erregt zu werden.

Harst hatte sich weit vorgebeugt.

„Etwas mehr nach links die Lampe!“ befahl er. „Und – halten Sie die Karte straffer – mit beiden Händen!“

Dann stieß er den Stein leicht an. Das Pendel schwebte hin und her.

Er hielt es wieder an.

„Noch mehr nach links die Lampe!“ rief er. „Es muß glücken.“

Abermals gab er dem Pendel einen Stoß und beobachtete den hin und her gleitenden Schatten des Stricks.

„Haben Sie’s gesehen!“ sagte er triumphierend zu dem Sprecher. „Haben Sie’s gesehen?!“

„Was denn?“ – Der Mann hatte sich vorsichtig vom Tisch etwas zurückgezogen, kam jetzt aber näher.

„Nun – die Stelle – die Stelle!“ rief Harst „Wir haben’s! Wir haben’s! Schauen Sie nur recht genau hin. Ich werde den Pendel nachher in der richtigen Lage festhalten –“

Zum dritten Male schwang der Stein hin und her.

„Jetzt!“ schrie Harald.

Er packte die Leine dicht über dem Stein. Und da der Stein gerade von Harald ab nach hinten geschwungen hatte, genügte eine kurze Handbewegung, ihm eine Drehung nach rechts zu geben – eine Handbewegung, die nach Kraft und Richtung so genau abgeschätzt war, daß der beabsichtigte Erfolg auch eintrat.

Der Sprecher war jetzt viel zu gierig auf die Lösung des Rätsels, als daß er den Revolver besonders fest gehalten hätte. Sein Mißtrauen war künstlich wieder eingeschläfert worden.

Der Stein traf seinen rechten Ellenbogen.

Der Revolver flog ihm aus den Fingern. Wohin er flog, beachtete ich nicht. Meine ganze Aufmerksamkeit gehörte der Fortsetzung von Harsts fein berechnetem Spiel.

 

5. Kapitel.

Die Ganges-Piraten.

Der Stein hatte abermals blitzschnell seine Richtung geändert.

Ein dumpfer Schlag, und der Sprecher sank, vor die Stirn getroffen, zu Boden.

Der auf derselben Tischseite stehende Maskierte wollte zurückspringen. Der schwere Stein kam ihm zuvor. Der Schläfenhieb genügte. Lautlos glitt der Inder unter den Tisch.

Harst hatte schon die Leine des Pendels losgelassen. Der Maskierte auf seiner Tischseite tat einen Satz nach rückwärts, um einem ähnlichen Angriff zu entgehen.

Harald erwischte ihn gerade noch am Jackenaufschlag, riß ihn zurück, daß er halb über den Tisch zu liegen kam, und versetzte ihm von der Seite einen solchen Fauststoß gegen die Herzgegend, daß auch dieser Feind langsam auf die Dielen rutschte.

„Glänzend!“ sagte Saalborg. „Glänzend, verehrtester Herr Harst –“

Ich blickte hin. Saalborg hatte zu meiner Überraschung beide Arme frei und in der Linken den Revolver, in der Rechten aber ein offenes Taschenmesser, mit dem er jetzt auch seine Fußfesseln durchschnitt.

Er stand auf, steckte das Messer ein und fuhr fort:

„Muß ich verduften, Herr Harst? Oder darf ich auf Ihre Großmut rechnen? Wenn Sie mich nicht festnehmen wollen, bleibe ich gern –“

„Bleiben Sie. Eine solche Situation werde ich nie zu Ihrem Nachteil ausnutzen, Saalborg,“ erklärte Harald.

Der Gentleman-Gauner verbeugte sich.

„Dann darf ich Sie wohl losschneiden,“ meinte er. „Sie könnten sich ja die Stricke allein aufknoten, aber das dauert länger. Und der eine Kerl regt sich schon.“ –

Wir waren frei.

„Schließen Sie die Türen ab,“ sagte Harst zu Saalborg.

Wir beide banden schnell den drei Maskierten die Hände auf dem Rücken zusammen und setzten sie in ihre Sessel.

Ich wollte auch dem Sprecher die Maske abnehmen. Harald winkte mir jedoch zu.

„Es ist nicht nötig!“ meinte er.

Wir drei warteten, bis sie wieder zu sich gekommen waren. Wir saßen ihnen gegenüber. Den Schlangenkasten hatte Harst vor sich auf den Tisch gestellt. Die beiden Genossen des Sprechers waren ältere, intelligent aussehende Inder.

Nun waren sie alle drei wieder bei Bewußtsein.

Wir hatten unsere Pistolen bereit. Saalborg legte jetzt den Revolver des Sprechers vor diesen hin und sagte: „Bitte – bedienen Sie sich, Sie unglaublicher Esel! Übrigens – wenn Harsts famoser Pendel-Plan nicht geglückt wäre, – ich hatte beide Arme schon frei. Sie haben keine Ahnung, wie man Leute fesselt. Wenigstens keine Ahnung, wie man dies bei Vincent Saalborg tun muß!“

Die drei Kerle regten sich nicht.

„Ich habe Ihnen absichtlich die Maske belassen,“ wandte Harst sich darauf an den Sprecher. „Ich weiß, wer Sie sind. Sie sind der treulose Freund der Familie Mohammed ben Gondar – Azim Misra, der Elfenbeinhändler, der uns nur deshalb aus der Zelle befreite, um uns in unserem Hause von seinen Helfershelfern überfallen zu lassen. Ich gebe zu, ich habe dieses trügerische Spiel erst hier durchschaut und zwar in dem Augenblick, als ich Ihre verstellte Stimme hörte, Azim Misra, und als Sie behaupteten, der alte Azim und Preatgar wären tot. – Ihre Absicht war klar: ich sollte die Zeichnungen deuten, und dann wären wir drei für immer verschwunden – trotz Ihres Schwures beim Barte des Propheten, der für Sie nichts gilt, denn Sie sind alle drei Hindu, nicht Mohammedaner! – Schraut, jetzt nimm ihm die Maske ab!“ –

Ja – es war Azim Misra! Es war unser „Retter“ aus der Gefängniszelle!

Aber dieser würdige Greis war so leicht nicht einzuschüchtern. Im Gegenteil: der Kerl hatte die Frechheit, Harald gegenüber den Gekränkten zu spielen und unsere Gefangennahme als harmlosen Scherz hinzustellen. Und – er machte die Sache gar nicht ungeschickt. Das mußte man ihm lassen.

Harst unterbrach ihn nicht. Als Azim mit seiner Verteidigungsrede fertig war, fragte Harald nach kurzer Pause:

„Wo haben Sie die zweite Zeichnung und den zweiten Diamantkäfer her?“

Ah – das brachte ein neues Moment in diese ernste Aussprache.

Azim schaute zur Seite. „Ich sagte Ihnen ja schon, Master Harst: der zweite Käfer wurde ebenfalls in der alten Moschee –“

„Lüge!“ rief Harald. „Azim, Sie unterschätzen mich. Sie haben das Geheimnis des Leuchters den Mitgliedern der Familie Gondar – gestohlen, indem Sie sie belauschten, als sie Ihre Gäste waren! – Ich frage Sie nochmals: wie gelangten Sie in Besitz des zweiten Käfers?“

„Ich habe die Wahrheit gesagt, Master –“

Das Folgende erstickte in einem Angstschrei.

Harst hatte dem Schlangenkasten einen Stoß gegeben, und der Kasten war dem Alten auf den Schoß geflogen. Die Kobra hatte auch sofort zugeschnappt, hatte Azim in den Oberarm gebissen.

Azim sprang jetzt auf. Der Kasten fiel zu Boden.

Ich stand noch hinter dem Alten, drückte ihn wieder in den Armstuhl zurück.

„Azim,“ sagte Harald schnell, „gestehen Sie alles ein, und ich werde Sie vor den Folgen des Schlangenbisses retten! Ich vermute, daß der Mann aus fremdem Lande, den die Familie Gondar mit dem zweiten Diamantkäfer erwarten sollte, jener Engländer Clarke gewesen ist, der zugleich mit seiner Dampfjacht verschwand, während die übrige Besatzung am Leben gelassen wurde.“

Über des Greises Stirn perlten die Schweißtropfen der Todesangst. Er zögerte noch, stieß dann hervor:

„Ja – ja – es ist so!“

„Wie erfuhren Sie, Azim, daß gerade Clarke der Erwartete war?“

„Helfen Sie mir erst!“ kreischte Azim. „Helfen Sie mir! Dann will ich alles sagen –“

„Ich werde Ihnen helfen. Ich besitze ein Mittel, das Sie noch im letzten Augenblick retten wird!“

„Nun – wir nahmen Clarkes Jacht, und –“

„Also sind Sie einer der Ganges-Piraten?“

„Ja. – Und ich fand in Clarkes Tasche dieses Kästchen, zwang ihn –“

„Schon gut. – Wo befindet sich Clarke jetzt? Und – wo haben Sie die Mitglieder der Familie Gondar gelassen? Sind sie alle ermordet worden?“

„Nein – nein, – sie leben, Master Harst. – Oh – Sie werden mir Ihr Mittel zu spät geben! Die Kobra –“

„Wo sind die Leute?“ fragte Harald kurz.

„Hier in den Kellern dieses meines Bungalows, der zu meiner Plantage gehört –“

„Wer befindet sich außer Ihnen dreien noch hier?“

„Sechs Diener. Sie schlafen im Anbau –“

„So. Ich bin zufrieden, Azim. Die Giftdrüsen der Kobra sind leer. Sie hat mehrere Male in mein Taschentuch gebissen. – Saalborg, bewachen Sie hier die drei. Schraut und ich werden die Keller durchsuchen.“

Er ging um den Tisch herum, nahm Azim ein Schlüsselbund aus der Tasche. – „Sind die Kellerschlüssel dabei?“ fragte er.

Azim antwortete mit einer Verwünschung. –

Wir fanden uns im Hause leicht zurecht, fanden auch die Gefangenen. Aber – in welchem Zustande! Hohläugige, schmutzstarrende, stinkende Gerippe wankten uns entgegen. –

Wir führten sie nach oben. Der junge Engländer Clarke stützte sich schwer auf meinen Arm. –

Dann folgte der Schluß des Dramas – folgte so blitzschnell, daß wir nicht hindernd dazwischen treten konnten.

Hussein, der Verlobte Lardas, war wie ein Panther auf den Tisch zugesprungen, hatte Azims Revolver ergriffen – drückte ab.

Azim sank in sich zusammen. Aus dem Einschuß in der Stirn lief ihm ein schmaler Blutfaden die Nase entlang. –

Clarke, den ich in einen Sessel gesetzt hatte, lachte schrill auf.

