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Der Obstkahn am Elisabethufer

 

 

 

Der Detektiv

 

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 97:

 

Der Obstkahn am Elisabethufer[1]

 

Nachdruck verboten. Alle Rechte einschließlich Verfilmungsrecht vorbehalten. Copyright by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin 26. – 1923.
Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin.

 

1. Kapitel.

Der Maulwurf Parnack.

Den Aberglauben, der die Zahl 13 mit einem verhängnisvollen Etwas umkleidet, habe ich bisher stets belächelt.

Seit jenem 13. Mai 1922 tue ich es nicht mehr. Das Lächeln verging mir damals. Ich gewöhnte es mir im Obstkahn des Herrn Julius Tscheskowitz ab, die Zahl 13 zu verspotten. –

Am Morgen dieses 13. Mai standen Harald Harst und ich nach einer ruhig durchschlafenen Nacht und nach einem gediegenen Frühstück im Gemüsegarten des Harstschen Familienhauses in Berlin-Schmargendorf, Blücherstraße 10, und ärgerten uns über einen Maulwurf, der uns die tadellos in Ordnung gebrachten Gurkenbeete durch die bekannten Erdauswürfe verunstaltet hatte.

„Es sind genau dreizehn Maulwurfshaufen,“ sagte Harald, auf den Spaten gelehnt, die Zigarette im Mundwinkel.

„Wenn schon!“ meinte ich. „Wir kriegen ihn doch. Es gibt so viele Fangmethoden.“

„Wen?“

„Na – den Maulwurf!“

„Den menschlichen, nämlich Freund Gisbert Parnack, nicht wahr? Diesen Parnack, der uns gestern in der Passauerstraße wieder entwischte und der nun sein die menschliche Gesellschaft schädigendes Treiben, seine Maulwurfsarbeit, natürlich fortsetzen wird. Vielleicht heute schon – heute am 13ten. Wer kann das wissen?! Zuzutrauen ist ihm alles. – Hast Du übrigens in der Morgenzeitung diese ungeheuerliche Indiskretion bemerkt?“

„Welche denn?“

„Das Testament der Rätin Anna Sturz, geborenen von Bonnzaart, ist dort wortgetreu veröffentlicht. Nur einer der bei der gestrigen Jagd beteiligten Kriminalbeamten kann es abgeschrieben und der Redaktion die Abschrift verkauft haben. Nun erfährt Freund Parnack brühwarm, wohin ich die fünf goldenen Löffel, die Familienstücke des erloschenen Geschlechts derer von Bonnzaart, abliefern werde, eben an den Erben der ermordeten Rätin, den Bankbeamten Ernst Schönborn. Auch das steht in der Zeitung. Ich …“

„Aber – er entwischte doch durch den Schrank und das Wandloch in die Nebenwohnung, wo er sein zweites Quartier hatte. Wie kann er da …“

Hinter uns die Stimme der alten Mathilde:

„Die Post – die Post, drei Briefe.“

Harst nahm die Briefe in Empfang.

Besichtigte die Anschriften – stutzte …

„Hm – dieselbe Handschrift bei allen dreien, – merkwürdig.“

Die Briefe waren in Berlin aufgegeben.

„Hier – der erste ist gestern um sieben Uhr abends abgestempelt. Der zweite um 11 Uhr, der dritte heute um sechs Uhr früh, und alle Berlin W. 57. Das ist das Postamt in der Steinmetzstraße. Mir scheint … mir scheint …“

Und langsam schnitt er den ersten Brief auf …

„… mir scheint, das ist Gisbert Parnack, der sich dreifach meldet. Es fehlte nur noch, daß er gleich dreizehn Briefe gesandt hätte – am dreizehnten – bei dreizehn Maulwurfshaufen!“

Ich lachte. „Über den Unsinn mit der dreizehn sind wir doch erhaben!“

Harald hatte den billigen Briefbogen herausgezogen, las vor:

Berlin, den 12. Mai 1922.

Herr Harst, Sie haben mich heute im Hause Passauerstraße 161[2] wie eine Stecknadel gesucht. Gestatten Sie, daß ich Ihnen mitteile, wo ich verborgen war: dort, wo Ihre phänomenale Schlauheit mich natürlich nicht vermutete: im Unterteil des Büfetts im Speisezimmer der armen Rätin!

Harst sank der Arm herab …

„Donnerwetter, daran haben wir alle freilich nicht gedacht, daß der Kerl in die Wohnung der Rätin zurückgekehrt sein könnte!“ meinte er kopfschüttelnd. „Stimmt – da haben wir uns blamiert!“

„Laß mich weiterlesen …“

Als Sie mit Ihren Schergen durch die Flurtür in die Nebenwohnung eindrangen, schlüpfte ich wieder durch das Loch zurück und gelangte glücklich bis in das Büfett. Es war dort etwas eng. Dafür habe ich aber auch mit angehört, wie Sie meiner Freundin Anna Holm und Ihrer Garde das Testament mit dem ganzen Pathos des genialen Verbrecherfängers vorlasen. Das Testament war mir neu. – Nun zu dem eigentlichen Zweck dieses Briefes. Sie wissen, daß ich noch im Besitz der drei Aktien der Mexikanischen Silbergrubengesellschaft bin, die ich der Rätin mit sanftem Zwang abgekauft habe. Da ich die Aktien nicht mehr verwerten kann, nachdem das Testament bekannt geworden, biete ich sie dem Erben zum Rückkauf an. Die Aktien haben einen Wert von etwa vierzig Millionen Mark. Ich gebe sie für die Hälfte her. Sollte Herr Ernst Schönborn sie zurückkaufen wollen, so mag er morgen am 13ten mittags 12 Uhr an einem der Vorderfenster seiner Wohnung ein grünes Tuch für fünf Minuten befestigen – hellgrün bitte –, das weit zu erkennen ist. Ich werde mich mit ihm dann in Verbindung setzen.

Ich schreibe diesen Brief in der Passauerstraße 161 in der soeben von der Polizei versiegelten Wohnung der Sturz in aller Sicherheit und Ruhe.

Ihr ergebenster

Gisbert Parnack,

auch Justizrat Dr. Finster.

Harald schob den Brief in den Umschlag zurück …

„Parnack war bei Laune, mein Alter!“

„Wer weiß, was die beiden anderen bringen …“

Und er schnitt den Umschlag des Briefes auf, der gestern um 11 Uhr abends abgestempelt war.

Las vor:

Drei Stunden nach meinem ersten Brief.

Herr Harst! Sie werden staunen!! Nachdem ich mit meinem ersten Schreiben an Sie fertig war, habe ich mir den Spaß gemacht, den alten Rokokoschreibtisch der seligen Rätin so etwas genauer zu besichtigen. Ich liebe alte Möbel. Auch in meinem Herzen schlummert in einem Winkelchen ein Hang zur Romantik, der zuweilen erwacht. So gestern auch.

Denken Sie: der Rokokoschreibtisch stammt fraglos aus dem Nachlaß eines fürstlichen Herrn. Und diese Herrschaften hatten stets schon eine Vorliebe für Verstecke, wo sie die toten oder lebenden Erinnerungen ihrer geheimsten Neigungen unterzubringen pflegten.

Kurz: ich habe in dem Schreibtisch ein Bündel Papiere entdeckt, Papiere, die mir Seine einstige Königliche Hoheit der …, aber nein, das will ich für mich behalten, was für eine Königliche Hoheit in Betracht kommt. Jedenfalls – der Erlauchte wird ohne Zweifel diese Papiere erwerben und zwar für eine höhere Summe, als die ganze Erbschaft der seligen Rätin, die fünf goldenen Löffel eingerechnet, ausmacht.

Ich bin Ihnen daher auch zu großem Dank verpflichtet. Nur durch Ihr gestriges Eingreifen wurde ich in das Büfett gejagt. Nur so kam mir der Gedanke, Möbelstudien zu treiben.

Also – mit dem Ausdruck tiefsten Dankes
verbleibe ich Ihr allzeit ergebenster

Gisbert Parnack.

Diesen Brief schreibe ich in dem Schlemmerlokal Nachteule am Kurfürstendamm, wo ich Stammgast bin.

Harald schnitt ein merkwürdiges Gesicht, als er den Briefbogen in den Umschlag zurücksteckte.

„Entweder will er mich ärgern oder …“

Und – abermals da Mathildes liebliche Kellerstimme hinter uns:

„Ein Klijent – ein Klijent!! Ein ganz feiner! Mit Monokel!“

Mathilde war auf Klienten jetzt beinahe erpichter als wir, seitdem der Marksturz Harald gezwungen hatte, aus der Liebhaberei einen Beruf zu machen.

Mit dem Schürzenzipfel hielt sie Harst eine Visitenkarte hin.

Harald überflog die Karte, reichte sie mir, meinte gedehnt:

„Hm – ob das schon der Rokokoschreibtisch ist?“ Dann zu Mathilde: „Führe den Herrn in mein Arbeitszimmer. Ich werde sofort erscheinen.“

Die dicke, grauhaarige Köchin eilte davon.

Auf der Karte aus feinstem Büttenpapier stand unter einer Krone:

Graf Herbert Alexander Schink-Barnfeld
Bevollmächtigter S. Kgl. Hoheit des Großherzogs
von Sorringen.
Berlin W, Ansbacher Str. 84.

Wie ich so die fein gestochene Karte anschaute, kam mir geradezu blitzartig ein Verdacht, dem ich auch sofort Worte verlieh.

„Harald, wenn die Schreibtischgeschichte Schwindel wäre! Wenn dieser Graf Schink-Barnfeld vielleicht gar unser Parnack wäre!“

Harst wiegte den Kopf hin und her, öffnete den dritten Brief, sagte bedächtig:

„Möglich ist ja alles bei diesem Menschen. Obwohl ich es nicht glaube. Einen Grafen darzustellen, den es tatsächlich gibt – denn ich habe den Namen dieses Bevollmächtigten letztens noch irgendwo gelesen – ist nicht so einfach, mein Alter. – Aber nun mal erst Brief Nr. 3 …“

Und er las vor:

Berlin, 13. 5. 1922, morgens ein Uhr.

Herr Harst, um Mißverständnissen vorzubeugen: es bleibt natürlich bei der Verabredung betreffs des grünen Tuches am Fenster! Wollen Sie also Herrn Ernst Schönborn rechtzeitig benachrichtigen.

Ihr ergebenster … Vielnamiger.

Nachschrift. Ich habe noch gestern abend dem Bevollmächtigten des Großherzogs telephonisch Bescheid gesagt und ihm auch gleich erklärt, daß die Papiere von mir sofort an die Berliner Montagsstimme verkauft werden, falls er sich etwa an Sie wendet, damit Ihre Genialität die Blamage von dem erlauchten Hause abwende.

„So – nun kommt der Graf heran,“ meinte Harald kühl. Wir schritten dem Hause zu, gingen in Harsts Schlafzimmer, tauschten die Arbeitsjoppen gegen würdigere Bekleidungsstücke aus und … schoben für alle Fälle die entsicherten und gespannten Clementpistolen in die Außentaschen. Das hatte Harald so gewollt.

Und – dann der Graf Schink-Barnfeld …!!

Ein Kapitel für sich. Aber im guten Sinne.

… Ein älterer Herr, ein echter Aristokrat in allem. Kein Hampelmann vom allerjüngsten Adel.

Liebenswürdig, vornehmer, kühl-abwägender Diplomat. –

Was er uns mitteilte, stimmte mit Parnacks Briefangaben überein.

„Herr Harst, der Mann erklärte mir, die von ihm gefundenen Papiere seien tagebuchartige Aufzeichnungen des Großvaters meines Herrn,“ äußerte er sich zum Thema weiter. „Es ist richtig, daß diese Aufzeichnungen stets vermißt und eifrig gesucht worden sind, und es besteht kaum ein Zweifel, daß Parnack sie nun in Händen hat. Er verlangt fünfzig Millionen Mark dafür. Ich habe mich sofort auch telephonisch mit dem Großherzog in Verbindung gesetzt. Er bittet Sie, das Tagebuch Parnack irgendwie wieder abzunehmen.“

Harald zuckte leicht die Achseln.

„Ob ich dies vermag, ist fraglich. – Die Aufzeichnungen sind dem Inhalt nach für die Öffentlichkeit nicht recht geeignet, Herr Graf?“

„Nein – nein! Die Veröffentlichung muß unbedingt verhütet werden.“

„Parnack hat Ihnen mit einem sofortigen Verkauf der Papiere gedroht?“

„Ja, Herr Harst. Ich sollte Sie aus dem Spiele lassen.“

Das Telephon auf dem Schreibtisch schrillte. Der Graf fuhr nervös zusammen.

Harst eilte hin, nahm den Hörer ab.

„Ja – hier Harald Harst. – Ah … Herr Parnack!! – Wie bitte? – So, Sie werden die Aufzeichnungen noch heute vormittag dem Skandalblatt anbieten? – Warten Sie noch einen Moment. Der Graf ist noch bei mir –“ –

„Herr Graf,“ wandte er sich an den Bevollmächtigten, „Parnack hat Sie beobachten lassen, weiß, daß Sie mich aufgesucht haben. Er will …“

„Ich habe gehört, Herr Harst.“ Der Graf sprang auf. „Der Verkauf muß unbedingt verhindert werden. Halten Sie diesen Menschen hin. Ich biete ihm dreißig Millionen – mehr nicht!“

Dreißig Millionen waren im Mai 1922 noch eine ganz anständige Summe.

Harald rief Parnack wieder an.

„Dreißig Millionen sollen Sie haben … – Wie?! Keine Rede davon?“

Und mit einem Male legte er den Hörer weg.

„Er hat angehängt, Herr Graf. Trotzdem seien Sie ohne Sorge. Ich werde die Sache erledigen. Mir ist etwas eingefallen.“

Der Graf fragte nicht weiter, was dies wäre, verabschiedete sich nach einigen rein geschäftlichen, das Honorar betreffenden Bemerkungen und wurde von uns bis in den Vorgarten begleitet, da er sich noch über die Architektur des Harstschen Familienhauses und die friedliche Stille in der Blücherstraße geäußert hatte.

Sein Auto stand vor der Gitterpforte. Gerade als er eingestiegen war, kam ein jüngerer Herr die Straße entlang, ein Mensch von übertrieben eleganter Aufmachung, grüßte noch sehr tief in den Kraftwagen hinein und stelzte mit seinen tadellosen Bügelfalten auf uns zu.

Ein nichtssagendes Gesicht, kurzer, blonder Bürstenschnurrbart, etwas Hängebacken, Kneifer ohne Fassung.

Um den linken Unterarm und den hellen Filzhut trug er einen Trauerflor.

Lüftete den Hut, deutete eine Verbeugung an.

„Ernst Schönborn,“ stellte er sich vor.

Wir nannten unsere Namen.

„Die Polizei hat mich bereits morgens davon verständigt,“ erklärte er, „daß ich Erbe der Rechnungsrätin Sturz geworden bin.“

Aha – also der Mann, der das grüne Tuch zum Fenster hinaushängen sollte!

„Ich habe mir für zwei Stunden Urlaub geben lassen, Herr Harst.“ fuhr er fort. „Ich möchte mit Ihnen über die drei amerikanischen Aktien sprechen. Wenn ich auch nicht in schlechten Verhältnissen lebe, so möchte ich doch gerade diese wertvollen Aktien ungern …“

„Sehr begreiflich, Herr Schönborn,“ nickte Harst. „Wollen Sie nicht bitte nähertreten?“

„Ich habe wenig Zeit. Ich soll auch noch nach dem Präsidium kommen, Herr Harst. Würden Sie bereit sein, gegen ein dem Werte der Aktien …“

Harald hatte bereits Parnacks Brief Nr. 1 aus der Tasche gezogen.

„Lesen Sie, Herr Schönborn.“

Als dieser den Brief überflogen hatte, krauste er die Stirn, murmelte:

„Heute um zwölf soll das Tuch am Fenster sichtbar sein! Und bis elf habe ich nur Urlaub. Zu dumm!!“

Er blickte Harald an. „Dann muß ich meiner Frau telephonisch Bescheid sagen, Herr Harst. Vielleicht sind Sie so liebenswürdig, meiner Frau alles Nötige ebenfalls noch zu erklären. Ich fürchte, daß sie diese grüne Tuch-Benachrichtigung für … für einen Witz halten würde, wenn ich ihr …“

„Soll geschehen, Herr Schönborn. Sobald Ihnen dann von Parnack weitere Mitteilungen irgendwie zugestellt worden sind, könnten Sie mich ja wieder aufsuchen.“

„Wenn Sie gestatten … – Ich muß mich verabschieden. Die Herren entschuldigen …“

„Halt – wollen Sie nicht gleich die fünf Löffel mitnehmen, Herr Schönborn? Ich möchte sie gern loswerden. Es ist mir unbehaglich, diese schweren, goldenen Familienstücke noch länger aufzubewahren.“

Schönborn sah nach der Uhr.

