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Die Familientruhe der Darlingtons

 

 

 

Der Detektiv

 

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 145:

 

Die Familientruhe der Darlingtons.

 

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H.
Berlin 26, Elisabeth-Ufer 44

 

Nachdruck verboten. – Alle Rechte, einschl. das Verfilmungsrecht, vorbehalten. – Copyright 1925 by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin.
Druck: P. Lehmann G. m. b. H., Berlin.

 

1. Kapitel.

Die Frau mit dem großen Federhut.

Daß ein mit außerordentlichem Raffinement begangenes Verbrechen erst nach Jahrzehnten aufgeklärt wird und seine Sühne findet, ist in der Kriminalgeschichte der Kulturstaaten häufig vorgekommen. Daß aber ein Mord mit einem so geheimnisvollen Schimmer umkleidet war wie der im Schlosse Darlington verübte, dürfte bestimmt, was die einzelnen seltsamen Vorgänge und Nebenumstände betrifft, einzig dastehen.

Wir, Harst und ich, besitzen in derlei Dingen doch einige Erfahrung. Noch nie zeigte sich uns ein Verbrechen anfänglich so vollständig in Dunkel gehüllt wie dieses, das ich hier nun schildern will. –

Meine Freunde und Leser haben uns im vorigen Band nach den Fär-Öer-Inseln begleitet gehabt, wo eine uralte Sage vom Wikingerkönig Frithjof neues modernes Leben gewann, wo „Das geheimnisvolle Floß“ sich als nichts anderes entpuppte wie Harald dies vermutet: großzügiger Raub, großzügige Spekulation in Grubenholz!

Der Leser dürfte daher auch den Namen Learat noch im Gedächtnis haben, den Namen jenes stillen, melancholischen Schotten, von dem wir den großen Motorkutter gemietet hatten.

Als wir nun die Fär-Öer-Inseln wieder verließen und nach Edinbourgh zurückkehrten, erzählte uns Learat die Geschichte des Darlington-Stammschlosses, uns dreien … Der dritte war der Landsmann Winfried von Rutar, Kollege von der Detektivfirma Pinkerton. Auch ihn kennt der Leser bereits als den Mann, der „nicht Otto Schmiedeck hieß“ …

Es lag in Learats ganzer Veranlagung, daß er seine Erzählung sehr breit ausspann. Ich will sie hier bedeutend kürzen und mich auf die Hauptsachen beschränken. –

Learats Oheim väterlicherseits war seit zwanzig Jahren Kastellan auf dem halb verfallenen Darlington-Stammsitz, einem burgähnlichen Schloß, das im nördlichen Schottland mitten im Braby-Hochmoor auf einem einzelnen Felsrücken sich erhebt.

Im Jahre 1924 hatte Learat diesen Onkel dort besucht, weil er sich nach einer schweren Lungenentzündung einige Wochen in anderer Luft erholen sollte.

Seinen Oheim hatte er seit fünf Jahren nicht gesehen. Der empfing ihn wortkarg und fast unfreundlich, erklärte ihm gleich nach der ersten Mahlzeit, daß er das Schloß selbst nicht betreten dürfe. Lord Percy Darlington habe es verboten.

Der alte John Learat bewohnte im sogenannten Gästehaus, das ein Stück vom Schlosse entfernt im Parke lag, im Erdgeschoß zwei Zimmer und hatte ebendort ein drittes für den Neffen hergerichtet, dessen Bitte um Aufnahme für einige Wochen er nicht gut hatte ablehnen können. Jedenfalls gewann unser Learat schon am ersten Tage den Eindruck, daß irgend etwas mit dem alten Stammschloß nicht recht stimmen könnte.

Der greisenhafte, aber noch rüstige John Learat hauste dort auf dem einsamen Herrensitz ganz allein, kochte sich selbst seine Mahlzeiten und hatte auch keinerlei Verkehr mit den Leuten aus dem freilich zwei Meilen entfernten Dorfe Braby, nach dem das Hochmoor dort seinen Namen erhalten hat.

Johns einzige Gefährten waren drei mächtige Rüden, eine Mischlingsart von Wolfshund und Leonberger, Tiere mit breitem Brustkasten, hochbeinig, riesig, unfreundlich und bissig.

Unser Learat beobachtete am zweiten Abend, daß sein Oheim diese mächtigen Bestien abends in das Schloß eingesperrte. Und dies geschah dann jeden Abend. – Am fünften Tage seiner Anwesenheit wagte er den finsteren Alten zu fragen, weshalb die Tiere die Nacht im Schlosse zubringen müßten. John erwiderte kurz, das gehe den Neffen gar nichts an … Er solle sich nicht um Dinge kümmern, die „traurig genug seien“, – so drückte er sich wörtlich aus. –

Unser Kutterbesitzer pflegte nun bei offenen Fenstern zu schlafen. Die beiden Fenster seines Zimmers im Gästehaus gingen nach Norden zu, und nur ein Streifen Buschwerk und eine Allee von Eichen trennten das schlichte Gästehaus von dem Schlosse.

In der sechsten Nacht stürmte es kräftig. Die Parkbäume rauschten, und unser Learat konnte nicht sofort einschlafen.

Gegen Mitternacht erhob er sich, um die Fenster zu schließen. Er zog seinen Mantel über, schlüpfte in die Morgenschuhe und trat an das eine Fenster.

Der Vollmond lugte durch die Baumkronen, wurde aber immer wieder von jagenden Wolkenfetzen verhüllt.

Plötzlich vernahm Learat da vom Schlosse her das wütende Bellen der Rüden.

Die Tiere vollführten einen Höllenlärm, und zwischenein hörte Learat auch eine kreischende Stimme, die niemals die seines Oheims sein konnte.

Dieser Lärm machte auf ihn einen unheimlichen Eindruck. Er als Schotte war abergläubisch. Er dachte an seines Oheims Weigerung, ihm das Innere des Schlosses zu zeigen, dachte auch an die vielen anderen Seltsamkeiten in der Lebensführung des alten Mannes …

Das Bellen und Heulen der Hunde wollte nicht verstummen …

Dann sah Learat plötzlich eine Gestalt, die den Weg vom Gästehaus zum Schlosse entlanglief: sein Onkel! – Er erkannte, daß der alte John in der Linken eine abgeblendete Laterne und in der Rechten eine klobige doppelläufige Vorderladepistole trug.

Schnell entschlossen sprang er da aus dem Fenster und schlich dem Greise nach …

Als er so den Gebüschstreifen passiert hatte und nun die Westfront des Schlosses überblicken konnte, blieb er überrascht stehen …

Im ersten Stock, vor dem ein von Säulen gestützter breiter Altan lag, waren fünf Fenster erleuchtet. Deutlich gewahrte er dann auch auf den zugezogenen hellen Vorhängen des einen Fensters den scharf umrissenen, rasch vorübergleitenden Schatten einer Frau mit großem Federhut auf dem Kopfe – einer schlanken Frau, die einen langen Stock in den Händen zu tragen schien.

Der Schatten schwand, aber die Hunde tobten noch wütender – offenbar oben in den erleuchteten Zimmern.

Inzwischen hatte der alte John den Seiteneingang erreicht und die Tür hinter sich wieder versperrt. Unser Learat drückte vorsichtig auf die Türklinke, konnte aber nicht öffnen und trat daher in den Baumschatten der Eichenallee zurück.

Noch zwei Minuten vielleicht, und die Zimmer oben wurden mit einem Schlage dunkel … Die Hunde verstummten.

Nach einer Weile wieder huschte der matte Schein einer Laterne über jene Fenstervorhänge hin …

Unsere Learat wartete …

Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Es dauerte eine volle Stunde, bevor der Alte wieder das Schloß verließ. Die Hunde blieben …

Langsam schritt der alte Mann an dem hinter einer Eiche stehenden Neffen vorüber. Er hatte die Eigentümlichkeit, laut vor sich hin zu reden. Das tat er auch jetzt. Learat hörte, wie er in verbissener Wut hervorstieß:

„Oh – ich fasse Dich schon noch ab …! Ich habe Geduld …“

Dann tauchte der alte Schloßkastellan in der Finsternis der Allee unter.

Unser Learat wartete abermals eine halbe Stunde …

Nichts geschah mehr …

Dunkel lag der verfallene Bau da …

Learat kehrte durch das Fenster in sein Zimmer zurück, schlief ein und fragte dann den Oheim morgens beim Frühstück ganz offen nach der Bedeutung der nächtlichen Vorgänge.

Das verwitterte Gesicht des Kastellans wurde aschfahl … verzerrte sich …

Und grollend schrie er den Neffen an: „Packe Deine Sachen – reise ab! Ich wußte ja, daß Du mich nur stören würdest …! Ich werde Dir Geld geben … Geh in ein Seebad, erhole Dich dort … Und solltest Du je einem Menschen auch nur ein Sterbenswörtchen von alledem erzählen, so … trifft Dich mein Fluch!“

Learat starrte den halb Sinnlosen verständnislos an und suchte ihn dann zu begütigen …

Der Greis wurde ruhiger, verlangte aber trotzdem, daß sein Neffe abreise, schenkte ihm eine größere Summe Geld und meinte beim Abschied traurig:

„Glaube mir: es ist besser, daß Du mich hier allein läßt … Ich bin nicht ohne Grund mit meinen sechzig Jahren schon schneeweiß … – Frage nichts – und schweige …“ –

Learat begab sich denn auch mit seinem Rucksack und kleinen Koffer zu Fuß nach dem Dorfe Braby. Von hier konnte er die Eisenbahn benutzen. Auf dem Bahnhof sprach er mit dem Wirt, verschwieg, daß er ein Neffe des Schloßkastellans sei und hörte von diesem, daß man den alten Learat hier in der Gegend allgemein für geisteskrank halte.

Dann bestieg er den Zug. –

Und heute nun auf seinem Kutter erzählte er uns, was ich hier soeben geschildert habe.

Nachdem er geendet, fragte Harald ihn allerlei über die Familie Darlington.

Das alte Geschlecht zählte zurzeit drei männliche Sprossen: Lord Percy Darlington, verheiratet, fünfzig Jahre, zumeist in London lebend. Sein Sohn und Erbe des Lordtitels, Edward, achtzehn Jahre, und dann der ältere Bruder des Lords, Daniel Darlington, der an religiösem Wahnsinn litt und in einer Privatheilanstalt untergebracht war.

Jedenfalls konnten auch Haralds Fragen die dunklen Geschehnisse jener Nacht in keiner Weise klären.

Learat behauptete noch, daß die Erscheinung der Frau mit dem großen Federhut ohne Zweifel im Schlosse häufiger auftauchte und daß er überzeugt sei, die Hunde würden nur deshalb dort allnächtlich eingesperrt, um diese Person zu verscheuchen.

Harald äußerte sich nicht weiter dazu.

In Edinbourgh angelangt, schafften wir den Landsmann Rutar in ein Sanatorium und reisten südwärts – nach London …

Angeblich … nach Hause …

Harst hatte zu Learat geäußert, das Schloß Darlington interessiere ihn doch nicht so sehr, daß er deshalb ein paar Tage opfern wolle …

Hatte geäußert …

Wie er in Wahrheit dachte, wußten Rutar und ich ganz genau. Vor Rutar hatten wir keine Geheimnisse …

 

2. Kapitel.

Unser Sommerpalast.

„Manuela!“ kreischte die entsetzlich schmierige Alte, die da vor der Torfhütte des Zigeunerdorfes hockte und in einem Kessel rührte, unter dem ein Torffeuer glimmte …

„Manuela, so komm doch … Es sind zwei Herren da!“

Die beiden Herren, die vom Dorfe Braby aus hier nach der Zigeunerniederlassung gewandert waren, trugen dick gepackte Rucksäcke, über die noch je eine Klappstaffelei und ein Zeichenbrett geschnallt waren.

Man sah es den beiden auch sonst schon von weitem an, daß sie zur Zunft der Maler gehörten … Jener Maler, die selbst in England noch das Haar genial lang wachsen lassen, wehende Krawatten und weiche Kragen lieben und zumeist an einem Überfluß an Mangel an Geld leiden …

Diese derart herausstaffierten Künstler waren wir beide, Harst und ich.

In Braby hatten wir gehört, daß in einer Schlucht westlich des Schlosses seit einem halben Jahrhundert Zigeuner hausten – kaum eine halbe Meile von Darlington entfernt. – Was konnte uns angenehmer sein als dies?! Wir hofften irgendwie bei dem sorglosen Völkchen dieser internationalen fahrenden Gesellen Unterkunft zu finden, zumal man uns in Braby noch mitgeteilt hatte, daß die Männer und die meisten Weiber und Kinder des Stammes jetzt wie stets auf der Sommerwanderung begriffen seien.

Aus der offenen, aber mit einem Zeugfetzen verhangenen Tür der elenden Torfhütte trat jetzt Manuela hervor …

Wir staunten …

Es gibt gewiß unter den Zigeunern Mädchen von überraschender Schönheit. Manuela aber war in ihrer Art einzig …

„Donnerwetter!“ sagte Harald zu mir auf deutsch. „Eine Hochmoorperle, mein Alter …! Und dazu noch dieses Kostüm! Das sind wahrhaftig kostbare alte Brokatstoffe, und der Schleier ist tunesische Arbeit – künstlerisch!“

Manuela mochte fünfzehn Jahre sein, war aber bereits voll erblüht. Zigeunerinnen können ja leider mit fünfundzwanzig bereits als alt gelten.

Sie lächelte kokett …

Mit der alten Vettel dort am Kochtopf hatten wir uns nur mühsam verständigen können. Manuela sprach tadellos englisch, immerhin mit dem harten Beiklang, der auf ihre Muttersprache zurückzuführen war.

