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Die tote Karawane

 

 

 

Der Detektiv

 

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 93:

 

Die tote Karawane

 

Nachdruck verboten. Alle Rechte einschließlich Verfilmungsrecht vorbehalten. Copyright by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin 26. – 1923.
Druck: P. Lehmann G. m. b. H., Berlin

 

1. Kapitel.

Die Schicksalsstunde.

„Ich warne Sie, Mr. Jefferson,“ sagte Harald mit großem Nachdruck zu dem hageren Herrn, der uns an einem Oktobervormittag im Hotel Atlantic in Aden besucht hatte.

„Ich warne Sie!“ wiederholte er nochmals. „Sie werden Ihre Wißbegierde, falls es eben nicht bloße Abenteuersucht ist, bitter bereuen. Ich betone: ich weiß nicht, wo Sie in dem weit ausgedehnten Gebirgszug des Dschebel[1] Menakib jenes Tal zu suchen haben, in dem der Stamm der Arakruzier wohnt.“

Oberst a. D. Percy Jefferson, ein recht sympathischer Mann Anfang der vierziger, machte eine ärgerliche Handbewegung.

„Dann reite ich eben ohne Sie, Mr. Harst. Meinen Plan gebe ich nicht auf. Ich bin reich, unabhängig und an Strapazen gewöhnt, habe nichts zu tun und will – berühmt werden. Das kann ich am besten, wenn ich dem bisher sagenhaften Volke –“

Harald unterbrach ihn. „Mr. Jefferson, entschuldigen Sie, daß ich Ihnen ins Wort falle. Haben Sie schon anderen gegenüber von Ihrer Absicht gesprochen, eine Expedition nach dem Dschebel Menakib zu unternehmen?“

„Hm – diese Frage hätte doch noch Zeit gehabt,“ meinte der Oberst ehrlich. „Wie kommen Sie jetzt gerade darauf, wo wir uns erst im Anfangsstadium der Unterhandlungen befinden?!“

„Ich komme darauf, weil – aber bitte, schauen Sie nicht über das Balkongitter hinweg! – weil da unten auf der Straße dem Hotel gegenüber in den Anlagen zwei Leute stehen und heimlich zu unserem Balkon hinaufblicken. Es sind dies ein Inder und ein Chinese, beide in europäischer Kleidung.“

Jefferson, der mit uns auf dem geräumigen Balkon saß, wurde plötzlich erdfahl im Gesicht. Seine Augen ruhten mit einem Ausdruck verzehrender Angst auf Harald, und seine zuckenden Lippen murmelten unwillkürlich etwas, das man halb erraten mußte. Es klang wie: „Also doch – also doch!“

„Die Leute scheinen Ihnen bekannt zu sein?“ meinte Harst, indem er so tat, als ob ihm Jeffersons helles Entsetzen entgangen wäre. „Die beiden stehen schon die ganze Zeit über hinter den Büschen,“ fügte er hinzu. „Einer von ihnen, der Chinese, hat sogar ein Fernglas bei sich und beobachtete, wie Sie hier am Tische Platz nahmen, Mr. Jefferson.“

Der Oberst hatte sich von dem ersten Schreck wieder erholt. Sein farbloses Antlitz war jetzt kupferrot. Das Blut war ihm in heißer Welle in die Wangen geschossen.

Der hagere Herr besaß Energie, ohne Zweifel! Das sah man jetzt auch an dem wütenden Ausdruck seines Gesichts. Seine hellen graublauen Augen schienen sich vor Erregung zu verdunkeln. Seine Lippen preßten sich zu einem schmalen Strich zusammen, und auf der Stirn zeigten sich drei dicke senkrechte Falten, die mich stark an Harald erinnerten, der in Momenten höchster Energieentfaltung ebenfalls die Stirn kraus zu ziehen pflegte.

„Meine Antwort auf Ihre Frage wird Sie überraschen, Mr. Harst,“ sagte er dann, Harald fest anblickend. „Ich kenne die beiden, kenne sie auch nicht. Ich weiß, daß die Schufte seit sieben Monaten dauernd hinter mir her sind und daß in dieser Zeit fünfmal aus dem Hinterhalt auf mich geschossen wurde, ohne daß ich ernstlicher verletzt worden wäre. Wer die heimtückischen Schützen waren, ist nie ermittelt worden. Ich vermute nur, daß der Inder und der Chinese da die Hand im Spiele haben. Wenn ich sie aber festnehmen lassen oder persönlich stellen wollte, waren sie stets verschwunden.“

Er hatte sich immer mehr beruhigt. Seine ersten Sätze waren noch stoßweise über die Lippen gekommen. Die letzten sprach er völlig gelassen und mit gewisser Verachtung, die den Attentätern gelten sollte.

Harst schob Jefferson die Zigarettenschale hin. „Bitte, bedienen Sie sich. – Also seit sieben Monaten folgen Ihnen die Leute. Hatten Sie denn damals vor sieben Monaten etwas besonderes erlebt, Mr. Jefferson?“

„Nein, nichts –“ – Ich gab dem Oberst ein Zündholz. Er rauchte ein paar Züge. „Jedenfalls nichts, was irgendwie diesen Burschen hätte Veranlassung geben können, sich an meine Fersen zu heften. Erleben tue ich stets etwas, Mr. Harst. Ich bin ein Mensch, der das sogenannte friedliche Dasein eines ehrbaren Bürgers unerträglich findet. Ich bin etwa dasselbe wie Sie: ein Mann, der alles Außergewöhnliche liebt.“

„Und Ihr letztes außergewöhnliches Erlebnis vor sieben Monaten war?“

„Aber lassen Sie doch diese abgestandenen Geschichten, Mr. Harst!“ rief Jefferson da. Der gelangweilte Ton gelang ihm jedoch nicht ganz. „Die Gegenwart ist mir interessanter.“

„Mir auch!“ erklärte Harald ernst. „Die Gegenwart sind für Sie der Inder und der Chinese dort unten in den Anlagen, denke ich! Wenn Sie bisher den Kugeln der Meuchelmörder entgangen sind, so kann vielleicht heute Ihnen die Schicksalsstunde nahen, Mr. Jefferson!“

Der hagere, sehnige Oberst warf Harst einen Blick zu, in dem deutlich wieder etwas wie Angst zu lesen war.

„Hm – möglich, daß es mich mal erwischt, das Schicksal,“ sagte er leiser. „Ich bin Fatalist. Ich bilde mir ein, wir können dem, was uns bestimmt, doch nicht ausweichen. Also – streichen wir all das, Mr. Harst! Reden wir von den Arakruziern. Wollen Sie mein Angebot annehmen? Ich trage sämtliche Kosten, und Sie beide erhalten jeder fünftausend Pfund Sterling.“

Harald hatte über die Bäume hinweg auf den fernen glänzenden Strich des Indischen Ozeans geschaut, der im strahlenden Sonnenschein wie flüssiges Erz schimmerte.

Dann senkte er den Kopf, spähte rasch nach den beiden Spionen aus und wandte sich an Jefferson.

„Es ist noch eine dritte Person hinzugekommen,“ meinte er langsam. „Eine Frau – offenbar eine Europäerin, – eine elegant gekleidete, verschleierte Frau.“

Jeffersons Fingern entglitt die Zigarette.

Sein Unterkiefer sank herab. Sein Gesicht wurde abermals erdfahl.

So stierte er Harald sekundenlang an.

Dann schnellte er hoch, griff nach seinem Tropenhelm, rief uns zu: „Ich komme wieder!“ und rannte durch den Salon in den Hotelflur.

„Narr!“ sagte Harald nur.

Auch ich lugte nun über das Gitter. Ich sah nichts mehr von dem Inder, dem Chinesen und der Frau.

Ich sah aber Jefferson, der jetzt aus dem Hotelportal über die Straße stürzte – hinein in die um diese Stunde der Hitze wegen stets leeren Anlagen – hinter die Büsche und Bäume.

Noch einmal schimmerte sein weißer Tropenhelm über einem Rasenstreifen auf.

Dann blieb Percy Jefferson unsichtbar.

„Er hat uns natürlich belogen,“ sagte Harald da. „Er weiß recht gut, welches seiner Abenteuer ihm die beiden Asiaten zu Feinden gemacht hat. Es muß ein sehr anrüchiges Abenteuer sein, sonst hätte er es uns erzählt. Dieser Oberst ist –“

Von den Anlagen drüben ein kurzer Schrei – dann zwei Schüsse.

Harst flog empor.

„Vorwärts – Jeffersons Schicksalsstunde, mein Alter.“

Wir waren in knapp drei Minuten auf dem kleinen Schmuckplatz gegenüber dem Hotel – waren in einen der Wege eingebogen.

Jefferson stand plötzlich vor uns. An seinem linken Ärmel war ein großer Blutfleck, und der helle Stoff war fingerlang aufgeschlitzt. In der Rechten hielt der Oberst einen Revolver, den er nun rasch in die Tasche schob.

„Wieder entwischt!“ sagte er grimmig. „Der Chinese sprang mich an, wollte mir einen Messerstich versetzen, traf vorbei. Leider schoß auch ich daneben –“

Die Schufte hatten ein paar Neugierige und einen Polizeibeamten herbeigelockt.

Jefferson nannte diesem seinen Namen, zeigte einen Paß mit Lichtbild vor und erklärte, ein Wegelagerer, ein zerlumpter Kerl habe ihn da soeben berauben wollen. „Mein Revolver verscheuchte den Burschen. Es war ein Chinese. Der Mensch ist längst nach dem Hafen zu entkommen. Er rannte im Bogen dort entlang –“ – Und er deutete am Hotel vorüber nach dem Strande. „Machen Sie von der Sache kein Aufhebens weiter. Die Schramme am Arm ist das nicht wert.“

Der Polizist, ein älterer Araber, wollte noch etwas fragen. Aber Jefferson winkte ihm lachend zu und zog uns mit sich fort.

„Gehen wir! Die Schramme muß verbunden werden, Mr. Harst. Sie tun mir wohl den Gefallen und spielen Arzt.“ –

In unserem Hotelschlafzimmer sahen wir, daß die „Schramme“ ein ganz tiefer Schnitt war. Harald, auch in dieser Kunst bewandert, vernähte die Wunde und legte einen Verband an.

Jefferson blieb dabei stumm. Nur einmal meinte er achselzuckend:

„Es war also doch nicht meine Schicksalsstunde, Mr. Harst! Unkraut vergeht nicht!“

Mut hatte er. Das mußte man ihm lassen. Und – Geistesgegenwart besaß er auch. Wie fein hatte er den Polizeibeamten abgefertigt! Einfach glänzend. Also – ein Abenteurer, ein Komödiant, schätzte ich ihn ein. –

Dann saßen wir wieder auf dem Balkon. Jefferson hatte sich ein Glas Whiskysoda bringen lassen. Er war jetzt doch ein wenig verlegen. Er schien von seiten Harsts Fragen zu befürchten, denen er nun zuvorkam, indem er mit erneutem Achselzucken und kaltblütigem Lächeln erklärte:

„Ich lege dieses Attentat zu den übrigen! In die – Erinnerungskiste. Sie bitte auch, Mr. Harst. – Also – nochmals die Expedition. Wie stellen Sie sich zu meinem Angebot?“

Harald hatte sich im Korbsessel weit zurückgelehnt.

„Mr. Jefferson, ich war einst lediglich Liebhaberdetektiv,“ erwiderte er mit leichter Bitterkeit. „Jetzt, wo der Weltkrieg auch mich, den einstigen Millionär, zum armen Manne gemacht hat, bin ich – Berufsdetektiv, also auch Geschäftsmann. Ich nehme Ihr Angebot unter einer Bedingung an.“

„Und die wäre?“ fragte der Oberst gespannt.

„Daß Sie, falls wir die Wohnstätten der Arakruzier finden sollten, nur mit Erlaubnis deren Sultanin, der Sultana Eizul, jenes weite paradiesische Tal betreten, das Schraut und ich nur ein einziges Mal schauten!“ (Vergl. den vorigen Band „Das Rätsel der Schonerjacht“.)

Jefferson nickte eifrig. „Einverstanden – einverstanden! – Ihre Hand her, Mr. Harst! – So – also abgemacht! Heute abend brechen wir auf.“

Wir beide waren überrascht, mehr noch, wir waren sprachlos.

„Wie – schon heute abend?“ meinte Harald kopfschüttelnd.

„Ja doch – natürlich! Es ist ja bereits alles vorbereitet. Drei Reitkamele, vier Lastkamele, Proviant, Waffen! Sie sollen zufrieden sein, Mr. Harst. Bitte finden Sie beide sich nur um acht Uhr abends am Hafen ein –“

„Und Ihre Wunde?!“ warnt Harald.

„Ah bah – Wunde! Ich habe ganz andere Schrammen davongetragen! – Sie brauchen nur das Allernotwendigste mitzubringen, meine Herren. Nur kein überflüssiger Ballast! – Auf Wiedersehen!“ –

Wir waren allein auf dem Balkon. Harald nahm eine neue Zigarette.

„Lieber Alter, es war doch Jeffersons Schicksalsstunde,“ sagte er leise. „Wir werden diesem Manne sein Geheimnis entreißen. Nur deshalb begleiten wir ihn! – So, jetzt nochmals hinab in die Anlagen! Ich möchte mir die Stelle ansehen, wo Jefferson überfallen wurde. Ein Mann wie er schießt nicht zweimal auf einen Angreifer vorbei, es sei denn, daß er eben vorbeischießen will!“

Wir nahmen unsere Reisemützen und standen gleich darauf in der Mitte des Schmuckplatzes vor einem Steinhäuschen, in dem ein Pumpwerk ununterbrochen arbeitete. Der Motor lief ohne Aufsicht, wurde wohl nur ein paarmal am Tage kontrolliert. Über die Schwierigkeiten der Wasserversorgung Adens habe ich bereits in einem früheren Bande einiges mitgeteilt.

Vor diesem Häuschen nun fand Harst an einer Stelle Blutstropfen, vier Schritt weiter aber etwas, das nur einer Frau gehört haben konnte.

„Dies genügt mir,“ meinte Harald.

Und wir flüchteten aus der Backofenglut wieder in das kühle Lesezimmer des Atlantic-Hotels.

Was ihm genügte, will ich bei anderer Gelegenheit näher ausführen – näher bezeichnen. Jedenfalls – es war ein von einer Revolverkugel getroffener Gegenstand. Jefferson hatte also nicht absichtlich vorbeigeschossen und hatte doch die Attentäter entkommen lassen, obwohl er noch vier Schuß aus seinem Revolver hätte abgeben können.

 

2. Kapitel.

Die rätselhafte Frau.

Im Lesezimmer war es leer. Das Atlantic hatte zur Zeit wenig Gäste.

Harald schaute sich nochmals prüfend in dem langgestreckten Raume um und betrat dann eine der Telephonzellen.

„Ich will mich mal nach diesem Oberst Percy Jefferson bei der Polizei erkundigen,“ sagte er, bevor er die Tür schloß.

Ich setzte mich in den nächsten Schaukelstuhl und griff auf gut Glück nach einer englischen illustrierten Zeitschrift, die auf dem nächsten Sessel lag.

Gleichgültig blätterte ich in dem dicken Band. Meine Gedanken waren noch immer dort in den Anlagen vor dem Steinhäuschen. – Was war dort geschehen? Ich versuchte, mir die Vorgänge zu vergegenwärtigen.

Jefferson läuft plötzlich (aber erst, nachdem Harald die Frau erwähnt hat) aus dem Hotel auf den Schmuckplatz. Hier wird er an dem Häuschen überfallen. –

Schon da machten meine Gedanken kritisch halt. – Wurde er wirklich überfallen? Hatte er vielleicht nur die Frau sprechen, vielleicht mit ihr unterhandeln wollen? Er war der beiden anderen, des Inders und des Chinesen wegen ruhig sitzen geblieben. Nur erst die Frau hatte ihn in die Anlagen getrieben.

Zerstreut blätterte ich in der Monatsschrift Seite um Seite um.

Jetzt aber wurde mein Blick bewußter, wurde durch ein Bild in der Zeitschrift gefesselt, – ein Bild, das ich sofort als das des Oberst Jefferson erkannt hatte.

Ich hielt das Bild näher an die Augen.

