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Der Bouillonkeller Nr. 113

 

 

Der Detektiv

 

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 126:

 

Der Bouillonkeller Nr. 113

 

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H.
Berlin 26, Elisabeth-Ufer 44

 

Nachdruck verboten. – Alle Rechte, einschl. das Verfilmungsrecht, vorbehalten. – Copyright 1924 by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin.
Druck: P. Lehmann G. m. b. H., Berlin.

 

1. Kapitel.

Jack Barissa, der Gesuchte.

An einem jener wenigen warmen Septembertage des Jahres 1923 fand sich abends gegen halb sieben in unserem gemeinsamen Heim in der Blücherstraße 10 in Schmargendorf ein ärmlich gekleideter, aber recht sympathisch aussehender junger Mensch ein, der uns folgendes in unverfälschtem Berliner Dialekt erzählte.

Er hatte, um Pilze zu suchen, die Wälder westlich von Potsdam durchstreift und sich dabei verirrt. Während er eine hüglige ältere Schonung durchschritt, sah er an einem Baume inmitten einer kleinen Lichtung ein Fahrrad stehen, ohne den Besitzer in der Nähe zu bemerken. Während er sich noch das tadellos neue Rad anschaute, wurde er durch das Knacken eines brechenden trockenen Astes gewarnt und duckte sich hinter ein paar Brombeerstauden, die hier am Rande der Lichtung besonders üppig wucherten.

Er gewahrte so einen zerlumpten Menschen und eine junge Dame in elegantem Radlerkostüm, die jetzt die Lichtung betraten und neben dem Rade stehen blieben.

Der Strolch, ein älterer, bärtiger Kerl, behandelte die Dame mit großer Hochachtung.

Das einzige, was unser Pilzsucher von der leisen Unterhaltung der beiden verstanden hatte, waren die Worte der Dame: „Sie finden sich dann also morgen vormittag bei mir ein, Herr Barissa. Vergessen Sie nicht: Hauptstraße 231!“

Dann hatte sie dem Stromer die Hand gereicht und ihr Rad auf einem schmalen Pfade dem nahen Hochwald zugeschoben. Der Strolch, der ihr eine Weile nachschaute, machte kehrt und verschwand in der Tiefe der dichten Schonung.

Unser Klient, übrigens ein stellenloser Schuhmachergeselle namens Karl Wieprecht, war durch die soeben beobachtete Szene neugierig geworden und schlich vorsichtig hinter dem bärtigen Stromer her, bis dieser inmitten einer Gruppe uralter Eichen, wie man sie in den Potsdamer Wäldern so häufig antrifft, im Nu sich geradezu unsichtbar machte.

Wieprecht, hierdurch noch stutziger und überzeugt, daß er irgendwelchen recht dunklen Geschichten zufällig auf die Spur gekommen sei, kroch näher an die von hohen Brombeersträuchern umgebenen acht Eichen heran und bemerkte so zwischen ihnen einen freien Platz, der von den Resten eines eisernen Gitters eingeschlossen war.

Der Strolch jedoch war und blieb verschwunden.

Der Pilzsucher wollte schon wieder unverrichteter Sache davonschleichen, als ein Blick in die mächtigen Kronen der uralten Bäume ihm einen dünnen Rauchfaden zeigte, der graugelb scheinbar aus dem einen Eichenstamm etwa sieben Meter über dem Boden hervorquoll, schnell dichter wurde und sich doch im Blattgewirr bald wieder auflöste.

Als er nun so im hohen Grase dalag und verwundert zu dem graugelben Qualm emporstarrte, hörte er irgendwoher seltsam schrille, gedämpfte Schreie, die jedoch plötzlich wieder verstummten.

Da bekam er es mit der Angst und rannte davon.

Unterwegs nach Berlin fand er dann in dem Vorortzuge eine Morgenzeitung, blätterte aus Langerweile darin und entdeckte so den Bericht über die am Tage vorher erfolgte Verhaftung des Dienstpersonals der Frau Mongborg, die sich selbst durch Gift im letzten Augenblick der Festnahme entzogen hatte. In diesem Bericht waren auch wir, Harald Harst und ich, erwähnt, da ja Harald einzig und allein die Bande von Juwelendieben, die unter dem Namen der „Drei“ seit vielen Monaten ganz Europa unsicher gemacht hatten, endlich hier in Berlin in einer vornehmen Villa aufgespürt hatte.

Als Wieprecht so Harsts Namen las, überlegte er, ob er dem berühmten Detektiv sein heutiges Abenteuer vielleicht mitteilen solle. –

Nachdem er uns sein Erlebnis mit allen Einzelheiten geschildert hatte, erklärte Harald lächelnd, die Sache sei doch wohl zu bedeutungslos, um ihr auch nur eine Stunde zu opfern, schenkte Wieprecht Geld und Zigarren und ließ ihm von unserer braven alten Köchin ein paar belegte Brote zurechtmachen, bat den jungen Schuhmachergesellen jedoch, sein Abenteuer niemandem sonst zu erzählen, was Wieprecht auch freudig und mit ehrlichen Augen versprach.

Um sieben Uhr verließ er das Harstsche Familienhaus recht vergnügt – und ahnte nicht, daß der große Harald Harst ihn – grob angeschwindelt hatte.

Denn kaum war die Vorgartenpforte hinter ihm zugefallen, als Harald zu mir sagte:

„Lieber Alter, ich denke, die Geschichte lohnt. Wieprecht hat uns die acht Eichen so genau beschrieben, daß wir auch im Dunkeln hinfinden werden. – Kostüm Strolch natürlich! Also an die Arbeit!“

In zehn Minuten waren wir fertig. Inzwischen hatte die Köchin Mathilde auch für uns eine Menge Brote herrichten müssen, und als zwei waschechte Pennbrüder betraten wir durch den Gemüsegarten den Feldweg, gelangten bald in die Blücherstraße und bestiegen ein Auto, dessen Chauffeur zunächst mit geringschätzigen Blicken die beiden Strolche musterte, bis der größere ihm ins Ohr flüsterte:

„Harald Harst, mein Lieber!“

Da begriff der Mann. –

Wir fuhren gen Potsdam.

Saßen ganz behaglich im geschlossenen Kraftwagen und unterhielten uns über den – neuen Fall.

„Es ist wohl selbstverständlich, daß das alte eiserne Gitter dort zwischen den Eichen in der Waldeinsamkeit ein Grab umschließt,“ sagte Harald und stopfte sich die kurze Stummelpfeife, die zu seiner Maske genau so gehörte wie die Schmutzpatina auf den Händen und im Gesicht. „Es gibt mehrere solcher Gräber dort in den Wäldern, zumeist von historischer Bedeutung. Es kann sich hier nur um das auch in dem Fremdenführer von Potsdam und Umgegend erwähnte Grab des Forstmeisters Joachim von Rocholz handeln, der unter der Regierung Friedrichs des Großen von Wilddieben tödlich verwundet wurde und den Wunsch geäußert hatte, an derselben Stelle beerdigt zu werden, wo ihn das verderbliche Blei niederstreckte.“

Er rauchte …

Und ich nahm die Zigarre aus dem Munde und meinte:

„Es scheint, als ob in dem Grabe oder dicht dabei dieser Barissa als Höhlenbewohner haust. Der Rauch ist doch in dem hohlen Stamm der Eiche hochgestiegen.“

„Natürlich – Höhlenbewohner! Denn das Grab Joachim von Rocholz’ hat Friedrich der Große sauber ausmauern lassen und als Grabplatte einen riesigen flachen Stein gespendet, in den die Begebenheit in kurzen Daten eingemeißelt ist.“

Pause …

Und dann wieder Harald:

„Übrigens ist mir der Name Barissa nicht fremd. Ein Jack Barissa, der gewiegteste Neuyorker Geldschrankknacker, flüchtete vor drei Monaten nach Berlin, gab hier einige Gastspiele zusammen mit Berliner schweren Jungen und wird seit vier Wochen von der Kriminalpolizei wie eine Stecknadel gesucht.“

Diese Angaben genügten, mein Gedächtnis aufzufrischen.

„Stimmt – jetzt besinne ich mich. Im internationalen Fahndungsblatt war Jack Barissas Bild zu finden.“

„Die Polizei schiebt ihm den Mord an dem Geheimrat Horwiz in der Villenkolonie Dahlem in die Schuhe.“

„Ja – Horwiz überraschte Einbrecher, und einer schoß ihn nieder.“

„Barissa tat’s sicherlich nicht. Die Pinkertons aus Neuyork baten uns doch vor zwei Monaten telegraphisch, Barissa hier in Berlin aufzustöbern, wie Du Dich besinnen wirst. Was die Detektivfirma uns über Jacks Charakter mitteilte, widerspricht der Annahme, daß er den Geheimrat so brutal niederknallte!“

„Ja. – Und wir lehnten damals den Auftrag ab, weil wir anderes zu tun hatten.“

„Merkwürdiger Zufall, daß Barissa uns nun doch beschäftigt!“

„Falls es derselbe Barissa ist …“

„Nach Wieprechts Beschreibung muß er es sein. Barissa eignet sich wenig zum Verbrecher, da seine unförmig dicke Knollennase ein böses Kennzeichen ist. Der Nase wegen lebt er nun wohl auch vorläufig als Waldmensch. Und unser Klient Wieprecht hob dieses Riechorgan besonders hervor –“

Weiter fuhren wir … Durch die stille Herbstnacht … Vorbei an den Vororten … Durch Neu-Babelsberg, Nowawes[1]

Acht Uhr war’s, als das Auto dann am Waldesrande hielt.

„Warten Sie hier,“ befahl Harst dem Chauffeur. „Sollte jemand Sie fragen, weshalb Sie hier auf der Chaussee mit Ihrem Kraftwagen stehen, so geben Sie am besten eine Panne als Grund an!“

„Sehr wohl, Herr Harst –“

„Im übrigen: schweigen!!“

„Das ist selbstverständlich, Herr Harst!“ –

Wir beide gingen zu Fuß weiter. Bogen zehn Minuten drauf rechts in den Wald ein, wanderten einen Fahrweg entlang, genossen die ganze traumhafte Poesie eines abendlichen Spaziergangs durch den stillen Forst, belauschten ein paar Rehe, sahen Meister Reineke auf Raub ausziehen, hörten den dumpfen Jagdruf des Waldkauzes und fühlten in uns die tiefe Andacht vor der Unberührtheit dieser Naturbilder.

So schlicht begann dieses Abenteuer.

So harmlos begann es.

Und doch: in unseren Taschen, in den zerfetzten Beinkleidern der beiden Strolche steckten die neunschüssigen Clementpistolen, steckten Taschenlampen, Ersatzbatterien, aufklappbare Dolchmesser – unser Rüstzeug!

Und hier inmitten sanft rauschender Kiefern und säuselnder Buchen, ernster Eichen aßen wir Abendbrot.

Aßen in der Gewißheit, daß wir vielleicht sehr bald keine Zeit mehr haben würden, an derlei körperliche Notwendigkeiten zu denken.

Und tranken dazu aus echten Stromerpullen süßen Tee mit Rum. –

Allmählich glänzte auch der Mond durch die Baumkronen, zeichnete helle Striche über den einsamen Weg.

„Hier müssen wir in die Schonung einbiegen,“ meinte Harald abermals zehn Minuten später. „Hier liegt der umgeworfene Wegweiser, den Wieprecht erwähnte. Also – vorwärts!“

Ein schmaler Pfad …

So schmal, daß die Tannenzweige mein Gesicht streiften.

Harst ging voran.

Harzduft umgab uns. Poesie war es. Die eigene Poesie unseres schönen Berufes. Kindheitserinnerungen stiegen in meiner Seele auf – wie ich einst Lederstrumpfs Erzählungen mit Gier verschlungen hatte, besonders den Kundschafter am Binnensee, – – und so wie einst Wildtöter durch die Wälder schlich, so jetzt auch wir beide, Kinder einer anderen Zeit, Kinder des Jahrhunderts weltumstürzender Erfindungen.

Poesie – Mondlicht – Schweigen der Wälder …

Wundervoll für so ein kleines Dichterherz wie das meine.

Bis – wir plötzlich die acht Eichen vor uns hatten … Stehen blieben … lauschten … spähten …

Und ich flüsterte:

„Ah – ein Glühwürmchen!!“

Und der Freund neben mir drückte seine Hand auf meine Lippen.

Raunte mir ins Ohr:

„Kein Glühwürmchen. Die glimmende Spitze einer Zigarre! Riechst Du es nicht?“

Da war’s aus mit der Poesie!

Nein – doch nicht ganz …

Wildtöter – – Lederstrumpf!! – Nun galt’s, lautlos heranzukommen an den Mann, der da neben dem Grabe des Forstmeisters Rocholz saß und seine Abendzigarre genoß.

Nun schoben wir uns vorwärts auf allen vieren … Hätten jeden Trapper beschämt, hatten das Anschleichen oft genug geübt in fernen Zonen, wo wir beide hoch zu Roß oder Dromedar Verbrecher durch Sandwüsten und Steppen jagten.

Oh – wir verstanden’s …

Wir wichen den stachligen Brombeeren aus und krochen durch dürres hohes Gras …

Hatten bald das Gitter erreicht – das zerbrochene, uralte rostige Gitter …

Hatten jetzt die Gestalt vor uns, – und gerade da kam der Mond droben an eine Lücke in den Kronen und warf sein mildes Licht über – das Glühwürmchen …

Eine Zigarette in der schmalen weißen Hand – eines blonden Weibes, die eine Art Lodenkostüm trug und auf dem umgekippten Grabstein des Forstmeisters vor der schwarzen gemauerten Gruft saß …

Poesie – –?

Ich denke ja …

Die Poesie der Überraschungen eben!

 

2. Kapitel.

Eine vornehme Bekanntschaft.

Das Weib wandte den Kopf …

Zeigte uns ein reines Profil, ein junges Profil …

Und wir beide – drei Meter hinter ihr – hielten den Atem an.

Aus der Tiefe der Gruft kam eine rauhe Stimme, die sich bemühte, recht weich zu klingen – – englische Worte:

„Wenn Mylady nun hinabsteigen wollen … Das Abendessen ist fertig!“

Und das Weib:

„Sofort, lieber Jack! Nur noch drei Züge, dann ist die Zigarette aufgeraucht …“

„Aber nicht den Stummel draußen lassen, Mylady!“

„Keine Sorge, lieber Jack!“ –

Und ich – ich griff mir unwillkürlich an die Stirn …

Mylady … Mylady!! – Eine Lady hier im deutschen Walde – als Höhlenbewohnerin?!