„Gut, ich nehme sie mit. Im Tresor der Deutschen Bank sind sie sicher.“

Gleich darauf schritt er mit dem kostbaren Päckchen in der Hand davon.

„Kein sehr sympathischer Mensch,“ meinte Harst. „So, nun aber an die Arbeit! Ich will Dir ausnahmsweise meinen Schlachtplan jetzt schon enthüllen, lieber Alter. Parnack wird doch heute mittag 12 Uhr entweder selbst, dann natürlich in Maske, oder durch einen seiner Vertrauten aus der Kaschemmen-Brüderschaft die Fenster der Schönborns am Elisabethufer beobachten oder beobachten lassen. Ihn oder diesen Beauftragten herauszufinden, ist meines Erachtens nicht allzu schwer. Dies können wir beide natürlich nicht allein erledigen. Ich werde Bechert bitten, daß er uns sechs Kriminalbeamte zur Verfügung stellt.“

Er blickte auf das Zifferblatt der Standuhr.

„Halb elf. Es ist höchste Zeit. – Alles weitere hörst Du aus meinen Telephongesprächen heraus.“

Zuerst rief er Kriminalkommissar Bechert an. Doch der war dienstlich abwesend. Sein Kollege Doktor Volkmer versprach dann, die sechs Beamten Punkt drei Viertel zwölf in zweckmäßigen Verkleidungen in einer Kneipe der Oranienstraße unweit des Konfektionshauses Maaßen bereitzuhalten.

„Noch einen Moment, Doktor,“ meinte Harald dann. „Ich möchte nochmals die Wohnung der Rechnungsrätin Sturz in der Passauerstraße in Augenschein nehmen. Die Wohnung ist gestern versiegelt worden. Die Schlüssel hat der Assistent Watzke an sich genommen. Vielleicht senden Sie mir die Schlüssel sofort zu nebst der schriftlichen Erlaubnis, die Siegel entfernen zu dürfen. – So, danke, Doktor, mehr habe ich vorläufig nicht auf dem Herzen. – Ob es um Gisbert Parnack geht?! Und ob!! – Wiedersehen. Nochmals besten Dank.“

Dann kam die Berliner Montagsstimme an die Reihe.

„Herr Chefredakteur von Gerngroß …? – Ja, hier Harald Harst. Ich wollte Sie nur vor einem Betrüger warnen, der Ihnen gefährliche Aufzeichnungen irgend einer Fürstlichkeit vielleicht anbieten wird. Der Mann macht aus diesen Fälschungen neuerdings ein Geschäft. Sollte er sich melden, so geben Sie mir bitte Nachricht. – Oh – keine Ursache zu danken. – Nein, Kosten entstehen Ihnen nicht. Keine Sorge. Schluß.“

Und als er abgehängt hatte: „Krämerseelen!!“

Dann zu mir: „Nun Frau Schönborn!“

Er blätterte im Telephonbuch …

Nahm den Hörer. „Moritzplatz 10220 … – Frau Schönborn selbst? Nein? – So, Herr Schönborn ist zu Hause? Dann mag er an den Apparat kommen …“

Und er drehte sich langsam um, schaute mich an – mit einem Gesicht – – einem Gesicht!!

Den Hörer hatte er am Ohr …

„Herr Schönborn? – Hier Harald Harst – – Ha – rald Harst – Ja – Harald Harst … – Haben Sie Ihre Gattin bereits informiert, Herr Schönborn? – – Worüber? – Ja, verzeihen Sie, waren Sie denn nicht vor zwanzig Minuten bei mir in der Blücherstraße? – Nein?! – Wie – Sie sind krank? Grippeanfall – schon auf dem Wege der Besserung?“

Und jetzt schnitt Harst mir ein Gesicht – ein geradezu klägliches!!

Dann informierte er Herrn Schönborn betreffs der drei Silberaktien und des grünen Tuches.

Er tat es sehr zerstreut, wiederholte sich oft, wurde ungeduldig über Schönborns Zwischenfragen – des echten Schönborn!!

Denn – das war ja klar: der patente Herr mit dem affektierten Gang und der Ladestockverbeugung war – Gisbert Parnack gewesen!!

Nun legte Harald den Hörer endlich auf die Stütze zurück.

Ließ sich in den Schreibsessel fallen …

„Mein Alter, wir sind über den Löffel barbiert – – der Löffel wegen!! Dieser Parnack – – dieser Parnack!! Nun hat er die fünf goldenen Dinger, und wir haben das Nachsehen – die Blamage!! – Gib mir eine Mirakulum. Mir ist ganz schwach geworden. Unheimlich schwach.“

Er rauchte drei Züge …

„Sag’ doch selbst: hatte der Kerl die geringste Ähnlichkeit mit Parnack?! Sah er nicht wie dreißig aus?! Und – grüßte er nicht in das Auto des Grafen hinein, als ob der Graf ihm persönlich bekannt wäre! Das war der feinste Schachzug, lieber Alter! Es liegt ja so nahe, daß Schönborn als Beamter der Deutschen Bank den Grafen irgendwie geschäftlich kennen gelernt hat!“

Dann flog der Rest der Zigarette in den Aschbecher.

Harald sprang auf.

„Vorwärts! Maskierung! – Ich werde Dich wiedersehen, Freund Parnack. Letzten Endes wirst Du der über den Löffel Barbierte sein!“

 

2. Kapitel.

Der Schauspieler, der abends auf der Bühne einen Mummelgreis von 80 Jahren darstellt, hat es leicht. Das Rampenlicht verwischt alles, dazu die Entfernung bis zum Zuschauer: kein Schminkstrich tritt grell hervor, keine Perücke, kein falscher Bart sind zu erkennen.

Aber für das Tageslicht als Sechsunddreißigjähriger sich um dieselbe Anzahl Jahre älter machen – das ist eine Kunst!

Bei Tageslicht als Detektiv in einer Maske auftreten, ohne daß Schminke und sonstige Hilfsmittel auffallen, das ist etwas anderes, als den alten Moor in den Räubern mimen! –

Harst hatte seine eigene Methode, unser Äußeres zu verwandeln.

Und als wir um halb zwölf das Haus durch den Vordergarten verließen (obwohl doch Parnacks Kaschemmengarde fraglos unser Heim bewachte!), sahen wir zwei älteren, schlicht gekleideten Provinzlern so ähnlich wie ein Ei dem anderen.

Da fehlte nichts: sogar der charaktervolle, handfeste Regenschirm nicht! Da blinkten die den teuren Zeiten angemessenen Gummikragen bläulichweiß an unseren Hälsen im Lichte der fröhlichen Maisonne, da kamen die Eisenschlipse von geradezu teuflischer Geschmacklosigkeit so recht zur Geltung. Da glänzten die Sommermäntel an Ärmeln und Aufschlägen leicht speckig, und die schwarzen Schnürschuhe bewiesen ihre jahrelange Treue durch dick gesteppte Risse auf dem Oberleder.

Die beiden Provinzler bestiegen ein Auto, das Harst telephonisch an die Ecke Blücher- und Dahlemerstraße bestellt hatte – ein geschlossenes Auto, dessen Chauffeur wir kannten.

Der Mann fuhr über den Fehrbelliner Platz wie ein Verrückter, schwenkte rechts ab, kam an einer Baubude dicht vorbei, stoppte etwas.

Wir sprangen hinaus – hinter die Bude. Das Auto fuhr weiter.

Und sahen, wie ein Motorradfahrer hinter dem Kraftwagen blieb: Parnacks Gardist!

Nahmen ein anderes des Weges kommendes Auto, ließen uns nach der Oranienstraße zum Blauen Kater bringen, betraten die Kneipe, gingen nach hinten, am Büfett vorbei.

In dem „Klubzimmer“ saßen die sechs Kriminalbeamten, der Wirt, ein früherer Kollege der sechs, leistete der Polizei noch heute wichtige Dienste, war im Zimmer, begrüßte uns durch einen Händedruck, der nicht von ohne war.

Wir warfen die Mäntel, die Anzüge ab, klebten andere Bärte vor.

Die Kluft, die wir bisher durch die Provinzlertracht verhüllt hatten, war die von Arbeitern.

Harst gab seine Befehle aus, die Beamten gewannen Interesse.

„Schönborn wohnt Nr. 239 im ersten Stock rechts. Die Baumreihe an der Wasserseite der Straße macht es unmöglich, die Fenster der Wohnung etwa vom anderen Ufer zu beobachten. Wer das grüne Tuch sehen will, muß am Elisabethufer stehen oder dort entlanggehen. Unsere Aufgabe wird nicht allzu schwierig sein. Wir verteilen uns, nehmen jeden fest, der nach den Fenstern emporblickt.“ –

Einzeln verließen wir den Blauen Kater.

Ich schlenderte über die Oranienbrücke, machte an dem Wagen eines Fruchteisverkäufers halt und kaufte mir den kühlen Leckerbissen.

Sprach mit dem Händler, einem Kriegsbeschädigten.

Drüben lag Nr. 239.

So eine bessere Mietskaserne.

Da waren die Fenster. Ich konnte sie bequem überschauen.

Da war linker Hand die Promenade am Wasser entlang, das Eisengeländer, die Bäume.

Und ein großer Obstkahn war hier vertäut.

Eine breite Laufplanke mit Geländer führte vom Achterdeck an Land.

All das interessierte mich nicht. Ich hatte nur Augen für die Vorübergehenden.

Der Verkehr war nicht allzu lebhaft. Es war glühend heiß. Der Mai 1922 versprach einen festlichen Sommer.

Unsere Hilfstruppen in allen möglichen Verkleidungen umschwärmten das Haus.

Jetzt erschien an einem der Fenster drüben ein blasser Herr mit blondem Spitzbart und hängte einen hellgrünen langen Fetzen über das am Fensterkreuz außen befestigte Thermometer, schaute eine Weile auf die Straße hinab und verschwand.

Ich belauerte jeden Passanten.

Kein einziger kümmerte sich um das grüne Stück Stoff da oben.

Und so ging die Zeit hin. Ich sog an der zweiten Portion Eis.

Der grüne Fetzen wurde von dem blassen Herrn wieder entfernt.

Harald, der als Straßenreiniger eifrig möglichst viel Staub mit einem Besen aufgewirbelt hatte, unterstützt von zweien der Beamten im selben Kostüm, verschwand über die Oranienbrücke.

Im Blauen Kater fanden wir uns wieder zusammen.

Harst war etwas verstimmt. Der Mißerfolg ärgerte ihn.

Die Beamten schworen Stein und Bein, daß sie es hätten bemerken müssen, wenn jemand zu dem Fenster emporgeblickt hätte.

Ich selbst erklärte, wir hätten doch die Vorübergehenden so bequem beobachten können. Da sei doch nicht einer gewesen, der auch nur etwas die Nase gehoben hätte.

Harst bestellte Bier, Zigarren.

Als der Wirt die Zigarren brachte (wir beide schlüpften bereits wieder in das Provinzlerkostüm), gab er Harald einen frisch zugeklebten Brief, auf dem mit Bleistift stand:

Herrn H. Harst, Blauer Kater.

In dem Umschlag ein Zettel:

Wozu das Massenaufgebot?!! Sie hätten zu Schönborn kommen sollen. Ich bin bereits einig mit ihm. – Parnack.

Harst biß sich auf die Lippen, steckte den Brief ein, zahlte und verließ mit mir die Kneipe.

„Zu Schönborn also!“ sagte er nur. –

Herr Ernst Schönborn empfing uns mit äußerster Zurückhaltung.

„Gewiß will ich Ihnen mitteilen, wie sich Parnack hier einführte, Herr Harst,“ meinte er frostig. „Drei Minuten vor zwölf kam ein Gaskontrolleur zu uns, notierte den Gasmesserstand, füllte neues Wasser in den Automaten und verlangte die Leitung auf absolute Dichtigkeit zu prüfen. Als ich den grünen Stoff heraushängte, war er gerade im Speisezimmer, fragte mich: „Wozu das?! Soll die Sonne das Thermometer nicht bescheinen?“ – Meine Frau war in der Küche. Ich erwiderte, das Thermometer sei in Unordnung. Bei zu starker Bestrahlung fließe das Quecksilber aus. Da grinste der Mann mich an und sagte leise: „Ich bin Gisbert Parnack.“ – Er hielt mir einen Revolver vor die Nase und fügte hinzu: „Wenn Sie von dem, was wir der drei Mexikaner wegen zu verhandeln haben, Harald Harst etwas erzählen, verbrenne ich die Aktien. Außerdem dürften Sie dann mal eine Überraschung erleben, die schlimmer als Grippe ist.“ Sie werden einsehen, Herr Harst, daß ich unter diesen Umständen Sie bitten muß, nicht weiter mit Fragen in mich zu dringen.“

Harald verbeugte sich. „Allerdings. – Parnack hat leider die fünf goldenen Löffel mir abgelistet, Herr Schönhorn. Ich …“

„Oh,“ fiel der Bankbeamte ihm rasch ins Wort, „die Löffel hatte Parnack mit. Ich habe sie ihm abgekauft oder besser eingetauscht. Was ich ihm für die Löffel gab, muß ich verschweigen.“

Wir drei standen in Schönborns Herrenzimmer. Er hatte uns nicht einmal zum Platznehmen aufgefordert.

„Dort liegen die Löffel noch, Herr Harst. Meine Frau will sie sofort nach der Bank in ein Safe bringen.“

Harald trat auf den Schreibtisch zu. „Sie gestatten, Herr Schönborn.“ Und nahm die Löffel …

Reichte mir einen.

Ich kannte sie ja: das Wappen der Familie von Bonnzaart, das Monogramm H. v. B.

„Parnack hat Sie betrogen,“ sagte Harst, frostiger noch als Schönborn bisher gesprochen hatte. „Dies sind ganz geschickte Nachahmungen, nichts weiter. – Wir wollen Sie nicht länger belästigen. Auf Wiedersehen, Herr Schönborn. Die ersten Löffel werde ich hoffentlich auch finden.“

Der arme Kerl war in einen Sessel geplumpst.

Wir schritten die Treppe hinab, in die Mittagshitze hinaus, bestiegen eine Straßenbahn und fuhren heim.

Erst in der Blücherstraße sagte Harald zu mir:

„Parnack macht sich!! Der Mensch kann was! Das ist ein Typ für sich. Wir müssen die Sache anders anfangen.“

 

3. Kapitel.

Kaum waren wir im Hausflur, als Mathilde hinten die Küchentür aufriß und uns zukreischte:

„Ein Herr Schönborn hat angerufen. Ein neuer Klijent … Herr Harst möchte doch gleich telephonisch mitteilen, sobald er daheim ist. Moritzplatz 10220 ist die Nummer.“

„Nun werden wir ja wohl auch erfahren, was Parnack dem zugeknöpften Herrn Schönborn für die „goldenen“ Löffel abgeknöpft hat,“ meinte Harald und ging in sein Arbeitszimmer.

Schönborn schien auf den Anruf voller Unruhe gewartet zu haben. Er meldete sich sofort. Harst flüsterte mir zu, was der geneppte Bankbeamte mitzuteilen hatte.

„Entschuldigen Sie, Herr Harst, daß ich Ihnen gegenüber so ablehnend mich verhielt. Sie müssen aber einsehen, wie unangenehm meine Lage war. Die drei Mexikaner sind ja heute viele Millionen wert. Ich habe nun mit meiner Frau alles besprochen. Ich mußte Parnack für die fünf Löffel ein Armband, eine lange, goldene Damenuhrkette meiner verstorbenen Mutter, ferner …“

Es hat keinen Zweck, die zwölf Gegenstände hier aufzuzählen, die Parnack dem Ehepaar abgeschwindelt hatte. Jedenfalls hatte er sich neue Goldsachen geben lassen, hatte noch den Großmütigen gespielt und sich mit Wertgegenständen begnügt, für die er etwa nur ein Viertel soviel herausschlagen konnte wie für die „goldenen Löffel“, die ja des Wappens wegen, wie er betont hatte, für ihn zu schwer verkäuflich wären.