„Der Schurke hat’s verdient!“ keuchte er. „Er hat mich hungern lassen. Er glaubte, ich kenne das Geheimnis der Zeichnung in dem Diamantkäfer. Und – ich weiß noch heute nicht, was sie bedeutet –“ –

Wir haben dann noch die Diener im Anbau ohne Mühe überwältigt. Einer von ihnen legte vor der Polizei ein umfassendes Geständnis ab. Am Morgen wurde die ganze Piratenbande, alles Leute, denen niemand bis dahin mißtraut hatte, dingfest gemacht. Ihr Anführer war Azim Misra gewesen. Es waren im ganzen 23 Mann. Sie hatten in zwei Jahren Millionen zusammengeraubt.

Vincent Saalborg hatte sich noch in dem Bungalow Azims von uns verabschiedet – mit höflicher Verbeugung, feinem Lächeln und den Worten:

„Der Kampf zwischen uns geht also weiter, Herr Harst. Ich freue mich, daß wir beide bisher der Allgemeinheit durch diese Wette nur genützt haben, da wir bereits eine ganze Anzahl von Verbrechern unschädlich machen konnten – von Verbrechern jener Sorte, die ich verachte. – Herr Harst – Herr Schraut – ich habe die Ehre!“

Damit verschwand er. –

Wir hatten James Clarke mit in unser Haus genommen, wo er sich schnell erholte.

In unserem Hause in Allahabad begann dann auch der zweite Teil der „Ganges-Piraten“.

Wie er begann, wird der Leser gleich sehen.

 

 

Das Zauberschloß der Miß Arbuton

 

1. Kapitel.

Das Schicksal der Familie Clarke.

„Sie gestatten dann also, Master Clarke, daß ich die Beteiligten zu morgen vormittag hierher bitte,“ sagte Harald zu dem jungen Londoner Großkaufmann, der vor uns im Schatten eines großen Baumes im Liegestuhl ruhte. „Sie haben sich jetzt so weit erholt, daß wir das Geheimnis der beiden Diamantkäfer in Gegenwart der Eingeweihten weiter erörtern und insbesondere von Ihnen den Bericht über das entgegennehmen können, was Sie bisher nur andeutungsweise als „Das Schicksal der Familie Clarke“ bezeichneten. Absichtlich unterließ ich bisher alle Fragen nach den näheren Umständen, wie der zweite Diamantkäfer einst in den Besitz Ihrer Familie gelangt ist, da eine andere Familie, eben die des alten Mohammed ben Gondar, fraglos ein Recht darauf hat, gleichzeitig mit uns Aufschluß über diese Dinge zu erhalten.“

Der sechsundzwanzigjährige Chef der Londoner Firma, Allan Clarke, Juwelengroßhandlung, wurde stets recht nervös, wenn das Gespräch auch nur entfernt das Thema „Diamantkäfer“ berührte. Das hatten wir seit seiner Befreiung schon wiederholt festgestellt. Und Harald hatte in Bezug auf diese Tatsache einmal mir gegenüber erklärt: „Lieber Alter, Clarke ist ja ein sehr netter, sympathischer Mensch. Aber –!“

Und dieses „Aber“ konnte ich mir nach Gutdünken auslegen. Denn mehr sagte Harst nicht. –

Und jetzt – jetzt fuhren James Clarkes Hände wieder unruhig hin und her, während sein Blick an uns vorüber in den blauen, sonndurchglühten Äther gerichtet war.

„Hat – hat das nicht noch Zeit?“, meinte er dann.

Es war keine Frage, weit eher eine Ablehnung von Haralds Vorschlag.

„Wie Sie wollen,“ erwiderte Harst darauf merklich kühl.

Clarke wurde noch verlegener. Seine etwas ausdruckslosen graublauen Augen suchten Haralds Gesicht.

„Oh, mißverstehen Sie mich nicht, Master Harst,“ rief er leise. „I – ich möchte nur nicht gerade auch vor diesen Indern, die doch schließlich immer nur Farbige bleiben, über unsere Familie sprechen. Wenn Sie erst wüßten, was ich mit dem „Schicksal der Clarkes“ meine, würden Sie mich voll und ganz begreifen – voll und ganz!“ – Diese beiden Wörter schien er sehr zu lieben. Bei ihm war vieles „voll und ganz“.

„Na – dann können Sie ja auch erst uns beiden allein alles erzählen, lieber Clarke,“ nickte Harald wieder bedeutend freundlicher. „Ich glaubte schon, Sie wollten die Sache mit den Gondars allein ins Reine bringen.“

„Keine Rede, verehrter Master Harst! – Keine Rede davon. – Also hören Sie. Sie werden staunen, welchen merkwürdigen Einfluß der Diamantkäfer auf uns Clarkes ausübte.“

Er griff mit leicht bebender Hand nach einer Zigarette. Ich reichte ihm Feuer. Er rauchte drei Züge, warf die Zigarette ins Gebüsch, stieß hervor:

„Mein Vater ist nicht tot, Master Harst, wie Sie beide bisher annahmen. Er befindet sich in einer Nervenheilanstalt, ist also – geistig tot, genau so wie vier andere Clarkes –“

„Ah – das hätte ich nicht gedacht,“ meinte Harald und beugte sich interessiert vor. „Also sind fünf Clarkes gemütskrank – fünf!“

„Ja – unheilbar wahnsinnig sogar, deshalb auch entmündigt und tot für die Welt; deshalb bin ich Chef des Hauses Allan Clarke geworden – obwohl noch so jung.“

Harald lehnte sich wieder in seinen Korbsessel zurück, blies den Rauch seiner Mirakulum in Wölkchen von sich und sagte langsam:

„Ihre Nervosität rührt mit von der Angst vor einem gleichen Schicksal her, nicht wahr?“

„Ist das ein Wunder, Master Harst?! Ist dies überhaupt ein Leben für mich?! Wenn hinter Ihnen stets das Gespenst des Wahnsinns lauern würde, dann wären Sie –“

„Regen Sie sich nicht auf, Clarke. – Berichten Sie alles möglichst kurz.“

„Das kann ich, denn es gibt ja nicht viel zu erzählen – Wir Clarkes sind seit über hundert Jahren Inhaber der Firma Allan Clarke. Wir haben Zweiggeschäfte in Amsterdam, Paris und Neuyork. Unser Vermögen ist sehr groß. Wir sind nächst Lord Chofburry die reichste Familie Englands.“

„Also fast Milliardäre.“

„Ja – es fehlt nur wenig daran. – Mein Vater Thomas Clarke und dessen älterer Bruder Stuart übernahmen das Geschäft im Jahre 1891 von ihrem Vater Edward Clarke. Beide Brüder waren verheiratet. Der ältere, also mein Onkel Stuart, hatte drei Söhne, sämtlich älter als ich. Ich war und blieb das einzige Kind meiner Eltern. Im Jahre 1895 erkranken meine drei Vettern nacheinander an Gehirnentzündung. Innerhalb von elf Monaten waren sie lebende Leichen – alle drei, waren als unheilbar geisteskrank hinter den Mauern einer Privatirrenanstalt begraben. Meine Tante, ihre Mutter, starb vor Gram. Drei Jahre darauf wurde Onkel Stuart bei einem öffentlichen Festessen ganz plötzlich irrsinnig. Er kam in die gleiche Anstalt.“

„Eine Frage,“ warf Harald ein. „Hatte Ihr Onkel Stuart sich den Tod seiner Gattin und das traurige Schicksal seiner Söhne sehr zu Herzen genommen?“

„Ja und nein. – Onkel Stuart war ein Mann von eisernen Nerven. Er hatte fraglos furchtbar gelitten. Anderseits besaß er so viel Energie, sich durch diesen Seelenschmerz nicht niederbeugen zu lassen. Er hat nach meiner Tante Hinscheiden verschiedentlich zu mir gesagt: „James, Du wirst einst der letzte Clarke sein, das heißt, insofern der letzte, als nun das besondere Erbe der Familie auf Dich übergehen wird, während es sonst Charles zugefallen wäre. Laß Dich vom Schicksal nie unterkriegen James! Werde ein ganzer Mann!“ – Charles war mein ältester Vetter. – Damals habe ich Onkel Stuart wiederholt gefragt, was er unter dem besonderen Erbe verstehe. Er erwiderte immer: „Später, James, später! Jetzt ist erst Dein Vater an der Reihe.“ – Diese Andeutungen haben sich, wie ich nachher erkannte, auf den Diamantkäfer bezogen.“

Er machte eine kurze Pause, griff wieder nach einer Zigarette und machte hastig ein paar Züge.

„Nun war also Ihr Vater allein Chef der Firma,“ meinte Harald. „Eines Tages wird er sich dann mit Ihnen in sein Arbeitszimmer eingeschlossen haben und –“

„Ja – ja, – so war es. – Dies geschah im Jahre 1903, als die Ärzte der Anstalt erklärt hatten, daß mein[4] Onkel und meine Vettern nie mehr gesund werden könnten. Mein Vater hatte in unserer Villa in Kensington einen Tresor stehen. Aus diesem Tresor entnahm er, nachdem er die beiden Türen seines Arbeitszimmers verriegelt und die Türvorhänge zugezogen hatte, einen versiegelten sehr dicken Brief, auf dem in vergilbten Buchstaben zu lesen war:

Jeder älteste Clarke hat seinem Sohne oder, falls ein solcher nicht vorhanden, seinem Bruder, stets also dem nach den Familienbestimmungen zukünftigen Chef der Firma diesen Brief zu zeigen, darf ihn aber nicht öffnen. Dies hat erst dann zu geschehen, wenn die Familie Clarke nur mehr einen einzigen männlichen Vertreter haben sollte und die Gefahr somit besteht, daß dieses besondere Erbe der Familie bei plötzlichem Hinscheiden dieses letzten Clarke in fremde Hände geraten könnte.

Allan Thomas Edward Clarke.

London, den 2. Juni 1799.

So lautete die Aufschrift des vielfach versiegelten Umschlags. Allan Thomas Edward Clarke war mein Urgroßvater.