Da erhob sie sich schon, bückte sich, kletterte eine für uns unsichtbare Leiter hinab, die leicht knarrte.

War kaum verschwunden, als Barissa emporstieg …

Das Mondlicht traf ein Ungeheuer von Nase …

Traf ein Paar helle, träumerische Augen im wild umbarteten Gesicht …

Jack packte den schweren Stein …

Mußte der Mensch Kräfte haben!!

Wollte ihn über die Gruft decken …

Wollte …

Ließ den Stein zurückgleiten, stierte wie gebannt auf ein kleines schwarzes Loch – auf die Pistolenmündung, die sich ihm da mit einem Male aus den Gräsern drohend entgegenschob …

„Keinen Laut!“ flüsterte Harald auf englisch.

Und meine Wenigkeit, Max Schraut, kannte schon die einfache Pflicht …

Hatte schon die dünne geteerte unzerreißbare Hanfschlinge dem wie erstarrt auf der obersten Leiterstufe Stehenden um die Handgelenke geschlungen, zugezogen und verknotet … –

Jack Barissa gab das Spiel verloren, stand wie ein Lamm da.

„Kommen Sie vollends nach oben,“ befahl Harald.

„Gern,“ sagte der Geldschrankknacker ebenso leise. „Mit Vergnügen sogar … Ich habe der Polizei nie Schwierigkeiten bereitet. Ich bin keine Gewaltnatur, bin ein Herkules mit dem Gemüt eines Kindes –“

Der schnurrige Kauz ließ es sich ebenso geduldig gefallen, daß wir ihn an das Grabgitter festbanden.

Kaum waren wir damit fertig, als Mylady von unten rief:

„Jack, wo bleiben Sie denn? Die Setzeier werden ja kalt!“

Da stieg denn Harald als erster hinab. Ich dicht hinterdrein …

Wir waren jedoch kaum bis zur Hälfte der Leiter gelangt, die auffallend groß war, als droben von Jacks Lippen ein schriller Trillerpfiff ertönte …

Harst beeilte sich jetzt …

Rutschte hinab …

Seine Taschenlampe blitzte auf …

Und wir standen nun auf dem Grunde des ausgemauerten tiefen Grabes – neben den Resten eines Sarges – vor einer grauen Wolldecke, die als Vorhang ein Loch im Gemäuer verhüllte …

Harst riß die Decke zur Seite …

Und sprang hinein in den mit dünnen Tannenstämmen und Zweigen abgestützten höhlenartigen Raum, in dem eine Karbidlaterne auf einem primitiven Tische brannte – neben einem offenen Steinherd … –

Leer war die Höhle …

Mylady verschwunden …

Harst suchte nicht lange … Fand die Tür aus Aststücken an der einen Wand, fand so das Schlupfloch – die zweite Röhre dieses Fuchsbaus …

Und gebückt ging’s hindurch – zwölf Meter … Bis zu einem Brombeergestrüpp … Hier – – mündete der Gang ins Freie … –

Daß wir Jack nicht mehr antreffen würden, ahnten wir schon …

Mylady hatte ihn befreit, und beide hatten sich schleunigst gedrückt.

„Schade,“ meinte Harald. „Nun – wir werden sie wiedersehen – beide – beide! Jetzt aber ist erst einmal die Höhle an der Reihe!“

Und wir kletterten die Leiter abermals hinab. Mit größerer Ruhe als vorhin. Haben damals bewiesen, daß auch wir nur Menschen und unzulänglich sind …

Als Harst jetzt den Vorhang hob, als wir jetzt eingetreten waren und den primitiven Tisch musterten, der ganz appetitlich gedeckt war, da – wurde plötzlich der Spieß umgekehrt …

Da war links in der Ecke aus zwei großen bunten Tüchern ein Alkoven hergestellt, fraglos der Lady Schlafgemach.

Und von dort eine helle, angenehme Stimme, die recht Unangenehmes forderte …

„Hände hoch!!“

Nichts weiter …

Zwei englische Worte … Nichts weiter …

Und doch lag in dem Ton der Stimme etwas, das jeden gewarnt hätte … Und – unsere Pistolen steckten in den Taschen!!

Harst hob die Arme …

„Na – schön blamiert haben wir uns!“ sagte er nur, und das in den rauhen Kehllauten eines an schlechten Alkohol Gewöhnten.

Ich tat dasselbe – stand ebenfalls wehrlos da …

Und nun erschien Jack, hinter dem Vorhang hervorschlüpfend, gewandt wie ein Wiesel …

Auch Mylady erschien …

Hatte in zarten Fingern einen unzarten Revolver.

„Binden!“ sagte sie nur …

Nichts weiter …

Und wir beide Leuchten der Detektivkunst durften dann zunächst mal zuschauen, wie Mylady und Jack zu Abend aßen. Jack hatte uns kunstgerecht die Arme auf dem Rücken zusammengeschnürt, hatte uns einen Wink gegeben, auf einer mit Moos gepolsterten Bank Platz zu nehmen.

Die beiden aßen …

Und drei Meter vor ihnen hockten wir auf der Bank und spielten die stillen Beobachter. Angenehm war das nicht. Gerade das Schweigen der beiden wirkte recht bedrohlich.

Mylady hatte mit Grazie zwei Spiegeleier und zwei Brotschnitten verzehrt, ließ sich von Jack nun Käse reichen, der die blonde Unbekannte mit fast unterwürfiger Sorgsamkeit bediente.

Und Mylady begann:

„Wer sind Sie? – Aber bitte – keine Lügen!“

Harst lachte.

„Was gibt’s da zu lügen?! Die Tatsachen reden für sich selbst … Wir sind – Gescheiterte, Mylady …“

Er sprach deutsch. Und ebenso erklärte die Blonde nun:

„Beamte sind keine Gescheiterten! – Lügen Sie nicht!“

„Wir sind tatsächlich keine Polizisten,“ beharrte mein Harald bei seiner ersten Behauptung. „Wir haben abends hier im Walde einen Pilzsucher getroffen, der uns erzählte, er habe eine Radlerin und einen Strolch beobachtet, und der Strolch sei dann im Brombeergestrüpp zwischen acht Eichen verschwunden. – Das reizte uns. Wir hofften hier zu finden, was wir suchten: Quartier für ein paar Tage, weil man hinter uns her ist!“

„Die Polizei?“

„Ja. Wegen ein paar ganz harmloser Geschichten – zwei Einbrüche – deswegen – lächerlich!“

Man muß Harald kennen, wenn man voll begreifen will, weshalb es ihm stets gelingt, selbst die größten Zweifler von der Echtheit seiner Maske zu überzeugen.

Man muß gehört und gesehen haben, wie er stets Ton und Gebärde, Ausdruck und Miene der Rolle anpaßt, die ihn sein Beruf zu spielen zwingt. Man würde über die schauspielerischen Fähigkeiten staunen, nicht minder über seine genaue Kenntnis der seelischen Eigenschaften derer, die er zu täuschen wünscht.

Hier in dieser Erdbehausung, in diesem geradezu mit Raffinement angelegten Schlupfwinkel gab er sich vollkommen als Mensch von Erziehung und Bildung, der im Leben gestrauchelt ist und dem nur noch stellenweise der Kulturlack in ganz dünner Schicht anhaftet.

Besonders dieses letzte „Lächerlich!“ stieß er mit so viel Zynismus und Verachtung hervor, daß über das zarte und doch so energische Gesicht der Lady ein leises Lächeln glitt.

„Na – wir hofften hier eben auf Beute,“ fügte er achselzuckend hinzu. „Der Winter steht vor der Tür … Wir brauchen neue Kleidung und Reisegeld nach Italien … Im Winter betteln wir stets an der Riviera …“

Jetzt lachte die Lady …

„Ihr seid ja ein Paar ganz moderne Schnorrer!“

„Sind wir! Und auch darin modern, Mylady, daß wir Gewalt verabscheuen … Wenigstens Gewalt, die bis zum Blutvergießen geht …“

Da wurde die Blonde ernst. „Das freut mich,“ sagte sie, leicht mit dem Kopf nickend. „Ihr gefallt mir, Ihr beide …“

Sie wandte sich an Jack Barissa:

„Lieber Jack, gib jedem zehn Pfund Sterling aus meiner Kasse. Dann lassen wir sie laufen, wenn sie uns versprechen, uns nicht zu verraten und überhaupt dieses Abenteuer zu vergessen …“

Jack stand sofort auf. „Mylady, Sie haben eigentlich recht … Dann sind wir sie los!“

Und zu uns:

„He – werdet Ihr schweigen?“

„Dankbarkeit ist eine seltene Tugend, und Verschwiegenheit die Pflicht der Landstraße,“ erklärte Harald schlicht – und wich so jeder direkten Zusage aus.

Jack verschwand in dem Alkoven, kam mit zwei Zehnpfundnoten zurück …

„Da – Mylady schenkt Euch dies! Und wenn Ihr nicht gerade elende Wichte seid, so werdet Ihr das Maul halten!“

Er hatte uns losgebunden. Wir waren frei. Standen jeder mit einer englischen Banknote in der Hand da und machten der Lady eine tadellose Verbeugung.

Und Harald meinte dann zögernd:

„Wenn wir noch eine Kleinigkeit zu essen bekommen könnten, Mylady … Denn dieses englische Papiergeld nimmt uns ja doch kein Kneipwirt ab, das müssen wir in Berlin im Fidelen August bei Emil Krawuschke[2] wechseln. Der kennt uns …“

Ich war überrascht …

Ich ahnte, daß Harald nicht ohne Absicht diese Kaschemme erwähnt hatte, die ja in unserem vorigen Abenteuer eine bedeutungsvolle Rolle gespielt … Denn dort im Fidelen August war es gewesen, wo wir die – Gräfin mit den Kormoranen beobachtet hatten, dort waren wir zusammen mit ihr bei der großen Polizeistreife verhaftet worden und hatten auf dem Lastauto die Szene mit den drei Zigaretten erlebt.

Das lag erst zwei Tage hinter uns. All das hatte ausführlich in den Zeitungen gestanden. Und – nun nannte Harst hier sehr geschickt diesen Wirt und diesen Bouillonkeller!! Weshalb wohl – weshalb?!

Ich war überrascht … Noch überraschter aber über die Gesichter der Lady und Jack Barissas …

Der Name Emil Krawuschke hatte auf beide eine höchst merkwürdige Wirkung ausgeübt. Ihre Köpfe waren herumgeflogen …

Sie starrten sich an – unsicher, fragend …

Bis Jack dann brummte:

„Hm – wohl nur ein Zufall, Mylady!“

Und da wandte die Blonde sich wieder an Harst.

„Woher kennen Sie Krawuschke?“

Harst kicherte so recht überlegen …

„Mylady, wir gehören doch zur Gilde … Und die Gilde verkehrt nur bei Krawuschke, wenn eins der Mitglieder durch Berlin kommt.“

Die Dame gab sich hiermit zufrieden.

Sie winkte Jack näher heran. Beide flüsterten miteinander …

Und Jack meinte nun freundlich:

„Ihr sollt Essen haben. Rückt die Bank näher an den Tisch heran!“

„Tun wir gern,“ lächelte Harald und verneigte sich. „Wäre es aber nicht besser, wir würden erst mal wieder den Stein über die Gruft decken? Man kann nie wissen, ob nicht ein Förster doch mal zufällig hier vorüberkommt –“

„Stimmt,“ nickte Jack Barissa. „Stimmt! Und ich werde die Sache sofort in Ordnung bringen.“

Er ging und hob den Vorhang, blieb stehen, musterte uns …

„Mylady, Vorsicht! Man kann nie den Menschen ins Herz schauen!“

Und Harst grob auffahrend: „Halten Sie uns für Schufte, Jack?! Teufel nochmal: wir haben die Ehre der Landstraße im Leibe!“

Da ging Jack beruhigt in die breite gemauerte Gruft, stieg die Leiter empor und deckte den Stein über die Öffnung.

 

3. Kapitel.

Lady Amely.

Ich habe als Haralds Freund und Begleiter wahrlich schon Situationen durchgemacht, die mehr als ungewöhnlich waren.

Ich bin daher auch recht verwöhnt, was „Sensationen“ anbetrifft.

Diese – Situation war eine – Sensation!

Man denke: wir beide verkleidet, wir beide als Pennbrüder in einer Erdhöhle unweit eines historischen Grabes an einem Tisch mit einer blonden jungen Frau, die sich Mylady anreden ließ und auch in allem Lady war – große Dame – echte Vornehmheit!

Das war unmöglich eine Hochstaplerin, eine Verbrecherin! Das mußte eine Zugehörige erster Gesellschaftskreise sein, die durch wer weiß welches Spiel des Schicksals hierher verschlagen worden war.

„Bitte – langen Sie zu!“ sagte die Lady und schob uns Teller und Messer und Gabel hin. „Auswahl ist ja vorhanden!“

Harst beugte sich etwas über den primitiven Tisch …

„Sie gestatten, Mylady, daß wir beide Ihnen von ganzem Herzen danken. Mit wem haben wir die Ehre?“

Jetzt war er ganz der Mann, der sich noch etwas Kulturlack bewahrt hat.

Die Blonde senkte den Kopf.

Dunkle Schatten schmerzvoller Erinnerungen verdüsterten das feine Antlitz. Die langbewimperten Augen schlossen sich einen Moment. Und eine einzelne Träne feuchtete den Lidrand, wurde von zarter Hand schnell weggetupft …

Dann blickte die rätselvolle Frau meinen Freund voll an …

„Ich habe Sie nicht nach Ihren Namen gefragt,“ meinte sie schmerzlich-ernst. „Und – was nützte Ihnen der meine, der einer Unglücklichen, die mit aller Macht das Gewesene zu vergessen strebt, damit sie – vor Gram nicht den Verstand verliert!“

„Können wir Ihnen irgendwie helfen, Mylady?“ Sanft und streichelnd war Harsts Stimme.

Und überrascht musterte ihn die Lady, sagte leise:

„Oh – Sie scheinen Gemüt zu haben …“

„Können wir Ihnen helfen, Mylady?“ wiederholte Harald. „Wir sind auf unseren Wanderfahrten weit herumgekommen … Bis Indien, Mylady. Bis Zeylon, die Zauberinsel, wo die Palmen süßer rauschen als die herben Heimatswälder …“

Seltsam: sie war leicht zusammengezuckt, war rot geworden, senkte wieder den Kopf …

Weshalb – – weshalb?! –

Und – da kehrte auch schon Jack Barissa zurück, meinte in seiner polterigen Art:

„Nun ist das Logis verschlossen. – So eßt doch, Ihr beide! Auch Trinkbares sollt Ihr haben.“ –

Mylady lehnte sich an das Moospolster der Rückenlehne ihres aus Ästen zusammengenagelten Sessels.