Ja – es war der Oberst. Er trug einen Sportanzug, Korkhelm, war bewaffnet. Unter dem Bilde stand:

Percy Mac Allan Jefferson, der glorreiche Überwinder des Karawanenräubers Jussuf Nazir, den Oberst Jefferson am 3. März dieses Jahres samt einem Teil seiner Bande im Kampfe erschossen hat. (Vergl. umstehenden Artikel.)

Diesen Artikel will ich hier nicht weiter anführen. An anderer Stelle muß ich doch noch darauf zu sprechen kommen.

Dann trat auch schon Harald aus der Telephonzelle heraus und setzte sich neben mich.

„Gegen den Oberst liegt nicht das geringste vor,“ sagte er etwas enttäuscht. „Im Gegenteil, die Polizei singt sein Loblied in allen Tönen. Er hat da im März des Jahres –“

„– einen Karawanenräuber Jussuf Nazir unschädlich gemacht,“ fiel ich Harald ins Wort und lächelte ihn dabei an. „Das steht hier in dieser Monatsschrift, die bereits etwas antik ist – sechs Monate alt!“

„So so! Du weißt das also schon, mein Alter. Ist Dir dabei nicht ein besonderer Gedanke gekommen?“

„Jetzt erst kommt er mir durch Deine Frage: der Chinese und der Inder können Mitglieder der zersprengten Bande Jussuf Nazirs sein, denn im März hat Jefferson diese Wegelagerer zum Teil gefangen genommen, und seit sieben Monaten, sagte er, sind die beiden hinter ihm her. Das stimmt der Zeit nach zusammen.“

„Allerdings. Es fragt sich nur, ob wir recht haben und der Chinese und der Inder tatsächlich etwa als Rächer Jussuf Nazirs auftreten. Die Möglichkeit liegt vor, daß es so ist. Aber – was hat die Frau damit zu schaffen, die elegante Dame?! Denn – es war eine Dame mit strohblondem Haar, den Bewegungen nach noch jung, jedenfalls eine Europäerin, die sich tadellos anzuziehen versteht und die so ein gewisses Etwas von Vornehmheit in Haltung, Tracht und Gang an sich hatte. Was tut diese Frau als Genossin des Chinesen und des Inders?! Ich merkte ja, sie waren sehr vertraut miteinander. Die beiden Farbigen benahmen sich ihr gegenüber freilich recht respektvoll.“

Harald hatte sich bedächtig eine Zigarette angezündet.

„Wenn man nun Jeffersons Entsetzen und Angst vor diesen Leuten in Betracht zieht,“ fuhr er nachdenklich fort, „dann kommt man, den Überfall in den Anlagen mit berücksichtigend, zu sehr eigentümlichen Schlußfolgerungen, die der Person Jeffersons eine eigenartige Beleuchtung geben.“

Ich hörte voller Spannung zu. Mir schien’s, als müßte Harald nun genau dasselbe äußern, was mir schon soeben durch den Kopf gegangen.

Leider aber sollte unser Gespräch auf sehr – sehr merkwürdige Art unterbrochen werden.

Irgendwoher plötzlich eine Stimme, die einer Frau:

„Mr. Harst, ich möchte nicht länger die Lauscherin spielen –“

Wir sahen uns verblüfft um. Das Lesezimmer war leer.

Wir vermuteten die Frau in einer der Telephonzellen. Aber – auch dort keine Seele.

Harald durchschritt den Raum, hatte die Augen überall.

Nichts – leer!?

Da setzte er sich wieder zu mir.

„Sie wünschen?“ fragte er laut.

Und abermals dieselbe Stimme, die bald aus der rechten, bald aus der linken, bald aus den Ecken hinter uns zu kommen schien.

Diese seltsame, rasche Änderung der Schallrichtung verwirrte unwillkürlich derart, daß man zunächst mehr auf den Wechsel der Richtung als auf die Worte der Sprechenden achtete.

Die Stimme selbst war ein tiefer Alt, dabei doch voller Zartheit und Ausdrucksfähigkeit. Es war eine Stimme, die manches von dem Charakter der Besitzerin verriet.

„Mr. Harst,“ hatte die unsichtbare Frau geantwortet, „ich möchte Ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Dabei muß ich vorsichtig sein. Ich habe Feinde. Ich bitte Sie, nach einer Stunde am Ostrande der nördlichen Kratermündung sich einzufinden. Sie müssen mir versprechen, mich auch dort nicht zu suchen. Ich werde mit Ihnen verhandeln, ohne daß Sie mich sehen: Sie brauchen keine Falle zu fürchten. Ich bin ein Weib, das List und Gewalt nur ihren Gegnern gegenüber anwendet. Haben Sie Vertrauen zu mir. Es wird nicht getäuscht werden.“

Harst wandte noch immer genau so wie ich den Kopf suchend hin und her.

„Der nördliche Krater ist gefährlich, Mistreß,“ sagte er nun. „Ist Ihnen dies bekannt?“

Keine Antwort.

Und wieder fragte Harald daher: „Ist Ihnen dies bekannt? Sind Sie noch da, Mistreß?“

Nichts. Stille.

Da schaute Harst mich an. „Verschwunden! – Was tun wir? Es kann doch eine Falle sein!“

Ich zuckte die Achseln. „Die Geschichte ist fast unheimlich. Wo steckte die Frau?“

Harald lächelte. Seine Blicke wanderten die Innenwand entlang und blieben oben unter der Ecke auf dem Brett haften, wo der kleine Motor stand, der den riesigen Ventilator in Bewegung setzte. Der Ventilator war ausgeschaltet.

„Nur dort kann sie gewesen sein – hinter dem Ventilatorrad. Es muß da einen Schacht geben mit einer Steigeleiter. Fragen wir den Portier.“

Der Portier dienerte überhöflich. Wir waren ja berühmte Gäste. Wir hatten vor zehn Tagen, aus Innerarabien zurückkehrend, die ganze kultivierte Welt mit der Kunde überrascht, daß wir kurze Zeit Gefangene jenes Volkes gewesen, dessen Existenz bis dahin von vielen angezweifelt worden war: des Volkes der Arakruzier!

Der Portier erklärte, es gäbe einen solchen Schacht, der sich bis unter das Dach hinziehe. „In jedem Stockwerk befindet sich in dem sogenannten Abstellraum eine Tür, durch die man in den Schacht gelangen kann.“

Harald dankte für die Auskunft und ging in das Büro. Der Direktor legte uns das Fremdenbuch vor. Das Hotel beherbergte zur Zeit 28 Gäste, darunter zwölf Frauen. Alle Fragen Haralds halfen nichts. Wir erhielten dadurch auch nicht den geringsten Anhaltspunkt, wer die Unbekannte gewesen sein könnte.

Dann brachen wir nach dem Dschebel Schamschan auf.

Ich habe Aden bei anderer Gelegenheit bereits eingehend beschrieben. Die Stadt liegt auf der Ostseite einer viereckigen Halbinsel, die nur durch eine schmale Landbrücke mit dem Festlande von Arabien verbunden ist. Die ganze Halbinsel ist felsig und erhebt sich im Dschebel Schamschan bis zu 550 Meter Höhe. Der Schamschan ist ein erloschener Vulkan mit mehreren Krateröffnungen, wild romantisch in seiner düsteren Kahlheit, durchschnitten von Schluchten und Tälern, phantastische Naturburgen bildend, dabei tagsüber unter dem Einfluß der Tropensonne eine Hölle, in die sich nur Eingeborene hineinwagen.

Bis zum Nordkrater hatten wir immerhin einen Marsch von vier Kilometern. Die von der Frau genannte Stunde war gerade um, als wir den Ostrand des Kraterberges erklommen.

Der Nordkrater wird von Touristen gemieden. Er ist sehr tief, hat unten einen Durchmesser von fünfzig Meter, Spalten und Risse, aus denen giftige Gase emporsteigen, und ist daher beständig mit einem Gemisch von Luft und Gasen erfüllt, das je nach der Windrichtung sich über den Krater hinaus verteilt.

Heute wehte der Wind von Ost. Die Ostseite war also gasfrei. Zwischen Lavagebilden, Felsen und Steinen waren wir bis zur halben Höhe der Ostwand emporgestiegen. Wir hatten keinen trockenen Faden mehr am Leibe. Wir waren erschöpft, einem Hitzschlage nahe. Es war keine Kleinigkeit gewesen, die steilen Pfade des Dschebel Schamschan zu erklettern.

Im Schatten eines mächtigen Steinblocks setzten wir uns nieder. Harald hatte unterwegs wenig gesprochen. Nur eins hatte er betont, und damit sagte er mir nur etwas, das ich selbst schon vermutet hatte: daß die Frau, die uns hierher bestellt, wahrscheinlich dieselbe sei, die mit dem Chinesen und dem Inder unten in den Anlagen gestanden hatte! –

Wir schraubten jetzt die große Patentflasche auf, die wir zur Vorsicht mitgenommen hatten. Sie enthielt kalten Tee.

Wir tranken. Um uns her nichts als kahle Felsen, Lavamassen, – nach Osten zu Aden und das Meer zu unseren Füßen.

Harald rieb sein Feuerzeug an und begann zu rauchen. Links von uns ragte ein Stück der Gipfelwand des Kraters wie eine Mauer steil empor. Lavaströme waren in dünnen Rinnsalen daran entlanggeflossen und erstarrt, bildeten nun auf dem dunklen Fels ein seltsames Rankengewirr.

Von dort her nun die Stimme der Frau – ganz unvermittelt, scheinbar aus dem Gestein hervordringend:

„Mr. Harst, ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind. Das Lesezimmer des Hotels war nicht der richtige Ort, das zu verhandeln, was mir am Herzen liegt –“

Eine kleine Pause.

Und dann – seltsam genug: dieselbe Stimme jetzt rechts von uns hinter ein paar hohen übereinandergetürmten Felsblöcken hervor!

„Ich suche jemand, Mr. Harst, – zwei Menschen, die mir teuer sind! Ich suche sie seit vielen, vielen Jahren. Mein Haar ist darüber weiß geworden. Aber das Alter hat meiner körperlichen und geistigen Frische nichts anzuhaben vermocht. – Meine Bitte geht dahin: nehmen Sie mich mit heute abend, wenn Sie mit Oberst Jefferson in die Wüste hinausreiten! Nehmen Sie mich als Diener mit. Ich werde meine Verkleidung so einrichten, daß Jefferson nicht ahnen soll, ein Weib sei der Diener Tom Bulbry, ein alter Matrose, den Sie angeblich von früher her kennen.“

Dieser höchst eigenartige Vorschlag, durch nichts näher begründet als durch ein paar Andeutungen, würde von Harald natürlich abgelehnt werden. Davon war ich[2] fest überzeugt. Ich täuschte mich. Harst entgegnete sofort sehr laut:

„Sie werden wohl wissen, Mistreß, weshalb Sie diese Bitte aussprechen. Gut denn – finden Sie sich abends acht Uhr am Hafen ein. Ich werde Jefferson benachrichtigen, daß wir einen Diener mitbringen, – Tom Bulbry mit Namen, seines Zeichens Matrose, eine Bekanntschaft von Bombay her, die wir hier heute erneuert haben.“

„Ich werde pünktlich zur Stelle sein, Mr. Harst –“

Jetzt kam die Stimme mehr von vorn.

„Ich bringe ein Reitkamel mit. Sie werden es nicht bereuen, mich unterstützt zu haben. Auf Wiedersehen.“

„Halt!“ rief Harald da. „Noch etwas, Mistreß. Ich stelle eine Bedingung. Sie müssen sich uns zeigen und uns Ihren Namen nennen –“

Keine Antwort.

Nochmals rief Harst: „Mistreß, melden Sie sich!“

Wieder nichts.

Nur ein paar Aasgeier flogen mit häßlichem Krächzen vorüber.

Harald schaute mich an.

„Fürwahr, mein Alter, das ist denn doch das Tollste, was wir je erlebt haben! – Gehen wir!“

„Nein – suchen wir nach der Frau!“ meinte ich energisch. „Wir können doch unmöglich eine wildfremde Person als Diener mit uns schleppen!“

„Oh – warum nicht?! Wird das nicht ganz interessant werden?!“

Ich hatte das unbestimmte Gefühl, daß Harald diese Frau doch nicht so ganz fremd sei, daß er eben ahnte, wer dieses rätselhafte Weib sein könnte.

„Du kennst sie!“ sagte ich ganz leise.

„Nein. Ich kenne nur etwas von ihr, eine besondere Gabe: sie ist – Artistin gewesen!“

Da ging auch mir ein Licht auf.

„Bauchrednerin?“ fragte ich noch leiser. „Also ein Weib, das es versteht, die Stimme scheinbar von Stellen erklingen zu lassen, an denen sie selbst sich nicht befindet!“

„Ja, Bauchrednerin. – Komm’ jetzt!“

Wir begannen den Abstieg.

Weitere Fragen meinerseits beantwortete Harald ausweichend. Um nichts klüger als bisher begab ich mich abends acht Uhr mit Harald nach Steamer Point, dem Hafen von Aden.

 

3. Kapitel.

Die tote Karawane.

An einer einsamen Stelle des Bollwerks saß auf einem Felsstück ein Mann in Seemannstracht, ein bartloser, tief gebräunter Mensch mit faltigem Gesicht, kleinen goldenen Ringen in den Ohrläppchen, einen mächtigen Strohhut auf dem grauen Schädel, eine kurze Holzpfeife im Munde.

„’n Abend, Bulbry,“ begrüßte Harald ihn durch Handschlag mit größter Selbstverständlichkeit.

„’n Abend, Mr. Harst! Da wären wir also –“

Die Stimme war ein rauher Baß.

Niemals hätte ich in diesem „alten Bekannten“ ein Weib vermutet, wenn ich nicht gewußt hätte, daß es trotz allem eine Frau war, die hier so echt matrosenmäßig jetzt ausspuckte und hinzufügte: „Teufel noch mal – das war ’ne Freude, als ich Sie beide heute traf! Nach zwei Jahren zum ersten Mal! Dank Ihnen, daß Sie mir, der so verdammt auf dem trocknen saß, zu ’ner Anstellung verholfen haben. – Ah, da kommt schon Mr. Jefferson! Was sagte er denn, als Sie ihm mitteilten, ich käme mit?“

„Ihm war’s erst recht unangenehm –“

„Kann ich mir denken!“ nickte Bulbry, wobei seine zusammengekniffenen Augen sich einen Moment weiteten und so ihre ganze Ausdrucksfähigkeit verrieten. –

Jefferson begrüßte uns, musterte Bulbry mißtrauisch und meinte:

„Na – der Mann hätte auch in Aden bleiben können! Habe mir die Sache überlegt, Mr. Harst. Hier sind hundert Pfund Sterling für diesen Bulbry. – Da, Bulbry, nehmen Sie nur das Geld und machen Sie sich hier ein paar vergnügte Wochen.“

„Bulbry kommt mit!“ erklärte Harald kurz. „Mit dem Gelde gewöhnt er sich nur wieder das Saufen an!“

„Verdammt – da haben Sie recht, Mr. Harst! Da werde ich in kurzem zum Schwein! Kenne mich!“ Und Tom Bulbry grinste.

Jefferson lenkte ein. „Meinetwegen denn. Mag er uns begleiten. – Unsere Tiere stehen drüben nach Norden zu in einem Tale. Der Araber, der sie mir verkauft hat, bewacht sie.“ –

Eine Viertelstunde später ritten wir vier der schmalen Landzunge zu, die die Halbinsel Aden mit dem Festlande verbindet. Bulbry führte die vier Lastkamele am Leitseil. Er ritt tadellos im Kamelsattel. Jefferson fragte ihn daher auch bald, ob er denn schon öfters ein Dromedar geritten habe. – „Und ob, Mr. Jefferson, und ob! War zwei Jahre Diener bei dem Afrikaforscher Lord Wangemar,“ behauptete der rätselhafte Bulbry kaltblütig. –

Als die Nacht anbrach, hatten wir den schmalen, bewohnten Küstenstrich bereits hinter uns.

Die Wüste lag vor uns. Dorthin, wo unser Ziel zu suchen war, gab es keine Karawanenstraße. Der Dschebel Menakib gehört noch heute zum unbekanntesten und einsamsten Teile Innerarabiens.

Zu unserem Erstaunen bog Jefferson sehr bald von der bisherigen etwas nordwestlichen Richtung scharf nach Osten ab. Wir drei trabten nebeneinander eine Strecke voraus. Bulbry mit den Lastkamelen war einige dreißig Meter zurück.

„Weshalb diese Schwenkung?“ fragte Harald den Oberst.