Harald trug unser Anliegen vor … Wir seien Maler aus Holland, aus Amsterdam, wollten Moorbilder malen und am liebsten hier mitten im Hochmoor einige Zeit wohnen. Vielleicht könnte man uns eine gerade leerstehende Hütte vermieten. Wir würden gut zahlen …

Das kokette Lächeln auf Manuelas reizvollem Gesicht schwand … Ihre schlanke wundervolle Gestalt sank gleichsam in sich zusammen … In die schwarzen Augen trat ein Ausdruck des Mißtrauens …

Sie schüttelte energisch den Kopf …

„Mein Vater ist der Patron des Dorfes, der Häuptling … Er hat es verboten … Drüben in Braby gibt es zwei Gasthäuser …“

„Braby ist weit entfernt, Manuela …“

Harald zog seine Brieftasche und spielte mit einer Fünfzigpfundnote …

Die Augen des Mädchens hingen an dem Geldschein …

Auch das alte Weib stierte auf Harsts Hand …

„Manuela …!!“ rief sie leise …

Und das hieß: „Schicke die Herren nicht weg …!“

Inzwischen waren aus den benachbarten Hütten noch einige andere weibliche Gestalten aufgetaucht – alle von demselben „Liebreiz“ und derselben Sauberkeit wie Manuelas „Großmütterchen“ …

Denn die schmierige Vettel war Manuelas „Großmama“.

Das erfuhren wir nun, als die junge Zigeunerin der Alten zurief:

„Wenn die Herren Maler sind, – – man könnte es wohl tun …“

Das bedeutete doch nur: „Maler sind harmlos … Mit denen darf man eine Ausnahme machen …“

Aus dem Chor der übrigen Huldinnen rief jetzt eine Stimme:

„Das Geld wird verteilt, Manuela … Die Männer erfahren nichts …“

Man sieht: Haralds Praxis hatte gesiegt! Die Fünfzigpfundnote zerstreute die Bedenken, – und unser erlogenes Metier half mit! –

Manuela wurde wieder holdselig-liebenswürdig … winkte uns …

Wir betraten die Hütte …

Nun – im Interesse des guten Einvernehmens mit Manuela vermied ich es, mir die Nase zuzuhalten, obwohl hier in der Torfbude ein Odeur herrschte, gegen das Kuhstallduft einfach Rosenduft ist …!

Auch Harald machte ein ganz merkwürdiges Gesicht, – so, als ob er niesen müßte und dies mit Gewalt zurückdrängte …

Die Hütte hatte zwei Stuben. Der Fußboden bestand aus gestampftem Lehm. Die sogenannten Möbel waren nur als Gerümpel zu bezeichnen.

Manuela bat uns Platz zu nehmen …

Wir saßen an einem Tisch dicht an dem kleinen halb erblindeten Fenster …

Harald verhandelte mit Manuela … Vierzehn Tage – eine Hütte für uns – möglichst ruhig …

Oh – Manuela war gerissen wie ein Pferdeschacherer … Das liegt den Zigeunern im Blute …

Sie verlangte fünfzig Pfund für zwei Wochen … Man denke …!! Fünfzig Pfund!

Zum Scheine tat Harald so, als ob ihm dies denn doch zu reichlich sei … zum Schein … Arme Maler – – – und so weiter … – Schließlich wanderte die Fünfzigpfundnote dann doch in Manuelas reizend-schmutziges Händchen. Und als sie das Geld erst hatte, war ihre nächste Frage: „Können Sie mir vielleicht Kleingeld geben? Und – würden Sie der Großmutter und den anderen Frauen vielleicht sagen, daß Sie nur zehn Pfund gezahlt haben?“

„Aber gewiß, Manuela … Hier ist kleines Geld … – Wo haben Sie denn die prächtigen Brokatstoffe und den Schleier her, Manuela …? Als Maler habe ich ein Auge für derlei Gewebe … Der Brokat ist alt … Man dürfte Derartiges kaum zu kaufen bekommen …“

Siehe da: Manuela ward blutrot … schaute zur Seite, platzte heraus:

„Oh – das … das lag in einer alten Truhe, die mein Vater mal gekauft hat …“

„So … so …,“ nickte Harald. „Und nun könnten Sie uns unser Quartier zeigen, Manuelita …“ – Er lächelte sie an …

Weiß der Teufel: er ist eben in allen Sätteln fest, auch als Liebhaber, als Don Juan … Und dabei hat es doch nur ein einziges Mädchen in seinem Leben gegeben, die sein kühles Herz je mit der zarten Wärme wahrer Liebe erfüllte: seine Braut, die ihm durch Mörderhand entrissen wurde! – Harsts Freunde und Verehrer, die vielleicht den Anlaß zu seinem Berufswechsel nicht kennen, mache ich auf den ersten Band „Zwei Taschentücher“ hiermit aufmerksam. –

Harald lächelte … Und Manuela wurde wieder sicherer und kecker, erhob sich, erwiderte das Lächeln und meinte: „Wenn die Herren mir bitte folgen wollen …“

Mir graute im voraus.

Und – mit Recht, wie wir dann sahen …

Manuela führte uns durch das Dorf bis in den tiefsten Winkel der felsigen Schlucht. Ein Dutzend kleiner Zigeunerrangen, die meisten splitternackt, gab uns das Geleit …

Dicht an einer schroffen Stelle der Schluchtwand lehnte hier eine Torfhütte mit schrägem Dach aus Baumästen, die mit Moos belegt waren. Sehr malerisch – ohne Frage … Eine Holztür – zwei Fensterchen … Innen ein einziger Raum, halbdunkel trotz des hellen Sonnenscheins draußen.

Und … Gestank … – – Gestank, zum Gotterbarmen! Offenbar hatten hier die Ziegenböcke der Niederlassung ihr Quartier gehabt …! Und Ziegenböcke duften bekanntlich stark und nachhaltig …!

Mobiliar?!

Nun ja – da waren zwei Holzbetten, ein Schrank und so weiter … Da war auch ein offener Herd … Aber alles starrte von Schmutz … Auf dem Lehmboden lagen Ziegenunrat, Stroh und Blätter umher …

Harst rieb sich die Hände …

„Sehr schön, liebe Manuelita … – Prachtvoll einfach …! Bitte – bringen Sie uns einen Besen und einen Scheuerlappen …“

„Oh – die Großmutter wird hier aufräumen, … wenn die Herren ihr eine Kleinigkeit zahlen …“

Die holde Manuela verschwand.

„Tun wir alles selbst, Manuelita … also Besen und Scheuerlappen …!“

Harst setzte sich vorsichtig auf einen Schemel und holte sein Zigarettenetui hervor …

„Donner noch eins, mein Alter, – bevor wir den Gestank hier herauskriegen, werden wir …“

Und – verstummte …

Starrte auf eine Stelle der Wand … Neben dem Schranke …

Dort – wahrhaftig – dort hing ein großer schwarzer verblichener Damenhut aus Sammet mit zwei mächtigen Straußenfedern daran …

Harst stand langsam auf …

Harst ging auf den Hut zu wie ein angriffbereiter Indianer – den Oberkörper halb vorgereckt …

Und nahm das Hutgebäude von dem in die Torfziegel hineingetriebenen Pflock …

Drehte sich um, wollte etwas sagen …

Fuhr wieder herum, hängte den Hut zurück und war mit einem Satz auf seinem Schemel, sog an der Zigarette, deutete auf die offene Tür unseres Sommerpalastes …

Ich merkte: er hatte jemand am Fenster vorübergehen sehen, hatte deshalb den Hut wieder zurückgehängt …

Dann verdunkelte sich der Eingang bereits … Eine hagere Frau erschien, keine Zigeunerin … Eine Frau im schlichten grauen Kleid, auf dem Kopf einen kleinen Filzhut …

Sah uns beide … stutzte … – nein, mehr noch: prallte zurück …

Und im gleichen Augenblick von ferne Manuelas gellende Stimme …

Die Frau machte hastig kehrt, lief am Fenster vorüber.

Leider waren die Fensterscheiben derart schmutzig, daß man unmöglich hindurchschauen konnte …

„Bleib sitzen, mein Alter,“ flüsterte Harald … „Es genügt …!!“ Und sein Blick wanderte zu dem Sammethut hin …

Indem kam Manuelita mit Besen und einem sogenannten Scheuertuch. Sie war erregt, verlegen …

Rief mit gemachter Munterkeit:

„Die Herren könnten einen kleinen Spaziergang unternehmen … Ich werde hier alles säubern … Auch einen Teppich bringe ich und ganz neue Bettwäsche …“

Harald nickte …

„Gut … Öffnen Sie aber auch die Fenster, Manuelita … Und verbrennen Sie auf dem Herd Pfefferminzkräuter … Es riecht hier stark nach Ziegen … – Die Frau soeben war wohl aus dem Dorfe Braby …“

„Ja … ja – eine Händlerin … Ganz recht, Herr, – – aus Braby …“

Sie log natürlich …

Wir verließen die Hütte und schauten uns erst mal draußen in Ruhe um. – Das Zigeunerdorf bestand aus etwa zwanzig Hütten. Die Schlucht war vielleicht fünfhundert Meter lang und eine jener felsigen Einkerbungen, wie sie in den schottischen endlosen Hochmooren so häufig anzutreffen und als Bergrücken zu deuten sind, die durch die Moorschichten bis ans Tageslicht sich emporrecken.

Neben unserer Hütte zog sich an der Steilwand eine Art Pfad nach oben zum Rande des Moors und zu einigen Bäumen und Büschen.

Diesen Pfad kletterten wir empor und hatten nun einen weiten Rundblick, sahen drüben ganz deutlich das alte Schloß zwischen Bäumen hervorlugen, sahen die Schaf- und Ziegenherden der Zigeuner, die von Kindern gehütet wurden.

„Legen wir uns hier nieder,“ meinte Harst und nahm den Rucksack ab … „Ich wette, Manuela wird den Federhut eingewickelt davontragen … Und das will ich feststellen …“

Wir lagen zwischen den Sträuchern, umweht von dem würzigen Duft des Moores …

Oh – ein Genuß war das nach dem entsetzlichen Gestank in der elenden Bude …!

Ich rauchte mir eine Zigarre an. Wir konnten die ganze Schlucht überblicken … –

Harald behielt recht …

Nach fünf Minuten kam Manuela aus unserer Hütte mit einem in schmierige Leinwand gehüllten Packen im linken Arm, im rechten Besen, Scheuertuch und noch ein Paket …

Das Reinemachen war verdammt flink gegangen …!!

 

3. Kapitel.

Die Truhe in der Bodenkammer.

Wir blieben noch eine Weile am Rande der Schlucht liegen. Es war hier so wunderschön idyllisch, so friedlich …

Aus den Schornsteinen der Zigeunerhütten zogen dünne Rauchfahnen in die stille Abendluft empor. Die Sonne neigte sich bereits den Kuppen der fernen Höhenzüge zu …

Harald sprach über Schloß Darlington, über Learats Beobachtungen, über den Schatten der Frau mit dem Federhut … Und über Manuela …

„Es ist klar, mein Alter: die Zigeuner haben hier etwas zu verbergen … Ohne die Fünfzigpfundnote würden wir hier nie Quartier erhalten haben …“

„Der … Federhut!“ warf ich ein …

„Bitte – hüte Dich vor Kombinationen, die keinerlei Grundlage haben. Ich weiß, Du bringst die Frau im grauen Regenmantel und den Hut und Learats Erlebnis auf Schloß Darlington miteinander in Verbindung … Jeder würde das tun … Und doch: die Sache kann nicht stimmen …“

„Weshalb nicht?!“

„Kann vorläufig nicht stimmen,“ ergänzte Harald und nahm eine neue Zigarette. „Zunächst müssen wir doch feststellen, ob der alte Schloßkastellan die drei Hunde wirklich dieser Frau mit dem Federhut wegen dort allnächtlich einsperrt … Vielleicht hat der Schatten nur gerade damals im Schlosse gespukt … All das sind doch Fragen, die …“

Hier glaubte ich mit Recht einflechten zu dürfen …

„… die ebenso wichtig sind wie das Verbot Lord Darlingtons hinsichtlich der Besichtigung des Schlosses. Dieses Verbot besteht. Das haben wir in Braby erfahren …“

„Ganz recht … Und Du rührst da an einen weiteren ungeklärten Punkt …! Gegenüber einer solchen Fülle von noch offenen Fragen kann man nur eins: ganz systematisch vorgehen! Deshalb habe ich ja auch in Braby mich so genau danach erkundigt, wann Lord Percy Darlington das Verbot erlassen hat …“

„Vor fünfzehn Jahren bereits …“

„Ja – eine lange Zeitspanne … – Niemand aber vermochte zu sagen, weshalb das Verbot erging und weshalb die Darlingtons seitdem das Schloß nie mehr betreten haben. Damals war es auch, als das Einsiedlerleben des Schloßkastellans John Learat begann, von da an war der alte Mann mit den Geheimnissen des Stammsitzes des berühmten Geschlechts allein in der Endlosigkeit des Hochmoors begraben …“

„Und – was hältst Du von diesen Geheimnissen, Harald?! Welcher Art mögen sie sein?!“ …

„Du fragst zuviel, mein Alter … Ich habe auch noch nicht einmal die leiseste Vermutung, wirklich nicht … Nur wenn wir erst festgestellt haben werden, ob die Frau mit dem Federhut und dem Stecken in der Hand häufiger in das Schloß eindringt und die Hunde förmlich zur Raserei bringt, ohne daß sie ihr etwas antun können, – nur dann werde ich behaupten: die Frau sucht dort etwas im Schlosse! – Jetzt aber wollen wir uns hier in den Büschen mal einen Strauchbesen herstellen und dann die Säuberung unseres Ziegenstalles beginnen. Die süße Manuelita hat die Sache ja doch nur abgesucht …“ –

Und eine halbe Stunde drauf konnte man die beiden holländischen Maler in Hemdärmeln anstaunen – mit Besen und Lappen …

Ich holte aus dem Brunnen des Zigeunerdorfes drei Eimer Wasser, wusch die Fenster …

Und draußen stand eine Horde kleiner Rangen und glotzte uns wie Verrückte an … Selbst ein paar alte Weiber kamen herbei, schlackerten mit den Köpfen …

Erst gegen halb neun, als der Himmel in wundervollem Abendrot erstrahlte, waren wir fertig …

Da fand sich denn auch Manuela mit dem Teppich und der Bettwäsche ein …

Harald hatte gerade unsere Karbidlaterne in unserem Wohn- und Schlafsalon über dem Tische als Hängelampe angebracht …

Oh – Manuela war starr …

Starr über die blendend weiß gescheuerte Tischplatte, über die blanken Fenster …

Und wir wieder waren noch starrer: der Teppich nämlich entpuppte sich als ein echter Afghan, ein wunderbares Stück! Und die Bettwäsche war blendend zart, war fraglos feinstes Leinen und ganz neu …!! Nur – nur die eingestickt gewesenen Monogramme hatte man entfernt …

Nun – Zigeuner verwechseln sehr leicht Mein und Dein … Teppich und Wäsche waren ohne Zweifel gestohlen.