Mit halb geschlossenen Augen …

Schien nachzusinnen …

Und wir aßen – tranken …

Schweigend …

Schweigend bediente Jack uns, deutete auf diesen und jenen Leckerbissen.

Still war’s in dem großen Erdloch, in dem es nach Feuchtigkeit und einem zarten Parfüm duftete – nach einer eleganten Frau …

Situation – Sensation!! Wert, daß ein Dichter in fein gefeilten Versen sie schilderte.

Bis Mylady sich ganz unvermittelt an Harald wandte.

Sagte leise, zögernd: „Wirklich – auch auf Zeylon waren Sie?“

„Ja – als Heizer eines dreckigen Viehdampfers. Im Hafen von Kolombo kniffen wir aus und bummelten landeinwärts. Waren so ein halbes Jahr dort. Faulenzten noch mehr als sonst. Oh – schön war das, Mylady – wunderschön …“

„Kennen Sie auch den Tempel von Drigalkor?“

„Ob wir ihn kennen!“

Und das war ja die Wahrheit!

„Ob wir ihn kennen! Er ist noch heute berühmt, obwohl die Religion Buddhas den Brahmanismus auf Zeylon immer mehr verdrängt hat …“

Myladys Augen schwammen in Tränen …

Ganz plötzlich …

Und Jacks rauhe Stimme polterte dazwischen:

„Hören Sie auf mit dem verdammten Zeylon! Sie sehen doch, es greift Mylady an –“

„Oh, entschuldigen Sie!“ murmelte Harald. „Entschuldigen Sie. Ich wußte ja nicht, daß sich für Mylady an den Namen so traurige Erinnerungen knüpfen –“

Und da – da erhob die blonde Frau sich jäh, eilte hinter die beiden Tücher – in ihren Schlafraum. –

Auch Jack benahm sich merkwürdig, holte eine Zeitung riesigen Formats aus einem Kasten hervor, packte Wurst, Schinken, vieles andere noch hinein und flüsterte:

„Geht jetzt – geht! Ihr habt was Böses angerichtet! Vorwärts, verduftet!“

Seine Augen funkelten uns wütend an.

Hinter den Tüchern kam wimmerndes Schluchzen hervor.

Es war die traurige Musik, die unseren Abzug begleitete. –

Jack hatte den Stein emporgekippt, war nach vorsichtigem Lauschen vollends von der Leiter ins Freie getreten und stand nun neben uns im Mondenlicht – im Rauschen der deutschen Eichen …

In der Ferne schrie ein Waldkauz.

Ein jagender Fuchs kokkerte – so nennt ja der Jäger diese merkwürdigen Laute Meister Reinekes.

Und in diese Poesie der Herbstnacht hinein sprach Jack Barissa:

„Wenn Ihr wirklich den Emil Krawuschke aufsucht, so sagt ihm, daß ich morgen in aller Frühe bei ihm bin … Er soll alles bereithalten!“

Und er faßte in die Tasche und gab uns eine Handvoll deutscher Papierlappen, 1923 noch Geld genannt …

„Da – wenn Ihr Euch beeilt, bekommt Ihr noch den letzten Zug von Potsdam nach Berlin!“

„Wird gemacht, Jack!“ nickte Harald. „Und nochmals Dank – herzlichen Dank!“

Er reichte ihm die Hand …

Und auch ich drückte die schwielige Pfote des berüchtigten Einbrechers …

„Oh – nur von Zeylon hättet Ihr nicht sprechen sollen,“ brummte Barissa. „Im übrigen seid Ihr nette Kerle! – Gute Nacht denn! – Vielleicht sehen wir uns in Berlin wieder. Vielleicht kann ich Euch brauchen. Bleibt noch bis morgen abend im Fidelen August. Dort seid Ihr ja sicher!“

So schieden wir …

Wanderten wieder durch das Schweigen der Wälder dahin …

Aber anders als vor anderthalb Stunden …

Jetzt nur erfüllt von all den Geheimnissen, die jene Erdhöhle barg …

Und auf dem mondhellen Waldweg sagte ich zu Harald:

„War das nicht das Wunderbarste, was wir je erlebt haben?“

Und er, der Mann mit dem fabelhaften Gedächtnis:

„Mein lieber Alter, das war –“

Kleine Pause – Kunstpause …

„– das war Lady Amely Goßweac!“

Ich stand, als hätte ich einen Hieb vor die Stirn erhalten …

„A… Amely Goßweac?! Wer ist das?!“

„Die junge Gattin des toten Lord Charly Goßweac, achtzigfachen Millionärs, spurlos verschwunden im Tempel von Drigalkor … vor sechs Monaten!“

Und – mich unterfassend:

„Komm nur. – Wir beide haben da in der Gruft des Forstmeisters Joachim von Rocholz eine Frau kennen gelernt, der man vorwirft, ihren um vierzig Jahre älteren Gatten beseitigt zu haben, die verhaftet wurde, als sie in Dover landete, die befreit wurde – natürlich durch Jack und seine Freunde. – So liegen die Dinge, mein Alter!“

Wir gingen weiter. Ich wie betäubt von alledem …

Myladys Fragen nach Zeylon, ihre Tränen – das war nun genügend geklärt. Aber anderes war noch dunkel.

„Die Verwandten Lord Goßweacs waren empört, als er vor zwei Jahren die arme schlichte bildhübsche Lehrerin Amely Camworld heiratete, die ein Zufall in das Städtchen Goßweac geführt hatte …“

Harst sprach, als ob er das aus einer Zeitung vorlas.

„Diese Verwandten hatten auf das ungeheure Vermögen gerechnet, und als sie sich nun darum betrogen fühlten, begann der Krieg gegen Amely. Detektive, die nicht diesen Namen verdienen, Lumpen, die für Geld alles taten, durchwühlten Amelys Vergangenheit, und mit einem Male war in allen englischen Zeitungen zu lesen, daß die junge Lady Goßweac im Londoner Verbrecherviertel aufgewachsen sei, daß ihr Vater – im Zuchthaus gestorben und ihre Mutter verschollen sei … – Da verließ das Ehepaar Goßweac England und trat auf des Lords großer Jacht Triton eine Weltreise an, um diesem jämmerlichen Skandal zu entgehen … Dann – verschwand der Lord bei einer Besichtigung des Hindu-Tempels. Und wie die Lady englischen Boden wieder betrat, wurde sie verhaftet. Ihre Flucht aus dem Gefängnis ist ein Roman für sich …“

„Oh – Dein Gedächtnis, Harald!“

„Lieber Alter, für derartiges habe ich allerdings ein tadelloses Gedächtnis! – Da ist schon unser Auto … – Chauffeur – nach Berlin zurück! Zum früheren Zirkus Schumann. Dort am Schiffbauerdamm halten Sie!“

Wir stiegen ein …

Fuhren durch die Herbstnacht denselben Weg zurück …

Rauchten …

Und ich fragte sehr bald:

„Weshalb erwähntest Du den Bouillonkeller? Das muß doch einen Zweck gehabt haben?“

„Hatte es auch! Wenn Du, Max Schraut, ein wenig den Verstand und nicht nur die Ohren zu Hilfe genommen hättest, als der Wieprecht uns die Radlerin beschrieb, die mit Jack auf der Lichtung sprach und ihm ihre Wohnung nannte, dann würdest Du unschwer herausgemerkt haben, daß diese Radlerin durchaus der Gräfin Wilhelminje van den Haag geglichen haben muß, der Gräfin mit den Kormoranen … derselben Gräfin, die am Abenteurerleben Gefallen gefunden hat, die uns schrieb, wir würden noch von ihr hören …“ (Vergleiche hierzu den vorigen Band: „Die Gräfin mit den Kormoranen.“)

Meine Zigarre wäre mir jetzt beinahe aus den Lippen gerutscht …

Denn wer „Donnerwetter!“ ruft und dabei eine Nikotinrolle im Munde behalten will, muß das schon sehr geschickt anfangen – sehr!

„Donnerwetter – also deshalb!“ sagte ich nochmals.

„Ja – und so stellte ich die Verbindung her zwischen der Gräfin, dem Bouillonkeller, Jack und der Lady … – Noch etwas, lieber Alter? Ich bin gerade in Redelaune!“

„Was selten der Fall ist! – Und wie denkst Du Dir die Fortsetzung dieses Abenteuers?“

„Darüber reden wir später. Nur eins weiß ich bestimmt: wir werden nach Zeylon fahren! Amely hat niemals ihren Gatten ermorden und verscharren lassen, und der feinen Verwandtenklique und den Lumpen von Kollegen werden wir eins auswischen, daß ihnen die Augen tränen sollen!“

 

4. Kapitel.

Enttäuschung.

Wenn ein Harald Harst derartige Ausdrücke gebraucht, dann muß er schon bis oben mit stiller Wut angefüllt sein.

Und diesmal mit Recht! – Auch ich empfand inniges Mitleid mit Lady Amely. Mehr noch: in meinem Junggesellenhirn regte sich etwas wie Zärtlichkeit!

Das heißt: so mehr die Zärtlichkeit des alten guten Onkels! Denn über – hm, ja über derlei liebliche Torheiten wie Verlieben sind wir doch längst hinaus! –

Wir fuhren – fuhren und hingen nun unseren Gedanken nach, die wohl noch hastiger stürmten als unser Kraftwagen …

Bis ich mitten aus dieser Geistesarbeit herausplatzte:

„Wenn die Verwandten den Lord haben verschwinden lassen –?!“

Harald blieb stumm.

Und da merkte ich, daß er meinen Verdacht nicht teilte.

Und ebenso unvermittelt wie ich sagte er dann:

„Wichtiger ist zunächst, weshalb die Gräfin van den Haag den Jack Barissa zu sich bestellt hat – nach Hauptstraße 231 …“

„Hm – allerdings …“

„Und noch wichtiger, daß wir wissen, wo die Gräfin ihr neues Quartier aufgeschlagen hat …“

„Hm – inwiefern?“

„Weil ich annehme, daß sie durch Emil Krawuschke, den entgegen aller Gewohnheit hageren, dürren Besitzer des Fidelen August, Jacks Waldadresse erfahren hat und sich Jacks zu einem Gewaltstreich gegen einen Millionär bedienen will. Sie sucht ihre Opfer ja nur in diesen Kreisen, denen ein Aderlaß nichts schadet.“

„Ganz recht – das glaube auch ich!“

„Wobei nur merkwürdig ist, daß die Lady, die doch Jack sehr zu schätzen scheint, ihren Mitbewohner der Grufthöhle nicht von derlei Unternehmungen abzuhalten sucht! Vielleicht weiß sie gar nicht, daß Jack Geldschrankknacker ist. Vielleicht hat sie ihn von Jugend an gekannt und ihn aus Neuyork zu Hilfe gerufen, nachdem das Unheil auf Zeylon geschehen –“

Ich nickte. „Wird schon so sein! Die Sache lichtet sich!“

„Meinst Du, mein Alter?! Sei nicht voreilig! Die Dunkelheit kann wieder hereinbrechen!“

Und nach dieser reichlich mysteriösen Bemerkung hüllte er sich in die Rauchwolken seiner Stummelpiep und – in Schweigen. – –

Berlin …

Laternenlicht … Straßenbahnen … Jagende Autos … Menschen, die aus eleganten Cafees fluteten …

Berlins Boulevard: der Kurfürstendamm!

Und dann wieder Stille: der Tiergarten …

Eine Brücke … Glitzerndes Wasser – die Spree …

Andere Straßen – andere Menschen. – Armut, Laster, Arbeit. – An jeder Ecke Bettler, Händler.

Bis unser Auto hielt und Harst den Chauffeur überreich bezahlte.

„Schweigen Sie!“ mahnte er nochmals.

„Wie ’n Grab, Herr Harst! War mir ’ne Ehre, Herr Harst!“

Wir bogen nach dem ehemaligen Zirkus Schumann ein. Kamen in enge Gassen. Vor uns eine Laterne, die den Kellereingang der Kaschemme beleuchtete: Der Fidele August!

Ich habe den Bouillonkeller schon im vorigen Band beschrieben. Ich kann mir daher wohl eine Schilderung des „Milieus“ schenken.

Wir standen am Schanktisch … Krawuschke dahinter – in Hemdsärmeln – mit Fuchsgesicht, mit Augen, die beständig alle und alles sahen, nie zur Ruhe kamen.

Harst verlangte zwei Kümmel, flüsterte:

„Jack läßt grüßen!“

Krawuschkes Mäuseaugen stachen in unsere Gesichter.

„Jack?! Kenne ich nicht!“ knurrte er.

„Jack Barissa. Wir waren bei ihm in der Rocholz-Villa, Kelleretage …“

Krawuschkes Mäuseaugen stachen noch durchdringender.

„Jack läßt bestellen, daß er heute in aller Frühe sich hier einfinden wird und daß Du alles bereithalten sollst, Emil!“

„Wer seid Ihr?“

„Tippler – von der Gilde!“

„Ich – kenne keinen Jack! Laßt mich in Ruhe mit dem Geschwätz!“

Das klang schon freundlicher. Noch blieb Emil mißtrauisch.

„Die Lady hat uns jedem zehn Pfund geschenkt,“ flüsterte Harald noch leiser. „Lady Amely – Emil!“

Da gab Emil die übertriebene Vorsicht auf.

„Geht durch die Billardstube und den Flur bis zur Tür, die auf den Hof führt. Dann rechts im Gartenhause die Treppen empor bis zum vierten Stock, klopft rechts an, wo mein Messingschild über der Klingel am Türrahmen hängt. Klopft erst dreimal, dann zweimal, dann einmal. Nur leise. Es genügt. Ich mache hier gleich Schluß. Dann reden wir miteinander!“

Er goß uns noch einen Kümmel ein, trank selbst mit.

Der Name Amely hatte hier also geradezu Wunder gewirkt! Seltsam war das! Eine Lady und Emil Krawuschke!!

Um uns her das Lärmen dunkler Existenzen, Galgenvogelgesichter, Dirnen jeder Schattierung!

Grammophongedudel … Das Schleifen tanzender Füße …

Und wir gingen …

Gingen auf den düsteren Hof hinaus, ins Hintergebäude, in die Kaserne des Elends.

Nach Armut und Sünde duftete der Treppenflur, nach schlechtem Bratenfett, nach billigem Tabak – – nach süßlichem Patschuli.