„Das werden Sie sofort sehen, Mr. Harst –“

Er hielt nach einer halben Stunde auf einen hohen Sandberg zu.

Auf der Kuppe machten wir halt. Inzwischen war am Nachthimmel die Legion der Sterne erschienen, war auch die Mondsichel am Firmament sichtbar geworben. Ein mildes Licht lag über dem Sandmeer der Wüste. – Jefferson holte sein Fernglas hervor und schaute angestrengt dorthin, woher wir gekommen.

„Bitte!“ Und er reichte Harst das Glas.

Harald brauchte nicht lange zu suchen.

„Zwei sich bewegende Lichtpünktchen,“ meinte er. „Zwei Reiter mit Laternen auf unserer Fährte, denke ich!“

„Allerdings,“ lachte Jefferson drohend. „Der Chinese und der Inder! – Warten Sie hier!“

Er wollte nach Süden zu davonreiten.

Harst hielt ihn zurück.

„Was beabsichtigen Sie, Mr. Jefferson?“

„Ich will die Kerle verjagen, will ihnen ihre Tiere erschießen. Dann sind wir sie los. Von hier können sie noch bequem zu Fuß nach den ersten Araberdörfern zurück.“

„Ich möchte Sie bitten, dies nicht zu tun, Mr. Jefferson. Ich werde Sie begleiten. Ich weiß, Sie wollen im Bogen von hinten an die Leute heran. Wir werden sie festnehmen und sie fragen, was sie denn eigentlich gegen Sie im Schilde führen.“

Jefferson machte eine ärgerliche Handbewegung. „Mit den Schuften rechne ich allein ab!“ stieß er hervor. „Ich lasse mir keine Vorschriften machen, Mr. Harst. Vergessen Sie nicht, daß ich hier zu befehlen habe!“

Aha – er enthüllte sich, der Oberst! Er spielte den Brotherrn zweier bezahlter Detektive!

Harald blieb ruhig. „Zu befehlen haben Sie gar nichts, Mr. Jefferson. Ich werde –“

Der Oberst hatte sehr schnell eingesehen, wie sehr er sich hier im Tone vergriffen hatte.

„Entschuldigen Sie, Mr. Harst,“ meinte er rasch. „Das ist mir nur so in der Aufregung entschlüpft. Reiten wir weiter. Wir werden die beiden auf andere Art loswerden.“

Er trieb sein Reitkamel an und trabte davon.

Wir folgten ihm zögernd.

„Es wäre besser, diese Sache zu klären,“ sagte Harald nachdenklich. „Jefferson ist nicht der harmlose Abenteurer, für den er sich ausgibt. Wir werden die Augen gut offenhalten müssen.“

Tom Bulbry war dicht hinter uns.

„Mr. Harst,“ rief er leise, „er wollte die beiden erschießen! Glauben Sie mir!“

Da hatte Jefferson sein Tier schon angehalten und schaute nach uns aus.

„Vorsicht!“ warnte der rätselhafte Bulbry jetzt. „Weiter – damit er nicht mißtrauisch wird!“

Wir hatten Jefferson eingeholt.

„Dort drüben zieht sich ein meilenlanges steiniges Wadi (Tal) hin,“ sagte er, indem er uns drei argwöhnisch musterte. „Dort werden wir den Weg fortsetzen.“

Wir lenkten neben ihn.

„Der Steinboden nimmt keine Fährten an – ich verstehe!“ nickte Harald gleichmütig. „Die beiden Leute sollen unsere Spuren verlieren.“

„Das werden sie! Percy Jefferson kennt die Wüste,“ lachte der Oberst ironisch. „Wer sich mir hier an die Fersen heftet, muß schon sehr scharfe Augen haben!“ –

Eine Stunde drauf bogen wir in dem breiten Wadi in ein Nebental ein, das mit Felsblöcken übersät war und sich nach Nordost hinzog. Gegen Mitternacht wich Jefferson abermals in ein Quertal ab. Und eine halbe Stunde später kletterten unsere Tiere über Steingeröll in die offene Wüste hinauf.

Abermals ging’s nun abwechselnd im Schritt und Trab weiter nach Nordost. Erst als der Morgen graute und ein kahler Höhenzug uns ein schattenspendendes Tal versprach, erklärte Jefferson, daß wir hier lagern würden.

In einem tiefen Felsenkessel an der Nordseite der Berge sattelten wir die Tiere ab, gaben ihnen zu fressen und zu saufen und nahmen selbst eine rasche Mahlzeit ein. Der Ritt hatte uns müde gemacht. Bulbry, der Rolle als Diener getreu, zeigte sich sehr anstellig, kochte Tee, öffnete Konservenbüchsen und wollte dann auch die erste Wache übernehmen.

Jefferson lehnte dies ab. „Ich werde die Wachen auslosen,“ sagte er. „Hier sind vier verschieden lange Papierstreifen. Wer den kürzesten zieht, hat die erste Wache, dann die anderen je nach Länge der Streifen.“

War es ein Zufall, daß er bei dieser Lotterie doch den kürzesten Streifen bekam?!

Ich hatte nichts von einer Mogelei gemerkt. Ich war außerdem auch zu müde, mich mit Gedanken abzugeben, ob Jefferson etwa Wert auf die erste Wache legte.

Auch Harald gähnte immer häufiger. So streckten wir uns denn auf unsere Decken aus, benutzten die Sättel als Kopfkissen und sahen noch, daß der Oberst mit seiner Repetierbüchse im Arm einen nahen Hügel erkletterte.

Ich schlief ein. Ich schlief ganz fest, träumte wirres Zeug und wurde erst munter, als Harald mich kräftig rüttelte. Er hatte die dritte Wache gehabt. Nun kam ich als vierter an die Reihe, rieb mir den Schlaf aus den Augen, nahm meine Doppelbüchse und erstieg denselben Hügel. Harald hatte mir nur noch zugeflüstert: „Alles in Ordnung!“

Jefferson und Bulbry schliefen und hatten sich ihre Deckenzipfel über das Gesicht gelegt, um durch die Tageshelle nicht gestört zu werden.

Ich hatte auch Jeffersons Fernglas bei mir. Es war besser als das meinige. Ich saß nun oben auf dem steilen Hügel hinter einem Felsstück und – wunderte mich, daß ich so gar nicht imstande war, die Müdigkeit abzuschütteln.

Um munter zu bleiben, stand ich wieder auf und suchte mit dem Glase die Wüste ab. Nach Süden zu versperrten mir die Berge die Aussicht. Aber nach Norden, Westen und Osten konnte[3] ich das im hellen Vormittagssonnenschein daliegende Sandmeer weithin überblicken.

Zunächst gewahrte ich in weiter Ferne eine große Karawane, die dort nach Südwest dahinzog. Ich wußte, daß in dieser Richtung die Karawanenstraße Dawasir-Machlaf lag. Wir hatten bei der Mahlzeit darüber gesprochen, und Jefferson hatte erklärt, wir würden die Straße jetzt bald kreuzen.

Dann sah ich im Westen etwas anderes: Aasgeier, mindestens zwanzig, die eine Meile entfernt über ein paar Felshügeln schwebten und sich langsam niederließen.

Wo Aasgeier, da auch eine Beute! – Was mochten die Tiere dort erspäht haben? Wir waren doch bei Tagesanbruch aus jener Richtung gekommen und hatten nichts von Kadavern bemerkt.

Ich vergaß die eklen Vögel wieder. Die Hitze trieb mich in den Schatten zurück. –

Nachmittags fünf Uhr hatte Tom Bulbry die zweite Mahlzeit fertig. Der Tee erfrischte mich.

Jefferson war jetzt sehr aufgeräumt. Er meinte, der Chinese und der Inder würden nun wohl längst kehrt gemacht haben.

Dann brachen wir auf. Um sieben Uhr etwa kreuzten wir die Karawanenstraße, die sich nur durch den zerstampften Sand, trockenen Kamelmist und hie und da durch ein halbverwehtes Tiergerippe von dem übrigen Sandmeer abhob.

Gleich darauf begegneten wir einigen zwanzig Beduinen vom Stamme der Beni Saharet, die unweit des Ortes Machlaf im Westen ihre Weidegründe haben. Die Araber grüßten und ritten weiter. Sie hatten auf Lastkamelen vier Tachtirwans (Zelte) mit, in denen Frauen saßen.

Die Sonne sank wieder. Wir hielten jetzt scharf nördliche Richtung ein, kamen durch steinige Hochlandwüste, stiegen in tiefe Täler hinab, erklommen steinige Hügel. Mond und Sterne leuchteten uns. Jefferson war zumeist eine Strecke voraus.

Harst, seltsam wortkarg und in sich gekehrt, wich jeder Unterhaltung aus. So war ich denn auf die rätselhafte Frau angewiesen, die hier mit so glänzendem Geschick den Diener spielte.

Mir war längst klar geworden, daß sie nur Jeffersons wegen uns begleitete. Und ich war jetzt auch überzeugt, sie müsse jene strohblonde Dame sein, die mit dem Inder und dem Chinesen in den Anlagen vor dem Atlantic-Hotel gestanden hatte.

Aber – alle versteckten Anzapfungen blieben bei Tom Bulbry erfolglos. Nur als ich schließlich etwas gereizt fragte:

„Sie sind doch Artistin?“

da bemerkte ich zum ersten Male, daß sie verlegen wurde.

„Es wird schon noch alles an den Tag kommen,“ meinte sie und blieb jetzt absichtlich zurück.

So drängte ich denn mein Tier wieder neben Harald.

„Möchtest Du mir nicht vielleicht erklären, was Du von Jefferson eigentlich hältst?“ sagte ich ein wenig ärgerlich. „Ich denke, Du –“

„Lieber Alter,“ fiel er mir ins Wort. „Du sollst es wissen: Jefferson ist ein vielfacher Mörder.“

Ich wollte schon auffahren und mir derartige Scherze verbitten.

Ein Blick auf Haralds ernstes, düsteres Gesicht warnte mich.

Ein vielfacher Mörder?! Spielte Harald etwa auf Jeffersons glorreichen Kampf mit dem Karawanenräuber Jussuf Nazir an?! – Was hatte doch in jenem Artikel der englischen Monatsschrift hierüber gestanden?

Ich kam nicht dazu, mir dies ins Gedächtnis zurückzurufen. Der Oberst, der vor zehn Minuten weit vorausgeritten und uns aus den Augen gekommen war, kehrte zurück.

Er schien erregt, winkte schon von weitem mit der Büchse und brüllte förmlich:

„Eine Karawane – eine tote Karawane, – dort nach Westen in einem Tale! Ein Zufall ließ mich die toten Tiere und Menschen bemerken!“ –

Im Trab folgten wir ihm dann. –

„Ein Zufall,“ hatte Jefferson behauptet! War’s wirklich ein Zufall? Mir stiegen allerlei Zweifel auf.

Nun ritten wir in ein sandiges weites Tal hinab. Ein paar kümmerliche Palmen wuchsen da zwischen zerstreuten Felsen am Nordrande.

Und dort – dort beleuchtete das fahle Mondlicht dunkle Flecken.

Dort lagen vom Sande halb bedeckte Kamelkadaver, menschliche Leichen, – ausgedörrt von der trockenen Wüstenluft, zerfetzt von Aasgeiern und Schakalen.

Von dort her kam ein widerlicher Verwesungsgeruch herüber.

„Eine tote Karawane!“ sagte nun auch Harst merkwürdig gepreßt.

Und hinter uns ein leiser Schrei.

Ein einziges Wort.

„Endlich!“

Die rätselhafte Frau hatte es ausgestoßen.

 

4. Kapitel.

Das Gericht in der Wüste.

Jefferson hatte sich blitzschnell im Sattel umgedreht.

„Was heißt das, Bulbry?“ rief er. „Was sollte das „endlich“?“

Er drückte sein Tier vorwärts.

Er hatte die Repetierbüchse wie stets über dem Sattelknopf hängen, hatte die Waffe ergriffen, hatte den Kopf vorgereckt, um Bulbrys Gesichtszüge besser bei der ungewissen Beleuchtung unterscheiden zu können.

Die Frau blickte den Oberst jetzt aus weiten Augen starr an.

„Also doch!“ sagte sie langsam, und ihre Stimme war nicht mehr die Tom Bulbrys, war eine wohlklingende, jetzt aber vor Erregung leicht bebende Stimme.

„Also doch – dies war das Ziel!“ sprach sie, jedes Wort betonend. „Percy Jefferson, der glorreiche Überwinder Jussuf Nazirs, hat sich verraten!“

Jefferson war zusammengezuckt.

Dann – riß er plötzlich die Büchse hoch.

„Schurke, was redet Du da?! Wer bist Du?“ keuchte er.

Harald war schneller – drückte schneller ab, hatte auf den Kolben der Repetierbüchse gezielt.

Zwei Schüsse knallten fast gleichzeitig.

Jefferson brüllte vor Wut. Die Waffe war ihm aus der Hand geschleudert worden.

Harst behielt die seine im Anschlag.

„Mr. Jefferson, das Spiel ist aus!“ sagte er drohend. „Bei der ersten verdächtigen Bewegung Ihrerseits schieße ich! – Steigen Sie ab! Schraut wird Sie binden! – Gehorchen Sie! Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben!“

Der Oberst zitterte vor ohnmächtigem Grimm. Aber er sah wohl ein, daß er gegen uns drei nichts ausrichten konnte, denn auch die Frau, unser Tom Bulbry, hatte auf ihn angelegt und rief Harald zu:

„Schonen Sie ihn nicht, Mr. Harst! Er verdient es nicht! Ich kenne seine Heldentaten!“

Jefferson ließ sein Tier niederknien und sprang aus dem Sattel.

„Sie werden sich dieser Frechheiten wegen zu verantworten haben!“ sagte er jetzt mit scheinbarer Ruhe zu Harst. „Sie vergessen, daß ich einen hochgeachteten Namen trage und daß –“

„Sparen Sie sich die Redensarten!“ Harsts Stimme war eisig und voller Verachtung. „Legen Sie die Hände auf den Rücken.“

Die Frau war schon hinter Jefferson. Ich half ihr. Wir fesselten den Oberst so sicher, daß er die Hände unmöglich frei bekommen konnte. Dann führten wir ihn bis zu den Palmen. Hier wurde er aufrecht an einen der Bäume gebunden. Er blieb jetzt stumm. Sein Gesicht war bleich und verstört.

„Lagern wir drei dort ein Stück weiter,“ meinte Harald.

Fünfzehn Meter von Jefferson entfernt standen noch ein paar Palmen. Hier besorgten wir zunächst die Tiere, packten dann den Spirituskocher aus und setzten Wasser zu Tee auf.

Bisher war über die letzten Ereignisse kein Wort gefallen. „So – nun zu Jefferson!“ sagte Harst. „Kommen Sie, Frau Hendrick. Wir werden ihm seine Schandtaten vorhalten.“

Die Frau blickte Harald überrascht an.

„Hendrick? Sie kennen meinen Namen, Mr. Harst?“ rief sie leise.

„Ja. Ich vermutete, daß Sie Frau Antonie Hendrick sein müßten, die Gattin des berühmten Raubtierdresseurs. – Kommen Sie! Jefferson soll alles mit anhören!“

Vor den Palmen lagen genügend Felsblöcke, die uns als Sitz dienen konnten.