Harst sagte denn auch zu der süßen Manuela:

„Wo haben Sie denn all diese schönen Dinge her, liebe Manuelita? Auch aus der Truhe …?!“

„Ja – ja … Gewiß – aus der Truhe, Herr …!“ ereiferte sie sich. „Ich kann’s beschwören, Herr …!“

„Das muß ja eine mächtige Truhe gewesen sein, Manuelita … Besitzt Ihr Vater sie noch …? Ich möchte sie mir gern ansehen … Wir Maler haben für Kunstwerke jeder Art Interesse …“

Manuela wandte den Kopf vom Lichte weg …

„Nein, der Vater hat sie wieder verkauft …,“ meinte sie achselzuckend … „Sie war sehr reich geschnitzt und …“

„An wen verkauft? Vielleicht an Lord Percy Darlington?“ fiel Harald der schlanken Schwindlerin ins Wort …

Ah – das saß …! Das traf wie ein Hieb …!

Die junge Zigeunerin fuhr herum … Sie war ein Naturkind, sie war einem Harst in keiner Weise gewachsen … Gerissen, schlau – gewiß! Aber nicht gewöhnt, sich zu beherrschen, vorschnell mit der Zunge.

„Sie … Sie waren im Schloß, Herr …?“ stieß sie hervor …

Harald nickte … „Ja, Manuelita … Aber natürlich heimlich … Wir wollten die alten Gemälde uns anschauen.“

„Heimlich …?! – Sie sind … eingestiegen …?“

„Ja … Verraten Sie uns aber nicht, Manuela … So sahen wir auch die Truhe …“

Sie zitterte plötzlich, stützte sich auf den Tisch …

„Und … und Sie haben auf den Deckel aufgeklappt, Herr …?“

„Natürlich …“

„Bekamen Sie nicht einen Schreck …?“

„Und ob, Manuela …! Wir warfen den Deckel schnell wieder zu …“

Sie erschauerte … „Ja – – das Skelett …! Das … Skelett …!“

Harst warf weitere Fangleinen aus …

„Wir waren entsetzt, Manuelita … Wer wohl der Tote dort in der Truhe sein mag …?“

Die junge Zigeunerin ließ sich auf den Schemel sinken … Ein nachdenklicher Zug trat in ihr bildhübsches Gesicht.

Ganz leise flüsterte sie: „Herr, Sie werden ja schweigen … Genau wie ich nicht verraten werde, daß Sie beide ins Schloß eingedrungen sind … mein Vater …“ – sie zögerte …

„… hat sowohl den Brokatstoff als auch den gestickten Schleier, den Teppich und die Bettwäsche aus dem Schlosse … geholt …“

Manuela nickte zaghaft …

„Ja, Herr … aus der Bodenkammer, wo die Truhe steht … Aber die Tür der Kammer war mit Eisenblech benagelt und verschlossen. Mein Vater konnte deshalb die übrigen Räume nicht betreten … Es sind ja auch stets die Hunde da … – Wie sind Sie denn, Herr, aus der Kammer nach unten gelangt? Und – haben Ihnen die Hunde …“

Harald lächelte verschmitzt … winkte mit der Hand …

„Das ist unser Geheimnis, Manuelita … Hier haben Sie noch fünf Pfund … Verraten Sie uns nicht …!“

„Niemals, Herr …! Wo werde ich denn so etwas tun?! Nein – ich bin verschwiegen …“

Sie lächelte … Sie war offenbar froh, daß wir beide gleichfalls nicht abgeneigt waren, uns in gewagte Unternehmungen einzulassen …

Harst gab ihr die Hand …

„Gute Nacht, kleine Manuelita … Wir sind müde … Wir wollen uns früh niederlegen … Könnten wir ein paar frische Hühnereier bekommen – zum Abendbrot …?“

„Gewiß, Herr … Ich bin sofort wieder da …“

Sie lief leichtfüßig davon …

Und Harald sagte zu mir:

„Ein Skelett, mein Alter …! Ob etwa dieses Skelett von John Learat und den Hunden bewacht wird?! Ob die Frau mit dem Federhut dieses Skelett sucht …?!“

Dann ging er zum Herd, wo das Torffeuer brannte, wo über der Glut die Pfefferminzkräuter verkohlten und den Ziegenbockgeruch wirksam bekämpften …

Unseren kleinen Aluminiumtiegel setzte er auf den eisernen Dreifuß und warf trockenes Reisig auf die Glut …

Das Wasser kochte sehr bald …

Und ich, der ich nun einmal immer noch zu viel vom ehemaligen Schauspieler im Blute habe, – ich begann die Romantik dieses Quartiers zu spüren, stand am offenen Fenster, sah drüben die Schluchtwand im Abendrot leuchten, sah die schlanken, kräftigen Zigeunerrangen, deren nackte Körperchen in rosiges Licht getaucht waren …

Und dachte an unsere Schokoladenvorräte …

Holte eine Tafel, verteilte sie, freute mich über die strahlenden schmutzigen Kindergesichter …

Dann kam Manuela mit einem Weidenkörbchen, mit den Hühnereiern, – jagte die kleine Bande scheltend von dannen.

Und war abermals starr, als sie den von Harst inzwischen gedeckten Tisch erblickte – die Papierserviette als Tischtuch, das blanke Aluminiumgeschirr – – alles so sauber … unheimlich sauber – – für Zigeunerbegriffe …

Mein Harald ließ keine Gelegenheit aus, die süße Manuelita anzuzapfen …

Und reichte ihr galant eine halbe Tafel Schokolade, meinte scherzend:

„Wann tragen Sie den feinen Federhut, kleine Manuelita, der dort am Pflocke hing …?! Ich möchte Sie so gern einmal in dem Hute sehen …“

Das Mädchen lächelte ein wenig töricht … Ihre schwarzen Augen bewiesen durch die halb zugekniffenen Lider, daß sie nach einer Ausrede suchte …

„Oder gehört der Hut etwa gar nicht Ihnen, Manuela …?“ half Harald ihr geschickt … „Gehört er vielleicht der Händlerin aus dem Dorfe …?!“

„Ja – ja … gewiß, Herr, – der Händlerin …!“

Sie war froh, dies bestätigen zu können … Wenn sie „gewiß“ sagte, log sie stets …

„Dann kommt die Frau wohl häufiger her?“ fragte Harst und tat vier Eier in das kochende Wasser …

„Zuweilen … – gewiß – – zuweilen …“ Sie lächelte kokett, fügte hinzu: „Schlafen Sie gut … Gute Nacht … gute Nacht …“ – Und lief davon …

Harald lehnte am Herd …

„Die Frau wohnt hier heimlich im Zigeunerdorf,“ erklärte er sinnend … „Das ist nun wohl klar, mein Alter … Und vielleicht hat der Zigeunerpatron, Manuelas Vater, nur ihretwegen untersagt, Fremde hier zu beherbergen …“

„Ganz meine Meinung,“ nickte ich … Und das war auch so …

Dann setzten wir uns zu Tisch …

 

4. Kapitel.

Die Glocke über dem Bett.

Unsere erste Mahlzeit in der Blockhütte …

Eier, Dauerwurst, Brot und Butter … Es schmeckte …

Die Würze des Mahles war Haralds Nachtprogramm.

„Wir werden bis halb zwölf schlafen,“ schlug er vor. „Dann werden wir Schloß Darlington einen Besuch abstatten … Dem Gästehaus zunächst … Du erinnerst Dich, daß unser Learat erzählte, sein Oheim spreche stets mit sich selbst. Solche Leute reden auch laut im Schlafe. Wenn es uns gelingt, in sein Schlafzimmer einzudringen, können wir vielleicht mancherlei erfahren …“

„Hm – etwas gefährlich …!“

„Bitte – die drei Hunde sind ja nachts im Schlosse eingesperrt … Und – wir zwei und der alte Mann …?!“

„Allerdings …“ – Und doch war mir nicht ganz wohl bei dem Gedanken an diesen Ausflug … –

Wir säuberten nach Tisch das Geschirr und gingen zu Bett. Die Tür verriegelten wir … Die Fenster blieben offen – – des Ziegenbockduftes wegen. – Harst hatte den kleinen Wecker auf halb zwölf gestellt und neben dem Kopfende an die Wand gehängt.

Leider gingen wir zu Bett …

Es war dunkel in unserem Palais … Die Fenster schimmerten als helle Vierecke …

Zunächst waren die mit Moos gefüllten Ersatzmatratzen hart wie Bretter …

Und dann … begann eben das nächtliche Leben in der Hütte zu erwachen …

Flöhe marschierten zum Kampfe auf – ganze Regimenter …

Offenbar ausgehungert bis zum äußersten …

Ich kratzte mich, fluchte …

Harst kratzte sich, fluchte …

Die Flöhe nahmen diese Verwünschungen übel … Sie führten noch Reserven herbei …

Ich hörte Harald aufstehen …

„Unmöglich …!“ meinte er … Und warf den leichten Schlafanzug ab, stand in adonischer Schönheit da, nahm die Flasche Mundwasser und besprengte sich von oben bis unten …

Auch ich hüpfte aus dem Flohlager, machte Licht … Die Karbidlampe enthüllte das Schreckliche: es waren nicht nur Flöhe, nein, – auch jene unbeliebten grauen Tierchen hatten uns überfallen, die, wenn man sie zerdrückt, so unangenehm duften …

Wir suchten uns gegenseitig die Flöhe und Läuse ab … Veranstalteten förmliche Treibjagden …

So wurde es elf Uhr. Wir schworen uns zu, die Betten nicht mehr zu benutzen. Harst meinte, wir sollten uns in Braby Hängematten besorgen. Der Gedanke war gut. –

Inzwischen hatte sich der Himmel draußen leicht bewölkt. Wir machten uns zum Aufbruch fertig …

Und dann – kam eine neue Überraschung … Die erste war das Ungeziefer gewesen. Die zweite waren ebenfalls Tiere: draußen dicht vor der Hütte weideten jetzt die Schafe und Ziegen … Ein Feuer brannte … Zwei der alten Zigeunerweiber und Manuela hockten an diesem Feuer …

Harst und ich beschauten das Bild vom Fenster aus … Harald flüsterte: „Du – das ist Absicht …! Das ist … Bewachung!! Merkst Du: man traut uns nicht! Wir haben Manuela doch unterschätzt …! Oder – die Frau hat dies veranlaßt, die Frau, die hier bei den Zigeunern heimlich lebt …“

Ich gab ihm recht … Unsere Hütte war blockiert … Wir konnten nicht ungesehen hinaus …

Harst löschte die Karbidlampe …

„Dann muß es eben anders gehen,“ meinte er … „Dann brechen wir aus – nach hinten … Die Rückwand wird kaum schwer zu durchlöchern sein. Diese Torfziegel sind mürbe … – Hilf mir, wir rücken den Schrank beiseite … Hinter dem Schrank legen wir das Schlupfloch an. Zwischen Rückwand und Schluchtwand ist ein schmaler freier Raum …“

Wir arbeiteten im Dunkeln … Rückten den Schrank weg … Betasteten die Wand …

Harald schaltete dann die Taschenlampe ein, ließ nur einen dünnen Lichtstrahl durch die Finger gleiten … Denn – wir hatten inmitten der Torfziegel ein Brett gespürt – einen Kistendeckel, der in die Wand eingefügt zu sein schien.

Ein Blick genügte …

Es war ein großer Kistendeckel … Links war er durch Lederstücke, die hier die Türgelenke ersetzten, an einen Pfosten genagelt …

Es war eine Tür …

Die dritte Überraschung …

Der Zugang zu einem ausgedehnten Loch in der Schluchtwand, das fast den Namen Grotte verdiente …

Und dieser Schlupfwinkel war … möbliert …

Ein Bett stand mitten darin … Die vier Füße des Bettes standen in Blechnäpfen, die mit Petroleum gefüllt waren: gegen Flöhe und Läuse!!

Dann waren da noch ein Schränkchen, eine Kiste, ein Rohrstuhl, ein kleiner Tisch, eine Petroleumlampe …

„Hier schlief die Frau,“ sagte Harald …

Und ich: „Ja – hier schlief sie …!“ Und ich zog zwischen den sauberen Kissen des Bettes … ein Damennachthemd hervor …

„Donnerwetter …!!“ Harald beleuchtete es … „Donnerwetter – – Spitzen!! Das trägt keine einfache Frau …! Das ist eine Dame – – die „Frau“ … – Dame! – Und hier – – ein Stückchen Polierstein für Fingernägel!! – Schraut, Schraut, – „die Frau“ gibt uns mancherlei zu raten auf …!“

„Ja – und wir bleiben eingesperrt – leider!“ nickte ich …

Harald aber erwiderte: „Abwarten! Es sollte mich sehr wundern, wenn dieses Felsloch nicht noch mehr enthielte … Suchen wir mal genau, mein Alter …“

Nach zehn Minuten hatten wir Überraschung Nr. 4 erwischt: da war neben dem kleinen Ofen, der in der kalten Jahreszeit dieses Felsloch erwärmte, eine breite Spalte im Gestein, durch die das Ofenrohr irgendwohin nach außen führte. Und diese Spalte war durch vier genau passende Steinplatten verbaut. Nachdem wir die großen flachen Steine entfernt hatten, konnten wir in die vielleicht drei Viertel Meter breite Kluft hineinsteigen. Eine Holzleiter lehnte hier. Harst kletterte empor. Die Spalte reichte tatsächlich bis oben und mündete in den Büschen, in denen wir nachmittags gelegen hatten – mündete also im Freien und war dort nur mit einem Deckel aus Baumästen, durch die Moosstücke geflochten waren, verschlossen. –

Eine halbe Stunde später lagen wir im kleinen Park von Darlington hinter einer Hecke unweit des Gästehauses.