Mein Vater ließ mich diese Aufschrift lesen, zeigte mir, daß die Siegel unberührt waren, und sagte dann: „Was dieser Umschlag enthält, weiß ich nicht. Auch Dein Onkel Stuart, der ihn mir vorwies, wußte es nicht. Wir haben auch keine Ahnung, was er enthalten könnte. Du bist jetzt, noch ein Jüngling, der nächstberechtigte für dieses besondere Erbe. Du kennst jetzt den Aufbewahrungsort dieses Briefes. Sollte mir etwas zustoßen, bevor Du Dich verheiratet hast und selbst Vater eines Sohnes bist, mußt Du den Umschlag öffnen. – So – ich habe meine Pflicht erfüllt.“

Er schloß den Umschlag wieder weg. – Wir haben dann noch des öfteren uns über dieses Geheimnis des „besonderen Erbes“ unterhalten. Mein Vater sagte mir, daß er lediglich vermute, dieses Geheimnis könne vielleicht mit dem Aufenthalt meines Urgroßvaters in Indien zusammenhängen, wo dieser zwanzig Jahre geweilt und den Grundstock zu dem Vermögen der Clarkes gelegt hätte.

Es vergingen abermals viele Jahre. Dann ereilte meinen Vater vor drei Monaten das gleiche Schicksal seines Bruders und seiner Neffen: eines Morgens erschien er am Frühstückstisch im – Hemd, benahm sich so seltsam, daß ich einen Arzt holen ließ. Gerade als dieser eintraf, bekam mein Vater einen Tobsuchtanfall und – und –“

James Clarke tupfte sich den Schweiß von der Stirn.

„– und erstach seinen Diener Robert mit einer alten Hellebarde,“ vollendete er leise.

Eine lange Pause.

Harald starrte vor sich hin auf den Gartenweg, wo ein buntschillernder Riesenschmetterling soeben von einer blitzschnell herabschießenden indischen Schwalbe weggeschnappt wurde.

Dann sagte Harst:

„Sie öffneten nun den Umschlag?“

„Erst nach einem Monat, – bis die Ärzte mir erklärt hatten, mein Vater könne nie mehr gesund werden. – Als ich mit dieser Gewißheit in unsere Villa heimkehrte, schloß ich mich in das Arbeitszimmer meines Vaters ein –“

„Verzeihung, Clarke. Und Ihre Mutter?“

James Clarke runzelte die Stirn. Seine Rechte ballte sich zur Faust.

„Ich – ich habe keine Mutter mehr,“ sagte er erregt. „Nein – ich darf keine Mutter mehr haben. Sie – sie ist vier Jahre vor dieser Katastrophe, vor dem Ausbruch des Wahnsinns meines Vaters, auf und davon gegangen.“

„Entschuldigen Sie, Clarke. Ich muß aber gründlich sein. Floh sie etwa mit einem anderen Manne?“

„Ja – ja! Sie war fünfzehn Jahre jünger als mein Vater, der sie als Sechzehnjährige, blind vor Leidenschaft, aus den armseligsten Verhältnissen in die glänzende Umgebung einer Frau Clarke emporhob. Sie war eine blendende Schönheit noch mit vierzig Jahren. Wenn ich mit ihr ausging, hielt man uns stets für Geschwister.“

„Mit wem floh sie?“

„Das weiß niemand. – Die Ehe meiner Eltern war recht unglücklich. Mein Vater war Geschäftsmann, nebenbei ein Gelehrter. Er mag sie vernachlässigt haben. – Mein Vater ließ Nachforschungen über ihren Verbleib anstellen. Sie hatte nur einen Zettel zurückgelassen:

Ich kann nicht mehr bei Dir bleiben! – Alix.

Das war alles. – Mein Vater hatte zwei der besten Londoner Privatdetektive angenommen. Sie konnten nur eins ermitteln: daß meine Mutter in Dover das Tourschiff nach Calais mit einem schlanken, weißbärtigen Herrn bestiegen hatte. Dann verlor sich jede Spur. – Ich habe meinem Vater damals geloben müssen, daß meine Mutter für mich nicht mehr existieren dürfe.“

„Man hat von dieser Frau also nie mehr etwas gehört?“

„Nie! Man fand nur ein halbes Jahr nach ihrer Flucht in der Themse die gänzlich verweste und daher nicht mehr erkennbare Leiche eines blondhaarigen Weibes in sehr ärmlicher Kleidung, die auf der Brust einen Ehering mit den Anfangsbuchstaben Th. E. und dem Datum 11. 9. 1884 – dem Verlobungstage meiner Eltern – trug. Einer der Detektive holte meinen Vater, damit dieser feststelle, ob die Tote meine Mutter sei. Diese Feststellung war nicht mehr möglich. Im übrigen bezweifelte mein Vater auch, daß es seine verschwundene Frau wäre.“

„Noch eine Frage, lieber Clarke. Hat Ihre Mutter Ihren Vater geliebt, – ich meine, aus Neigung geheiratet?“

„Niemals! – Nein – sie liebte ihn nicht. Ich war ja alt genug, um Beobachtungen zu machen und daraus meine Schüsse zu ziehen. Ich behaupte, sie hat ihn heimlich gehaßt. Sie war ganz Weltdame, suchte allerhand Zerstreuungen, reiste sehr viel, stets in Begleitung ihrer Zofe, mit der sie recht vertraut stand, war oft monatelang in Italien, in der Schweiz oder in Algier –“

„So – danke. – Und dann?“

„Ja – dann schnitt ich den Umschlag des versiegelten Briefes auf. – In welcher Gemütsverfassung ich mich dabei befand, können Sie sich leicht vorstellen, Master Harst.“

„Halt – haben Sie den Umschlag noch?“

„Ja – zum Glück. Und auch das Schreiben meines Urgroßvaters, das außer dem Holzschächtelchen mit dem Käfer darin eingesiegelt war. Bevor ich mit unserer Dampfjacht Shallow die Reise nach Indien antrat, nähte ich den Umschlag und das Schreiben in meine Sportjacke ein, die ich besonders gern trug. Ich hatte diese Jacke – ein weiteres Glück! – gerade an, als die Ganges-Piraten die Shallow in ihre Gewalt brachten. – Soll ich Ihnen beides holen, Master Harst?“

„Bitte –“

Clarke eilte dem Hause zu. – Wir waren für Minuten allein.

 

2. Kapitel.

Ein altes Geheimnis.

„Jetzt kommt es auf den Umschlag an,“ sagte Harald leise und blickte mir geistesabwesend ins Gesicht. „Wenn der Umschlag so ist, wie ich vermute, dann –“ Er hatte immer langsamer gesprochen. Den Rest des Satzes murmelte er nur. Ich verstand die Worte nicht.

„Nun – dann?“ fragte ich gespannt. „So rede doch! Ich brenne vor Neugier!“

„Ja, dann gäbe es eine Lösung –“

„Wofür?“

„Für den Irrsinn – vielleicht!“

Da kehrte James Clarke schon zurück, reichte Harald den vergilbten Umschlag und meinte: „Ich hatte ihn in das Rückenfutter eingenäht. Dort fanden die Banditen ihn nicht –“

Ich trat hinter Haralds Sessel.

Er drehte den Umschlag hin und her, zog dann die Einlage, das Schreiben des alten Herrn Clarke, heraus, faltete es auseinander und ließ mich mitlesen.

Mir pochte das Herz vor Erwartung. Diese ganze Geschichte „des besonderen Erbes“ war ja so außerordentlich geheimnisvoll, daß man in diesem Schreiben höchst merkwürdige Geschehnisse finden mußte.

So war es auch. –

Du, der Du nun als einer der Clarkes etwas schauen wirst, das nur zwei Menschen seit Jahrhunderten geschaut haben, – laß Dich warnen! – Ich, der dieses schreibt, weiß nichts von Deinem Charakter, nichts davon, ob dieses Geheimnis Dir zum Segen gereichen wird. –

Höre die Geschichte einer seltenen Freundschaft. – In den Kaimur-Bergen in Zentralindien geriet ich auf einem Jagdausflug, von meinen Gefährten mich unabsichtlich trennend, in eine schaurige Felseinöde. Ich war dem Verschmachten nahe.

Da geschah das Erste.

Ich suchte Schutz vor den Sonnenstrahlen. Merke Dir wohl: die Sonne hatte ihren höchsten Punkt erreicht, wollte sich gerade abwärts dem westlichen Horizont zuneigen. Und doch fand ich Schatten, wo kein Baum vorhanden, fand ihn, taumelte vor Schwäche und – entdeckte das Erste.

Da geschah das Zweite.

Ich bemerkte einen Mann, einen Inder, der von einem blutenden, hinkenden Tiger verfolgt wurde. Beide nahten sich über das glatte Plateau. Ich raffte meine Kräfte zusammen, eilte dem Bedrohten zu Hilfe, schoß auf die verwundete Bestie, schoß fehl. Der Tiger drückte mich zu Boden. Aber eine Kugel aus meiner Pistole rettete mich. Er hatte mir jedoch die eine Schulter zerfleischt. und der Inder und ich, beide kaum mehr fähig, uns aufrecht zu erhalten, stützten uns und schwankten dem Schatten zu, wo ich das Erste entdeckt hatte.

Da geschah das Dritte.

Und dieses Dritte war das Große, Erhabene, Wunderbare. Es nahm uns auf, tränkte uns, ließ uns genesen. Wir pflegten uns gegenseitig, Mohammed ben Gondar und ich. Wir waren Brüder geworden.

Nachher nahm er mich mit zu der uralten Moschee, deren letzter Priester er war. Dort berieten wir, was mit dem Dritten geschehen solle. Wir kamen überein, darüber zu schweigen. Ich war es, der den Vorschlag machte, zwei Zeichnungen anzufertigen, die sich gegenseitig ergänzten. Die eine wurde, in einen Diamantkäfer eingeleimt, in einem goldenen Leuchter verborgen. Die andere, ebenfalls in einem Käfer untergebracht, behielt ich bei mir. Wir schworen uns zu, daß wir es dem Schicksal überlassen wollten, ob das Dritte je von Euch, unseren Nachkommen, gefunden werden solle. Gondar war einverstanden, daß nur der letzte Clarke den Brief öffnen dürfe, den ich herstellen wollte.

Mohammed ben Gondars Familie lebt in Bardi am Son-Fluß. – Dorthin wirst Du Dich nun sofort begeben, der Du diese Zeilen liest. Suche nach Mitgliedern der Familie Gondar. Die Männer der Familie bewachen den Leuchter, den Käfer, die andere Zeichnung. Denke daran, daß Dein Verwandter einst der Bruder Mohammed ben Gondars war. Werdet ebenfalls Brüder. Teilet, was Ihr findet. Ihr werdet das Dritte finden, wenn Ihr zu denken versteht.

Ich habe nichts mehr hinzuzufügen. Ich warne Dich nochmals: möge nicht die Habgier Deine Sinne blenden! – Du bist ein Clarke! Halte Treue, wie ich sie gehalten habe!

Allan Thomas Edward Clarke.

Allahabad, den 5. April 1795.

Nachschrift.