„Ich möchte zunächst Ihr Bravourstück besprechen, Mr. Jefferson,“ begann Harald nun. „Ich meine den angeblichen Kampf mit dem Karawanenräuber Jussuf Nazir, der eine Bande von zwölf verwegenen Kerlen, Asiaten aller Farbenschattierungen, wie in der englischen Monatsschrift zu lesen war, um sich gesammelt hatte. – Sie, Mr. Jefferson, hatten im Klub in Aden erklärt, Sie würden ganz allein mit den Banditen fertig werden. Sie schlossen eine Wette ab, deren Einsatz 50 000 Pfund Sterling betrug. Den Wettbestimmungen nach sollten Sie, nur begleitet von einem Führer, die Räuber unschädlich machen. Wie ich nun durch Nachfragen in Aden festgestellt habe, besaßen Sie diese 50 000 Pfund gar nicht mehr. Man hielt Sie allgemein für reich. Das sind Sie aber nicht. Sie waren es. Ihr abenteuerliches Leben hat Ihr Vermögen verschlungen. Wie ich weiter in Aden herausbrachte, haben Sie von einem Waffenhändler für Ihren Ritt in die Wüste damals eine englische Maschinenpistole gekauft, haben dies aber sorgfältig geheim gehalten –“

„Spion!“ brüllte Jefferson. „Elender Spion!“

„So ausgerüstet brachen Sie in Begleitung eines jungen Arabers am 15. Februar aus Aden auf. Am 9. März erschienen Sie dort wieder – mit zwei schwerverwundeten Angehörigen jener Bande und einigen photographischen Aufnahmen der anderen erschossenen Räuber, darunter auch Jussuf Nazir. Die beiden Verwundeten waren nicht mehr fähig etwas auszusagen und starben sehr bald. – Sie schilderten Ihren Kampf mit den Banditen in folgender Weise. Eines Morgens hätten Sie Schüsse gehört und wären mit Ihrem Begleiter gerade hinzugekommen, wie die Räuber eine Karawane überfielen. Leider sei es Ihnen nicht gelungen, die Mitglieder der Karawane zu retten. In dem sich dann entspinnenden Kampf hätten Sie mit Ihrer Repetierbüchse die Oberhand behalten. Ihr Führer sei gefallen. Von den Räubern konnten nur drei, und auch die verwundet, entweichen. Die Photographien des Kampfplatzes und der Toten bewiesen Ihre Angaben. Sie hatten Ihre Wette gewonnen, und Ihre Wettgegner zahlten Ihnen die fünfzigtausend Pfund aus. Alle Welt pries Sie als mutigen Mann, obwohl es weiter keine Heldentat ist, mit einer Maschinenpistole Leute niederzumähen, die nur mit veralteten Flinten bewaffnet waren. Freilich – von dieser Maschinenpistole wußte niemand etwas –“

Jefferson hatte jetzt den Kopf gesenkt.

„Man wollte dann den Kampfplatz aufsuchen, um zu sehen, ob die Karawane vielleicht wertvolle Lasten bei sich gehabt hätte. Sie begleiteten diese Polizeitruppe, konnten aber angeblich den Ort des Kampfes nicht mehr finden. Die Sache geriet bald in Vergessenheit. Sie selbst verließen Aden und kehrten nach Bombay zurück, wo Sie einen kleinen Bungalow besitzen. Dann aber stießen Sie nach Monaten in einer englischen Zeitung auf ein Inserat, das auch mir seiner Zeit auffiel. Es lautete etwa:

1000 Pfund Belohnung

dem, der mir über den Verbleib meines Mannes, des Dompteurs Karl Hendrick, genaue Auskunft geben kann. Hendrick hielt sich im Februar d. J. in der südarabischen Küstenstadt Mirbat auf, von wo er mit einer Expedition ins Innere aufbrechen wollte. Er führte beträchtliche Werte bei sich. In Mirbat konnte ich nur in Erfahrung bringen, daß er die Stadt unbekannt wohin allein verlassen hat. Seitdem fehlt jede Nachricht von ihm. – Frau Antonie Hendrick, zur Zeit Hotel Atlantic, Aden.

Diese Anzeige veranlaßte Sie, nach Aden zu eilen. Sie fanden Frau Hendrick hier jedoch nicht mehr vor. Sie hatten fraglos die Absicht, mit ihr in Verbindung zu treten, um herauszubekommen, worin die Werte bestanden, die Karl Hendrick bei sich geführt hatte –“

Jeffersons Kopf sank noch tiefer.

Diese Szene hier in der hellen Tropennacht war wie eine phantastische Gerichtssitzung.

„Sie hatten nämlich die toten Mitglieder jener kleinen Karawane,“ setzte Harst seine Anklagerede fort, „damals genau durchsucht, ohne besonders Wertvolles bei ihnen zu entdecken. Es muß so sein, Mr. Jefferson – es muß! Denn anders wäre Ihr ferneres Verhalten einfach unerklärlich. – Um nun nicht allein den Ritt nach jener Stelle anzutreten, wo die Karawane niedergemacht worden war und wo Sie die Räuber niedergeknallt hatten, warben Sie Schraut und mich als Begleiter. Sie hofften auch, daß ich die Werte finden würde, von denen die Anzeige Frau Hendricks sprach. Sie wußten, daß einer der Toten der Karawane Karl Hendricks war. Sie wußten es, weil Sie dessen Taschen durchwühlt und bei ihm Papiere auf diesen Namen gesehen hatten –“

„Phantastereien!“ hohnlachte Jefferson mit einem letzten Versuch, alles abzuleugnen.

Harst blieb kalt und unbewegt.

„Inzwischen war Frau Hendrick in Mirbat gewesen und hatte dort den Inder und den Chinesen kennengelernt, zwei der geflüchteten Mitglieder der Bande Jussuf Nazirs, die sich ihr genähert hatten, weil sie ebenfalls wußten, daß Karl Hendrick jene kleine Karawane ausgerüstet gehabt hatte, die dann überfallen wurde –“

Bisher hatte unser Tom Bulbry sich völlig schweigsam verhalten. Jetzt sprang er auf.

„Mr. Jefferson – ich bin Antonie Hendrick,“ rief sie mit tränenerstickter Stimme. „Ich habe schon vorhin den aus dem Sande herausragenden Kopf meines Gatten drüben erkannt. Ich war darauf vorbereitet. Ich will jetzt meinerseits Ihnen vorhalten, was ich weiß. – Mr. Harst irrt in einem Punkte: nicht in Mirbat, sondern in Aden lernte ich den Chinesen und den Inder kennen. Ich wohnte in einer Verkleidung als Miß Sampson im Hotel Aden, ich hoffte, unerkannt bei meinen Nachforschungen nach meinem Gatten mehr Erfolg zu haben. Hatte ich doch mittlerweile erfahren, daß er unter anderem Namen mit seiner Expedition von Aden aufgebrochen war. Er hatte seine guten Gründe dazu, seine Person in Dunkel zu hüllen. Das, was er plante, mußte mit allergrößter Vorsicht unternommen werden. – Der Inder und der Chinese haben mir verschwiegen, daß sie selbst zu jener Bande Räuber gehört hätten, die der Oberst niedermachte. Sie sagten mir, Jefferson habe es getan. Sie hätten alles aus der Ferne beobachtet. Jedenfalls ließen wir den Oberst nicht mehr aus den Augen. Die beiden Leute gaben zu, daß sie ihm nach dem Leben trachteten. Sie hätten mit ihm eine alte Rechnung zu begleichen, behaupteten sie. Jefferson sah mich mit meiner hellblonden Perücke zweimal mit ihnen zusammen. An jenem Vormittag, als er zu Ihnen, Mr. Harst, ins Hotel und auf den Balkon kam, als er dann in die Anlagen hinabeilte, habe ich ihm das Leben gerettet. Der zweite Stoß des Chinesen hätte besser getroffen. Ich rief ihm zu, er solle sich entfernen, sonst würde ich ihn vor aller Welt bloßstellen. Auch ich hatte einen Revolver bereit. Er feuerte zweimal in die Luft und ließ uns entkommen. Sein schlechtes Gewissen warnte ihn, die Dinge nicht auf die Spitze zu treiben –“

„Und – damals verloren Sie vor dem Pumpwerkhäuschen Ihre Armbanduhr, Frau Hendrick,“ warf Harald ein. „In den Innendeckel der Uhr war Ihr Name eingraviert. So – kam ich Ihnen auf die Spur!“

 

5. Kapitel.

Die Mutter der Sultana.

Auch Harald hatte sich jetzt erhoben.

Er trat ganz dicht vor Jefferson hin. „Daß Sie damals die Karawanenräuber niederknallten und sich selbst dann als Held aufspielten, Mr. Jefferson, würde zu entschuldigen sein. Es waren Mörder, die Sie erschossen haben, und es war Ihre krankhafte Sucht, berühmt zu werden, durch die Sie zu Ihrer Selbstverherrlichung verführt wurden. Daß Sie dann aber aus Geldnot andere Pläne entwarfen, beweist, wie sehr Sie bereits auf die Bahn des Verbrechens abgeglitten sind. Daß Sie schließlich in der vergangenen Nacht in den Tee ein Schlafmittel mischten und beim Auslosen der Wachen den kürzesten Papierstreifen zu ziehen verstanden, damit Sie unbemerkt das Lager verlassen könnten, – dies beweist, wie nahe Abenteuersucht und Verbrechertum aneinander grenzen –“

Jeffersons Kopf war mit einem Ruck hochgeflogen. Selbst Frau Hendricks Enthüllungen hatten nicht diese Wirkung ausgeübt wie Haralds letzte Sätze.

Jefferson stierte Harst jetzt halb irr an.

„Sie haben den Inder und den Chinesen erschossen, Jefferson!“ rief Harald mit starker Stimme. „Sie wußten, daß die beiden hinter uns geblieben waren! Während wir schliefen, ritten Sie zurück und knallten die beiden samt ihren Tieren über den Haufen! Denn – ich schlief nicht! Ich folgte Ihnen! Die beiden Morde konnte ich nicht mehr verhindern! Ich schwieg. Ich sparte mir unsere Abrechnung bis jetzt auf!“

Jeffersons Augen waren stumpf und glasig geworden.

Er begann wie ein Verrückter zu lachen.

Dieses Lachen klang so entsetzlich, so unnatürlich, daß Frau Hendrick rief:

„Mein Gott – er hat den Verstand verloren!“

Dann wurde Jefferson plötzlich ohnmächtig. Haltlos hing er in den Stricken. Wir mußten ihn losbinden. Wir legten ihn in den Sand, flößten ihm kalten Tee ein. Er kam wieder zu sich, starrte uns blöde an – plapperte ungereimtes Zeug vor sich hin.

Er war tatsächlich wahnsinnig geworden! Vielleicht hatte der Irrsinn längst in ihm geschlummert. Vielleicht waren sein übertriebener Hang nach Abenteuern und seine Sucht, sich irgendwie einen Namen zu machen, bereits auf einen verborgenen geistigen Defekt zurückzuführen.

Gehorsam aß er dann, was wir ihm reichten. Er erkannte uns nicht. Er hielt uns offenbar für Araber, in deren Gewalt er geraten. –

Der Morgen graute. Wir saßen jetzt mit unserer Landsmännin Antonie Hendrick unter der anderen Palmengruppe.

Sie erzählte uns jetzt mit allen Einzelheiten ihre Abenteuer hier in Südarabien.

Aber – seltsam! – über Zweck und Ziel der kleinen Karawane, die ihr Gatte ausgerüstet hatte, bewahrte sie Stillschweigen. Harald drang auch nicht weiter in sie.

Wir hatten auf Jefferson nicht mehr geachtet. Wir glaubten, er wäre drüben unter den Palmen vor Erschöpfung eingeschlafen.

Dann war es Frau Hendrick, die plötzlich rief:

„Jefferson ist verschwunden!“

Wir sprangen auf, liefen hinüber.

Jefferson hatte sich an der Westseite des Hügels in das Tal hinabgerollt, hatte bereits die nur lose geschnürten Fußfesseln halb abgestreift.

Wir zwangen ihn, an den Lagerplatz zurückzukehren. Da wir ihn nicht an den Baum fesseln mochten, setzten wir ihn in den Sattel seines Reitkamels und banden ihn dort fest.

Das Tier nahmen wir dann mit zu der Stelle, wo die Mitglieder der Karawane im Sande halb verschüttet lagen.

Während wir beide nun die Leiche Karl Hendricks mit den Händen herausschaufelten, schaute Jefferson uns teilnahmlos zu.

Frau Hendrick hatte uns mitgeteilt, daß ihr Gatte eine Anzahl kostbarer Schmuckstücke in seine Weste eingenäht bei sich trüge.

Wir fanden die Pretiosen auch, hüllten die Leiche in eine Decke und trugen sie nach den Palmen, wo sie in einer Felsspalte bestattet werden sollte. Auch die fünf Araber, die Begleiter Hendricks, wollten wir nachher beerdigen.

Jefferson, jetzt minutenlang sich selbst überlassen, benutzte diese Gelegenheit, sein Reittier durch Zurufe anzutreiben. Das Dromedar setzte sich denn auch in Trab. Plötzlich hatte der Oberst auch die Hände frei, jagte nun in die Wüste hinaus.

Unsere Tiere waren ungesattelt. Bevor wir ihm folgen konnten, hatte er fast zweitausend Meter Vorsprung gewonnen und verschwand in einer nordwärts gelegenen Hügelkette.

Ihn, der das bei weitem beste Tier besaß, einzuholen, war unmöglich. Als Harst und ich die Hügel erreicht hatten, sahen wir den Oberst im Galopp weit draußen dahinjagen.

Harald machte sich jetzt die schwersten Vorwürfe, auf den Wahnsinnigen nicht besser achtgegeben zu haben.

„Er wird elend umkommen,“ meinte er. „Und – das Schicksal hat er als Kranker nicht verdient!“

Niedergeschlagen kehrten wir zu den Palmen zurück, wo Frau Hendrick unweit der Leiche ihres Gatten auf einem Felsstück saß.

Wir legten den Toten in die Felsspalte. Ein stilles Gebet noch, und der berühmte Karl Hendrick hatte hier fern der Heimat mitten in der Wüste eine letzte Ruhestätte gefunden.

Seine Gattin errichtete auf dem Grabe ein Kreuz aus Steinen, das sich an eine schräge Felsplatte stützte.

Wir ließen sie dann mit ihrem Schmerze allein und beerdigten rasch die fünf Araber in einer anderen Felsspalte. – Die erschossenen Räuber lagen hundert Meter weiter in einer Talmulde. Sie hatten sämtlich Kopfschüsse erhalten. Bei einem der Leute fanden wir eine Brieftasche, die eine Menge Papiere enthielt. Harst blätterte diese zunächst nur flüchtig durch. Die elegante Brieftasche hatte einem Engländer namens John Barring gehört, der offenbar von den Räubern ermordet und ausgeplündert worden war. Diese Papiere und ein seltsames Gedicht sollten uns später nach Indien führen, wo wir in der alten Stadt Patna dann ein Geheimnis aufdeckten, das ich in Band 94 („Das Wunder von Patna“) schildern will.

Die toten Banditen bestatteten wir gleichfalls. Es widerstrebte uns, die Leichenreste offen liegen zu lassen.

Nachdem auch diese schauerliche Arbeit getan war, die uns nicht geringe Überwindung kostete und die wir nur mit der brennenden Zigarette im Munde erledigen konnten, kehrten wir zu Frau Hendrick zurück.

Sie hatte jetzt bereits an unsere Mahlzeit gedacht, saß neben dem flackernden Spirituskocher und empfing uns mit den Worten:

„Ich habe mir inzwischen manches überlegt, Herr Harst. Sie sollen jetzt alles erfahren – alles! Ich sagte Ihnen ja schon, daß ich hier nach Arabien gekommen bin, um zwei mir teure Menschen zu suchen. Der eine war mein Mann. Die zweite – mein einziges Kind, meine Tochter Luzie!“

„Liebe Frau Hendrick,“ erklärte Harald mitfühlend, „auch ohne diese Ihre Andeutungen hätte ich Ihnen sagen können, daß Sie Ihre Tochter wiederfinden wollten – Ihre Tochter Luzie Hendrick, die – Sultana des Stammes der Arakruzier!“

Die Gattin des berühmten Löwenbändigers nickte traurig.

„Sie erraten die Gedanken der Menschen, lieber Herr Harst! Ja – meine Tochter Luzie, die vor zehn Jahren als Neunzehnjährige hier in Arabien verschwunden ist.“

„Und die sich jetzt Sultana Eizul nennt – Eizul, eine Umstellung des Namens Luzie!“ –

Hiermit begann der zweite Teil der Geschichte von der toten Karawane.

Ich selbst hatte bisher nichts davon geahnt, daß Harald das Rätsel der Herkunft jener Frau, die uns bei unserer Begegnung vor einem Monat in deutscher Sprache angeredet hatte, längst gelöst und bereits einen Teil ihrer Schicksale auf Grund kleiner Tatsachen sich richtig zusammengereimt hatte. –

Der Leser mag an diesen zweiten Abschnitt nicht mit zu großen Erwartungen herangehen. Die Sultana Eizul und deren Mutter spielen darin nur eine Nebenrolle, obwohl der Anfang dies kaum vermuten läßt.

 

 

Die Quelle des Dscheitan.

 

1. Kapitel.

Dem Tode nahe.