Ein hohler Wind fuhr durch die Kronen der uralten Parkbäume …

Rechts von uns schimmerten die Fenster über dem Altan an der Seitenfront des Schlosses – jene Fenster also, die damals erleuchtet gewesen, als unser Learat sein nächtliches Abenteuer durchlebte …

Und vor uns – vier Meter nur – das Gästehaus …

Ringsum alles still – dunkel …

Nur das feierliche Rauschen … Nur das matte Blinken der Fenster, wenn das ziehende Gewölk die Mondsichel freigab …

So lagen wir gut zehn Minuten … Dann kroch Harald zur Hintertür des Gästehauses …

Kam zurück …

„Der Schlüssel steckt von innen … Wir werden auf das Dach müssen … Vielleicht eine Dachluke …“

Wieder schlüpfte er davon … Brachte eine Leiter … Wir lehnten sie an die Seitenwand … Das Haus war zweistöckig, hatte zwei kleine Balkons … war ebenso alt wie das Schloß.

Die eine Balkontür gab uns den Weg ins Innere frei … –

Für uns beide ist das Umherschleichen in fremden dunklen Räumen kaum mehr Nervenkitzel …

Wir waren sehr bald im Erdgeschoß – sehr bald vor John Learats, des Kastellans, Schlafstubentür … John Learat schnarchte … So, wie alte Leute häufig schnarchen: durch drei Zimmer war’s zu hören!

Harst öffnet die Tür …

Lautlos … Sie ist unverriegelt … Auf einem Nachttischchen brennt in einem Glase ein Ölschwimmerchen … ein winziges Flämmchen … Beleuchtet den weißen Kopf des Alten in den bunten Kissen … Auf dem Nachttischchen liegt noch eine Pistole – Vorderlader, doppelläufig, klobig.

Und dann hängt da über dem Bett … eine Klingel … Eine gewöhnliche Schlittenglocke – an einem Draht …

Merkwürdig … diese Glocke …!

Learat schnarcht, pustet …

Dann wieder wirft er sich unruhig hin und her …

Wir stehen und schauen uns um … Unsere Augen gewöhnen sich an die Dunkelheit …

Unsere Augen verfolgen den Draht der Glocke … Der geht durch die Decke hindurch … durch ein fingerdickes Loch … – sehr merkwürdig …

Plötzlich schreit der Greis im Traume leise auf …

Fährt halb empor – sinkt wieder zurück …

Seine Finger bewegen sich, krallen sich in das Deckbett …

Die Lippen zucken …

Formen Worte … erst nur ein Murmeln …

Worte, die immer deutlicher werden …

Wie ein heißes Flehen klingt’s …

„Mylord … Familientruhe … nicht … nicht …“

Und – wieder ein röchelnder Schrei – – ein Aufstöhnen …

Mich überläuft es kalt …

Auch Harald raunt mir zu:

„Unheimlich …! Womit wohl mag das Gewissen dieses Greises belastet sein …?!“

John Learat beginnt abermals zu schnarchen … Die Träume haben sich zurückgezogen in das dunkle Reich der schlafenden Erinnerungen …

Harst flüstert:

„Kehren wir um … Familientruhe – die reizt mich … Und – – der Draht …!“

Wir schleichen hinaus …

In den ersten Stock … In das Zimmer, das über John Learats Schlafstube liegt …

Finden hier das Loch im Fußboden, den Draht … Der geht senkrecht nach oben – nochmals durch die Decke …

Harald nickt: „Mein Alter, das ist eine Alarmvorrichtung! Wir werden sie töten … Nimm mal die Taschenlampe …!“

Und er holt aus der Tasche Papier hervor, stopft es als Keil in das Loch des Fußbodens – sehr vorsichtig – preßt es so fest hinein, daß der Draht nur schwer sich bewegen kann …

Hält plötzlich inne …

Schüttelt den Kopf …

„Nein – das wäre eine Dummheit gewesen … Das machen wir anders … Wir hätten nur Learat darauf hingewiesen, daß Spione am Werk …“

Er nimmt sein Taschenmesser, hält den Draht fest und entfernt die Papierpfropfen wieder …

Steckt sie in die Tasche …

Hält noch den Draht, als … der Draht zu zucken beginnt …

Hält ihn mit aller Kraft der Fingerspitzen …

Immer wieder ruckt es an der Leitung … Aber Harald siegt … Die Glocke schlägt nicht an …

Dann rührt der Draht sich nicht mehr …

„Ins Schloß!“ meint Harst mit erregter Stimme. „Die Frau ist im Schloß …! Vorwärts …!“

Wir hinaus – Leiter hinab – mit der Leiter zum Altan …

Stutzen …

Die Fenster sind oben hell – über dem Altan – fünf Fenster …

Die Hunde toben – bellen, heulen … Ein Höllenlärm …

 

5. Kapitel.

Der Schornstein …

Im Schatten der rauschenden, knarrenden Eichen warten wir … Köpfe zurückgebogen … Augen starr auf die hellen Fenster – die fünf Fenster mit den geschlossenen Vorhängen. Aber kein Schatten zeigt sich dort … Nichts …

Die Rüden sind wie toll vor Wut … Ihr Heulen wird zu förmlichem Kreischen … Es ist, als ob sie durch die erleuchteten Räume rasen und etwas suchen, das sie nicht finden können – einen Feind, den sie grimmig hassen …

So geht der Lärm mindestens fünf Minuten lang fort – ohne Unterbrechung fast …

Und wir – wir stehen noch immer am selben Platz … Harald hat nur geflüstert: „Wir warten ab … Wenn das Licht oben erlischt, dann …“

Das Licht …

Was für ein Licht?! – Ist’s Laternenschein? – Wohl kaum! Dafür sieht’s zu hell aus … Es müßten auch mehrere Laternen sein …

Ich frage nichts … Das wilde, geifernde Toben der Hunde nimmt eher noch zu …

Wir horchen … horchen … hoffen, daß der Schatten der Frau mit dem Federhut sich zeigen wird …

Hoffen umsonst …

Urplötzlich wieder da die fünf Fenster dunkel …

Harst raunt mir zu …

„Jetzt Achtung …! Ich übernehme diese Seite des Schlosses und die Vorderfront, Du die andere Seite und die Rückfront … Stelle Dich an der Westecke auf … Der Efeu ist dicht … Drücke Dich hinein … Siehst Du etwas, so ahme das Krächzen einer Krähe nach …“

Ich eile davon … Wir haben insofern Glück, als rund um die Mondsichel das Firmament wolkenfrei ist … Mildes Dämmerlicht gestattet immerhin auf zwanzig Meter genaues Erkennen der Umgebung …

An meiner Ecke finde ich ein verwahrlostes Rosenbeet … Dort krieche ich hinein … Das Versteck ist günstig …

Ich knie … Jeden Moment zum Aufspringen bereit … Meine Augen gleiten hierhin – dorthin …

Die Hunde sind verstummt …

Die Minuten schleichen …

Nichts geschieht … Nichts erscheint … Keine Menschenseele … Nur eine Katze schleicht über den verwahrlosten Weg und verschwindet in einem vergitterten, zertrümmerten Kellerfenster …

Minuten reihen sich zu einer Viertelstunde aneinander.

Ich sehe auf das Zifferblatt meiner Uhr … Es schimmert grünlich-gelb wie das Auge eines Raubtiers …

Ich fiebere vor Ungeduld …

Es war doch jemand in dem verbotenen Schlosse … Es muß doch jemand das Schloß verlassen …

Jemand – die Frau mit dem Federhut, – – wer sonst?!

Dann – – eine Krähe krächzt …

Eine Krähe – wie Krähen schlaftrunken krächzen, die in Baumwipfeln übernachten …

Harsts Signal …

Und ich tief geduckt vorwärts – der Allee zu …

An einer der Eichen ein Schatten …

Harald winkt …

„Dort – – ein Mann …! Er kam aus dem Kellerfenster … – Ihm nach …!“

Ich sehe den dunklen gleitenden Schatten weit voraus.

Von Baum zu Baum springen wir … Nähern uns dem eilig Davonschreitenden …

Das Parktor … Verrostetes Eisen … uralt … Mauerpfeiler, mit grünem Moos überzogen …

Der Mann öffnet die schmale Seitenpforte, schließt hinter sich ab … Draußen senkt sich der Weg den Bergrücken abwärts ins Hochmoor …

Unser Patentdietrich schafft uns schnellen Durchgang … Der Mann hat kaum sechzig Meter Vorsprung …

Zu beiden Seiten des Weges Buschwerk, Steinblöcke.

Wir rücken auf …

Noch dreißig Meter … Mit einem Male verschwindet der Mann …

Sportanzug trägt er – flache Mütze mit Ohrenklappen.

Erscheint sofort wieder, hat ein Motorrad aus dem Gebüsch gezogen …

Der Motor knattert … Der schlanke Mann jagt davon – links gen Braby … bald nur noch ein verschwommener Punkt … bald eintauchend in das Halbdunkel der Sternennacht … –

Wir stehen und sind beide bitter enttäuscht …

„Wer war das nun wieder?!“ meint Harald und gähnt herzhaft …

„Hm – sehr schlank … Es kann die Frau gewesen sein …“

Meine Weisheit findet bei Harald nur den Widerhall eines kurzen Auflachens …

Das reizt mich …

„Weshalb nicht die Frau?! Weshalb nicht?!“

„Lieber Alter, ich habe ja sein Gesicht gesehen … Ein junges Bürschchen war’s … aber ein Mann …“

„Das hättest Du gleich sagen können …“

„Wann?!“

Und er zieht mich zu der Pforte zurück – den Weg wieder hinan …

„Du wirst sofort besserer Laune werden, Alterchen … Der Jüngling hat uns gezeigt, wie man in das Schloß hineingelangt … Seien wir ihm dankbar …“

Besserer Laune?! Und – – die drei Hunde?! Wenn ich an den Höllenlärm der Bestien denke, wird mir schwach.

Ich halte mich für verpflichtet, Harst zu warnen …

Er meint achselzuckend: „Wir werden uns doch nicht vor Hunden fürchten, mein Alter? Ich gebe Dir die Versicherung, daß wir die Tiere gar nicht zu Gesicht bekommen …“

Wir sind wieder im Park. Die Mondsichel verkriecht sich … Harald eilt voran … Die letzte Strecke geht’s auf allen Vieren …

Harst hebt das Gitter des einen Kellerfensters aus. Die Eisenstäbe sind mit einer Stahlsäge zerschnitten, die Schnittflächen ganz frisch.

Harald schiebt sich hinein … Die Mauer aus Feldsteinen ist meterdick … Ich folge … Eisige Luft schlägt mir entgegen … Ich lasse mich herabfallen. Harsts Taschenlampe leuchtet mir …

Ein großer gewölbter Keller ist’s. Regale an den Wänden … Verstaubte Flaschen … Drei Fässer auf hohen Böcken …

Die Tür aus Eichenholz hat ein uraltes Schloß. Der Schloßriegel liegt vor. Der Dietrich hilft …

Die Tür quietscht leise in den rostigen Angeln … – Dann ein Kellergang – breit, Fliesenboden, gewölbte Decke, endlos lang, ein Dutzend Türen …

Wir verharren lautlos, hören … Wagen uns weiter … finden die Treppe, gelangen in eine kleine, mit dunklen Schränken bestellte Halle …

Lauschen wieder …

Die Stille ringsum legt sich wie Zentnergewichte auf die Brust … Harst hat die Taschenlampe ausgeschaltet. Hohe bunte Bogenfenster schimmern matt durch die Finsternis …

Die Phantasie täuscht mir glühende Augenpaare vor.

Ich begreife nicht recht, wie Harald den Hunden ausweichen will … Die Tiere treiben sich doch fraglos frei in allen Stockwerken, allen Räumen umher …

Dann knipst er die Lampe an … Der Lichtkegel kreist umher … Da ist drüben eine andere Treppe – dunkler Granit, altertümliches Eisengeländer … Da ist rechts davon ein Bogengang, mit verschlissenen Läufern belegt …

Harald beleuchtet jetzt die Steinfliesen – den fingerdicken Staub von Jahrzehnten …

Man erkennt Spuren von großen Männerstiefeln … Keine Fährten von Hunden …

Harst geht auf den Bogengang zu … Dann eine zweite Halle – der Haupteingang …

Auch hier keine Hundefährten …

Hier eine reichgeschnitzte, breite Eichentreppe … Alte Plüschläufer … Staub … Staub … Stiefelspuren …

Harald winkt … Stufe um Stufe gehen wir aufwärts.

Oben links und rechts Glastüren …

Die Treppe windet sich höher … Wird kleiner … Bis wir den Boden erreichen, bis das Dachgebälk uns umstarrt … Riesige Spinngewebe hängen zwischen den Balken wie Schleier … Kammern sind abgeteilt … alle leer, offen …

Wir wandern durch diese niedere Halle, suchen nach der einen Tür, die verschlossen sein muß …

Finden nichts …

Mächtige Schornsteine stehen da wie Mauerblöcke … Jeder mit einer eisernen Reinigungstür …

Acht sind’s im ganzen …

Harst hat ein merkwürdiges Interesse für diese Schornsteine … Befühlt die Mauern, beleuchtet sie …

Und bei dem einen sagt er: „Bitte – der ist’s …!“

Ich sehe: dieses Mauerwerk ist jüngeren Datums, ist künstlich patiniert, alt gemacht … Die Reinigungstür ist auffallend groß – genau wie der Schornstein unwahrscheinliche Abmessungen hat …

Und ausgerechnet diese eiserne Tür ist verschlossen … Ein Vorhängeschloß – ganz modern …

„Das kostet ein paar Minuten Arbeit …,“ meint Harald leise …

Dann ist die eiserne Tür offen … Und dahinter sehen wir Teile einer zweiten, mit Eisenblech benagelten … Auch ein Vorhängeschloß …

Jetzt weiß ich: man hat hier die eine Bodenkammer, gerade die eine, in eine Schornsteinattrappe verwandelt, hat die Kammer ummauert, in der die Truhe steht – die Familientruhe der Darlingtons …

Die Holztür muß dem Dietrich weichen …

Wir treten ein …

Durch das Bodenfenster, das staubfrei und blank, grinst der Mond …

Und unter dem Fenster im Bereich der Lichtbahn des Nachtgestirns eine hohe Truhe, zwei Meter lang, eine überaus kostbare Truhe …

Eichenholz … Wundervolle Schnitzereien … kunstvolle Beschläge aus Kupfer …

Unsere Taschenlampen bringen all die Schönheiten zur Geltung … Dann packt Harald den Deckel … Hebt ihn langsam empor …

Auf Brokatkissen und Decken ein Skelett … Daneben noch die Reste von vermoderter Kleidung …

Harst beugt sich tiefer …

Deutet auf ein Loch im Totenschädel – fast genau in der Mitte der Stirn …

„Kugelschuß …!“ meint er ganz leise …

Eine Antwort kommt …

Aus einem Riesenschranke …

Eine Stimme gellt:

„Verdammte Spione …!! Ich werde …“

Da hat Harald mich schon niedergerissen …

Unsere Taschenlampen erlöschen …

Zwei Schüsse – – wie Kanonendonner …

Blei pfeift über uns hinweg …

Dann ein Schrei …

Das weiße Greisenhaupt prallt unter Haralds Griff gegen die Schranktür …

Auch ich springe zu …

Riesenkräfte hat John Learat … Schlägt mit dem Pistolenkolben zu … Funken sprühen mir vor den Augen … Ich taumele zurück – falle halb in die Familientruhe – auf das Skelett …

 

 

Die Frau und der Motorradler.