Wir klommen in schwarzer Finsternis die knarrenden Stufen empor. Wir fühlten, daß der Linoleumbelag der Treppen zerfetzt war: Kriegsnot!

Und – – prallten im vierten Stockwerk beide erschrocken zurück vor der übergrellen Lichtflut, die plötzlich vor uns aufzuckte.

Uns blendete – so blendete, daß wir nichts sahen – nichts!

Nur – fühlten!

Und die ebenso plötzliche Dunkelheit war die Folge der Decken, die man uns von oben über die Köpfe warf …

Das fühlten wir.

Und auch die eisenharten Hände, die uns packten …

Blitzschnell …

Da halfen weder Haralds noch meine Boxhiebe …

Da hatten wir Kerle als Gegner, die nicht viel Federlesens machten.

Ich knickte zusammen. Ein Fausthieb hatte meine Stirn getroffen, der gerade genügte …

Drei Minuten war ich wie halb betäubt.

Merkte, daß man mich fortschleppte.

In einen gepolsterten Wagen warf …

Ein Auto …

Es jagte davon … Und meine Hände und Füße starben ab unter dem brutalen Druck fest angezogener Stricke. –

Mein erster klarer Gedanke war: Krawuschke hat uns in diese Falle geschickt! Der Bouillonkeller Nr. 113 ist unser Verhängnis geworden!

Und ich horchte …

Hörte vor mir eine Stimme – ein Deutsch, das den Ausländer verriet:

„Ich stoße zu, falls Sie um Hilfe rufen!“

Oh – ich hütete mich …

Ich horchte …

Das Auto glitt sanft dahin. Es mußte ein neuer tadelloser Wagen sein.

Selten nur vernahm ich Straßenlärm. Selten ein anderes Auto, das an uns vorüberglitt …

Dann ein Dröhnen …

Eine[3] Brücke aus Holz …

Dann – ein Ruck … Der Motor schwieg.

Flüsternde Stimmen …

Man packt mich …

Trägt mich …

Man trägt mich eine Treppe empor …

Drückt mich in einen Sessel …

Minuten nichts …

Dann – reißt man mir die Decke vom Kopf …

Ich sehe – sehe …

Ein eleganter Salon – ganz modern … Perserteppiche … Kostbare Gemälde …

Sehe vor mir zwei Leute in langen Radmänteln, Reisemützen, blonden Vollbärten, die fraglos falsch sind, und blauen Hornbrillen …

Neben mir Harst … Auch in einem Sessel von Brokatstoff … Auch den Kopf frei …

Auch – – ohne Perücke …

Unsere Mützen und Perücken hatten die schweren Decken von den Köpfen mit abgestreift.

Und die beiden da vor uns stieren nun auf meine im Lichte der Kristallkrone schimmernde Glatze …

Auf meine haarlose, fast haarlose Billardkugel von Schädel …

Stieren, als ob diese Billardkugel eine Inschrift trüge.

Bis Freund Harald diesem Spiel ein Ende macht und sagt:

„Nicht wahr, eine kleine Enttäuschung?!“

Die beiden schweigen, schauen sich an, treten zurück, flüstern …

Und einer geht dann eilends hinaus …

Hinter uns Geräusche …

Die Decken fliegen uns wieder über die Augen …

Man hebt mich empor …

Und – das Auto rollt mit uns davon – die Stimme droht: „Wenn Sie um Hilfe rufen, stoße ich zu …!“

Ich hüte mich!

Aber neben mir meldet sich Harald …

Sagt laut und klar:

„Eine kleine Enttäuschung!“

Mehr nicht …

Ich grübele … Ich ahne: die Kerle hatten es auf andere abgesehen!

Und – so ist’s …

Denn das Auto hält. Man schleppt uns hinaus.

Die Decken fliegen weg. Das Auto rast davon.

Und im letzten Moment hat einer der Schufte mir noch die Handfesseln durchschnitten.

Wir standen am Rande eines Weges.

Zehn Meter ab brennt eine Laterne …

„Der Tiergarten!“ sagt Harald gelassen. „Da – nimm mir die Stricke ab …“

Und wir wandern durch die dunklen Wege, streifen die Perücken und Mützen wieder auf, die man in unsere Taschen gepfropft hatte …

„Sie waren an die Falschen geraten,“ meine ich lachend. „Erst hatte ich Krawuschke im Verdacht … Zu Unrecht!“

„Allerdings …“

„Und – wem galt’s?“ frage ich gespannt.

„Du fragst noch, mein Alter?! Denen galt’s, die da draußen in der Gruft hausen … – Vorwärts – zu Emil zurück! Amely muß gewarnt werden. Die Lumpen von Detektiven und Verwandten sind ihr auf der Spur!“

 

5. Kapitel.

Die fünf Betten.

Der Keller Nr. 113 ist längst geschlossen. Haralds Patentdietrich öffnet die Haustür von Nr. 113. So gelangen wir auf den Hof, ins Gartenhaus.

In die Luft der Armut und des Lasters.

Schalten die Taschenlampen ein … Sind vorsichtig!

Und oben im vierten Stock klopfen wir an, wie Emil es uns geraten …

Die Flurtür geht auf …

„Ah – Ihr seid’s!“ – Emils Stimme bläst Mißtrauen …

„Wo wart Ihr denn so lange?“

„Spazieren gefahren …“

„Na nu?!“

„Laß uns ein …“

Er zögert noch …

„Wir wurden hier auf der Treppe überfallen und weggeschleppt,“ erklärt Harald … „Es ist so!“ Er flüstert … „Man hat uns sofort wieder freigegeben. Man hatte Amely und Jack hier zu erwischen gehofft!“

„Verflucht!“ – Und Emil öffnet vollends, löst die Sperrkette …

Führt uns in die Küche der kleinen Wohnung, löscht die Gaslampe, riegelt das Fenster auf – wortlos, wie selbstverständlich …

Und ebenso selbstverständlich sagt er leise:

„Die Strickleiter hinab …“

Ja, da war am Fensterkreuz tatsächlich eine Strickleiter befestigt. Und Harst zauderte nicht, schwang sich hinaus …

Dieses Küchenfenster befand sich in einem Seitenflügel, und unten in der Tiefe erkannte ich undeutlich einen großen Garten, Baracken, Gebäude …

Nun war die Reihe an mir …

Ich gebe zu: ganz behaglich war mir nicht zu Mute! Eine Strickleiter ist keine Treppe, kann reißen …

Und – wohin führte sie uns?!

Ich kletterte – vorsichtig … Ich kam so an einem anderen Küchenfenster, dem des dritten Stockes, vorüber. Merkte, daß die Strickleiter stramm angezogen wurde, damit sie nicht hin und her schwinge. Und war nun in einer Höhe des Fensters des zweiten Stocks …

Eine Stimme hier aus dem offenen Fenster …

„Schluß, mein Alter! Hand her! So – hoppla, da bist auch Du!“

Und hinter uns als Dritter der dürre Emil Krawuschke.

Auch er schwang sich herein, sagte halblaut:

„So, hier seid Ihr in Sicherheit … Hier wohnt ein uralter Straßenhändler, einer der Unsrigen!“

Und er zog uns mit sich fort in den Flur.

„Tretet leise auf!“ warnte er.

Dann eine Zimmertür … Dann puffte eine Gaslampe auf …

Ein ärmlich möblierter Raum … Und fünf Betten darin, drei in Etagen übereinander … Und alle fünf belegt … Auf allen Männer in Kleidern, die sich sofort aufgerichtet hatten …

„Schlaft nur!“ meinte Emil … Und er deutete in eine Ecke, wo ein kleines Sofa, ein Tischchen und zwei Plüschsessel standen.

Wir setzten uns.

„Erzähle!“ forderte Krawuschke Harald auf. „Wie geht es der Lady?“

„Hm – sie weinte … wegen Zeylon …“

„Ja – traurig!“ Das klang so mitfühlend, wie ich es diesem Kaschemmenwirt nie zugetraut hätte.

Die Lady war ihm die Hauptsache. Erst als Harald nochmals betont hatte, daß Amely im übrigen frisch und gesund sei, wollte Emil Näheres über den Angriff auf der Treppe hören.

Harst teilte ihm alles genau mit …

„Natürlich galt das Jack und der Lady,“ schloß er mit Nachdruck.

Krawuschke flüsterte jetzt, indem er sich noch weiter vorbeugte:

„Und Ihr? Wer seid Ihr eigentlich?“

„Tippler von der Gilde, die bessere Tage gesehen haben. Unsere Namen – die sind tot wie wir – gewesen! – Wirst Du Jack und Amely nun warnen?“

„Ihr müßt es tun … Jack darf sich hier nicht zeigen!“

„Hm – und die Frau, die ihn herbestellt hat?“

„Ach so …! – Wer ist das eigentlich? Zweifellos eine, der man trauen kann … Sie kommt immer verkleidet zu mir … als Greis, sehr geschickt …“

Der gute Krawuschke bemühte sich krampfhaft, den Berliner Dialekt zu unterdrücken. Ob er glaubte, daß wir beide Gestrauchelte darauf Wert legten, nicht im Verbrecherjargon mit ihm zu verkehren?!

„Ich kenne sie nicht genauer,“ erklärte Harald nun. „Soll Jack ihr denn bei irgend etwas helfen?“

Emil hob die Schultern …

„Keine Ahnung! So was verrät doch keiner …!“ –

Die Gaslampe war nach den Betten zu durch einen Pappschirm abgeblendet. Die fünf Gäste Emils hatten sich bisher völlig still verhalten. Den Atemzügen nach waren sie wieder eingeschlafen …

Und doch – ein schwerer Irrtum! – Einer hatte nicht geschlafen, einer, der auf dem Bett dicht neben dem Sofa ruhte …

Der war plötzlich auf den Füßen …

Der stand plötzlich neben uns …

Und – in der schmalen Hand des bärtigen Burschen funkelte es matt …

„Verrat!“ sagte der Mensch heiser … „Krawuschke – Verrat!! Das sind … Harst und Schraut!“

Der Revolver des Menschen drohte …

Von den übrigen Betten schwangen sich blitzschnell Gestalten herab …

Der Wirt des Kellers war emporgefahren … Seine Hand glitt in die Tasche …

„All das ist sehr überflüssig,“ sagte Harald da mit einer Ruhe, die stärker wirkte als tausend Schwüre. „Ich bin Harst … Aber ich bin nicht als Euer Gegner hergekommen. Ich will Euch berichten, weshalb wir, Schraut und ich, diese Verkleidung tragen und wie wir Jacks Bekanntschaft machten …“

Das, was er erzählte, enthielt auch nicht eine einzige Entstellung, war die volle Wahrheit …

„Ich will lediglich Lady Amely genauer kennen lernen und prüfen, ob es lohnt, nach Zeylon zu reisen,“ schloß er seine Angaben. „Ihr alle habt von mir genug gehört. Ich werde nichts von dem verraten, was ich hier sah. Das wird Euch genügen. – Und Sie,“ – er wandte sich an den Menschen mit dem Revolver – „Sie möchte ich eine Minute allein sprechen …“

Er stand auf, winkte den Burschen in die Türecke.

Und dort flüsterte er ihm etwas ins Ohr … Nur zwei Worte konnten es sein … Und doch prallte der Mensch leicht zurück, sagte darauf hastig zu Krawuschke und den übrigen: „Es ist gut … Herr Harst lügt nie …!“ Und er ging und warf sich wieder auf sein Bett … – –

So kam’s, daß wir in vollem Frieden mit Emil Krawuschke nachher die Angelegenheit Lord Goßweac besprachen …

So begann der zweite Teil des „Bouillonkeller Nr. 113“ – wir als gute Freunde eines Kaschemmenwirts und übelsten Großstadtgelichters …!

 

 

Der Tempel von Drigalkor

 

1. Kapitel.

Als die Geige klang …

Wir drei sitzen wieder am Tisch – Emil und wir beide.

„Hab ich’s doch gleich gemerkt, daß Sie was Besonderes sind,“ sagt Krawuschke grinsend. „So, und nun fragen Sie, Herr Harst!“

„Woher kennen Sie Jack Barissa?“

„Von früher her – von vor zehn Jahren … – Eins möchte ich gleich richtigstellen, Herr Harst: der Jack hat hier in Berlin nichts berissen, gar nichts. Da täuscht sich die Polizei. Er kam lediglich auf eine Depesche Amelys von Neuyork nach England, denn Amelys Vater und er waren die dicksten Freunde. – Als er die Lady in London glücklich befreit hatte, flüchteten die beiden hierher, und ich wies ihnen die Erdhöhle als Versteck an. Dort hat schon mancher gehaust, der für ein paar Wochen völlig unsichtbar werden wollte …“

„Und die Vorgänge auf Zeylon? Das Verschwinden des Lords?“

„Sind nach der Darstellung Amelys völlig unerklärlich. Man könnte ja auf den Gedanken kommen, daß die Verwandten des Lords dabei die Hand im Spiele gehabt haben. Aber – das trifft nicht zu, denn die Jacht des Lords besitzt eine so hohe Geschwindigkeit, daß kein Schiff ihr folgen könnte, und niemand ahnte, daß Seine Lordschaft Zeylon besuchen würde. Jedenfalls verschwand er bereits am Tage nach der Ankunft in Kolombo. Das Ehepaar hatte sich einen eingeborenen Führer mitgenommen, einen Singhalesen, und als dieser der Lady in der großen Tempelhalle die Wandskulpturen erklärte, ging der Lord in den Tempelhof hinaus. Seitdem hat niemand ihn mehr gesehen. Das, was die Polizei nun als hauptsächlich belastend für Amely bezeichnet hat, ist der Umstand, daß der Fremdenführer – – auch verschwunden ist, allerdings erst zwei Tage später aus Kolombo, wo er seine Aussagen bereits zu Protokoll gegeben hatte.“

Emil Krawuschke blickte Harald fragend an …

„Werden Sie der Lady helfen, Herr Harst? Sie verdient es … Sie ist eine Dame, wie es nicht viele gibt … Und – – sie gehört durch ihre Herkunft … zu uns, zu mir, zu denen da –“

Er wies auf die Betten.