Frau Antonie Hendrick erzählte uns folgendes:

„Im Jahre 1911 waren meinem Manne an einer unbekannten Seuche vier seiner Löwen eingegangen. Da uns damals bereits unsere Ersparnisse größere Geldausgaben gestatteten, beschloß mein Mann, abermals selbst nach Arabien zu reisen und den Beduinenstamm der Singari zu besuchen, von dem er schon früher drei prächtige junge Löwen bezogen hatte. Unsere Tochter Luzie drängte und bat so lange, bis mein Mann einverstanden war, sie mitzunehmen. Ich hatte zur selben Zeit ein sehr günstiges Engagement an der Alhambra in London und ließ die beiden allein reisen. Sie langten auch wohlbehalten im Herbst 1911 bei den Singari an, wurden freundlich aufgenommen und hörten sehr bald, daß bei einer weit südlich wohnenden Nebenabteilung des Stammes vier junge Löwen gehalten würden, brachen dorthin auf, fanden die Angaben bestätigt, kauften die Tiere und ließen von den Arabern sofort die nötigen Transportkäfige herstellen.

Bis dahin waren die vier Löwen in einer großen steilen Felsschlucht untergebracht gewesen. Es waren Tiere im Alter von etwa dreizehn Monaten, fast ausgewachsen und in prächtigem Zustande, da ihnen die Schlucht volle Bewegungsfreiheit gestattete.

Luzie, die von meinem Manne wohl die jedem Dresseur so nötige Ruhe und den durchdringenden Blick geerbt hat, stieg eines Morgens allein in die Schlucht hinab, um ihrem Vater durch diese Kühnheit zu beweisen, daß sie einzig und allein für den Beruf der Tierdressur tauge. Es gelang ihr auch, den stärksten der drei männlichen Löwen schon nach fünf Tagen so an sich zu fesseln, daß das prächtige Tier ihr auf Schritt und Tritt folgte. Inwieweit hierbei der Umstand mithalf, daß Luzies Augen und Stimme schon stets ganz besonders auf die Dressurzöglinge meines Mannes eingewirkt hatten, weiß ich nicht. Jedenfalls durfte es Luzie wagen, den Löwen Caesar mit in ihr Zelt zu nehmen, durfte ihn bei Ritten in die Wüste neben sich her traben lassen und wurde daher auch von den Beduinen wie ein übernatürliches Wesen angestaunt.

Eines Tages jedoch, als sie wieder mit Caesar nach Süden in die Hochlandwüste hinausgeritten war, kehrte sie nicht mehr zurück. Volle vier Wochen hat mein Mann nach ihr gesucht. Die Singari halfen ihm. In der steinigen Wüste mit ihren kahlen Felsplateaus und ebenso kahlen Tälern, mit ihrem gleichmäßig harten Steinboden war nirgends eine Fährte zu entdecken. – Die Singari kamen meinem Manne trotz ihrer Hilfsbereitschaft verdächtig vor. Wenn er fragte, ob sie denn nicht irgend einen benachbarten Stamm im Verdacht hätten, Luzie geraubt zu haben, versicherten sie stets mit verlegenem Übereifer, daß ihre Nachbarn keine Räuber seien. Vielleicht – vielleicht seien es persische Mädchenhändler gewesen, die ja hin und wieder über den Persischen Meerbusen kämen und junge Araberinnen zu stehlen versuchten. –

In trostloser Stimmung trat mein Mann schließlich die Heimreise wieder an. Von dem Tage, als ich erfuhr, Luzie sei verschwunden, habe ich mein graues Haar. Ich war durch den übergroßen Schmerz in wenigen Stunden zur Greisin geworden.

Wir beauftragten dann einen in Bombay ansässigen Detektiv mit Nachforschungen, der denn auch, nach einigen Jahren freilich erst, in einem Briefe andeutete, daß Luzie vielleicht von dem inmitten des Dschebel Menakib hausenden sagenhaften Stamme der Arakruzier entführt worden sein könnte.

Abermals nach vier Jahren schrieb er, die neuesten Forschungen hätten so gut wie erwiesen, daß dieses Volk der Arakruzier wirklich vorhanden sei. Ihm seien auch Gerüchte zu Ohren gekommen, die Arakruzier hätten eine Sultanin, die Sultana Eizul genannt würde. Er machte uns auf die Besonderheit des Namens Eizul aufmerksam und riet meinem Manne, persönlich nach Südarabien zu kommen, um von da aus in die endlose Steinwüste einzudringen.

Wir beschlossen, dem Rate des Bombayer Detektivs, der in selbstloser Weise gegen geringes Honorar über neun Jahre lang und sogar während des Weltkrieges die Nachforschungen betrieben hatte, ungesäumt zu folgen. Karl, mein Mann, nahm meine Schmucksachen und reichlich Geld mit. – Alles weitere wissen Sie, Herr Harst. Er hat die Liebe zu seinem Kinde mit dem Leben bezahlt. Meine Aufgabe war es dann, als von ihm keinerlei Nachricht mehr eintraf, sowohl ihn als Luzie zu suchen. Ich wollte Gewißheit über beider Schicksal haben.“

Tränen verdunkelten ihren Blick, der traurig nach Norden zu in die endlose Ferne gerichtet war, wo der Dschebel Menakib, ein weiter unwirtlicher Gebirgszug, liegen mußte.

Harald reichte ihr die Hand.

„Frau Hendrick, was in meiner Macht steht, Sie mit Ihrem Kinde wieder zu vereinen, soll geschehen,“ sagte er herzlich. „Wir, Schraut und ich, haben die Sultana Eizul gesehen und gesprochen –“

„Ich weiß!“ nickte sie. „Ich begreife nur nicht, weshalb Luzie uns niemals Nachricht gegeben hat, weshalb sie freiwillig dort bei den Beduinen blieb –“

Wir konnten ihr hierauf nichts antworten. Es war noch so viel Rätselhaftes an der Geschichte der Sultana Eizul, so sehr viel Rätselhaftes. –

Kurz vor Tagesanbruch verließen wir drei dann die Palmen und das Grab Karl Hendricks, um den Ritt nach Norden fortzusetzen.

Wir orientierten uns lediglich nach dem Kompaß und einer Karte Arabiens.

Gegen zehn Uhr vormittags mußten wir der Hitze wegen ein Lager beziehen. Um elf verfinsterte sich der Himmel. Ein furchtbares Gewitter ging nieder. Leider regnete es nur wenig. Immerhin konnten wir so viel Regenwasser auffangen, daß wir unsere Schläuche sämtlich frisch füllten. Um sechs Uhr wurde dieser Lagerplatz verlassen. Wir gedachten die ganze Nacht ununterbrochen weiter zu reiten. Es kam jedoch anders. Über die steinige Hochlandwüste strich ein heißer, von Norden kommender Wind hin, der jede Hoffnung auf nächtliche Kühle vereitelte. Nur wer jemals das Rote Meer mit seiner berüchtigten Backofenglut kennengelernt hat, kann sich eine Vorstellung von den ungeheuren Wärmegraden dieses trockenen heißen Sturmes machen, der uns fortgesetzt seine scharfen[4] Steinsplitter ins Gesicht trieb. Da half kein Schleier, kein Gesichtstuch, da half kein Aufsuchen tiefer Täler. Unsere Reittiere hielten die Augen fest geschlossen, schritten unsicher dahin, keuchten ängstlich, stolperten, bis wir absteigen mußten. Wir führten sie nun am Zügel in eine Schlucht, die uns einigen Schutz bot. Hier verbrachten wir die Nacht. Die Hitze hatte uns so erschöpft, daß wir darauf verzichteten, abwechselnd zu wachen. Wir schliefen ein. Und – morgens derselbe Sturm, nur etwas schwächer.

Trotzdem mußten wir weiter.

Abermals nun durch die schauerliche Einöde der Steinwüste – abermals nichts als Felsen, Steine, Geröll.

Kein Mensch, kein Tier, keine grüne Pflanze. Nur ein paar armselige Wüstensträucher, farblos, wie tot, Gewächse, von denen man nicht begreift, wie sie diesem Boden Nahrung entziehen können, wo sie die nötige Feuchtigkeit zu ihrem Gedeihen hernehmen.

Ein drittes Lager dann in dieser Einöde. Und – hier die niederschmetternde Entdeckung, das unser Trinkwasser durch die Hitze ungenießbar geworden. Es stank geradezu verwest. Es erzeugte Übelkeit und Erbrechen. Nur die Kamele soffen es voller Gier.

Wir kochten Tee damit. Es war ein Notbehelf. Der schreckliche Geruch blieb.

Und doch sprach keiner von uns von Umkehren. Daran gedacht haben wir wohl. Aber – wer wollte den Gedanken aussprechen?

Abermals Aufbruch – abermals hinein ins Ungewisse. Der Tropenhimmel leuchtete uns. Eine Sandwüste schob sich hier zur Abwechslung in die Steinebenen ein. Der Mond erschien. Wir ritten einen scharfen Trab. Vorwärts – nur vorwärts! Nur im Dschebel Menakib winkte die Rettung.

Wir waren kaum eine Stunde unterwegs, als Frau Hendrick bewußtlos aus dem Sattel sank. Zum Glück schadete ihr der Sturz nichts, da sie in den weichen Sand fiel. Auch Harald und ich kämpften dauernd gegen Ohnmachtsanfälle an. Das verdorbene Wasser rächte sich. Ohne Zweifel war das Regenwasser an allem schuld.

Wir mußten halt machen. Unsere Tiere taten sich sofort nieder. Wir bemühten uns um die Ohnmächtige, flößten ihr Whisky ein. Oberst Jefferson hatte fünf Flaschen unter den Proviantvorräten mitgenommen.

Unsere Lage war verzweifelt. Frau Hendrick war offenbar schwer krank. Sie lag jetzt völlig teilnahmlos da, von Fieberschauern geschüttelt. Und uns beiden ging es nicht viel besser. Eiserne Energie gehörte dazu, sich auch nur aufrecht zu halten.

Harald reichte mir aus Jeffersons Reiseapotheke Opiumtabletten. Sie halfen ein wenig. Wir stellten für die Kranke eine Art Hängematte her, die wir zwischen zwei der Lastkamele befestigten. Wir konnten hier in der Sandwüste nicht bleiben.

Im Schritt setzte sich unser trauriger Zug wieder in Marsch. Ich führte die Lastkamele. Harst ritt stets eine Strecke voraus.

Die Sandwüste hatte bald ein Ende. Nun abermals Felsen – Steine – Felsen.

Das Mondlicht lag so friedlich über der grauenvollen Einöde.

Ich ging wie im Traum. Frau Hendrick stöhnte, schrie häufig in Fieber auf.

Die Tiere waren matt und faul, blieben alle fünf Minuten stehen.

So und so oft blickte ich sehnsüchtig nach einer schwarzen Wolkenwand aus. Ein Gewitter hätte uns erquickt. Das frische Regenwasser wäre genießbar gewesen.

Nichts von Wolke. Klarer Sternhimmel, die Mondscheibe als leuchtende Lampe.

Weiter – nur weiter! –

Harald war ebenfalls abgestiegen, erwartete uns.

„Ich vertrage das Reiten nicht mehr,“ sagte er dumpf. „Ich werde wieder Opium nehmen –“

Hinter uns schnatterte und lachte Frau Hendrick im Fieberwahn.

Schrie gellend den Namen ihres Kindes. –

Ein Eiseshauch kroch mir über den Rücken.

Ich spürte die Nähe des Todes.

Und – suchte Belebung in der Whiskyflasche.

„Trink’ nicht!“ warnte Harald.

Dann – zuckte er die Achseln.

„Vielleicht hast Du recht! – Gib her!“ – Und auch er trank.

So taumelten wir weiter.

Bis die Sterne verblaßten – bis die Mondscheibe verschwand.

Der neue Tag kam. Vielleicht unser letzter. –

Vielleicht?! Weshalb sich selbst belügen?! Weshalb sich nicht eingestehen, daß nur der Alkohol uns beide noch auf den Füßen hielt?! Wenn erst die Sonne da war, wenn die Felsen die sengenden Strahlen mit verdoppelter Kraft zurückwarfen, wenn wir erst wieder durch die flimmernde Luft unsäglicher Glut dahinschleichen würden, dann – dann würde erst der eine von uns umsinken, liegen bleiben. Und der andere würde nicht mehr die Kraft haben, den Freund irgendwohin in den Schatten zu schleppen.

 

2. Kapitel.

Die Quelle des Dscheitan.

„Schraut!“

Haralds Ruf war wie ein Trompetenton gewesen.

„Schraut, mein Alter, sieh die Tiere!“

Das machte munter. Das machte den Blick wieder klar.

In Haralds Stimme lag Hoffnung, Freude.

Und ich sah, daß die Kamele die Köpfe hochreckten, die Luft einsogen, daß es wie Unruhe über sie kam.

„Sie wittern Wasser!“ sagte Harald. „Vorwärts!“

Oh – wie das eine Wort mich elektrisierte! Wasser – Wasser –! Wie alles andere vergessen war: Mattigkeit, Todesgedanken, Übelkeit, Verzweiflung, Gleichgültigkeit.

Wasser – Wasser! Ja – wie flüchtig der Schritt der Tiere wurde, wie sie vorwärts drängten!

Harst mit dem Reitkamel war wieder voran, hielt es am Zügel, ließ es die Richtung wählen.

Hinweg über Geröll, über eine Ebene, – hinein in die Steinhügel, eine steile Wand empor.

Und dann – dann standen wir oben und schauten hinab in das kleine grüne Tal mit dem Dutzend wilder Dattelpalmen.

Schauten – und krampften die Hand um die Zügel, die Tiere festzuhalten.

Fühlten das Blut aus den Wangen weichen, fühlten das Erblassen.

Dort unten ein winziges Wasserbecken in der Mitte einer schüsselartigen, aus dem Sande emporragenden Felsplatte.

Dort unten schneeweiß gebleichte Gerippe von Tieren und Menschen, abstechend von dem lockenden Grün des Grases – haufenweise – wirr übereinander.

Das Tal wie besät mit diesen Reihen der Vergänglichkeit.

„Die Quelle des Dscheitan – die Teufelsquelle!“ murmelte Harald vor sich hin.

Da begriff ich, da wußte ich: das war die Quelle, vor der man uns schon in Aden gewarnt hatte! Das war die Quelle, die auf der Karte Südarabiens mit einem roten Kreuz versehen war! Und neben dem Kreuz stand dick gedruckt:

Ungenießbar! Giftig!

– Das war noch nicht alles, was wir sahen.

Nein – da beugte sich gerade ein Mann zu der Felsschüssel hinab, schöpfte das Wasser mit einem Aluminiumbecher.

Da war auf der anderen Seite der Todesschüssel ein gesatteltes Reitkamel, das die Schnauze schon tief in das verderbliche Naß gesenkt hatte.

„Jefferson – nicht trinken!“ brüllte Harald dem Manne zu.

Ja – es war der Oberst.

Er hob den Kopf – erkannte uns, winkte lachend mit dem vollen Becher.

Und – trank – trank.

Lief zu seinem Tiere, war im Nu im Sattel, war im Nu verschwunden.

Uns lief der kalte Schweiß über das Gesicht.

Wir hatten nicht mehr die Kraft, die Tiere zu halten.

Sie rissen uns mit, schleiften uns.

Und drängten sich um die Steinschüssel, bissen nach uns, als wir verzweifelt sie wegzuscheuchen suchten.

Harst war fahl im Gesicht.

„Mag das Verhängnis seinen Lauf nehmen,“ sagte er dumpf. „Tragen wir Frau Hendrick beiseite!“

Wir hoben sie aus der Hängematte.

Wir legten sie abseits unter einen Busch. –

Welch grausame Ironie: diese Quelle hatte hier eine die Augen labende Vegetation hervorgezaubert! Aber – Mensch und Tier brachte sie den Tod.

Wir setzten uns neben die Kranke nieder, nachdem wir den Lastkamelen die Weidenkörbe abgenommen hatten.

Stumm, hilflos schauten wir zu, wie die armen Tiere noch immer das giftige Naß schlürften, wie sie dann zu grasen begannen.

Eine stumpfe Gleichgültigkeit hatte uns befallen.

Harald packte mit trägen Bewegungen den Proviant aus, richtete den Spirituskocher her, nahm ein Stück Hartspiritus aus der Büchse und zündete es an, tat von dem stinkenden Wasser etwas in den Kessel, warf den Wasserschlauch beiseite.