 

1. Kapitel.

Was Learat wußte …

John Learat hat uns besiegt … Siebzig Jahre gegen zweimal fünfunddreißig … Und doch verloren wir die Partie … Der silberbeschlagene Kolben der alten Reiterpistole hatte unsere Hirnschalen böse zugerichtet … –

Als wir wieder zu uns kommen, sitzen wir jeder in einem bescheiden und altertümlich eingerichteten Zimmer.

Sitzen wehrlos – so eng an die Sessel gefesselt, daß wir kein Glied rühren können …

Eine Petroleumhängelampe brennt schräg über uns … Und im Zimmer wandert der Schloßkastellan in einer grünen Joppe langsam auf und ab …

Auf dem Tische vor dem Rokokosofa stehen zwei Schüsseln mit Wasser, liegt Verbandzeug …

Es riecht nach Karbol …

John Learat hat uns verbunden.

Ich blinzele mit schmerzenden Augen in das Lampenlicht.

Learat sieht es, macht halt, schaut uns an …

Seine hagere sehnige Gestalt erinnert an einen Weidmann … Das Gesicht an das eines stillen Gelehrten, dem nichts Menschliches fremd, der alle Abgründe der Menschenseele durchforscht hat …

Unter buschigen weißen Brauen ein Paar traurige ernste Augen … Diese Augen gleiten hin und her, prüfen unsere Gesichtszüge …

Dann sagt er: „Was soll nun werden, meine Herren?!“

Merkwürdig genug, diese Einleitung …

Learat seufzt …

„Ich kann Sie nicht freilassen … Ich darf es nicht … Sie müssen noch drei Monate hier unter meiner Obhut als Gefangene bleiben …“

Und seufzt wieder …

„Dann … von werde ich Sie beide freigeben, meine Herren, falls Sie mir ehrenwörtlich versprechen, über diese Nacht und alles übrige zu schweigen … – Ich weiß, wer Sie sind … Ich habe Ihre Brieftaschen durchgesehen, Ihre Ausweise gefunden … – Harst und Schraut … Gerade Sie beide …!“

Er steht da, die Fäuste in den Joppentaschen, vornübergebeugt …

Pause …

Harald sagt:

„Glauben Sie denn, daß wir die einzigen sind, die das Skelett gesehen haben, John Learat?! – Wir sind nicht die einzigen …! Die Frau im Federhut hat …“

Da schnellen die Fäuste des Greises aus den Taschen … werden drohend in der Luft geschüttelt … Sein Gesicht verändert sich … All das Schwermütige, Grüblerische verschwindet aus den zerfurchten Zügen …

„Nur einer ist’s, der etwas verraten haben kann,“ grollt er mit verbissener Wut. „Oh – ich lese Zeitungen, Herr Harst … Mein Neffe war mit Ihnen auf den Fär-Öer-Inseln …!!“

Harald erwidert kühl: „Ihr Neffe hat uns das Versprechen abgenommen, daß wir schweigen sollen, was wir hier auch finden …“

Und Harsts graue Augen bezwingen des Greises blindes Aufbrausen …

John Learats Arme sinken … Etwas Hilfloses liegt in seinen Zügen, seiner ganzen Haltung …

Sein greiser Kopf fällt auf die Brust …

„Es kommt ja doch alles an den Tag – ich wußte es … längst …!“ – Das Murmeln der welken Lippen klingt wie Selbstanklagen …

Harsts ruhige Stimme führt den Gedankengang des Alten fort …

„Die Rache ist mein – spricht der Herr! – Sie haben recht, John Learat: auch dieser Mord wird seine Sühne finden. – Wer ist der Tote, von dem nur noch die Gebeine übrig sind?“

Der Kastellan von Schloß Darlington steht noch immer in derselben Haltung da …

Seine Hände öffnen und schließen sich … In dem Antlitz arbeitet es, als ob er mit sich kämpft, als ob er die Wahrheit uns anvertrauen wollte …

Und doch – nur ein Seufzer wird’s, ein energisches Kopfschütteln …

Sein Entschluß ist gefaßt …

„Sie bleiben hier als meine Gefangenen …,“ sagt er rauh … „Ich habe geschworen … Meinen Eid halte ich …! Von Ihnen, meine Herren, hängt es einzig und allein ab, ob Sie wie … Zuchthäusler im Turme des Schlosses hausen wollen oder ob Ihre Haft gewisse Erleichterungen finden wird …“

Harst da – mild und überredend:

„Überlegen Sie sich’s, John Learat … überlegen Sie sich’s recht genau … Ich werde Ihnen nie versprechen, daß wir auf jeden Fluchtversuch verzichten wollen … nie …! Und deshalb sind Sie unser … Feind …!“

Der Kastellan lächelt müde …

„Feind – Feind?! Ich bin keines Menschen Feind … Nur … nur …“

„… der Feind der Frau mit dem Federhut …,“ ergänzt Harald. „Diese Frau fürchten Sie … Dieser Frau stellen Sie nach … Dieser Frau wegen haben Sie die Klingelleitung nach dem Schloß gelegt …“

Learat stützt sich schwer auf den Tisch … In seinen Augen lauert die Angst … Er starrt Harald an …

„Sie … Sie waren also auch hier im Gästehaus …?!“ sagt er mit schwerer Zunge … „Sie scheinen … noch mehr zu wissen … Oh – – mein Gott …!!“ Ein verzweifelter Schrei ist’s … „Was … was soll ich tun …?! Fünfzig Jahre diene ich den Darlingtons … Und jetzt … jetzt soll ich …“

Schwieg … merkte wohl, daß er nahe daran gewesen, zu viel zu verraten …

Ich beobachtete ihn unausgesetzt …

Daß dieser Greis niemals selbst eine Blutschuld sich aufgeladen, war mir gewiß …

Darlington – Lord Percy Darlington mußte der Täter sein … Nur er!

Aber – wer war das Opfer, das man dort in der Familientruhe so feierlich gebettet hatte …?! –

Wieder eine Weile Schweigen … Jenes Schweigen, das sich um das Herz wie Eisenklammern legt und es langsam zusammenpreßt, als ob einem der Atem vergehen sollte …

Dann Harald – jetzt drohend und brutal:

„John Learat, geben Sie uns frei! Wir, Schraut und ich, sind außer Ihrem Neffen nicht die einzigen, die um das Geheimnis dieses alten Schlosses wissen …! Ich lüge nie …! Jemand weiß davon, der uns vermissen wird … Geben Sie uns frei, und ich verspreche Ihnen, daß der Mörder niemals den Gerichten überliefert werden wird!“

Der greise Kastellan rang abermals mit sich …

Dann … „Ich … ich … will’s tun, Herr Harst … Unter einer Bedingung …“

„Und die wäre?“

„Die Frau will ich … verscheuchen – – die Frau …!! Falls – falls sie eben ein Wesen von Fleisch und Blut.“

„Verscheuchen?! – Dann müßten Sie uns erst einmal …“

„Nein, nein, – – die Wahrheit hören Sie nie von mir …! Meinen Eid halte ich …! Nur – nur von dem Weibe will ich Ihnen erzählen, was ich … zu erzählen habe … Viel ist es nicht …“

„Gut denn …! – John Learat, wir werden Sie von dieser Frau befreien … Und deshalb nehmen Sie uns die Fesseln ab …!“

Der Alte tat’s …

Noch immer zaudernd …

Entschuldigte sich ungeschickt … Wir sollten ihm die beiden Schüsse in der Bodenkammer nicht weiter nachtragen … Er sei trotz seiner robusten Nerven in Momenten der Erregung nicht ganz Herr seiner selbst …

Wir fühlten: John Learat war ein guter Mensch. Er wollte jedem gerecht werden: seinem Herrn, zu dem er mit der Treue eines alten bewährten Dieners hing, und auch uns, denen er sich von einer so brutalen Seite gezeigt hatte, wie dies seiner Charakterveranlagung so gar nicht entsprach. – Daher auch die Unsicherheit in seinem Benehmen, daher auch jetzt seine Eilfertigkeit, mit der er Erfrischungen herbeibrachte und immer wieder betonte, wir sollten ihm den Angriff auf uns verzeihen …

Wir saßen jetzt in denselben Sesseln, tranken Tee, aßen ein köstliches derbes Landbrot mit goldgelber Butter und vergaßen darüber die Schmerzen und das Stechen und Brennen in den Augen …

Der greise Kastellan erzählte …

Nur von der Frau mit dem Federhut … Alles übrige blieb unberührt …

„Fünf Jahre sind es her …,“ begann er mit müder Stimme … „Da hörte ich in einer stürmischen Novembernacht die Hunde im Schlosse zum ersten Male lärmen und toben … Es waren nicht dieselben Hunde wie heute, waren auch nur … Ich schaffte später andere Tiere an … Die beiden von damals waren mir nicht scharf genug … – In jener Nacht sah ich den Schatten der Frau zum ersten Male auf den Fenstervorhängen des grünen Salons … Dieser Raum über dem Altan hat drei Fenster. Daneben liegt das Arbeitszimmer Lord …“

Er stockte … hüstelte – verbesserte sich: „Daneben legt ein zweifenstriges Zimmer … Auch das war erleuchtet. – Ich betrat das Schloß durch den Seiteneingang … Und – – fand nichts – nichts … Nur die beiden Hunde … mit … blutenden Mäulern … Noch tagelang waren den Tieren die Gaumen und Zungen derart verschwollen, daß sie nicht fressen konnten. – Wie gesagt, Herr Harst: ich fand nichts …! Ich durchsuchte das Schloß … Alle Räume waren dunkel …“

Er machte eine halb verzweifelte Handbewegung …

„So … so fing es an, Herr Harst … So blieb es … Die Frau habe ich nie zu Gesicht bekommen … nie … Sie war stets in den beiden Zimmern … Sie erschien jede Woche einmal … Zuweilen vergingen auch vierzehn Tage … Ich habe mich im Schloß auf die Lauer gelegt – nächtelang … Dann geschah nichts … Und so stiegen denn in mir langsam allerlei Zweifel auf, ob es sich auch wirklich um ein Wesen von Fleisch und Blut handelte … Wir Schotten neigen zum Aberglauben. Die einsame Moorlandschaft ringsum verdüstert die Seelen. Die Menschen, die hier ihre Heimat haben, sind meist still und nachdenklich … – Sehen Sie, Herr Harst, das ist nun alles, was ich Ihnen über die Frau zu berichten weiß. Ich lüge nicht: ich habe keine Ahnung, wer diese Frau sein kann und was sie im Schlosse sucht … was sie nächtlicherweile dorthin treibt, – – falls es eben … ein Mensch ist …“

„Es gibt keine Gespenster, lieber Learat,“ meinte Harald freundlich. „Haben Sie denn nie in der Umgegend nachgeforscht, ob nicht irgendwo eine Fremde wohnt, die mit dieser Frau identisch sein könnte?“

„Gewiß habe ich nachgeforscht – überall … Es war vergebliche Mühe …“

„Wie haben Sie denn die Alarmleitung, die Klingelleitung, eingerichtet?“ fragte Harald nach einer längeren Pause.

„Sehr einfach, Herr Harst … Ich habe einen der Parkettstäbe vor der Tür des grünen Salons gelockert, so daß er wippt, wenn jemand vom Flur den Salon betritt. Der Draht geht bis zu diesem Parkettstab. Damit die Glocke kräftiger anschlägt, habe ich noch ein Eisengewicht angebracht, das von einem Hebel herabgleitet … Sie können sich den Mechanismus ansehen, wenn Sie wollen …“

Harald nahm eine seiner Zigaretten … Aber er rauchte nur zwei Züge und legte sie wieder weg … Er sah angegriffen und blaß aus … auch in meinem Schädel rumorten die Schmerzen …

Dann schaute er den greisen Kastellan sinnend an …

„Und sonst ist nie jemand in das Schloß eingestiegen, Learat?“ meinte er bedächtig …

„Nie, Herr Harst … Das heißt: Kleinigkeiten sind einmal gestohlen worden – nicht der Rede wert …“

„Ein Afghan-Teppich …“

Seltsam: der Alte zuckte zusammen …

„Afghan-Teppich?! – Wie kommen Sie gerade … gerade darauf, Herr Harst …?!“

„Oh – ich … dachte es mir … Der Teppich hat am Rande einen schwärzlichen Fleck … Ich glaube, es ist eingetrocknetes Blut …“

Learat senkte die Lider über die erschrockenen Augen …

Sein Gesicht war blaß geworden …

Aber – er schwieg beharrlich …

„Der Teppich,“ meinte Harald wieder, „– dieser Teppich dürfte wohl mit dem Skelett in Zusammenhang stehen … Der Teppich war ebenfalls in der Bodenkammer verwahrt worden …“

Learat leckte die Lippen … Hilflos blickte er an Harald vorüber …

„Sie … Sie haben den Teppich gesehen, Herr Harst?“ flüsterte er scheu …

„Vielleicht … Sie sagen uns ja auch nicht alles … Jedenfalls ist der Teppich gestohlen worden … Die Diebe fühlen sich sehr sicher und benutzen ihn … Über die Bedeutung des schwarzen Fleckes wissen sie nichts … Selbst mein Freund Schraut hat den Fleck nicht beachtet …“

Das stimmte … leider …!