„Sie soll den englischen Detektiven nicht in die Hände fallen. Man würde sie zum Tode verurteilen. Die Sippe der Verwandten des Lords hat Einfluß – überall, und in England fällen die Gerichte oft Urteile, die hier bei uns unmöglich wären …“

Harst lächelte ein wenig …

„Was waren Sie ursprünglich mal, Krawuschke …? Ihre Ausdrucksweise läßt auf Kaufmann, Schreiber – dergleichen schließen.“

„Bürovorsteher bei einem Rechtsanwalt, Herr Harst!“

„Aha – also doch! – – Zurück zu der Lady … – Es ist besser, wenn Sie selbst die beiden warnen. Seien Sie aber vorsichtig. Schraut und ich möchten ohne Säumen abreisen.“

„Soll geschehen, Herr Harst!“

„Gehen wir also. – Müssen wir wieder die Strickleiter benutzen?“

„Hm – besser ist es … Ich habe hier im Hause Feinde – Spione. Aber ausnahmsweise kann ich Sie beide auch durch die Flurtür hinauslassen …“

„Uns drei … Denn der da kommt mit!“ Und er zeigte auf das Bett des Burschen, dessen Revolver uns vorhin bedroht hatte. –

Zehn Minuten später schritten wir drei schweigend die üble Gasse hinab. Den Burschen, der zunächst nicht hatte mitkommen wollen, hatten wir in der Mitte zwischen uns, damit er uns nicht entschlüpfe.

Nachdem wir durch mehrfache kleine Kunstgriffe festgestellt, daß niemand hinter uns her war, bogen wir in die Invalidenstraße ein. Und erst hier sagte Harald zu unserem stummen Begleiter:

„Frau Gräfin, ich möchte Ihnen raten, mir offen einzugestehen, weshalb Sie sich mit Jack Barissa ins Einvernehmen gesetzt haben. Was – – haben Sie vor?“

Ich war nicht weiter erstaunt, daß die Gräfin mit den Kormoranen auf diese Weise wieder einmal auftauchte – in einer ihrer genialen Masken, die sie als frühere Varieteekünstlerin unschwer bis zur Vollendung ausgestalten konnte.

Wilhelminje van den Haag lachte leise und klingend.

„Was ich vorhabe? – Kommen[4] Sie mit in meine Wohnung, und ich will Ihnen die große Stahlkassette zeigen, die mein Eigentum ist und deren Schlüssel ich verloren habe. Jack sollte sie mir aufbrechen. Das ist alles. Und – es ist die Wahrheit …“

„Mag sein. – Ich möchte Sie bei dieser Gelegenheit nochmals warnen, Frau Gräfin. Der Weg, den Sie – aus Sensationslust, aus abenteuerlichem Betätigungsdrang wandeln, wird Sie früher oder später ins – Gefängnis führen. Wenn Sie durchaus Sensationen, Erregungen, Gefahren suchen wollen, so werden Sie – Detektivin!“

Sie war jetzt plötzlich stehengeblieben …

Und ebenso plötzlich war sie nicht mehr die als Kaschemmenbruder verkleidete Frau mit der reichbewegten Vergangenheit, sondern – die Gräfin mit den Kormoranen, die hochintelligente Dame, die durch seltsame Schicksalsfügungen auf den Weg der dunklen Tat gedrängt worden war.

„Herr Harst, ich danke Ihnen für diesen Rat,“ erklärte sie mit ihrer angenehmen tiefen Stimme. „Das war ein Rat – noch zur rechten Zeit! Ich danke Ihnen!“

Und sie streckte Harald die Hand hin …

„Das, was mir die Natur an besonderen Fähigkeiten mitgegeben hat, will ich fernerhin zum Ausgleich zwischen Recht und Unrecht benutzen. Ich – – habe jetzt ein Programm – ein Lebensziel! Die Unruhe, die meine Seele von Jugend an erfüllte, wird sich jetzt legen. Nochmals – haben Sie Dank! Und – grüßen Sie Jack Barissa von mir!“

Auch mir noch einen Händedruck, und die merkwürdige Frau eilte davon – den Weg zum Lehrter Bahnhof hinab.

Wir sollten sie wiedersehen – unter Umständen, die selbst die kühnste Phantasie sich nicht hätte ausmalen können. – –

* * *

Ein Sprung – vierzehn Tage …

Ein Sprung bis zu der bergumgebenen tiefen Bucht der Nordwestküste Zeylons, an der palmenumrauscht der wundervolle, uralte, aber leider durch ein Erdbeben im Jahre 1843 halb zerstörte Hindutempel von Drigalkor liegt.

Nacht war’s … Und im Baumschatten der Ostseite der Bucht trieb ein kleiner Motorkutter dahin, nur von der leichten Strömung mitgeführt.

Ein unscheinbarer, dunkel gestrichener Kutter, der sich kaum von dunklen Uferpartien abhob.

Drüben aber auf breiter Felsterrasse des Galkorberges, die mächtige Front nach Norden gerichtet, erhob sich das berühmte Heiligtum, in dessen teilweise in den Berg eingebauten Wohnräumen einst Hunderte von frommen Brahmanen gehaust hatten.

Jetzt waren diese Grotten eingestürzt. Jetzt bewachten nur noch ein Dutzend Priester die zum Teil überaus kostbaren Statuen, darunter ein Holzbild Brahmas, das über und über mit Edelsteinen bedeckt war.

Wir hatten es vor acht Jahren bei unserem ersten Besuch des Tempels photographiert. Wir wußten hier gut Bescheid, denn hier ganz in der Nähe hatten wir ja damals dem Geheimnis des Elefantenjägers nachgespürt[5] und draußen auf See bei den Riffen und Klippenreihen Dinge erlebt, die wahrlich eines geradezu unheimlichen Reizes nicht entbehrt hatten.

Jetzt, nach zwölftägiger Seereise bis Kolombo, wo wir den Kutter und einen alten Bootsmann gemietet hatten, einen Niederländer namens Jan Baargen, – jetzt schwammen wir mit diesem Kutter gegen Mitternacht auf den stillen Wassern der Bucht, genossen den Zauber der Tropen, die wunderbaren Düfte der unzähligen Pflanzen und die mild balsamische Luft, deren schwüle Schwere hier so angenehm durch den Salzhauch des nahen Indischen Ozeans gemildert wurde.

Wir drei saßen nebeneinander auf der halbkreisförmigen vertieften Steuerbank.

Der maulfaule Baargen, den uns ein Zufall in Kolombo in den Weg geführt hatte, döste vor sich hin, die unvermeidliche Seemannspiep im zahnlosen Munde, – der Urtyp des alten verwitterten Seebären, den kein Kapitän mehr an Bord nimmt, weil genug junges Volk vorhanden, und der nun, halb Bettler, halb Gelegenheitsarbeiter, an den Hafenkais seine Tage und die Nächte in Kneipen und in einem Leichter als Schlafstelle verbringt. –

Harst hatte in Kolombo festgestellt, daß der Singhalese Rovanna, den Lord Goßweac als Fremdenführer gemietet gehabt, noch immer verschwunden war. In Kolombo besaßen wir ja einen alten lieben Bekannten, den Detektivinspektor Matjoor, und Allan Matjoor hatte uns feierlich erklärt, daß er Lady Amely nach wie vor für schuldig hielte.

Jedenfalls: Neues hatten wir in Kolombo nicht erfahren, und ohne jeden Anhaltspunkt eigentlich waren wir dann mit dem Kutter in See gegangen und hatten in vierzehnstündiger Fahrt die Bucht von Drigalkor nach Dunkelwerden erreicht.

Ich war überzeugt, daß Harald über das Verschwinden des Lords sich längst eine ganz bestimmte Ansicht gebildet habe, mit der er jedoch vorsichtig mir gegenüber zurückhielt. Zweierlei war ja bereits so gut wie erwiesen: weder Lady Amely noch die Verwandten des Lords konnten als schuldig in Betracht kommen. Es mußte also eine dritte Möglichkeit geben, andere Personen für Lord Charlys Beseitigung verantwortlich machen zu können. Doch: wo war ein Motiv für diese Tat zu finden?! Hatte man den Lord berauben wollen? Hatten irgendwelche Leute es schon in Kolombo auf den millionenschweren englischen Pair abgesehen gehabt, der ja fraglos stets eine größere Geldsumme bei sich trug und dessen Ringe, Uhr, Uhrkette und Krawattennadel ebenfalls ein kleines Vermögen wert sein mochten?! Waren ihm diese Banditen bis zum Tempel nachgeschlichen?! Hatten sie ihn in dem weiten Tempelhofe blitzschnell niedergeschlagen und die Leiche etwa in eine der tiefen Klüfte der halb verschütteten Grotten geworfen?! –

So sann ich auch jetzt wieder über dieses Geheimnis nach …

Und beobachtete Harald, der mit einem Fernglas fast unausgesetzt nach dem Tempel hinüberstarrte …

Bis durch die feierliche Stille der Nacht, deren zauberhafte Schönheit noch durch das sanfte Säuseln riesiger Fächerpalmen und schlanker Kokospalmen sowie durch das ferne grollende Brandungsgeräusch der See traumhaft verstärkt wurde, seltsam zarte Töne über die Wasseroberfläche der Bucht schwebten und mein Ohr mit der vertrauten Melodie des weichen Largos von Händel umschmeichelten …

„Eine – Geige …“ flüsterte ich. „Geigenspiel! – Hörst Du es, Harald?!“

Und der Freund ließ das Fernglas sinken …

„Ich höre … – Und nun will ich Dir mitteilen, was Du noch nicht weißt, mein Alter! Lord Charly Goßweac ist ein Virtuose, ein Meister der Violine!“

Ich beugte mich vor.

„Er lebt?“

„Ja – tausend gegen eins wette ich: er lebt!“

„Dann – gibt es dafür nur eine Erklärung: er ist nicht verschwunden, er – verbirgt sich!“

„Das habe ich sofort vermutet … Denke an den ungeheuren Skandal in der englischen Adelsgesellschaft, als die Zeitungen die Artikel über die Herkunft der jungen Lady brachten. Denke an des Lords fluchtartige Abreise aus London. Er, ein Sonderling, behaftet mit dem ganzen Stolz des bis dahin hochangesehenen Pairs von Großbritannien, sieht den alten Namen seines Geschlechts durch den Schmutz gezogen, erkennt, was er getan, als er mit sechzig Jahren die jugendfrische Amely heiratete … Und – sagte der Welt daher für immer Lebewohl, ließ sich durch die Priester im Tempel verbergen, die fraglos Verstecke kennen, über die nur wir nicht staunen würden. All diese indischen Tempel enthalten ja Geheimkammern – alle …“

Ich nickte nur …

Und über den Wassern der Bucht schwebten die sanften Töne des Geigenspiels …

„Etwas, das die Polizei in Kolombo gar nicht beachtet hat, mein Alter, ist das Verschwinden der kostbaren Cremonenser Geige des Lords aus dem Salon der Jacht Triton. Die Geige wurde gestohlen. Ich nehme an, durch den Singhalesen Rovanna, der mit dem Lord eben im Bunde steht …“

Blitzartig kam Licht in das Dunkel …

„Wir werden nun landen,“ fuhr Harald fort. „Dort ist eine kleine Seitenbucht … – Baargen, nehmen Sie den Bootshaken. Das Wasser ist hier flach. Schieben Sie den Kutter dort hinter die Halbinsel!“

Wir fanden eine vom Sturm umgestürzte Kokospalme, die von einem Uferfelsen halb über das Wasser gefallen war. An diesem Palmenstamm vertäuten wir den Kutter.

„Sie bleiben als Wache an Bord!“ befahl Harst dem brummigen Holländer. „Wir werden in zwei Stunden wieder zurück sein – spätestens …“

Und wir balancierten über den dicken Stamm an Land, eilten um die Hauptbucht herum dem Tempel zu …

Der Weg durch Gestrüpp und über zerklüftete Felsmassen war recht beschwerlich. Den hellen Uferstreifen mußten wir meiden, um nicht vorzeitig bemerkt zu werden.

Wenn wir eine Lichtung passierten, vernahmen wir stets die sanften Klänge der Violine … Und konnten daher hoffen, den Lord zu überraschen, der fraglos vor dem Tempel saß.

So vergingen denn gut zwanzig Minuten, bevor wir den Fuß der Steintreppe erreichten, die in die wenig steile Terrassenwand des Galkorberges eingehauen war …

Dicht an der Felswand schlüpften wir dahin …

Und gerade als Harald mir zuraunte, daß Lord Charlys Verschwinden nun sofort endgültig aufgeklärt werden würde, brach das Geigenspiel mit einem schrillen Mißton ab …

Und diesem jähen Verstummen des kostbaren Instruments folgte ein kurzer heiserer Aufschrei …

Ein einzelner Schrei …

Einen Moment stand auch Harst wie gelähmt …

Stürmte jetzt die Treppe empor …

Ich hinterdrein …

Und fast gleichzeitig langten wir an der Marmorvortreppe des Haupteingangs an …

Sahen im Lichte des südlichen Sternenhimmels mit seinen Millionen von Flämmchen eine Gestalt auf der untersten Stufe liegen …

Einen Brahmanen …

Der Turban war dem Greise vom Kopfe gerutscht …

Schlohweiß das Haupthaar wie der breite Vollbart … Dunkelbraun das Gesicht …

Und – doch kein Singhalese, kein Tamile – kein Eingeborener! Diese Züge gehörten einem Europäer …

„Der Lord!“ sagte Harald leise …

Bückte sich, zog die Falten des weiten mantelartigen Gewandes an der Brust zur Seite …

Und – im Herzen Lord Charly Goßweacs saß ein indischer Dolch, bis ans Heft hineingetrieben …

Und – gerade da schlug der Pair von England zum letzten Male die Augen auf …

Ein Blick, der durch die Unendlichkeit des Firmaments unbekannte Welten zu schauen schien – ein überirdischer Blick, – – und die Lider sanken herab … Ein leichtes Zucken des Körpers, und Lord Goßweac hatte dieser jämmerlichen Erde endgültig Lebewohl gesagt …

 

2. Kapitel.

Und der Mörder?

Harst richtete sich wieder auf.

Deutete nach links auf die Geige …

Sie war – gestorben … Gestorben wie ihr Besitzer. Ein schwerer Fuß hatte sie zertrümmert. Ihr Leib war eingedrückt. Schlaff hingen die Saiten, die noch soeben in wunderbarem Klingen die Tropennacht mit milden Tönen erfüllt hatten.

Schritte da vor uns – Gestalten …

Die Priester … acht … zehn würdige Greise …

Herbeigelockt durch den Todesschrei des Mannes, der bei ihnen Zuflucht gesucht.

Gestalten umringten uns. Aus dunklen Gesichtern blitzten dunkle drohende Augen …

Harald begann zu sprechen …

Da waren drei der Brahmanen, die sich noch auf den berühmten weißen Sahib besannen, der die schillernde Statue des Gottes photographiert hatte.