Die Luft in diesem Tale war kühler. Ich sah, daß die Dattelpalmen voller Früchte hingen. Ob man es wagen durfte, sie zu essen?

Frau Hendrick hatte den Kopf etwas gehoben, ihr entsetzter Blick fiel auf die Gerippe – die menschlichen Skelette.

Mit einem Ächzen sank sie wieder zurück und schloß die Augen. –

Harald war jetzt an das Wasserbecken herangetreten. Diese natürliche Steinschüssel hatte zwei Löcher, zwei Spalten.

Aus der einen sprudelte das Wasser hervor, durch die andere floß wieder so viel ab, daß nur gerade beständig ein dünnes Rinnsal über den Rand glitt und im Boden versickerte.

Harst setzte sich wieder und beobachtete still die Kamele, die sich jetzt eins nach dem andern niedertaten.

Nicht lange, und sie sprangen empor, taumelten umher, fielen um, rafften sich wieder hoch, stießen klagende Töne aus, rollten abermals ins Gras. –

Harald seufzte.

„Man müßte ihnen den Todeskampf erleichtern. Sie leiden!“

Er nahm die Clement.

„Frau Hendrick, erschrecken Sie nicht!“ rief er die Kranke an. „Ich werde schießen!“

Sie richtete sich wieder auf.

Ihre Augen hatten Leben. Es ging ihr besser. Sie fühlte sich kräftiger.

Harst erschoß die sieben Tiere. Jedes erhielt eine Kugel hinter das Ohr.

Frau Hendrick fragte.

Ich erzählte stockend.

„Entsetzliches Land!“ meinte sie schaudernd.

Ich schob ihr einen der Weidenkörbe als Stütze in den Rücken.

Dann würgten wir ein paar Zwiebacke und etwas Büchsenfleisch hinunter.

Harald tröstete Frau Hendrick. „Wir haben die Datteln. Sie enthalten Feuchtigkeit. Sie können unmöglich giftig sein. Nur Mut!“

Das Wasser aus dem Kessel gossen wir aus. Es war noch ungenießbarer als gestern.

Wir holten ein paar Datteln. Sie schmeckten nicht anders als diese Früchte eben frisch vom Baume schmecken.

Dann schleppten wir die Kadaver der Kamele mühsam in das nächste Tal, warfen sie hier in eine tiefe, breite Felsspalte. Ein Wunder war’s, daß unsere Kräfte dazu ausreichten.

„Wollen uns einmal nach Jefferson umsehen. Er kann nicht weit gekommen sein, der Ärmste,“ meinte Harald und stieg die Talwand empor.

Wir fanden ihn, nachdem wir den Spuren seines Tieres etwa eine Viertelstunde lang gefolgt waren. Er war fraglos aus dem Sattel gestürzt, hatte sich das Genick gebrochen. Sein Reitkamel lag tausend Meter weiter verendet zwischen den Steinen einer Schlucht.

Wir begruben Jefferson, häuften Steine über dem Felsloche auf und wandten uns der Quelle des Dscheitan wieder zu.

Als wir so auf dem Rückwege ein sandiges Tal durchschritten, als Harald mir gerade erklärte, daß wir hier in der Einöde nichts mehr zu hoffen hätten, als wir um eine hohe Gruppe von Felsen bogen, – standen wir der Sultana Eizul gegenüber.

Sie war’s.

Sie saß auf ihrem hellgrauen Reitkamel in der türkischen, phantastischen Tracht, wie wir sie schon einmal gesehen, die leichte Büchse in der Linken.

Sie hatte uns ohne Zweifel hier erwartet.

„Ich freue mich, Sie wiederzusehen,“ sagte sie mit einem leichten Neigen des Hauptes.

Wir hatten nach der ersten Überraschung höflich gegrüßt. Wir strahlten beide.

Soeben noch das Bewußtsein, daß wir verloren seien! Und nun die sichere Aussicht auf Rettung! – Der Umschlag unserer Stimmung mußte sich in unseren Mienen widerspiegeln.

Die seltsame Frau dort vor uns fügte jetzt hinzu:

„Ich danke Ihnen! Ich wünsche Ihnen beiden glückliche Heimkehr! Leben Sie wohl!“

Noch eine grüßende Bewegung mit der rechten Hand, und sie riß ihr Tier herum und jagte nach links in ein Seitental hinein, verschwand hinter einer Krümmung.

„Komm’!“ meinte Harald. „Wir werden Frau Hendrick nicht mehr vorfinden, glaube ich! Dafür aber manches andere!“

Er behielt recht: Frau Hendrick war inzwischen weggeschafft worden. Außerdem war die Felsenschüssel mit mächtigen Steinen völlig bedeckt. An einer Palme standen vier Kamele, zwei Reittiere und ein Lastdromedar. Daneben lagen acht volle Wasserschläuche und ein kleiner Korb mit Früchten.

Die Spuren im Tale verrieten, daß ein Reitertrupp von einigen vierzig Leuten hier gewesen.

„Arakruzier!“ sagte Harald und setzte sich im Schatten der Büsche nieder. „Wir werden die Sultana Eizul heute wohl zum letzten Male in unserem Leben gesehen haben. Ich nehme an, daß wir schon gestern von den Beduinen beobachtet worden sind. Gestern morgen schien es mir einmal so, als ob ich rechts von uns das Kopftuch eines Beduinen zwischen den Felsen bemerkte. Ich –“

Er schwieg, hob ein kleines Paket aus dem Grase neben dem Spirituskocher hoch.

Es war ein Stück Seide, in das zwei Götzenstatuen aus gelblichem Golde eingewickelt waren, Statuen von etwa vierzig Zentimeter Höhe, einen auf einem Throne sitzenden Gott nach Art der altägyptischen Gottheiten darstellend.

„Unsere Geschenke, mein Alter!“ lächelte Harald. „Die Sultana hat uns sehr fein zu verstehen gegeben, daß wir als Gäste im Lande der Arakruzier nicht willkommen sind. Der Stamm will seine strenge Abgeschlossenheit bewahren. Nun gut: wir beide werden umkehren! Dieses Abenteuer ist zu Ende!“

 

3. Kapitel.

Das Gerippe mit den Goldplomben.

Nein – es war nicht zu Ende! Es fing erst an. Daß wir Frau Hendrick ihrem Kinde zugeführt hatten, bildete nur die Einleitung. –

In ganz anderer Stimmung als vorhin bereiteten wir uns nun eine Mahlzeit. Das heißt, ich spielte den Koch, und Harald schlenderte in dem kleinen Tale hin und her, schaute sich die Menschen- und Tierskelette an und rief dann plötzlich:

„Komm’ doch einmal her!“

Ich nahm den Topf mit der Fleischbrühe vom Feuer, stellte ihn ins Gras und ging dorthin, wo Harald vor einem am nördlichen Talrande halb aufrecht sitzenden menschlichen Skelett stand.

„Ein Europäer,“ meinte er kurz.

„So?!“

„Ja. Plombierte Zähne – Goldplomben!“

Nun sah ich die Plomben ebenfalls.

„Und dort“ – Harald wies auf einen Stein neben dem Gerippe – „dort unter dem Stein liegt eine mit Filz überzogene Feldflasche. Der Mann muß sie vor seinem Tode unter den Stein geschoben haben. Die Gräser verdecken sie. Sonst hätten Beduinen sie wohl längst mitgenommen.“

Er bückte sich und hob die Flasche auf. Sie war verkorkt. Er schüttelte sie. Da flog der zusammengetrocknete Kork heraus und – eine Rolle Papier kam zum Vorschein.

„Etwas Ähnliches dachte ich mir!“ nickte Harald.

Das Papier war ein zusammengerollter und von einer Stecknadel zusammengehaltener Briefbogen.

„Den wollen wir uns in aller Ruhe ansehen, mein Alter,“ sagte Harst. „Er ist mit Bleistift beschrieben. Es wird wohl eine Art Testament des Mannes mit den Goldplomben sein.“ –

Es war kein Testament. Es war etwas weit Merkwürdigeres.

Wir beide hatten erst unsere Mahlzeit eingenommen, bevor wir den Briefbogen besichtigten. Harald hatte sehr vorsichtig die Stecknadel herausgezogen. Es war keine gewöhnliche Stecknadel. Sie hatte als Kopf eine kleine echte Perle und bestand aus Gold. Die Spitze war pfeilartig breit gehämmert.

„Eine indische Schmucknadel zum Befestigen des Kopftuches,“ meinte Harst und legte die Nadel in seine Brieftasche.

Dann rollte er den Briefbogen auf.

Auf der Außenseite, deren kurze Inschrift man zum Teil auch schon bei dem zusammengerollten Bogen hatte lesen können, standen folgende Worte in lateinischer, aber sehr zitteriger Schrift:

Der, die ich suchte!

„Ah – Deutsch, wirklich deutsche Worte!“ rief ich erstaunt.

Harald schlug den Bogen auseinander.

Und wieder rief ich:

„Ein Gedicht!“

Man sah dies ja sofort an der Anordnung der Zeilen.

Harst las leise:

Meiner Sehnsucht nimmermüde Flügel
Trieben über Tal und Hügel
In die Einsamkeit hinein
Mich allein.

Meines Reichtums zwecklos goldne Scherben
Wußt’ am Fuße ich zu bergen
Einer Gottheit blutgen Leibes,
Eines Weibes.

In der düstern Felsengrotte
Opfert’ einst dem blutgen Gotte
In der Wahnideen Trug
Jeder Thug.

Wo der Dschamna trübe Wellen
Dicht umdrängen Felsenstellen,
Ruht, was Menschengeist
Eitel preist.

Meines Lebens leere Tage
Endet hier die Schicksalswaage.
Wer euch findet, eitle Scherben,
Soll euch erben.

R. R.

„Der, die ich suchte!“ wiederholte Harald dann nachdenklich. „Vielleicht die Sultana Eizul – Luzie Hendrick, die schöne, bezaubernde Luzie, deren Augen Löwen zu Lämmern machten. Was mögen diese Augen erst in Männerherzen angerichtet haben! – Ein Dokument der Liebe ist dieses Gedicht. Ein Testament, eine Verheißung. – Wer mag dieser R. R. gewesen sein, der hier den Tod nahen fühlte, der hier den giftigen Trank der Teufelsquelle in blinder Gier geschlürft hatte, der mit den letzten Regungen seines Geistes diese Verse flüchtig auf das Papier warf?“

„Der Name dieses Landsmannes wird sich ermitteln lassen,“ meinte ich hoffnungsfroh.

„Vielleicht!“ Und er las abermals: „– In der Wahnideen Trug – jeder Thug! – Thug, Mehrzahl davon Thaggi, religiöse indische Sekte, Anbeter der blutigen Göttin Kali, der zu Ehren sie Menschen erdrosselten, Mördersekte, mit der wir ebenfalls schon zu tun gehabt haben, mein Alter.“

Ich nickte. Ob ich mich darauf besann! Derartiges vergißt man nicht. Das haftet im Gedächtnis wie eingemeißelt.

„Also am Fuße der Statue der Göttin Kali hat dieser R. R. seines Reichtums goldne Scherben vergraben,“ fuhr Harald sinnend fort. „Offenbar tat er es, bevor er hier nach Arabien kam, um seine große Liebe zu suchen. Das wird Luzie Hendrick gewesen sein, denke ich. Und – dieses Testament in Versen gilt ihr! Er mag gehofft haben, daß ihr das Gedicht in die Hände geraten würde! Ihr wollte er sein Vermögen hinterlassen. In zweiter Linie erst dem, der das Gedicht und – die goldenen Scherben fände. Der Sultana Eizul also müßten wir R. R’s Reichtümer zukommen lassen, falls wir diese entdecken sollten. Und – das werden wir. An der Dschamna in Indien also soll der Höhlentempel der Kali liegen. Vielleicht hat R. R. dort auch noch etwas Schriftliches niedergelegt – vielleicht! Diese Hoffnung reizt mich mehr als das Gold!“

„Und – wenn wir es finden, wie sollen wir es der Sultana zustellen?“ meinte ich zweifelnd.

„Ja – das ist wohl das Schwierigste dabei, mein Alter. Doch – zuerst müssen wir es haben!“

Er steckte den Briefbogen in die Tasche. „Lassen wir dieses Geheimnis jetzt vorläufig ruhen. Wir werden in einer Stunde aufbrechen.“

Ich packte den Spirituskocher und den Proviant in den Tragkorb zurück. Ich sattelte die beiden Reitkamele. Harald saß noch immer im Schatten der Büsche. Er hatte die elegante Brieftasche in den Händen, die wir bei einem der toten Karawanenräuber gefunden hatten. Die Papiere dieses John Barring, der doch offenbar von Jussuf Nazirs Leuten ermordet worden war, schienen sein Interesse derart in Anspruch zu nehmen, daß er völlig vergaß, mir zu helfen. Das war sonst nicht seine Art.

Dann rief er mich an.

„Einen Augenblick, lieber Alter. Entschuldige schon, daß ich Dir allein die ganze Arbeit überlasse. Hier ist jedoch unter Barrings Papieren der Rest eines Briefes, den ich Dir zeigen möchte –“

Ich kam und setzte mich wieder neben ihn.

„Barring war Kaufmann und wohnte in Agra an der – Dschamna!“ erklärte er nun.

„Agra – Dschamna – und R. R’s Gedicht erwähnt diesen Fluß!“ fiel ich ihm ins Wort.

„Du bist auf der richtigen Fährte. John Barring und R. R. müssen Freunde gewesen sein. – Sieh hier dieses Stück eines Briefes. Nur die Mitte des einfachen Bogens ist es. Der obere und der untere Teil sind abgerissen. Der Brief –“

„– ist in englischer Sprache abgefaßt, aber die Handschrift ist die R. R’s.“

„Ganz recht. Zweifellos die R. R’s. Ich will Dir das Brieffragment vorlesen –

„– Brücken hinter mir abgebrochen. Mein Leben soll nur der einen Aufgabe gewidmet sein. Drei Jahre sind es her, als der Vater allein heimkehrte, als die ganze Welt voller Teilnahme erfuhr, daß dieses seltene Geschöpf, dem gegenüber ich stets nur den wohlmeinenden Freund gespielt und meine wahren Gefühle ängstlich verborgen hatte, in den –“

Hier fehlte die Fortsetzung, wie auch der Anfang fehlte.“

„Natürlich bezieht sich das alles auf Luzie Hendrick,“ erklärte ich.

„Höre weiter – die Rückseite:

„– da die Kriegsgefahr wächst, allen Grund, mich zu beeilen. Ich weiß, daß Du, mein lieber John, Deinen alten Freund trotz der politischen Spannung zwischen unseren Heimatländern freudig willkommen heißen wirst. Mit Dir will ich beratschlagen, was ich unternehmen soll. Mein Vermögen habe ich an die India-Bank in Agra überweisen lassen. An Geld soll es nicht mangeln, den –“

Das wäre das Brieffragment – R. R. hat also die Absicht gehabt, Barring zu besuchen, ist auch fraglos in Agra gewesen, wo er vor seiner Abreise nach Arabien sein offenbar in Gold umgewechseltes Vermögen verborgen hat. Er ging allein nach Arabien. Dies beweist einmal die Tatsache, daß er hier allein den Tod fand, dann aber auch diese Hotelrechnung hier, ausgestellt im Hotel Atlantic in Aden am 16. April 1915 für Mr. John Barring. Auf der Rückseite der Rechnung findet sich eine Notiz, wie Du siehst, ein Depeschenentwurf:

Reginald Barring, Agra, Scarper-Street 18.

Bisher nichts ermittelt. – R. dürfte umgekommen sein.
Ich kehre mit nächster Gelegenheit zurück. – John.

Mithin hat John von Aden aus nach R. R. Nachforschungen angestellt, mein Alter. Er hat den Freund also nicht begleitet. – Es fragt sich nun, ob John Barring wußte, wo R. R. das Gold versteckt hatte. Wie denkst Du hierüber?“

„Ich meine, er wußte es nicht, sonst wäre ja dieses Testament, dieses Gedicht, ganz überflüssig gewesen. Hätte John Barring Kenntnis von –“

„Schon gut. Ich bin derselben Ansicht. – Und jetzt – Aufbruch!“ –

Fünf Tage später waren wir in Aden. Hier gaben wir vor der Polizei zu Protokoll, was wir inzwischen erlebt hatten. Oberst Jeffersons dunkle Machenschaften und seinen Tod durften wir nicht unterschlagen, ebensowenig den Verbleib Frau Hendricks. Über John Barring und R. R. schwiegen wir.