„Was nun die drei Aktien betrifft, Herr Harst,“ jammerte Schönborn weiter, „so verlangte Parnack dafür zehn Millionen Mark, die ich bis heute abend elf Uhr beschafft haben müßte. Ich soll das Geld um elf Uhr vor meiner Haustür Parnack übergeben und dann die Aktien ausgehändigt erhalten. – Parnack hat mich vorhin, als Sie kaum zehn Minuten weg waren, Herr Harst, angerufen. Er wußte, daß Sie und Ihr Freund bei mir gewesen. Es sei ihm da mit den Löffeln leider ein bedauerlicher Irrtum unterlaufen. Er habe mir fünf wertlose Nachahmungen übergeben. Die echten Löffel würde er abends mitbringen, darauf könnte ich mich verlassen. Ich werde jedoch weder die Aktien noch die Löffel zu sehen bekommen, wenn ich etwa mit Ihnen in Verbindung treten sollte. – Diesem unverschämten Gauner glaube ich jetzt jedoch kein Wort mehr. Ich bitte Sie inständigst, Herr Harst: raten Sie mir, was ich tun soll.“

Harald erwiderte sofort: „Sie haben Parnack versprochen, sich nicht an mich zu wenden? – So, das ist gut. Fahren Sie zur Bank – und so weiter. Abends elf Uhr stellen Sie sich mit Ihrer Gattin vor die Haustür, in der Hand ein Päckchen, das etwa so aussehen muß, als enthielte es die Banknoten. Im übrigen rufen Sie mich nicht mehr an. Nur falls etwas Neues sich ereignet. Sollte ich nicht daheim sein, so wird meine Mutter Ihre Mitteilungen entgegennehmen. – Warten Sie getrost ab, Herr Schönborn. Ich werde Parnack finden.“

Dieser letzte Satz war erstaunlich. Harald hatte ihn mit solcher Bestimmtheit ausgesprochen, daß ich jetzt, als das Gespräch mit Schönborn wirklich beendet war, fragte:

„Wo hoffst Du ihn zu finden?“

„Wo er einzig und allein heute mittag nach dem Besuch bei Schönborn mit seinen …“

Er schwieg, trat rasch an das offene Fenster …

Draußen vor dem Hause hielt ein graues, geschlossenes Auto.

Es war in wahnsinnigem Tempo dahergerast gekommen. Heraus sprang Freund Bechert, Kriminalkommissar Fritz Bechert, unser alter Bekannter und Freund, Helfer bei manchem Abenteuer …

„Da ist etwas Besonderes passiert,“ sagte Harald und winkte Bechert zu, der mit langen Sätzen durch den Vorgarten stürmte.

Wir trugen noch die Provinzlermasken.

Wir sahen Becherts verstörtes Gesicht wie eine Vision vorbeihuschen.

Dann hatte ich schon die Haustür aufgerissen.

„Gott sei Dank!“ keuchte Bechert. „Ihr seid zu Hause! Ich …“

Er warf sich in den Sessel, den Harst ihm zuschob.

„Rauchen Sie, Bechert,“ sagte Harald und hielt ihm den silbernen Zigarettenkasten hin. „Zum Teufel – rauchen Sie!“

Und er steckte dem Kommissar die Zigarette in den Mund, hielt das brennende Zündholz an den Tabak.

Da ging ein Lächeln über Becherts knochiges Schauspielergesicht.

Er blies den Rauch von sich – drei, vier lange Züge.

„Eigentlich haben Sie recht, lieber Harst,“ meinte er dann. „Es ist Blödsinn, sich so aufzuregen. Man ändert ja doch nichts mehr.“

Und rauchte abermals …

„Woran ändert man nichts?“ fragte Harald.

„An dem Raubüberfall auf das Auto der Reichsdruckerei, das zehn Milliarden in neuen Hunderttausendmarkscheinen nach der Reichsbank bringen sollte.“

Auch Harst verlor jetzt so etwas seine gewohnte Ruhe. Wohlgemerkt: es war der 13. Mai 1922!! damals taumelte die Mark noch nicht am Rande des Nullpunktes!!

„Zehn Milliarden – Donnerwetter!!“ entfuhr es ihm. „Erzählen Sie, Bechert … Weshalb geht die Geschichte denn gerade Ihnen so an die Nerven?“

„Weil ich heute um halb zwölf – ich war gerade nach dem Präsidium zurückgekehrt und erst fünf Minuten in meinem Dienstzimmer – von einem Unbekannten telephonisch gewarnt wurde. Es sei ein Anschlag auf einen Geldtransport geplant, erklärte der Mann. Wenn ich ihm eine Belohnung von einer Million zusichern würde, wollte er alles nähere angeben. Ich lachte den Kerl aus. Man legt uns ja zuweilen in dieser Weise rein. Ganze Komödien werden da inszeniert.“

„Und dann?“ fragte Harst ungeduldig.

„Dann kam vor zwanzig Minuten die Meldung, daß das Auto der Reichsdruckerei in der Jerusalemer Straße durch einen mit Brettern beladenen Handwagen zum Anhalten gezwungen worden war, daß der Chauffeur und sein Begleiter von vier gutgekleideten Männern blitzschnell mit Gummiknütteln niedergeschlagen wurden und das Auto so entführt worden ist. Als … Andenken haben die Banditen lediglich den Handwagen mit den Brettern am Tatort zurückgelassen. Dummerweise hatte ich zwei Kollegen von der angeblichen Warnung Mitteilung gemacht. Und nun soll ich der Sündenbock sein, lieber Harst: die hohen Vorgesetzten sind der Ansicht, ich hätte die Warnung nicht in den Wind schlagen sollen! Also die alte Geschichte: einer muß schuld sein! – Meine Stellung steht auf dem Spiel. Da bin ich denn im Dienstauto hier zu Ihnen gerast.“

„Und können getrost wieder zurückrasen, lieber Bechert. Tatsache. Lassen Sie mich nur machen. Fragen Sie nichts. Und – verschwinden Sie! Schraut und ich müssen uns umziehen.“

Bechert blickte Harald kopfschüttelnd an. „Woher wollen Sie denn …“

„Wiedersehen, Freund Bechert …! Verduften Sie!“

„Na, – dann meinetwegen – – Wiedersehen! Hier sind übrigens die Schlüssel zu der Wohnung der Rätin und die schriftliche Bescheinigung, daß Sie die Siegel lösen dürfen.“

Bechert empfahl sich.

Harst läutete nach Mathilde.

„Mittag fertig?“ wollte er wissen.

Es war fertig. Wir aßen in der Veranda.

Und um drei Uhr brachte uns ein Auto mit unseren beiden Reisekoffern ohne Verkleidung nach der Passauerstraße 161 zur versiegelten Gartenhauswohnung der Rätin Anna Sturz.

Weshalb wir die leeren Reisekoffer mitschleppten, war mir unklar. Harst schwieg sich darüber aus.

Wir nahmen sie mit in die Wohnung – in die zweite Etage.

Die Siegel hatten wir gelöst, nachdem wir dem Portier das Schreiben der Polizei gezeigt hatten.

Nun waren wir in diesen altmodisch möblierten Räumen, in denen sich gestern am 12. Mai Gisbert Parnack bis zum Abend aufgehalten hatte.

Und nun beginnt der neue Abschnitt dieses Abenteuers – beginnt eine Reihe von Einzelgeschehnissen, die sich zu einer wilden Hetzjagd schließlich steigerten.

 

4. Kapitel.

Harst hatte die Flurtür von innen abgeschlossen, hatte die Sicherheitskette vorgelegt …

„Was willst Du eigentlich hier?“ fragte ich, als er die Koffer ins Speisezimmer trug.

Und er erwiderte harmlos:

„Den Schreibtisch besichtigen. Das Geheimfach suchen.“

„Und der Zweck der Übung?“

„Der Hauptzweck ist, festzustellen, ob Parnack die Geschichte von dem Funde der Aufzeichnungen nicht glatt dem Reiche der Phantasie entnommen hat und was er damit bezweckt. Der Nebenzweck aber, aus der noch vorhandenen Garderobe des vor Jahren friedlich zu seinen Vätern versammelten Herrn Sturz für uns etwas Passendes auszuwählen.“

„Für eine Verkleidung? Wir haben doch weder Perücken, noch Bärte, noch …“

„Nimm Platz, lieber Alter. Störe mich nicht.“

Er saß schon vor dem Rokokoschreibtisch.

Ich spielte von einem Stuhle aus den Zuschauer. Zehn Minuten drauf sagte Harst:

„Keine Spur von einem Geheimfach! Parnack hat geschwindelt …“

Und – da schlug draußen die Flurglocke an.

„Vielleicht der Portier,“ meinte ich und ging öffnen.

Draußen stand der Portier mit zwei Wachtmeistern der Schutzpolizei.

Der eine erklärte: „Herr Kriminalkommissar Bechert schickt uns. Wir sollen Herrn Harst helfen. Wir dürfen wohl eintreten.“ Und er warf einen Blick auf den Portier. Das hieß: „Der Mann braucht nicht alles zu hören!“

Wir drei gingen zu Harst in das Eßzimmer. Ich hatte die Kette wieder vorgelegt.

Im Speisezimmer sagten die beiden Beamten, stramme, schmucke Leute, gar nichts …

Sie hatten im linken Ärmel Gummiknüttel bereitgehalten. Schlugen so überraschend zu, daß Harst und ich lautlos umknickten.

Als ich zu mir kam, als ich die Schmerzen im Kopfe verbiß und um mich blickte, saß da dicht neben mir auf dem unbedeckten, viereckigen Eßtisch, der vor die Tür nach dem Nebenzimmer gerückt war, Freund Harald in genau derselben aussichtslosen Verfassung wie ich: gefesselt – raffiniert gefesselt – geknebelt, raffiniert geknebelt, – ein wehrloses Bündel!

In die Tischplatte, in die Tür hatte man Ringschrauben hineingetrieben, hatte durch die eisernen Ringe die weißen, dünnen Hanfstricke gezogen.

Unsere Beine lagen wagerecht auf der Tischplatte – so dicht saßen wir an der uns als Rückenlehne dienenden Tür. Die Arme, einzeln hochgereckt an die Tür gefesselt, würden wir ohne fremde Hilfe nie freibekommen …!

Und dann: uns gegenüber am Schreibtisch in dem alten Schreibsessel eine Frau – eine alte Dame mit welken Zügen, einem kleinen Hütchen auf dem grauen Scheitel, um das Hütchen ein schwarzer Spitzenschleier, der bis zum Kinn herabfiel.

Die Dame saß sehr steif in all ihrer hageren Greisenhaftigkeit da, spielte mit einem Lorgnon an langer goldener Kette.

Die Kette klirrte ganz fein. Das war eine Weile das einzige Geräusch – dazu das Ticken einer Uhr.

Außer uns dreien niemand mehr hier. Die Polizeibeamten – die falschen – verschwunden …

Unter dem schwarzen Spitzenschleier lauerten Augen mit blinkenden Pupillen, mit nadelscharfen Blicken, – erschien ein grausam-hohnvolles Lächeln.

Parnack – Gisbert Parnack!!

„Sie sind nun beide wieder zu sich gekommen,“ sagte er, und es war das leise, feine, zitterige Stimmchen einer Matrone. „Ich brauche wohl kaum Erklärungen abzugeben. Sie haben ja bereits festgestellt, daß der Schreibtisch kein Geheimfach enthält, Herr Harst. Ich wollte Sie beide nur hierherlocken. Nicht wahr, Sie sehen nun wohl ein, daß es unvorteilhaft ist, mir in den Weg zu treten. Sie mögen tun, was Sie wollen: jeder Ihrer Schritte wird beobachtet! Sie haben meine Machtmittel unterschätzt. Ich könnte Sie beide für immer verschwinden lassen. Noch verzichte ich darauf. Ich habe Wichtigeres vor. Sie werden hier vielleicht morgen entdeckt werden. Vielleicht auch erst übermorgen. Ich werde Bechert eine Nachricht zukommen lassen, angeblich von Ihnen, daß die Polizei sich um die Wohnung hier bis morgen abend um keinen Fall kümmern soll.“

Parnack erhob sich.

Weiß Gott: der Kerl sah wirklich wie eine vornehme Matrone aus!

Und leise, trippelnd ging er zur Tür, ging hinaus, betrat den Wohnungsflur.

Ich hörte eine Tür klappen.

Dann Stille.

Und vor unserem Tische auf dem Teppich lagen unsere leeren Koffer – Schlösser erbrochen – lagen aufgeklappt da, zeigten die Leere ihres Inneren.

Was hatten die Koffer gesollt? Hatte nicht auch Parnack sich wundern müssen, daß wir die Dinger hierher mitgenommen?

Seltsam, daß er nichts darüber geäußert hatte! –

Harst drehte den Kopf. Ich hörte es, da sein Leinenkragen am Oberhemd sich kreischend rieb.

Sah mich an und – wahrhaftig! – er lächelte, lächelte stillvergnügt, nickte mir zu …

Dann wanderte sein Blick so auffällig, daß ich’s merken mußte, zu dem einen Koffer hin – zu seinem Koffer, der etwas größer als der meine war.

Der Koffer lag am weitesten links nach den Fenstern hin.

Und nun sog Harst sehr geräuschvoll die Luft durch die Nase ein. Auch das war Absicht: ich sollte auf einen bestimmten Geruch achten!

Nachdem ich so aufmerksam gemacht war, daß es etwas zu riechen gab, bemühte ich mich, ebenfalls herauszufinden, wonach es hier roch …

Ja – es stank ganz schwach nach versengten Lumpen!

Es roch so, wie eine … glimmende Zündschnur riecht!

Zündschnur …?!

Ein ängstlich fragender Blick nach Harst hin.

Der lächelte – und senkte dreimal – viermal – – siebenmal langsam den Kopf – so langsam, daß dies nur die Zahl sieben bedeuten konnte, und starrte dann nach der Etagere hinüber, wo eine alte Stutzuhr mit Porzellangehäuse stand …

Die Uhr ging – – tickte – und war genau halb sechs – halb sechs nachmittags.

Draußen im Hofe des Hauses war vor den beiden Zimmerfenstern mit den geschlossenen weißen Sonnenvorhängen noch das helle Licht des Maitages – des dreizehnten Mai!! Des dreizehnten! Und halb sechs war es jetzt. Und Harald hatte siebenmal genickt, hatte auf die Uhr geschaut.

Sollte das heißen: sieben Uhr? Sollte das heißen: um sieben Uhr wird sich etwas ereignen, das mit dem schwachen, scheußlichen Geruch der Zündschnur zusammenhängt?!

Mein Blick wanderte zurück von der Uhr zu Harsts offenem leeren Koffer – zu Haralds … geradezu vergnügtem Gesicht.

Was sollte das alles nur?! – Eine schwelende Zündschnur – vielleicht eine Explosion – eine Bombe, eine Höllenmaschine, die Freund Parnack für uns zurückgelassen hatte?! – Aber – – wo?! In dem leeren Koffer?! Und eine Bombe – und Haralds fideles Grinsen?! Nein, das gab keinen Vers! Das war Unsinn!

Und wie ich noch so nach dem Koffer hinstarrte, wie ich den Gedanken auf die Spur zu kommen suchte, die Harst durch seine Augen mir hatte andeuten wollen, da ging mir ganz plötzlich ein Licht auf: Harald selbst hatte vielleicht in dem schmalen Geheimfach seines Koffers eine harmlose Knallkapsel angebracht – Knallkapsel oder dergleichen, die zur Entzündung kam, wenn die durch das Öffnen des Koffers irgendwie in Brand gesetzte Schnur mit ihrem vorwärtsfressenden Funken die Sprengmasse erreichte! Und – das würde offenbar nach Haralds Berechnung gegen sieben Uhr geschehen! Der Knall würde gehört werden. Hausbewohner würden den Portier benachrichtigen. Man würde der Ursache des Knalles nachforschen, würde uns finden! Dann waren wir frei!

Ja – nur so konnte es sein, nur so!!

So erklärte sich alles: Daß wir die Koffer mitgeschleppt hatten, die leeren Koffer, und daß Harst mit einem Überfall hier gerechnet, ihn jedenfalls in den Bereich der Möglichkeit gezogen und sich gegen alle Eventualitäten vorgesehen hatte!

Wie fein hatte er wieder einmal diesen Alarmschuß erdacht! Er wußte, daß, falls ein Überfall auf uns hier stattfinden würde, dieser sich ganz unerwartet, eben nach Parnackscher Art abspielen würde: er wußte ebenso genau, daß Parnack aus Neugierde die Koffer dann öffnen würde. Und – dann würde eben der eine geöffnete Koffer der Alarmapparat werden, der uns die Freiheit brachte. – –

Sieben Uhr!!