Ich habe den Umschlag für das Kästchen und den Brief gewechselt, weil der erste zu dünn war und die Siegel mir nicht fest genug erschienen.

A. Th. Ed. Clarke.

London, den 2. Juni 1799.

So lautete das Schreiben. Ich habe mich bemüht, es recht genau zu übersetzen. Harst meinte, es käme dabei auf jedes Wort an. –

Als wir den Brief gelesen hatten, fragte James Clarke gespannt:

„Was halten Sie davon, Master Harst?“

Harald zuckte die Achseln.

„Lieber Clarke, das muß ich mir erst überlegen. Überlassen Sie mir den Brief und den Umschlag bis morgen früh.“

„Bitte – sehr gern.“

Wir, Clarke und ich, nahmen wieder Platz.

„Noch einige Fragen, Clarke,“ meinte Harald. „Zunächst: Sie äußerten vorhin, daß Sie den Käfer „das Schicksal der Familie Clarke“ nennen. Es ist doch wohl richtig, daß Sie – oder schon Ihr Vater – den Käfer zu dem Unglück der Clarkes, den Wahnsinnsfällen, in irgendeine Beziehung gebracht haben?“

„Ja. Dies äußerte mein Vater einmal. Er sagte, es sei doch merkwürdig, daß alle Clarkes allmählich dahinsiechten – im Irrenhaus! Es scheine, als ob der Käfer uns schade.“

„Ist denn Ihr Großvater auch im Irrenhaus gestorben? Sie sagten soeben „alle Clarkes“ –?“

„Nein. Das nicht. Erst bei der Familie meines Onkels Stuart begann das Unheil.“

„Also 1895?“

„Ja. 1899 wurde dann Onkel Stuart irrsinnig. Es folgte eine lange Pause, bis das Schicksal meinen Vater –“

„Danke, lieber Clarke. – Wie hieß Ihre Mutter mit Vatersnamen? Woher stammte sie?“

Clarke starrte zu Boden. Nur widerwillig antwortete er:

„Sie war eine geborene Arbuton – Alix Arbuton. Ihr Vater hatte in der verrufensten Gegend Londons eine Verbrecherkneipe. – Mir wird es so schwer, hierüber zu sprechen.“

„Und doch müssen Sie es, Clarke. – Sie erwähnten vorhin, Ihre Mutter hätte mit ihrer Zofe sehr vertraut gestanden. – Wie hieß diese Zofe? Wo blieb sie nach der Flucht Ihrer Mutter?“

„Sie hieß Arlesia Johnson. Mein Vater entließ sie am Tage nach der Flucht jener – jener Frau.“

„Arlesia? – Ein seltener Vorname. – Seit wann war diese Arlesia bei Ihrer Mutter Zofe?“

„Hm – da muß ich mich erst besinnen. – Ja – ich war vielleicht acht Jahre, als Arlesia zu uns kam.“

„Wie stand Ihr Vater mit dieser Arlesia Johnson?“

„Schlecht, sehr schlecht. Er hätte sie wohl gern weggeschickt. Aber meine Mutter duldete es nicht.“

„War Arlesia hübsch?“

„Nein. Sie war sehr kurzsichtig, trug eine Brille –“

„Aha!“ machte Harst.

„Weshalb aha?“

„Vielleicht hatte sie auch ein Gesichtsleiden oder dergleichen?“ fragte Harald weiter.

„Gesichtsleiden? Nein! Aber ein häßliches, blaurotes Muttermal auf der linken Wange und eine sehr rote Nase.“

„Und das Haar?“

„Oh – sie hatte sehr wenig eigenes Haar und trug stets eine lächerliche schwarze Perücke.“

„Sehr vielsagend!“

„Ja – weshalb denn vielsagend, Master Harst?“

„Das will ich Ihnen später verraten. – Wann klärte Ihr Vater Sie über die Herkunft seiner Gattin auf?“

„Gleich nach ihrer Flucht.“

„Haben die Verwandten Ihrer Mutter nie Ihren Vater um Geld gebeten oder solches zu erpressen versucht?“

„Nein, nie! – Mein Vater hatte dem alten Arbuton eine große Summe Geld gegeben, als er sich mit meiner Mutter heimlich verlobte. Arbuton kaufte sich ein kleines Gut in Schottland. Dann erst wurde die Verlobung veröffentlicht. Der alte Arbuton hatte auch eine Urkunde unterzeichnen müssen, daß er nie irgendwie sich als Verwandter uns aufdrängen würde.“

„Ich verstehe. Alix Arbuton wurde ihrer Familie sozusagen abgekauft. Hatte sie noch Geschwister?“

„Das weiß ich nicht.“

„Ihre Mutter ist jetzt also seit etwa viereinhalb Jahren verschwunden?“

James Clarke nickte nur. Ihm war dieses Verhör offenbar sehr unangenehm.

„Ich will Sie nun nicht weiter quälen, lieber Clarke,“ meinte Harald freundlich. „Nur noch eine Frage: Ob wohl an den Tresor Ihres Vaters auch mal jemand anders herankonnte?“

„Wie – ihn öffnen?! – Ausgeschlossen!“

„Hm – und Ihre Mutter?“

„Meine – meine Mutter?!“ Clarke hatte sich kerzengerade aufgerichtet. „Master Harst, – was, was argwöhnen Sie?!“

„Oh – dieser so gut versiegelte Umschlag ist nämlich heimlich aufgeschnitten und sehr raffiniert wieder zugeklebt worden – bevor Sie ihn öffneten, lieber Clarke. Bitte – hier ist der Schnitt, – an der linken Schmalseite. Man hat das Papier an den Kanten nachher mit einem Messer beschabt und sehr geschickt zusammengeleimt, – so geschickt, daß dies nur eine kundige Hand getan haben kann, eben jemand, der sich auf so etwas verstand.“

Clarke und ich saßen beide gleichmäßig wie vom Donner gerührt da.

Dann stotterte Clarke:

„Sie – Sie glauben, daß meine Mutter –“

Harald hatte eine kurze Handbewegung gemacht.

„Ich glaube noch gar nichts. Ich habe nur festgestellt, daß schon vor Ihnen jemand das Schreiben Ihres Urgroßvaters gelesen und fraglos auch den Käfer geöffnet, die Zeichnung sich angesehen und Käfer und Umschlag wieder zugeklebt hat. Dies kann Ihre Mutter getan haben – kann! – So – nun etwas anderes, Clarke. Ich denke, wir bitten die hier anwesenden Mitglieder der Familie Gondar schon heute abend zu uns und besprechen alles Nötige. Ihre Familienverhältnisse werde ich dabei nicht berühren. Sie haben ganz recht: diese Dinge sind nichts für fremde Ohren! – Und dann brechen wir morgen früh alle zusammen mit der Atlanta auf und suchen „das Dritte“. Dieses „Dritte“ wird zu finden sein, hoffe ich.“

„Ah – Sie haben die beiden Zeichnungen bereits –“

Wieder winkte Harald.

„Ich habe sie enträtselt – ja! Es war kein so großes Kunststück.“

„Und – und wo – wo liegt der Ort, den –“

„Das werden wir morgen auf der Atlanta erörtern, lieber Clarke. Gedulden Sie sich bis dahin. Die Lösung der Zeichnungen läßt sich nicht mit ein paar Sätzen wiedergeben.“ –

Am Abend fand die Besprechung statt. Von seiten der Familie Gondar wurden dann nur der alte Pahnwar und Hussein dazu bestimmt, uns zu begleiten. Freilich hatte Harst seine ursprüngliche Absicht ändern und den Versammelten die Zeichnungen sofort erklären müssen.

 

3. Kapitel.

Auch der letzte Clarke.

Diese Erklärung war wirklich sehr einfach – für einen Harst!

„Beide Skizzen,“ hatte Harald begonnen, „gleichen sich in drei Punkten:

  1. Bei beiden findet man das schräg liegende lateinische M mit den beiden aufgesetzten senkrechten Strichen, die oben liegende Kreuze haben, und mit dem kleinen Kreis an dem einen M-strich.
  2. Bei beiden gibt es eine Bogenlinie, die nach Süden zu gekrümmt ist. Bei Skizze eins reicht dieser Bogen von einer der oberen Ecken des Rechtecks zur anderen.
  3. Beide Bogenlinien haben in der Mitte unterhalb der Linie ein stehendes Kreuz, von dem eine punktierte Bahn zu einem kleinen Kreise hinläuft. Bei Skizze 2 geht diese punktierte Linie, die ich als „Pendel“ ausgab, zu der eiförmigen Figur am Fuße des unregelmäßigen Vierecks – bis zur Insel Zeylon, denn nur diese kann mit dem „Ei“ gemeint sein, da das Viereck Vorderindien ist, wie B G A gleich Bengalischer Meerbusen beweist.

So – dies schicke ich voraus. – Nun weiter. Eine Senkrechte von der Spitze Zeylons nach Norden zu gezogen trifft die Kaimur Berge. Diese liegen mit ihren Ostausläufern zwischen zwei Flußbögen, zwischen dem nach Süden einen Bogen beschreibenden Ganges und dem nach Norden im Bogen fließenden Son. – Hier haben wir die beiden Bogenlinien von Skizze eins. Und die aufrechten Kreuze dieser Zeichnung sind die drei am Ganges liegenden Städte Allahabad, Mirzapur und Benares und die drei südlicheren Städte Rewa, Bardi, Singpur[5]. – Bitte, hier ist eine Karte Indiens. Die Lage der Städte entspricht genau den Kreuzen – Skizze zwei sollte also nur darauf hinweisen, daß der „Ort“ in Indien zu suchen sei, und der kurze Bogen dieser Zeichnung ist abermals der Ganges und das stehende Kreuz die Stadt Mirzapur, von der aus auf beiden Skizzen der punktierte Pfad bis zu dem kleinen Kreis geht, der auf Skizze zwei gleich dem schrägen M ist. Mithin ist es klar, daß man sich von Mirzapur direkt südlich wenden soll und zwar bis in die Nähe des Son-Flusses, wie Zeichnung eins andeutet; hier am Son-Fluß muß es das schräge „M“ geben, das heißt zwei – Berge, die oben Bäume tragen. Die Bäume sind die senkrechten Striche mit den liegenden Kreuzen. Diese Berge oder Hügel müssen ein von Nord nach Süd sich hinziehendes Tal einschließen. Und an der östlichen Talwand – dort, wo der kleine Kreis sich an dem M befindet, liegt der gesuchte Ort, von dem der alte Herr Clarke in seinem Schreiben sagt: „Und doch fand ich Schatten, wo kein Baum vorhanden!“ – Mithin muß diese östliche Talwand weit überhängen und spendete deshalb Schatten, denn die Sonne hatte ja „ihren höchsten Punkt erreicht.“ – Unser Ziel ist also Mirzapur. Dort werden wir fünf, Clarke, Pahnwar, Hussein und wir beide, uns Reittiere besorgen und das Tal mit den beiden baumbesetzten Spitzen am Son-Fluß suchen.“ –

Der Leser kann sich leicht an Hand einer Karte Indiens davon überzeugen, daß Haralds Ausführungen das Richtige getroffen haben mußten. –

Am nächsten Morgen verließen wir mit der Atlanta die „Stadt Gottes“ (Allah abad) und langten abends in Mirzapur an, wo der alte Pahnwar, der hier Bekannte hatte, uns fünf gute Reitkamele und zwei Lastkamele beschaffte.