Am zweiten Tage nach unserer Ankunft wurde dann im Hotel von einem Araber ein Brief für uns abgegeben. Der Araber hatte sich sehr eilig wieder entfernt.

Der Brief kam von Frau Antonie Hendrick. Ich will daraus nur folgendes wörtlich anführen:

„– Bei dem Mischvolke bestand seit Jahrhunderten der Glaube, daß eines Tages eine weiße Frau mit einem Löwen Sultanin des Stammes werden würde. Ein Zufall führte damals Luzie und Caesar einen Trupp Arakruzier in den Weg. Die Leute, der Verheißung eingedenk, zwangen Luzie, sie zu begleiten. Sie wurde in der ersten Zeit dann streng bewacht. Sie schrieb zwei Briefe an uns, die angeblich durch Boten auch nach Aden befördert wurden. Sie glaubte, wir seien über ihr Schicksal unterrichtet. Sehr bald lebte sie sich bei dem Stamme völlig ein. Die Verehrung, die ihr dort zuteil wurde, rührte sie. Der Gedanke, über ein Volk zu gebieten, das mit dem Schleier des Geheimnisses umwoben war und dessen reine Sitten ebenso sehr ihrem eigenen moralischen Empfinden entsprachen wie dieses neue phantastisch-romantische Dasein ihrem Hange nach Außergewöhnlichem, – dieser Gedanke war stärker als das Heimweh. – Ihnen beiden, meine Herren, werde ich es nie vergessen, das Sie mich wieder mit meinem Kinde vereinigt haben.“ –

Tags darauf bestiegen wir einen nach Bombay bestimmten Dampfer. Von Bombay reisten wir mit der Bahn weiter nach Agra.

 

4. Kapitel.

Der Grottentempel der Kali.

Über den düsteren Fluß glitt ein kleines Ruderboot hin, in dem zwei Männer saßen, ärmere Inder der Kleidung nach, beide dunkelbärtig, beide mit dunklen Turbanen, genau wie ihre Hosen und Jacken gleichfalls aus dunkelblauem Leinen bestanden.

Dunkel war auch das kleine Boot gestrichen, das sich geräuschlos unter dem Druck der beiden Ruder, die der größere der Inder führte, vorwärtsbewegte.

Die Nacht war wolkig und gewitterschwül. Tief und regenschwer zog das schwarze Gewölk dahin. Im Westen flog hin und wieder ein fahler Schein über den Horizont: Wetterleuchten.

Das Boot kam von Agra, hatte die große Eisenbahnbrücke längst hinter sich, deren elektrische Lampen wie zwei Reihen Pünktchen durch die Finsternis glühten.

Ein Zug rollte jetzt über die Brücke. Die erleuchteten Fenster flossen zu einem weißen Strich zusammen, der sich rasch vorwärtsschob.

„Der Nachtzug von Kalkutta,“ sagte Harald leise, indem er sich etwas vorbog. „Steuere jetzt dem anderen Ufer zu, mein Alter. Ich habe bisher nichts von Verfolgern bemerkt.“

Ich drehte die Pinne des Steuers nach rechts. Und Harst fuhr fort:

„Ich begreife noch immer nicht, wer die Leute sein mögen, die nun schon von Bombay hinter uns her sind. – Angehörige von Jussuf Nazirs Bande, meintest Du heute! Hm – was sollten die an uns für ein Interesse nehmen? Überlege Dir das nochmals!“

„Ich habe diese Vermutung schon selbst verworfen –“

„Ja. Sie ist auch völlig haltlos. Wir sind schon von Aden vorsichtshalber in einer Verkleidung abgereist, haben die Masken und die Namen in Bombay gewechselt und sind auf Umwegen in Agra eingetroffen. Trotzdem blieben die Leute uns auf den Fersen. Ob es zwei, drei, vier oder noch mehr sind, wissen wir nicht. Sie sehen stets anders aus. Sie benehmen sich unauffällig, sind blitzschnell verschwunden, wenn sie sich bemerkt glauben, tauchen sehr bald wieder auf, haben uns im Hotel Continental sofort ausgekundschaftet und uns gezwungen, seit gestern in dieser neuen Verkleidung in einer elenden Karawanserei im Eingeborenenviertel zu nächtigen, was freilich den Vorteil hatte, daß wir durch die Geschwätzigkeit eines einheimischen Gepäckträgers erfuhren, wo wir den Grottentempel zu suchen haben. – Hoppla[5] – eine Sandbank!“

Ich war durch den Anprall des Bootes nach vorn gerutscht, nahm schnell meinen Platz am Steuer wieder ein und sah noch grade, wie drei Dschamna-Krokodile, die hier auf der Sandbank geschlafen hatten, eiligst ins Wasser platschten.

Harald lachte leise.

„Du hast mir einen regulären Kniefall gemacht, mein Alter! Deshalb darfst Du jetzt auch rudern, sobald wir wieder flott sind.“

Er stemmte das eine Ruder in den Schlamm der Sandbank, schob und stieß, keuchte, gab sich die größte Mühe, das Boot abzudrängen.

Es gelang nicht.

„Dann muß ich notgedrungen aussteigen,“ meinte er, tief Atem holend.

Vorsichtig stellte er erst den einen Fuß auf den Schlick, versank fast bis zum Knie und zog den Fuß schleunigst wieder heraus.

„Ich muß springen. Weiter oben ist fester Sand,“ sagte er und war schon mit einem Satz mitten auf der Sandbank.

Er stand still, starrte mich an. Wenigstens schien es mir so.

„Was hast Du denn?“ fragte ich unsicher.

Er bückte sich schon und schob das Boot langsam aus dem Schlamm in offenes Wasser, schwang sich geschickt auf den Bootsrand und setzte sich auf den Platz, den ich bisher innegehabt.

Die Strömung trieb das Boot langsam mit fort. Ich ergriff die Ruder. Das Boot kam in Fahrt.

Harald steuerte jetzt wieder dem rechten Ufer zu, obwohl ich doch auf das linke hatte zuhalten sollen.

„Weshalb wieder zurück?“ meinte ich etwas ärgerlich.

„Es war da ein dunkler Schatten auf dem Fluß – genau hinter Dir, mein Alter. Und solche Schatten liebe ich heute nicht,“ lautete seine Antwort.

„Also ein Fahrzeug?“

„Ja – ein Boot mit Elektromotor und Akkumulatoren, denke ich. Es war sehr schnell und sehr geräuschlos.“

„Die – die Spione wieder?“

„Vielleicht. – Rudere nur. Wir wollen die Kerle schon loswerden.“

Jetzt glitten wir dicht am rechten Ufer entlang. Hier lagen ein paar große plumpe Lastkähne vor Anker. Es waren sechs im ganzen. Sie bildeten eine gerade Linie. Am Heck des ersten brannte eine große Laterne.

Harald steuerte an ihnen vorüber. Als wir den letzten Frachtkahn hinter uns hatten, ließ Harald das Boot eine kurze Drehung machen.

„Ziel die Ruder ein – leise!“ befahl er und griff nach dem Bootshaken.

Die Strömung führte uns wieder auf den Kahn zu. Harald hielt den Bootshaken bereit und trieb die Eisenspitze unter Wasser in die Planken des Frachtkahnes, so daß wir nun mit diesem Bord an Bord still lagen.

Es dauerte keine drei Minuten, bis wir das Geräusch eines Motorbootes vernahmen und nun auch das Boot selbst gewahrten, das uns offenbar gefolgt war und in derselben Richtung weiterfuhr. Unser Manöver war den Insassen also entgangen.

Wir warteten, bis die Dunkelheit es völlig verschluckt hatte, und ruderten dann wieder an den Lastkähnen stromabwärts, überquerten den stillen Fluß und waren zehn Minuten drauf an jene Stelle gelangt, wo ein paar Felsenhügel dicht an die Dschamna herantreten und eine Reihe von mächtigen Blöcken wie Wellenbrecher die Strömung aufhalten.

Hier, so hatte der indische Gepäckträger es uns beschrieben, sollte sich nach Norden zu in den gestrüppbewachsenen Hügeln eine Grotte befinden, die früher als Tempel benutzt wurde. In der Grotte sollte im Hintergrunde ein altes Steinbild der Kali stehen.

Wir landeten unterhalb der Felsblöcke, wo hohes Gebüsch sich fast bis zum Wasserspiegel neigte. Harst sprang ans Ufer, wir zogen das Boot in die Büsche und traten dann wieder so weit vor, daß wir den Fluß etwa dreißig Meter im Umkreise überblicken konnten.

„Nichts zu sehen,“ meinte Harald nach einer Weile. „Trotzdem – die ganze Geschichte gefällt mir nicht! Wenn ich nicht wüßte, daß John und Reginald Barring, wie wir festgestellt haben, seit Monaten ruhig hier in Agra ihren Geschäften nachgehen, würde ich tatsächlich argwöhnen, sie hätten uns die Spione auf den Hals geschickt.“

„Aber – aus welchem Grunde wohl?!“ Ich war etwas ungehalten. Haralds Ängstlichkeit erschien mir übertrieben.

„Ja – einen Grund gäbe es schon! – Doch – weiter jetzt! Ich will Gewißheit haben!“

Er schritt voran, bog um die Hügel nach Süden herum. Es war nicht ganz einfach und nicht ganz ungefährlich, in dieser Finsternis dieses Dickicht zu durchqueren. Die größte Landplage Indiens sind ja noch heute die Giftschlangen. Im Hotel Continental in Agra hatten die Angestellten noch vorgestern im Park eine ausgewachsene Kobra totgeschlagen. Das kriechende Gewürm dringt selbst bis in die Zimmer ein.

Wir hatten Glück. Wir merkten nichts von Schlangen. Harst hatte sich einen starken Ast abgeschnitten und schlug damit stets erst vorsichtig ins Gras, bevor er den Fuß weitersetzte.

So umrundeten wir nun die Hügel nach Norden zu. – Das Schwerste kam noch: in dieser Finsternis die Grotte zu entdecken! So dachte ich. Ich hatte mich aber getäuscht. Wir standen plötzlich am Fuße einer roh in das Gestein eingehauenen breiten Treppe, die recht steil aufwärtsführte, eingerahmt von Buschwerk und Bäumen!

Die Stufen waren teilweise mit Unkraut und Schlingpflanzen völlig bedeckt. Daß dieser Tempel nicht mehr benutzt und wohl nur von Neugierigen noch besucht wurde, zeigte schon dieser Unkrautteppich.

Achtzehn Stufen – dann in einer schroffen Steinwand ein fünf Meter breites und fast ebenso hohes bogenförmiges Loch: die Grotte!

Wir blieben stehen und lauschten. Wir hörten nur das Wasser unten am Flusse gegen die Felsblöcke schäumen. Kein Lüftchen regte sich, kein Blatt wisperte.

Totenstille da vor uns in der schwarzen Finsternis.

Die schwüle Nachtluft war gesättigt mit Elektrizität. Das Wetterleuchten dort am Horizont flammte noch immer in unregelmäßigen Pausen auf. Diese Luft legte sich schwer und beklemmend auf die Brust.

Harald holte die Taschenlampe hervor.

„Nimm für alle Fälle die Clement zur Hand,“ raunte er mir zu.

Der Ton seiner Stimme reizte die Nerven. Es war etwas in diesem Ton wie die Vorahnung unangenehmer Ereignisse.

Ich entsicherte die Waffe.

Aus Haralds Hand glitt zwischen den Fingern ein dünner Lichtstrahl in das Dunkel hinein.

Kahler Steinboden, rauher Fels.

Harst trat vorwärts – drei Schritt.

Nun zog der volle Lichtkegel der Taschenlampe einen gleitenden weißen Kreis über die Grottenwände, blieb auf der Steinfigur dort hinten haften, glitt weiter, kehrte zurück.

„Keine Seele! Verstecke gibt es hier nicht,“ flüsterte Harst wieder. „Dann also ans Werk! Behalte aber den Eingang im Auge.“

Wir gingen noch fünf Schritt, standen vor der steinernen Göttin.

Ich lehnte mich neben der Steinfigur an die Felswand, konnte so den Vorplatz der Grotte überschauen. Wenn das Wetterleuchten aufglomm, wurde auch der Vorplatz in schwaches Licht getaucht.

Harst ließ den Lichtkegel den Steinsockel der Figur umspielen. Dieser Steinsockel, ein Felswürfel von anderthalb Meter Seitenlänge, schien massiv zu sein.

Harald betastete ihn.

Wir hatten schon oft hier in Indien merkwürdige Beweise des erfinderischen Geistes der Erbauer alter Burgen und Tempel erhalten. Wir hatten einen Höhlentempel besucht, der drei Stockwerke besaß, jedes mit einer Falltür, die geradezu raffiniert angelegt gewesen. Auch jener Höhlentempel war einst der Göttin Kali, der Blutigen geweiht gewesen. –

Abermals der schwache Lichtschein des Wetterleuchtens.

Und – da flog mein rechter Arm auch schon empor.

Da war eine Gestalt, ein Mensch, auf der Treppe gewesen, dicht an die Stufen geschmiegt, – ein Inder.

„Vorsicht!“

Und Harsts Lampe erlosch.

Auch der Lichtschein draußen erlosch.

„Ein Inder – auf der Treppe!“ hauchte ich.

Harald war in dieser Finsternis nicht mehr zu sehen.

Harald erschien jetzt in dem Grotteneingang – war mit zwei Sätzen ein Stück die Treppe hinab.

Dann ein heiserer Schrei.

Stille nun.

Und abermals Harst, der einen Menschen gepackt hielt.

„Licht!“ rief er mir zu.

Ich griff in die Tasche des Leinenkittels. Meine Lampe flammte auf.

„Binde ihm die Hände auf dem Rücken zusammen! Nimm Dein Turbantuch!“ befahl Harald.

Er hielt den Inder mit der Linken fest, hatte in der Rechten die drohende Clement.

Der Mann wehrte sich nicht. Mit einer verblüffenden Gleichgültigkeit ließ er sich fesseln.

Er war noch jung, vielleicht fünfundzwanzig, trug einen Leinenanzug von dunkelgrauer Farbe und europäischem Schnitt, dazu braune Leinenschuhe und einen schwarzen Turban.

„Wer bist Du?“ fragte Harst ihn nun in englischer Sprache.

„Talamba, der Schlangenfänger, Sahib,“ erklärte der Mann mehr neugierig als ängstlich. „Ich bin Dieb, Sahib. In Agra kennt mich jeder. Ich verkaufe die Häute der Schlangen und auch das Gift. Manchmal auch lebende Schlangen.“

„Was wolltest Du hier?“

„Sahib, diese Nacht ist gut für den Fang. Es ist still im Dickicht. Ich höre die Kobra, die sich durch das Gras schiebt. Ich höre die Sastara, wenn sie am Baume sich hochwindet. Ich sah hier ein Licht, und da stieg ich die Treppe empor. Dann hast Du mich festgehalten, Sahib. Mein Ledersack und mein Fangstock liegen unten an der Treppe. Ich habe schon vier Kobras erbeutet. Gib mich frei, Sahib. Solche Nächte wie diese sind selten, und ich muß meinen Vater ernähren, der durch den Biß der kleinen Oka Siwa (eine grüne Baumschlange) voriges Jahr gelähmt worden ist.“

Harst sah ein, daß dieser Talamba ein harmloser Bursche war. Er nahm ihm selbst das als Strick benutzte Turbantuch ab und schenkte ihm ein Zehnrupienstück.

„Da – dies als Entschädigung, Talamba. – Sage mal, bist Du schon öfters hier in dieser Grotte gewesen?“

„Sehr oft, Sahib. Wenn die Kobras sich paaren, kommen sie hierher. Sie lieben diese Grotte. Sie besuchen stets denselben Ort, Sahib.“

Er hatte uns trotz unserer Verkleidung sofort als Weiße erkannt. Haralds energisches Zugreifen hatte ihm gezeigt, wen er hier vor sich hätte.

Er musterte uns jetzt neugierig und fügte hinzu:

„Sahib, Ihr seid Polizeibeamte, nicht wahr? Hier in der Grotte ist doch vor vier Monaten eine weiße Lady tot aufgefunden worden – ermordet.“

„Das wissen wir –“ – Harald log: wir hatten keine Ahnung von diesem Mord!