Der Kastellan trocknete seine Schweißperlen von der Stirn …

Harst fügte hinzu:

„In dieser Nacht, Learat, war die Frau nicht im Schlosse … Ein anderer war dort … Ein Motorradler, ein junger Mensch …“

Learat beugte sich vor …

„Ein … junger … Mensch …?! … Oh – das … das …“

Die Stimme versagte ihm plötzlich …

Ich war überzeugt: er wußte, wer der Motorradler gewesen!

Aber – nichts war aus ihm herauszuholen – nichts … Harald versuchte alles mögliche … vergebens! –

Um fünf Uhr morgens verabschiedeten wir uns von Learat und wanderten zum Schein den Weg nach Braby entlang …

Es war bereits heller Tag.

 

2. Kapitel.

Der Sohn Lord Percys.

Auf Umwegen gelangten wir dann in die Nähe der Zigeunerschlucht zurück, mußten weite Strecken kriechen und erreichten auch wirklich unbemerkt die dichten Büsche am Rande der Schlucht, stiegen in das Felsloch hinab und waren gegen halb sieben in unsere Hütte … mehr tot als lebendig …

Harald stellte dann aus Bettlaken und Stricken rasch zwei Hängematten her. In diesen waren wir vor dem kleinen Blutsaugergesindel sicher, schliefen bis ein Uhr mittags, erneuerten die kleinen Verbände unserer geehrten Schädel und winkten dann Manuela herbei, die sich bereits draußen vor der Hütte umhertrieb, heute in schlichterem Gewande, heute nicht mehr Zigeunerprinzeßchen in Brokat …

„Morgen, liebe Manuelita …,“ begrüßte Harald sie harmlos-vergnügt … „Wir haben sehr lange geschlafen, nicht wahr …? – Wie steht’s mit Hühnereiern … Wir haben Hunger …“

Ich rasierte mich im Hintergrunde unseres Salons …

Manuela hatte sich von draußen in das offene Fenster gelehnt …

Naturkind – –: ihre Augen verrieten Mißtrauen und Neugier …!

„Oh – Sie haben ja ein Pflaster auf dem Kopf, Herr,“ meinte sie zu Harald …

„Ja, mein Freund und ich sind in der Nacht über den einen Schemel gestolpert und haben uns die Köpfe verletzt … Nicht weiter schlimm … – Holen Sie uns jetzt ein Dutzend Eier, Manuela …“

Sie hatte es jedoch gar nicht eilig … Im Gegenteil …

Sie blieb am Fenster … Ihre Blicke hingen wiederholt an dem Schranke, der den verstellten Zugang zu dem Quartier der „Frau“ verbarg …

Naives Kind …!! – Wir merkten genau: sie traute uns nicht, sie glaubte nicht an den langen Schlaf … Vielleicht hatte sie in unsere Hütte hineingespäht, als wir noch nicht daheim waren … – Aber wir hatten die Fenster geschlossen, bevor wir aufgebrochen waren … Sie konnte kaum gesehen haben, daß die Betten leer waren …

„So gehen Sie doch, Manuela!“ sagte Harald wieder.

Und da stieß sie hervor:

„Hier – hier haben Sie ihr Geld zurück, Herr … Sie dürfen nicht länger bei uns wohnen … Wir … wir … haben Nachricht erhalten, daß die Männer abends zurückkehren, auch mein Vater … bestimmt zurückkehren … Er würde mich schlagen, wenn er Sie beide hier vorfände … Herr … Sie müssen fort – gleich, gleich …! Da – nehmen Sie Ihr Geld … Auch die Großmutter läßt Sie bitten, uns nicht Ungelegenheiten zu bereiten, Herr … Sie können anderswo im Moor wohnen … Es gibt dort drüben eine zweite Schlucht … Dort steht eine verlassene Hütte aus Steinen, die zum Schlosse gehört … Ein Schäfer hat dort einst gehaust … Die Hütte ist besser als diese hier … Nur die Fenster fehlen und … und die Tür … Das Dach ist schadhaft – nicht sehr … Ich werde Sie hinführen. Es sind nur zwanzig Minuten Wegs, Herr … – Bitte – – packen Sie Ihre Sachen … Die Großmutter und ich haben so große Angst …“

Harald lachte … „Nun – unseretwegen sollt Ihr Euch nicht Sorgen machen … Das Geld behalte nur, Manuelita … Hole die Eier – recht viel … dann gehen wir …“

Manuela war selig … Sie sprang davon, war gelenkig wie eine Wildkatze …

Harst wandte sich mir zu …

„Die Frau!!“ sagte er mit Betonung … „Die Frau steckt dahinter …! Schadet nichts! Wir werden sehr bald alles geklärt haben … Hier sind wir von Spionen umgeben … In der Schäferhütte sind wir freier …“

Er begann zu packen …

Manuela kam mit einem Weidenkörbchen: dreißig Eier, ein frisch geschlachtetes Huhn, eine Hammelkeule und Ziegenkäse – ihr Abschiedsgeschenk …!

Sie begleitete uns nicht. Harst meinte, sie solle uns nur die Richtung zeigen …

So wanderten wir denn in der Mittagshitze über das stille endlose Hochmoor. Natürlich hatte die süße Manuelita geschwindelt: eine halbe Stunde war’s bis zu jener kleinen Schlucht, in der eine erbärmliche Steinbude einsam zwischen Sträuchern von vergangenen besseren Zeiten träumte …

Die Schlucht war schmal und tief, kaum siebzig Meter lang, nur von Süden her zu betreten …

Und – wir beide stutzten dann gleichzeitig …

Sahen gleichzeitig im Heidekraut und mageren Gras eine Radspur – einen Strich – zum Teil Doppelstrich: hier war ein Motorrad in die Schlucht hinabgeführt worden! Die Spur war neu …

„Der Motorradler!“ meinte Harald … „Die Hütte ist bewohnt … Der junge Mensch hat sie mit Beschlag belegt.“

Wir näherten uns behutsam …

Es war so: durch die Türöffnung blickten wir hinein.

Auf einem Mooslager schlief da ein blonder frischer Jüngling … Neben ihm an der Wand lehnte das tadellose Motorrad!

Aber – noch etwas Lebendes enthielt die Hütte, etwas, das feinere Sinne als der Schläfer besaß, ein hochbeiniger Foxterrier!

Der kleine kräftige Köter fuhr hoch – kläffte … war mit einer Lederleine angebunden, sonst hätte er uns wohl attackiert …

Der Schläfer setzte sich mit einem Ruck aufrecht …

Und jetzt erlebte ich wieder einmal eine jener Überraschungen, die Harald so sehr liebt …

Er grüßte – sagte zu dem blonden Radler:

„Sir Edward Darlington, wenn ich mich nicht sehr irre …“

Das frische Gesicht drüben nahm einen Ausdruck an, der die Mitte zwischen Schreck und Verwirrung hielt …

Und ich?! – Mein rundliches Antlitz kann damals kaum geistsprühend gewesen sein. Ich wette sogar: es war reichlich blöde!

Sir Edward Darlington …! Also das einzige Kind Lord Percys, des Schloßherrn …!

Dieser Sir Edward hatte sich nun langsam erhoben, verneigte sich … Die gesellschaftliche Sicherheit des einzigen Erben des alten Namens gewann die Oberhand über Schreck und Verwirrung …

„Edward Darlington …,“ sagte er höflich … Ein etwas erzwungenes Lächeln erschien um den hübschen Mund … „Ich habe vor vierzehn Tagen die Schule mit dem Reifezeugnis verlassen,“ erklärte er … „Meine Eltern erlaubten mir, bevor ich die Universität beziehe, eine größere Radtour … Ich liebe die Romantik … Deshalb habe ich hier übernachtet, obwohl ich es drüben im Schlosse Darlington bequemer gehabt hätte …“

Der Foxterrier hatte sich jetzt beruhigt …

Harald nannte nun auch unsere Namen – das heißt: unsere jetzigen Namen: Kunstmaler van Haalden und Schraaken aus Amsterdam, – berichtete in humorvoller Weise über unser Nachtquartier im Zigeunerdorf und über Manuelas Vorschlag, wir möchten diese alte Schäferhütte mit Beschlag belegen …

So kam denn eine zwanglose Unterhaltung in Fluß, im Verlauf derer Sir Edward wiederholt einflocht, daß er noch ein paar Tage diese Romantik weiter durchkosten wolle … Wir drei würden uns hier in der Hütte schon vertragen … Hoffentlich würde es uns nicht stören, daß er nachts ebenfalls Ausflüge mit seinem Rade unternähme. Vorläufig gedenke er jedenfalls dem Schloßkastellan Learat seine Anwesenheit zu verheimlichen, da dieser es sonst kaum dulden würde, daß er in so bescheidener Weise nächtige … –

Es war klar: Edward Darlington konnte nur aus demselben Grunde hierher gekommen sein wie wir …: eines Geheimnisses wegen, von dem er vielleicht weniger wußte als wir, die er tatsächlich für holländische Künstler hielt.

Alles in allem war Sir Edward ein munterer, liebenswürdiger junger Mensch, bei dem nur eins immer stärker hervortrat: eine gewisse Schwermut, ein für seine Jahre allzu nachdenklicher Ernst, gepaart mit einer geistigen Reife, wie sie Kindern zumeist eigen, die in einer traurigen Umgebung aufwachsen. –

Nachdem wir drei uns dergestalt so etwas angefreundet hatten, machten wir uns auch gemeinsam an die Arbeit, unsere Hütte ein wenig auszubessern und zu säubern.

Sir Edward belegte das schadhafte Dach mit Zweigen und großen Moosstückchen, Harald bemühte sich um den verfallenen Herd und ich flocht aus dünnen Ästen eine Tür, die wir dann mit Riemen an dem Türpfosten befestigten.

Gegen sechs Uhr war dann auch unsere Abendmahlzeit fertig. Sir Edward führte wie wir einen vollgepackten Rucksack mit sich, hatte wie wir Aluminiumgeschirr und Konserven zur Verfügung und war in vielem besser ausgerüstet.

Wir aßen vor der Hütte auf einem Tisch, dessen Platte aus einem unserer Zeichenbretter bestand. Der junge Lordssohn wich jedoch bei unseren Gesprächen ängstlich dem Thema Schloß Darlington immer wieder aus. Als Harald erzählte, wir hatten in Braby erfahren, daß eine Besichtigung des alten historischen Bauwerks verboten sei, meinte Sir Edward nur ablenkend:

„Ja, mein Vater besitzt einige Eigentümlichkeiten …“ – Dabei wurden seine klaren Augen aber so traurig und verzagt, daß es mir geradezu ins Herz schnitt. Ich konnte nicht länger zweifeln: Edward ahnte etwas von dem Morde, von der Familientruhe und ihrem unheimlichen Inhalt!

Wieder vergingen so zwei Stunden.

Die Sonne sank … Ein kühler Luftzug strich die kleine Schlucht entlang …

Harald gähnte … gähnte immer wieder … Warf mir einen Blick zu … Ich gähnte ebenfalls … Ich verstand ihn: Sir Edward sollte in Sicherheit gewiegt werden … Wir wollten uns frühzeitig niederlegen, damit unser junger Gefährte freie Hand für seine Unternehmungen hätte.

Gegen ein Viertel zehn, als bereits leichte Nebel über dem Hochmoor lagerten, erklärte Edward, er wolle sich jetzt noch etwas Bewegung machen – ein Stück wandern – zu Fuß … sein Rad und seinen Hund, den er über alles liebe, wüßte er nun ja in bester Obhut.

„Und wir gehen schlafen …,“ meinte Harald und warf den Zigarettenrest zwischen die Steine. „Morgen in aller Frühe beginnen wir zu malen – Aquarellskizzen … – Gute Nacht also, Sir Edward …“

Und er gab dem schlanken Jüngling die Hand …

Edward Darlington verließ die Schlucht …

Drei Minuten später lagen wir oben am Rande der Schlucht mit unseren Ferngläsern und beobachteten den Davonschreitenden …

 

3. Kapitel.

Edward und die Zigeunerin.

Wir hatten die neue Hüttentür durch zwei Aststützen von außen verschlossen. Der Terrier genügte als Wächter unserer Habe.

Wir ließen Sir Edward einen großen Vorsprung. Er hatte die Richtung nach dem Zigeunerdorf eingeschlagen. Der leichte Nebel begünstigte unser Vorhaben.

Als er dann in einer Mulde des Hochmoors, in der drei einzelne mächtige Birken wuchsen, halt gemacht und sich in der Nähe der weißen Stämme niedergesetzt hatte, waren wir keine zwanzig Meter entfernt im hohen Heidekraut gut verborgen …

Harald flüsterte mir nach einer Weile zu:

„Er erwartet hier jemand … Er ist hierher bestellt worden … – Da – er schaut zum dritten Male nach der Uhr … Er wird ungeduldig … springt auf, wandert hin und her …“

Nun – zuweilen funktioniert auch mein Hirn nach Wunsch …

Ich erklärte leise: „Es kann vielleicht die Frau mit dem Federhut sein, die ihn hierher berief … Die Frau mag ihn auch zu dieser Radtour veranlaßt haben …“

„Das hat sie …! Bestimmt, mein Alter …! Die Frau wird ihm, dem Erben des Lordtitels, nach London geschrieben haben, daß Schloß Darlington ein Geheimnis berge, daß dieses Geheimnis seinen Vater schwer belaste, und …“

„Still – – ein Zigeunerweib …!“ Und ich drückte mich tiefer in das hohe Kraut …

Drüben kam eine Zigeunerin über das Moor …

Ein hageres Weib … Ein buntes Kopftuch verhüllte ihr Haar … –

Es war noch nicht völlig dunkel. Das Abendrot durchtränkte die leichten Nebelschleier mit rosigen Farben … Rot leuchtete der kurze Rock der Zigeunerin …

Leichtfüßig, aufrecht kam sie daher … Mein Fernglas zeigte mir ein bräunliches, faltiges Gesicht … Etwas Stolzes lag über der Erscheinung dieses Weibes …

„Die … Frau – verkleidet!“ flüsterte Harst hastig … „Sie ist’s …! Es ist die „Händlerin“ …“

„Ja – bestimmt …!“ – Auch ich hatte sie nun erkannt …

Sie stieg jetzt in die Mulde hinab. Sir Edward hatte sich an eine der drei Birken gelehnt … Seine Haltung war gemacht-nachlässig … Er wollte seine Erregung bemänteln.