Endlos langsam waren die Zeiger der Stutzuhr weitergeschlichen. Nun stand der kleine auf sieben, der große auf zwölf.

Harald blickte erwartungsvoll nach dem Koffer hin.

Nichts …

Nur der Gestank der glimmenden Schnur war stärker geworden. –

Fünf Minuten nach sieben …

Harald hatte mir zugenickt. Das hieß: „Keine Sorge! Es ereignet sich was!“

Und sieben Minuten nach sieben kam’s …

Aber kein Knall! Nein, da hatte ich falsch kombiniert. Da hatte Harst doch etwas besseres ersonnen, was nicht das ganze Haus in Aufruhr versetzte: in dem Koffer ein ganz schwacher Knall, dann ein gellendes Pfeifen – so hell und durchdringend, daß mir die Ohren wehtaten: eine Pfeife, durch den Gasdruck eines chemischen Gemenges zum Tönen gebracht! –

Und drei Minuten drauf stand der Portier vor uns …

Der Portier, mit dem Harald ja auf der Treppe vorhin so eifrig geflüstert hatte!

„So ’ne vafluchte Bande!“ knurrte Portier Brösicke und knotete unsere Fesseln auf. „Wat die beeden Schupos betrifft, da war ick tatsächlich janz ahnungslos. Und als sie dann mit die alte Dame und mit den ollen Herrn über’n Hof kamen und verdufteten, als mir der eene zuflüsterte, det alte Pärchen seien Harst und Schraut, da hab’ ick doch das jegloobt! Trotzdem ließ ick det Fenster bei mir offen, damit ick den Pfiff hörte, wie ick’s Ihnen versprochen, Herr Harst.“

Wir waren frei.

„Und Sie haben zu niemandem über das Signal etwas verlauten lassen, Brösicke?“ fragte Harald mißtrauisch.

„Bei Jott – zu niemandem nich!“

„Schön. Dann werden wir verschwinden, sobald es dunkel ist. Bis dahin besorgen Sie uns folgendes …“ –

Um zehn Uhr abends verließ ein Mann, der dem Portier so ungefähr ähnlich sah, das Haus Passauerstraße 161 in Begleitung einer einfach gekleideten Frau ohne Hut, die eine Markttasche trug.

Dieses Paar wanderte der Tauentzienstraße zu, blieb oft stehen, schien sich leise zu zanken. Zweimal machte die Frau kehrt, als ob sie mit ihrem Manne sich entzweit hätte, der ihr dann nacheilte und sie rasch wieder versöhnte.

So stellten wir beide fest, daß niemand uns nachschlich, daß wir, ohne Verdacht zu erregen, dem Hause Nr. 161 entronnen waren.

Und doch blieben wir vorsichtig. In der Untergrundbahn, die wir vom Wittenbergplatz benutzten, schauten wir uns die Leute genau an, die mit uns eingestiegen waren. Fuhren zum Kottbuser Tor, gingen die Dresdener Straße entlang bis zum Oranienplatz.

Da war die Oranienbrücke mit ihrem wuchtigen Sandsteingeländer, da war die trübe Flut des Luisen-Kanals, in dem sich das Laternenlicht schillernd widerspiegelte.

Da war drüben das Haus Nr. 239, wo Herr Ernst Schönborn sich von der Grippe und dem Reinfall mit den goldenen Löffeln erholte. Und – – da lag düster und still wie ein finsterer Walfisch der große Obstkahn … –

Wir standen am Geländer der Brücke, am Ostende. Wir waren ein so unscheinbares Paar, daß keine Seele uns beachtete. Harst hatte ein Holzpfeifchen im Munde und rauchte. Ich aß ein belegtes Brot.

Halb elf war’s jetzt.

Und Harald zog nun den Vorhang von seinen geheimsten Plänen, seinen geheimsten Beobachtungen.

„Von der Mittagsrazzia auf Parnack und Konsorten hatte ich mir von vornherein[3] wenig versprochen, mein Alter, sehr wenig. Meine Enttäuschung nachher war Mache. Es war ein Versuch gewesen, besser – ein Bluff für Parnack.“

Er qualmte ein paar Züge. Straßenbahnen ratterten vorüber.

„Also ein Bluff, der Parnack ein geringschätziges Lächeln entlocken sollte, sein Selbstgefühl steigern sollte. Mit einem Gegner, der sich selbst überschätzt, wird man leichter fertig.“

Er faßte mich unter. „Komm’ dort drüben an den Vorgarten von Nr. 238. Lache laut, sei vergnügt. Ein Paar, das sich einer durch Alkohol scheinbar leicht angeheizten Fröhlichkeit hingibt, ist hier eine Durchschnittserscheinung.“

Wir gingen Arm in Arm. Dann lehnte Harst am Gitter, dann kramte ich aus der Manteltasche das vielversprechend wirkende Fläschchen, flache Form, heraus. Es konnte Schnaps enthalten. Es enthielt klares Wasser.

Und immer zwischen einem laut gebrachten Satz im Berliner Jargon kam ein geflüsterter anderer, der den Vorhang weiter lüftete.

„Sieh mal, zuweilen wird aus Bluff bitterer Ernst, mein Alter. – Ich habe nun mal bessere Augen als andere. Der Obstkahn dort ist vielverheißend. – Mittags faulenzten da an Deck in der Sonne drei Kerle, die wie die Fischerknechte aussahen. – Waren keine. Spielten nur zum Schein Karten. – Mischten die Karten kaum. – Hatten die Augen bald hier, bald da. – Hatten Stiefel an, die mit Kalk bestäubt waren, damit sie zum Kostüm paßten. – Waren braune Schnürstiefel, mein Alter. – Die Kerle gehörten zu Parnacks Kaschemmengarde. Nehme Gift darauf. – So, nun sieh’ Dir mal den Obstkahn genau an. – Er hat sich seit Vormittag etwas verändert.“

Nun – leider hatte ich dem Kahn am Vormittag wenig Beachtung geschenkt. Die drei Kartenspieler hatte ich freilich bemerkt, wie ich mich jetzt entsann. Aber – verändert sollte sich etwas haben?! Und – das sollte ich bei der schlechten Beleuchtung von hier aus feststellen können?!

Ich war ehrlich. „Ich habe mir den Obstkahn nicht genauer angeschaut,“ flüsterte ich.

„Merkwürdig! Und die Gegenstände sprangen doch auf dem verwitterten Deck so ins Auge, waren so hell, fast weiß. Und das Ding neben ihnen streckte die runden Beine in die Luft! Nur deshalb konnte ich Freund Bechert versprechen, ihm zu helfen …“

Aus dem Hause Nr. 238 kam ein dicker kleiner Mann heraus, musterte uns argwöhnisch. Er führte einen Wolfshund an der Leine, der uns grimmig anknurrte.

Und gab dem Hunde einen Jagdhieb, schimpfte:

„Kusch’ dich, Satan! Es ist noch nicht Zeit!“

Was sollte der Nachsatz. Es ist noch nicht Zeit?! Was hieß das?!

Harald, die Pfeife im Mundwinkel, brummte sehr verständlich:

„Nein, es ist noch nicht Zeit! – ’n Abend auch …!“

„’n Abend!“ Der kleine Dicke trat zu uns, flüsterte:

„Also Herr Harst?“

„Ja – Harst und Schraut. – Der Wirt vom Blauen Kater war also bei Ihnen. Sie wollen helfen?“

„Und ob! Man verdient, wo man kann. – Mein Name ist Krabarty, Herr Harst.“

„Geben Sie uns die Hand. Behandeln Sie uns wie alte Bekannte, Herr Krabarty.“ Und laut lachend: „Mensch, Krabarty. Sie hab’n ’n Vogel!!“

Die Komödie, für Spione bestimmt, wurde weitergespielt.

Krabarty ließ seinen Satan frei, der einen festen Beißkorb trug. Der Hund lief über die Straße nach dem Kanalufer, beschnupperte die Bäume, hob das Bein, lief auf die Planke, die vom Ufer zum Heck des Kahnes die Verbindung bildete.

Dieses Heck war überdacht, war wie eine offene Halle. Am Tage hatten dort die Körbe mit Frühkirschen, Gemüse und Kartoffeln gestanden. Jetzt war das alles weggeräumt.

„Der Besitzer heißt Julius Tscheskowitz,“ flüsterte Emil Krabarty, Portier und Flickschuster seines Zeichens. „Der Kahn liegt seit einem Monat hier. Ich kenne den Tscheskowitz persönlich, Herr Harst. Er hatte nämlich bis vorgestern eine Hündin, so ne Mischsorte, ein zutrauliches Tierchen, und mein Satan hat der Fiffi son bißken die Cour gemacht. Vorgestern hat der Tscheskowitz die Fiffi ersäuft. Ein roher Patron ist’s. Wer keen Herz für Tiere hat, an dem ist nischt dran, sagte schon mein Vater immer, obwohl er Fleescher war. – Tscheskowitz wohnt in’m Kahn hinten in der Kajüte, mit seiner Tochter, wat ’n recht schickes Mädel is, aber nur vors Arbeeten is sie nich. Ne, meistenteils is sie ja nicht hier. Anna heeßt sie …“

Anna?! – Und Parnacks gestern am 12. Mai verhaftete Freundin hieß ebenfalls Anna – freilich Anna Holm …!

Auch Harald wiederholte nachdenklich: „So … so, also Anna!!“

Da heulte der Wolfshund drüben laut auf und kam schwer hinkend herbeigeschlichen.

Krabarty fluchte. „So ’n Rohling!!“ Und rannte über die Straße, brüllte vom Ufer aus in die Finsternis unter dem Heckdach hinein:

„Herr Tscheskowitz, wenn Sie noch ’n Mal meinen Hund so um nischt eens ieberziehn, werd’ ick Ihnen eens vor die Plautze brennen, daß Ihnen der Fusel aus alle Effnungen droppt, Sie oller Süffke!“

Als niemand auf diese Drohungen sich meldete, kam Krabarty zu uns zurück, streichelte seinen Satan, befühlte ihm die Hinterbeine und meinte: „Da stehn unter det Dach ’n paar Kerle, Herr Harst.“

Harald hatte mir einen leisen Stoß versetzt.

Nebenan vor der Haustür war Herr Schönborn nebst Gattin erschienen, standen nun acht Schritt von uns entfernt ebenfalls am Gitter des Vorgärtchens. Schönborn mit einem Päckchen in der Hand.

Emil Krabarty schilderte uns Tscheskowitz’ Äußeres.

Ich hatte nur Augen für das Ehepaar Schönborn.

Bis Harald mit zuraunte: „Da – eine Laterne!“

Und nun sah ich, daß ein Mann mit einer Laterne über das Deck des Obstkahnes ging. Er hielt die Laterne sehr hoch, hielt den Arm nicht still: die Laterne beschrieb Kreise.

Mit einem Male von der Brücke her ein Knattern, Knallen: ein Motorradfahrer nahte, kam dicht an der Bordschwelle auf uns zu … –

Da war fraglos ein Zusammenhang zwischen der Laterne und dem Motorradfahrer vorhanden, sagte ich mir.

Der Beweis ergab sich aus dem Folgenden: der Radler stoppte neben dem Ehepaar Schönborn, fragte, ohne abzusteigen, sehr höflich:

„Verzeihung, wie komme ich von hier am schnellsten nach dem Diakonissenhaus am Mariannenplatz?“

Schönborn trat näher, erklärte: „Geradeaus, dann erste Querstraße rechts …“

Und nun begann der Radler hastig zu flüstern, reichte Schönborn ein Päckchen …

Nein, er ließ es fallen, griff blitzschnell nach dem Päckchen in des Bankbeamten Hand …

Und jagte davon – wie gehetzt …

Schönborn hob das andere Päckchen auf und ging mit seiner Frau ins Haus.

Emil Krabarty hatte das alles ebenfalls beobachtet.

„Haben Sie jesehen, Herr Harst?“ flüsterte er. „Das war ne …“

„Das war ein doppelter Reinfall – – besser, ein zweiseitiger! – So, nun begleiten Sie uns noch ein Stück. Schimpfen Sie recht laut nach dem Kahn hinüber …“

Auf der Brücke trennten wir uns von dem kleinen Dicken. Harst sagte noch:

„Sie setzen sich also auf die Haustürschwelle, Herr Krabarty. Schlafen Sie nicht ein! Sobald Sie dort im Kahn einen Schuß hören – einen Knall, reiben Sie eins der bengalischen Zündhölzer an, die der Wirt vom Blauen Kater Ihnen gegeben hat. Das Zündholz werfen Sie brennend im Bogen auf den Fahrdamm. Dann ist Ihre Aufgabe beendet, und Sie haben Ihr Geld ehrlich verdient. – Guten Abend! Nicht verschlafen!!“

 

5. Kapitel.

Da gibt es an der anderen Seite des Kanals, am Luisenufer, dicht an der Oranienbrücke eine Wassertreppe, an der unten ein Rettungskahn vertäut ist.

In weniger diebischen Zeiten gab es gegenüber am Eisengeländer auch einen Rettungsball und eine Rettungsleine. Von diesen dem Gemeinwohl dienenden Gegenständen ist nichts mehr vorhanden – nur noch die Holztafel, die das nicht mehr Vorhandene dem Schutze der Bürger empfiehlt. Der Rettungsball dient vielleicht als Fußball, und die Leine wird auch nicht erneuert. –

Der Kahn ist noch da, der kleine Rettungskahn. Sogar ein Ruder lag darin, als wir etwa um halb zwölf bei leicht bedecktem Himmel unbemerkt die Wassertreppe hinabgeschlüpft waren.

Ein hohler Regenwind blies den Kanal entlang. Von Südwest schob sich eine schwarze Wolkenwand herauf. Uns war der drohende Regen nur angenehm.

Harald hatte mir inzwischen schon verraten, daß rings um den Obstkahn von Mitternacht Wachen stehen würden. Kriminalbeamte, die durch den Wirt des Blauen Katers herbeordert worden waren. Das bengalische Zündholz war das vereinbarte Signal zum Sturm auf den Obstkahn.

Nun saßen wir nebeneinander in dem kleinen Nachen, und Harst hatte sich tief gebückt, nestelte an seinem rechten Schuh herum, faßte in die Tasche, bückte sich wieder …

„Was tust Du da?“ fragte ich flüsternd.

„Der Absatz ist lose … So – nun hält er wieder. Aber auf Fußspitzen muß ich doch gehen. So ein Absatz kann zum Verräter werden.“

Die finstere Wolkenwand kam rasch näher.

Hier unten war’s jetzt dunkel genug. Wir ketteten den Nachen vorsichtig von dem Ringe ab, und Harst gab ihm einen leichten Stoß.

Lautlos glitt er über den Kanal. Wir duckten uns zusammen. Harald half mit dem Ruder nach. Es hatte unten an der Schmalseite des Blattes einen Eisenbeschlag, der in zwei Haken auslief.

Die Bordwand des Obstkahns nahm uns in ihrem noch dunkleren Schatten auf. Wir hielten den Nachen mit den Händen von den Planken ab. Jedes Knarren, jedes Kreischen des aneinander reibenden Holzes hätte uns verraten können.

Dann schwang Harst sich empor auf das Deck, legte sich lang, nahm eine Rolle feste Schnur aus der Tasche, reichte mir das eine Ende der Schnur, und gleich darauf glitt der Kahn leer in die Mitte des Kanals zurück.

Wir hatten das andere Ende der Schnur um einen Pflock der Kahnreling geschlungen, konnten den Kahn jeder Zeit wieder heranziehen.

Harst kroch voran – dem Heck zu.

Es regnete bereits.

Unter dem Heckdach machten wir halt.

Die Tür, die von hier ins Innere führte, war verschlossen. Der Schlüssel steckte von der anderen Seite im Schloß.

Unsere entsicherten, gespannten Pistolen hatten wir in den Außentaschen unserer Jacken. Mein Weiberrock, die Bluse und das Umschlagetuch waren im Nachen geblieben.

Harst führte die Schlüsselzange ins Schlüsselloch ein, drehte den Schlüssel um – zweimal.

Die Tür war offen, knarrte nicht, kreischte nicht.

Wir horchten. Dann stach ein dünner Lichtpfeil in die Finsternis hinein: Taschenlampe, die Linse mit der Hand bedeckt!

Eine Treppe – ein Gang. Neben der Treppe zwei Türen. Und eine der Türen schwach umrissen von Lichtschein, der durch die Ritzen drang.

Harald wartete. Der Regen prasselte lauter – lauter …

Aus dem Innern des Obstkahnes kam ein fauliger Gestank.