Die Erregung der Priester schwand. Sie lauschten dem, was Harald zu erklären hatte. Sie standen da und ihre faltigen Gesichter mit den weltfremden Fanatikeraugen drückten nur noch tiefe Trauer aus.

Der Oberpriester gab dann bereitwillig Auskunft …

Daß der Lord durch den Singhalesen Rovanna sie habe bitten lassen, ihn aufzunehmen, ihn zu verbergen, da er fortan hier in der Einsamkeit als Anhänger Brahmas, des Erhalters, zu leben gedenke …

„Sahib Harst, wir hatten keinen Grund, ihm diese Bitte abzuschlagen. Er wurde einer der eifrigsten Schüler der großen Lehre unserer Religion …“

Harald hörte kaum mehr hin.

„Habt Ihr einen Boten, den Ihr nach Kolombo zur Polizei schicken könnt?“ fragte er geistesabwesend. „Hier ist ein Mord verübt worden, und unsere Pflicht ist es, die Behörden schleunigst zu benachrichtigen.“

„Sahib, einer der beiden Tempeldiener war früher Rikschakuli[6]. Er läuft schneller als das trabende Pferd und kann in einer Stunde in Pataoli sein. Dort gibt es eine Telegraphenstation.“

Harst schrieb eine Depesche an Detektivinspektor Matjoor.

Als der Tempeldiener dann aufgebrochen war, fragte Harald den Oberbrahmanen nach dem Verbleib des Singhalesen Rovanna.

„Der Lord gab ihm Geld, und Rovanna hat sich einen Kutter zum Perlenfischen gekauft,“ erwiderte der Greis ohne Zögern. „Rovanna ist nach der Westküste Vorderindiens gesegelt. Wir haben nichts mehr von ihm vernommen, Sahib.“

Wir umstanden noch immer den Toten. Der Morgen mußte sehr bald anbrechen, und erst dann wollte Harst nach den Spuren des Mörders suchen.

„Du könntest Baargen Bescheid sagen gehen, daß er den Kutter hier unterhalb der Tempelterrasse vertäut,“ wandte er sich nun mir zu. „Vorläufig können wir doch nichts unternehmen.“

Die Brahmanen flüsterten miteinander. Wenn sie auch keinerlei Mißtrauen gegen uns hegten, so mochten sie sich doch durch Harsts wortkarge Art verletzt fühlen.

Der Oberpriester trat wieder auf uns zu.

„Sahib,“ meinte er höflich, „Du wirst begreifen, daß wir gern wissen möchten, wer unseren Bruder dort ermordet hat. Du bist berühmt, Sahib, und Dein Beruf ist es, die Übeltäter zu entdecken.“

Harald hatte den Blick gen Osten gerichtet, wo soeben die ersten hellen Farben des heraufziehenden neuen Tages am Horizont sich ausbreiteten.

„Der Mörder,“ entgegnete er leise, als ob er im Geiste ein besonderes Bild schaute, „der Mörder wird seiner Strafe nicht entgehen …“

Dann winkte er mir, und ich machte mich auf den Rückweg zu unserem Kutter.

Kein Wunder, daß diese einsame Wanderung durch die tropische Wildnis mir überreich Gelegenheit bot, über dieses Verbrechen nachzugrübeln, das mit all seinen Begleitumständen die vielfachsten Schlüsse zuließ. Daß ein Eingeborener der Täter sein könnte, war wohl ausgeschlossen. Die Brahmanen sind gerade auf Zeylon genau wie die buddhistischen Priester so allgemein geachtet, daß selbst der verkommenste Wedda (die Weddas sind die Ureinwohner Zeylons und leben noch in primitivster Weise in den endlosen Dschungeln der paradiesischen Insel) sich niemals an einem Brahmanen vergriffen hätte.

Mithin blieb, zumal die Gegend um den Drigalkortempel fast unbewohnt ist, nur eine einzige Wahrscheinlichkeit übrig: daß die Verwandten des Lords einen Mörder gedungen, also gewußt hatten, wo Charly Goßweac sich verborgen hielt …!

Doch auch diese Annahme gefiel mir nicht ganz. Bei genauer Prüfung konnte man dagegen so vielerlei einwenden, daß ich der Frage in nichts näherkam, im Gegenteil mir sagen mußte, hier läge vielleicht noch irgendein Geheimnis vor, von dem wir beide, Harald und ich, noch nichts ahnten.

Als ich den Kutter erreicht hatte, fand ich Jan Baargen auf der Steuerbank fest schlafend vor. Um nicht von den Stechmücken, die hier eine wenig angenehme Größe erreichen, zu arg gepeinigt zu werden, hatte er sich in sein Moskitonetz eingewickelt. Ich mußte ihn erst tüchtig rütteln, bevor er mit ein paar Grunztönen erwachte.

Der Mord machte auf ihn weiter keinen tieferen Eindruck. Er mochte in seinem Steuermannsdasein allzu viel Trauriges und Blutiges erlebt haben, als daß eine Untat wie diese sein Gemüt erregen konnte. Immerhin murmelte er ein paar bedauernde Worte, die in der billigen Weisheit gipfelten: „Jeder muß ja sterben, Herr Schraut … Und der Lord hat einen leichten Tod gehabt.“ – Er sprach das Deutsche ziemlich fließend, beherrschte überhaupt so ziemlich alle Mundarten, worauf er nicht wenig stolz war.

Inzwischen hatte die Morgendämmerung mit der in den Tropen regelmäßigen Kürze der Tageshelle bereits weichen müssen.

Ich warf den Motor an, und kaum fünf Minuten später vertäuten wir den Kutter an einer jäh ins Wasser abfallenden Felsplatte unterhalb der Terrasse.

Baargen blieb wieder an Bord. Ich kletterte mühsam zur Terrasse empor und stieg die lange Steintreppe hinan.

Oben saß Harald neben der Leiche und rauchte eine Zigarette, eine seiner geliebten Mirakulum.

Die Priester hatten sich in den Tempel zurückgezogen.

„Nun, mein Alter, da bist Du ja …“ begrüßte Harald mich und blickte mir zerstreut ins Gesicht. „Du scheinst gefallen zu sein … Deine eine Wange zeigt blutige Kratzer!“

„Stimmt – ich rutschte aus, und ein Dornenzweig tat das übrige …“

Ich setzte mich neben ihn …

„Du hättest Dir ja den üblen Weg durch das Dickicht sparen können,“ sagte er nach einer Weile. „Du hast nicht daran gedacht, daß Du jetzt am Buchtstrand weit schneller vorwärtsgekommen wärest, wo Du Dich nicht mehr zu verbergen brauchtest.“

„Allerdings! Daran habe ich nicht gedacht!“ Und ich war etwas beschämt über meine Gedankenlosigkeit, fügte ablenkend hinzu: „Was hältst Du von diesem Morde? Wir sind nun ja allein, und …“

„… und Allan Matjoor kann um sieben Uhr hier sein, wenn er sein Dienstauto benutzt,“ unterbrach er mich – so recht wieder einmal Harald Harst, der gern den großen Schweiger spielt.

„Im übrigen, mein Alter …“ – und er nahm eine neue Mirakulum – „im übrigen ist es kein indischer Dolch …“

Er wies auf den Toten, dessen friedliches Greisengesicht jetzt von den ersten Sonnenstrahlen gestreichelt wurde.

„Es ist ein italienischer Dolch – alte Arbeit, der Griff mit Halbedelsteinen verziert …“

„Merkwürdig – eine italienische Waffe hier auf Zeylon …“

„Allerdings – sehr merkwürdig …“

Das klang so, als ob er noch etwas hatte hinzufügen wollen …

Ich grübelte wieder – grübelte über all die Fragen nach, die hier angesichts des Toten noch aufdringlicher mich bestürmten als auf dem Wege zum Kutter.

Ich sah dort drei Schritt weiter die zertretene Geige liegen … Selbst der Geigenbogen war zersplittert und halb von der Violine bedeckt.

„Du tust ganz recht damit …“ sagte der Freund da neben mir …

Ich wandte rasch den Kopf …

„Womit?“

„Du scheinst die richtige Fährte gefunden zu haben …“

„Zu … Lord Goßweacs Verwandten …?“

„Vielleicht …“ Und achselzuckend: „Wie blind Du doch bist, lieber Alter!“

Ich wurde ärgerlich.

„Gestatte, daß ich Dir zum tausendsten Male erkläre, daß ich nicht Harald Harst bin!“

„Du könntest es sein … Man muß nur die Augen und den Verstand gleichzeitig gebrauchen … – Wollen sehen, ob Allan Matjoor hier mehr ausrichtet als Du …“

Ich erhob mich. Bisweilen ist es schwer, mit Harald im Frieden auszukommen. Verärgert kletterte ich zum Kutter hinab, ging in die kleine Kajüte und machte mir auf dem einen Wandsofa mein Bett zurecht.

Baargen schlief im Vorschiff. Und auch mich übermannte die Müdigkeit. Ich schlummerte ein … – –

Halb acht war’s, als Harald mich weckte …

„Matjoor ist eingetroffen, mein Alter … Beeile Dich!“

Und er ließ mich wieder allein.

Im Nu hatte ich das Moskitonetz abgestreift.

Und oben vor dem Tempel begrüßte ich dann unseren endlos langen hageren Freund Matjoor …

„Na, Schraut, wie denken Sie über den Fall?“ sagte er forschend. „Harst behauptet ja, daß die Sache ihm ziemlich schleierhaft sei – ziemlich …! Und Sie …?!“

„Bedauere – noch schleierhafter …!“

Matjoor hatte zwei Geheimpolizisten mitgebracht, zwei Europäer, Mischlinge von Europäern und Singhalesen, – zwei prächtige schlanke Gestalten, die kaum noch erkennen ließen, daß sie farbiges Blut in den Adern hatten. Gerade diese Kinder aus den wilden Ehen zwischen Weißen und den hübschen glutäugigen Singhalesinnen zeichnen sich durch hohe Intelligenz aus und werden von den Engländern als Beamte sehr bevorzugt.

Matjoor schickte sie nun aus, damit sie die ganze Umgebung des Tempels nach Spuren absuchten.

Harst, Matjoor, der Oberpriester und ich trugen den ermordeten Lord in die große Tempelhalle, wo die Brahmanen bereits eine Art Katafalk vor der edelsteinübersäten Statue des Hauptgottes errichtet hatten.

Hier war es auch, wo der Oberpriester nun dem Detektivinspektor ein Schriftstück Lord Goßweacs vorzeigte, in dem dieser nochmals Bestimmungen für den Fall seines Todes traf.

Bemerkenswert waren darin folgende Sätze:

„… Meine Gattin Amely, der ich durch mein Verschwinden so viel Herzeleid bereitet habe, soll entsprechend dem bei meinem Notar in London lagernden Testament Gesamterbin meines Vermögens sein. Meine Verwandten sollen völlig leer ausgehen. – Ich bin entschlossen, das Geheimnis meines neuen Daseins als Priester Brahmas der Öffentlichkeit preiszugeben, falls Amely von den Behörden der Prozeß gemacht wird. – Meine Cremonenser Geige soll dem in Genua, Via Garibaldi 18, wohnenden Kapitän Vittorio Ansalmo nebst 3000 Pfund Sterling zugestellt werden, wie ich dies ebenfalls schon in einem Nachsatz zu meinem Testament bestimmt habe … – Ich wünsche entsprechend den Vorschriften der Hindu-Religion verbrannt zu werden. Mein Übertritt zum Brahmanismus erfolgte aus tiefster Verachtung all jener christlichen Verleumder und Ehrabschneider, die mir mein ehemaliges Vaterland verleidet und meine trotz des großen Altersunterschiedes glückliche Ehe zerstört haben …“

Jedenfalls war dieses Dokument der beste Beweis dafür, daß Lord Goßweac ein Edelmann in des Wortes bester Bedeutung gewesen und daß er seiner jungen Gattin in keiner Weise nachtrug, weil letzten Endes durch sie und ihre dunkle Herkunft der Name Goßweac zum Gegenstand widerwärtiger Skandalgeschichten gemacht worden war. –

Wenn ich jemals mit aller Deutlichkeit empfunden hatte, wie sehr gerade unser Beruf uns Einblick in die feinsten Regungen menschlichen Seelenlebens gewährte, – hier in diesem Falle fühlte ich es gleichsam als Offenbarung, daß der Detektiv, der jeden alltäglichen Weg verschmäht, zum guten Menschenkenner und zum warmherzigen Verteidiger von Charakterschwächen werden muß. –

Ich will hier nur noch ganz kurz die wichtigsten Einzelheiten während des Restes unseres Aufenthaltes im Inselparadies Zeylon erwähnen.

Matjoors Gehilfen fanden nichts von Spuren – gar nichts …

Schon am Abend wurde dann des Lords Leiche auf einem Scheiterhaufen verbrannt, nachdem der inzwischen ebenfalls aus Kolombo eingetroffene englische Gouverneur hierzu die Erlaubnis gegeben hatte. – Harald blieb dabei, daß er über den Mörder lediglich Vermutungen anstellen könnte, die er doch lieber verschweigen möchte, solange ihm noch die Beweise fehlten.

In der Nacht langten wir wieder mit unserem Kutter in Kolombo an und erkundigten uns sofort nach dem nächsten Europadampfer. Im Reisebureau erfuhren wir, daß vormittags elf Uhr die Arkadia, ein englisches Schiff, in See ginge. Wir belegten dort eine Kabine, und Harst bezahlte auch für Jan Baargen die Überfahrt bis London, da der alte Maat plötzlich Sehnsucht nach der Heimat fühlte und Harald gebeten hatte, ihm doch die Rückkehr nach Holland zu ermöglichen …

 

3. Kapitel.

Der Herr auf Haralds Sitz.

Und – wieder nun ein Sprung von zwölf Tagen …

Zwölf Tage auf See, die nichts als beschauliche Ruhe gewesen waren … Harst ruhte aus. Sprach kein Wort mehr über den Fall Goßweac. Und doch merkte ich seinem oft so versonnenen Gesichtsausdruck an, daß seine Gedanken … durchaus nicht in beschaulicher Trägheit dahindämmerten. Was er aber in seinem Hirn wälzte – ich ahnte es nicht!

Also – ein Sprung bis Hamburg, wo wir morgens eingetroffen waren … Und mit uns Jan Baargen, der sich schon in Dover überlegt hatte, daß er doch besser täte, Haralds Anerbieten anzunehmen, der ihm in Berlin eine leichte Anstellung besorgen wollte.