Die Frau stand vor ihm …

Er faßte nur an die Ledermütze – fast hochmütig …

Harst stieß mich in die Seite …

„Wir wagen es … Näher …! Das Heidekraut bildet drüben eine breite Zunge … Ein paar Erlenbüsche sind ebenfalls vorhanden …“

Wir krochen rasch am Rande der Senkung entlang …

Sir Edward und die Frau sprachen laut und erregt … Einzelne Worte fingen wir auf, bevor wir noch das Erlengestrüpp erreicht hatten …

Leider – leider: wir erreichen es zu spät …

Wir sahen Sir Edward in ungeheurer Erregung mit vorgebeugtem Oberkörper, die Fäuste halb erhoben …

„Sie … phantasieren …!! All das ist gemeine Lüge! – Wer sind Sie denn, daß Sie Dinge zu wissen behaupten, die solch schwere Anschuldigungen enthalten …?!“

Wir sahen die beiden nur von der Seite …

Die Frau lächelte traurig – unendlich traurig …

„Wer ich bin, Sir Darlington?! Nur ein Weib, das ihn über alles geliebt hat … ihn, den Toten, den Ermordeten!“

„Er ist nicht tot!“ schrie der Jüngling wie verzweifelt … „Er lebt …! Das wissen Sie …! Jeder weiß es …!“

„Ja – jeder wird von Ihrem verbrecherischen Vater getäuscht …! Nur einer kennt noch die Wahrheit: John Learat! Fragen Sie ihn doch …! Verlangen Sie doch, daß er Ihnen bei seiner Seele Seligkeit zuschwört, daß hier kein unerhörter Betrug verübt ist …! – Und damit Sie auch das Letzte erfahren! Ich habe den andern gesehen – den andern, der wie ein wildes Tier gehalten wird! Er ist es nicht! Niemals ist er’s – niemals! – Fragen Sie doch Learat …!“

Sir Edward hatte plötzlich das Gesicht mit den Händen bedeckt …

Sein Körper schwankte …

Die Frau trat noch näher … Ihre Stimme wurde weich.

„Armer Junge, Sie sind zu bedauern …! Sie sind nicht verantwortlich dafür, daß Ihr Vater ein Mörder und Betrüger … Und doch sind Sie der einzige Erbe des Titels und der Güter der Darlingtons … Deshalb habe ich Sie hierher bestellt … Sie sollen mir helfen, die Beweise für die unerhörten Schändlichkeiten herbeizuschaffen … Sie sollen Ihren Vater dann veranlassen, aus England für immer zu verschwinden …! Ich will keine Sühne vor dem irdischen Richter, will nicht, daß der Name Darlington entehrt wird! Dazu habe ich diesen Namen zu lieb, der einst für mich den Mann verkörperte, der – – mein Geliebter gewesen! – So, nun wissen Sie auch das, Sir Edward …! Nun verstehen Sie mich vielleicht: Ihr Vater soll auf den Lordtitel verzichten, soll als Verbannter in der Fremde leben! Und Sie sollen, reinen Herzens, Herr der Darlingtonschen Besitzungen sein – Sie, der Sie ihm, der mir einst das Glück bedeutete, so auffallend ähnlich sehen!“

Sir Edward lehnte an der Birke – weinte … weinte.

Und die Frau fuhr ihm mit der rechten Hand wie tröstend über Arm und Schulter – streichelte ihn …

„Weinen Sie nicht, armer Junge … Helfen Sie mir suchen … Wir werden es finden … Seien Sie ein echter Darlington … Denken Sie an den Spruch in Ihrem Wappen „Das Recht über alles …!“ – Beweisen Sie, daß Sie in Wahrheit ein Aristokrat sind …!“

Sir Edwards Hände sanken herab …

Sein blasses Gesicht schien die Frau tief zu erschüttern.

Sie nahm seine Hand …

„Helfen Sie mir suchen …! Seit Jahren suche ich … Stellen Sie sich vor: seit Jahren tue ich das, was Sie in der verflossenen Nacht taten … – dringe in das Schloß ein, durchwühle jeden Winkel der beiden Räume – – unermüdlich …! – Folgen Sie mir … Wir werden heute gemeinsam die beiden Zimmer nochmals …“

Sir Edward rief:

„Ich … will …!! Ich … will …!! Das Recht über alles …! – Oh – Sie ahnen nicht, was ich gelitten habe, nachdem der Zigeuner mir Ihren ersten Brief heimlich zugesteckt hatte …! – Ich will …! Ich könnte ja doch keine ruhige Minute mehr haben, bevor ich nicht Gewißheit hätte! Noch glaube ich nichts von alledem! Sie müssen sich irren! Obwohl …“

Und er schwieg und ließ wie mutlos den Kopf wieder sinken …

Dann ging die Frau voran …

Stolpernd und unsicher folgte Sir Edward … Es war, als ob die Füße ihn nicht mehr tragen wollten …

Und wir hinter den beiden her …

Dichter waren die Moornebel geworden … Der Himmel hatte sich mit Gewölk bedeckt … Das Abendrot war verglommen …

So schritten wir dahin durch die rasch zunehmende Dunkelheit … Ich vor mich hin grübelnd – prüfend, kombinierend, – und doch keinen Zusammenhang findend …

Harst gleichfalls stumm …

Vor uns undeutlich zwei verschwommene Gestalten …

Mit schrillem Schrei stieg hin und wieder neben uns ein Kiebitz von seinem versteckten Neste hoch … Wilde Kaninchen schossen wie Schatten durch die Kräuter … Der Nachtwind säuselte in Gräsern und Büschen …

Es begann leicht zu regnen …

Wir beide rückten näher auf … Wir brauchten nicht zu fürchten, daß die Vorausgehenden uns gewahrten …

Sie schritten jetzt nebeneinander – stumm – eilig – getrieben von dem gleichen Wunsche … –

Gegen elf Uhr waren sie an der Parkpforte. Sir Edward schloß auf, drückte die Gittertür wieder zu …

Wir warteten, bis die Finsternis der Eichenallee die beiden umhüllte … Dann folgten wir.

Ganz fraglos war ich auf die Weiterentwicklung der Dinge viel gespannter als Harald. Wir wußten noch immer nicht, wie die Frau in das Schloß hineingelangte. Wollte sie heute auch etwa in ihrem Zigeunerinnenaufputz den drei bissigen Rüden gegenübertreten? Und – weshalb hatte sie bisher stets den Mantel, den Federhut und den langen Stecken getragen?! Wie hatte sie sich die Hunde vom Leibe gehalten, die oben im ersten Stock offenbar nur ganz bestimmte Räume bewachten?!

Das waren nur die Hauptfragen – das waren lediglich Dinge, die mich jetzt für den Augenblick interessierten …

Inzwischen waren wir den beiden wieder bis auf wenige Meter nahegekommen … Standen still … denn die Frau hatte soeben aus der ausgefaulten Höhlung einer der dicksten Eichen etwas hervorgezogen: Mantel, Hut, langen Stock …!

Freilich – man mußte raten, daß es gerade diese Sachen waren … Wußte man, daß die Frau in diesem Kostüm und mit dem Stecken das Schloß besuchte, so erkannte man auch, was sie hier nun in der dunklen Allee tat: sie wechselte das bunte Kopftuch gegen den Federhut aus … Sir Edward half ihr galant in den langen Mantel, und dann schritt die Frau wieder voraus, verließ den Schatten der Eichen und umschritt das Schloß bis zur Westseite, wo der älteste Teil des Bauwerks, ein plumper Turm, sein verwittertes Mauerwerk hinter dichtestem Efeubehang verbarg …

Was weder Harst noch ich vermutet hatten: es gab hier eine kleine eiserne Tür, von Efeu vollkommen überwuchert.

Die Frau hatte die dicken Ranken beiseite geschoben und die Tür, die nur angelehnt gewesen, nach außen aufgezogen …

Sie und Sir Edward traten ein … Die Tür glitt wieder zu …

Ich stand hinter Harald neben einer Hecke …

Eine schwere Hand legte sich da plötzlich auf meine Schulter …

Ich fuhr herum … Das geisterbleiche Gesicht John Learats leuchtete mir förmlich entgegen …

Mit schwerer Zunge fragte der Greis stammelnd:

„Wer – – wer war der … Begleiter des Weibes, Herr Schraut …?“

Harald drängte mich etwas zur Seite …

„Kommen Sie mit, Learat,“ flüsterte er hastig … „In dieser Nacht soll die Familientruhe der Darlingtons all ihre Geheimnisse hergeben …!“

 

4. Kapitel.

Die roten Zungen …

Der alte Mann hatte da nach Haralds Hand getastet … Flehend klang jetzt die brüchige Stimme …

„Herr Harst, wer … wer war der Begleiter der Frau?! Um Christi Barmherzigkeit: Sagen Sie mir die Wahrheit!“

„Kommen Sie …! John Learat – und hüten Sie sich, irgendwie einzugreifen … Hier sind Dinge geschehen, weit schlimmer, als ich anfänglich vermutete …“

Er schritt über den breiten Weg bis zum Turme … Learat stützte sich auf mich, schwankte wie trunken, raunte mir zu:

„War’s etwa der … der junge Herr …?!“

Ich schwieg … Ich durfte nicht antworten, durfte nicht Haralds Absichten stören …

Der hatte die eiserne Tür schon aufgezogen … Seine Taschenlampe flammte auf …

Eine kurze Steintreppe – eine schwere Eichentür – – wir waren im Hauptflur des Erdgeschosses …

Und vernahmen jetzt bereits das Toben der Hunde …

Eilten die breite Treppe hinan, die aus der Halle nach oben führte …

Sahen die beiden Glastüren … Die linke war nur angelehnt …

Das Heulen und Wüten der Hunde wurde noch lauter.

Kam aus dem dritten Zimmer linker Hand, tönte durch die hohe Flügeltür …

Harst schritt weiter …

Zur nächsten Tür … Ich ahnte: es war die des grünen Salons … Und nebenan lag des Lords Arbeitszimmer …

Harald drückte die kunstvolle Messingklinke vorsichtig herab … Die Tür ging auf …

Der große dreifenstrige Raum war erleuchtet … Eine elektrische Laterne stand auf dem Kaminsims und warf ihr grelles Licht über altertümliche grüne Polstermöbel, über Bilder und Waffen an den Wänden, über Glasschränkchen mit geschweiften Beinen, die mit kostbarem Porzellan gefüllt waren …

Grüne, golddurchwirkte Vorhänge verhüllten die Türöffnung zum Nebenzimmer …

Und dort schienen alle Teufel der Hölle ein infernalisches Fest zu feiern …

Dort jaulten, blafften, heulten, winselten die Rüden mit einer unbeschreiblichen Wut … Man hörte das Keuchen der Bestien, wenn sie zu einem neuen Angriff sich anschickten.

Gellendes Schmerzgeheul zwischenein … Und hin und wieder die harte unbeugsame Stimme der Frau, kurze Worte ausstoßend …

Oh – das alles fiel einem auf die Nerven …

Das alles regte die Phantasie an … Unglaublich erschien’s, daß diese tollwütigen Köter wohl angriffen, aber doch nichts ausrichteten …

Dann – – war Harald an den grünen Vorhängen …

Spähte hindurch … winkte uns – mir und dem Greise, der mich umklammert hielt …

Wir sahen …

Ich sah ein Bild, das ich nie vergessen werde … Es war wie eine Szene aus den ersten Zeiten des Christentums, als römische Kaiser die neue Glaubenslehre dadurch auszutilgen suchten, daß sie deren Anhänger im Zirkus wilden Tieren preisgaben … Einer jener verbürgten, von römischen Historikern geschilderten unerklärlichen Vorgänge, bei den die Wunderkraft des menschlichen Auges die Bestien in seltsamer Furcht zurückscheuchte …

So war es auch hier …

Drei Riesenhunde, Tiere groß wie Kälber, waren da in einer Ecke zusammengedrängt … Vor ihnen stand die Frau mit dem Federhut, einen langen Stab in der Hand, der am unteren, den Hunden zugekehrten Ende etwas wie eine stachlige Kugel trug …

Die blutunterlaufenen Augen der drei rasenden Köter stierten abwechselnd auf diese Kugel und in das Gesicht der Frau …

Mit gesträubtem Rückenhaar standen sie wie sprungbereit … – sprangen aber nicht – zitterten – tobten …

Und dieses Bild blieb, bis die Frau einen Stuhl herbeizog und den Stecken mit der stachligen kindskopfgroßen Kugel so auf den Stuhlsitz legte, daß der wie mit Dornen bewachsene Ball kaum ein halbes Meter von den Schnauzen der Bestien entfernt war …

Hinter mir flüsterte Harald:

„Das Fell eines Igels … Ein uralter Zigeunertrick … Ein Hund, der einmal in die Igelstacheln hineingebissen hat, tut es nie wieder … Hinzu kommt noch der Moschusgeruch, der jedem Igel anhaftet und der den Hunden widerwärtig …“

Und neben mir stöhnte der greise John Learat:

„Es … ist der junge Herr … Es ist Sir Edward Darlington, der Erbe …“

Sir Edward aber stand vor dem großen Diplomatenschreibtisch – tief gebückt, hatte die Seitenschubfächer herausgezogen …

Auf der Schreibtischplatte brannte eine zweite große Laterne …

Die Frau trat zu dem Jüngling heran, sprach etwas, kniete nieder …

Ihre Worte blieben bei dem Heulen und Bellen der Hunde unverständlich …

Sie kniete und zog die Schubfächer vollends heraus … tastete in die Öffnungen hinein …

Der greise Kastellan hing an meinem Arm wie ein kraftloses Bündel …

Harst – hinter uns – flüsterte abermals:

„Hinein jetzt …!! Wir werden …“

Die Frau hatte einen hellen Jubelruf ausgestoßen … hielt in der Rechten einen großen versiegelten Umschlag …

Die Hunde verstummten für Sekunden …

„Endlich – endlich!“ rief die Frau wiederum … „Es sind die Papiere …!“

Sie war aufgesprungen …

Auge in Auge mit Sir Edward nun …

„Endlich …! – Jetzt kann ich beweisen, daß ich nicht nur Bessie Dark bin, Geliebte Lord Daniel Darlingtons, sondern ein …“

Die Bestien begannen von neuem zu lärmen … Schossen vorwärts – prallten zurück … Geifer lief ihren aus den Mäulern … Die Reißzähne blinkten weiß und drohend …

Harald schob uns beiseite …

Lüftete die Vorhänge …

Ein Schuß da – ein doppeltes Klirren …

Noch ein Schuß … Die beiden Laternen erloschen jäh …

Dunkelheit … Die drei Riesenhunde schienen toll geworden zu sein …

Und als Haralds Taschenlampe dann aufblitzte, war das Zimmer leer – die Frau und Sir Edward geflüchtet … Die Hunde hatten den Stuhl umgeworfen … Der Stecken lag auf dem Teppich … Sie wollten Harst anspringen … John Learats heiserer Zuruf scheuchte sie zurück … Er brachte sie zur Ruhe …

Nicht aber meine zitternden Nerven … Dicke Schweißperlen standen mir auf der Stirn …

Zu schnell hatte all das sich abgespielt … Zu furchtbar waren diese Sekunden gewesen … – Wer hatte geschossen – wer den beiden die Flucht ermöglicht …?!