Dann abwärts – an der linken Seite der Treppe. Erst jede Stufe geprüft, ob sie unter Druck geräuschlos bliebe.

Ich drückte die Tür zu, drehte den Schlüssel um. Auf Harsts gehauchten Befehl.

Nun hörten wir in der erleuchteten Kajüte sprechen. Immer nur einzelne Worte.

„Sie jeuen!“ flüsterte Harst. „Raus mit der Clement. Die Bande fühlt sich ganz sicher.“

Er schlich der Tür zu, nahm die eingeschaltete Taschenlampe in die Linke.

Die eine Ritze war an einer Stelle bleistiftbreit. Man konnte den Tisch übersehen, an dem sechs Leute saßen, einen Tisch mit braunrotem Wachstuchbezug. Haufen von Papiergeld lagen vor den Spielern. An der einen Schmalseite mit dem Gesicht nach der Tür saß Herr Julius Tscheskowitz, leicht herauszufinden nach Emil Krabartys Beschreibung: ein roter Vollbart, Trinkernase, buschige Brauen, wirres, rötliches Kopfhaar, um den Hals ein blaues Tuch geschlungen. Und links neben ihm, sehr eigenartig in dieser Umgebung und in der Gesellschaft dieser Kerle mit der zu diesen Gaunervisagen nicht recht passenden, ehrlichen Arbeiterkluft, ein jüngeres, üppiges Weib, leicht geschminkt, mit diskreter Eleganz gekleidet, ein schickes Hütchen auf dem blonden Haar. –

Ich hatte mir durch die Ritze die Spieler ebenfalls eine Weile angesehen, flüsterte: „Parnack ist nicht darunter.“

„Scheint so. – Die Bande spielt um Hunderttausendmarkscheine, um ganz neue. Da liegen Millionen auf dem Tisch.“ Harst raunte mir dies ins Ohr mit ganz besonderer Betonung.

Und wieder stieg da blitzartig in mir der Verdacht auf, daß Parnack den Raubüberfall auf das Auto der Reichsdruckerei ausgeführt haben könnte. – Ich wollte Harald fragen, ob auch er diesen Verdacht hegte. Ich kam nicht mehr dazu.

Er hatte die Tür aufgerissen, war rasch eingetreten, hielt die Clement vorgestreckt. Und ich sofort neben ihm – zwei Pistolenmündungen drohten …

Und die Spieler da hatten sich lediglich behaglich zurückgelehnt …

Grinsten …

Und oben prasselten die Regenfluten …

Dann ein brüllendes Gelächter – wie eine Salve, und Herrn Tscheskowitz’ rauhe Säuferstimme: „Willkommen im Jrünen, jeehrte Schniffler!!“

Das war unser Empfang.

Ein Empfang, bedrohlicher als Schüsse, Tumult …! –

Die große Petroleumlampe mit dem Spiegelschirm an der Decke warf rötliches Licht auf brutale, hohnvolle Gesichter. Die geschminkte und gepuderte, blonde Schöne lächelte gleichfalls.

Harst war genau so verwirrt wie ich – nur einen Moment.

Dann drehte er sich langsam um. Hinter uns drei andere[4] Kerle, – drei kleine, schwarze Löchlein, stahlumgeben, die jeden Moment so ein winziges Nickelmantelding speien konnten und auch speien würden.

Die Partie stand hier gleich. Wir bedrohten die Spieler, die drei bedrohten uns. Hätten wir abgedrückt, hätten’s die drei auch getan.

Und oben trommelte der Regen. Ein Schuß wäre bei diesem Lärm der herabstürzenden Wassermassen von Emil Krabarty nie gehört worden, nie …!

Harald schob langsam die Clement in die Tasche. Und ich folgte seinem Beispiel.

„Sehr vernünftig!“ lobte der Säuferbaß des Kahnbesitzers. „Setzen Sie sich dorthin!“ Er wies auf das kleine Sofa an der Wand. Wir gehorchten. „Sie sind also wirklich wieder aus der Wohnung der Rätin entkommen,“ fuhr Tscheskowitz fort. „Unglaublich ist das!!“

„Der Portier hatte Verdacht geschöpft,“ sagte Harald kühl und setzte sich bequemer. Die Sprungfedern des alten Sofas klirrten.

Tscheskowitz grinste. „Da haben Sie Glück gehabt – oder Pech, wie man’s nimmt. In der Passauerstraße wären Sie am Leben geblieben. Hier nicht. Sie beide haben uns schon zu viel Unbequemlichkeiten bereitet. Ob Sie da draußen auf der Straße vielleicht wieder eine Horde Greifer bereithalten, ist uns sehr gleichgültig, sehr.“ Er gab zweien der Kerle am Tisch einen Wink. Sie entfernten sich, schlossen die Tür. Die drei mit den kleinen Repetierpistolen standen zielend da. Die Lage für uns war böse.

Tscheskowitz sprach weiter: „Oben die Tür, die Sie mit der Schlüsselzange öffneten, hat eine Alarmvorrichtung, Herr Harst. Daran hätten Sie denken sollen. Es wird sich sofort etwas ereignen. Dann rate ich Ihnen, ganz still zu sitzen. Die Sache ist lebensgefährlich. Legen Sie die Hände auf die Schenkel. So … – sehr brav!“

Und – da ereignete sich auch bereits etwas, das bewies, wie gering unsere Hoffnung war, hier zu entschlüpfen. Die Kajütwand hinter uns mußte einen beweglichen Ausschnitt haben. Zwei Sicheln – Sicheln, wie sie zum Grashauen benutzt werden, nur blank geschliffen – legten sich von hinten her sehr rasch unter unsere Köpfe um den Hals.

Die Kerle wieherten mit einem Male wieder. Die blanken Metallkrawatten und mein entsetztes Gesicht mögen wirklich[5] sehr komisch sich ausgenommen haben.

„Steckt die Dinger weg,“ sagte Tscheskowitz zu den dreien. „Die Sicheln sind besser. Sie machen keinen Lärm. Es ist meine Erfindung. Auch Fiffi habe ich damit den Hals durchgeschnitten, bevor ich sie ins Wasser schmiß. Das Biest hielt’s zu sehr mit dem Wolfshund von Krabarty dort drüben. Der Krabarty ist ein alter Schwätzer. Man muß sich ihn vom Leibe halten. – So, nun ein paar Fragen, Herr Harst, bevor wir genötigt sind, Sie beide Kanalwasser schlucken zu lassen. Wie sind Sie auf meinen Obstkahn aufmerksam geworden?“

„Durch die Kartenspieler an Deck und die frischen Bretter und den umgestürzten Handwagen. Die Bretter und der Handwagen sind jetzt nicht mehr da. Sie brauchten sie für den Autoraub, verstellten dem Auto damit den Weg.“

„Ah – haben Sie einen feinen Riecher! Also auch das wissen Sie!“

„Ich weiß noch mehr. Ich kenne den Weg, den Sie zur Flucht benutzen wollen. Aber – auch der ist versperrt. – Hören Sie, wie infolge des Regens das Wasser aus dem in den Kanal mündenden Rohr gegen die Bordwand des Kahnes rauscht, der die Rohrmündung, das dreiviertel Meter hohe Loch, verdeckt?! Sie können in dem Kanalisationsrohr entlangkriechen, nachdem Sie uns beide abgetan haben. Aber die Schächte nach oben sind besetzt, Herr Tscheskowitz. Und nach acht Wochen wird der Scharfrichter Arbeit bekommen.“

In meiner Kehle hatte bereits vor nervenflatternder Aufregung Übelkeit gewürgt. Schweiß war mir über Stirn und Gesicht gelaufen. Ich hatte an den dreizehnten gedacht, an meine ironischen Bemerkungen über die Unglückszahl.

Und nun waren die Kerle sämtlich von den Stühlen hochgefahren, streckten die Köpfe vor, starrten Harst an.

„In der Bordwand ist natürlich eine Luke,“ fügte der hinzu. „Gerade vor dem Ausflußloch. – Setzen Sie sich nur wieder, Herr Tscheskowitz.“

Des Kahnbesitzers plötzlich so hilfloser Blick irrte zu dem eleganten Weibe hin, die als einzige sitzen geblieben war. Aber – das war kein gepudertes Weiberfrätzchen mehr. Das war jetzt Gisbert Parnacks in wildem Haß verzerrtes Gesicht, das war der Feind, zitternd in ohnmächtiger Wut.

„Sie … Sie …!!“ zischte er pfeifend durch die zuckenden Lippen Harald an. „Sie … werden …“ – Und mit ruckartiger Kopfbewegung: „Bindet sie – rasch! Bindet sie an das Sofa. Wir werden dann beraten …“

Die Sicheln blieben, bis man uns gefesselt hatte. Und – wie gefesselt – wie geknebelt!! Tscheskowitz’ brutale Schifferfäuste hatten die Knoten geschlungen.

Dann waren wir allein. Die Sicheln verschwunden. Hinter uns der Wandausschnitt zugeklappt.

Und über uns Stille. Kein Regengeprassel mehr. Nur noch das Rauschen der aus dem Kanalisationsrohr gegen die Bordwand plätschernden Wassermassen.

Harst regte sich. Ich sah, daß er krampfhaft versuchte, den rechten Fuß zu heben. Er bekam das Knie erst nach Minuten ein paar Zentimeter hoch, mühte sich weiter ab, bekam es jetzt vielleicht zehn Zentimeter empor, und stieß den Fuß plötzlich mit hochgebogener Stiefelspitze nach unten – mit aller Kraft …

Ein Knall – ein Knall wie ein Schuß aus einer alten Vorderladerflinte – ein Knall vom Fußboden her: Harsts rechter Absatz, der angeblich lose Absatz, war hohl gewesen, hatte eine Knallpatrone enthalten!

Die Tür wurde aufgerissen. Tscheskowitz’ bleiches Gesicht stierte herein. Die Tür flog zu …

Und über uns Schritte – zwei dumpfe Schläge, Splittern von Holz …

Wieder ging die Tür auf: Bechert, zwei Beamte …!

Im Schiffsgang blitzende Laternen – Gestalten – ein paar Schüsse … –

Tscheskowitz und die vier Männer wurden verhaftet.

Von Parnack fanden wir nur noch das elegante Weiberkostüm, die Perücke und den Hut vorn an einer Bordwandluke. Er war in den Kanal gesprungen, war unter Wasser davongeschwommen, war nicht zu finden.

Die geraubten Banknoten, die drei Mexikaner, die goldenen Löffel und die Schönborn abgeschwindelten Wertsachen mußten uns vorläufig trösten.

Bechert strahlte, Schönborn strahlte.

Harald aber war diesmal wirklich verstimmt.

„Nun können wir uns doppelt und dreifach in acht nehmen, mein Alter,“ sagte er nur.

Dann fuhren wir heim …

 

 

Der Wolfshund des Herrn Krabarty

 

1. Kapitel.

… Sie denken, wir fanden daheim den vielnamigen Herrn Gisbert Parnack vor, den Verwandlungskünstler, den Verbrecher der neuen Zeit, den Typ des modernen Bekämpfers von Gesetz und fremdem Eigentum …?!

Weit gefehlt!

Einen Brief, Adresse mit Bleistift flüchtig hingeworfen, fanden wir.

Berlin, 14. 5. 22, morgens 2 Uhr 30.

Sehr geehrter Herr Harst, ich habe eine halbe Stunde hier auf Sie gewartet. Ich kam heute früh kurz nach ein Uhr nach Hause. Als ich das Licht in meinem Schlafzimmer (ich bin Junggeselle) eingeschaltet hatte, sah ich mich einem Menschen im Radlerkostüm gegenüber, der mit einer Pistole auf mich anschlug. Es war jener Parnack, der die Aufzeichnungen des Großherzogs von Sorringen gefunden hat. Um es gleich zu sagen: er hat sie wirklich gefunden! Das Geheimfach im Schreibtisch der Rätin ist Ihnen entgangen. Parnack hat mir alles mitgeteilt, was vorgefallen ist. Wie er aus dem Obstkahn entkam, verschwieg er. Er ist dann sofort bei mir eingedrungen, vom Dach aus über die Balkons durch eine eingedrückte Scheibe. Er erklärte zynisch, er sei nun von allen Barmitteln entblößt. Er forderte von mir eine Anzahlung für das Tagebuch des Großherzogs. Ich mußte ihm eine Million aushändigen. Er zeigte mir drei Seiten aus den Aufzeichnungen. Er verlangte von mir, daß ich Sie, Herr Harst, unbedingt anweisen müßte, sich um diese Angelegenheit nicht mehr zu bemühen. Ich ziehe also meinen Auftrag hiermit zurück.

Ich bin mit vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebener

Graf Schink-Barnfeld.

P. S. Ich bitte obiges streng diskret, auch der Polizei gegenüber, zu behandeln.

Harst zuckte die Achseln.

„Wenn es stimmt, daß Parnack die Aufzeichnungen besitzt, hat er sie anderswo gestohlen. Der Schreibtisch der Rätin enthält kein Geheimfach. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer. – Jetzt wollen wir schlafen gehen. Ich rate Dir, die Eisenläden Deines Schlafzimmers zu schließen und auch die Tür von innen gut zu verriegeln.“

Ich schlief bis elf Uhr vormittags, fand Harald hinten im Gemüsegarten, wo er in die Maulwurfsgänge mit Karbol getränkte Lappen hineinstopfte.

„Was Neues?“ fragte ich.

„Ja. Bechert hat angeläutet. Der Kahn des Herrn Tscheskowitz ist nochmals gründlich durchsucht worden. Man hat da in verschiedenen Verstecken eine Menge Diebesgut gefunden, das Tagebuch jedoch auch jetzt nicht. Der Obstkahnbesitzer hat zum Beispiel während des Transports nach dem Präsidium einen Zettel heimlich wegzuwerfen versucht, obwohl die Aufschrift ganz harmlos ist. Ich ließ mir von Bechert den Inhalt des Zettels diktieren. – Hier – lies mal.“

Ich las:

Ring heute erhalten, muß leider wohl schleunigst umgearbeitet werden. Sofort muß dies nach meiner Ansicht, Heimkehr vorausgesetzt, vielleicht kalt oder anderswie gemacht – durch Hämmern – werden.

„Hm,“ meinte ich. „Darin ist natürlich ein anderer Sinn verborgen. Der Schluß mit der merkwürdigen Stellung der Worte gibt zu denken.“

„Falls es nicht ungeschicktes Deutsch Gisbert Parnacks ist. Denn der Originalzettel, den Tscheskowitz wegwerfen wollte, stammt von Parnack, wie Bechert betonte.“

Ich lächelte Harald an. „Du willst mich aufs Glatteis führen! Du weißt doch am allerbesten, daß diese Geschichte von dem Ringe, der umgearbeitet werden muß, nur die Hülle für einen recht gefährlichen Kern ist, eben eine Geheimschrift. Schade, daß Du das Original nicht hast. Vielleicht würdest Du …“

„Nicht nötig, das Original, lieber Alter.“

„Wie – Du hast den wahren Inhalt schon …“

„Hast Du schon gefrühstückt?“ unterbrach er mich. „Ja? – Wir verreisen. Nur bis Kiel. Ein Katzensprung. Ich habe vorhin Kommerzienrat Kammler angerufen. Er stellt uns seinen Reisewagen zur Verfügung. Mit der Bahn ist’s mir zu unsicher. Wir beide wollen doch noch ein paar Jährchen leben. Aber – Parnack will das nicht. Dieser Rohrpostbrief kam um zehn. Da war ich schon zwei Stunden auf.“

Ich vergaß das Rauchen.

Parnack schrieb:

Herr Harst, die Schonzeit ist nun vorbei. Daß Sie mir die Milliarden wieder abgenommen haben, vergesse ich Ihnen nie! Ich wollte mich mit den Milliarden ins Privatleben zurückziehen. Sie sind es, der mich jetzt auf neue Taten sinnen läßt. – Gisbert Parnack.

„Die eisige Kälte, die durch diese Zeilen weht, warnt mich,“ sagte Harald. „Komm’, ziehen wir uns an. Wir nehmen keinerlei Gepäck mit. Und wir tragen das Kostüm für alle Fälle unter dem Straßenanzug.“

Um zwölf Uhr schlenderten wir, als ob wir lediglich einen Spaziergang vorhätten, die Blücherstraße nach links hinab, wo sie sehr bald in das freie Laubengelände übergeht. An der Ecke der Gladbacher Straße stand ein großes Tourenauto.

Wir hatten die Augen überall gehabt. Wir sahen nur einen Laternenreiniger, der von Laterne zu Laterne radelte, auf seine leichte Leiter kletterte und mit dem Putzen der Scheiben überraschend schnell fertig wurde.