So führte uns denn der D-Zug gen Berlin. Wir in der ersten, Jan in der dritten Klasse …

Der Zug war wenig besetzt. Wir saßen allein im Abteil. Nachmittags vier Uhr würden wir auf dem Lehrter Bahnhof eintreffen, und um fünf Uhr würden wir Haralds Mutter im alten Harstschen Familienhause begrüßen können.

So – dachte ich …

Daß es ganz anders kam, daran war eine winzige Kleinigkeit schuld.

Ein Nichts, könnte man fast sagen … –

Harald hatte in Hamburg ein paar Zeitungen gekauft. Ich langweilte mich, wollte mir etwas Bewegung machen und schlenderte durch den Zug …

Im Gange eines der letzten Wagen dritter Klasse lehnte am Gangfenster ein junger Mensch mit blondem Schnurrbärtchen, eine ganz unauffällige Erscheinung alles in allem.

Und doch stutzte ich …

Der Mann drehte mir halb den Rücken zu, sah mich nicht.

Desto schärfer konnte ich ihn beobachten, sein Profil vergleichen mit den Gesichtszügen eines Europäers, der im Reisebureau in Kolombo neben uns gestanden hatte.

Unsereiner wird leicht mißtrauisch.

Sollte der Zufall diesen jungen Menschen hier wieder mit uns zusammengeführt haben?! – Zufall?! – Das wäre doch zu merkwürdig gewesen …!

Und wie ich so noch hinter dem Fremden stand, besann ich mich ganz genau, daß der Europäer dort in Kolombo, was mir aufgefallen war, zart nach einem seltsamen Parfüm geduftet hatte …

Nach einem Wohlgeruch, der durchaus nicht alltäglich war und den ich … kannte. Kannte – aber woher?!

Und jetzt nun wollte ich die Probe aufs Exempel machen – eine sehr einfache Probe.

Das Geräusch des Zuges begünstigte mich. Leise trat ich hinter den Fremden …

Ah – – derselbe Parfümduft – – genau derselbe!

Und noch reger wurde mein Mißtrauen …

Ich schob mich an dem jungen Menschen vorüber, starrte ihm ins Gesicht …

Sah sein leichtes Erschrecken …

Fragte scharfen Tones:

„Waren Sie nicht vor zwölf Tagen in Kolombo …?“

Und da – natürlich mein übliches Pech! – da erschien der Speisewagenkellner mit einem Tablett voller Tassen und Kännchen. Ich mußte mich an die Wand drücken, den Kellner vorüberlassen … Und als dieser sich zwischen mir und dem Fremden befand, benutzte der die gute Gelegenheit, war im Moment entschlüpft – in den Nebenwagen … Hatte kaum eine Minute Vorsprung – und war doch spurlos verschwunden … –

Aufgeregt eilte ich nach unserem Abteil zurück und berichtete Harald, was mir soeben begegnet war.

Ich sah ihm an, daß er von diesem blondbärtigen Fremden nichts wußte, ihn auch in Kolombo kaum beachtet hatte. Freilich hatte er dort am Schalter gestanden und ich weiter zurück.

Er erhob sich jetzt. „Wir müssen den Menschen finden – müssen!“ meinte er kurz.

Und dann – fügte er hinzu, rätselvoll wie ein Orakel:

„Habe ich deshalb Jan Baargen bis hierher mitgeschleppt, daß nun der ganze Bau zusammenstürzt?!“

Ich starrte ihn an …

Und jäh wie ein Blitz ein Gedanke, eine Erkenntnis: Baargen war der Mörder! Baargen, der uns damals an der Bucht von Drigalkor so leicht vorauseilen konnte, wenn er den sandigen Uferstreifen benutzte …!

„Baargen – – der Mörder?“ flüsterte ich trotzdem zweifelnd …

„Endlich! Endlich, mein Alter! – Doch darüber reden wir nachher … Jetzt – – vorwärts! Ich begleite Dich. Es müßte doch merkwürdig zugehen, wenn wir den Mann nicht aufstöbern sollten!“

Es ging merkwürdig zu: der Mann war – – futsch!

Und Harald gab die Sache schließlich auf … Sagte gleichfalls:

„Futsch …! – Das begreife ein anderer!“

Ein … anderer!

Ja – dieser andere saß in unserem Abteil Erster auf Harsts Fensterplatz …

Ein würdiger älterer Herr mit Brille …

Harald meinte höflich:

„Verzeihen Sie, dieser Platz ist belegt …“

Da schaute der Herr zu ihm auf …

Lachte perlend …

Ein Frauenlachen …

„Aber Herr Harst – so unliebenswürdig gegenüber einer alten Bekannten!“

Und im selben Moment wußte ich, wer jenes Parfüm benutzte: die Gräfin mit den Kormoranen, die Gräfin van den Haag!!

„Also Sie, Frau Gräfin …!“ lächelte Harald gleichfalls. „Meine Hochachtung! Sie verstehen etwas von unserer Kunst!“

Sie reichte ihm die Hand … Begrüßte auch mich durch kräftigen Händedruck …

Wir setzten uns ihr gegenüber.

„Waren Sie denn auch mit an der Bucht von Drigalkor?“ fragte Harald sofort …

„Leider nein … Aber bis Kolombo waren wir Reisegefährten … Und auch Jan Baargen mit auf dem Dampfer …“

„Ah – das genügt!“ rief Harald. „Ich habe es geahnt … Ein zweifaches Todesspiel!“

„Wie meinen Sie das?“

„Später … – Haben Sie noch irgend etwas von Wichtigkeit in Kolombo beobachtet?“

„Ja, Herr Harst … Baargen gab eine Depesche nach Berlin auf, als Sie beide im Reisebureau waren. Diese Depesche habe ich – und darauf bin ich stolz – mitgeschrieben, vom Nebenpult aus …“

Die Gräfin zog ihre Brieftasche hervor …

„Bitte …“

Auf dem Zettel stand:

Johnston Smith, Berlin, Deutschland,
postlagernd Postamt Dahlem.

Lieferung erledigt. Keinerlei Weiterungen. Bin am 6. Oktober dort.

A. N. S. Almo.

Als Harald diese Zeilen überflogen hatte, sagte er mit einem zufriedenen Kopfnicken:

„Auch das stimmt! Auch das! – A. N. S. Almo – Ansalmo, Kapitän Vittorio Ansalmo, der ehemalige Besitzer der kostbaren Cremonenser Geige …“

Ich blickte ihn etwas verwirrt an …

Zu vieles stürmte jäh auf mich ein …

„Jan Baargen ist Italiener, niemals Holländer … Jan Baargen ist Kapitän Vittorio Ansalmo …“

Und diese Worte Harsts waren die zweite große Offenbarung …

Jedoch nicht für die Gräfin …

Nein – die wußte nichts von der Niederschrift des Lords … Und für sie erklärte Harald nun, indem er auch mir einen besonderen Blick zuwarf:

„Kapitän Vittorio Ansalmo, der Nachkomme des großen italienischen Geigenkünstlers Ansalmo, selbst auch leidenschaftlicher Musiker, erbte eine überaus wertvolle Violine von seinem Ahn, geriet durch Krankheit in bedrängte Verhältnisse, lag tagelang ohne Bewußtsein da und konnte es so nicht verhindern, daß Lord Charly Goßweac der verzweifelten Gattin des Kapitäns für eine riesige Summe die seltene Geige abkaufte, ein Geschäft, auf das der Kapitän niemals eingegangen wäre. Als dieser wieder genesen war und dann Kenntnis von dem Verlust des Instruments erhalten hatte, soll er sich wie ein Verzweifelter benommen haben, schrieb an den Lord, verlangte die Geige zurück und – wurde abgewiesen, soll dem Lord Rache geschworen haben, soll Prozesse gegen ihn angestrengt haben, die er sämtlich verlor. So sehr Lord Charly auch sonst Edelmann war: er liebte die Cremonenser Geige genau so fanatisch wie Ansalmo dies tat. – Auch dies alles stand in jenen Artikeln zu lesen, die von der Verwandtschaft des Lords in die englischen Blätter lanciert worden waren. Als wir daher in Kolombo wie zufällig dem alten Baargen begegneten, als dieser uns anbettelte und sich zu allen möglichen Dienstleistungen anbot und uns dann als Bootsmann begleitete, hatte ich sehr bald heraus, daß Baargen kein Holländer sein konnte … Wenn ich freilich geahnt hätte, daß sein rachsüchtiges Italienerblut ihn so weit treiben würde, mit dem alten italienischen Dolche den Lord zu ermorden, dann würde ich in der Bucht von Drigalkor vorsichtiger gewesen sein … Dann wäre das Unheil nicht geschehen …“

Und Haralds Gesicht war ernst und fast schmerzlich bewegt. Ich konnte verstehen, wie nahe es ihm gehen mußte, weil er … sich einmal verrechnet hatte! –

Die Gräfin fragte jetzt atemlos:

„Aber – die Geige – – die Geige?! Der Mörder hat sie doch zerstört!“

„Das mußte er … Er mußte es tun, wenn er sich nicht verraten wollte. Hätte er die Geige mitgenommen, so wäre man zu leicht auf Vittorio Ansalmo als Täter gekommen. Doch – die Zerstörung des Instruments ist nicht so arg, als es zunächst den Anschein hatte. Ein geschickter Geigenbauer flickt die Schäden wieder aus. Und weil ich nun die Geige mit nach Europa genommen habe, um sie von Berlin aus gemäß dem Willen des Lords dem ehemaligen Besitzer wieder zuzustellen, weil in meinem Koffer das kostbare Instrument ruht, nur deshalb hat Ansalmo-Baargen uns begleitet … Deshalb – und noch des … Sündenlohnes wegen …!“

„Ah – man hat ihn als Mörder gedungen!“ meinte die Gräfin entsetzt. „Glauben Sie das wirklich, Herr Harst?“

„Wie wollen Sie die Depesche Ansalmos anders verstehen?“

Da schwieg Frau van den Haag …

Da saßen wir drei und dachten dasselbe: wer war’s, der Ansalmo zu der Tat angestiftet hatte?

Und die Gräfin sprach diese Frage aus, fügte zögernd hinzu:

„Etwa einer der Verwandten des Lords?“

Und Harald darauf – noch ernster:

„Das tat der Mann, dem die Wohnung gehört, in die man Schraut und mich entführte – – als die Falschen!“

„Wer ist’s?“ Die Gräfin legte Harald die Hand auf den Arm – wie beschwörend, daß er ihr nichts verschweigen solle …

„Ich weiß es nicht … Noch nicht, Frau Gräfin …! Aber auch den Mann werden wir entdecken, und er soll seiner Strafe ebensowenig entgehen wie Vittorio Ansalmo!“

 

4. Kapitel.

Der Mann mit dem Kartoffelsack.

Berlin – – Lehrter Bahnhof …

Wir beide stiegen aus, trafen auf dem Bahnsteig mit Baargen zusammen.

„Sie finden sich dann also morgen vormittag bei uns ein,“ sagte Harald zu dem verkappten Holländer. „Wir haben es eilig, Baargen … Auf Wiedersehen!“

Da wir Reisetaschen und Mäntel in den Händen hatten, konnte es Baargen-Ansalmo nicht weiter auffallen, daß wir uns von ihm ohne Händedruck verabschiedeten.

Wir übergaben einem Gepäckträger unseren Gepäckschein, nahmen ein Auto und – fuhren nicht nach Hause …

Nein – eine Kleinigkeit war’s gewesen, die uns noch von unserem behaglichen Heim fernhielt – ein Nichts, nichts Greifbares: Parfümgeruch, – und durch ihn die Gräfin, die Depesche nach Postamt Dahlem …!

Wir fuhren bis zum Kriminalgericht in Moabit, ließen den Chauffeur wenden, fuhren in dem geschlossenen Auto zum Lehrter Bahnhof zurück …

Warteten hier – auf die Kollegin, auf die Gräfin, die wir hinter Ansalmo hergeschickt hatten …

Sie erschien überraschend schnell, kletterte hastig zu uns in den Kraftwagen …

„Denken Sie, Herr Harst, – Ansalmo ist … nach dem Bouillonkeller gegangen – nach Krawuschkes Kaschemme, hat sich bis dorthin durchgefragt …“

Auch Harald war erstaunt.

„Allerdings, das ist merkwürdig … In der Depesche steht: „Bin am 6. Oktober dort …“ – Heute ist der sechste. Und – ob „dort“ etwa die Kaschemme bedeutet?!“

„Vielleicht?!“ Und die Gräfin hob die Schultern …

„Aussteigen!“ befahl Harald nach kurzem Überlegen. „Ich werde den Chauffeur ablohnen. Wir nehmen unser Handgepäck und gehen einzeln nach Krawuschkes Privatwohnung im Gartenhause …“

So geschah’s denn auch.

Als ich als letzter die mir wohlbekannten Treppen emporklomm, als ich oben anlangte, stand die Flurtür schon halb offen …

Ein Mann empfing mich, den ich noch nie gesehen … Aber kaum hatte er die Tür hinter mir wieder ins Schloß gedrückt, als er mir auch schon zuraunte:

„Grüß’ Gott, Herr Schraut … Jack bin ich, Jack Barissa … Und Mylady sitzt dort drinnen im Zimmer … Wir wohnen hier im ersten Stock möbliert – als harmlose Artisten … Krawuschke hat das alles tadellos befingert … Und die Londoner Spürhunde suchen Mylady und mich noch immer wie die Stecknadeln!“

Erinnerungen … Erinnerungen …

Wanderung durch nächtlichen deutschen Wald … Das historische Grab … Die Frau, die Zigaretten rauchte: das Glühwürmchen!

Oh – wie endlos, endlos weit lag das alles schon hinter mir … Nur noch wie Traumbilder …

Zeylons Palmenpracht, der Wunderbau des Tempels von Drigalkor war jetzt lebendiger als diese ersten Erlebnisse des Falles Goßweac … –

Dann trat ich ein …

Stand der Lady gegenüber – einem schlanken jungen Menschen, der mir ernst die Hand reichte: Lord Charlys Witwe! Um den Tisch saßen wir fünf herum …

Krawuschke war schon wieder nach unten in seine Kaschemme geeilt, wollte telephonisch nach oben berichten, was Ansalmo tat … –

Die Berichte kamen. Halb sechs Uhr der erste:

„Der Mann hat das Logierzimmer hinter der Billardstube für zwei Tage gemietet und sofort bezahlt, hat Essen bestellt und mir soeben erklärt, daß jemand nach A. N. S. Almo fragen würde, gegen neun Uhr abends. Den soll ich dann zu ihm führen.“ –

Halb sieben der zweite:

„Der Mann ist auf dem Sofa eingeschlafen …“

Halb neun der letzte:

„Ein Mann, der einen großen prall gefüllten Sack auf dem Rücken mitbrachte, hat soeben nach A. N. S. Almo gefragt. Ich führte ihn zu ihm. – Was soll ich tun?“

Harst rief in die Muschel des Haustelephons hinein:

„Nichts! Überlassen Sie nur uns das weitere …“

Und wir beide eilten jetzt die Treppen hinab – auf die Straße …

„Bleib’ hier stehen, mein Alter …“ flüsterte Harald. „Ich werde mich in den Nebengassen umschauen. Vorläufig wird Ansalmos Freund nicht wieder herauskommen.“

Und er ging davon …

Wollte sich – umschauen? Weshalb? Wonach?