„Wolltet Ihr nach unten gehen, Sahib?“ meinte der Schlangenfänger nun. „Ich will Euch helfen, den Stein wegzuschieben.“

„Ja – hilf uns!“ – Und Harald warf mir einen besonderen Blick zu.

Talamba trat an den Sockel heran. Harst tat so, als wüßte er Bescheid, stemmte die Hände ebenfalls gegen den Stein und – der schob sich langsam samt dem Götzenbilde mehr nach der Wand zu.

So wurde ein Loch im Felsboden der Grotte freigelegt.

„Du kannst nun gehen, Talamba,“ meinte Harald und schenkte dem Inder noch zehn Rupien.

Talamba bedankte sich noch wortreich und schritt rasch die Treppe hinab. Wir waren ihm bis auf den Vorplatz gefolgt, sahen, wie er seinen Ledersack und einen langen Stecken aufraffte und in den Büschen verschwand.

Ich war begierig, was wir dort unten nun finden würden.

„Vorwärts!“ meinte ich.

„Ja – vorwärts!“

Das klang sehr merkwürdig.

 

5. Kapitel.

Überlistet.

Noch merkwürdiger war, was Harald dann hinzufügte:

„Wir werden jetzt so tun, als ob wir dort hinabstiegen. Frage nichts. Du wirst schon – sehen!“

Wir näherten uns dem Götzenbilde, zu dessen Füßen nun das zackige Loch im Boden der Grotte klaffte. Es war gerade groß genug, einen Menschen hindurchzulassen.

Harald legte sich lang auf den Bauch und leuchtete mit ausgestrecktem Arm hinein.

Da unten gab es eine flache Höhle, etwa mannshoch, die aber eine große Ausdehnung zu haben schien.

Dann gab Harst mir seine Taschenlampe und sagte leise: „Sobald ich unten bin, reichst Du mir sie zu. Ich klettere dann wieder nach oben. Du hilfst mir dabei. – Schalte Deine Lampe aus.“

Ich begann zu begreifen: wir sollten nur so tun, als ob wir hinabgestiegen wären. Harst traute dem Schlangenfänger doch nicht! –

Gleich darauf war Harald unten, trug die eingeschaltete Lampe ein Stück von dem Loche weg und legte sie hinter einen Vorsprung der Höhlenwand, kam zurück, faßte meine Hände und ließ sich emporziehen.

„So – nun folge mir! Aber kriechen!“

Und er näherte sich so dem Vorplatz, drückte sich draußen zwischen die Sträucher, machte mir Platz.

Wir hockten regungslos da und warteten.

Wir brauchten nicht lange zu warten.

Zwei – drei Gestalten erschienen am Fuße der Treppe, huschten die Stufen empor.

Wir konnten gerade noch sehen, uns etwas vorbeugend, was sie in der Grotte taten: sie schoben das Götzenbild samt dem Sockel wieder über das Loch, aus dem ein matter Lichtschein der Taschenlampe herausdrang und die drei Inder wohl in dem Glauben bestärkte, wir wären ihnen in die Falle gegangen.

Eilig und still, wie sie gekommen, entfernten sie sich wieder.

Harald ließ sie unangehalten vorüber. Harald flüsterte nur: „So – nun haben wir Euch!“

Noch eine volle Stunde hockten wir in dem Gestrüpp neben dem Grotteneingang.

Als es dann zu regnen begann, als die ersten Blitze eines drohenden Gewitters herabzuckten, machten auch wir uns davon.

Unser Boot blieb wo es war. Zu Fuß eilten wir Agra zu, kamen bald auf eine Straße und schritten nun in strömendem Regen gemächlich weiter.

Aber: Harald blieb stumm wie ein Fisch.

All meine Fragen prallten von ihm ab, als wäre er plötzlich taub geworden.

Ich war empört, wütend, gekränkt.

War das eine Art, mich zu behandeln?!

Da schob Harst seinen Arm in den meinen:

„Eingeschnappt, lieber Alter? Wozu all die Fragen? Dein Hirn kann sie sämtlich selbst beantworten!“

„Also doch die Brüder Barring!“

„Ja! Die Barrings! Nun denken sie, wir werden dort in dem Felsloche umkommen oder schon umgekommen sein. Sie wird sicher ihre gewissen Eigenschaften besitzen, diese Höhle. – Eigenschaften, die einen Unkundigen rasch vom Leben zum Tode befördern!“

„Und der Schlangenfänger?“

„Das war ein ganz geriebener Bursche! Nur einen Fehler machte er: er hätte nicht von der ermordeten weißen Lady sprechen sollen! Da merkte ich die Absicht und ward anders gestimmt. Daß hier in Agra keine Weiße ermordet war, wußte ich. Ein Mensch, der Zeitungen so genau liest wie ich und so viele Zeitungen, hätte etwas über den Mord in einem indischen Blatte finden müssen. Mir wäre eine solche Notiz nie entgangen. – Talambas eigenes Geistesprodukt mag dieser Mord als Überleitung zu der Höhle unter der Grotte nicht gewesen sein. Die Barrings werden ihm genau vorgeschrieben haben, was er reden sollte. Jedenfalls: der Mord war eine Dummheit! Jetzt werden wir Freund Dalbam besuchen, und bei Dalbam besprechen wir alles weitere.“ –

Der Agraer Detektivinspektor Edward Dalbam bewohnt im Europäerviertel einen kleinen Bungalow. Es war drei Uhr morgens, als wir beide bis auf die Haut durchnäßt über das Gartengitter kletterten, auf das Haus zuschlichen und auf die Veranda huschten, deren Länge die ganze Vorderfront einnahm. Wir kannten die Lage von Dalbams Schlafzimmer, klopften gegen das Fenster und hörten sofort Dalbams Foxterrier anschlagen.

Das Gesicht, das unser Freund machte, als Harst ihm dann seinen Namen zurief, muß klassisch gewesen sein.

Dalbam ließ uns ein, drückte uns immer wieder die Hände.

„Ich denke, Ihr beide seid noch in Aden! Und dabei macht Ihr mir hier anscheinend schon wieder Konkurrenz.“

Dalbam gab uns trockene Wäsche und Anzüge, gab uns zu essen und zu trinken, versicherte uns, daß seine Diener völlig zuverlässig und daß wir bei ihm sicherer als im Hotel seien.

Harst hatte bisher nur erklärt, wir suchten hier zwei Gauner, vor denen wir uns verbergen wollten.

Nun äußerte er sich eingehender über diese Gauner, fragte:

„Haben die Brüder Barring ein kleines Motorboot – Elektromotor?“

Dalbam stutzte.

„Die Barrings? – Ja, die haben ein Motorboot. Aber – soll das etwa heißen, daß sie diese Gauner sind?“

„Vielleicht. – Ich will Ihnen nun mal eine recht seltsame Geschichte erzählen, lieber Dalbam, – von einem Testament in Versen, von einem Brieffragment, einer Hotelrechnung mit Depeschenentwurf auf der Rückseite, von einem Skelett mit Goldplomben, das die Hauptrolle bei alledem spielt, und von manchen anderen Dingen –“

Der gute Dalbam hörte andächtig zu, schlackerte sehr oft mit dem Kopf, rauchte eine Zigarette nach der anderen und erwiderte schließlich auf Haralds Schlußfragen:

„Nein – keine Ahnung habe ich davon, daß das Götzenbild in der Grotte sich zur Seite schieben läßt – keine Ahnung! Und eine Weiße ist dort in dem Grottentempel nicht ermordet worden! Keine Rede! – Was aber die Barrings angeht, so sind das hier zwei recht angesehene Kaufleute, Exportgeschäft für indische Schleier. Einen Schlangenfänger Talamba gibt es. Das ist jedoch ein Greis von würdigem Äußeren, ein Original. Der junge Bursche da hat sich einfach Talambas Namen zugelegt.“

Edward Dalbam war in Feuer geraten.

„Was soll denn nun geschehen?“ fuhr er in einem Atem fort. „Sie glauben also wirklich, bester Harst, daß R. R’s Vermögen in der Höhle unter der Grotte verborgen war und daß die Barrings sich das Gold angeeignet haben?“

„Ja. Ich stelle mir den Zusammenhang so vor. – R. R. traute John Barring doch nicht so ganz. Dieses Mißtrauen wird erst hier in Agra in ihm aufgestiegen sein. Deshalb brachte er sein Vermögen in aller Stille bei Seite. Es ist anzunehmen, daß er hier schon häufiger gewesen ist. Wie sollte er sonst das Geheimnis des Grottentempels, eben die Beweglichkeit der Götzenstatue, gekannt haben. Die Barrings mögen ihn beobachtet haben, als er das Gold wegschaffte. John folgte dann R. R. nach Arabien, nachdem von diesem längere Zeit keine Nachricht eingetroffen war. Als die Brüder die Überzeugung erlangt hatten, daß R. R. in der Wüste umgekommen, plünderten Sie das Versteck.“

„Alles sehr logisch, lieber Harst,“ nickte Dalbam. „Nur – nur: wie konnten die Barrings wissen, daß Sie beide es jetzt auf sie abgesehen hätten? Wie konnten sie Ihnen Spione entgegensenden?“

Harald langte nach einer Zigarette und rieb ein Zündholz an. Nach den ersten Zügen erwiderte er:

„Unser Aufbruch mit Jefferson in die Wüste war nicht geheim geblieben. Die Zeitungen brachten kurze Notizen darüber. Möglich, daß die Barrings gefürchtet haben, wir könnten durch einen Zufall R. R’s Leiche finden. Möglich auch, daß John Barring, der doch offenbar von Jussuf Nazirs Bande kurz vor deren Vernichtung durch Jefferson ausgeraubt worden ist, wobei er seine Brieftasche einbüßte, befürchtete, Jefferson könnte mit uns an die Stelle des Kampfes gelangen und wir könnten die Brieftasche bei einem der Toten entdecken, was ja auch tatsächlich geschehen ist. Das schlechte Gewissen mag John bewogen haben, einen schlauen zuverlässigen Menschen nach Aden zu senden, der die weitere Entwicklung der Dinge dort abwarten und uns nach unserer Rückkehr beobachten sollte. Bedenken Sie, Dalbam, daß Johns Angst, der Inhalt der Brieftasche könnte uns veranlassen, dem Verbleib dieses R. R. nachzuspüren, um so größer sein mußte, als er mir wohl zutraute, aus dem Brieffragment mehr herauszulesen als andere. – Ich bin so gut wie überzeugt, daß dies alles zutrifft. Es kann nur so sein. Wenn Sie mir nun helfen wollten, die Barrings zu entlarven, lieber Dalbam, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Das „Wie“ steht auch schon fest. Hören Sie zu. Der Plan ist einfach und verspricht sicheren Erfolg –“ –

Zeit: am nächsten Vormittag elf Uhr. Ort: Dienstzimmer Dalbams im Polizeigebäude. Personen: Dalbam, ein Schreiber und die Brüder Barring, die soeben eingetreten sind.

Dalbam (begrüßt sie durch Handschlag, bittet sie Platz zu nehmen): „Ich habe Sie hergebeten, um Ihnen diese Brieftasche persönlich auszuhändigen, die eine Polizeipatrouille bei einem der erschossenen Karawanenräuber gefunden hat, wie ich Ihnen schon telephonisch mitteilte. Ich soll Sie nun noch im Auftrage der Polizei in Aden verschiedenes fragen. Dieselbe Patrouille hat nämlich noch das Skelett eines Europäers an einer anderen Stelle entdeckt und dieses Gedicht neben dem Gerippe, eingeschlossen in eine Feldflasche, mit nach Aden gebracht. – Bitte – lesen Sie es. Es ist in deutscher Sprache verfaßt, jedoch in Aden schon ins Englische übertragen worden. Der Inhalt des Gedichts, so meinte Harald Harst, dem man es in Aden vorlegte – Sie kennen ja wohl Harst dem Namen nach –, – dieser Inhalt sei offenbar das Produkt eines von Todesschauern bereits umnebelten Geistes. Harst ist übrigens hier in Agra. Er verschwieg mir jedoch, was er vorhätte. Seit vorgestern habe ich weder ihn noch seinen Freund Schraut gesehen, was ich sehr bedauere. Er hätte uns sicherlich manchen Wink gegeben.“ All das sprach Dalbam so recht harmlos und gemütlich, ganz wie Harst es gewünscht hatte.

John Barring (nachdem er das Gedicht gelesen und sehr rot geworden, was wir hinter dem von der Wand abgerückten Aktengestell hervor genau beobachten konnten): „Mr. Harst hat ganz recht: es ist das Machwerk eines nicht mehr Zurechnungsfähigen.“

Dalbam: „Harst hat aber darauf hingewiesen, daß die Handschrift des Gedichtes und die des Brieffragments aus Ihrer Brieftasche dieselbe ist. Dieser R. R. war also Ihr Freund. Wie hieß er? Was war er?“

John Barring (zögernd): „Er hieß Robert Reineck und war Gelehrter, Sprachforscher.“

Dalbam: „Die Andeutungen des Gedichts können sich nur auf den Grottentempel am Westufer der Dschamna beziehen. Ob man dort nicht doch mal nachsuchte?“

John Barring (übereifrig): „Aber ich bitte Sie, was sollte das für einen Zweck haben?!“

Dalbam: „Vielleicht findet man Harst und Schraut dort, Mr. Barring.“

Beide Brüder (fahren verwirrt hoch): „Wie meinen Sie das?“

Dalbam: „Ich behaupte, Ihr Vertrauter, der in der vergangenen Nacht den Schlangenfänger Talamba spielte, hat Sie verraten. Er hat es eben mit der Angst bekommen. Vor kurzem war er hier bei mir.“

Die Barrings: „Ah – eine Falle dies hier! Eine Falle!“ (Sie stürzen zur Tür, reißen sie auf, prallen vor vier Polizeibeamten zurück.)

Jetzt traten auch wir beide aus unserem Versteck hervor. John Barring hatte uns kaum erblickt, als er mit der Kraft der Verzweiflung die Beamten zurückstößt, einen Revolver zieht und glücklich die Straße gewinnt, wo er sich in das wartende Auto wirft, dessen Chauffeur wir vom Fenster aus gerade noch als den falschen Talamba erkannten. Das Auto raste davon. Die Verfolgung blieb ergebnislos. Außerhalb der Stadt wurde das Auto leer auf dem Wege nach Bhartpur gefunden. John und der Chauffeur waren zu Fuß weitergeflüchtet.

Der verhaftete Reginald Barring bequemte sich zu einem Geständnis. Er bestätigte alles, was Harst bereits über Robert Reinecks Schatz vermutet hatte. Reineck hatte sein Vermögen, gegen drei Millionen, in goldenen Schmucksachen angelegt und diese in der Höhle unter der Grotte verborgen gehabt.

Reginald Barring bestritt jedoch hartnäckig, daß er sich mitschuldig gemacht hätte. John allein habe die Goldsachen an sich genommen. – Erst durch die Ergreifung Johns, die uns später nach manchen Zwischenfällen gelang, wurden die Brüder völlig überführt.

Robert Reinecks Vermögen aber war verloren. Die Barrings standen vor dem Bankrott. Sie wurden zu Zuchthaus verurteilt, da das Gericht infolge der besonderen Beschaffenheit der Höhle, in die sie uns eingesperrt zu haben glaubten, Mordversuch annahm. Die Höhle war beständig von Sumpfgasen erfüllt, die aus Spalten des Felsbodens hervordrangen. Schon ein Aufenthalt von drei Stunden in der Höhle hätte uns den Tod gebracht. –

Zum Schluß noch eine Bemerkung über die Sultana Eizul: Sie hat doch erfahren, daß ihr stiller Verehrer Robert Reineck für sie den Tod erlitten – an der Quelle des Dscheitan! Einem Professor Balfeer gelang es, die Sultana zu Gesicht zu bekommen. Und diesem Gelehrten erzählte sie, daß sie durch Zeitungsartikel Kunde von dem Tode Reinecks und von dessen Testament erhalten hätte. – John Barrings Festnahme ist eine Geschichte für sich.

 

Nächster Band:

Das Wunder von Patna.

 

 

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Anmerkungen:

  1. „Djebel“ / „Dschebel“ – Beide Schreibweisen vorhanden. Einheitlich und bandübergreifend auf „Dschebel“ geändert.
  2. In der Vorlage steht: „sie“.
  3. In der Vorlage steht: „kannte“.
  4. In der Vorlage steht: „scharfe“.
  5. In der Vorlage steht: „Hopla“.