Das war der einzige Mensch, der uns gefolgt war und der uns nicht ganz einwandfrei erschien.

Als wir rasch den Kraftwagen bestiegen hatten, als der Chauffeur des Kommerzienrats uns freundlichst als alte, interessante Bekannte mit einer respektvollen Vertraulichkeit begrüßt hatte, die auf einige gemeinsame Abenteuer zurückzuführen war, – als Harald hastig gesagt hatte: „Schmidtke – sofort Volldampf!!“ – als das Auto davonschoß und wir zurückblickten, da hatte der Laternenputzer den über den Sattel seines Rades gehängten Rock und Lodenumhang über den Rücken geworfen und so den am Hinterrad angebrachten Aushilfsmotor enthüllt, hatte die Leiter stehen lassen und knatterte nun hinter uns drein.

Harald lachte. „Einer der Kaschemmengarde!!“ Und winkte dem Menschen mit dem grauen Filzhut zu …

Die Verfolgung war ja auch von vornherein aussichtslos. Kammlers Auto fraß bequem seine 130 Kilometer. Und hier in den leeren Straßen des Laubengeländes fuhr Schmidtke wie der Teufel.

Der Motorradler kam uns bald aus den Augen.

Nun nahm Harst eine Zigarette. Der scharfe Luftzug strich über uns hinweg. Die Glasscheibe vorn war sehr hoch gestellt.

Und nach den ersten Zügen:

„Rittergut und Schloß Beestengart, Eigentum und Wohnsitz des Großherzogs von Sorringen, des ehemaligen Großherzogs, liegt acht Meilen westlich von Kiel.“

Man ist als Haralds Privatsekretär und Freund an Überraschungen gewöhnt.

„Also zum Großherzog …,“ sagte ich nur.

„Ja – höchstens für eine Stunde, mein Alter. Nur eine einzige Frage will ich an ihn richten. Aus der einen können sich mehrere entwickeln, falls er Ja sagt. Deshalb war auch telephonische Erledigung nicht möglich. Und brieflich hätte es zu lange gedauert. Es steht ein Menschenleben auf dem Spiel.“

„Was …? Menschenleben?“

„Ja – wahrscheinlich. Das hängt mit dem Zettel zusammen.“

Ich wußte genau: wenn ich jetzt mit Fragen über Harst herfiel, würde ich nichts erreichen! –

Zwei Stunden vergingen. Lübeck war bereits hinter uns. Zwischen den grünen Strichen der Chausseebaumkronen vor uns erschien, uns überholend, in mäßiger Höhe ein Zweidecker. Der weißgraue Riesenvogel zog eine dünne Rauchlinie hinter sich her. Ich erkannte zwei Personen in dem Flugzeug. Auch Harst schaute empor.

„Luftverkehr,“ meinte er. „Wenn’s nicht zu teuer gewesen wäre, hätten wir ebenfalls bis Kiel fliegen können. Jeder muß sich nach seiner Decke strecken.“

Ein Dorf kam. Schmidtke mäßigte das Tempo.

Rechter Hand sahen wir in der Ferne den glitzernden Wasserspiegel der Lübecker Bucht.

Das Dorf war passiert.

Ein Wald – grüne Mauern zu beiden Seiten der Chaussee, angenehme Kühle. Ein Berg dann – und unten im Tale auf weiter Lichtung ein neues Dörfchen.

Mitten im Dorfe ein freier Platz mit einer uralten Holzkirche. Links das Haus des Gemeindevorstehers, durch ein großes Blechschild kenntlich gemacht. Und zehn Meter weiter mitten im Wege ein dicker Mann mit einem Krückstock in der Hand, neben ihm ein Landjäger und ein Herr in Ledermantel, Sturzkappe und hochgeschobener Schutzbrille.

„Hm!!“ brummte Harst.

Da rief der Landjäger dem Chauffeur Schmidtke schon zu: „Halten!!“

Schmidtke hielt – dicht vor den dreien.

Der Beamte trat näher, ging um das Auto herum.

„Farbe und Nummer stimmen,“ sagte er und stellte sich neben den Wagen.

„Können Sie sich ausweisen?“ fragte er kurz.

Harald nahm seine Brieftasche hervor, reichte dem bärbeißigen Beamten seinen gestempelten und mit Lichtbild versehenen Ausweis.

Der Landjäger warf einen Blick hinein. „Auch das stimmt. – Steigen Sie aus. Ich erkläre Sie beide für verhaftet.“

Harald sah den Herrn im Ledermantel, der einen blonden Spitzbart hatte, noch immer durchdringend an.

Dann öffnete er die Tür, kletterte hinaus, reckte sich und lächelte den Beamten an.

„Sie sind beschwindelt worden,“ meinte er achselzuckend.

Und – warf sich urplötzlich nach rechts – mit einem Riesensatz – auf den Blonden, packte zu, riß ihm … den falschen Bart herunter …

Das ging so schnell, daß der Landjäger Harst gar nicht in den Arm fallen konnte.

Und dann – ebenso blitzschnell hatte der Blonde den rechten Fuß gehoben, hatte Harald vor den Unterleib einen solchen Stoß versetzt, daß Harst dem Beamten rückwärts taumelnd in die Arme sank.

Der Blonde aber raffte den langen Mantel hoch und stürmte davon – auf den Kirchhof zu, der hinter dem Kirchlein lag …

„Ihm nach!“ keuchte Harst, bereits vor Schmerzen zu Boden gleitend. „Parnack, Schraut. – Parnack!“

Das wußte ich bereits.

Und rannte hinter dem Flüchtling drein …

Ein Krückstock flog mir ins Genick – ein Krückstock, den der Gemeindevorsteher Jochem Düsing geschleudert hatte.

Ich schoß einen regelrechten Purzelbaum …

Dann stand schon Herr Düsing neben mir – einen altehrwürdigen Kavallerierevolver in der braunen Pranke.

„Min Jung, nu stei man wedder upp!“ sagte er drohend. „Der Herr Kommischär ut Balin hett mi all seggt, wat för Vagels Ihr seid!“

 

2. Kapitel.

Parnack war umgekehrt, stelzte würdevoll herbei.

Ein Dutzend Bauern fanden sich ein.

Harst war unfähig zu sprechen, und all mein Reden, Drohen, Bitten half nichts.

Der Gemeindevorsteher zeigte mir die Depesche, die er vor einer halben Stunde aus Berlin erhalten hatte:

Gemeindeamt Dorf Prökeln bei Pansdorf, Lübeck.

Auto Nr. B 191803, gelbgrauer Anstrich, offener Tourenwagen, mit Chauffeur und zwei Insassen ist anzuhalten, alle drei verhaften, wegen Juwelendiebstahls. Führen gefälschte Ausweise bei sich. Flugzeug zur Verfolgung unterwegs. – Polizeipräsidium Berlin.

Und Parnack legitimierte sich als Kriminalkommissar Fuhlschläger aus Berlin, trat so sicher auf, daß die Herrschaften in Prökeln sich völlig einwickeln ließen, zumal bei einer Durchsuchung des Autos jetzt in den Falten des Klappverdecks ein kleines Paket von dem Landjäger gefunden wurde, das eine Menge Juwelen enthielt: eine Perlenkette, ein Brillantdiadem, sechs Damenbrillantringe, zwei Broschen mit Smaragden und Brillanten und fünf ebenso kostbare Armbänder.

Harst lag mit geschlossenen Augen auf dem Dorfanger. Aus seinem linken Mundwinkel flossen ein paar Blutstropfen zum Kinn hinab.

Und ich – ich schäumte vor Wut.

Ich kam gegen dieses Schurken Parnack überlegene Ruhe nicht auf.

Er blieb dabei, daß er den falschen Bart getragen hätte, weil er von uns nicht erkannt werden wollte und daß der „angebliche“ Detektiv Harst in Wahrheit ein bekannter Berliner Einbrecher namens Karl Schmude sei.

Und zog schließlich Handschellen hervor …

Man hielt mich fest – die Stahlfesseln schnappten zu.

Man stieß mich vorwärts … –

Schmidtke, der Chauffeur, hatte ebenfalls mit echt Berliner Beredsamkeit die Herrschaften aufzuklären gesucht, hatte den Gemeindevorsteher törichterweise mit einem sonst sehr nützlichen Herdentier verglichen, hatte den Landjäger beschimpft, war auf den Wagen gesprungen, wollte fliehen, wurde gefesselt, tobte, wurde ins Gemeindehaus geschleppt.

Mich stieß man brutal vorwärts. Harald wurde, anscheinend bewußtlos, getragen – zur Dorfwiese, wo der Doppeldecker stand.

Ich hörte, wie der Landjäger dem angeblichen Kommissar erklärte, daß der Schmude doch offenbar schwer verletzt sei, daß der Herr Kommissar die Verantwortung allein übernehmen müßte, den Bewußtlosen im Flugzeug gleich nach Berlin zu transportieren.

Parnack befahl, Harst in die Gondel zu heben.

Bauernfäuste griffen zu. Parnack war rasch in die Gondel geklettert, bückte sich, um Harst emporzuziehen.

Der Führer des Zweideckers hatte den Motor angeworfen. Das Tau, das nach dem in der Grasnarbe steckenden Patentanker lief, spannte sich …

Und da – im letzten Moment – geschah das Unerwartete …

Harsts schlaffe Arme flogen hoch, stießen um sich. Er stand wieder auf dem Boden – er riß die Clement heraus …

Brüllte: „Herunter mit Euch beiden!“

zielte auf Parnack, – und der duckte sich blitzschnell, ruckte an der Auslösungsleine des Patentankers …

Der Zweidecker rollte plötzlich …

Rollte schneller …

Da feuerte Harst – – zwei Schuß – – auf den Mann vorn in der Gondel …

Hätte nochmals abgedrückt, aber der Landjäger schlug ihm den Arm hoch.

Das Flugzeug stieg …

Der Gemeindevorsteher packte Harst beim Jackenaufschlag.

„Herr Düsing,“ sagte Harald und blickte dem Doppeldecker nach, der sehr unruhig flog und merkwürdige Kurven beschrieb, „wenn das Flugzeug da wirklich der Berliner Polizei gehörte, würde es wohl umkehren und wieder landen. Aber – es sucht das Weite. Das heißt: ich scheine getroffen zu haben … Der Führer hat die Gewalt über den Doppeldecker verloren …“

So war’s …

Der Riesenvogel überschlug sich in der Luft, sank, überschlug sich abermals und fiel drüben am Waldrande in die Baumkronen. –

Dann waren wir am Waldrande – neben der Leiche des Flugzeugführers, die von oben herabgestürzt war.

Der Doppeldecker hing in der Krone einer Eiche.

Parnack aber war … verschwunden. Seinen Ledermantel hatte er abgeworfen.

Zwei junge Burschen waren bis zum Flugzeug emporgeklettert. Auch in der Gondel befand er sich nicht.

„Entflohen, Herr Landjäger,“ meinte Harst ernst. „Er gibt das Spiel hier verloren. Sie wissen nun ja, wer der Mann ist. Es ist Ihre Pflicht, ihn zu verfolgen.“ –

Herr Düsing bewirtete uns und Schmidtke mit allerlei Leckerbissen. Harald hatte mit Bechert telephoniert, hatte ihn gebeten, Ermittlungen über das Flugzeug anzustellen.

Um sechs rief Bechert wieder an:

„Flugzeug in Johannistal von zwei Unbekannten gestohlen – heute mittag halb ein Uhr.“

Harald nickte Düsing zu. „Sehen Sie!!“ –

Der Führer des Zweideckers hatte beide Kugeln durch die Brust bekommen. Seine Leiche lag jetzt im Stall des Gemeindevorstehers.

Um halb acht landete auf der Wiese ein Polizeiflugzeug. Kommissar Mellin begrüßte uns herzlich. Den Toten erkannte er an einer Tätowierung am linken Unterarm. Es war der Einbrecher und frühere Luftpilot Karl Schmude – blonder Karl genannt. –

Wir blieben die Nacht im Dorfe. Morgens war noch keinerlei Nachricht über eine Festnahme Parnacks eingetroffen. Er war entkommen.

Um acht Uhr fuhren wir drei weiter.

 

3. Kapitel.

Elf Uhr vormittags. Wir saßen in einem Zimmer des Schlosses Beestengart dem früheren Großherzog gegenüber.

„Graf Barnfeld hat mich vorhin wieder angerufen, Herr Harst,“ erklärte der Großherzog sehr zurückhaltend. „Ich muß leider den Umständen nach Ihnen jede Auskunft verweigern.“

Der schlanke, sonngebräunte Herr in hohen Stiefeln und Jagdjoppe seufzte und fügte hinzu: „Ich will in Ruhe meinen Kohl bestellen, Herr Harst. Und da sind mir auch fünfzig Millionen nicht zuviel.“

„Wenn Parnack nun aber die Seiten der Aufzeichnungen photographiert, die fünfzig Millionen einsteckt und die Photogramme doch an eine Zeitung verkauft?!“ meinte Harald warnend.

„Leute, die so etwas kaufen, wünschen die Originale, Herr Harst. Ich kenne das.“

„Und wenn Parnack des Tagebuches wegen einen Mord plante?!“ sagte Harald mit Nachdruck. „Wenn er die Aufzeichnungen vielleicht jemandem gestohlen hätte, der sie selbst stahl, und wenn er diesen Mann nun bei Seite schaffen will?! Dürfte ich dann eine Frage mir erlauben – eine einzige Frage.“

„Gut denn – fragen Sie.“

„Gab es in dem Hofstaat Ihres Herrn Vaters einen Mann namens Ring, Herr von Beestengart?“

„Ring – Doktor Justus Ring etwa? – Ja, Doktor Ring war Bibliothekar. Er bezieht noch heute eine Pension aus meiner Privatschatulle.“

Harald holte den Zettel hervor – den Ring-Zettel.

„Herr von Beestengart, wenn Sie von diesen Sätzen hier jedes dritte Wort lesen, ergibt das:

Ring muß schleunigst sofort nach Heimkehr kaltgemacht werden.

Das Original dieses Zettels nahm man einem Komplicen Parnacks ab. Daß dieser das Tagebuch nicht in dem Schreibtisch der Rätin gefunden hat, steht außer Zweifel. Er konnte die Papiere also nur anderswo sich angeeignet haben, vielleicht von einem Manne, der Gelegenheit hatte, die Möbel Ihres Herrn Großvaters zu durchsuchen. Als ich den Inhalt dieses Zettels – den wahren Inhalt – herausgelesen hatte, dachte ich mir, Ring könnte dieser Mann sein. Und – er ist es auch. Wo lebt er? In Berlin?“

„Ja.“ –

Hiermit war die Unterredung beendet. Harald erhob sich.

„Ich werde diesen Mord verhindern,“ sagte er nur noch. „Ich muß es. Vielleicht stoßen wir dabei auch auf Papiere.“ –

Wir fuhren nach Berlin zurück – eine andere Strecke.

Um vier Uhr waren wir in Potsdam, schickten Schmidtke mit dem Auto heim, sahen in einem Restaurant das Berliner Adreßbuch durch und fanden da:

Ring, Justus, Dr. phil. Bibliothekar, S.O. 26, Elisabethufer 239.

Ich weiß nicht, wer damals überraschter war, Harald oder ich!

Doktor Ring also Bewohner desselben Hauses, in dem Herr Ernst Schönborn von Parnack vorgestern mittag so schlau hineingelegt worden war und wo wir in der Person Emil Krabartys einen so verläßlichen Verbündeten gefunden hatten!

„Parnack versteht es, seine Komplicen richtig auszuwählen,“ meinte Harst nur. Und nach kurzer Pause: „Ein Arzt Doktor Menkner wohnt ebenfalls 239. Den werde ich mal anrufen.“

Doktor Menkner meldete sich sofort.

„Hier Bibliothekar Doktor Gugen, Potsdam,“ erklärte Harst. „Würden Sie die große Liebenswürdigkeit haben, Herr Doktor, und meinen Kollegen Ring mal an den Apparat bitten lassen. Es handelt sich um eine sehr dringende Angelegenheit. – So?! Mittags gerade aus dem Harz zurückgekehrt? – Ja, danke vielmals, ich warte …“

Dann meldete sich Doktor Ring.