Wir galten in Mirzapur als Touristen. Clarke und wir beide waren im Hotel Old England abgestiegen. – Die Atlanta sollte hier auf uns warten. Wir wollten am zweiten Morgen nach unserer Ankunft in Mirzapur den Ritt antreten. Am Abend vorher jedoch ereignete sich etwas, das für uns eine furchtbare Warnung war.

Wir hatten Clarke um neun Uhr gute Nacht gesagt, da wir schon um 5 Uhr aufbrechen wollten.

Clarke wohnte im Flur unter uns im Hochparterre.

Harald und ich saßen noch auf dem Balkon und schauten über den im Mondlicht glitzernden heiligen Ganges hinweg.

Plötzlich erscholl in den unteren Räumen ein wahnwitziges Gebrüll. Dann knallten zwei Schüsse. Wir hörten Türen zuschlagen, lautes Rufen.

Im Nu waren wir im Flur und liefen die Treppe hinab. Dicht am Fuße der Treppe lag ein Knäuel Menschen: vier Schritt weiter ein eingeborener Kellner – tot.

Der Knäuel entwirrte sich. Fünf andere Inder hielten James Clarke gepackt, dessen Gesicht bis zur Unkenntlichkeit verzerrt war.

Schaum stand ihm vor dem Munde; seine Augen waren blutunterlaufen.

Harald rief ihn an. Er erkannte uns nicht. –

Der Hoteldirektor hatte schon an die Polizeidirektion telephoniert. Wir ließen Clarke binden. Er war wahnsinnig geworden. Das Schicksal der Familie hatte sich auch an ihm erfüllt.

Die Kellner erzählten, daß Clarke plötzlich brüllend aus seinem Zimmer herausgestürzt sei und dann sofort auf den nächsten Menschen geschossen habe. –

Clarke lag jetzt wie ohnmächtig mit geschlossenen Augen da. Wir gingen in sein Schlafzimmer. Er hatte gerade mit dem Auskleiden begonnen gehabt, als der Irrsinn bei ihm zum Ausbruch kam.

Auf dem Nachttischchen stand ein halb geleertes Glas Wasser.

Harald hielt es gegen das Licht. Das Wasser war trübe, leicht milchig.

„Laß Dir von dem Hoteldirektor schnell ein Fläschchen geben,“ sagte Harst. „Wir sind wieder einen Schritt weiter gekommen. – Rasch – bevor die Polizei eintrifft.“ –

Er goß das milchige Wasser in das Fläschchen, korkte dieses zu, steckte es in die Tasche und spülte das Glas aus.

Dann erschien auch schon ein höherer Polizeibeamter mit einem Arzt.

Clarke wurde mit einem Wagen in die Nervenabteilung des Krankenhauses geschafft. Bevor der Wagen abfuhr, bekam Clarke einen zweiten Tobsuchtsanfall.

Harst erklärte dem Beamten, daß wir mit Clarke einen Jagdausflug hätten unternehmen wollen. Alles andere verschwieg er.

Der Polizeiinspektor und der Arzt verabschiedeten sich sehr bald wieder.

Wir betraten nochmals Clarkes Schlafzimmer. Nebenan befand sich der Salon. Die Tür stand halb offen.

Harald untersuchte sehr genau die Fensterköpfe und die Fensterbleche. Im Schlafzimmer war das eine Fenster nur angelehnt gewesen. Und in der Staubschicht des Fensterbleches sah man hier ganz deutlich den Abdruck zweier Stiefel.

Harst hatte seine Taschenlampe eingeschaltet, knipste sie aber sofort wieder aus.

„Das genügt!“ meinte er. „Kehren wir auf unsere Zimmer zurück.“

Im Flur stand der Hoteldirektor mit einem indischen Polizeibeamten.

Der Mann sprach fließend englisch und erklärte uns, er sei von Inspektor Walling abgeschickt, damit er Clarkes Gepäck versiegele. Er bat uns, dabei die Zeugen zu spielen.

Wir taten ihm den Gefallen. Aber – dieser Inder war weniger vertrauensselig als sein Chef. Der Hoteldirektor hatte uns zugeflüstert, der Mann sei der beste Detektiv weit und breit und heute nur dienstlich aus Benares herübergekommen. – Vor dem Versiegeln der Koffer schaute er sich im Salon und im Schlafzimmer sehr genau um. Der Hoteldirektor war gleichfalls anwesend. Es wurde eine Liste von Clarkes Sachen aufgestellt. Zu diesem Zweck packte der braune Kollege, der uns mit ausgesuchter Höflichkeit behandelte, Clarkes neuen Koffer erst mal aus. – All das nahm gut eine Stunde in Anspruch.

Der Detektiv Singha Pur bedankte sich zum Schluß bei uns und fragte, ob er uns noch einen Augenblick allein sprechen könne. Harald bat ihn, mit nach oben in unseren Wohnsalon zu kommen. – Wir bestiegen den Fahrstuhl. Der kleine Liftboy fuhr mit. Oben im zweiten Stock stieg der Inder zuerst aus. Wir waren bis dahin völlig ahnungslos gewesen. Erst als Singha Pur jetzt blitzschnell die Tür hinter sich zuschlug und auf den Knopf drückte, der den Fahrstuhl nach oben in Bewegung setzte, als wir so eingesperrt waren und nun des Inders Stimme hörten, – deutsche Worte:

„Auf Wiedersehen, meine Herren!“ da ging uns ein Licht auf!

„Saalborg!“ flüsterte ich.

Harst nickte. „Ja – wieder mal Saalborg! Und, mein Alter, – unten in Clarkes Koffer lag der Umschlag des alten Schreibens nebst Einlage und den beiden Zeichnungen. Begreifst Du jetzt! Saalborg wird den Umschlag weggezaubert haben, denn der Ausdruck „stehlen“ ist für die Streiche dieses Menschen zu roh. Saalborg muß uns in Allahabad bei der Besprechung mit den Gondars belauscht und so erfahren haben, was wir beabsichtigen und wo er den Umschlag nebst Inhalt finden könnte.“

Der Fahrstuhl glitt wieder bis zur Höhe der zweiten Etage zurück.

Als wir ausstiegen, stand schon der Hoteldirektor vor der Lifttür und neben ihm – Singha Pur.

„Aha – der echte Kollege!“ meinte Harald.

Freilich, dieser echte Singha Pur sah etwas – nur etwas anders aus als der verkleidete Saalborg.

Der Hoteldirektor zitterte vor Erregung.

„Unerhört!“ rief er. „Master Harst, wir sind einem Schwindler ins Garn gegangen. Der Kerl war kaum aus dem Hotel verschwunden – er hatte es plötzlich so verdammt eilig! –, als auch schon Singha Pur eintrat, – wie Sie ganz richtig bemerkten: der echte Singha Pur! – Der Gauner wird Master Clarke böse bestohlen haben!“

„Das glaube ich nicht,“ meinte Harald. „Es war nämlich kein gewöhnlicher Gauner; es war Vincent Saalborg, der Hochstapler der Hochstapler, das Allerweltsgenie! Und der gibt sich mit Kleinigkeiten nicht ab.“

Der echte Singha Pur erklärte, er würde feststellen, ob etwas fehle. Der Kofferschlüssel sei ja dem Hoteldirektor zur Verwahrung übergeben worden.

Harald und ich verzichteten darauf, dieser abermalig Revision von Clarkes Gepäck beizuwohnen, und begaben uns in unseren Wohnsalon.

Meine erste Frage, als wir[6] allein waren, lautete:

„Was befand sich in dem Wasserglase, Harald?“

„Das muß erst festgestellt werden. Ich werde das Fläschchen dem Gerichtschemiker in Allahabad zur Analyse zuschicken. Wir selbst können diese Analyse nicht vornehmen.“

„Du glaubst, daß Clarkes Irrsinn einer Vergiftung zuzuschreiben ist?“

„Ja“. – Er setzte sich auf das Rohrsofa und fuhr fort: „Dieses neue Geheimnis lichtet sich immer mehr. Auch die anderen Clarkes sind künstlich geisteskrank gemacht worden.“

„Von wem? Etwa von Frau Alix Clarke?“

„Eine schwere Frage, lieber Alter. Ich möchte mit „Nein“ antworten. Ich halte James Mutter für tot. Die Zofe Arlesia Johnson dürfte im Verein mit anderen Leuten hier die Giftmischerin gespielt haben.“

„Also nachdem sie sich Kenntnis von dem Inhalt des alten Briefes verschafft hatte –“

„Natürlich. Und dabei half ihr Frau Clarke.“

„Wer schüttete dann aber jetzt hier James Clarke das Gift in das Glas?“

„Auch eine Frau. Die Spuren auf dem Fensterblech rührten von einem Weibe her. Und – dies fand ich ebenfalls auf dem Fensterkopf.“ – Er legte etwas auf den Tisch, etwas sehr Alltägliches – eine kleine Lockennadel.

„Hm – dann müßten wir dieses Weib hier in Mirzapur suchen –“

„So?! Wozu das?! – Besser ist, wir gehen schlafen.“

Es klopfte. – Es war der farbige Detektiv Singha Pur. Er drückte die Tür hinter sich zu und blieb stehen, sagte bescheiden:

„Master Harst, darf ich mir eine Frage erlauben? – Danke. – Also: Kennen Sie das Amokaika?“

„Amokaika? Nein.“

„Sie wissen aber fraglos, was man unter Amok-Laufen versteht?“

„Ja. Eine Art Wahnsinn oder Tobsucht, in der die davon Befallenen sinnlos hinmorden, was ihnen in den Weg kommt.“

„Ganz recht, Master Harst. Und Amokaika ist ein Strauch mit violetten Beeren, der hauptsächlich auf Borneo anzutreffen ist. Diese Beeren oder besser ihr Saft erzeugen das künstliche Amok-Laufen. Die Zauberer der Dajaks auf Borneo sind berüchtigt als Giftmischer. Wen sie beseitigen wollen, wird durch Amokaika vergiftet und bleibt sein Leben lang irrsinnig.“

„Ah!“ – Harald war aufgestanden und dicht vor Singha Pur hingetreten. „Weshalb sprechen Sie über diese Dinge?“ fragte er leise.