Harst war bereits mit drei raschen Schritten an der Tür, die auf den Altan hinausführte.

Als er die Vorhänge zurückzog, sahen wir, daß die Glasscheiben der Doppeltür ein faustgroßes Loch hatten …

Harst riß die Türen auf …

Verschwand draußen …

Die Hunde lagen zusammengeduckt vor Learat – winselten – keuchten …

Der Greis bebte … schwankte … Ich schob ihm den Schreibsessel hin. Er sank hinein …

Harald kam zurück …

„Die Schüsse wurden vom Altan aus abgegeben …,“ sagte er nur … Stürmte weiter – in den Flur … Ließ den Alten und mich hier zurück – mit all dem Unheimlichen, Ungeklärten, das uns wie unsichtbare Schrecknisse umgab …

„Herr … Herr Schraut, das … das … das war …“

John Learat blickte mich an …

Er rang nach Luft …

Und wieder setzte er zum Sprechen an …

„Herr Harst, das … war … noch … jemand …“ – Er redete wie ein Irrer … Seine Augen waren glanzlos, erloschen …

Die Altantüren waren offen geblieben …

Meine Taschenlampe beleuchtete das Zimmer – die drei Hunde – – und warf eine Lichtbahn hinaus in die Finsternis der wolkigen Nacht, auf die im Winde schwankenden Zweige der Eichen … Deren feierliches Rauschen drang zu uns herein, war wie das nervenberuhigende Brausen eines fernen Meeres …

„Mein Gott …!!“ flüsterte der verstörte Greis von neuem … „Mein Gott – soll denn die Qual dieser Jahre noch größer werden …!! Was – was ist nun eigentlich geschehen, Herr Schraut …?! Ich …“

Verstummte – war der Richtung meiner Blicke gefolgt. Die hingen draußen an den Baumästen – dem dunklen Grün des Blätterwaldes … Eine seltsam-rötliche Lichtquelle hatte die Bäume mit mildem Glanz übergossen …

John Learat packte die Armstützen des Sessels … richtete sich ruckweise auf …

Ein pfeifender Laut kam über die welken Lippen – wurde zu Worten … zu einem unnatürlichen Schrei:

„Das Schloß – – brennt … brennt …!“

Er sprach nur aus, was auch mir bereits klar geworden: das Dach des Schlosses stand in Flammen!!

Und wir nun hinaus …

Learat scheuchte die Hunde vor sich her …

Hinaus ins Freie …

Ein Blick nach oben …

Das Dach brannte … Aus den Bodenfenstern schossen rote Feuerzungen … Der Nachtwind spielte mit ihnen, drückte sie nieder, fachte sie an … Schwarzer Qualm ballte sich zusammen, zerflatterte …

Plötzlich Harald neben mir … Legt mir die Hand auf die Schulter …

„Komm …!“

Der Greis stiert wie gebannt dorthin, wo jetzt die verborgene Bodenkammer von der roten Glut umspielt wird, wo die Familientruhe der Darlingtons sehr bald zu Asche zerfallen wird …

Lautlos entfernen wir uns …

Die Hunde winseln vor Angst vor dem Feuer …

John Learat, Bildsäule geworden, merkt nicht, daß wir verschwinden …

 

5. Kapitel.

Sonnenaufgang …

Wir eilen die Allee hinab …

Harst sagt nur:

„Ich habe ihn …!“

Er kann nur den Mann meinen, der mit so verblüffender Sicherheit die beiden elektrischen Laternen durch Kugelschüsse zertrümmert hat …

Am Parktor steht in der Wildnis von Büschen das unbenutzte Torwärterhäuschen … Wildnis – wie der ganze Park …

Und hier in dem kleinen Vorflur des Häuschens liegt ein Mann – Arme und Beine gefesselt …

Meine Taschenlampe zeigt mir ein krankhaft bleiches Gesicht, grauen Spitzbart, helle verzweifelte Augen … Einen Touristenanzug trägt der Mann … Stiert zu uns empor.

Ohnmächtiger Grimm verzerrt das hochmütige blasse Antlitz …

„Lord Percy Darlington, falls Sie uns freiwillig folgen, werde ich Ihnen die Fesseln abnehmen …“ – So spricht Harst … „Und damit Sie wissen, daß jeder Fluchtversuch aussichtslos ist: ich bin Harald Harst, der deutsche Detektiv … Vielleicht haben Sie von mir gehört …“

Darlingtons Kopf sinkt … Ein Stöhnen erst – dann ein festes entschiedenes:

„Ich werde nicht fliehen … Das Spiel ist aus … Ich weiß es …“ –

Dann gehen wir, den Lord in der Mitte, über das Hochmoor – schweigend …

Hinter uns loht der ganze Dachstuhl des Schlosses …

Die Nebel leuchten rosig … Es ist wie Sonnenuntergang …

Wir wandern der kleinen Schlucht zu …

Und – warten, daß Lord Percy gestehen soll …

Er bleibt stumm …

Harald beginnt dann: „Wie denken Sie sich nun … das Ende, Mylord?! Sie sagten vorhin selbst, daß das Spiel aus sei … Und das ist richtig … Es ist aus … Fünfzehn Jahre haben Sie vor aller Welt die Täuschung aufrecht erhalten, daß Ihr Bruder Daniel, der vor Ihnen Lord Darlington und Erbe der Güter war, als Geisteskranker in einer Privatheilanstalt untergebracht sei … Ich hatte schon im Dorfe Braby allerlei über Lord Daniel gehört … Sie waren der jüngere … Aber nach ihrem Hausgesetz konnte kein Geisteskranker Träger des alten Namens bleiben. Sie standen sehr schlecht mit Ihrem Bruder, waren nur auf geringe Einkünfte angewiesen …“

Harst schwieg eine Weile … Ließ nachwirken, was er soeben Lord Percy vorgehalten …

Und da – bequemte der in die Enge Getriebene sich doch zum Sprechen …

„Herr Harst, vielleicht halten Sie mich für einen Mörder … Ich – bin es nicht …! Ich habe einen Zeugen – John Learat! – Damals vor fünfzehn Jahren kam es in dem Arbeitszimmer meines Bruders drüben im Schloß spät abends zwischen uns zu einem erregten Streit. Ich hatte Daniel um Geld gebeten, hatte ihm gleichzeitig vorgeworfen, daß er seine Geliebte, Bessie Dark, im Schlosse beherbergte … Ich gebe zu: ich bedrohte ihn mit einem Revolver … Aber – ich hätte nie abgedrückt … Learat fiel mir in den Arm, wollte mir die Waffe entwinden. Sie entlud sich … Daniel sank mit Kopfschuß vornüber auf den Teppich.“

„Ja – den Afghan-Teppich …,“ warf Harald ein …

Lord Percy achtete nicht darauf …

„… Learat war’s, der als treuer Diener unseres Hauses den Unglücksfall vertuschen wollte … Er hatte gerade in jener Nacht einem geistesgestörten Landstreicher, der hier in der Gegend unter dem Namen „der blöde Jack“ bekannt war und der einige Ähnlichkeit mit Daniel besaß, Unterkunft gewährt. Jack litt an religiösem Wahnsinn und nannte sich stets „Erzengel Gabriel“ … Ihn schafften wir in derselben Nacht im Auto nach Kennywort in eine Privatheilanstalt … Dem Chefarzt erklärte ich, bei meinem Bruder sei plötzlich religiöser Irrsinn zum Ausbruch gekommen … Niemand schöpfte Verdacht … Jack war fortan Daniel Darlington, wurde entmündigt, und ich trat in seine Rechte – in die Rechte des Toten, den wir in der Familientruhe zur letzten Ruhe bestattet hatten … – Seitdem habe ich Schloß Darlington nicht mehr betreten. Meines Bruders Geliebte verschwand … Ich habe nie mehr von ihr gehört, bis … bis ich vor vierzehn Tagen bei meinem Sohne Edward einen Brief fand … Es war ein Schreiben Bessie Darks. Ich erkannte die Handschrift …“

„Und – Sie sind Edward jetzt heimlich gefolgt …“

„Ja … Ich kam jedoch … zu spät … Seine Unterredung mit Bestie Dark hatte bereits stattgefunden …“

„Sie waren es, der das Schloß in Brand steckte …?“

Da blieb Lord Percy stehen …

„Ich tat es nicht …! Mein Wort darauf, Herr Harst!“

Harald murmelte etwas vor sich hin … Es klang wie … „Manuela kann’s aus Unvorsichtigkeit gewesen sein …“

Lord Percy fügte schon hinzu:

„Ich bin für die Welt erledigt, Herr Harst … Ich möchte nur eins noch: mich vor meinem Sohne rechtfertigen … Dann …“ – Und er machte eine Handbewegung, die alles besagte …

Wir schritten weiter …

Wir näherten uns der Schlucht, der alten Schäferhütte … Licht schimmerte durch die Fensteröffnungen … Die geflochtene Tür stand offen …

Auf Steinen saßen da Sir Edward Darlington und Bessie Dark …

Der blonde schlanke Junge weinte. Sein Terrier hockte neben ihm, leckte ihm die Hand … auf dem Herd loderte ein Reisigfeuer …

Harald war’s, der die Frau mit dem Federhut herausrief … Wir wollten Vater und Sohn allein lassen, wollten durch Bessie aufgeklärt haben, was an geringfügigen Nebenumständen noch dunkel … –

Bessie Dark tat, als ob Lord Percy für sie Luft wäre – schritt an ihm vorüber …

Wir traten abseits … Und sofort begann sie da:

„Wer Sie beide auch sein mögen: Maler sind Sie niemals …! Das ahnte ich schon, als Manuela Sie beide gerade in meinem Schlupfwinkel untergebracht hatte – aus Geldgier …“

Harald nannte unsere Namen …

„Ah – Herr Harst …! Das hätte ich doch nicht vermutet …!“ rief sie leise … Und in einem Atem: „Sie sollen alles erfahren … Ich bin Daniel Darlingtons rechtmäßige Gattin … Jetzt habe ich die Papiere gefunden … Wir ließen uns in Irland trauen … Das Gemeindeamt des kleinen Dörfchens dort brannte ab … Ich konnte nicht beweisen, daß ich Daniels Frau … Jetzt erst habe ich die Papiere gefunden, von denen ich keine Duplikate erhalten konnte … Daß ich das Schloß stets in diesem Mantel und Hut betrat, hat seinen Grund darin, daß mein Gatte diesen Anzug an mir besonders liebte … Und – was Lord Percy betrifft: ich verzeihe ihm – seines Sohnes wegen! Aber sehen und sprechen will ich ihn nicht … – Leben Sie wohl, meine Herren … Ich habe jahrelang mein Recht gesucht … jetzt bin ich Lady Darlington – keine Dirne mehr …!“

Sie schritt in die neblige Nacht hinaus … Ihre hagere Gestalt wurde immer undeutlicher … – Wir sind ihr nicht mehr begegnet …

Und Arm in Arm traten dann Vater und Sohn aus der Hütte …

Lord Percy erklärte feierlich:

„Ich habe eingesehen, daß Selbstmord Feigheit wäre … Ich werde mich den Gerichten stellen … Denn – ich habe mein Kind nicht verloren! Edward hat mir verziehen … Edward wird das alte Geschlecht wieder zu Ansehen bringen.“

Fern – ganz fern leuchtete der rötliche Fleck in den Nebelschwaden …

Wie Sonnenaufgang … – –

Dies ist die Geschichte der Familientruhe der Darlingtons. Was ich darüber noch zu sagen wüßte, ist belanglos.

 

Nächster Band:

Die drei Finger Ben Bensons.

 

 

Verlagswerbung:

Der Detektiv

Eine Reihe höchst spannender Detektivabenteuer. Bisher sind folgende Bände erschienen:

 

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Die Gespenster-Rikscha.
Eine Löwenjagd im Sinai.
Der Afghan-Teppich.
Der Acht-Grad-Kanal.
Der leere Koffer.
Acht Stunden Frist.
Der Klub der Zwölf.
Die Bajadere Mola Pur.
Der goldene Gonggong.
Die Kugel aus dem Nichts.
Der Piratenschoner.
Die Büchse der Pandora.
Der Tintenlöscher des Sahdi Ahmed.
Auf des Messers Schneide.
Strandkorb Nr. 121.
Das Lichtbild ohne Kopf.
Das Haus in der Wildnis.
Das Geheimnis des Brasilianers.
Die Spielhölle in Hongkong.
Das Rätsel von Paragwana.
Ein amerikanisches Duell.
Die Ganges-Piraten.
Eine Wettfahrt ums Leben.
Die Bärenjagd in Kaschmir.
Das Licht in der Lehmhütte.
Der chinesische Messerwerfer.
Die leere Tonne.
Die Gauklergesellschaft Shingra Mao.
Der Klub der Zuchthäusler.
Lord Ralleys Schreckensnächte.
Das Geheimnis der Insel Morton.
Die Katzen der Gräfin Baltholm.
Der Tote im Fahrstuhl.
Die Höllenmaschine Doktor Blucks.

– Preis pro Band 20 Pf. –

Zu beziehen durch jede Buchhandlung oder vom

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin SO 26,

Elisabeth-Ufer 44.