Harald nannte sich wieder Doktor Gugen und bat den „Kollegen“, ihm heute um sieben Uhr abends im Cafee Ostaria am Potsdamer Platz eine Unterredung zu gewähren …

„Ich rate Ihnen dringend, Herr Kollege, bis dahin weder Ihre Wohnung zu verlassen, noch jemand Zutritt zu gewähren. Mir ist zufällig zu Ohren gekommen, daß Sie bestohlen sein sollen? Stimmt das? – Ja?! – Ihre Stimme klang mir recht erregt. – Wie gesagt: seien Sie vorsichtig. Ihnen droht Gefahr. Ich meine es gut mit Ihnen, Kollege.“

Um fünf waren wir in Becherts Privatwohnung in der Königstraße. Harald hatte Bechert ebenfalls angerufen und ihm Bescheid gesagt.

Unser alter Freund war noch ganz erfüllt von Parnacks gestrigem Zweidecker-Streich.

Harst erzählte erst das Abenteuer in Prökeln.

„Ich bin überzeugt, Parnack hätte mit Schraut und mir einen Flug über die Lübecker Bucht unternommen und uns dort ersäuft,“ sagte er zum Schluß. „Zum Glück fällt er auf so kleine Scherze wie den meinem Munde entquellenden Blutfaden noch immer herein. Man beißt sich selbst in die Lippe – und das Blut macht alle kopfscheu!!“

Dann nahm er eine Zigarette.

„Nun zum zweiten Teil, Bechert …“

Er schilderte Parnacks Erpressermanöver gegenüber dem Grafen Barnfeld, erwähnte den Doppelsinn des Zettels, den ehemaligen großherzoglichen Bibliothekar Doktor Ring und schloß: „Ich habe eingesehen, lieber Bechert, daß ich bei einer Zusammenarbeit mit der Polizei stets schlecht abschneide. Mein bisheriger Kriegsplan gegen Parnack stützte sich stets auf ein Bündnis mit der Polizei: die Erfolge blieben dabei aus: Parnack ist uns in der Passauer Straße entwischt, ebenso vorgestern nacht aus dem Obstkahn! – Ich arbeite fortan wieder allein, Bechert. Ein großes Polizeiaufgebot ist schwer zu verheimlichen. Schraut und ich fallen nirgends auf. – So, nun Punkt drei: die Juwelen, die Parnack in die Falten des Klappverdecks des Autos hineingeschmuggelt hat, damit unsere Verbrechernatur recht eindringlich der hohen Obrigkeit dort vor Augen geführt wurde. Diese Juwelen, behaupte ich, sind dem Grafen Schink-Barnfeld von Parnack gestohlen worden, als Parnack den Grafen in dessen Schlafzimmer erwartete. Hat Barnfeld diesen Verlust gemeldet?“

„Nein.“

„Vielleicht ahnt er noch nichts davon. Nun, das wird sich ja herausstellen. – Sie geben zu, Bechert: es ist die höchste Zeit, daß wir mit diesem Parnack Schluß machen – auch in Schrauts und meinem Interesse. Daher: borgen Sie uns die nötigen Kleider zu einer erstklassigen Maskierung.“

Zwei bereits etwas zitterige alte Herren von bescheidenem Äußeren saßen um sieben Uhr im Cafee Ostaria und warteten auf Doktor Ring.

Es wurde ein Viertel acht, es wurde halb acht.

Da sagte Harst leise: „Ich werde den Arzt anrufen. Ich fange an ängstlich zu werden.“

Schon um halb sieben hatte er mit Doktor Menkner telephoniert. Und der hatte ihm mitgeteilt, Doktor Ring sei soeben mit Emil Krabartys Satan ausgegangen. Ring pflege den Hund häufig mitzunehmen, damit das Tier etwas Bewegung hätte. –

Harst setzte sich, nahm einen Schluck Bier und flüsterte:

„Ring ist nicht daheim. Nur der Hund hat sich eingefunden. – Zahlen wir.“

Wir schritten am Potsdamer Bahnhof vorüber. Harald trug ein Paket im Arm: die beiden ältesten Paare von Becherts Stiefeln, die uns nötigenfalls bei Krabarty jederzeit unauffällig Zutritt verschaffen sollten.

Emil Krabarty wohnte im Gartenhaus im Erdgeschoß. Er saß noch bei der Arbeit, feist, schweißglänzend, in miserabler Stimmung.

„Wie – dett solln Stiebel sein!!“ fauchte er. „Det sind Löcher mit ’n paar Lederstückchen zwischen! Da is nischt mehr zu flicken!“

„Harst,“ flüsterte das eine der zitterigen Männchen.

Krabartys Mund öffnete sich – blieb offen …

„Harald Harst, Freund Krabarty. – Tatsache!“

„Det freit mir wirklich, Sie beede wiederzusehen,“ sagte der Portier nun, indem er unwillkürlich in den Berliner Jargon zurückfiel. „Janz besonders, da meen Satan mir ausjekniffen is. Sehn Sie, Herr Harst, det Viech is nu so meene eenzige Freide. Seit meene Frau dot is, hab’ ick mir an den Hund immer mehr anjeschlossen …“

Harald wollte diesen Redefluß etwas eindämmen.

„Wann ist Satan denn ausgekniffen, Freund Krabarty?“ fragte er rasch.

„So vor zwanzig Minuten, Herr Harst.“

„Er war doch erst mit Doktor Ring ausgegangen, kam dann allein zurück …“

„Ach nee – det wissen Sie?! – Ja, die Sache hat ihre Richtigkeit. Mit eenem Mal war er alleen wieder da, bellte vor die Haustür, und die Juste von Doktor Menkner ließ ihm rein. Det war so jejen sieben Uhr, und jejen halb achte rum, als ick mal mit ihm vor die Tür jing, da rennt det Viech mit ’n Mal wie besessen davon, nachdem es sich so vor mir hinjestellt und mir anjeblafft hatte.“

„Und Doktor Ring ist noch nicht heimgekehrt?“ fragte Harald gespannt.

„Nee. Und det wundert mir ja jrade. Satan hängt sehr an ’n Doktor, sehr. Ick vastehe jar nich, det er ihm wejjelofen is. So wat tut Satan nie.“

„Sagte Ihnen Doktor Ring denn, wohin er mit dem Hunde wollte? Nur ein Spaziergang?“

„Ja – so halb und halb, Herr Harst. Er hatte ne Verabredung mit ’n Kollegen im Cafee Ostaria. Er meinte, er würd’ so um achte rum wieder zu Hause sein. Er jab mir seine Schlüssel und Jeld. Ick sollte ihm wat zum Ambrod innholen. Er is Jungjeselle, der olle Herr, is so wat wie ’n Original.“

Harald rückte mit seinem Schemel näher an den kleinen Dicken heran und weihte ihn nun vollständig ein. „Sie werden hiernach begreifen, Freund Krabarty, daß ich allen Grund zu der Befürchtung habe, Doktor Ring könnte vielleicht in eine Falle gelockt worden sein.“

„Allen Jrund!“ nickte der Dicke ernst. „Ick vastehe: Satan is nu wieder dorthin zurickjekehrt, wo man den alten Herrn injefangen hat! Son Schuft, dieser Parnack, son Schuft!!“

„Ja. Sie verstehen ganz richtig. Ich möchte mich mit Schraut in Rings Wohnung so etwas umsehen. Die Schlüssel haben Sie ja hier.“

„Hm …“ Krabarty machte ein sehr bedenkliches Gesicht und stierte in das grelle Licht der Glühbirne. „Hm – er wohnt aber in die Mansarde, Herr Harst, und von die drei Stubentüren hat er die der Hinterstube mit Eisenblech benagelt, Eisenstangen vorjelegt und Schlösser anjebracht. Da kennten Sie also nich rinn, Herr Harst, und sonst gibt’s da nischt zu sehen – jar nischt!“

„Und was enthält diese Stube?“

Der kleine Flickschuster hob die Schultern.

„Weeß ick nich. Keene Ahnung. – Also – kommen Sie. Ick stelle mir vor die Haustür, und Sie jehen in die Mansarde ruff.“

Er erhob sich.

Die Fenster nach dem Hofe zu standen halb offen.

Plötzlich machte Krabarty eine heftige Handbewegung.

„Hörten Sie …“ flüsterte er. „Hörten Sie? Da … da schrie eener! Bei Jott – da schrie eener!“

Ich hatte gleichfalls eine der Art nach schwer zu bestimmende Reihe von Tönen gehört.

„Der Hund!“ meinte Harald und warf mir einen langen Blick zu …

 

4. Kapitel.

Es war Satan. Er saß vor Doktor Rings Flurtür, in der halben Dunkelheit nur als Schatten zu erkennen.

Harsts Taschenlampe blitzte auf. Er trat näher an das Tier heran, schmeichelte sanft:

„Schöner Hund – schöner Hund …!“ – Und beleuchtete eine kleine Blutlache auf den grauen Dielen des Vorbodens.

„Verwundet – dort am Halse!“ keuchte Krabarty jetzt. – „Da – ein ganzes Stück Fell hängt herab!“ fügte Harst schon hinzu. „Halten Sie Satan fest. Ich werde mir die Wunde ansehen. – – Das ist ein Messerstoß gewesen. Er sollte die Halsschlagader treffen. Man wollte den Hund töten, lieber Krabarty. Verbinden wir ihn erst. Ob wir wohl bei Doktor Ring alles Nötige dazu finden? Dann brauchen wir nicht erst hinunterzugehen.“

„Im Medizinschränkchen im Schlafzimmer is allens vorhanden, Herr Harst.“ Und Krabarty schloß die Flurtür auf. – Eine Viertelstunde später standen wir vor der so sorgsam versperrten Tür des Hinterzimmers …

Eine Tür, wie vor dem Kontor eines Gutsbesitzers. – drei dicke Eisenstangen, Blechbeschlag, drei Vorlegeschlösser amerikanischen Systems mit Buchstabenkombinationen.

Harsts Taschenlampe glitt immer wieder über die Schlösser hin …

„Die kriegt keener uff!“ flüsterte unser kleiner Verbündeter.

„In diesem Zustande doch!“ meinte Harst. „Die Sperrbügel der Schlösser sind nämlich durchgesägt. – Da.“

Und er löste das unterste mit ein paar Griffen, tat dasselbe mit dem mittleren und oberen. „Nun können wir hinein …“

Die Eisenstangen wurden losgemacht. Noch ein Druck auf die Klinke, und die Tür ließ sich aufdrücken.

Und jetzt – jetzt schoß der Wolfshund kurz aufheulend an uns vorüber in das Zimmer hinein …

Jetzt war Harst mit zwei Sätzen ihm nach …

Lehnte sich weit zum Fenster hinaus, dessen einer Flügel offen gewesen und an dessen Kreuzpfosten ein Seil befestigt war …

Schwang sich hinaus – blieb jedoch auf dem Fensterkopf sitzen …

Ich stieß den anderen Flügel auf …

Da war ein schachtartiger, enger Hofraum …

Da war an dem Seil ganz unten ein Mensch, der jetzt die letzten Meter hinabsprang und nach links in die Haustür schlüpfte.

Harald sagte leise: „Parnack, mein Alter! Parnack!! Er bog den Kopf zurück, schaute nach oben. Er war es. Ihn zu verfolgen, wäre zwecklos. Er hat zu viel Vorsprung. Er wird wohl vom Dache aus in die Wohnung eingedrungen sein.“

Und ging zur Tür, prüfte die durchsägten Schloßbügel, sagte zu Krabarty:

„Wie lange war der Doktor verreist?“

„Fünf Wochen unjefähr.“

„Und diese Schlösser sind vor vielleicht einer Woche erbrochen worden, das heißt damals, als etwa das Tagebuch gestohlen wurde – hier aus diesem Raume, der zumeist gestohlene Bücher enthält. Ring ist eben Bücherdieb aus Leidenschaft. Er wird so ganz allmählich die großherzogliche Bibliothek geplündert und den Raub beiseite geschafft haben, den er jetzt hier hinter Schloß und Riegel hielt. – Es bleibt nun noch aufzuklären, wie Parnack erfahren hat, daß Doktor Ring auch die Aufzeichnungen des alten Großherzogs sich angeeignet hatte und weshalb er soeben hier nochmals eingedrungen war. Daß Parnack mich erkannt hat, halte ich für ausgeschlossen. Er ahnt ja nicht im geringsten, daß wir auf Ring aufmerksam geworden sind.“

Satan hatte dumpf geknurrt, lief zur Tür, lief in den Flur hinaus – zur Tür von Rings Arbeitszimmer hin …

Und als wir nun vor Rings großem Schreibtisch standen, lag da auf dem grünen Tuchbezug ein Wisch Papier:

Herr Harst, ich habe mir erlaubt, nach der schnellen Seilfahrt in die Tiefe wieder die Treppe emporzusteigen. Die Flurtür ist gut geölt. Ich wollte nur diesen Zettel niederlegen. Daß ich einige Ihrer Sätze mit anhörte, ist Ihre Schuld. Sie haben mit mir eben stets Pech! Und dieses Pech wird sich steigern bis zu einem enormen Abhang, an dessen Fuße Sie beide das Genick brechen. – Sie sehen: ich habe Sie erkannt – ich werde Sie auch in jeder anderen Maskierung erkennen. Mehr brauche ich wohl nicht zu sagen. Parnack.

„Eins muß man dem Menschen lassen,“ meinte Harald sinnend. „Er hat Mut. Er besitzt ja überhaupt Eigenschaften, die ihn zu einem nützlichen Mitglied der menschlichen Gesellschaft machen würde.“

Seine Stimme war immer leiser geworden. Sein Blick hing starr an einem Bilde neben dem Schreibtisch, an einer der wenigen Photographien, die die Wände dieses ernsten und doch behaglichen Raumes schmückten.

In breitem Goldrahmen dort auf braunem Karton das wundervoll ausgeführte Bild eines jungen Weibes, nur Kopf, Hals und Nackenansatz …

Harst ließ das grelle Licht der Taschenlampe aufflammen und beleuchtete so die Photographie stärker.

Ich erkannte das junge Weib: es war Anna Holm, Parnacks Genossin, Parnacks Vertraute, jene Anna Holm, die das arme, ahnungslose Weiblein, die Rätin Sturz, kaltblütig in den Tod geführt hatte. (Vergl. Band 96, Der tote Kanarienvogel.)

Harald wandte sich an den Flickschuster.

„Freund Krabarty, kennen Sie die Frau?“

„Und ob, Herr Harst, und ob! Es ist Doktor Rings frühere Sekretärin. Anna Lohm hieß sie.“

„Was gelogen war, Freund Krabarty! Diese Anna Lohm, in Wahrheit Anna Holm, ist eine Hochstaplerin – prima Qualität, ist dieselbe, die jetzt in Untersuchungshaft sitzt als Parnacks Komplicin. Sie haben wohl davon in den Zeitungen gelesen. Und daß die Holm hier nur Sekretärin spielte, um das Versteck des Tagebuches zu ermitteln oder um sonstwie im Trüben zu fischen, ist ganz klar.“

Harst nahm die Photographie von der Wand und sah nach, ob auf der Rückseite eine Widmung stände.

„Merkwürdig!“ murmelte er. „Lies mal, mein Alter.“

Da stand in einer überaus energischen, schmucklosen Schrift folgendes:

Berlin, den 27. März 1922.

1 2 3 4 5 9 10,
Vielleicht einmal auf Wiedersehen!
Zur freundlichen Erinnerung

Anna Lohm.

Harald trat mit dem Bilde näher unter die elektrische Hängelampe. Er hatte es aus dem Rahmen herausgenommen, hatte offenbar an der Schrift der Holm etwas entdeckt, das ihm auffiel.

„Was siehst Du?“ fragte Harst ganz leise und hielt mir die Widmung unter die Augen.

Ich prüfte, schaute, stutzte …

„Donnerwetter – die Schrift stammt niemals vom 27. März her, die ist ganz frisch, aber mit Hilfe der Sonne rasch getrocknet worden.“

„Es stimmt,“ nickte Harald. „Diese merkwürdige Widmung ist erst heute nach Doktor Rings Rückkehr geschrieben worden. Mithin hat dies auch nicht Anna Holm geschrieben. Die sitzt ja, am Alexanderplatz, Polizeigefängnis.“

Harst drehte sich halb um. „Freund Krabarty, eine Frage … Hing das Bild schon immer dort neben dem Schreibtisch?“

„Ne, Herr Harst. Det Bild hatte ooch keenen Rahmen bisher. In dem Joldrahmen steckte ’n anderet Bild bis heite. Der Doktor muß …“

„Danke. Es ist anzunehmen, daß Ring die Widmung selbst geschrieben hat! Es fragt sich nun, wozu er das tat. Einen Zweck muß er dabei doch gehabt haben. Außerdem, die Zahlen – die Zahlen!! Die Sechs, Sieben und die Acht fehlen. Etwa nur des Reimes wegen?! Ich glaube das nicht. Hinter allem steckt mehr, weit mehr.“

Da meldete Emil Krabarty sich ganz bescheiden.