„Weil ich in dem Spüleimer Master Clarkes das Amokaika-Gift roch.“

Harst nickte. „Ein Geruch wie nach schlechtem Öl, nicht wahr?“

„Ja. Und – und Master Clarkes Tobsuchtsanfall konnte wohl den Polizeiarzt täuschen, nicht aber mich. Ich habe fünf Jahre auf Borneo gelebt.“

„Kurz – Sie argwöhnen, daß Clarke mit diesem Teufelszeug vergiftet worden ist?“

„Ich argwöhne nicht. Ich weiß es. Als er fortgeschafft wurde, traf ich den Wagen. Der Polizeisergeant Bitru ist mein Freund. Er ließ den Wagen anhalten. Ich leuchtete Master Clarke ins Gesicht, und – aus seinem Munde drang mir derselbe Geruch entgegen.“

Harald ging ein paarmal hastig auf und ab. Dann machte er vor dem indischen Kollegen halt.

„Singha Pur, Sie können mir einen Gefallen tun,“ meinte er flüsternd. „Behalten Sie diesen Verdacht für sich. Ich bin einem der scheußlichsten Verbrechen auf der Spur, das je begangen wurde. Es sind außer Clarke noch fünf andere Engländer durch dieses Amokaika zu lebenden Leichnamen gemacht worden. Wenn Sie Ihren Verdacht äußern, werden die Schuldigen vielleicht gewarnt. Überlassen Sie mir alles weitere.“

„Gern Master Harst. Sie sind berühmt. Ich bin nur ein einfacher Polizeidetektiv.“

„Gut. – Noch eins, Singha Pur. Gibt es kein Heilmittel für diese Art Irrsinn?“

„Es soll ein Mittel geben. Die Zauberer der Dajaks kennen es. Ich nicht.“ –

Harst hatte den Inder mit einem Händedruck verabschiedet. – Wir gingen zu Bett. Morgens um fünf Uhr ritten wir[7] zu vieren von Mirzapur direkt nach Süden. Sechs Tage später hatten wir die Felsenwildnis der östlichen Ausläufer der Kaimur-Berge erreicht.

 

4. Kapitel.

Die drei Kamelreiter.

Am folgenden Tage gegen Sonnenuntergang lagerten wir auf einem steinigen Plateau. Der alte Pahnwar hatte erklärt, der Son-Fluß könne nicht mehr fern sein. Wir hatten daher den Nachmittag über nach den beiden Bergen, die oben Bäume tragen mußten und nach dem von Nord nach Süd sich hinziehenden Tale mit aller Ausdauer gesucht. Ein solches Tal, von zwei hohen Bergen im Osten und Westen flankiert, hatten wir wohl gefunden. Aber die Bäume auf den Bergspitzen fehlten. Und gerade diese wären doch erst nach den beiden Skizzen, wie Harald mit aller Bestimmtheit behauptete, das Zeichen gewesen, daß wir das richtige Tal entdeckt hätten.

In nächster Nähe dieses von den beiden kahlen Bergkuppen eingeschlossenen Tales hatte Harst den Lagerplatz ausgesucht. Gegen zehn Uhr waren wir mit der Abendmahlzeit fertig. Pahnwar und Hussein, zwei sehr angenehme Reisegefährten, fütterten jetzt unsere Kamele.

Der Mond stieg über die Ränder der Felsenhügel empor. Die Dunkelheit wich. Die ganze Umgebung wurde in ein zauberhaft schönes Licht getaucht.

Harst und ich wollten uns nach dem langen Ritt noch etwas Bewegung machen. Ich sah, wie Harald unauffällig vier Ersatzbatterien für unsere Taschenlampen einsteckte. Als er dann noch zu Pahnwar sagte, Hussein und er sollten sich nur ruhig zum Schlafe ausstrecken, da wurde mir klar, daß dieser von Harald vorgeschlagene Spaziergang alles andere als eine harmlose Mondscheinpromenade werden würde.

Wir schlenderten davon. Kaum waren wir den Indern durch eine Felsgruppe aus dem Gesicht gekommen, als Harst das Tempo beschleunigte. Rechts vor uns erhob sich der zerklüftete, westliche Berg.

Es begann eine mühselige Kletterei. Auf den Terrassen des Berges standen hie und da Bäume. Aber – der Gipfel war kahl. Nach etwa zehn Minuten hatten wir die Spitze erreicht. Bisher hatte Harald sich in Schweigen gehüllt. Jetzt sagte er in seiner vieldeutigen Ausdrucksweise:

„Mein Alter, Bäume lassen sich fällen, wenn man dadurch anderen das Auffinden eines bestimmten Ortes erschweren will!“

Und – was er vermutet, traf zu: wir fanden hier vier Baumstümpfe, deren Holz und Rinde die Arbeit von Äxten erkennen ließen.

„Ich wollte nur sicher gehen,“ meinte Harald. „Daß das Tal da unten das richtige ist, habe ich schon nachmittags bemerkt. Die östliche Talwand hängt an drei Stellen weit über und – bietet Schatten, wenn die Sonne den höchsten Punkt erreicht hat.“

Wir schauten zu dem anderen Berge hinüber. Er hatte die Form eines ungeheuren Felswürfels. In seinen oberen Teilen waren die Wände so glatt und steil, daß ein Erklimmen unmöglich war. Wir hatten ihn ja auch von dem nächsten Tale aus von der Ostseite nachmittags schon prüfend betrachtet. Und ich sagte daher:

„Wie soll ein Mensch dort drüben hinaufgelangen, um dort dasselbe zu tun wie hier: Bäume zu beseitigen?!“

„Es wird schon einen Weg geben, lieber Alter. – So, nun hinab in das Tal! Das Geheimnis des alten Clarke dürfte in kurzem kein Geheimnis mehr sein!“ –

Ziemlich erschöpft erreichen wir die Talsohle und setzten uns, um uns auszuruhen, auf ein paar Steinblöcke. Der Mond stand so, daß die östliche Talwand mit ihren überhängenden Felsmassen im Schatten lag.

Die feierliche Stille ringsum wurde durch kein Geräusch unterbrochen. Leichtes Gewölk zog über den Himmel hin und des Mondes abgeschwächter Schein gab den Bergen, Felsen und Klüften ringsum ungewisse, verschwommene Konturen.

Dann – ganz dumpfe Schläge – kurz, taktmäßig.

Ein einzelner Kamelreiter nahte.

Der Mond trat wieder hinter den Wolkenschleiern hervor.

Kaum zwanzig Schritt links von uns ließ der Inder, der einen langen schwarzen Bart, einen dunklen Turban und ein schwarzes, mantelartiges Gewand trug, sein Tier niederknien.

Dann nahm er es am Zügel. Er war nur mittelgroß und hatte sehr gewandte Bewegungen. Er führte das graue Reitkamel auf die Ostwand des Tales zu – gerade dorthin, wo der Fels am weitesten überhing. Die Füße des Tieres waren mit Decken umwickelt. Daher auch die dumpfen Schläge.

Wieder verkroch der Mond sich hinter Wolkenfetzen.

An der Steilwand drüben herrschte tiefstes Dunkel.

Wir hörten nur noch etwas wie ein leises Kreischen.

Dann nichts mehr –

Minuten verstrichen. – „Wer war das?“ flüsterte ich.

„Einer, der erst unseren Lagerplatz umschlichen haben wird, mein Alter. Als er uns hier beisammen sah, holte er sein Tier und – kehrte heim!“

„Kehrte heim?“

„Ja. Als Clarke in Mirzapur durch das Amokaika „erledigt“ worden war, wußte ich, daß das Geheimnis seines Urgroßvaters nicht „leer“ sein konnte. Kurz: Dort in der Talwand gibt es einen geheimen Zugang zu dem „Dritten“, dem Großen, Erhabenen, Wunderbaren. Und – dies kann nur ein Höhlentempel sein, denke ich.“

„Dasselbe nehme auch ich an. Wenn er nicht „leer“ ist, hausen diejenigen noch dort, die diesen Vernichtungskrieg gegen die Familie Clarke führten,“ flüsterte ich, gespannt auf Haralds weitere Äußerungen.

„Ja. Und – weshalb hausen sie noch dort?!“

„Hm – das wäre allerdings –“

„– allerdings wert, erörtert zu werden,“ vollendete Harst leise. „Man muß doch der Sachlage nach eigentlich vermuten, daß Frau Alix Clarke, James Mutter, mit dabei beteiligt war, als des alten Clarke Brief unberechtigterweise geöffnet wurde. Dieses heimliche Öffnen des Briefes mag vielleicht der Anlaß zu ihrer Flucht aus dem Hause ihres Gatten gewesen sein. Sie mag gefürchtet haben, daß ihr Mann diesen groben Vertrauensbruch entdecken könnte. Sie hat ihn nicht geliebt. Nein – er kaufte sie sich. Aber – sie war doch den engen Verhältnissen ihres Elternhauses ganz entwachsen, war Dame von Welt geworden, war verwöhnt, spielte eine Rolle in der Londoner Gesellschaft. Und – all das gab sie auf, – entfloh! Weshalb floh sie?! – Ich sagte schon: aus Angst vor einer Entdeckung kann sie geflohen sein – kann! Aber – bitte, nun zeige, daß Du denken kannst, mein Alter!“

„Aber – diese Gefahr einer Entdeckung des heimlichen Öffnens des Briefes war immerhin so gering, daß sie deswegen schwerlich die glänzende Stellung einer Frau Clarke aufgegeben haben wird,“ führte ich lebhaft aus. „Sie hing fraglos an diesem Genußleben, wenn sie auch ihren Gatten nicht liebte. – Also – weshalb floh sie?! Ich glaube, mit Kombinationen ist hier nichts auszurichten.“

„Oh – doch! Aber wir wollen diese Kombinationen später anstellen. Jedenfalls halte ich eins für sicher: Sie floh nicht. Und die Leute, mit denen sie im Bunde stand, waren schlau genug, schon aus der einen Skizze, eben der dem Briefe beiliegenden, den Ort ermitteln zu können, auf den die Skizze hinwies. Frau Clarkes „Flucht“ erfolgte nach dem „Ausscheiden“ Stuart Clarkes und vor der geistigen Erkrankung ihres Mannes. Ihre Verbündeten sind damals fraglos hierher nach Indien geeilt und haben das Geheimnis untersucht, auch den Eingang zu dem „Großen, Erhabenen, Wunderbaren“ gefunden. Sie werden aber enttäuscht worden sein. Sie hatten hier – Schätze zu entdecken gehofft, und sie – entdeckten nur – ein weiteres Geheimnis. Sie hatten gehofft, mit diesen Schätzen sofort das Weite suchen zu können. Das war nicht möglich. Sie ließen einen der Ihrigen hier und kehrten nach London zurück, um – Ah – ein zweiter Kamelreiter! – Still! – Da – er steigt ab. Und – wahrhaftig – es ist derselbe Reiter! Begreifst Du das?! Ich nicht!“

Der Reiter verschwand wieder im Schatten der überhängenden Felswand.