… War in fünf Minuten wieder bei mir …

„Dacht’ ich’s mir doch! Ein elegantes Privatauto hält dort gleich um die Ecke. Neben dem Chauffeur sitzt ein Herr mit falschem blonden Bart … einer von den beiden aus dem eleganten Salon – – Du weißt …!“

Ja – nun wußte ich, – – sah abermals ein, daß Harald doch zumeist das Richtige traf …

Ein Auto …! Natürlich wartete es auf Ansalmos – Freund, auf den Anstifter des Mordes …!

Und wir beide – warteten auch …

Standen neben dem Kellereingang, so recht wie Leute, die sich harmlos unterhalten.

Und nach einer Weile wieder Harald, mit der ihm eigenen Selbstverständlichkeit:

„Ich habe Kriminalkommissar Guttjahn[7] und drei Beamte im Auto herbestellt – in eine nahe Gasse – durch einen Polizeibeamten, den ich traf … Wir können dann also bequem dem Privatauto folgen …“

So selbstverständlich … Und doch im Augenblick dem Augenblick angepaßt …! Detektivkunst – – in Wahrheit eine Kunst! –

Wir warteten …

Und zwischen uns der Kellereingang, die Treppe, die trübe Laterne …

Bis die Glastür unten leise klirrte …

Bis ein Mann mit einem Sack auf dem Rücken die Stufen emporkam, keuchend – langsam …

Ein Wink Haralds …

Wir verschwanden …

Und der Kerl mit der Last auf dem Rücken stapfte schwerfällig die Gasse hinab …

Ein Kerl mit ausgefransten Hosen, mit derben Schnürstiefeln …

Ein Kerl, der ungeheure Kräfte haben mußte, denn – als er nun den Sack in das elegante geschlossene Auto warf, da merkte ich, wie spielend leicht er mit seiner Bürde umsprang und wie sehr er sich verstellt hatte, als er so mühsam dahinschritt, als ob er drei Zentner Kartoffeln schleppe.

Kaum hatte sich dann der Kraftwagen in Bewegung gesetzt, als ein anderer an mir vorüberglitt …

Ich schwang mich hinein …

Harald half … Die Tür schlug zu …

Und Guttjahns angenehme Stimme wünschte mir einen guten Abend …

 

5. Kapitel.

Ballmusik.

Eine Stunde später …

Das Polizeiauto hatte Pech gehabt. Der Chauffeur des Privatautos war im Wagengewühl des Potsdamer Platzes uns entkommen.

Doch ohne jede Erregung oder Enttäuschung hatte Harald befohlen:

„Nach Dahlem …! – Wir müssen eben suchen!“ –

An der Straßenkreuzung Roseneck stiegen wir aus: Guttjahn, zwei Kriminalassistenten und wir beide.

„Das Privatauto hat natürlich eine falsche Nummer gehabt,“ meinte Harald, als wir gen Dahlem wanderten. „Durch die Nummer können wir den Wagenbesitzer also kaum ermitteln. Da hilft nur eins: das Äußere des Wagens! Er ist braun lackiert, hat ganz neue Reifen und an jeder Seite zwei Reservereifen, dazu gelbbraune Fenstervorhänge und innen eine bläuliche Glühlampe …“

„Hm – nicht viel!“ meinte Guttjahn achselzuckend. „Wenn auch die Depesche Ansalmos nach Postamt Dahlem gerichtet war, so ist damit doch noch nicht gesagt, daß der Empfänger hier auch wohnt.“

Harst blieb zuversichtlich. „Er wohnt hier! Er kann die Depesche durch eine Mittelsperson haben abholen lassen. Als Schraut und ich damals entführt wurden, kamen wir über eine große und eine kleinere Brücke. Die erstere ist die Halenseer gewesen, und die zweite dürfte hier in Dahlem zu suchen sein – wahrscheinlich nur eine Überführung über einen tiefen Straßengraben. Am besten ist, wir trennen uns und suchen einzeln.“

Guttjahn lachte. „Damit Sie und Schraut wieder die Pflaumen allein pflücken, lieber Harst …! Ach nee – bleiben wir besser beieinander …“ –

Wir waren nun in der Villenkolonie …

Und – hatten jetzt Glück, trafen einen Beamten der Berliner Wachgesellschaft, und der wußte hier genau Bescheid.

Holzbrücke? – Ja, die kenne er … In der Windorfstraße … Vor der Villa des reichen Engländers … – Wie der heiße? – Thomas Montfort … – Und ein Auto? – Allerdings – ein dunkelbraunes … Und heute finde in der Villa großer Ball statt … Die Musik sei bis auf die Straße zu hören, wo ein Auto nach dem anderen daherkomme … –

Wir gingen weiter …

Harst blieb getrost, obgleich Guttjahn stark bezweifelte, ob dies die richtige Fährte sei … –

Dann die Villa …

Alle Fenster erleuchtet …

Ballmusik – fraglos eine größere Kapelle … –

Der Garten stieß nach Westen zu an ein unbebautes Waldstück. Wir turnten hier über die Mauer, schlichen den Stallungen zu …

Harald voran … Guttjahn zögernd. Und ich – ehrlich gesagt – auch nicht gerade hoffnungsfroh.

Auf dem Hofe vor der Garage keine Seele …

Die Garage verschlossen …

Harsts Dietrich arbeitet …

„Wozu das?!“ flüstere ich …

Und er:

„Glaubst Du denn, daß Ansalmo noch lebt?! Ich nicht!“

So selbstverständlich klang das wieder … Und der Nachsatz ebenso:

„Man läßt keinen Mitwisser wie Ansalmo am Leben! Man schleppt keinen mit leichten Stoffen vollgepfropften Sack zwecklos mit zu einem solchen Besuch …“

„Ah – nachher war Ansalmos Leiche darin …?!“ Und Guttjahn pfeift leise durch die Zähne …

Die Garagentür geht auf … Wir fünf hinein … – Das braune Auto … Taschenlampen blitzen …

Leer – leer …

Aber dort in der Ecke – ein Ballen Ölleinwand – Säcke – ein großer gefüllter Sack, gut versteckt. Harst befühlt den Inhalt …

„Bitte … – eine Leiche …!“

Mir weht’s kalt über den Rücken …

Und wir schleichen wieder davon …

Holen Unterstützung. Die Villa wird umstellt …

Wieder klettern wir über die Mauer, Guttjahn, wir beide … Gehen um die Villa herum, finden einen offenen Seiteneingang, begegnen Dienern, die uns erstaunt mustern.

Ballmusik … Elegante Räume … Ein Salon, den ich kenne …

Und hier Sir Thomas Montfort, Gatte der geborenen Goßweac, einer Nichte des Lords … des ermordeten Lords …

Hier auch der Bruder der Lady Montfort …

Und wir drei …

Harald sagt nur zu Thomas Montfort:

„In der Garage liegt Ansalmos Leiche … – Wollten Sie jetzt etwa den Mord vor dem Drigalkortempel Amely Goßweac in die Schuhe schieben?!“

Die Ballmusik bricht jäh ab …

Entsetzte Gesichter …

Und zum Fenster hinaus Guttjahns schrille Signalpfeife … –

Was soll ich hier noch Einzelheiten bringen?! Es stand ja in allen Zeitungen zu lesen, daß das Ehepaar Montfort und Sir Edward Goßweac, die millionengierigen Verwandten des weißen toten Brahmanen, sich während des Transportes zum Polizeipräsidium vergifteten …

Nicht in den Zeitungen stand, daß Lady Amely uns beiden einen Riesenscheck überreichte und daß der Schloßverwalter der jungen Witwe ein gewisser Geldschrankknacker namens Jack Barissa ist … –

Hiermit schließe ich den „Bouillonkeller Nr. 113“ …

Und führe den Leser im nächsten Band an die Gestade der Ostsee – in den Bauch eines Tümmlers, eines Schweinfisches von dreiundeinviertel Meter Länge …

Also – – auf Wiedersehen in anderer Umgebung …

 

Nächster Band:

Der tote Tümmler.

 

 

Verlagswerbung:

Der Detektiv

Eine Reihe anerkannter Detektiverzählungen.

Bisher sind folgende Bände erschienen:

Bd. 1–6 vergriffen. – 7. Zwei Taschentücher. – 8. Die Jagd auf einen Namen. – 9. Die Augen der Jolante. – 10. Der Fluch eines Geschlechts. – 11. Die verschwundene Million. – 12. Die Festung des Ali Azzim. – 13. Die tote Lady Rockwell. – 14. Der Fakir von Nagpur. – 15. Der blinde Brahmane. – 16. Das Auge der Prinzessin Singawatha. – 17. Das Löschblatt von Amritsar. – 18. Die leuchtende Fratze. – 19. Schattenbilder. – 20. Der Löwe von Flandern. – 21. Der ewige Jude. – 22. Das Armband der Lady Melville. – 23. Die Rätselbrücke. – 24. Der Einsiedler von Tristan da Cunha. – 25. Die Siegellacktröpfchen. – 26. Die Gesellschaft der roten Karten. – 27. Die Uhrkette des Bill Hamilton. – 28. Der Tempel der Kali. – 29. Nur ein Tintenfleck. – 30. Der Stern von Siam. – 31. Eine leere Streichholzschachtel. – 32. Der sprechende Kopf. – 33. Das Geheimnis des Scheiterhaufens. – 34. Die Gefangene von Trawalkor. – 35. Die Eishöhle in Nepal. – 36. Der Mord im Warenhause. – 37. Der Spielklub W. W. – 38. Ein gefährlicher Auftrag. – 39. Der sterbende Fechter. – 40. Die Gespenster-Rikscha. – 41. Eine Löwenjagd im Sinai. – 42. Der Afghan-Teppich. – 43. Der Acht-Grad-Kanal. – 44. Der leere Koffer. – 45. Acht Stunden Frist. – 46. Der Klub der XII. – 47. Die Bajadere Mola Pur. – 48. Der goldene Gonggong. – 49. Die Kugel aus dem Nichts. – 50. Der Piratenschoner. – 51. Die Büchse der Pandora. – 52. Der Tintenlöscher des Sahdi Ahmed. – 53. Auf des Messers Schneide. – 54. Strandkorb Nr. 121. – 55. Das Lichtbild ohne Kopf. – 56. Das Haus in der Wildnis. – 57. Das Geheimnis des Brasilianers. – 58. Die Spielhölle in Hongkong. – 59. Das Rätsel von Paragwana. – 60. Ein amerikanisches Duell. – 61. Die Ganges-Piraten. – 62. Eine Wettfahrt ums Leben. – 63. Die Bärenjagd in Kaschmir. – 64. Das Licht in der Lehmhütte. – 65. Der chinesische Messerwerfer. – 66. Die leere Tonne. – 67. Die Gauklergesellschaft Shingra Mar. – 68. Der Klub der Zuchthäusler. – 69. Lord Ralleys Schreckensnächte. – 70. Das Geheimnis der Insel Morton. – 71. Die Katzen der Gräfin Baltholm. – 72. Der Tote im Fahrstuhl. – 73. Die Höllenmaschine Doktor Blucks. –

 

 

Der Detektiv

Eine Reihe höchst spannender Detektivabenteuer. Bisher sind folgende Bände erschienen:

 

Band
































74:
75:
76:
77:
78:
79:
80:
81:
82:
83:
84:
85:
86:
87:
88:
89:
90:
91:
92:
93:
94:
95:
96:
97:
98:
99:
100:
101:
102:
103:
104:
105:
106:
107:

Das Geheimnis der Kabine 24.
Das Rätsel der Trollhätta-Insel.
Lord Plemborns Verbrechen.
Die Leiche im Gletschertunnel.
Sechs leere Briefbogen.
Das Geheimnis des Elefantenjägers.
Lady Myntors letzter Wunsch.
Der Giftpfeil des Wedda.
Der Schlangenbeschwörer von Agra.
Das Patent des Doktor Murphison.
Die Buschklepper der Thar-Wüste.
Das blinde Hindumädchen.
Die Wundergeige des Virtuosen.
Der Geisterspiegel.
Das Geheimnis des Wannsees.
Giftkonfekt.
Schatten an der Wand.
Der tote Zigeuner.
Das Rätsel der Schonerjacht.
Die tote Karawane.
Das Wunder von Patna.
Frau Inges Tränen.
Der tote Kanarienvogel.
Der Obstkahn am Elisabethufer.
Das geheimnisvolle Fenster.
Anita Armands Verhängnis.
Unser 100. Abenteuer.
Die Piraten der Havelseen.
Der Napoleon aus Wachs.
Der dritte Schuß.
Das Zimmer ohne Fenster.
Das Paket im Urbanhafen.
Der unheimliche Mieter.
Das Känguruh der Miß Dolling.

– Preis pro Band 20 Pf. –

Zu beziehen durch jede Buchhandlung oder vom

Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin SO 26,

Elisabeth-Ufer 44.

 

 

Anmerkungen:

  1. Ehemalige Ortschaft östlich von Potsdam, heute ein Teil von Babelsberg. Siehe auch Wikipedia: Nowawes.
  2. „Krawuschki“ / „Krawuschke“ – Im vorigen Band wird „Krawuschke“, in diesem Band „Krawuschki“ verwendet. Einheitlich und bandübergreifend auf „Krawuschke“ geändert. Siehe auch das Titelbild dieses Bandes.
  3. In der Vorlage steht: „Ein“.
  4. In der Vorlage steht: „komen“.
  5. Laut dem Copyright-Vermerk des Verlages (1922) liegt diese Erzählung erst zwei Jahre zurück. Tatsächlich kann Herr Kabel aber diese und auch andere Geschichten schon sehr viel früher geschrieben haben.
  6. In der Vorlage steht: „Rickschakuli“.
  7. „Guttjahr“ / „Guttjahn“ – Im vorigen Band wird „Guttjahn“, in diesem Band „Guttjahr“ verwendet. Einheitlich und bandübergreifend auf „Guttjahn“ geändert.