„Herr Harst, entschuldigen Sie man … Ick hörte da oben, daß Sie von Zahlen sprachen, und daß die Sechs, die Sieben und die Acht fehlen. Ick weeß nu nich, ob ick über den Talisman reden darf, den der Doktor mir heite for meenen Satan jejeben hat.“

Harald richtete sich mit einem Ruck auf.

„Einen Talisman? – Reden Sie! Sie müssen reden!“

„Hm – der Doktor meinte aber, der … der Zettel in Satans Halsband würd’ die Wirkung verlieren, wenn ick darüber mit jemandem sprechen täte. Der Talisman is doch jejen Gift. Die Lumpen vajiften jetzt wieder so …“

„Bot Ring Ihnen den Talisman ganz von selbst an?“

„Ja, heite so um sechse rum.“

„Und es ist ein Zettel, den der Doktor wohl unter die Messingplatte des breiten Lederhalsbandes geschoben hat – ein Zettel mit den Zahlen 1 2 3 4 5 9 10?“

„Ja – und mit Buchstaben und mit Zeichen.“

Harst lockte den Wolfshund, der denn auch sofort zu ihm hinlief.

Dann hatte Harst den eng gefalteten Zettel in der Hand. Da waren auf der einen Seite allerhand Arabesken, auf der anderen drei ebenfalls mit Tinte gezeichnete Totenköpfe und darunter folgendes:

10 N ist 1 I, 2 M ist 9 H, 3 O war 5 A und 4 K
Heilger Plift, vernichte Gift,
Bleib’ gesund, treuer Hund.

Harst zog plötzlich die Augenbrauen hoch, legte den Zettel auf die Widmung, beugte den Kopf darüber.

„Freund Krabarty, der Talisman ist erstklassig. Ich werde den Zettel sehr sorgfältig wieder hinter die Messingplatte schieben. So … Nun ist Satan wieder geschützt. – Sie könnten uns jetzt mal die Eßwaren heraufholen, die Sie für den Doktor eingekauft haben.“

Der Flickschuster verschwand.

Kaum schnappte die Flurtür hinter ihm zu, als Harst den Hund an die Leine nahm und mit ihm die ganze Wohnung durchging. Dann band er ihn im Flur an, kam zu mir ins Zimmer zurück.

„Hier ist kein Spion verborgen,“ meinte er und sah mich scharf an. „Und hier ist der Talisman – hier die Photographie, die Widmung. Und beides zusammen ist eine Nachricht, eine Verabredung zu einem Stelldichein …“

Ich glaube, mein Gesicht war in dem Moment nicht eben geistvoll.

„Stelldichein?“ wiederholte ich verständnislos.

„Ja. Irgend jemand soll sich mit Ring im 1 2 3 4 5 9 10 treffen.“

„Mit Ring?!“

„Das stimmt. Ring ist zwar tot. Aber vielleicht lassen wir ihn wieder auferstehen. – Bitte, wenn Du hier aus dem famosen Talisman statt der Zahlen die Buchstaben entnimmst, also 10 = N, 1 = I, 2 = M und so weiter, und wenn Du diese Buchstaben und Zahlen so ordnest, wie die Zahlen in der Widmung stehen, ergibt das

I M O K A H N

oder Im O-Kahn, – im Obstkahn! Fein, wie?!“

Ich nickte nur.

„Ring hat mithin die Verabredung mit demjenigen, der in den Obstkahn kommen soll, unter den allergrößten Vorsichtsmaßregeln getroffen, hat dem Betreffenden aus Vorsicht wohl nur Nachricht gegeben, daß Photographie und Halsband alles weitere besagen. Dieser Jemand wird daher ohne Zweifel hier erscheinen und sich die Widmung ansehen, wird auch den Talisman Satans prüfen müssen …“

Da kehrte Krabarty zurück.

„So, meine Herren,“ rief er. „Allens da! Allens! Juten Appetit! Ich bringe noch Messer und Gabel und Tellers.“ –

Wir aßen. Harald erteilte Emil Krabarty allerlei Anweisungen. Sobald wir mit Satan das Haus verlassen hätten, sollte Krabarty Freund Bechert anrufen – von Doktor Menkner aus, und sollte ihm bestellen, daß Bechert in einer Verkleidung sogleich in Doktor Rings Wohnung die Wache übernehmen und jeden verhaften müßte, der dort eindringen würde.

„Sie selbst, Freund Krabarty,“ fügte Harst hinzu, „halten über alles, was hier geschehen, den Mund, auch über das Bild, den Talisman und das Hinterzimmer!“

„Wat doch selbstvaständlich is,“ nickte der kleine Dicke.

Mittlerweile war es halb zehn geworben.

Der Wolfshund, die Nase auf dem Pflaster, drängte an der Leine keuchend vorwärts.

Durch verschiedene Straßen ging es dem Görlitzer Bahnhof auf Umwegen zu. Gegenüber dem Bahnhof machte Satan vor dem Eingang eines Gemüsekellers halt. Die Tür war noch offen. Im Keller brannte Licht.

Aber – vor der Kellertür strichen noch fünf andere Hunde aller Größen umher.

Harst lachte. „Liebessehnsucht! Der Gemüsehändler besitzt eine Hündin! – Gehen wir weiter …“

Der Wolfshund sträubte sich jetzt, uns zu folgen. Er knurrte, riß an der Leine …

Und – riß sich los, als wir uns etwa fünfzig Schritt nach dem Spreewaldplatz zu entfernt hatten.

Wir sahen, wie jetzt eine ärmliche Frau auf der Kellertreppe erschien, wie sie den Wolfshund an sich lockte, ihn streichelte …

„Wetter!“ sagte Harald und zog mich mit sich fort. „Nun ist der Talisman nicht mehr im Halsband, behaupte ich. Nun werden wir beide verschwinden. – Auto, halt!“

Wir stiegen ein, fuhren nach Hause, nach der Blücherstraße.

Harald lehnte stumm in seiner Ecke. Draußen regnete es sacht.

 

5. Kapitel.

Zwei waschechte Berliner Kaschemmenbrüder schoben anderthalb Stunden später am Elisabethufer entlang.

Es regnete Bindfäden …

Vor dem Obstkahn blieben die beiden stehen.

Ich erkannte nur undeutlich einen großen Hund vor der Treppe, die von dem überdachten Heck nach unten führte.

„Das begreife ich nicht,“ flüsterte Harald weiter. „Wer kann Satan getötet haben?!“

Er hatte mich untergefaßt. Wir gingen weiter. Eine Weile schwieg er. Dann meinte er grübelnd: „Die Wunde Satans rührte doch von einem Biß her. Es wird zwischen den Hunden vor dem Gemüsekeller zur Beißerei gekommen sein. Die ärmliche Frau, die Satan dort vorhin streichelte, kann …“

Plötzlich fühlte ich den jähen Druck seines Armes. Wir waren bis zur Luisen-Brücke gelangt. Ein Mann kam uns entgegen, vom Laternenschein umspielt, ein Mann mit einer tief ins Genick gezogenen Mütze, einem um den schlanken Körper schlotternden Anzug, Hände in den Hosentaschen.

Er ging dicht an uns vorüber, warf uns einen messerscharfen Blick zu. Sein rußbeschmutztes Gesicht war bartlos.

„Die Stiefel!!“ hauchte Harst. „Sahst Du die Stiefel! Es waren Lackschuhe – Lackschuhe, von denen der Regen die Schmutzschicht weggespült hatte. – Trennen wir uns. Ihm nach. Aber Vorsicht!“

Der Mann war von der Brücke nach dem Elisabethufer zu abgebogen, war dann blitzschnell über das Eisengeländer geklettert und vom Rande der Kanalmauer auf den Obstkahn hinübergesprungen.

Harst erschien neben mir. „Rasch – zum Boot!“

Der Nachen war im Moment losgekettet. Gerade als wir ihn dann bis zum Heck gebracht hatten, als wir uns aufrichteten und über die Reling hinweglugten, sahen wir den Mann in dem schlotterigen Anzug auf den toten Hund zukriechen. Jetzt hatte der Mann eine schwarze Seidenmaske vor dem Gesicht.

Da schwang Harald sich empor – leicht – mit elegantem Satz, packte zu, packte die beiden Handgelenke.

Ich war neben ihm. – „Binden, schnell!“ befahl er. Dann riß er dem Menschen die schwarze Seidenmaske ab. Das rußgeschwärzte Gesicht, vom Monde beschienen, war mir fremd. Das war nicht etwa Gisbert Parnack. Wer war’s?!

Harst schob den Mann in den Schatten des Heckdaches, sagte leise: „Anna Holm, es ist der falsche Hund. Es ist nicht Krabartys Satan. Sie hätten bei diesem Tiere keinerlei Zettel gefunden, keinen … Talisman! – Schraut, heraus mit der Clement! Die Holm geht voraus!“

In der Kajüte keine Seele …

Auf dem Tische unter der Hängelampe lag seltsamerweise ein … ein Bund Radieschen, frische, rotbäckige Radieschen, wie gewaschen aussehend, frisches Grün daran.

Harst blickte die Holm scharf an. „Sie sind also mit Hilfe Parnacks entflohen,“ sagte er mit einem Male sehr ruhig. „Parnack hat Ihnen nur einen Zettel zukommen lassen mit für Uneingeweihte unverständlichen Worten, etwa: Wolfshund, Halsband, Photographie, Goldrahmen. Vielleicht war der Inhalt des Zettels auch etwas anders – etwas! – Aber Sie wußten Bescheid. Sie haben mit Parnack wohl schon häufiger so vorsichtige Verabredungen getroffen, Fräulein Anna … Lohm!“

Da zuckte die Hochstaplerin doch zusammen.

Harald lächelte sie an. „Das Spiel ist aus. Sagen Sie nur die Wahrheit. Sie fürchten Krabartys Satan, sahen den toten Hund hier auf dem Deck liegen, wollten den Zettel aus dem Halsband nehmen, dann in Doktor Rings Wohnung nach oben. Stimmt’s? Und bei Ring Ihr Bild – das sollte Ihnen verraten, wo Sie Parnack finden würden. Nun, ich kann Ihnen die Sache erleichtern: die Geheimschrift besagt nur: „Im Obstkahn“. Und im Obstkahn sind wir jetzt. Hier ist niemand. Ganz bestimmt ist hier niemand.“

Die Holm verzog hohnvoll das Gesicht. „Suchen Sie Parnack doch, Sie … Sie schlauer Herr!“

In geradezu komischem Gegensatz dazu nun Haralds fast schwärmerische Worte:

„Wie schön sie sind, wie Rosen, diese Radieschen – Kinder des Frühlings. Ich möchte wohl wissen, wo man frische Radieschen zu kaufen bekommt!“

Ich sah, daß Anna Holms Gesicht sich veränderte.

Und – Harald blickte sie an, warf die Radieschen auf den Tisch und sagte hart und befehlend:

„Vorwärts – zu Doktor Justus Ring! Es regnet wieder. Es gießt …“

Und durch Sturzbäche einer peitschenden Sintflut eilten wir über die Straße nach Nr. 239. – Emil Krabarty stand im Hausflur. Satan neben sich.

„Wem gehört der tote Wolfshund auf dem Obstkahn?“ fragte Harald kurz.

„Dem Herrn Direktor Gloger aus Nr. 238. Det arme Tier wurd’ jejen zehn hier vor die Tür von ’n Auto dotjefahren.“

„Ist Kommissar Bechert oben? – So, dann holen Sie ihn bitte herunter. Er soll die Holm wegbringen lassen.“

Wir gingen mit Bechert und zwei Beamten in den Regen hinaus. Harald hatte Satan an der Leine. Zur nächsten Polizeiwache gingen wir. Bechert schritt zwischen uns. „Diesmal fühlt Parnack sich völlig sicher,“ sagte Harald, als der Regen plötzlich nachließ. „Diesmal werden wir das Haus einkreisen, daß keine Maus entschlüpfen kann!“

Das Haus war dasjenige, in dem sich der Gemüsekeller befand.

Und es war kurz nach Mitternacht, da … fingen wir ihn, den großen Verbrecher!

Wir hatten den Gemüsekeller bereits zweimal durchsucht, als Satan aufbellte und wie toll in dem Schlafzimmer der Händlerin den Bettvorleger beiseite kratzte.

Die beiden Beamten hoben zwei tadellos eingepaßte Dielenstücke hoch. Ein Loch darunter – ein feuchter enger Raum …

Bechert rief hinab – drohte …

Gisbert Parnack kam – kletterte heraus, sagte angesichts der so überzeugend wirkenden Pistolen: „Verspielt!“ Zuckte die Achseln …

Handfesseln schnappten um seine Gelenke.

„Sie hätten die Radieschen nicht als Hinweis auf diesen Gemüsekeller in die Kajüte legen sollen,“ meinte Harald. „Sie hätten auch, als ich von Potsdam aus mit Ihnen telephonierte – als Doktor Gugen mit Doktor Ring – Ihre Stimme besser verstellen sollen, Gisbert Parnack. Sie sind Parnack, sind der Vielnamige, Sie sind auch Doktor Ring. Zuerst zweifelte ich noch daran. Den Ausschlag gab nicht Ihre Stimme, sondern die Handschriften der Widmung und des Talismans, die beide verstellt waren. Aber beide glichen der Parnacks ein wenig. – Wo ist der echte Doktor Ring?“

„Seit fünf Jahren tot,“ lachte Parnack stolz. „Seit fünf Jahren, seit ich als Doktor Ring nach Elisabethufer 239 zog, vertrete ich ihn.“ – –

Das Tagebuch des alten Großherzogs fand Harald im Geschirrschrank der Händlerin in einer großen Kaffeekanne, dazu die Juwelen, die in Prökeln eine Rolle gespielt hatten. –

Und dann kam das andere – das Unangenehme, Unglaubliche, Unbegreifliche …

Was es war, kann ich hier leider nicht mehr berichten. Es steht im folgenden Band, im …

 

Geheimnisvollen Fenster.

 

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Kabels Kriminalbücher. Band 8:

Die Todgeweihten

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Wir weisen alle Freunde der Harald Harst-Abenteuer darauf hin, daß aus Anlaß der Herausgabe des 100sten Harstbandes

Unser 100stes Abenteuer“

ein Roman mit Harst und Schraut als Hauptpersonen in unserem Verlage mit dem Titel

Der Klub der Toten

erscheint.

 

 

Der Detektiv

Eine Reihe höchst spannender Detektivabenteuer. Bisher sind folgende Bände erschienen:

 

Band


























108:
109:
110:
111:
112:
113:
114:
115:
116:
117:
118:
119:
120:
121:
122:
123:
124:
125:
126:
127:
128:
129:
130:
131:
132:
133:
134:
135:

Die Motorjacht ohne Namen.
Der Kampf gegen Lionel Barring.
Das Geheimnis der Tokkara-Höhle.
Die große Null.
Das Geheimnis des Bosporus.
Anna Karstens Amulett.
Der Mann mit dem Glasauge.
Der Kopf des Maharadscha.
Die Treppe des Todes.
Dr. Groupys Verhängnis.
Das Geisterschiff.
Der Tennisschläger der Rani.
Der Mann am Kreuze.
Tawa Burru, der Verrückte.
Das Piratendorf.
Die Hexenküche.
Das Geheimnis von H. O. 3.
Die Gräfin mit den Kormoranen.
Der Bouillonkeller 113.
Der tote Tümmler.
Das Erbe der Verschollenen.
Das Geheimnis der Dabri-Fälle.
Die Faktorei auf der Toteninsel.
Das gestohlene Auto.
Das Rätsel der Spielkarten.
Die Diamanten des Bettlers.
Die Photographien d. Sennor Trimaldo.
Der Kokain-Klub.

– Preis pro Band 20 Pf. –

Zu beziehen durch jede Buchhandlung oder vom

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin SO 26,

Elisabeth-Ufer 44.

 

 

Anmerkungen:

  1. Im Gegensatz dazu heißt der Titel bei einigen Ausgaben auf dem Titelbild „Der Obstkahn am Elisabeth-Ufer“.
  2. Tatsächlich ist im vorigen Heft durchgängig von „Passauerstraße 119“ die Rede, während es hier wieder durchgängig die „161“ ist. – Daher so belassen.
  3. In der Vorlage steht: „vorherein“.
  4. In der Vorlage steht: „andete“.
  5. In der Vorlage steht: „wiklich“.