Harald hielt noch meinen Arm mit eisernem Griff umspannt, flüsterte jetzt: „Es gibt nur eine Erklärung: die Höhle dort hat einen zweiten Ausgang! Der Reiter ist aus Vorsicht nochmals um den Berg herumgeritten, vielleicht auch an unserem Lagerplatz gewesen – vielleicht! Merkwürdig bleibt die Sache. Sahst Du nicht auch, daß sie völlig gleich gekleidet waren?“

Ich konnte dies nur bestätigen.

„Vielleicht noch ein dritter Reiter,“ meinte Harald. „Warten wir also. Ist es so, dann – dann nehmen wir diesen dritten fest.“ –

Und – nach einer halben Stunde abermals die dumpfen Hufschläge, abermals ein graues Reitkamel; abermals ein Inder, der genau wie die beiden anderen – oder wie der erste – aussah.

Der Inder ließ sein Tier niederknien. Als er das Kamel am Zügel gefaßt hatte, war Harald schon lautlos von der Seite unter die überhängende Felswand in das Dunkel geschlüpft.

Ich konnte nicht beobachten, was dort drüben sich abspielte. Mit einem Male erschien Harald jedoch mit dem Inder über den Schultern und dem Reitkamel am Zügel. – Wir suchten ein entfernteres Versteck auf, banden das Kamel fest und schauten uns den Bewußtlosen, den Harald mit dem Pistolenkolben niedergeschlagen hatte, näher an.

Ich war erstaunt, daß Harst mit dem Manne so brutal umgegangen war. Es war dies so gar nicht Haralds Art. Als ich ihn nun fragte, ob dieser Schläfenhieb nicht vielleicht unangenehme Folgen haben könne, wenn der Inder ihn dieserhalb anzeigen würde, erwiderte er, indem er dem Menschen den Turban und gleichzeitig eine schwarze Perücke abnahm: „Dieser Mann ist alt und steif. Sogar sehr alt. Die Bewegungen der beiden anderen verrieten jugendliche Elastizität. Nicht so dieser! Da – ein runzliges Gesicht und – ein falscher Bart!“ – Er hatte auch den Bart gelöst. „Dieser Mensch ist ein Europäer, und wenn Du Dich auf James Clarkes Angaben über Arlesia Johnson besinnst, wirst Du –“ – er beleuchtete mit der Taschenlampe die linke Wange des Bewußtlosen – „Dich erinnern, daß die Zofe ein blaurotes Mutter- oder Feuermal hatte – wie dieser Alte hier. – Ah – er kommt zu sich. Schnell, fessele ihm die Hände –“

 

5.Kapitel.

Das Zauberschloß.

Der Alte richtete sich auf. Harst leuchtete ihm ins Gesicht, sagte leise:

„Sollte ich nicht das zweifelhafte Vergnügen haben, Master Arbuton, dem Vater Frau Alix Clarkes, gegenüber zu sitzen?! Sollte nicht Arlesia Johnson in Wahrheit eine geborene Arbuton, eben die Schwester Frau Clarkes, gewesen sein?! – Stieren Sie mich nicht so an! Sie wissen wohl, wen Sie vor sich haben. Eben einen Gegner, der selten zu täuschen ist, höchstens von einem Vincent Saalborg. Ich würde Ihnen raten, alles einzugestehen. Sie haben die Clarkes beseitigt – durch ein Nervengift! Wollen Sie das leugnen?“

Der Mann hatte sich völlig erholt. Ein rachsüchtiges Lächeln umspielte seine Lippen – nur für einen Moment. – „Es wird mir wohl nichts anderes übrigbleiben, Master Harst,“ erwiderte er dann. „Wir haben ja nicht gemordet. Es handelt sich nur um Körperverletzung. Gewiß – die Clarkes sind irrsinnig. Aber das Strafrecht bewertet dies nur als schwere Körperverletzung.“ Er sagte dies mit einer zynischen Frechheit, die deutlich bewies, wie verroht dieser Mensch war.

„Arlesia Johnson-Arbuton,“ erklärte Harald kurz, „kam zu Clarkes, als James Clarke acht Jahre alt war. Ein Jahr später, 1895, erkrankten die drei Söhne Stuart Clarkes als erste der Familie. Aber erst 1899 wurde Stuart Clarke wahnsinnig, mithin muß dieser seinem Bruder Thomas den Brief schon vor 1895 zur Aufbewahrung übergeben haben, denn Sie werden mit der Beseitigung der Clarkes doch erst begonnen haben, nachdem Sie durch Arlesia Kenntnis von dem Inhalt des Briefes erhalten hatten.“

„So ist es, Master Harst. Thomas Clarke erhielt den Brief, als Stuart Clarke mit seinen drei Söhnen 1894 eine Reise nach Südafrika unternahm. Nachher blieb der Brief in dem Tresor. Arlesia wußte sich eines Nachts die Schlüssel zu dem Tresor zu verschaffen. Sie hatte Alix um Aufnahme als Zofe gebeten, weil es uns damals sehr schlecht ging. Arlesia sollte eigentlich den Tresor ausrauben. Als sie aber den Brief fand und mir dann die Abschrift gezeigt hatte, änderten wir den Plan. – Sie sehen, ich bin ganz offen. Ihnen gegenüber ist Leugnen zwecklos. – Ich fuhr hier nach Indien, fand auch das alte Schloß dort in dem hohlen Berge –“

„Also ein Schloß? Und der Berg ist hohl?“

„Ja – hohl! Und das Schloß ist uralt. – Ich war sehr enttäuscht, denn es barg nichts Wertvolles. Nur – in dem einen Saal war in die Tischplatte mit einem Messer eingeritzt – in englischer Sprache:

Wo zwei links drohen und einer rechts, da ruht für Euch, Ihr Berechtigten, das Große.

Ich ahnte, daß diese rätselhaften Sätze eine weitere Erschwernis des Geheimnisses darstellten, eben den Kern des Geheimnisses. Ich konnte sie nicht deuten. Ich glaubte, daß diese Deutung erst mit Hilfe des zweiten Käfers und dessen Skizze möglich sei. Deshalb haben wir die Clarkes geduldig einen nach dem andern ausgeschaltet, bis nur James Clarke übrig war. James sollte nach Indien reisen, und wir wollten dann hier abwarten, bis er sich mit den Gondars zusammentun würde und wir Gelegenheit hätten, den zweiten Käfer nebst Inhalt an uns zu bringen. Anders war dem Kern des Geheimnisses nicht beizukommen, glaubten wir. In Allahabad jedoch hatten Sie sich schon in die Angelegenheit eingemischt, und wir gaben die Sache halb und halb verloren. Aus Wut hierüber hat Arlesia gegen meinen Willen auch James Clarke vergiftet. Ich wollte ein Letztes versuchen und ritt hinter Ihnen drein. Ich sah Sie vier lagern und wollte ins Schloß, um Sie heimlich zu beobachten, wenn Sie dort eindrangen. Ich hätte Sie ebenfalls „ausgeschaltet“, sobald ich gesehen hätte, daß Sie den „Kern“ gefunden hatten. – So, das ist alles.“

„Und Ihre Tochter Alix? Weshalb floh sie aus dem Hause ihres Gatten? Und – wer war die in der Themse gefundene Leiche?“

„Alix entwich mit einem Liebhaber. Wo sie geblieben, weiß ich nicht.“

„So so! – Arbuton, Sie haben soeben Lüge und Wahrheit sehr geschickt gemischt. Ich behaupte – und ich habe mich hier in manchen Punkten geirrt, – daß Sie Ihre eigene Tochter beseitigt haben. Ich behaupte ferner, daß Sie außer Arlesia noch einen Spießgesellen besitzen. Sie drei sind uns gefolgt, haben unseren Lagerplatz umschlichen, sahen uns vier noch zusammen. Dann sind Arlesia und der Dritte in kurzen Abständen hierher geritten, weil sie sich vor uns sicher wähnten. Sie aber, Arbuton, sollten der Lockvogel sein. Sie kamen später hierher, als Sie uns hier in der Nähe vermuteten. Sie wollten uns einreden, das Schloß sei leer. Wir sollten es ohne Vorsicht betreten, sollten dort von den beiden ersten Kamelreitern stumm gemacht werden, sobald wir „den Kern“, eben die in den Tisch eingeritzten Sätze, in dem Saale besprochen und enthüllt hatten! Ein feines Plänchen, Arbuton! Ohne Frage! Der Zufall hat Ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir verließen unser Lager sehr bald, beobachteten die beiden Reiter. – Arbuton, Sie sind ein Scheusal in Menschengestalt. Wir werden Sie hier so sicher anbinden, daß Sie uns nicht entschlüpfen können. Und dann werden wir den hohlen Berg betreten, aber – mit entsicherten Pistolen und mit so großer Vorsicht, daß Ihre Pläne zu Schanden werden.“

Arbuton hatte die Zähne in die Unterlippe gedrückt. Sein Gesicht war vor Ingrimm verzerrt. Ein keuchender Atemstoß. Dann ein geiferndes: „Sie – Sie – Satan!“

Wir rissen ihn zu Boden; er bekam einen Knebel in den Mund, wurde an ein Felsstück gebunden. Wir gingen nicht gerade zart mit ihm um. – Das Kamel ließen wir in einer nahen Schlucht. Dann schlichen wir die östliche Talwand entlang. Sehr bald standen wir unter den überhängenden Felsen. Haralds Taschenlampe beleuchtete das rissige Gestein. Und – sehr bald entdeckten wir auch den Zugang, ein fast zwei Meter hohes und ein Meter breites Felsstück, das so genau in eine Öffnung eingepaßt war, als ob es zu dem übrigen Gestein gehörte. Dahinter lag ein vier Meter langer Gang. Dann befanden wir uns in dem hohlen Bergwürfel, in einem riesigen, kraterähnlichen Loche, in dessen Mitte ein aus Steinquadern erbautes Schloß von phantastischer Bauart sich erhob.

Ich bedauere, es hier nicht eingehender schildern zu können. Es ist seiner Zeit aber in vielen illustrierten Zeitschriften als photographische Aufnahme erschienen.

In der Linken die eingeschalteten Taschenlampen, in der Rechten die entsicherten Clementpistolen, – so schritten wir der Freitreppe und der reich verzierten Tür zu. – Sie war unverschlossen. Als wir sie geöffnet hatten, prallten wir unwillkürlich zurück. – Die Vorhalle war erleuchtet. An den Wänden hingen überall altertümliche, brennende Öllampen.

Harald trat ein, flüsterte: „Erleuchtet?! Das ist wider das Programm! Also doppelt vorsichtig!“

Mir war alles andere als behaglich zu Mute. – Und Harst ging es wohl ebenso, denn er fügte hinzu: „Bleibe drei Schritt hinter mir! Decke uns den Rücken! Beobachte nach hinten. Hier ist eine Teufelei im Gange. Welche, weiß ich nicht!“

Langsam, auf Fußspitzen, gingen wir weiter. Vor uns im Hintergrunde der Halle lief eine breite Marmortreppe, deren Geländer mit zahlreichen Götzenstatuen geschmückt war, in die oberen Stockwerke empor. – Als wir nun die Treppe voll überblicken konnten, schnellte Haralds rechter Arm plötzlich in die Höhe. Er zielte auf das Weib, das da oben regungslos mit ihrer schwarzen Seidenmaske, dem hellen Kopfschleier und dem langen gestreiften Seidenmantel stand und um deren Hals eine große, grünbraune Schlange sich ringelte, deren Kopf die Frau in der Linken hielt.

Es war das ein so merkwürdiges Bild, daß wir beide ein paar Sekunden stumm blieben. Dann rief Harst dem Weibe zu: „Rühren Sie sich nicht! Wir –“ –

Ja – wir waren für dieses Märchenschloß doch nicht vorsichtig genug gewesen. Gewiß – ich hatte mich jetzt umgedreht, damit niemand von hinten an uns herankäme. Was half das gegenüber der großen Falltür am Fuße der Treppe?!

Harsts „Wir –“ war sein letztes Wort – vorläufig. Der Boden unter unseren Füßen wich. Wir stürzten in die Tiefe, stürzten auf eine hohe Schicht muffiges Gras und Blätter, rappelten uns auf.

Die Falltür stand noch offen. Und von oben her durch das helle quadratische Loch der Decke der Vorhalle erklang nun eine Stimme – eine sehr helle Stimme, energisch, höflich und doch leicht triumphierend, – eine Stimme, die wir nur zu gut kannten, die Vincent Saalborgs:

„Herr Harst, ich habe Ihnen die Arbeit hier etwas erleichtert. Ich ritt hinter den beiden Leuten drein, die Ihnen heimlich folgten. Und als die beiden, nachdem sie Ihr Lager beobachtet hatten, sich trennten, blieb ich hinter dem ersten Kamelreiter, der mich dann hier dank meiner Verkleidung mit „Vater“ ansprach, sich als Weib entpuppte, von mir oben im Saale gefesselt wurde und mir aus Angst den Vorschlag machte, mit ihr den „Gewinn“ zu teilen, das heißt, ihr Verbündeter zu werden, worauf ich zum Schein einging. Sie war weiter so töricht, mir zu erklären, wie sie Harst und Schraut hier hatte in die Tiefe befördern wollen. – Ich habe dann meinerseits beobachtet, wie Sie beide den „Vater“ davonschleppten, belauschte auch Ihre Unterhaltung mit dieser Bestie von Arbuton. – Master Harst, auch den „Kern“ des Geheimnisses habe ich inzwischen entdeckt. Die Tischinschrift vermochte ich nämlich zu enträtseln. – „Wo zwei links drohen und einer rechts,“ – das ist eine Stelle auf der Treppe zum zweiten Stockwerk, wo auf dem Geländer Tierfiguren hocken, und zwar gerade bei der achten Stufe links zwei Tiger und rechts ein Tiger. Diese Marmorstufe läßt sich aufklappen. Darunter[8] liegen in einer Vertiefung goldene Geräte, Schmucksachen und Edelsteine. Ich habe mir erlaubt, davon einiges an mich zu nehmen. Ich bin bescheiden gewesen, wie es dem wahren Gentleman geziemt. Ich werfe Ihnen jetzt einen Strick herunter, der am Treppengeländer befestigt ist, werde den Haupteingang hinter mir verschließen und mich schleunigst empfehlen. Auf Wiedersehen in Lahore, Herr Harst! Es tut mir ja leid, aber – ich habe auch diesmal zum Schaden der wahren Verbrecher gesiegt.“

Das Tau flog herab. – Fünf Minuten später standen wir vor der in einem alten Lehnsessel gefesselt sitzenden Arlesia Arbuton. Das Schicksal hatte an ihr sein Richteramt vollzogen. Sie hatte, vielleicht aus Angst vor unserem Erscheinen, den Verstand verloren, kreischte uns mit irrem Blick entgegen:

„Was wollt Ihr hier! Das Schloß ist mein! Vier Jahre habe ich hier gewohnt, – es gehört mir!“ – Dann folgte eine Flut von Schmähungen, wahnwitzigen Selbstanklagen. –

Wir holten Pahnwar und Hussein herbei. – Zehn Tage drauf waren wir wieder in Mirzapur. Die Schätze des Zauberschlosses führten wir mit uns, ebenso die beiden Gefangenen. Arbuton wurde später in London zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt; Arlesia starb in einer Irrenanstalt. Die Clarkes wurden sämtlich durch das Gegengift der Dajak-Priester geheilt. Das Zauberschloß wird jetzt von Hussein und Larda bewohnt. Über das Ende Frau Alix Clarkes war mit Sicherheit nichts festzustellen.

 

Nächster Band:

Ein Gentleman-Buschklepper.

 

 

Verlagswerbung:

Der Detektiv

Eine Reihe höchst spannender Detektivabenteuer.
Bisher sind folgende Bände erschienen:

1. Ein furchtbares Geheimnis. – 2. Das Gespenst auf der „Queen“. – 3. Das Geheimnis der schwarzen Perle. – 4. Die Hand mit den vier Fingern. – 5. Das einsame Haus im Moor. – 6. Die Blutfürstin der Pußta. – 7. Zwei Taschentücher. – 8. Die Jagd auf einen Namen. – 9. Die Augen der Jolante. – 10. Der Fluch eines Geschlechts. – 11. Die verschwundene Million. – 12. Die Festung des Ali Azzim. – 13. Die tote Lady Rockwell. – 14. Der Fakir von Nagpur. – 15. Der blinde Brahmane. – 16. Das Auge der Prinzessin Singawatha. – 17. Das Löschblatt von Amritsar. – 18. Die leuchtende Fratze. – 19. Schattenbilder. – 20. Der Löwe von Flandern. – 21. Der ewige Jude. – 22. Das Armband der Lady Melville. – 23. Die Rätselbrücke. – 24. Der Einsiedler von Tristan de Cunha. – 25. Die Siegellacktröpfchen. – 26. Die Gesellschaft der roten Karten. – 27. Die Uhrkette des Bill Hamilton. – 28. Der Tempel der Kali. – 29. Nur ein Tintenfleck. – 30. Der Stern von Siam. – 31. Eine leere Streichholzschachtel. – 32. Der sprechende Kopf. – 33. Das Geheimnis des Scheiterhaufens. – 34. Die Gefangene von Trawalkor. – 35. Die Eishöhle in Nepal. – 36. Der Mord im Warenhause. – 37. Der Spielklub W W. – 38. Ein gefährlicher Auftrag. – 39. Der sterbende Fechter. – 40. Die Gespenster-Rikscha. – 41. Eine Löwenjagd im Sinai. – 42. Der Afghan-Teppich. – 43. Der Acht-Grad-Kanal. – 44. Der leere Koffer. – 45. Acht Stunden Frist. – 46. Der Klub der XII. – 47. Die Bajadere Mola Pur. – 48. Der goldene Gonggong. – 49. Die Kugel aus dem Nichts. – 50. Der Piratenschoner. – 51. Die Büchse der Pandora. – 52. Der Tintenlöscher

 

 

Der Detektiv

Eine Reihe höchst spannender Detektivabenteuer. Bisher sind folgende Bände erschienen:

 

Band
































1–6:
7:
8:
9:
10:
11:
12:
13:
14:
15:
16:
17:
18:
19:
20:
21:
22:
23:
24:
25:
26:
27:
28:
29:
30:
31:
32:
33:
34:
35:
36:
37:
38:
39:

vergriffen.
Zwei Taschentücher.
Die Jagd auf einen Namen.
Die Augen der Jolante.
Der Fluch eines Geschlechts.
Die verschwundene Million.
Die Festung des Ali Azzim.
Die tote Lady Rockwell.
Der Fakir von Nagpur.
Der blinde Brahmane.
Das Auge der Prinzessin Singawatha.
Das Löschblatt von Amritsar.
Die leuchtende Fratze.
Schattenbilder.
Der Löwe von Flandern.
Der ewige Jude.
Das Armband der Lady Mellville.
Die Rätselbrücke.
Der Einsiedler von Tristan da Cunha.
Das Siegellacktröpfchen.
Die Gesellschaft der roten Karten.
Die Uhrkette des Bill Hamilton.
Der Tempel der Kali.
Nur ein Tintenfleck.
Der Stern von Siam.
Eine leere Streichholzschachtel.
Der sprechende Kopf.
Das Geheimnis des Scheiterhaufens.
Die Gefangene von Trawalkor.
Die Eishöhle in Nepal.
Der Mord im Warenhause.
Der Spielklub W W.
Ein gefährlicher Auftrag.
Der sterbende Fechter.

– Preis pro Band 20 Pf. –

Zu beziehen durch jede Buchhandlung oder vom

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin SO 26,

Elisabeth-Ufer 44.

 

 

Anmerkungen:

  1. In der Vorlage steht: „Gondras“.
  2. In der Vorlage steht: „kann“.
  3. In der Vorlage steht: „Teppe“.
  4. Die folgende Zeile ist doppelt, allerdings zur Hälfte mit sinnlosem Buchstabengewirr gefüllt.
  5. Auch „Singhpur“. Unabhängiger Zwergstaat während der Kolonialzeit in Britisch-Indien. Nicht zu verwechseln mit Singapur.
  6. In der Vorlage steht: „wie“.
  7. In der Vorlage steht: „wie“.
  8. In der Vorlage steht: „Darrunter“.